Hidden Genius - Polina Marinova Pompliano - E-Book

Hidden Genius E-Book

Polina Marinova Pompliano

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Beschreibung

Was unterscheidet die wirklich außergewöhnlichen, erfolgreichen und kreativen Menschen vom Durchschnitt? Es ist die Art und Weise, wie sie an Probleme herangehen, wie sie nach Lösungen suchen und sich neue Wege eröffnen, statt auf ausgetretenen Pfaden entlangzutrotten. Polina Marinova Pompliano hat bei Fortune mehr als 1300 der erfolgreichsten und interessantesten Menschen der Welt interviewt und beobachtet, wie sie Probleme durchdenken, ihre Kreativität entfesseln und unter extremem Druck Leistung bringen. Daraus ist ein einmaliges Kompendium der erfolgreichsten Strategien der erfolgreichsten Menschen der Welt entstanden. Pompliano tritt damit in die Fußstapfen von Napoleon Hill, dessen millionenfacher Bestseller Think and Grow Rich die Erfolgsgeheimnisse der 500 erfolgreichsten Menschen seiner Zeit erstmals zusammenfasste. Auch bei Pompliano zeigt sich: Die leistungsstärksten Menschen verwenden keine Tricks oder Hacks, um Großartiges zu erreichen. Sie nutzen mentale Konzepte, mit deren Hilfe sie die Welt auf eine grundlegend neue Art wahrnehmen. Sie haben gelernt, wie sie ihre verborgene Genialität freisetzen können, um ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Anhand der zahlreichen anschaulichen und unterhaltsamen Beispiele können alle Leser lernen, es den Genies unserer Zeit gleichzutun. Hier lernen sie, heikle Probleme zu lösen, Beziehungen erfolgreich zu pflegen und selbst unter Stressbedingungen kreativ zu arbeiten und die eigene Widerstandsfähigkeit zu nutzen.

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Seitenzahl: 261

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Polina Marinova Pompliano

HIDDEN GENIUS

Die genialen Denkweisen der erfolgreichsten Menschen der Welt – David Goggins, Morgan Housel, Neil deGrasse Tyson u. v. m.

POLINA MARINOVA POMPLIANO

HIDDEN GENIUS

Die genialen Denkweisen der erfolgreichsten Menschen der Welt – David Goggins, Morgan Housel, Neil deGrasse Tyson u. v. m.

FBV

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2024

© 2024 by FinanzBuch Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Türkenstraße 89

80799 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

Copyright © Polina Marinova Pompliano

Die englische Originalausgabe erschien 2023 bei Harriman House unter dem Titel Hidden Genius.

Übersetzung: Simone Siebert

Redaktion: Petra Sparrer

Korrektorat: Manuela Kahle

Umschlaggestaltung: Marc-Torben Fischer, auf Grundlage des Umschlags der englischen Originalausgabe

Satz: Zerosoft, Timisoara

eBook by tool-e-byte

ISBN Print 978-3-95972-747-1

ISBN E-Book (PDF) 978-3-98609-451-5

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-98609-452-2

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

Für Sofia. Jeder Moment mit dir ist außergewöhnlich. Ich liebe dich.

Inhalt

Einleitung

Kapitel 1: Kreatives Potenzial freisetzen

Kapitel 2: Mentale Stärke entwickeln

Kapitel 3: Gesunde Beziehungen aufbauen

Kapitel 4: Bessere Geschichten erzählen

Kapitel 5: Eine bessere Führungskraft werden

Kapitel 6: Risiken Wagen in unsicheren Zeiten

Kapitel 7: Klar denken lernen

Kapitel 8: Eine engagierte Community aufbauen

Kapitel 9: Den Content-Konsum optimieren

Kapitel 10: Ihr eigenes verborgenes Genie entdecken

Fazit

Danksagung

Quellenangaben

Einleitung

Schon seit ich denken kann, hat es mir vor dem Geschichtsunterricht gegraut.

Namen, Daten, Orte - in meinem Kopf waren sie immer ein wild durcheinandergewürfeltes Puzzle. Unsere Lehrer vermittelten uns den Lernstoff häufig in Form von Fakten, die wir uns einprägen sollen, und nicht in Form spannender Lebensgeschichten über Triumphe, Misserfolge, Risiken und Reue. Doch auf meinem Weg durch das Bildungssystem wurde mir etwas Wichtiges klar: Geschichten lösen Gefühle aus, und Gefühle wecken Erinnerungen.

Die einzige Möglichkeit, wie ich mir Wissen über historische Ereignisse aneignen konnte, bestand darin, dieses Wissen in Geschichten voller Persönlichkeiten einzubetten, die alles in einen Kontext stellten. Statt Daten und Ereignisse auswendig zu lernen, studierte ich also die Leben der mit ihnen verbundenen Schlüsselfiguren. Woran glaubten sie? Warum handelten sie so, wie sie es taten? Was war ihr Antrieb?

Ich machte mich mit der Französischen Revolution vertraut, indem ich erforschte, weshalb die Menschen so wütend auf Marie-Antoinette waren, eine junge Königin, die in ihren Augen zu einem Symbol der Maßlosigkeit und des Egoismus geworden war. Ich versuchte mir vorzustellen, wie sie sich gefühlt haben musste, wenn sie Zeitungen las, die ihrer Meinung nach ein falsches Bild von ihr zeichneten und Gerüchte über sie verbreiteten. Ich empfand tiefes Mitgefühl, als sie das Sorgerecht für ihren kleinen Sohn verlor, den man zuvor gezwungen hatte, sie mehrerer Verbrechen zu bezichtigen. Und schließlich versuchte ich, mir vorzustellen, welche Demütigung, Ohnmacht und Angst sie empfunden haben muss, als sie in Erwartung ihres sicheren Tods auf die Guillotine zuschritt. Was dachte sie in diesen letzten Momenten wohl? Welche Lektionen hatte sie in ihrem kurzen Leben gelernt?

