Hildegard von Bingen. Einfach fasten - Brigitte Pregenzer - E-Book

Hildegard von Bingen. Einfach fasten E-Book

Brigitte Pregenzer

5,0

  • Herausgeber: Tyrolia
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2018
Beschreibung

Brigitte Pregenzer gilt als eine der führenden Hildegard-Expertinnen im deutschen Sprachraum. Einen der erfolgreichsten Titel aus ihrer Ratgeber-Reihe Hildegard von Bingen. Einfach fasten hat sie nach drei Auflagen grundlegend überarbeitet und neu gestaltet. Im Mittelpunkt steht wie bisher die Einführung in das Fasten nach Hildegard, die verschiedenen Fastenarten - neu das 16-Stunden-Fasten, Vorbereitung, Rahmenbedingungen und Hilfestellungen bei Fastenkrisen. In ihrer gewohnt prägnanten Sprache fasst Brigitte Pregenzer das nötige Hintergrundwissen zusammen und lässt dabei die neuesten Erkenntnisse aus der Ernährungswissenschaft, etwa zum Säure-Basen-Haushalt, einfließen. Sie erläutert, was in unserem Körper passiert, wenn wir fasten, wie Körperübungen helfen, das seelische Gleichgewicht beim Fasten zu fördern, und welche Rituale dazu beitragen, dass die Zeit des Fastens generell ein Schritt in ein freudvolles und erfülltes Leben werden kann. Einen großen Raum nehmen aber auch die vielfältigen praktischen Anleitungen und Fasten-Rezepte ein, wobei ganz neu auch Rezepte für die Zeit danach in die Sammlung aufgenommen wurden. So wird hier das Thema Fasten aus ganzheitlicher Sicht beleuchtet und auch dank der fröhlichen Illustrationen auf eine appetitanregende und lustvolle Weise behandelt.

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Seitenzahl: 219

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Brigitte Pregenzer

Hildegard von BingenEinfach fasten

Aktualisierte und erweiterte Neuauflage

Mit Zeichnungen von Sophia Pregenzerund Farbfotos

Mitglied der Verlagsgruppe „engagement“

© 2018 Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck

Layout und digitale Gestaltung: Tyrolia-Verlag, Innsbruck

Umschlagbild: iStock.com/Ben185

Fotos: Brigitte Pregenzer

Lithografie: Artilitho, Trento (I)

Druck und Bindung: FINIDR, Tschechien

ISBN 978-3-7022-3671-7 (gedrucktes Buch)

ISBN 978-3-7022-3683-0 (E-Book)

E-Mail: [email protected]

Internet: www.tyrolia-verlag.at

Vorwort

„Wie es dem Magen schaden würde,wenn er immer voll oder leer wäre,so würde es auch der Seele schaden,wenn der Leib immer im Vergnügen lebte.“

(Hildegard von Bingen)

Hildegard von Bingen wusste um die heilende und befreiende Wirkung des freiwilligen Verzichts auf Überflüssiges. In dem neu gestalteten Buch von Brigitte Pregenzer erfahren wir von den verschiedenen Möglichkeiten zu fasten. Dabei geht es nicht nur um Nahrungsverzicht, sondern um ein Überdenken der eingeschlichenen Gewohnheiten.

Aus ihrer langjährigen und reichen Erfahrung als Fastenbegleiterin fließen auch Fragen und Rückmeldungen von Fastenden ein, die interessante Anregungen für den Leser sind. Wertvoll und spannend sind die vielfältigen Begleitmaßnahmen auf Grund der Schriften Hildegards und des heutigen Wissensstands.

Fasten ist für mich persönlich ein wertvoller Prozess: Er führt von einem „frei werden von“ zu einem „frei werden für“. Dazu wünsche ich allen Gottes Segen.

Dr. med. Felicitas Karlinger

Inhaltsverzeichnis

Vorwort von Dr. med. Felicitas Karlinger

Fasten in Eigenverantwortung

Warum überhaupt fasten?

Vorteile des Fastens für Körper, Seele und Geist

Fasten in den Religionen

Spiritualität

Gründe für eine Fastenzeit

Was passiert in unserem Körper, wenn wir fasten?

