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Charlie Sullivan liebt die Arbeit in der Baumschule seiner Eltern, allerdings verabscheut er Weihnachten. Und das obwohl seine Familie der größte Weihnachtsbaumlieferant der Halbinsel ist. Nun soll er das Unternehmen bei verschiedenen Anlässen in der Öffentlichkeit vertreten und muss alle davon überzeugen, dass er kein mürrischer Weihnachtshasser ist. Seine Mutter möchte ihm helfen und bittet Candice um Unterstützung. Candice liebt Weihnachten und ist in der Weihnachtszeit ganz in ihrem Element. Widerwillig stimmt sie zu und von nun an machen die beiden sich gegenseitig das Leben ganz schön schwer. Weihnachtsgrinch Charlie geht Candice mit seiner schlechten Laune auf die Nerven und Charlie leidet unter ihrer beständig guten Laune und findet, dass sie viel zu viel spricht. Aber je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto mehr beginnen sie auch, sich zu mögen.
Können die Küsse unter dem Mistelzweig beweisen, dass selbst der größte Weihnachtsmuffel dem Zauber der Feiertage nicht entkommen kann?
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Charlie Sullivan liebt die Arbeit in der Baumschule seiner Eltern, allerdings verabscheut er Weihnachten. Und das obwohl seine Familie der größte Weihnachtsbaumlieferant der Halbinsel ist. Nun soll er das Unternehmen bei verschiedenen Anlässen in der Öffentlichkeit vertreten und muss alle davon überzeugen, dass er kein mürrischer Weihnachtshasser ist. Seine Mutter möchte ihm helfen und bittet Candice um Unterstützung. Candice liebt Weihnachten und ist in der Weihnachtszeit ganz in ihrem Element. Widerwillig stimmt sie zu und von nun an machen die beiden sich gegenseitig das Leben ganz schön schwer. Weihnachtsgrinch Charlie geht Candice mit seiner schlechten Laune auf die Nerven und Charlie leidet unter ihrer beständig guten Laune und findet, dass sie viel zu viel spricht.
Aber je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto mehr beginnen sie auch, sich zu mögen. Können die Küsse unter dem Mistelzweig beweisen, dass selbst der größte Weihnachtsmuffel dem Zauber der Feiertage nicht entkommen kann?
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Monica Murphy ist New-York-Times- und USA-Today-Bestsellerautorin. Ihre Bücher wurden in fast ein Dutzend Sprachen übersetzt und haben sich weltweit über eine Million Mal verkauft. Die Autorin lebt mit ihrer Familie, ihrem Hund und vielen Katzen mitten im kalifornischen Nirgendwo. Wenn sie nicht gerade an neuen Büchern schreibt, verbringt sie ihre Zeit am liebsten mit ihrem Mann und ihren drei Kindern. Sie glaubt fest an Happy Ends, auch wenn ihre Romanfiguren viele bange Momente durchleben müssen, bevor sie endlich zusammen glücklich werden dürfen.
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Candice
Holiday!
Ich schiebe die Tür zum Starbucks auf, und schon dröhnt mir Madonna aus den Lautsprechern entgegen. Bei dem Song muss ich immer an Weihnachten denken, auch wenn ich ihn nicht unbedingt als Weihnachtslied bezeichnen würde.
Celebrate!
Zum Takt der Musik tänzle ich bis zum Tresen und gebe meine Bestellung auf – einen Grande Pumpkin Spice Latte natürlich. Mein Favorit ist der Gingerbread Latte, aber den gibt es jetzt noch nicht. Am Abholtresen überprüfe ich mein Telefon auf Nachrichten, während ich auf mein Getränk warte.
Um ganz ehrlich zu sein, ich gehe nicht besonders oft zu Starbucks. Kleinere, lokale Cafés sind mir lieber als diese große Kette, die langsam, aber sicher die ganze Welt übernimmt. Aber heute bin ich in Monterey, und unser Treffen findet nun einmal in diesem Laden statt.
Wer wir ist, fragt ihr euch? Das kleine Zwei-Frau-Komitee, das für die Dekoration der Weihnachtsfeier zuständig ist, die die Monterey Peninsula Kulturstiftung jedes Jahr ausrichtet. Tatsächlich gehöre ich noch einigen anderen Komitees an, während der Weihnachtszeit ist bei mir immer richtig viel los. Ich bin also zurzeit schwer beschäftigt. Während des Großteils des Novembers und den gesamten Dezember über weiß ich eigentlich nie, ob ich gerade komme oder gehe.
Aber macht euch keine Sorgen um mich! Ich liebe es. Spendenaktionen sind genau mein Ding. Was vielleicht etwas seltsam ist, da ich erst Anfang zwanzig bin. Aber da ich nicht arbeiten muss, brauche ich einfach etwas, um meine freie Zeit zu füllen.
