Hochsensible Kinder - Lösungen für 51 herausfordernde Alltagssituationen - Johanna Hinze - E-Book

Hochsensible Kinder - Lösungen für 51 herausfordernde Alltagssituationen E-Book

Johanna Hinze

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Beschreibung

Wie Sie Ihr hochsensibles Kind besser verstehen und ihm helfen, mit seinen starken Gefühlen umzugehen, ohne es zu überfordern. Machen Sie sich Sorgen, dass Ihr Kind Schwierigkeiten hat, Freunde zu finden oder sich unter Gleichaltrigen sehr schüchtern und ängstlich verhält? Befürchten Sie, dass es in der Schule nicht mehr richtig mitkommt und die Leistungen besorgniserregend sind? Sind Sie es auch leid, dass Ihr Kind immer wieder wegen vermeintlicher Kleinigkeiten ausrastet? Nur weil es das Etikett des T-Shirts im Nacken spürt, abends die Zähne putzen soll oder weil es von der Sonne geblendet wird? Spüren Sie dann schon die Blicke anderer und beginnen sich zu schämen und sich zu wünschen, Ihr Kind würde sich einfach mal "normal" verhalten? Eltern hochsensibler Kinder machen diese Erfahrungen besonders häufig, da hochsensible Kinder sehr schnell überreizt und überfordert sind und oft anders reagieren als ihre Altersgenossen. Werden solche Probleme nicht gelöst, kann es sein, dass Ihr Kind später kein gesundes Selbstvertrauen entwickelt, was es ihm langfristig erschweren wird, Beziehungen aufzubauen. Wenn auch Sie möchten, dass Ihr hochsensibles Kind zu einer glücklichen und selb

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Johanna Hinze

Hochsensible Kinder

Lösungen für 51 herausfordernde Alltagssituationen

Nachhaltige Strategien und praktische Tipps für ein entspannteres Familienleben trotz starker Gefühle

1. Auflage

Copyright © 2023 – Johanna Hinze

Alle Rechte vorbehalten.

Die Rechte des hier verwendeten Textmaterials liegen ausdrücklich beim Verfasser. Eine Verbreitung oder Verwendung des Materials ist untersagt und bedarf in Ausnahmefällen der eindeutigen Zustimmung des Verfassers.

Vorwort

Erster Teil: Kinder im Gefühlstsunami – Wie Sie Ihr hochsensibles Kind besser verstehen

Hochsensibilität – was ist das eigentlich?

Was ist Sensibilität?

Was bedeutet Hochsensibilität?

Was zeichnet hochsensible Kinder aus?

Verschiedene Arten der Hochsensibilität und deren Eigenschaften

1. Sensorische Hochsensibilität

2. Emotionale Hochsensibilität

3. Kognitive Hochsensibilität

Warum ist mein Kind so? Welche Ursachen Hochsensibilität hat

Das kindliche Nervensystem – Warum hochsensible Kinder oft nicht anders reagieren können

Was sich bei kindlichen Wutanfällen im Gehirn abspielt

Emotionsregulierung: Wie Kinder den Umgang mit starken Gefühlen lernen

Die Regelkreise unseres Nervensystems – Wenn die Ampel schneller auf Rot springt

Kinder außer Rand und Band – Wie Sie dieses Wissen für den Alltag nutzen

Gefühle hochsensibler Kinder begleiten – Alle Gefühle sind erlaubt

„Dramakings“ und „Zimperliesen“ – Herausforderungen im Umgang mit hochsensiblen Kindern

Empathisch, kreativ und clever – Die Vorteile der Hochsensibilität

Ihr Kind ist gut so, wie es ist

Entspannt durch den Alltag: 10 praktische Tipps für den Umgang mit hochsensiblen Kindern

1. Auf Ruhezonen achten

2. Den Alltag strukturieren

3. Die kindlichen Bedürfnisse im Blick behalten

4. Gelassen bleiben und gut für sich selbst sorgen

5. Kindliche Talente fördern, ohne zu überfordern

6. Viel Zeit in der Natur verbringen

7. Das Kind beim Pflegen von Freundschaften unterstützen

8. Das Selbstvertrauen Ihres Kindes stärken

9. Medien sparsam einsetzen

10. Die Achtsamkeit Ihres Kindes trainieren

Zweiter Teil: Alltag mit hochsensiblen Kindern – Wie Sie herausfordernde Situationen meistern