Reinigung und Regeneration im ganzen Körper

Der Säure-Basen-Haushalt

Die verschiedenen Arten des Hildegardfastens

Einführung in das Fasten nach Hildegard

Dinkelbrot-Fasten

Dinkel-Obst-Gemüse-Fasten

Dinkel-Reduktionskost

Hildegard-Saft-Fasten

Ein Reduktionstag pro Woche oder der „Dinkel-Wohlfühltag“

Das 16-Stunden-Fasten

Fasten mit der Familie

Rezepte

Rezepte für alle Fastenarten

Rezepte fürs Brot- und Saftfasten

Rezepte fürs Reduktionsfasten, das Dinkel-Obst-Gemüse-Fasten, den Reduktionstag, das 16-Stunden-Fasten und für die ersten Tage nach dem Fasten

Brot

Gewürze

Getränke

Vorbereitungen auf das Fasten

Das Umfeld schaffen

Wie fange ich an – wie lange faste ich – wie höre ich auf?

Fasten-Einkaufsliste

Rahmenbedingungen und Begleitmaßnahmen

Der ideale Fastentag

Begleitmaßnahmen

Seelische Begleitmaßnahmen

Anregungen für die Fastenzeit

Fragen, die ich mir stelle

Hilfe bei Fastenkrisen

Krisen als Chancen

Körperübungen

Impulse aus der Hildegardspiritualität

Fastenerfahrungen

Rückmeldungen von Fastenden

Fragen von Fastenden

Lebenshaltungen nach der Zeit des Fastens

Wie ernähre ich mich richtig?

Der Hitze- und der Kältetyp

Die sechs goldenen Lebensregeln

Rituale für ein freudvolles und erfülltes Leben

Kuren nach dem Fasten

Anhang

Das Leben der heiligen Hildegard von Bingen

Stichwortverzeichnis

Literaturverzeichnis / Quellennachweis

Fasten in Eigenverantwortung

Dieses Buch ist die Frucht jahrelanger Erfahrung. Es stützt sich auf die Schriften der heiligen Hildegard von Bingen, auf die Ausführungen von Dr. Gottfried Hertzka und auf meine Erfahrungen mit rund 2400 Teilnehmenden in fast 200 Fastengruppen, die ich in diesen Jahren begleiten durfte.

Wer fastet, übernimmt Verantwortung für sich, seinen Körper und sein seelisches Wachstum. Es gilt, gut in sich hineinzuspüren und zu überlegen, auf welche Art und wie lange man fasten möchte. Haben Sie Vertrauen zu sich selbst und nehmen Sie Ihre Bedürfnisse und Kümmernisse wahr. Entscheiden Sie dann für sich – in Ihrer eigenen Verantwortung und nach Ihrem ganz persönlichen Maß, denn die Antworten finden wir immer in uns selbst.

Bei gesundheitlichen Problemen und problematischen Gemütszuständen ist es sinnvoll, einen Arzt des Vertrauens zu Rate zu ziehen oder einen Fastenbegleiter zu kontaktieren.

Fasten ist keine tragische Angelegenheit, sondern soll Freude machen und Leichtigkeit bringen.

Ich wünsche Ihnen eine gute Fastenzeit mit Leichtigkeit und Freude und mit dem Segen der hl. Hildegard von Bingen.

Von Herzen

Brigitte Pregenzer

Warum überhaupt fasten?

Vorteile des Fastens für Körper, Seele und Geist

Wir haben alles, können uns jederzeit von allem noch mehr besorgen und finden immer und überall neue Möglichkeiten, uns etwas zu „gönnen“ und uns abzulenken. Wir konsumieren, wann immer wir wollen und wo immer wir wollen. Wir orientieren uns sehr nach außen, leben im Außen und oftmals für „die Anderen“. Dadurch nehmen wir unsere eigenen Bedürfnisse zu wenig wahr. Wir definieren uns auch häufig über Äußerlichkeiten und sehen ständig diejenigen, die am Essen und am Feiern sind, die sich vergnügen und es sich gut gehen lassen. Wir haben immer das Gefühl von Mangel, obwohl wir in der Fülle leben, weil uns die Werbung suggeriert, dass wir noch mehr brauchen. Wir kommen mit vollen Einkaufstaschen nach Hause, haben aber dennoch das Gefühl, dass noch einige Spurenelemente und Mineralstoffe fehlen. Wir kaufen neue Kleidung und sind damit nach einer Saison schon wieder nicht mehr im Trend. Wir machen Urlaub und haben das falsche Hotel gebucht, wir gehen aus und sind im verkehrten Lokal und wir sind immer gerade dort, wo es nicht so schön, so modern, so gemütlich ist. Wir sind in Konkurrenz mit den „Anderen“ und so entsteht häufig das Gefühl von Mangel und Unzulänglichkeit – und das hält uns am Laufen und Hetzen. Wir halten Ausschau nach Neuem, Besserem, Schnellerem – und doch führt der Weg nicht ins Glück oder zu Zufriedenheit.