Meine Mutter – ruhe in Frieden, Mama – hat mich finanziell abgesichert, bevor sie starb, als ich acht Jahre alt war. Sie hat mir jede Menge Geld hinterlassen, mit dem meine Zukunft gesichert ist – und das mich nach der Highschool ziemlich ins Schlingern gebracht hat. Weil ich einfach nicht wusste, was ich später werden wollte, bin ich nicht aufs College, sondern erst einmal eine Weile auf Reisen gegangen, habe versucht, jedes europäische Land abzuklappern, aber ganz allein unterwegs zu sein … war ziemlich scheiße.
Ich kann immer noch nicht glauben, dass mein Vater mir erlaubt hat, alleine zu reisen. Ich bin ein Papakind durch und durch. Ich wette, ihr müsst grad schon leicht würgen, richtig? Aber es stimmt! Ich liebe meinen Vater einfach abgöttisch, auch wenn er manchmal ein herrischer Blödmann sein kann. Er liebt mich und würde mich am liebsten in Watte packen. Deshalb glaube ich, hatte ich es dem Einfluss meiner Stiefmutter zu verdanken, dass er mir erlaubt hat, ganz allein um die halbe Welt zu fliegen.
Nach ein paar Monaten im Ausland, in denen ich absolut nichts getan habe, kam ich zurück nach Hause und beschloss, mich der Charity-Arbeit zu widmen. Warum sollte ich das Geld, das meine Mutter mir – und zwar allein mir, meine Brüder haben keinen Cent gesehen – nicht dazu nutzen, Bedürftigen unter die Arme zu greifen? Außerdem hatte ich damit endlich eine Beschäftigung.
Und ich mag es sehr, beschäftigt zu sein.
»Hallo, Candice.«
Ich drehe mich um und sehe, dass Joyce Rothschild, das zweite Komiteemitglied, mich anlächelt. Sie ist wahrscheinlich alt genug, um meine Großmutter zu sein. Als ich an den ersten Sitzungen teilgenommen habe, hat sie mich nicht ganz für voll genommen. Keiner von ihnen tat das. Die Damen der wohlhabenden Gesellschaft witzelten während der ersten Sitzungen und Treffen herum, dass ich wohl nicht noch einmal auftauchen würde.
Denen hab ich es gezeigt! Heute bin ich die Vorsitzende des Weihnachtsfestkomitees. Wenn ich eine Weihnachtsfeier organisieren soll, schwebe ich auf Wolke sieben.
Wolke sieben, sage ich euch!
»Joyce! Wie schön, dich zu sehen.« Ich drücke sie kurz, dann ruft der Barista auch schon meinen Namen. Ich schnappe mir mein Getränk, wünsche ihm einen schönen Tag und folge Joyce zu einem Tisch, an dem … bereits eine mir völlig fremde Frau sitzt. An diesem Treffen sollten doch eigentlich nur Joyce und ich teilnehmen. Glaubt mir, es führt immer zu einem schrecklichen Chaos, wenn mehr als zwei Leute die Dekoration einer Weihnachtsfeier planen sollen.
Wer ist also die Unbekannte?
Hmmm.
Auf jeden Fall ist sie älter als ich und sieht nicht wie die High-Society-Frau aus, die ich gewöhnlich mit dem Sammeln von Spenden in Verbindung bringe. Normalerweise bin ich nicht derart voreingenommen, aber ihr wisst schon, was ich meine. Joyce steckt zum Beispiel von Kopf bis Fuß in aufeinander abgestimmter Designerkleidung, als wäre sie auf dem Weg zu ihrem Job in einem großen Unternehmen.
Aber zufällig weiß ich, dass Joyce die letzten dreißig Jahren nirgendwo angestellt war und auch davor in keinem großen Unternehmen gearbeitet hat.
Die unbekannte Frau trägt Jeans und ein dunkelblau-weiß gestreiftes Flanellhemd. Es ist ein sehr schönes Flanellhemd, und ich bin mir sicher, dass es von hoher Qualität ist, auch ihre Stiefel dürften nicht besonders billig gewesen sein. Aber sie trägt nicht den Hauch von Make-up auf ihrem schönen Gesicht, und ihr langes braunes Haar ist zu einem einfachen Zopf zusammengebunden, aus dem vereinzelte Strähnen herausgerutscht sind, die ihr Gesicht einrahmen. Die Winkel ihrer vollen Lippen sind nach oben gezogen, so als würde sie ununterbrochen lächeln, und ich kann nicht anders: Ich muss einfach zurücklächeln.
Sie ist mir auf Anhieb sympathisch. Sie könnte in etwa so alt sein wie meine Stiefmutter (ich mag Mitzi sehr!), aber sie ähneln sich kein bisschen. Aus irgendeinem Grund stecke ich die Unbekannte in die Schublade der »natürlichen Frau«.