Auf einmal war die Französische Revolution nicht mehr nur ein historisches Ereignis. Sie war eine Geschichte über Menschen, voller Kummer, Traurigkeit, Wut, Verzweiflung und Herzschmerz - Gefühle, die wir selbst schon irgendwann einmal in unserem Leben verspürt haben.

Ohne es zu merken, war ich über etwas gestolpert, das ich gerne personenzentriertes Lernen nenne: die Idee, dass Menschen und ihre Geschichten im Mittelpunkt eines jeden Lernvorhabens stehen.

Diese Art des Lernens muss sich nicht auf historische Ereignisse beschränken.

Wenn ich lernen möchte, bessere Entscheidungen zu treffen oder resilienter zu werden, kann ich eine Person auswählen, die das Konzept, für das ich mich interessiere, am besten verkörpert. Dann tauche ich in ihre Lebensgeschichte ein und mache mich auf die Suche nach ihrem Hidden Genius, ihrem »verborgenen Genie« - nach dem Alleinstellungsmerkmal, das sie von anderen unterscheidet und sie zu wahrhaft außergewöhnlichen Menschen macht. Bei diesem Merkmal, das sie in Lichtgestalten ihrer Zeit verwandelt, kann es sich um eine bestimmte Geisteshaltung, ein praktisches Detail oder eine zeitlose Weisheit handeln.

Entsprechend überraschte es niemanden, dass ich im Februar 2017 einen wöchentlichen Newsletter namens The Profile ins Leben rief. Er enthält eine Auswahl von Profilen, also langen Artikeln beziehungsweise. Porträts, die sich eingehend mit der Geschichte unterschiedlichster Persönlichkeiten befassen. Mein Newsletter wird von Zehntausenden Menschen gelesen - unter anderem von dem Schauspieler Dwayne »The Rock« Johnson, von dem berühmten Gastronomen Danny Meyer und von meiner wunderbaren Mutter.

Für mich ist The Profile die physische Manifestation meiner Art, Neues zu lernen. Selbst wenn ich also keinen Newsletter schreiben würde, würde ich trotzdem weiterhin Porträts lesen und von den Lebenswegen der Menschen lernen, die etwas Bedeutendes erschaffen, eine nützliche Denkweise entwickelt oder - am allerwichtigsten - anderen geholfen haben, ihr eigenes verborgenes Genie zu entdecken.

Und ich bin nicht die Einzige, die sich dem personenzentrierten Lernstil verschrieben hat. Einige der erfolgreichsten Menschen der Welt haben ihr eigenes verborgenes Genie entdeckt, indem sie zunächst das Genie derer studierten, die vor ihnen da waren.

Die verstorbene Basketball-Legende Kobe Bryant erzählte einst, als junger Spieler habe er seinen persönlichen »G.O.A.T. Mountain« bestiegen (ein Akronym für »Greatest Of All Time«), indem er das Gespräch mit großen Spielern wie Magic Johnson, Michael Jordan, Larry Bird, Jerry West, Oscar Robertson und Bill Russell suchte. Er fragte sie alle: »Was hast du getan? Welche Erfahrungen hast du gemacht? Wie sah deine Entwicklung aus?«

Und bevor Steve Kerr den Job als Cheftrainer der Golden State Warriors annahm, beschloss er, Kontakt zu allen Trainern aufzunehmen, die er sehr bewunderte. Also traf er sich mit Legenden wie Phil Jackson, Gregg Popovich, Lute Olson, Lenny Wilkens und Pete Carroll, weil er herausfinden wollte, was sie so großartig machte.

Auf diese Weise gelangte Kerr zu einer auf den ersten Blick widersprüchlichen, aber tiefschürfenden Erkenntnis: Er begriff, dass er keinen Erfolg haben würde, solange er seine Mentoren auf ein Podest stellte. »Das Leitmotiv, das sich wie ein roter Faden durch all diese Gespräche zog, war: Sei du selbst«, berichtete er. »Es hat keinen Sinn zu versuchen, jemand anderes zu werden. Du kannst einem anderen nacheifern, aber du kannst niemals dieser andere sein.«

Bevor Sie weiterlesen, möchte ich klarstellen, was dieses Buch nicht ist: Es ist kein Kompendium, das Menschen, die nach allgemeinem Konsens als erfolgreich gelten, als makellose und verehrungswürdige »Helden« porträtiert. In diesem Buch geht es darum, etwas zu lernen, und nicht darum, jemanden zu idealisieren.

Nehmen wir beispielsweise den Schachweltmeister Magnus Carlsen. Carlsen war erst dreizehn, als er Großmeister wurde. Aus diesem Grund wurde er in Interviews gerne nach seinen Vorbildern gefragt. Dann erklärte er, dass er viel von Spielern wie Wladimir Kramnik, Garri Kasparow und Bobby Fischer gelernt habe, aber keinen Einzigen von ihnen als sein Idol bezeichnen würde.