Wir können freiwillig reduzieren, bevor dieser Überfluss zu einem Überdruss führt oder eine Krankheit uns dazu zwingt, und wir können durch ein bescheideneres Verhalten Umweltsünden in den Herkunftsländern der Konsumgüter und der exotischen Lebensmittel vermeiden helfen. Dieser Gedanke ist gleichermaßen banal wie radikal, denn wir sind immer mit allem verbunden und deshalb auch immer für alles mitverantwortlich. Wir sind Teil eines großen Ganzen und wirken deshalb auf das Ganze – mit jedem Gedanken und mit jeder Tat, mit jeder Kaufentscheidung und mit unserem Essverhalten.

Die Lösung lautet: innehalten und fasten auf allen Ebenen.

Es kommt auf jede/n Einzelne/n an. Jede/r ist Teil der Veränderung – zum Guten oder zum Schlechten.

Fasten ist viel mehr als nicht essen

Das Wort „fasten“ bedeutet „fest-halten“ und „beobachten“ und wird zu einem spannenden Prozess, wenn wir uns darauf einlassen. Die Zeit des Fastens ist ein „Beobachten von sich selbst“ und seinen Gewohnheiten, von Tagesabläufen und Eigenheiten, die sich bewährt haben, und von solchen, die sich eingeschlichen haben und uns schaden. Es ist auch ein Beobachten unserer Gedanken, Wünsche, Bedürfnisse und Sehnsüchte, die im Alltag oft verdeckt sind und zu kurz kommen. Es ist im positiven Sinn auch ein „Fest-Halten“ von Gedanken und Bedürfnissen, die einem lieb und wertvoll sind. Die Zeit des Fastens ist kostbar, weil man mit sich selbst in Kontakt kommt und die Umwelt und die Mitmenschen anders wahrnimmt. Beim Fasten kommt es selbstverständlich zu einer Körperreinigung und zum gewünschten Verlust von Gewicht. Genauso wichtig – und als Erfahrung vielleicht sogar noch entscheidender – ist der innere Prozess, der beim Fasten für geistige Klarheit und seelisches Wohlbefinden sorgt.

Wenn wir unser Augenmerk nicht nur aufs Essen bzw. aufs „wenig Essen“ legen, kommen wir dem eigentlichen Sinn des Fastens wieder näher – denn Fasten nur wegen ein paar Kilo wäre viel zu schade.

Alles, was wir freiwillig und gerne machen, fällt uns leicht. Alles hingegen, was uns von außen aufgezwungen wird oder was wir uns selbst als Zwang auferlegen, wird anstrengend.

Wenn wir uns neugierig und freiwillig dazu entscheiden, einige Tage zu fasten, ist der Einstieg schon geschafft. Mit einer guten Vorbereitung wird die Fastenzeit zu einem ganz besonderen Erlebnis und in weiterer Folge zu einem Fixpunkt im Jahresablauf, den wir nicht mehr missen möchten.

Vor nicht allzu langer Zeit war der Freitag aus religiösen, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen ein Reduktionstag, weil gespart werden musste. Heute haben wir jeden Tag das „volle Sortiment“ und überfordern uns dadurch körperlich, geistig und seelisch.

Die Kilo rutschen ganz nebenbei, wenn wir uns auf den Fastenprozess einlassen.

Ent-Scheiden heißt, sich von etwas trennen und sich für etwas Anderes einsetzen. Wer sich fürs Fasten entscheidet, lässt die alten Essensgewohnheiten für eine Zeit lang los. (Hildegard von Bingen)

Wir alle haben täglich genügend zu essen und zu trinken, wir haben sogar die Qual der Wahl und ein ständiges Angebot, das uns überhäuft und überfordert. Mussten die Generationen vor uns danach trachten, genügend Vorräte fürs Überleben anzulegen, sind wir heute gefordert, uns freiwillig zu beschränken. Und das ist eine tägliche Herausforderung, denn sobald wir uns für etwas entscheiden, entscheiden wir uns gleichzeitig gegen viele andere Möglichkeiten – und dies in allen Lebensbereichen. Wenn wir uns für ein Fernsehprogramm entscheiden, sehen wir Dutzende andere nicht. Wenn wir zu einer Veranstaltung gehen, versäumen wir andere, und wenn wir uns für die Zubereitung eines bestimmten Gerichts entscheiden, lassen wir andere Möglichkeiten außer Acht.