Die 51 Alltagsituationen

1. Situation: Ärger auf dem Spielplatz

2. Situation: Gefühlsausbruch an der Supermarktkasse

3. Situation: Panische Trennungsangst

4. Situation: Flucht vor dem Haartrockner

5. Situation: Stress beim Einkaufen

6. Situation: Bockig im Urlaub

7. Situation: Völlig überdreht

8. Situation: Unerträglicher Lärm

9. Situation: Tägliche Qual: Morgenkreis im Kindergarten

10. Situation: Kraftakt Radfahren lernen

11. Situation: Trödeleien am Morgen

12. Situation: Abschied vom geliebten Haustier

13. Situation: Belastende Ängste

14. Situation: Abgelenkt beim Essen

15. Situation: Das Kleinkind und seine Wut

16. Situation: Ständige Langeweile

17. Situation: Gefühlsausbrüche in der Vorpubertät

18. Situation: Kratzige Kleidung

19. Situation: Weg von der Windel

20. Situation: Nicht hören (wollen)

21. Situation: Weg vom Schnuller

22. Situation: Nicht alleine zum Kindergeburtstag

23. Situation: Das laute Kind

24. Situation: Mangelndes Selbstbewusstsein

25. Situation: Faszination Medien

26. Situation: Fehlende Freundschaften

27. Situation: Eintöniges Essen

28. Situation: Einschlafprobleme

29. Situation: Durchschlafstörungen

30. Situation: Aufgedreht vorm Schlafengehen

31. Situation: Erschreckende Alpträume

32. Situation: Kampf um die Hausaufgaben

33. Situation: Stress beim Essen außer Haus

34. Situation: Strenge Vorgaben bei der Essenszubereitung

35. Situation: Was der Bauer nicht kennt …

36. Situation: Wenig Freude mit dem Geschwisterchen

37. Situation: Schlechter Umgang mit Kritik

38. Situation: Schwere Enttäuschung bei Misserfolgen

39. Situation: Gefallenwollen um jeden Preis

40. Situation: Wenn etwas nicht nach Plan läuft

41. Situation: Neuer Ort, gleiche Gefühle: Umzug in ein neues Heim

42. Situation: Gewohnte Routinen

43. Situation: Angst vor Gruppen

44. Situation: Probleme beim Schulstart

45. Situation: Außenseiter in der Schule

46. Situation: Panik vor Prüfungen

47. Situation: Keine Lust auf Schule

48. Situation: Gewalt gegen andere Kinder

49. Situation: Krank vor Aufregung

50. Situation: Extremer Ehrgeiz in der Schule

51. Situation: Angst, um Hilfe zu bitten

Bonuskapitel: Tipps für lange Autofahrten mit hochsensiblen Kindern

Schlussteil

Urheberrecht

Haftungsausschluss

Vorwort

Eltern, die ein hochsensibles Kind im Alltag begleiten, merken oft erst im Laufe der Jahre, dass ihr Kind mehr wahrnimmt und fühlt als seine Altersgenossen. Sie wissen nicht, wie sie am besten mit diesem besonderen Charakterzug umgehen sollen. Ein ganz normaler Tag kann für solche Eltern zur Herausforderung werden, denn hochsensible Kinder sind besonders emotional und schnell überfordert. Diese Kinder brauchen häufiger Rückzug und Ruhe. Sie brechen öfter in Tränen aus, werden schneller wütend oder können mit Veränderungen überhaupt nicht umgehen. Wenn Sie vermuten - oder bereits wissen -, dass Ihr Kind hochsensibel ist, oder wenn Sie sich einfach aus Interesse näher mit dem Thema beschäftigen möchten, hilft Ihnen dieses Buch, die Bedürfnisse Ihres Kindes besser zu verstehen und unterstützende Strategien für den Alltag zu entwickeln.

Im ersten Teil erfahren Sie, was Hochsensibilität ist, wie sie in Erscheinung tritt und welche Hintergründe sie hat. Diese Informationen werden Ihnen dabei helfen, das Verhalten Ihres hochsensiblen Kindes besser zu verstehen. Mit dem hier vermittelten Wissen gelingt es Ihnen, sich mit Ihrer eigenen Erzieherrolle besser auseinanderzusetzen und schwierige Situationen bedürfnisorientiert zu lösen.