»Es war noch nie mein Stil und entspricht nicht meiner Philosophie, Spieler zu vergöttern und zu versuchen, sie zu kopieren. Ich versuche einfach, so viel wie möglich von den gegenwärtigen und ehemaligen Großmeistern zu lernen«, beschrieb er seine Einstellung. Indem er das Beste von den Besten nahm - statt sie einfach blind nachzuahmen -, gelang es Carlsen, seine eigenen Stärken und seinen eigenen Stil zu entwickeln.

Nachdem ich inzwischen so viele bemerkenswerte Persönlichkeiten studiert und interviewt habe, kann ich aufrichtig sagen, dass ich keine von ihnen beneide oder idealisiere. Ich habe erkannt, dass Erfolg nicht im luftleeren Raum existiert: Wir alle haben tagtäglich mit Familiendramen, Geldproblemen, Unsicherheiten und allen Arten des menschlichen Chaos zu kämpfen.

Al Pacino mag eine der größten Schauspielikonen aller Zeiten sein - doch in seinem Privatleben ging es ziemlich turbulent zu. Mit 81 Jahren war er zwar dreifacher Vater, hat aber nie geheiratet - eine Entscheidung, die wahrscheinlich auf seine frühen Erfahrungen mit seinen Eltern zurückzuführen ist, die sich scheiden ließen, als er erst zwei Jahre alt war. Pacino ist reflektiert genug, um zu wissen, dass er im Verlauf seines Lebens auf bestimmte Dinge verzichtet hat, um seine beruflichen Ziele zu verwirklichen.

Und wie geht es Ihnen? Wenn Sie ohne Abstriche in die Fußstapfen von jemandem treten könnten, der auf Ihrem Gebiet erfolgreich ist, würden Sie es tun? Ich möchte Sie dazu ermutigen, sich beim Lesen dieses Buchs die folgende Frage zu stellen: Wäre ich bereit, dieselben Opfer zu bringen, dieselben Fehlentscheidungen zu treffen, dieselben Kompromisse einzugehen? Mit dem Guten kommt immer auch das Schlechte.

Wenn es eine Sache gibt, die ich aufgrund meines jahrelangen Lernens von anderen Menschen erkannt habe, dann ist es diese: Das Leben eines Menschen verläuft niemals geradlinig. Es gleicht vielmehr einem gewundenen, verworrenen Knäuel aus Höhen und Tiefen als einer geraden, vorhersehbaren Linie. Doch egal, was das Leben für uns bereithält, das Erlebte gibt uns fast immer die Chance zu lernen, was wir noch einmal genauso machen und was wir in Zukunft tunlichst vermeiden sollten.

Führen Sie sich immer wieder diesen wichtigen Unterschied vor Augen: Wenn Sie idealisieren, zwingen Sie sich dazu, »perfekten« Versionen ganz und gar nicht perfekter Menschen nachzueifern. Wenn Sie lernen, haben Sie hingegen die Möglichkeit zu beobachten, Schlussfolgerungen abzuleiten und sich Ihren eigenen Weg zu bahnen.

In diesem Buch lernen Sie die verborgenen Genies vieler verschiedener Menschen kennen, die auf ihren Lebenswegen viele nützliche Dinge gelernt haben, die auch Sie in Ihr eigenes Leben übernehmen können, wenn Sie möchten. Niemand ist perfekt, aber ich glaube, dass wir alle aus den größten Erfolgen unserer Mitmenschen lernen können - genau wie aus ihren verheerendsten Misserfolgen.

Die Menschen, die ich in diesem Buch porträtiere, geben Ihnen Werkzeuge an die Hand, die Ihnen dabei helfen können, Ihre Kreativität zu steigern, Ihre Beziehungen zu stärken und bessere Entscheidungen zu treffen. Ich lade Sie ein, sich mit mir auf eine Lernreise zu begeben, in deren Verlauf Sie schließlich auch Ihr eigenes verborgenes Genie entdecken werden.

Kapitel 1 Kreatives Potenzial freisetzen

Jahrhundertelang haben wir Kreativität fälschlicherweise auf Faktoren zurückgeführt, auf die wir keinen Einfluss haben. Sie wird oft als Talent, Gabe oder als unerklärliches Genie bezeichnet, das nur wenige Menschen besitzen.

Doch in Wirklichkeit ist Kreativität eine Fähigkeit. Und wie jede andere Fähigkeit, lässt sie sich erlernen. Kreativität ist schlicht und ergreifend die Kompetenz, neue Ideen zu entwickeln, neue Wege zu finden, um alte Probleme zu lösen, und originelle Werke zu erschaffen.

In der Theorie ist uns dieser Sachverhalt klar; doch wie sieht Kreativität in der Praxis aus?

Nach all den Jahren, die ich mich mit kreativen Köpfen beschäftigt habe, kommt mir in diesem Zusammenhang sofort ein Name in den Sinn: Grant Achatz. Er ist ein revolutionärer Koch, der seinen Geschmackssinn verlor und dem es trotzdem gelang, das beste Restaurant der Welt aufzubauen.

Aus seiner Geschichte habe ich gelernt, dass wir uns ein völlig falsches Bild von Kreativität machen. Ideen zu entwickeln, ist überhaupt nicht schwer, bahnbrechende kreative Leistungen kommen oft in Gestalt grandioser Misserfolge daher, und Erfolg ist häufig ein lautloser Kreativitätskiller.