Warum Hildegard von Bingen zum Fasten rät

Die Genügsamkeit ist bei Hildegard eine wertvolle Tugend und dieser Ausspruch von ihr kann uns hilfreich durch die Fastenzeit begleiten – und er kann zu einem Lebensmotto werden. Die Genügsamkeit macht frei und gibt ein zufriedenes Gefühl, weil wir mit dieser Haltung die Erfahrung machen, dass wenig auch reicht und genug immer genügt.

Natürlich werden wir im Alltag immer wieder in unserer Genügsamkeit auf die Probe gestellt und die Verlockungen verlangen uns einiges an Stehvermögen ab. Auch Hildegard wusste das und so lockt bei ihr die „Schlemmerei“ mit folgenden Worten:

„Die Genügsamkeit nimmt nicht mehr, als sie braucht.“ (Hildegard von Bingen)

„Gott hat ja alles geschaffen, warum sollte ich dahinkümmern? Wenn Gott nicht wüsste, dass ich dies alles brauchen könnte, so hätte er es doch nicht geschaffen! Ich wäre ja dumm, wenn ich nicht meine Freude an all den schönen Dingen hätte, zumal auch Gott will, dass dem Menschen an seinem leiblichen Wohl nichts fehle.“

Diese Argumente der „Schlemmer“ kennen wir alle und sie wirken einleuchtend und schlüssig, aber die Enthaltsamkeit als der Gegenspieler erwidert bei Hildegard:

„Kein Mensch würde seine Zither so spielen, dass ihre Saiten zerspringen! Sind die Saiten einmal gesprungen, bleibt nichts mehr von ihrem Klang. Du Schlemmer stopfst deinen Bauch so voll, dass deine Adern dabei platzen … Ich aber (die Enthaltsamkeit) nehme Maß am Menschen, damit dem Leib nichts fehlt und er auch nicht zu voll gestopft wird von Speise und Trank. Ich bin eine Zither, die in schönster Harmonie ertönt.“

Zur Schlemmerei gehören bei Hildegard auch „Genusssucht und Unersättlichkeit“ als Untugenden, aus denen wiederum „Gier und Begierde“ erwachsen und aus der in weiterer Folge wiederum das Suchtverhalten resultiert.

Durch bewusstes Fasten und freiwillige Reduktion kann die Unersättlichkeit und das nagende Gefühl von Mangel in die wohltuende Genügsamkeit verwandelt werden. Auch wenn die Begriffe veraltet klingen und nicht gerne gehört werden, so treffen sie auf das heutige Essverhalten mit der Sucht nach Süßem und einem übermäßigen Fleischkonsum dennoch gut zu. Aber auch Verhaltensweisen wie Kaufsucht, Medien- und Alkoholkonsum und das ständige Streben nach mehr Leistung und höheren Erträgen gehören dazu.

Schlemmen und Konsumieren sind zu einem Freizeitvergnügen geworden – nach dem Motto: „Alles, jederzeit, überall, sofort und günstig – und frei Haus geliefert“. Wir sollten uns besinnen und uns fragen, ob wir wirklich alles brauchen.

Fasten auf körperlicher Ebene

Der freiwillige Verzicht auf Nahrung ermöglicht dem Körper, wichtige innere Reinigungsprozesse durchzuführen, Schlacken und Giftstoffe auszuleiten und Altlasten zu verbrennen. Da der Körper während des Fastens entwässert und von seinen eigenen Fettreserven lebt, kommt es zum gewünschten Gewichtsverlust und damit verbunden zu mehr Beweglichkeit und Spannkraft. Beim Hildegardfasten werden keine Kalorien gezählt oder Tabellen geführt, sondern die eigene Wahrnehmung und das Bauchgefühl werden zum Maßstab. Wir schwanken ja oft zwischen Lust und echtem Hunger und kennen sowohl Phasen von Schlemmerei als auch von Enthaltsamkeit. Sie sind bei Hildegard die beiden Gegensätze, die sich in uns als Tugend bzw. als Untugend begegnen und von denen beide „gewinnen“ möchten.

Vorteile des Fastens auf körperlicher Ebene:

Körperlicher Reinigungsprozess

Schlacken und Giftstoffe werden ausgeschieden

Krankheiten werden gemildert bzw. geheilt

Blutdruck und Blutzuckerspiegel werden reguliert

Cholesterinspiegel wird gesenkt

Schmerzen werden weniger oder verschwinden ganz

Immunsystem wird gestärkt

Beweglichkeit und Spannkraft steigen

Kraft und Energie werden mehr

Körpergefühl wird intensiver und sensibler

Gewichtsverlust

Beim Hildegardfasten werden weder Kalorien gezählt noch Tabellen geführt, sondern es wird auf einen ganzheitlichen Ansatz Wert gelegt.