Im zweiten Teil stellen wir Ihnen typische Alltagssituationen vor, in denen hochsensible Kinder häufig Schwierigkeiten haben.

In den einzelnen Abschnitten erläutern wir Ihnen Schritt für Schritt, warum Ihr Kind in diesen speziellen Situationen auf ebendiese Weise reagiert. Außerdem zeigen wir Ihnen praktikable Wege auf, wie Sie akut mit solchen Situationen besser umgehen, und stellen langfristig wirksame Strategien vor, wie Sie Ihr hochsensibles Kind bestmöglich begleiten können.

Vergessen Sie dabei nie: Ihr Kind ist wunderbar, genau so, wie es ist. Die Hochsensibilität geht längst nicht nur mit Nachteilen einher, ganz im Gegenteil: Kinder mit dieser Persönlichkeit sind besonders kreativ, einfühlsam und sozial. Sie müssen nur lernen, wie sie mit ihren Emotionen und den äußeren Reizen richtig umgehen. Und mit diesem Buch können Sie Ihrem Kind genau bei dieser Herausforderung helfen.

Erster Teil: Kinder im Gefühlstsunami – Wie Sie Ihr hochsensibles Kind besser verstehen

Bei hochsensiblen Kindern ist die Bindung zu den Eltern von entscheidender Bedeutung. Je stabiler die Eltern-Kind-Bindung, desto weniger werden die Kinder durch ihre Hochsensibilität beeinträchtigt.

Hochsensibilität – was ist das eigentlich?

Hochsensibilität – ist das eine Krankheit? Eine Persönlichkeitsstörung? Eine Verhaltensauffälligkeit? Viele Eltern, die noch nie mit diesem Thema zu tun hatten, sind erstmal verunsichert und fragen sich, was genau sich hinter diesem Begriff verbirgt. Grundsätzlich kann an dieser Stelle schon einmal Entwarnung gegeben werden: Hochsensibilität ist keine Erkrankung, keine Störung, keine Auffälligkeit. Es handelt sich hierbei um eine meist angeborene Veranlagung, die oftmals vererbt wird und sich ausschließlich auf die Persönlichkeit bezieht. Menschen, die hochsensibel sind, haben ein besonders empfindliches Nervensystem. Dadurch unterscheiden sie sich von anderen Personen. Infolgedessen reagieren hochsensible Menschen auch empfindsamer auf äußere Reize sowie auf ihre eigenen Gefühle.

Was ist Sensibilität?

Als Sensibilität bezeichnet man die Empfindsamkeit einer Person. Sie bestimmt, wie diese Person ihre Umwelt erfasst und Informationen verarbeitet. Durch unsere Sensibilität können wir zwischen verschiedenen Wärmezuständen unterscheiden, Schmerz empfinden, hell und dunkel auseinanderhalten und laut von leise differenzieren. Auch bei der Wahrnehmung von Gerüchen und Geschmäckern spielt die Sensibilität eine wesentliche Rolle. Sie beeinflusst unsere Gefühle und Gedanken und ist somit wichtig für die individuelle Persönlichkeit jedes Einzelnen.

Was bedeutet Hochsensibilität?

Spricht man nun von Hochsensibilität, so bezieht sich der Begriff auf eine überdurchschnittlich intensive Wahrnehmung der Umgebung. Die daraus gewonnenen Informationen werden besonders tiefgründig verarbeitet. Der Begriff wurde von der Psychologin Elaine N. Aron geprägt, die sich schon seit den 90er-Jahren mit Hochsensibilität befasst. Sie rief auch den Begriff „High Sensitive Person“ ins Leben. Insbesondere die Empfindsamkeit für innere und äußere Reize spielte in ihren Forschungsarbeiten eine wichtige Rolle.

Ihren Schätzungen zufolge sind rund 15 bis 20 Prozent aller Kinder hochsensibel – oft ohne, dass dies den Eltern oder den Kindern bewusst ist. Die Kinder nehmen Geräusche, Gerüche und Emotionen stärker wahr als andere. Gleichzeitig haben sie eine ausgeprägte Fantasie, überdurchschnittlich viel Kreativität und eine enorme Vorstellungskraft. Sie erleben ihre Gefühlswelt als sehr intensiv und reagieren schnell emotional. Außerdem sind sie durch andere leicht zu beeinflussen. Sie legen viel Wert darauf, was andere über sie denken, und sind oftmals anfällig für Kritik. Bei zu vielen Reizen droht die Gefahr einer Überstimulation, die schließlich mit einer Überforderung des Kindes einhergeht. Genau deshalb haben solche Kinder auch einen höheren Bedarf an Ruhephasen und Rückzugsmöglichkeiten.