»Ich sage oft, dass kreativ zu sein einfach bedeutet, sich seiner Umgebung bewusst zu sein und die daraus resultierenden Impulse auf ein bestimmtes Medium zu übertragen«, hat Achatz einmal geschrieben. »Für mich ist dieses Medium das Kochen und das Essen.«

Mit seinen Gerichten gelingt es Achatz, bei seinen Gästen Neugierde, Überraschung, Erstaunen und Verwirrung hervorzurufen. Im Folgenden erfahren Sie, wie seine Geschichte - zusammen mit den Geschichten anderer kreativer Genies - Ihnen helfen kann, Ihr eigenes kreatives Potenzial freizusetzen.

Eine Verbindung herstellen

Stellen Sie sich vor, Sie gingen in Achatz Restaurant »Alinea« in Chicago essen. Dann würde Ihnen sofort auffallen, dass dort alles anders ist, als es auf den ersten Blick erscheint.

Bisweilen wird auf Teller verzichtet, sodass Sie direkt von einer Tischdecke essen, auf der die Speisen großformatigen Gemälden ähneln. Sie führen eine Tomate zum Mund und stellen fest, dass sie wie eine Erdbeere schmeckt. Und Ihr Dessert kommt in Form eines schwebenden, essbaren Ballons daher.

Das liegt daran, dass es sich bei einem Dinner im »Alinea« nicht wirklich um ein Essen handelt, sondern um eine Performance mit magischen und geheimnisvollen Elementen, die die Gäste dort Abend für Abend aufs Neue in ihren Bann ziehen soll.

Möglich ist solch ein Erlebnis, weil Restaurantgründer Grant Achatz sich folgende Frage gestellt hat: Wer sagt, dass Essen nicht auch Kunst sein kann?

Achatz gilt als einer der kreativsten und innovativsten Köche Amerikas. Seine Kreativität geht weit über seine aufwendigen und unkonventionellen Gerichte hinaus - sie zeigt sich schon in dem Moment, in dem ein Gast den Eingangsbereich des »Alinea« betritt, der dem Auge durch seine verzerrte Perspektive einen Streich zu spielen scheint.

Achatz hat das »Alinea«, das vom Luxusreisemagazin Elite Traveler 2018 zum besten Restaurant der Welt gekürt wurde, vor inzwischen fast 20 Jahren gegründet. Es ist zu einem Drittel Labor, zu einem Drittel Sensorium und zu einem Drittel Theater. Den Gästen werden zwischen 17 und 19 Gänge serviert, eine Menüstruktur, die in ihrer Wirkung an die Kapitel eines Buchs erinnert. Zu den aufsehenerregendsten Gerichten des Restaurants zählten in den vergangenen Jahren unter anderem ein mit Muskatnussduft aromatisiertes Kissen, eine Schwarztrüffel-Explosion und ein essbarer, mit Helium gefüllter Luftballon.

Achatz setzt auf überraschende Elemente, Texturen, Geschmacksrichtungen und Aromen, um seinen Gästen ein fesselndes Geschmackserlebnis zu bieten und Emotionen in ihnen zu wecken. Dass das alles mehr nach Zauberei als nach Kochen klingt, ist genau so beabsichtigt:

»Wir behandeln die emotionale Komponente des Kochens wie ein Gewürz«, erläutert Achatz in einer Folge der Netflix-Serie Chef’s Table sein Konzept. »Du gibst Salz hinzu, du gibst Zucker hinzu, du gibst Essig hinzu, du gibst Nostalgie hinzu. Wenn du in der Lage bist, Menschen zu bewegen, dann ist es nicht mehr nur ein Abendessen - es ist mehr.«

Dieses »Mehr« ist oftmals das Ergebnis der eigenwilligen Einfälle, die in Achatz’ Gehirn herumschwirren. Wie er auf derart unkonventionelle Ideen kommt? Indem er die Welt durch »ein Kaleidoskop aus Essen« betrachtet.

Oder anders gesagt: Er bezieht seine Ideen aus den unwahrscheinlichsten Quellen - etwa wenn er ein Lied im Radio hört, beobachtet, wie Blätter zu Boden fallen, oder sich im Museum ein großformatiges Gemälde ansieht. »Wir werden ständig mit Ideen bombardiert, und es liegt an uns, einen Weg zu finden, sie für unsere Gäste erlebbar zu machen«, so Achatz weiter.

Als er sich einmal die Rockband Rage Against the Machine anhörte, sann er darüber nach, weshalb ihn dieser Musikstil so sehr fesselte. Und während er den Wechsel zwischen schnelleren und langsameren Rhythmen verfolgte, stellte er sich folgende Frage: »Wie kann ich die Monotonie des Essens durchbrechen?« Daraufhin machte er sich an die Zusammenstellung eines Degustationsmenüs, das in seinem Verlauf die Entwicklung eines Rage-Against-the-Machine-Songs widerspiegeln sollte, von den ruhigeren Phasen bis zu den Geschwindigkeitsspitzen.

Ein anderes Mal betrat ein weiblicher Gast die Küche des »Alinea«, um sich bei Achatz für ein Gericht zu bedanken, das er an diesem Abend zubereitet hatte. Während die beiden miteinander sprachen, fielen Achatz die mit roten Perlen besetzten Ohrhänger der Frau ins Auge. Noch am selben Abend nahm er ein Blatt Papier zur Hand und skizzierte eine Idee für ein neues Gericht - er wollte eine essbare Schnur mit roten Elementen kreieren.