Fasten auf seelischer Ebene

Die ständige Suche und Sucht nach mehr führen auf seelischem Gebiet oft zu Weltschmerz und Überdruss. Beim und durchs Fasten kann sich die Seele mit ihren Bedürfnissen, Sorgen und Ängsten bemerkbar machen. Auch der Weltschmerz oder die Traurigkeit dürfen sich zeigen und können verwandelt werden in Zuversicht und Fröhlichkeit. Wer sich und seine Bedürfnisse ernst nimmt, kann „seine Seele putzen“. Er kann sich befreien und weiter-ent-wickeln, d. h. Schicht für Schicht ab-wickeln, um zu seinem Wesenskern zu gelangen.

In der Fastenzeit tauchen mehr Träume auf bzw. wir können uns besser an die Träume erinnern, weil der Schlaf ein leichter ist. Diese Träume entlasten die Seele und geben uns die Möglichkeit, uns nochmals mit den aufgetauchten Themen auseinanderzusetzen.

Vorteile des Fastens auf seelischer Ebene:

Seelische Bedürfnisse zeigen sich

Ängste und Sorgen „dürfen“ aufsteigen

Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse wird möglich

Probleme verlieren den Schrecken oder führen zu einer Entscheidung

Träume zeigen Unbewusstes auf

Belastendes kann sich lösen

Reue wird ermöglicht

Ruhe und Ausgeglichenheit stellen sich ein

Fasten führt in die Mitte

Persönliche Entwicklung fällt leichter

Gemeinsames Fasten verbindet und ist eine besondere Erfahrung.

Fasten auf geistiger Ebene

Beim Fasten werden die Gedanken klarer und das Denken geordnet – und diese Klarheit führt zu Freude und laut Hildegard „zu rechtem Durchblick“. Abstinenz auf geistigem Gebiet, indem ich die Informationsflut eindämme und Tratsch und Klatsch vermeide, ergibt eine angenehme „Leichtigkeit im Denken“. In dieser Klarheit und Leichtigkeit werden wir feststellen, was uns wirklich interessiert und was uns eher belastet. Wir erinnern uns vielleicht an Themen, die uns „be-geistert“ haben, und wir frischen diese wieder auf. Oder wir genießen die Ruhe des Geistes, weil die Gedanken nicht ständig in unserem Kopf Karussell fahren. Dadurch finden wir in uns die Themen, die uns wirklich interessieren und uns selbst betreffen.

„Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist?“ (1 Kor 6,19)

Vorteile des Fastens auf geistiger Ebene:

Geistiger Ballast verschwindet

Gedanken werden positiver und klarer

Lebensfreude zeigt sich

Sinne werden geschärft

Energie und geistige Frische werden spürbar

Neue Einsichten und Perspektiven tauchen auf

Entscheidungen fallen leichter

Wahrnehmung wird geschärft

Vorhaben werden leichter umgesetzt (oder gelassen)

Probleme relativieren sich

Zeitgefühl verändert sich

Fokus richtet sich auf Schönes

Während der Fastenzeit Medien meiden und auf Fernsehen und Computer verzichten. Genießen Sie die Stille oder hören Sie nur angenehme Musik – und keine Nachrichten.

Wer dies beherzigt, macht andere Erfahrungen als Fastende, die lediglich das Essverhalten verändern – Sie gelangen in die Tiefe und in die eigene Innenwelt.

Fasten in den Religionen

In allen Religionen und spirituellen Traditionen gehört Fasten ganz selbstverständlich in den Jahresablauf. Es wurde von allen Religionsstiftern empfohlen, um die geistige und körperliche Entwicklung zu stärken, und es wurde von ihnen selbst und von verantwortungsvollen Menschen vor schwierigen Entscheidungen praktiziert.

Folgende Zitate belegen die Bedeutung des Fastens in den Religionen:

„Beten führt auf halbem Wege zu Gott,Fasten bringt uns an die Tür des Himmels.“

Mohammed

„Wenn all mein Fleisch hinwegschwindet,wird die Seele immer heller,des Geistes Wachsein immer fester.“

Buddha

„Seht, an euren Fasttagen geht ihr dem Geschäft nachund treibt alle eure Arbeiter zur Arbeit an.Obwohl ihr fastet, gibt es Zank und Streit und ihrschlagt zu mit roher Gewalt.Ihr fastet zurzeit nicht so,dass eure Stimme in der Höhe gehört würde …“

Prophet Jesaja (58,3–4)

