Hier wird die Zeit gemessen in Staub - Bernhild Halemeyer - E-Book

Hier wird die Zeit gemessen in Staub E-Book

Bernhild Halemeyer

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Beschreibung

Bernhild Halemeyer hat nach ihrem Baikalbuch "SIBIRIEN BAIKAL OLCHON" nun ein 2. Buch veröffentlich, diesmal mit Texten aus ihrer Pfarrfrauenzeit in Bielefeld-Sennestadt in den 80iger Jahren. Ausgelöst durch Begegnungen mit den verschiedensten Menschen entstanden Gedichte und kurze Erzählungen. Eine Keramikwekstatt in einem Bielefelder Hinterhof inspirierte sie zu einem Gedicht, aus dem auch der Buchtitel stammt: "HIER WIRD DIE ZEIT GEMESSEN IN STAUB" - zu bestellen in jeder Buchhandlung unter der ISBN Nr. - 9 783 754 369 067

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Seitenzahl: 69

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Schweigen

Kurt Tucholsky

INHALT

Kapitel 1: Das Hexenhaus · Prosa

Am Abend wenn der Mond sich geschlossen hat

Und niemand je so heißen

Aber kein Ton in der Luft

Wir hören den Weg

Goldenes Haar und glücklich sein

Wer ist es die uns fehlt

Lausche dir zu

Wird auch dein Schatten sein

Dies ist mein Weg

Und weiß nicht warum

Der Weg ist das Ziel

Das Sternenkleid der Mondin trägt

Werde ich neben dir sein

Und hören wie du gehst

Kapitel 2: Sei nicht so sicher · Gedichte

Ebbstrom

Hinterhofkeramik

Nocturne

Sei nicht so sicher

Liebeslied oder Lüge will ich nennen

Es ist möglich

Gefangen

Am Abend zu gehen

Böse Lupinen

Etüde in G oder Fußübungen auf G

Nachtgesang

Unter deinen Füßen die Erde

Fremdes Land

Der Schälsitz oder Die Beziehung des Kurt Schwitters zum Lampenputzer und dessen Verhältnis zur Ehe der Anna Blume mit dem Kammerton a

Erwins Geburtstag oder So geht's nicht

Es kommt der Tag -

Versäumnis I

Versäumnis II

Auf schwarzen Flügeln

Du bist schön

Große Traurigkeit

Zu erzählen schweigend

Nebiersch oder von der Unmöglichkeit eine Erzählung zu schreiben

Kapitel 3: Der blaue Vogel · Prosa

Annäherungsversuche

Das Karussell

Der blaue Trichter oder Das allmähliche Verschwinden der Wirklichkeit.

Mozart oder Steine

Der Pelzmantel

Der Blaue Vogel

Jorinde oder Der blaue Vogel

Wollgraszeit oder Ein Besuch in der Heimat

Beerdigungsgelächter

Assoziationen beim Familientreffen des Kinderheims Nettelstedt

Kapitel 4: Hirsevolution · Politische Texte

Hirsevolution

Wünsch euch Haar in der Suppe

Aus einem anderen Land

Heutzulande

Wiegenlied

Ich singe mein Lied

Strickmuster

Song von der Ware

Song von der Stadt ohne Himmel

Song zum Thema „Vertrauen ist besser“

Über die Autorin

KAPITEL 1

DAS HEXENHAUS

· PROSA ·

AM ABEND WENN DER MOND SICH GESCHLOSSEN HAT

Geh nicht in den Zachielwald, sagen sie zu mir, wenn ich meinen Korb nehme und nach Pilzen gehe. Auch Joringel warnt mich. Er geht nie weiter als bis zur Zaubereiche. Im Zachielwald ist das Hexenhaus, sagen sie und erzählen von jungen Mädchen, die nie wiedergekommen sind. Wie sieht es aus, das Hexenhaus, frage ich. Aber sie wissen es nicht. Auch Joringel weiß keine Antwort. Vielleicht ist es ein Schloss, sage ich, und die darin wohnen, weben ihre Schlafmatten aus Schilf und trinken aus hölzernen Bechern und lernen ihren eigenen Namen, das dauert lange. Aber sie schütteln den Kopf. Und die ganz Alten berichten von einem einzigen Mädchen, das zurückgekehrt sei mit einem jungen Mann aus dem Dorf. Goldenes Haar habe es gehabt und seine Kinder ebenso. Nach einiger Zeit seien sie fortgezogen. Es war besser so, sagen die Alten, sie passten nicht mehr zu uns. Sie spielten und tanzten mit den Kindern wie es ihnen einfiel. Warum sollen wir uns mühen, sagten sie, wir haben genug zum Leben. Sie waren sehr glücklich, sagen die Alten, aber sie passten nicht mehr zu uns. Goldenes Haar, sage ich zu Joringel unter der Zaubereiche und sehe an seinem Gesicht, dass er die Geschichte kennt. Die Nachtblume, sagt Joringel, sie blüht nur einmal im Jahr, und nur mit ihr kann ich dich erlösen. Die Nachtblume, sage ich erschrocken, das habe ich nicht gewusst. Aber sie waren sehr glücklich, sage ich. Sie waren anders als alle hier sagt Joringel. Ich werde meinen Korb nehmen und nach Pilzen gehen, am Abend wenn der Mond sich geschlossen hat.