Weil Achatz häufig Ideen aus anderen Lebensbereichen neu umsetzt, verwandelt sich das »Alinea« alle vier Monate in ein völlig neues Restaurant - mit einer neuen Speisekarte, einem neuen Look und neuen Geschmackserlebnissen. Diese Transformation ist Teil der DNA des Restaurants: »Alinea« leitet sich von dem lateinischen Ausdruck a linea ab und steht für das Zeichen, das in Texten einen neuen Absatz markiert. Entsprechend soll dieser Name »den Beginn eines neuen Gedankengangs« symbolisieren.

So aufregend er auch klingen mag, neu ist Achatz’ Ideenfindungsprozess trotzdem nicht.

Schon um das Jahr 1500 herum wandte der Renaissance-Künstler Leonardo da Vinci ein ähnliches Verfahren an, das er als »Verbinden des Unverbundenen« bezeichnete und bei dem es darum ging, Beziehungen zwischen zwei Themen herzustellen, die keine gemeinsame Schnittmenge besaßen.

Damit dies gelang warf er bisweilen einen in Farbe getränkten Schwamm gegen die Wand, um sich dann die Formen der Flecken anzusehen und neue Ideen daraus zu entwickeln.

Eines der bekanntesten Beispiele ist sicherlich die Geschichte, wie er an einem Brunnen stand und beobachtete, wie ein Stein im selben Moment auf dem Wasser aufschlug, in dem eine Glocke in einem nahen Kirchturm ertönte. Da Vinci sah zu, wie sich auf der Wasseroberfläche Kreise bildeten, sich ausbreiteten und schließlich verschwanden.

Indem er sich gleichzeitig auf diese Kreise und den Klang der Glocke konzentrierte, stellte er die Verbindung her, die schließlich zu seiner Entdeckung führte, dass sich Schall in Wellen ausbreitet.

Es sollte dir nicht schwerfallen, auf Flecken an den Wänden oder die Asche eines Feuers oder die Wolken oder Schlamm zu schauen, und wenn du diese Dinge genau betrachtest, wirst du wunderbare neue Ideen entdecken, weil der Geist durch unbedeutende Dinge zu neuen Erfindungen angeregt wird.

Leonardo da Vinci

Da Vinci fand auch heraus, dass das menschliche Gehirn ganz selbstverständlich Beziehungen zwischen zwei verschiedenen Informationen herstellt, wie unvereinbar sie auch erscheinen mögen. Oder anders gesagt: Wenn Sie sich eine Zeitlang auf zwei unterschiedliche Themen konzentrieren, erkennen Sie plötzlich Zusammenhänge und stellen Verbindungen her, die Sie auf neue Ideen bringen.

Da Vinci formulierte es so: »Es sollte dir nicht schwerfallen, auf Flecken an den Wänden oder die Asche eines Feuers oder die Wolken oder Schlamm zu schauen, und wenn du diese Dinge genau betrachtest, wirst du wunderbare neue Ideen entdecken, weil der Geist durch unbedeutende Dinge zu neuen Erfindungen angeregt wird.«

Diese Form des divergenten Denkens, die Leonardo da Vinci beschreibt, wird auch von der neurowissenschaftlichen Forschung gestützt. Roger E. Beaty ist der Autor des Buchs The Creative Brain und Leiter des Cognitive Neuroscience of Creativity Lab an der Pennsylvania State University. Er hat verschiedene Verhaltensexperimente durchgeführt und dabei auch mit Brain-Imaging-Technologien zur Messung von Kreativität gearbeitet.

In einem dieser Experimente gab er den Teilnehmern beispielsweise zufällig ausgewählte Wortpaare wie »Schuh« und »Tür« oder »Ruderboot« und »Papagei« vor, und bat sie zu bewerten, wie eng diese Wörter jeweils miteinander verbunden waren. Je kreativer eine Person war, desto eher war sie in der Lage, Verbindungen zwischen unzusammenhängenden Objekten herzustellen.

Beatys Schlussfolgerung lautete, dass »Flexibilität des Denkens und die Fähigkeit, Verbindungen herzustellen« zu den Grundvoraussetzungen für Kreativität zählen - egal, ob Sie nun Wissenschaftler oder Künstler sind.

Ein anderes modernes kreatives Genie namens Steve Jobs brachte es 1996 in einem WIRED-Interview wie folgt auf den Punkt: »Kreativität bedeutet einfach, Dinge miteinander zu verbinden. Wenn Sie kreative Menschen fragen, wie sie etwas gemacht haben, haben sie oft ein schlechtes Gewissen, weil sie nicht wirklich etwas gemacht, sondern lediglich etwas gesehen haben. Nach einer Weile erschien es ihnen dann völlig offensichtlich. Das liegt daran, dass sie in der Lage waren, ihre persönlichen Erfahrungen miteinander zu verbinden und daraus etwas Neues zu entwickeln.«

CHRISTOPHER NOLAN,

Regisseur von Inception, Memento und der The Dark Knight- Trilogie

Die Struktur der Filme des Regisseurs Christopher Nolan folgt einem bestimmten musikalischen Rahmen, der sogenannten »Shepard-Skala«, die aus einer Reihe aufeinanderfolgender Noten auf einer Tonleiter besteht. Dabei handelt es sich um eine akustische Illusion, die dem Hörer den Eindruck vermittelt, als steige diese Tonleiter immer weiter und weiter an. Die Shepard-Skala ist in fast jedem Nolan-Film zu hören, gleichzeitig aber auch in der Handlung zu spüren. »Ich habe versucht, dieses Prinzip auch auf das Drehbuchschreiben anzuwenden«, erklärt Nolan seine Strategie. »Lassen sich drei Handlungsstränge so miteinander verknüpfen, dass der Eindruck kontinuierlich zunehmender Intensität entsteht?«