„Die Fastenzeiten sind Teil meines Wesens.Ich kann auf sie ebenso wenig verzichtenwie auf meine Augen.Was die Augen für die äußere Welt sind,das ist das Fasten für die innere.“

Mahatma Gandhi

„Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesichtwie die Heuchler.Sie geben sich ein trübseliges Aussehen,damit die Leute merken, dass sie fasten.Amen, das sage ich euch:Sie haben ihren Lohn bereits erhalten.Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest,und wasche dein Gesicht,damit die Leute nicht merken, dass du fastest,sondern nur dein Vater,der auch das Verborgene sieht;und dein Vater, der das Verborgene sieht,wird es dir vergelten.“

Jesus Christus

Diese Textstelle aus dem Matthäusevangelium zeigt, was auch Hildegard empfohlen hat: Wir fasten für die eigene Erfahrung und nicht, um anderen etwas zu beweisen. Es geht nicht darum, sich zu kasteien und so lange wie möglich streng mit sich zu sein, sondern offen zu werden für die Weisheit in sich selbst und auf die innere Stimme zu hören. Beim Fasten werden wir die Erfahrung machen, dass wir ein Teil der gesamten Schöpfung sind, und wir werden gleichzeitig sensibler für die Probleme anderer. So realisieren wir, dass der freiwillige Verzicht ein Solidaritätsbeitrag an die Welt sein kann – wenn unsere innere Haltung entsprechend ist. Wir werden auch erkennen, dass Fasten nur um ein paar Kilo abzunehmen viel zu schade ist, und „das Verborgene“ in uns entdecken.

In allen Weltreligionen gibt es gemeinsame Fastenzeiten, und wenn wir die Möglichkeit haben, in einer Gruppe zu fasten, werden wir erfahren, dass ein gemeinsames Fastendie große Chance für Veränderung in sich birgt. Einerseits verbindet Fasten untereinander und andererseits entsteht dadurch ein Energiefeld, dessen Kraft auf eine Weise wirken kann, die wir heute (noch) unterschätzen. So wird Fasten zum Solidaritätsbeitrag für Menschen in Not – und gleichzeitig erfahren wir, dass es uns in dieser Geisteshaltung leichter fällt zu verzichten. Und Hildegards Worte „Jedes Geschöpf ist mit einem anderen verbunden und ein jedes Wesen wird durch ein anderes gehalten“ erhalten einen tiefen Sinn.

Ein zentraler Begriff in der Hildegardlehre ist das rechte Maß, und dieses empfiehlt Hildegard auch beim Fasten, damit es zu einem sanften Prozess wird: „Wie es dem Magen schaden würde, wenn er immer voll oder leer wäre, so würde es auch der Seele schaden, wenn der Leib immer im Vergnügen lebte.“

Und Hildegard rät uns – wie auch im Matthäusevangelium steht –, sich während der Fastenzeit nur mit Fastenden auszutauschen und nicht mit anderen darüber zu reden, damit der Hochmut nicht genährt und die eigene Erfahrung nicht geschwächt wird.

„Fasten schließt die Lippen“, heißt es beim griechischen Bischof und Kirchenvater Johannes Chrysostomos und wir werden bemerken, dass es zudem unser Herz und unsere Sinne öffnet. Es bietet die Möglichkeit, sich selbst kennen zu lernen, sein Bewusstsein zu erweitern, der Seele Raum zu geben, damit sie sich darin entfalten kann, und es bedeutet, seine Achtsamkeit zu pflegen. Dies alles geschieht aber nur, wenn es in „Absichtslosigkeit“ und für sich selbst getan wird. Es geschieht nicht, wenn ich es für andere „tue“, für ein Lob oder um einer höheren Instanz zu gefallen.

„Fasten ist Speise für die Seele und es schließt die Lippen.“Johannes Chrysostomos

Spiritualität

Neben körperlichen Beweggründen ist auch die Pflege der eigenen Spiritualität ein guter Grund, regelmäßig zu fasten.

Der Begriff Spiritualität ist sehr in Mode gekommen. Was damit gemeint ist, ist den meisten Menschen allerdings nicht so recht klar, denn die Vorstellungen davon sind genauso zahlreich wie unterschiedlich.

Ursprünglich verstand man unter Spiritualität das „Geistige“ im Gegensatz zum Weltlichen. Mit der Zeit kam es allerdings zu einer überhöhten Vorstellung dessen, was Spiritualität sein soll, und gleichzeitig zu einer Entwertung des Alltäglichen, des Irdischen.