UND NIEMAND JE SO HEISSEN

Der Wald singt. Ein vielfaltiger Ton, auseinandergenommen, ineinandergeflochten. Eine Melodie ist den Fledermäusen umgehängt und eine den Eulen. Es ist dunkel im Zachielwald, aber der Wald singt. Ein Hund bellt unten im Dorf. Grobe Hände werden das Brot brechen jetzt und hastige Münder die Suppe löffeln. Sie werden meinen Namen einstippen, nicht heute, aber morgen, wenn Joringel ihnen sagen muss, sie ist fort. Ich habe den Erlenwurz auf ihre Schwelle gestrichen, aber sie ist fort. Ein Gemurmel wird durchs Dorf ziehen von Haus zu Haus, von Tisch zu Tisch, wenn sie ihr Brot stippen. Scheint Möndel ins Körhel, nimmt Zachiel Jorinde, grüß dich bös Zachiel. Und bei jedem Bissen werden sie meinen Namen mitessen. Und dann muß Joringel hinausgehen und meinen Namen einritzen in die Zaubereiche unter viele Namen, und niemand in diesem Dorf wird diesen Namen nennen und niemand je so heißen.

ABER KEIN TON IN DER LUFT

Das Singen ist mir ausgegangen. Meine Füße sind müde. Sie treten das Laub. Sie verhaken sich im Farnkraut. Sie rutschen in die Wurzelhöhlen. Sie erzählen kurze Geschichten, von denen jede endet, und dann starben sie. Aber ich sage, wartet noch eine Weile, damit wir den Ton wiederfinden, und raschelt nicht so. Ich bette sie auf weiches Moos, decke sie zu mit grünem Farn. Der Mond hat sich verschlossen. Die Bäume sind stumm. Der Wald stirbt, sagen meine Füße, der Farn eben noch grün, mit dem du uns zudecktest, ist nun braun. Wären wir doch im Dorf geblieben, sagen sie. Ich bestreue sie mit zerriebenen Kräutern, lege Nesseln darauf. Ich sage noch einmal, wartet eine Weile, damit wir den Ton nicht versäu-men. Der Abend kommt, die Nacht kommt und wieder der Tag. Aber kein Ton in der Luft.

WIR HÖREN DEN WEG

Ich habe meine Füße verlassen, die Kleingläubigen, und laufe auf Händen. Sie laufen fast schwerelos. Sie sind sehr behende. Eine Eule sitzt auf einer Baumwurzel, obwohl jetzt Tag ist. Sie sitzt bewegungslos. Das Hexenhaus, sage ich nach einer langen Zeit, ist es noch weit? Die Eule schaut mich an. Ihre Augen sind grün. Vielleicht ist es auch ein Schloss, sage ich. Die Eule bleibt stumm. Ich sauge ihren Blick auf. Der Wald-boden gerät ins Schwanken. Er dehnt sich aus und zieht sich zusammen. Ein grünes wogendes Meer, darin zwei grüne Kreise, stetig, ruhig. Ich habe meine Füße verlassen, sage ich. Die Eule schaut. Ich weiß, ich war ungeduldig, sage ich, ich werde umkehren, ich werde sie holen. Die Eule schaut. Ich ertrage diesen Blick nicht länger,ich schließe die Augen. Da beginnt der Ton. Von weither ein feiner hoher Ton. Ich atme ihn, ich schlucke ihn. Als ich aufschaue, stehen meine Füße auf der Baumwurzel, die Eule ist fort.Den Ton, rufe ich, hört ihr den Ton. Wir hören ihn, sagen meine Füße und springen ins Moos, wir hören den Weg.

GOLDENES HAAR UND GLÜCKLICH SEIN

Ich werde erwartet. Eine alte Frau, rothaarig, rotäugig steht vor einer hohen Mauer. Sie sagt, folge mir. Wir gehen lange. Wir gehen stumm. Ich frage nicht. Warum bist du gekommen? sagt Rothaarig Rotäugig. Sie bleibt nicht stehen. Sie dreht sich nicht um. Ich möchte es sehen, das Hexenhaus, sage ich, die Leute im Dorf erzählen davon. Wir gehen. Wir gehen im Kreis. Warum bist du gekommen? sagt Rothaarig Rotäugig zum zweiten Mal. Joringel, sage ich, ich möchte glücklich sein mit ihm, aber nicht wie die Leute im Dorf. Der Weg an der Mauer entlang nimmt kein Ende. Eben will ich fragen, warum gibt es kein Tor in der Mauer, da sagt Rothaarig Rotäugig zum dritten Mal, ohne sich umzuschauen, ohne stehenzubleiben, warum bist du gekommen? Ich möchte meinen Namen lernen, sage ich, ich heiße Jorinde, aber wer ist das? Und goldenes Haar, sage ich, sie sagen, das Mädchen habe goldenes Haar gehabt und seine Kinder ebenso. Rothaarig Rotäugig lacht. Sie sagt, das wollen sie alle, goldenes Haar und glücklich sein.

WER IST ES DIE UNS FEHLT