DOMINIQUE CRENN,

Küchenchefin und Inhaberin des »Atelier Crenn«

Für Gastronomin Dominique Crenn stammen Einfälle für neue Gerichte »immer von außerhalb der Küche«. Neue Ideen hat sie unter anderem bereits entwickelt, wenn sie durch ein Museum geht, bei einem Waldspaziergang oder beim Sonnenbaden am Pool. Als sie einmal gemeinsam mit einem Freund ihre Hunde im Buena Vista Park in San Francisco spazieren führte, diskutierten die beiden über ein drohendes staatliches Verbot der Stopfleber, besser bekannt als Foie gras, einer Pastete aus der Leber zwangsgemästeter Gänse und Enten. In diesem Moment habe sie ein Vogelnest in einem Baum entdeckt, berichtete Chen, und erkannt, dass sie in Zukunft nie wieder mit Stopfleber arbeiten sollte. Also ersann sie ein Gericht, in dem ihr ihre Stopfleber-Restbestände als Erde, Maisseide als Nest und Maiskörner als Vogeleier dienten. Um auf ihren Neuanfang hinzuweisen, nannte sie ihre Kreation »Geburt«.

Gehen Sie mit offenen Augen durch die Welt - denn die nächste großartige Idee könnte direkt vor Ihnen liegen.

Kreativität produzieren

Früher glaubten wir, Kreativität sei ein Geschenk Gottes. Heute sprechen die Menschen gerne von einer »Muse« (ein Begriff, der nach wie vor von Göttlichkeit durchdrungen ist und sich von den »Musen« des antiken Griechenlands, den Göttinnen der Inspiration, ableitet).

Doch wie Stephen King in seinen Memoiren Das Leben und das Schreiben feststellte: »Es gibt eine Muse, aber er kommt bestimmt nicht in Ihr Arbeitszimmer geschwebt und streut kreativen Sternenstaub auf Schreibmaschine oder Computer.

Er lebt unter der Erde. Er kommt aus der Schattenwelt. Sie müssen sich in die Tiefe graben, und dort eine Höhle bauen, in der er leben kann. Sie müssen sie auch einrichten.«

Mit anderen Worten: Die Muse, das Göttliche, die Magie - das alles sind Dinge, die wir erfinden, um uns vor der Fleißarbeit zu drücken, die das Kreativsein voraussetzt.

Als Achatz die Grenzen der kulinarischen Welt verschob, wurde das »Alinea« als bestes Restaurant der Welt gefeiert. Das bescherte ihm ein Gefühl der Erfüllung und Befriedigung. Endlich lebte er den Traum, den er seit seinem zehnten Lebensjahr geträumt hatte.

Es gibt eine Muse, aber er kommt bestimmt nicht in Ihr Arbeitszimmer geschwebt ... Er lebt unter der Erde. Er kommt aus der Schattenwelt. Sie müssen sich in die Tiefe graben.

Stephen King

Und dann geschah das Undenkbare. Im Jahr 2008 wurde bei Achatz Zungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Der geniale Küchenchef des »Alinea« hatte seinen Geschmackssinn verloren. »Da leuchtete bei mir eine Signallampe auf, die mir zu verstehen gab: ›Zum ersten Mal glaube ich, dass ich auch ohne schmecken zu können ein Koch sein kann.‹ Denn es spielt sich hier oben ab«, sagte er, indem er auf seinen Kopf zeigte, »und nicht hier«, fügte er hinzu und deutete auf seinen Mund.

Kann das wahr sein? Kann es sein, dass wir uns unseren Weg zur Kreativität erdenken können? In Ermangelung der Fähigkeit zu schmecken, blieb Achatz nichts anderes übrig, als den Versuch zu wagen.

Er entwickelte eine Technik, die er »Flavor Bouncing« taufte. Dafür nimmt er ein Blatt Papier und zeichnet einen großen Kreis um eine zentrale Zutat. Diese »Fokuszutat«, wie er sie nennt, bestimmt den Charakter des gesamten Gerichts. Nun überlegt er, welche »Satellitenzutaten« (oder komplementären Zutaten) zu seiner Fokuszutat passen könnten, indem er sie durch Linien miteinander verbindet.

Der Grundgedanke hinter dieser kreativen Methode lautet: Die Hauptzutat muss sämtliche Nebenzutaten komplementieren - also ergänzen und abrunden - und jede Nebenzutat muss mindestens eine andere Nebenzutat komplementieren. So wird ausgeschlossen, eine falsche, nicht harmonierende Zutat zu wählen, die das Geschmacksprofil des gesamten Gerichts stören würde.

Angenommen, die Fokuszutat wäre weiße Bohnen. Was könnte zu weißen Bohnen passen? In einem Kreis würde Achatz »Bacon« notieren. Dann würde er in einen weiteren Kreis »Apfel« eintragen. Und »Ahornsirup« in den nächsten.