Ich liebe natürliche Frauen.
Wem will ich was vormachen? Ich liebe einfach alles.
Außer Schlangen. Oh, und Heuschrecken. Die jagen mir eine Heidenangst ein.
»Candice, das ist Isabel Sullivan.« Joyce deutet mit dem Kinn auf die freundlich dreinblickende Frau. »Isabel, das ist Candice Gaines. Sie ist in diesem Jahr die Vorsitzende des Festkomitees.«
»Nett, dich kennenzulernen.« Isabel steht auf und streckt mir noch immer herzlich lächelnd ihre Hand entgegen. »Bitte nenn mich Bel.«
»Nett, dich kennenzulernen, Bel.« Ich lächle hoch zu ihr – sie ist echt groß – und bin total geplättet. Mhm. Ihr Name kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich kann sie absolut nicht einordnen.
»Ich weiß, das ist super kurzfristig, aber als Bel angeboten hat, uns für die Feier echte Bäume zur Verfügung zu stellen, konnte ich einfach nicht Nein sagen«, erklärt Joyce an mich gewandt, nachdem wir uns alle gesetzt haben, wobei ihre Stimme, nein, ihr gesamter Körper vor Aufregung zu vibrieren scheint.
Ahh! Jetzt weiß ich, wo ich ihren Namen schon einmal gehört habe. Die familiengeführte Sullivan Weihnachtsbaumschule gibt es bereits, seit ich denken kann. Ihre Verkaufsstände mit den rot-grünen Werbeschildern findet man auf der gesamten Halbinsel von Monterey. Und wenn man sich seinen Weihnachtsbaum selbst schlagen will, kann man das direkt auf ihrer Plantage im Carmel Valley machen, die nicht allzu weit entfernt liegt. Die meisten Familien nutzen die Fahrt dorthin einfach als eine Art Nachmittagsausflug.
Wir haben solche Dinge nicht getan, als ich noch klein war, vor allem nicht, nachdem meine Mutter gestorben war. In unserem Haus standen immer nur künstliche Bäume. Echte hätten angeblich zu viel Dreck ins Haus gebracht. Ich habe den Geruch immer vermisst. Keine Kerze der Welt kann diesem gerecht werden. Und ich habe in all den Jahren sehr viel Geld dafür ausgegeben, genau das herauszufinden.
»Das klingt wundervoll«, sage ich, während Aufregung in mir aufsteigt. Sofort sehe ich zwei Reihen großer, dicker Bäume vor mir, mit kleinen weißen Lichterketten dekoriert, die die Eingangshalle des angemieteten Hauses zu beiden Seiten flankieren. Bei ihrer Ankunft werden die Gäste mit dem wohlriechenden Duft von Tanne begrüßt, und sobald sie durch den Eingang schreiten, gehen wie von Zauberhand alle Lichter an. »Wir könnten die Eingangshalle in einen Wald verwandeln.«
»Einen Märchenwald«, ergänzt Joyce. »Mit blinkenden Lichtern überall.«
»Das ist exakt das, was ich mir gerade ausgemalt habe.« Genau aus diesem Grund können Joyce und ich so gut zusammenarbeiten: Wir denken ähnlich.
Schlagartig ist meine Aufregung wie weggeblasen, und ich bin ganz bei der Sache. Ist es nicht irgendwie besorgniserregend, dass meine Gedanken denen einer Frau Mitte sechzig ähneln?
Zum Glück habe ich keine Zeit, um weiter darüber nachzudenken.
»Was auch immer ihr Ladys euch so vorstellt, ich bin mir sicher, wir können es euch zur Verfügung stellen«, sagt Isabel mit einem leisen Lachen in der Stimme.
Und so geht es die nächste halbe Stunde weiter. Wir drei stecken die Köpfe zusammen, überlegen und planen die Details der Dekoration. Joyce schreibt alles mit ihrer eleganten Handschrift in ihren Spiralblock, während ich alles in meiner Notizen-App auf meinem Telefon festhalte. Ich bin mit einer ganz klaren Vorstellung zu diesem Treffen gekommen, doch die Spende der Sullivan-Plantage ändert die Sache natürlich noch einmal.
Jedoch nicht zu sehr, um mich aus dem Konzept zu bringen. Ich lebe für diese Art von Last-Minute-Kram.
In dem Moment, in dem ich mit meinem Pumpkin Spice Latte fertig bin, ist das Treffen auch schon vorbei, und Joyce packt ihr Notizbuch zurück in ihre Louis-Vuitton-Tasche.