Für Eltern wichtig zu wissen ist: Hochsensibilität ist keine psychische Krankheit und bedarf dementsprechend auch keiner Behandlung. Trotzdem kann die Hochsensibilität zu Problemen führen, die ärztlich abgeklärt werden sollten. Das gilt insbesondere dann, wenn die Hochsensibilität Ihr Kind im Alltag stark einschränkt oder belastet – etwa bei eintönigen Ernährungsweisen oder bei ausgeprägten Ängsten. Zögern Sie nicht, sich an Ihren Kinderarzt zu wenden, wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihrem Kind körperlich oder seelisch nicht gut geht. Er kann Sie dann an einen Kinderpsychologen, Kinderpsychiater oder Ernährungsberater überweisen.

Es ist also wichtig, die Hochsensibilität des Kindes möglichst frühzeitig zu erkennen. Dann können Sie als Eltern ebenso wie die Betreuungspersonen zum Beispiel im Kindergarten oder in der Schule das Kind optimal begleiten und unterstützen, was sich positiv auf seine Entwicklung auswirkt. Können hochsensible Kinder mit den stark empfundenen Sinnesreizen, Gefühlen und Gedanken hingegen nicht adäquat umgehen, droht eine Reizüberflutung. Auf lange Sicht besteht dann die Gefahr von psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Angstzuständen.

Was zeichnet hochsensible Kinder aus?

Zu erkennen, ob ihr Kind hochsensibel ist oder nicht, kann für Eltern schwierig sein. Es gibt einige typische Merkmale, die hochsensible Kinder auszeichnen. Wenn Sie unsicher sind, sollten Sie bei Ihrem Kind im Alltag auf folgende Aspekte achten, denn diese Verhaltensweisen deuten auf Hochsensibilität hin:

• Das Kind hat eine ausgeprägte Wahrnehmungsfähigkeit und registriert Dinge, die Ihnen oder anderen Kindern nicht auffallen.

• Das Kind verarbeitet Reize deutlich tiefgründiger als Gleichaltrige.

• In Alltagssituationen ist das Kind schnell überfordert, weshalb es sich häufiger zurückzieht, um sich zu regenerieren.

• Das Kind hat eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe.

• Beim Spielen mit anderen Personen zeigt sich das Kind als sehr einfühlsam.

• Das Kind ist kreativ und fantasievoll. Oft scheint es, als wäre es komplett in seiner eigenen Welt.

• Visuelle Reize, Gerüche und Lärm werden dem Kind beim Spielen schnell zu viel, sodass es aus dem Spiel aussteigt und sich zurückzieht.

• Größere Gruppen im Kindergarten, in der Schule oder bei Veranstaltungen können bei dem Kind Unwohlsein auslösen.

• Das Kind zeigt schon früh, dass es sich sehr gut in andere hineinversetzen kann. Es spürt die Gefühle und Stimmungen anderer deutlich.

• Die Stimmungslagen des Kindes wechseln häufig von freudig zu betrübt – und zwar so schnell, dass die Eltern es gar nicht immer gleich mitbekommen.

• Die eigenen Vorstellungen setzt das Kind mit Ausdauer und teils sogar mit Sturheit durch.

• Das Kind hat einen starken Bewegungsdrang: Es kann selten stillsitzen und tobt gerne.

• Meist braucht das Kind weniger Schlaf als Gleichaltrige und hat mehr Energie.

• Der Wechsel von Bezugspersonen kann für das Kind schwierig sein. Es fühlt sich bei seinem gewohnten Gegenüber am sichersten.

Kommt es Ihnen beim Lesen so vor, als würde hier Ihr eigenes Kind beschrieben? Dann können Sie davon ausgehen, dass Ihr Kind hochsensibel ist.