Wenn er in den darauffolgenden Kreis »Bier« schriebe, sähe Achatz’ innerer Dialog folgendermaßen aus:

»Passt ein Guinness zu weißen Bohnen? Klar, jeder trinkt gerne Bier zu einem Gericht wie Schweinefleisch mit Bohnen.«

»Passt Bier zu Ahornsirup? Unbedingt. Es gibt sogar Biersorten, die Ahornsirup enthalten.«

»Passt Bier zu Äpfeln? Natürlich kann man zu Äpfeln auch Bier trinken.«

»Und passen Bier und Bacon zusammen? Eigentlich passt Bacon zu allem, also passen natürlich auch Bier und Bacon zusammen.«

Was wäre, wenn er noch Rotwein hinzufügen würde? Rotwein würde nicht mit allen Satellitenzutaten harmonieren und wäre deshalb ein störendes Element.

Die fertige Skizze sieht letztendlich aus wie eine Reihe von Satelliten, die um die Erde kreisen. Es ist eine kreative Methode, die auf Logik basiert.

Die Menschen betrachten den kreativen Prozess gerne als etwas Romantisches. ... Die Wahrheit lautet jedoch, zumindest für mich, dass Kreativität in erster Linie das Ergebnis von Fleiß und harter Arbeit ist.

Grant Achatz

Die Krebsdiagnose zwang Achatz, einen Koch, der nicht mehr schmecken konnte, einen neuen Weg zu finden, um dem »Alinea« auch weiterhin seinen Platz als Vorreiter kulinarischer Innovationen zu sichern. Und als Mensch, der sich seinen Lebensunterhalt verdient, indem er alle paar Monate ein neues Degustationsmenü kreiert, kann Achatz es sich nicht leisten, darauf zu warten, dass ihn die Muse küsst. Stattdessen räumt er mit der Vorstellung auf, die größten Schöpfer der Welt besäßen lediglich die angeborene »Gabe« der Kreativität.

Kreativität ist weniger ein flüchtiger Moment der Inspiration als vielmehr ein Muskel, der sich durch konsequentes Training ausbilden lässt. »Die Menschen betrachten den kreativen Prozess gerne als etwas Romantisches«, sagt Achatz. »Der Künstler schläft des Nachts ein, um am Morgen vom unterschwellig in ihm nachklingenden Echo seiner nächsten brillanten Idee geweckt zu werden. Die Wahrheit lautet jedoch, zumindest für mich, dass Kreativität in erster Linie das Ergebnis von Fleiß und harter Arbeit ist.«

AARON SORKIN,

Drehbuchautor, Regisseur und Dramatiker

Aaron Sorkin glaubt, dass Regeln die Kreativität fördern. Dabei gibt es allerdings ein winziges Detail zu beachten: Sie müssen die Regeln verstehen, sie jedoch nicht unbedingt befolgen.

Sorkins Bibel des Storytelling ist die Poetik von Aristoteles, in der die Regeln des Dramas beschrieben werden. Es mag für Sie unlogisch klingen, sich beim Streben nach kreativer Inspiration auf Regeln und Strukturen zu stützen, doch Sorkin argumentiert folgendermaßen: Erst wenn Sie wissen, welche Elemente üblicherweise in jedem Film vorhanden sind, können Sie sie dekonstruieren, mit ihnen spielen und sie neu anordnen.

Mit anderen Worten: Sie können die Regeln nur brechen, wenn Sie sie kennen. Oder wie Sorkin sagt: »Kunst ist deshalb so schön, weil sie sich grundsätzlich an bestimmte Regeln hält, während das Malen mit Fingerfarben das Ergebnis völliger Freiheit ohne jede Struktur ist.«

SHONDA RHIMES,

Showrunnerin, Produzentin und Autorin

Shonda Rhimes ist der Kopf hinter einigen der fesselndsten TV-Serien: Grey’s Anatomy, Scandal und How to Get Away With Murder.

Ihr verborgenes Genie besteht darin, dass sie herausgefunden hat, wie man Kreativität produzieren und skalieren kann. Für Rhimes beginnt der kreative Prozess mit einer einzigen Dialogzeile in ihrem Kopf. Bevor sie sie niederschreibt oder mit anderen darüber spricht, lässt sie sie erst einige Zeit köcheln.

»Ich beginne niemals damit, ein Drehbuch, Buch oder irgendetwas anderes zu schreiben bevor ich nicht genau weiß, was ich schreiben werde«, erläuterte sie Ihre Vorgehensweise auf dem Summit LA17 in Los Angeles. »Und dann geht das Schreiben ganz schnell: Manchmal denke ich ein Jahr lang über etwas nach und schreibe ein Drehbuch dann in drei Tagen.«

Wissenschaftler nennen das »kreative Inkubationsphase«. Sie beschreibt den Prozess, den das Gehirn durchläuft, nachdem es mit einem Problem (z. B. mit einem potenziellen Handlungsstrang) konfrontiert wurde. Studien haben gezeigt, dass unser Gehirn auch dann unbewusst daran arbeitet, Lösungen für dieses Problem zu finden, wenn unsere Aufmerksamkeit gerade auf etwas anderes gerichtet ist. Das erklärt auch, weshalb so viele Menschen bei Routinetätigkeiten wie beispielsweise beim Sport, unter der Dusche oder beim Autofahren kreative Geistesblitze haben.

VOM SCHEITERN ZUM ERFOLG

Was bedeutet es, ein originelles Werk zu erschaffen? Damit meine ich etwas wirklich Bahnbrechendes, Umwerfendes und Revolutionäres.