Ich blicke zu Isabel, die aufsteht und sich die Träger ihrer unscheinbaren schwarzen Handtasche über die Schulter wirft. Ich wette, sie legt absolut keinen Wert auf irgendwelche Marken. Und genau das mag ich an ihr, auch wenn ich keine Ahnung habe, ob meine Vermutung überhaupt stimmt.
Ihr erkennt sicher das kleine Problem, das ich habe. Ich vermute eine Menge Dinge. Mein Bruder Kevin sagt immer, dies sei eine schlechte Angewohnheit. Mein ältester Bruder Jared nennt es die Justierung meiner Instinkte.
Ich bin in diesem Fall eher auf Jareds Seite.
Isabel erwidert meinen Blick, und ich sehe zu ihr hoch, genau auf ihre schönen, geschwungenen Lippen, und muss wieder feststellen, wie unglaublich groß sie ist. Sie ragt förmlich über mir auf. Allerdings habe ich auch in etwa die Größe eines Shrimps, weswegen mich wirklich jeder überragt.
»Ich muss los!«, sagt Joyce. »Ich bin mit meinem Mann zum Abendessen verabredet und muss vorher noch mal schnell nach Hause, um mich umzuziehen. Macht’s gut, Ladys! Und danke für eure Hilfe!« Sie winkt überschwänglich und läuft Richtung Ausgang. »Ich melde mich bei euch.«
Isabel und ich sehen Joyce nach, wie sie aus dem Laden verschwindet, und blicken uns dann wieder an. Anscheinend fahren sie in diesem Starbucks gerade voll auf die 80er ab, denn jetzt dröhnt Cyndi Lauper aus den Lautsprechern. Ich stehe total auf »Girls just want to have Fun«.
»Danke noch mal, dass du uns deine Hilfe angeboten hast«, sage ich zu Isabel, während ich meinen Stuhl zurück an den Tisch schiebe. »Eure Bäume werden auf unserer Feier einfach wunderschön aussehen.«
»Gar kein Problem. Meine Familie versucht, sich mehr in die Gemeindeaktivitäten einzubringen, vor allem jetzt in der Vorweihnachtszeit.«
»Versorgt eure Plantage nicht bereits sämtliche Lichterfeste in der Gegend mit Bäumen?« Spontan fallen mir drei ein, die an dem Tag nach Thanksgiving eröffnet und bis in den frühen Dezember andauern werden. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass jeder der dort aufgestellten Bäume von der Sullivan-Plantage stammt.
»Ja, das tun wir.« Sie lächelt. »Aber wir wollen noch so viel mehr tun. Während der Vorweihnachtszeit in der Gemeinde persönlich präsenter sein.« Für einen kurzen Augenblick zögert sie, doch schließlich redet sie weiter: »Ich frage mich, ob ich dir vielleicht eine persönliche Frage stellen dürfte.«
Ich neige den Kopf und betrachte sie. Sie ist eine selbstbewusste Frau, doch in diesem Moment wirkt sie auf mich, als würde sie sich schrecklich unwohl fühlen. Wodurch ich mich automatisch auch unwohl fühle. »Klar, schieß los«, sage ich, ohne die Anspannung ganz aus meiner Stimme verbannen zu können.
Bei mir siegt die Neugierde immer über die Anspannung.
»Na ja, ich weiß, das ist jetzt vielleicht eine etwas seltsame Bitte, aber … Ich weiß, wie gut vernetzt und beliebt du hier in den gesellschaftlichen Kreisen bist.«
Ich spüre, wie meine Wangen auf ihr Kompliment hin zu glühen beginnen. »Oh, vielen Dank.«
Ihr Lächeln ist freundlich. Und es reicht bis zu ihren Augen, weshalb ich weiß, dass es echt ist. Kevin würde jetzt sagen, dass ich wieder eine Vermutung aufstelle, aber in Wahrheit ist das einfach mein natürlicher Instinkt. Ich bin wirklich gut darin, Menschen einzuschätzen.
»Und ich weiß, wie sehr du die Feiertage liebst«, fährt Isabel fort. »In den letzten Jahren habe ich Fotos von dir auf sämtlichen Weihnachtsfeiern der Gegend gesehen, auf denen du immer festlich gekleidet warst.«
Das stimmt zu einhundert Prozent. Ich besitze unglaublich viele glitzernde Kleider, die einen Menschen sicherlich erblinden lassen könnten, wenn man sie sich alle gleichzeitig ansehen würde. Ich bin eine begeisterte Anhängerin von Pailletten und Glitzer und schäme mich kein bisschen dafür. »Ich liebe Weihnachten über alles.«
»Ich weiß. Das sieht man.« Sie lacht. Schüttelt den Kopf. Beißt sich auf die Unterlippe, als würde es ihr widerstreben, die nächsten Worte auszusprechen. Ich warte nervös und werde immer neugieriger, je länger sie schweigt.