Verschiedene Arten der Hochsensibilität und deren Eigenschaften

Jeder Mensch ist einzigartig, deshalb ist es immer schwierig, einzelne Personen in „Schubladen“ einzuordnen. Das gilt auch für Kinder und Erwachsene mit Hochsensibilität. Hier zeigen sich ganz viele verschiedene Abstufungen, Formen und Ausprägungen. Eltern haben aus ebendiesem Grund oft Schwierigkeiten, ihr Kind genau einzuschätzen. Laut Elaine N. Aron werden drei verschiedene Gruppen der Hochsensibilität unterschieden:

1. Sensorische Hochsensibilität

a.Akustische Sensibilität

b. Visuelle Sensibilität

c. Olfaktorische Sensibilität

d. Gustatorische Sensibilität

e. Taktile Sensibilität

f. Thermische Sensibilität

2. Emotionale Hochsensibilität

3. Kognitive Hochsensibilität

Jede Art der Hochsensibilität kann zudem mehrere Facetten aufweisen, die häufig untereinander vermischt sind. So kann ein Kind, das eine starke sensorische Hochsensibilität aufweist, gleichzeitig aber auch kognitiv hochsensibel sein. Ebenso können emotional hochsensible Kinder auch sensorisch hochsensibel sein. Alle Mischformen sind hierbei denkbar. In den nachfolgenden Abschnitten erläutern wir die einzelnen Arten der Hochsensibilität genauer.

1. Sensorische Hochsensibilität

Die sensorische Hochsensibilität umfasst die ausgeprägte Sensitivität der Sinnesorgane. Meistens betrifft diese aber nicht gleichermaßen alle Sinnesorgane, sondern eher nur zwei bis drei. Wer sensorisch hochsensibel ist, hat eine deutlich differenziertere und feinere Wahrnehmung im Vergleich zu normalsensiblen Menschen. Das kann für Betroffene zu einer Belastung werden, denn die hohe Erregbarkeit der Sinne führt zu einer schnellen Überreizung des Nervensystems. Die erhöhte Sensitivität kann dabei im Prinzip alle Sinne betreffen:

A) Akustische Sensitivität

Die akustische Sensitivität tritt bei den meisten sensorisch Hochsensiblen auf. Dennoch sind diese nicht automatisch lärmempfindlich, im Gegenteil: Sie hören oft gerne laute Musik. Es kommt immer auf die Art des Geräuschs an. Auch leise Geräusche wie das Summen einer Biene, das Brummen eines Kühlschranks oder das Klappern einer Tastatur können bei akustisch sensitiven Personen zur Belastung werden. Problematisch sind zudem in der Regel viele verschiedene Geräusche, die zur selben Zeit auf die Ohren einprasseln.

B) Visuelle Sensitivität

Visuell hochsensible Kinder und Erwachsene empfinden es als unangenehm, wenn ihre Augen bestimmten Reizen ausgesetzt sind. Vor allem Licht wird als problematisch empfunden. Helles Licht wird schnell als Blendung wahrgenommen, und die direkte Sonne wird oft gar nicht vertragen. Visuell Hochsensible bevorzugen es, unabhängig von der Jahreszeit eine Sonnenbrille zu tragen. Sie ziehen häufig die Jalousien zu. Es gibt aber auch visuell hochsensible Personen, die auf unruhige Bewegungen, bunte Farben oder flackernde Lichter sensibel reagieren.

C) Olfaktorische Sensitivität

Manche hochsensible Kinder haben einen äußerst empfindlichen Geruchssinn – fast so wie bei einem Hund oder einer Katze. Sie sind in der Lage, die Stimmung der anderen Menschen durch ihren Geruchssinn wahrzunehmen, und erkennen daran, ob jemand Stress oder Angst hat. Teilweise wissen sie anhand des Geruchs, dass bald ein Gewitter droht, oder erkennen am Duft eines Pullovers, wem dieser gehört. Die olfaktorische Sensitivität ist vergleichsweise selten und häufig nicht so gut zu erkennen. Es kann sein, dass olfaktorisch hochsensible Kinder oft aufgrund unangenehmer Gerüche die Nase rümpfen oder bestimmte Lebensmittel schon wegen ihres Geruchs ablehnen.

D) Gustatorische Sensitivität

Gustatorisch hochsensible Kinder und Erwachsene haben einen sehr sensitiven Geschmackssinn. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass sie Lebensmittel als „verdorben“ betrachten, obwohl Geruch und Aussehen noch einwandfrei sind. Durch die gustatorische Hochsensibilität schmecken sie Fäulnisbakterien oder kleinste Mengen an Schimmelsporen deutlich früher als andere. Generell spielt der Geschmackssinn bei der Hochsensibilität aber eine eher untergeordnete Rolle, da dessen hohe Sensitivität die Betroffenen meist nicht so stark belastet.