Wir Menschen sind beseelte Wesen, Geschöpfe, in denen der Funke Gottes zum Leben erwacht ist. Wir sind in unserem Innersten spirituell und es ist eine unserer Aufgaben, in dieses Innerste vorzudringen, es kennen zu lernen, es freizulegen und uns selbst als einzigartige Menschen anzuerkennen und wertzuschätzen.

Spiritualität kann man nicht in Kursen oder aus Büchern „lernen“, man kann es aber üben. Gelebte Spiritualität ist eine Haltung, die man einnimmt und in der man sich mit Hilfe der Hildegardtugenden immer wieder übt. Wir alle kennen unsere Eitelkeiten und Schwächen, denen wir gerade in der Fastenzeit – aber auch danach – achtsamer und neu begegnen können. Übungsmöglichkeiten stellt das Leben täglich zur Verfügung.

Wir können uns in Geduld üben, besonders dann, wenn wir gerade keine Zeit haben.

Wir können eine Situation mit Barmherzigkeit betrachten, ohne gleich zu urteilen und zu verurteilen.

Wir können Großzügigkeit walten lassen, auch wenn wir dadurch einen kleinen Nachteil haben.

Wir können Zurückhaltung und Demut – eine sehr stärkende Kraft – an den Tag legen, um der Gier und dem Geiz beizukommen, die uns beide innerlich schwächen und uns klein und kleinlich machen.

Eine spirituelle Haltung kann man erlangen, indem man sich in Achtsamkeit übt. Sie verschafft den Hildegardtugenden Raum und lässt uns unserem Innersten näher kommen. Die Achtsamkeit und das bewusste Sein sind wunderbare „Lernhilfen“ auf dem Weg des Nach-Spürens und des In-sich-hinein-Hörens und wie Willigis Jäger sagt: „Ein spiritueller Weg, der nicht in den Alltag führt, ist ein Irrweg.“

Achtsamkeitsübungen:

Gehen Sie langsam und achten Sie auf jeden einzelnen Schritt.

Betrachten Sie Ihre Umgebung, als wäre es das erste Mal.

Reden Sie leiser als üblich und nach Möglichkeit auch weniger.

Horchen Sie einem Menschen aufmerksam zu, zeigen Sie Interesse und stellen Sie bewusst Fragen.

Versuchen Sie zu „schauen“ anstatt zu sehen und versuchen Sie, über das scheinbar Selbstverständliche zu staunen.

Atmen Sie bewusst ein und aus und achten Sie auf die Tiefe jedes einzelnen Atemzugs.

Decken Sie den Tisch liebevoll.

Halten Sie vor dem Essen bewusst inne und danken Sie aus dem tiefsten Inneren für die Mahlzeit. Ein Großteil der Weltbevölkerung kann nicht selbstverständlich täglich essen.

Nehmen Sie Gegenstände des täglichen Bedarfs bewusst in die Hand und spüren Sie nach, wie sie sich anfühlen.

Machen Sie den Abwasch mit Freude und Bewusstheit.

Putzen Sie das Bad mit Dankbarkeit darüber, dass Sie – weltweit gesehen – zu den wenigen Menschen gehören, die über ein Badezimmer verfügen.

Lassen Sie einem anderen Menschen den Vortritt.

Fahren Sie langsam und halten Sie an, um einen Fußgänger über die Straße zu lassen.

Rufen Sie jemanden an, mit dem Sie nicht ganz in Frieden sind, oder schreiben Sie der Person eine Karte.

Lächeln Sie aus Ihrem Innersten heraus.

Gehen Sie erst als Letzte/r ans Buffet und schöpfen Sie nur so viel auf den Teller, wie Sie wirklich essen (möchten).

Gebet – Meditation

Zu einem ganzheitlichen Fasten gehört auch das Gebet oder die Meditation. Ein Gebet stärkt auf ganz besondere Weise und wirkt auf unsere Seele. Es kann im herkömmlichen Sinn gehalten werden und durch Rezitieren von bekannten Texten stattfinden, es kann aber auch als freies Gespräch mit Gott oder als Zwiesprache mit sich selbst gestaltet werden.

Auch bei der Meditation gibt es verschiedene Möglichkeiten und es liegt bei jedem/r Einzelnen, die passende Art zu finden. Bei der Meditation wird nicht nachgedacht, sondern man lässt Gedanken, die kommen, wertfrei wieder ziehen. Das Zulassen von Gedanken wirkt reinigend und zeigt auf, woran das Unbewusste arbeitet. In solchen Prozessen kann ein Gespräch mit einem Fastenbegleiter, einem Therapeuten oder einem Seelsorger hilfreich und klärend sein. Nutzen Sie gerade die Fastenzeit dazu, mit der Meditationspraxis zu beginnen oder diese zu vertiefen.