»Ich komme mir wirklich blöd vor, dich darum zu bitten«, sagt sie schließlich unter einem einzigen Atemzug, so als hätte sie zuvor die Luft angehalten. »Aber mein Sohn … er ist das älteste meiner vier Kinder und wird eines Tages das Familienunternehmen übernehmen. Von der unternehmerischen Seite her weiß er genau, was er tut, aber ich fürchte, er hat nicht die beste … ähm, Sozialkompetenz.«
Seltsam … »Wie heißt er?«
»Charles Sullivan. Charlie.«
Ich denke kurz nach, überlege, ob ich den Namen Charles »Charlie« Sullivan schon einmal irgendwo gehört habe. Aber es erscheint einfach kein Bild von ihm vor meinem geistigen Auge. Dank meiner verschiedenen sozialen Aufgaben habe ich über die Jahre sehr viele Menschen kennengelernt, aber ich glaube, ich habe nie einen …
»Oh, ich bin mir sicher, du bist Charlie noch nie begegnet.« Isabels Lachen klingt nervös. »Du würdest dich an ihn erinnern, glaub mir. Er hinterlässt eigentlich immer einen bleibenden Eindruck.«
Ich weiß nicht, ob sie das im Positiven oder Negativen meint.
»Wie genau soll ich deinem Sohn denn helfen?«, frage ich sie weiterhin freundlich. Und wie alt ist der Kerl überhaupt? Warum verfügt er über keinerlei Sozialkompetenz? Ist er ein Einsiedler?
Mhm, vielleicht könnte das sogar ganz lustig werden. Einen Neandertaler in einen tadellos mondänen Gentleman verwandeln. Wie bei My Fair Lady, nur andersherum. Ich liebe diesen Film!
»Ich will nicht, dass du mit ihm ausgehst oder so, aber vielleicht könntest du ihn … möglicherweise zu einigen Weihnachtsfeierlichkeiten begleiten? Wir geben uns wirklich Mühe, unseren Namen bekannter zu machen. Unser Ziel ist es, in den nächsten fünf Jahren mehr gemeinnützige Aufgaben zu übernehmen, und mein Mann möchte, dass Charlie das Gesicht der Sullivan-Weihnachtsbaum-Plantage wird.«
Plötzlich huscht ein bestürzter Ausdruck über Isabels Gesicht. Dann legt sie mir eine Hand auf den Arm. »Aber wenn du zurzeit mit jemandem zusammen bist, ignorier meine Bitte einfach. Himmel, ich habe gar nicht daran gedacht, dass du ja womöglich einen Freund hast. Versteh mich nicht falsch, du bist absolut reizend und liebenswert, aber ich habe so viele Fotos von dir gesehen, auf denen du allein warst …«
Ich falle ihr ins Wort, weil sie mir ein wenig leidtut. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man in ein Fettnäpfchen tritt, bei dem man glaubt, jemanden beleidigt zu haben, auch wenn das das Letzte ist, was man wollte. »Ich bin zurzeit in keiner Beziehung«, sage ich daher schnell.
»Dann könntest du dir also vorstellen, meine Familie … Charlie zu unterstützen?« Sie blickt mich derart hoffnungsvoll an, dass ich allein bei dem Gedanken, Nein zu sagen, ein schlechtes Gewissen bekomme. Doch vermutlich sollte ich Nein sagen. Ich kenne diesen Charles Sullivan doch überhaupt nicht, und wenn er wirklich so, ähm, einprägsam ist, wie sie ihn mir eben beschrieben hat, dann ist er vielleicht auch nicht unbedingt die Art Mann, mit dem ich meine Zeit verbringen sollte.
Verflucht, was mache ich denn jetzt?
»Kann ich eine Nacht darüber schlafen?« Ich verziehe leicht das Gesicht und fühle mich schlecht, weil ich ihr nicht direkt zugesagt habe. Aber wow … je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr glaube ich, dass sie vielleicht nur zum heutigen Treffen gekommen ist, um mich zu sehen und mir ihre haarsträubende Bitte vorzutragen. Das wäre ja wirklich vollkommen verrückt.
Ich sollte mich besser aus dem Staub machen.
Ganz, ganz schnell.
Aber ich bin ein netter Mensch. Meine Nettigkeit wurde mir in die Wiege gelegt. Meine Mutter war bekannt als einer der nettesten Menschen auf der gesamten Halbinsel. Ich muss ihr Ansehen wahren. Mir wird von Leuten, die meine Mutter kannten, immer gesagt, dass ich ihr ähnele. Wenn ich erwachsen bin, will ich sein wie sie – auch wenn ich ehrlich gesagt nicht das Gefühl habe, dass ich jemals erwachsen sein werde.
Das Einzige, worin ich ihr nicht nacheifern möchte, ist ihre Brustkrebsdiagnose.