E) Taktile Sensitivität

Eine taktile Hochsensibilität kommt bei vielen hochsensiblen Menschen vor. Die Haut wird dann als empfindlichstes Sinnesorgan empfunden. Tatsächlich wird diese Sensitivität bei Kindern häufig schon früh erkannt. Die Kinder ertragen dann keine direkten Reize wie Kratzen oder Reibung auf ihrer Haut und reagieren empfindlich auf Etiketten und Nähte von Kleidungsstücken. Mitunter lehnen sie Jeans wegen der dicken Stoffe ab, manche ertragen keine Socken, und wieder andere verweigern Unterhosen komplett, wenn sie nicht nahtlos sind. Taktil hochsensible Menschen nehmen jeden Fremdkörper auf der Haut als störend wahr – etwa ein Haar, das auf der Haut kitzelt, oder eine Feder aus einem Kissen, die ins Gesicht piekt.

Mitunter erstreckt sich die taktile Sensitivität bis in den Mund. Dann bekommen die Kinder Speisen mit bestimmten Konsistenzen einfach nicht herunter, weil es sich für sie im Mund komisch anfühlt. Auch Luftbewegungen durch Ventilatoren, Klimaanlagen oder Wind werden von taktil Hochsensiblen als quälend empfunden. Weiterhin geht diese Sensitivität mit einem höheren Schmerzempfinden einher. Stöße, Spritzen oder das Schneiden der Nägel sind Dinge, die dann viel intensiver und schmerzhafter wahrgenommen werden. Taktil Hochsensible spüren teilweise auch die Vorgänge in ihrem Körper deutlich – etwa ihre eigene Verdauung oder die Bewegung ihrer Augäpfel.

F) Thermische Sensitivität

Die thermische Sensitivität geht im Prinzip mit einer hohen taktilen Sensitivität einher. Da sie so häufig vorkommt, soll sie hier aber separat erwähnt werden. Kälte und Hitze werden von den meisten Hochsensiblen schlecht vertragen. Sie haben ein vergleichsweise kleines Fenster für ihre eigene Wohlfühltemperatur, die bei etwa 21 bis 25 Grad Celsius liegt. Weicht die Temperatur um nur ein Grad ab, empfinden viele thermisch sensitive Personen das als viel zu heiß oder viel zu kalt. Manche haben auch Probleme mit der Temperatur ihrer Speisen oder Getränke und empfinden ihre Nahrung oft als zu kalt oder zu heiß. Am liebsten genießen sie diese lauwarm. Teilweise gehen thermisch Hochsensible so weit, dass sie auch ihr Eis erst schmelzen lassen, bevor sie es essen.

2. Emotionale Hochsensibilität

Emotional hochsensible Personen haben die Fähigkeit, ihre eigenen Gefühle sehr viel intensiver wahrzunehmen als andere. Emotionale Erlebnisse haben eine tiefgehende Wirkung auf ihre Gefühlswelt und müssen dementsprechend länger verarbeitet werden. Emotionale Hochsensibilität geht gleichzeitig mit einer starken Empathie für andere einher. Betroffene fühlen die Emotionen anderer Menschen oder Tiere in einer hohen Intensität mit. Manchmal fällt es ihnen daher schwer, zwischen ihren eigenen Gefühlen und denen anderer Wesen zu unterscheiden. Emotional hochsensible Kinder neigen dazu, auch ihren Puppen und Kuscheltieren Gefühle zuzusprechen, und achten dann auf diese. So ist es für diese Kinder dann beispielsweise eine Qual, wenn die Puppe draußen keine Jacke angezogen hat, weil sie dann friert.

3. Kognitive Hochsensibilität

Die kognitive Hochsensibilität bezieht sich auf die Art des lateralen Denkens. Lateral steht für „quer“. Wer lateral denkt, folgt seinen Gedanken also nicht einfach linear, einem nach dem anderen, sondern kann assoziieren und an andere Gedanken anknüpfen. Kognitiv hochsensible Kinder und Erwachsene verknüpfen ihre Gedanken auf vielfältige Weise. Sie verbinden aktuelle Gedanken mit ihren früheren Erfahrungen und ihrem erlernten Wissen. So entstehen neue Muster, die von kognitiv hochsensiblen Menschen tatsächlich als bildliches Gedankengeflecht wahrgenommen werden. Genau aus diesem Grund lernen viele Hochsensible auch ganz anders – und zwar ausgehend vom Ganzen hin zum Detail. Sie benötigen erst das Bild des Ganzen, um sich die Details vorzustellen. Da in den meisten Schulen vom Detail ausgehend gelehrt wird, haben viele hochsensible Kinder damit Schwierigkeiten. Nicht zu verwechseln ist die kognitive Hochsensibilität mit Hochbegabung, denn sie ist von der Intelligenz tatsächlich komplett unabhängig.