2019 besuchte ich eine Konferenz, auf der der Schriftsteller Tim Urban die Keynote hielt. In diesem Vortrag erläuterte er, wie schwierig es sei, entgegen der konventionellen Weltsicht etwas Einzigartiges zu erschaffen. »Wenn man versucht, etwas wirklich Originelles hervorzubringen, macht man jede Menge Fehler«, beschrieb er diese Herausforderung. »Originale sind ein einziges Chaos.«

Urban hat unter anderem ein vierteiliges Porträt über den Entrepreneur Elon Musk geschrieben (Sie wissen schon, der Typ, der versucht, eine Zukunft mit sauberer Energie zu schaffen, den Mars zu bevölkern und zu verhindern, dass Roboter die Vorherrschaft übernehmen).

Darin charakterisiert er den Unterschied zwischen Musks Denkweise und der Denkweise der meisten anderen Menschen folgendermaßen: als Unterschied zwischen einem Küchenchef und einem Koch. »Wenn ich Küchenchef sage, dann meine ich keinen gewöhnlichen Küchenchef«, schreibt Urban. »Ich meine die Sorte Küchenchef, die Bahnbrechendes leistet - die selbst Rezepte erfindet. Und alle anderen, die eine Küche betreten - alle, die sich einfach nur an ein Rezept halten -, sind Köche.«

Ein Küchenchef ersinnt von den Grundprinzipien ausgehend Neues, während sich ein Koch bei seiner Arbeit lediglich an die Version eines Rezepts hält, das bereits existiert.

Obwohl Achatz in einer völlig anderen Branche tätig ist, haben er und Musk sehr viel gemeinsam. Beide erfinden die Rezepte, die andere befolgen.

Doch wenn wir etwas wirklich Originelles schaffen wollen, tritt meist folgendes Problem auf: Das Ergebnis ist manchmal chaotisch, was es anfällig für Kritik macht - vor allem für die Kritik derjenigen, die es auf demselben Gebiet bereits zuvor zu Ruhm und Ansehen gebracht haben.

Eine Woche, nachdem das »Alinea« eröffnet hatte, erschien in der New York Times ein Artikel über das Restaurant. Ein anderer Küchenchef bezeichnete die Arbeit von Achatz und einigen seiner Kollegen als »kindische Spielereien« und »ausgemachten Blödsinn«. Der Restaurantkritiker der Times nannte das viereinhalbstündige Gastroerlebnis des »Alinea« anstrengend und seine Küche »unnötig seltsam«.

Achatz reagierte anders als erwartet.

»Als Allererstes gehe ich immer sofort davon aus, dass derjenige, der mich kritisiert, Recht hat«, sagte er 2015 dem Magazin Esquire.

Warum? »Keiner mag es, wenn man ihm sagt, dass er etwas nicht gut kann. Es ist mir egal, wer Sie sind - wenn Sie etwas anderes behaupten, dann lügen Sie ganz einfach. Aber letzten Endes müssen Sie genug Vertrauen zu sich selbst und Ihrem Team haben, um das Ganze objektiv zu betrachten. Indem Sie einfach die Möglichkeit in Betracht ziehen, ein Bruchteil einer geäußerten Kritik könne zutreffen, können Sie lernen und verlernen, korrigieren und optimieren, neue Ideen entwickeln und sich auf diese Weise Respekt verdienen.

Doch es bleibt die Frage: Wie können wir etwas hervorbringen, das nicht nur originell, sondern auch wirklich bahnbrechend ist?

Sehen wir uns dazu einen Menschen an, der die Animationsbranche revolutioniert hat.

Im Jahr 1986 gründete der promovierte Informatiker Ed Catmull zusammen mit Steve Jobs und John Lasseter das Animationsfilmstudio Pixar. Unter diesem Dach ging das Trio kreative Wagnisse ein, die die Welt der Unterhaltung veränderten.

Catmulls verborgenes Genie liegt in seiner Fähigkeit, beide Gehirnhälften gleichermaßen zu nutzen - die Seite, die für die Kreativität verantwortlich ist genauso wie die Seite, die unser logisches Denken beheimatet. Im Verlauf seiner fünfzigjährigen Karriere hat Catmull dazu beigetragen, dass eine ganze Reihe computeranimierter Filmhits die Leinwand erobern konnten, darunter Toy Story, Findet Nemo, Ratatouille, Wall-E und Alles steht Kopf. Als Informatiker entwickelte er zudem verschiedene Algorithmen, machte wichtige Entdeckungen im Bereich der Computergrafik und leistete Pionierarbeit auf dem Gebiet des realistischen Digitalfilms.

Es mag unlogisch klingen, doch Catmull sagt, er verdanke seinen großen Erfolg seiner konsequenten Bereitschaft zu scheitern. Auf die Frage, wie es der Animationsabteilung von Pixar gelingt, einen Hit nach dem anderen zu landen, antwortet er: »Wenn etwas funktioniert hat, sollten Sie es nicht noch einmal tun. Wir wollen etwas machen, das neu und originell ist - etwas, bei dem die Wahrscheinlichkeit, dass wir scheitern [jedes Mal] groß ist.«

Nach seiner Überzeugung schlummert die wahre, bahnbrechende Originalität dort, wo die wirklich großen, gesalzenen Misserfolge drohen. Während des kreativen Prozesses ermutigt Catmull sein Team, immer wieder aufs Neue zu experimentieren, zu scheitern und dazuzulernen, bis der Film die angestrebte Qualität hat.

Catmulls wichtigster und praktischster Ratschlag lautet: »Legen Sie es darauf an, durch den ›Fahrstuhltest‹ zu fallen.«