»Natürlich kannst du darüber nachdenken!« Isabel nimmt die Hand von meinem Arm und schüttelt den Kopf, als würde sie über sich selbst lachen. »Du musst mich wirklich für total verrückt halten.«
Ja. Ja, das tue ich. »Nein, überhaupt nicht«, sage ich lachend.
»Puuh, ich hatte wirklich Angst.« Die Erleichterung auf Isabel Sullivans Gesicht ist überdeutlich. »Tja, denk in Ruhe darüber nach. Du hast ja meine Karte.« Sie hatte mir und Joyce im Laufe des Treffens je eine gegeben. »Melde dich also bei mir, sobald du dich entschieden hast. Danke, dass du nicht einfach gesagt hast, ich soll mir meine Bitte in den Allerwertesten schieben.«
Bei ihrem letzten Satz muss ich schallend lachen, und Isabel stimmt mit ein. »Das würde ich nie zu jemandem sagen«, versichere ich ihr.
Ihr Lächeln wirkt jetzt geheimnisvoll. »Du hast ja auch Charlie noch nicht kennengelernt.«
»Ich habe das Gefühl, mein Leben verwandelt sich gerade in einen romantischen Weihnachtsfilm«, sage ich, als ich mich an dem Tisch, an dem meine neuen Freundinnen bereits Platz genommen haben, auf einen der freien Stühle fallen lasse.
Zu ihnen gehören Sarah, die wundervolle Freundin meines Bruders Jared, und Eleanor und Kelsey, Sarahs Freundinnen. Sie alle bereichern mein Leben, seit Sarah vor Kurzem in unser Leben getreten ist, und mittlerweile verbringen wir vier jede Menge Zeit miteinander: essen zusammen zu Mittag, treffen uns auf ein paar Drinks. Ganz selten brunchen wir auch mal zusammen, doch die meiste Zeit verbringt Sarah natürlich mit meinem gierigen Bruder, weshalb ich sie nicht so oft sehe, wie ich gerne würde.
Sarah hat noch jede Menge andere Freundinnen, die alle unglaublich nett sind, aber auch unglaublich beschäftigt. Sie laden mich immer wieder zu ihrem wöchentlichen Treffen im Tuscany ein, einem italienischen Restaurant mit der besten Weinkarte aller Zeiten, doch ich sage jedes Mal in allerletzter Minute ab, weil meine Nerven das einfach nicht mitmachen.
In großen Menschenmengen und auf Partys stelle ich mich vielleicht ganz gut an, doch ich gerate schnell in Panik, wenn ich mich unter Frauen meines Alters befinde. Vor allem unter erfolgreichen Frauen – wie die, aus der die kleine Gruppe besteht, in der ich mich heute Abend befinde. Ich habe dann immer das Gefühl, dass sie mich anschauen und sich fragen: Womit zur Hölle verbringt die bitte ihr Leben?
Ich stelle mir diese Frage ja selbst jeden Tag.
»Ist dein Leben nicht längst ein romantischer Weihnachtsfilm?«, neckt Sarah mich mit verschmitztem Blick.
Das Treffen bei Starbucks, bei dem mir Isabel Sullivan ihre unerhörte Bitte vorgetragen hat, ist knapp 24 Stunden her, aber ich weiß noch immer nicht, wie ich darauf reagieren soll. Also habe ich mich Rat suchend an Sarah gewandt, die daraufhin die anderen zu einer gemeinsamen Mittagspause zusammengetrommelt hat. Sie alle haben Jobs und können mir höchstens fünfzig Minuten ihrer kostbaren Zeit widmen, bevor sie zurück an ihre Arbeitsplätze müssen, aber ich könnte noch stundenlang in diesem Restaurant hocken und über diesen seltsamen Gefallen nachgrübeln.
Da mir wahrscheinlich mittlerweile nur noch etwa achtundvierzig Minuten bleiben, um ihnen meine Geschichte zu erzählen, sollte ich wohl besser mal damit anfangen.
»Wahrscheinlich schon, mit all der Wohltätigkeitsarbeit, die ich an Weihnachten immer leiste«, sage ich und bin erleichtert, nicht den winzigsten Hauch von Verurteilung in ihren Blicken zu erkennen. »Aber hört euch erst mal an, was mir gestern passiert ist.«
Ich fasse ihnen das Treffen und Isabels Bitte so gut es geht zusammen. Zunächst hören mir die drei mit neugierigen oder neutralen Blicken zu, doch noch während ich rede, beginnen sie, eine nach der anderen, die Augen zusammenzukneifen und die Lippen aufeinander zu pressen.
Oh, oh. Sie werden mir sagen, dass ich mich auf keinen Fall darauf einlassen darf. Ich spüre es. Meine Instinkte laufen auf Hochtouren.