Warum ist mein Kind so? Welche Ursachen Hochsensibilität hat

Die Frage, welche Ursachen die Hochsensibilität hat, ist natürlich sehr spannend für alle Betroffenen. Das Thema ist jedoch komplex, und bis heute fehlt es hier an eindeutigen Aussagen der Wissenschaft. Aktuell geht man davon aus, dass es sich bei Hochsensibilität um eine meist erbliche Veranlagung handelt. Der Grund: In manchen Familien häufen sich die Fälle von Hochsensibilität. Vielleicht nicken Sie jetzt schon innerlich, weil Sie dieses Phänomen in Ihrer eigenen Familie oder im Bekanntenkreis bereits beobachten konnten. Tatsächlich lassen sich im Gehirn bestimmte vererbbare Strukturen finden, die dazu führen können, dass ein Mensch mehr Reize als wichtig empfindet, als das bei anderen der Fall ist.

Neben genetischen Veranlagungen kann eine erhöhte Sensibilität auch durch prägende Erlebnisse während der frühesten Kindheit ausgelöst werden. Diese können teils schon während der Schwangerschaft auf das Baby einwirken. In vielen Studien konnte bereits gezeigt werden, wie einschneidende Erlebnisse der Mutter während der Schwangerschaft dazu beitragen können, dass manche Gehirnareale des Babys eine höhere Aufmerksamkeit erhalten. Dies lässt sich mit dem natürlichen Selbsterhaltungstrieb erklären, der die nachfolgende Generation davor schützen soll, dieselben stark belastenden Erfahrungen zu machen.

Ebenso kann bei vielen Hochsensiblen ein erhöhter Cortisolspiegel festgestellt werden. Dieser deutet darauf hin, dass die Stresstoleranz beeinträchtigt ist. Jeder Mensch hat im Gehirn eine Gefühlssteuerzentrale, die bei der Regulierung von Emotionen hilfreich ist. Sofern diese aber nicht richtig justiert ist, arbeiten viele Prozesse im Körper nicht mehr so wie vorgesehen. Eine beeinträchtigte Stresstoleranz kann verschiedene Ursachen haben. Neben körperlichem und emotionalem Stress sind Unterzuckerung, Mangelernährung, Übergewicht, Untergewicht oder ein hormonelles Ungleichgewicht weitere mögliche Auslöser.

Das kindliche Nervensystem – Warum hochsensible Kinder oft nicht anders reagieren können

Um zu verstehen, warum gerade hochsensible Kinder oft gar nicht anders reagieren können, als sie das eben tun, ist es wichtig, das kindliche Nervensystem zu verstehen. Unser Gehirn ist ein komplexes System, das fast 100 Milliarden Nervenzellen besitzt – die sogenannten Neuronen. Diese sind über Billionen Synapsen miteinander verbunden und verknüpfen sich ständig über neue Synapsen. Der Prozess dauert ein ganzes Leben lang. Nach der Geburt durchläuft das Gehirn aber den größten Sprung, denn es wächst allein im ersten Lebensjahr um das Dreifache.

Für die Entwicklung des Kindes sind vor allem die ersten drei Lebensjahre entscheidend. In dieser Zeit bildet das Gehirn zahlreiche Nervenzellverbindungen, die das Verhalten im späteren Leben maßgeblich beeinflussen. Die sogenannten neuronalen Netze werden angelegt und mit weiteren Neuronen vernetzt. Kinder, die gerade einmal zwei Jahre alt sind, haben ebenso viele Synapsen wie Erwachsene. Ein Jahr später liegt die Anzahl der Synapsen sogar beim Doppelten. Dies verändert sich in den folgenden sieben Jahren kaum, erst dann sinkt die Anzahl der Synapsen wieder auf das Level eines Erwachsenen. Das heißt im Klartext: Kinder, die zwischen drei und zehn Jahren alt sind, sind extrem lernfähig.