Gründe für eine Fastenzeit

Meldungen von Fastenden

Die Entscheidung für eine Fastenzeit kann aus verschiedensten Gründen fallen und es ist hilfreich, sich über die eigenen Motive im Klaren zu sein und dann einen „entschlossenen Schritt“ zu setzen. Das Fasten fällt leichter, wenn es freiwillig geschieht und wenn man sich die positiven Aspekte selbst immer wieder in Erinnerung ruft. Sehr oft sind es gesundheitliche Beschwerden oder der Wunsch zu entschlacken, die zum Fasten führen. Auch der Wunsch abzunehmen ist ein häufiger Beweggrund oder man tut es, weil man sich durch Berichte animieren ließ.

Manchmal ist auch Neugier ein Grund oder das Gefühl, in der Fülle die eigene Wahrnehmung und Wertschätzung zu verlieren.

Wer sich über die Motive für „sein“ Fasten im Klaren ist, hat einen guten Einstieg in eine wertvolle und ganz besondere Zeit gefunden.

Im Laufe jeder Fastenwoche wachsen die eigene Erfahrung, Körperwahrnehmung und Empfindsamkeit. Die Gedanken werden klarer, Entscheidungen fallen leichter und am Ende der Fastenzeit zeigen sich Freude und Dankbarkeit.

Die im Folgenden aufgelisteten Gründe, die so von Teilnehmerinnen und Teilnehmern von Fastenwochen genannt wurden, sollen anregen und neugierig machen.

Gründe fürs Fasten

Meine Gelenke schmerzen und ich fühle mich müde und niedergeschlagen. Es ist ein gutes Gefühl, wenn die Schmerzen durchs Fasten aufhören.

Ich habe einen Tennisarm und möchte die Entzündungen loswerden.

Ich spüre ganz genau, dass Limo, Schokolade und Käse bei mir Migräne auslösen. Ich hoffe, durchs Fasten wieder in „geregelte Bahnen“ zu kommen.

Ich habe mehrere Allergien und möchte durch das Fasten eine nach der anderen loswerden.

Seitdem ich regelmäßig faste, habe ich bessere Blutwerte und auch mein Bluthochdruck normalisiert sich.

Ich nehme regelmäßig Medikamente und möchte die Rückstände loswerden und den Körper reinigen.

Ich hatte eine Operation und möchte die Narkose ausleiten.

Ich habe schon viele Kuren gemacht, aber noch nie richtig gefastet. Ich bin gespannt, was mich erwartet.

Ich habe eine „magische“ Grenze für mein Körpergewicht – diese ist nun erreicht und ich möchte mir einen „Puffer“ schaffen.

Ich möchte meine „Jahresringe“ loswerden. Mit regelmäßigem Fasten halte ich mein Gewicht.

Ich bin an sich ein Genussmensch – ich will mir aber selbst Grenzen setzen, bevor alles ausufert.

Ich esse ständig und oft lustlos, habe kein Sättigungsgefühl mehr und möchte es durchs Fasten wiedererlangen.

Ich habe das Glück, dass ich das Gefühl „Hunger“ nicht kenne, esse aber wann immer ich will. Ich möchte Fasten als Erfahrung.

Für mich ist Fasten eine Reinigung, die ich nicht mehr missen möchte – es ist ein „Hausputz“ für meinen Körper und klärt den Geist.

Das Gefühl beim Fasten – und vor allem danach – ist immer ein ganz besonderes; ich will es wieder einmal spüren.

Man kommt sich beim Fasten selbst wieder näher – zurzeit stehe ich etwas neben mir.

Ich habe das unangenehme Gefühl, dass ich von allem zu viel habe, und möchte mir wieder klar werden, was ich wirklich brauche.

Ich faste als Dank für meinen Körper und hoffe, dass mich die Seele einholt.

Ich möchte meine Ernährung umstellen und bei der Hildegardernährung habe ich ein gutes Bauchgefühl.

Ich arbeite und esse viel – die Fastenwoche ist für mich das Highlight der Fastenzeit. In dieser Zeit „fahre ich wunderbar herunter“.

Ich faste meiner Freundin zuliebe, damit sie nicht alleine fasten muss.

Ich faste, weil es bei mir als Fixpunkt im Kalender steht. Es gehört ganz einfach zum Jahresablauf.

Ich konnte heuer die Fastenzeit kaum erwarten; das Fasten klärt den Geist und ich sollte eine wichtige Entscheidung treffen.

Es ist eine Woche ganz für mich allein – es fühlt sich sehr exklusiv an.