Sarah ergreift als Erste das Wort. Da sie meine zukünftige Schwägerin ist – mir ist vollkommen egal, dass Jared noch weit davon entfernt ist, ihr die eine Frage zu stellen, denn er ist viel zu verliebt, um sie jemals wieder gehen zu lassen –, halte ich große Stücke auf ihre Meinung.
»Darauf willst du dich doch nicht einlassen, oder?« Sie beugt sich zu mir, als wolle sie ihrer Aussage mehr Nachdruck verleihen. »Das ist das Verrückteste, was ich je gehört habe, dabei habe ich schon richtig verrückte Sachen gehört.«
»Wie zum Beispiel, so zu tun, als wäre man die Freundin von jemandem, und dann mit der Person übers Wochenende aus der Stadt zu verschwinden?«, frage ich zuckersüß. Zufällig weiß ich nämlich, dass ihre Freundin Caroline einmal für eine Woche nach Paris geflogen ist, um die Verlobte für jemanden zu spielen. Könnt ihr euch vorstellen, eine ganze Woche mit jemandem in einem anderen Land zu verbringen und so zu tun, als wäre man dessen Verlobte?
Ich weiß allerdings auch, dass Caroline und dieser Alex mittlerweile ein Paar und bis über beide Ohren verliebt sind, für die beiden hat es sich also bezahlt gemacht.
Sarah lehnt sich sichtlich irritiert wieder in ihrem Stuhl zurück. Ihr ist wohl gerade klar geworden, dass es doch krassere Geschichten gibt als diese. »Schätze, ich habe kein Recht, dir eine Moralpredigt zu halten.«
»Nein, hast du nicht.« Ich halte es ihr immer noch vor, dass sie mich hinters Licht geführt und so getan hat, als wäre sie Jareds Freundin, als wir bei unserem allerersten Treffen zusammen shoppen waren. Und ich werde es auch so lange wie möglich gegen sie verwenden. Vielleicht sogar, bis die beiden Enkelkinder haben.
Ich weiß, das ist eine recht lange Zeit, aber ich kann ziemlich hartnäckig sein, wenn ich will.
»Ich kenne Charlie Sullivan«, meldet sich Eleanor zu Wort. Höre ich da einen verärgerten Unterton in ihrer Stimme?
»Wirklich?« Mein Herz macht einen Satz. Ich habe gestern Abend noch ein wenig Online-Recherche betrieben und dabei zwar jede Menge über die Sullivan-Weihnachtsbaum-Plantage und die Verkaufsstände herausgefunden und auch einige Fotos einzelner, unter Weihnachtsbäumen posierender Familienmitglieder entdeckt, aber über das älteste der Sullivan-Kinder gab es so gut wie keine Informationen. Nicht einmal in den Sozialen Medien.
Hat heutzutage nicht jeder zumindest einen Facebook-Account? Ich schaue kaum noch in meinen, aber ich habe wenigstens einen.
»Ja, wirklich.« Unsere liebe, romantische Eleanor macht eine finstere Miene. Seltsam. »Er ist ein Arschloch.«
Daraufhin müssen wir alle vier laut lachen. Ich beruhige mich als Erste wieder. »Leute, ernsthaft. Er darf einfach kein Arschloch sein. Das wäre das Letzte, was ich jetzt gebrauchen könnte.«
»Stimmt. Dann sag Nein.« Das kommt von Kelsey, die nicht ganz so nett ist wie Eleanor, aber ehrlich und loyal. »Das klingt nicht nach einer besonders guten Idee, Candice. Besonders, wenn Eleanor ihn ein Arschloch nennt. Sie liebt sonst jeden.«
»Tu ich nicht«, sagt Eleanor entrüstet. Wir alle werfen ihr einen vielsagenden Blick zu, und sie seufzt. »Also gut, ich liebe so gut wie jeden Menschen, aber ganz sicher nicht Charlie. Er ist ein alter Grieskram.«
»Woher kennst du ihn?«, frage ich sie. Hoffentlich ist er nicht ihr Ex. Ich könnte nie mit einem ihrer Verflossenen ausgehen, selbst dann nicht, wenn ich ihn nur zu einigen gesellschaftlichen Anlässen begleite, um seiner Mutter einen Gefallen zu tun.
»Ich schneide ihm die Haare.« Eleanor ist Hairstylistin in einem der teuersten Salons von Carmel. Sie macht sich ziemlich gut. Vor Kurzem hat sie sogar Geld in das Geschäft investiert und ist jetzt Mitinhaberin.
»Schneidest? Also regelmäßig?«, frage ich.