Erst ab dem elften Lebensjahr werden die Synapsen, die wenig genutzt wurden, wieder abgebaut. Sie sind nicht relevant genug, um sie zu erhalten. Es überleben nur die Synapsen, die aktiv genutzt werden. Die Gehirnentwicklung bis zum zehnten Lebensjahr ist also entscheidend dafür, welche Struktur das Gehirn eines Menschen sein restliches Leben besitzt.

Was sich bei kindlichen Wutanfällen im Gehirn abspielt

Im kindlichen Nervensystem spielt vor allem der präfrontale Kortex eine entscheidende Rolle, man nennt ihn auch Frontallappen. Es handelt sich hierbei um ein Hirnareal, das im Stirnbereich liegt und als Vernunftzentrum und Steuerzentrale des Gehirns gilt. Mit dem präfrontalen Kortex können wir Gefühle, Gedanken und Emotionen einordnen. Außerdem befindet sich hier das motorische Sprachzentrum. Dieser Hirnbereich hilft dabei, vorausschauend zu handeln, die Zukunft zu planen und sich länger auf eine Sache zu konzentrieren.

Gefühle entstehen in unsrem limbischem System, einem Bereich des Gehirns, der evolutionär betrachtet schon sehr alt ist. Das limbische System arbeitet eng zusammen mit dem Hypothalamus, dem Steuerzentrum für Hormone, und dem Thalamus, dem Eingang zu unserem Bewusstsein. Dabei arbeitet der Thalamus als Filter, der entscheidet, welche Informationen zur Großhirnrinde und somit in unser Bewusstsein gelangen.

Wenn ein Kind etwas als bedrohlich empfindet – was bei hochsensiblen Kindern schneller der Fall ist –, registriert der Thalamus diesen Reiz. Er schickt die Reizinformationen einmal weiter zur Großhirnrinde und somit zum präfrontalen Kortex. Noch schneller wird der Reiz aber in das limbische System übertragen. Es reagiert bei Bedrohung sofort: Der rationale Stirnbereich wird außer Kraft gesetzt. Stattdessen aktiviert es den Hypothalamus und somit das Alarmsystem des Gehirns. Der Körper sendet die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin sowie andere Botenstoffe aus. Das zeigt sich körperlich durch einen erhöhten Blutdruck und einen schnellen Herzschlag. Das Blut wird in die Muskeln gepumpt, um je nach Situation Flucht oder Kampf zu ermöglichen.

Genau diese im Gehirn ablaufenden Reaktionen führen dazu, dass wir bei Wut „aus der Haut fahren“ oder bei Angst erstarren. Obwohl der Thalamus die Reizinformationen zur Großhirnrinde schickt, kommt die Information hier später an als im limbischen System. Es dauert also, bis sich der präfrontale Kortex wieder einschalten kann, um die Gefühle zu kontrollieren und zu einer rationalen Einschätzung der Lage zu kommen.

Emotionsregulierung: Wie Kinder den Umgang mit starken Gefühlen lernen

Kinder müssen erst lernen, mit starken Gefühlen wie Wut oder Angst umzugehen. Wenn ein Kind spürt, wie sein Herz rast und sich seine Fäuste ballen, kann es im Laufe der Zeit daraus schließen, dass es wütend ist. Dann lernt es zu erkennen, woher seine Wut kommt – etwa, weil ein Kind gerade seine Sandburg zerstört hat. Und zum Schluss lernt es, die spontane Reaktion – beispielsweise Schubsen oder mit Sand werfen – zu unterdrücken und durch eine sozial anerkannte Reaktion zu ersetzen. Diese Mechanismen werden vom präfrontalen Kortex gesteuert und in der Hirnforschung als exekutive Funktionen bezeichnet. Sie umfassen mehrere kognitive Fähigkeiten:

• Impulskontrolle: Sie ist wichtig, um erst nachzudenken, bevor man handelt, statt spontanen Impulsen nachzugeben.

• Arbeitsgedächtnis: Kinder mit einem guten Arbeitsgedächtnis können sich Regeln merken und Aufgaben selbstständig erledigen.

• Geistige Flexibilität: Wer diese Fähigkeit hat, kann Situationen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten und sich rasch auf neue Anforderungen einstellen.