»Jap. Denke schon.« Sie nickt. Zieht eine Grimasse. »Er ist einer meiner Stammkunden, auch wenn er schon eine Weile nicht mehr vorbeikam. Er hat ziemlich dickes Haar und lässt es sich immer viel zu lang wachsen. Wenn er dann mal auftaucht, sieht er aus wie ein struppiger Straßenköter.«
Ich konnte gestern Abend genau ein Foto von ihm finden, doch das muss ziemlich alt gewesen sein. Es war ein Familienfoto, auf dem er aussah, als wäre er gerade erst auf die Highschool gekommen. Er stand in der hintersten Reihe und blickte furchtbar ernst. Seine Haare lagen ihm wie ein struppiger Heiligenschein um den Kopf.
Hört sich so an, als würde er häufiger vergessen, sich die Haare schneiden zu lassen. Oder er ist einfach besonders konsequent in seinen Verhaltensweisen. Das ist doch nicht die schlechteste Eigenschaft, oder?
»Was genau macht ihn denn zu einem Arschloch?«, fragt Sarah, wie immer die ruhige Stimme der Vernunft. »Ich will Details. Candice braucht Details.«
»Die brauche ich«, stimme ich ihr zu.
»Ich weiß nicht. Er kommt in seinen alten Stiefeln in den Salon gestapft und redet kaum ein Wort. Er ist einfach nicht besonders … gesprächig. So gar nicht eigentlich. Und ihr wisst ja, wie gern ich mich mit meinen Kunden unterhalte. Mit jedem eigentlich.« Das tut sie. Wenn man sie lässt, kaut sie einem ein Ohr ab. »Einmal hat er mich ganz plötzlich angekeift, dass ich den Mund halten soll, dass er den Klang meiner Stimme nicht mehr erträgt.«
Als hätten wir es einstudiert, legen wir uns alle gleichzeitig die Hände auf die Brust, entsetzt über diese Enthüllung.
»Was für ein Arschloch«, murmelt Kelsey.
»Vielleicht hatte er einfach einen schlechten Tag«, überlege ich und versuche jetzt schon, sein Verhalten zu entschuldigen. Und ich kenne den Kerl doch noch nicht einmal!
»Er hat immer einen schlechten Tag. Und er gibt auch nie besonders viel Trinkgeld.« Eleanor rümpft die Nase und schürzt die Lippen. »Dafür, dass ich ihn ertrage, hab ich echt mehr verdient.«
»Vielleicht hat er keine Ahnung, wie viel Trinkgeld angemessen wäre«, biete ich als Erklärung an, auch wenn meine Begeisterung längst ins Wanken geraten ist.
»Hör auf, ihn in Schutz zu nehmen, Candice! Er scheint ein furchtbarer Mensch zu sein«, sagt Sarah, und Kelsey nickt zustimmend. »Ich denke nicht, dass du dich darauf einlassen solltest.«
»Warum denn nicht? Es könnte Spaß machen. Isabel Sullivan ist eine sehr nette Frau und braucht meine Unterstützung. Und ich bin nun mal gern hilfsbereit. Warum sollte ich ihr und ihrem seltsamen Sohn also nicht helfen?«
»Er ist ein erwachsener Mann, Candice. Er kriegt das schon alleine hin«, sagt Kelsey, aber Eleanor schüttelt den Kopf.
»Möglicherweise braucht er die Unterstützung wirklich. Er ist furchtbar schlecht darin, Konversation zu betreiben«, sagt sie.
»Ja, genau. Charlie Sullivan braucht mich. Das könnte echt lustig werden. Eine Art Projekt. Ich könnte den grinchigen Mann, der sich kaum in der Öffentlichkeit blicken lässt, in einen anspruchsvollen Gentleman verwandeln, der von unserer Gemeinde geschätzt und respektiert wird«, sage ich, und mein Gehirn füllt sich automatisch mit all den wundervollen Möglichkeiten, die sich mir gerade auftun.
»Wie in My Fair Lady«, sagt Eleanor mit strahlenden Augen.
»Nur anders herum! Du verwandelst ihn mithilfe deiner sanften High-Society-Art in einen freundlichen Mann, der seiner Hairstylistin niemals sagen würde, dass sie den Mund halten soll.«
Meine sanfte High-Society-Art? So hat mich noch niemand beschrieben. Interessant. »Siehst du? Ich muss es tun. Ich habe sogar Eleanor schon davon überzeugt, dass es eine gute Idee ist«, erkläre ich ihnen. Immerhin war sie die Erste, die ihn ein Arschloch genannt hat.
»Man kann Eleanor von fast allem überzeugen, wenn man es in die richtigen Worte verpackt«, wiegelt Sarah ab. Als diese ihr einen verletzten Blick zuwirft, tätschelt Sarah ihr die Schulter. »Du weißt, dass ich recht habe. Du willst immer das Gute in jedem sehen.«
»Das stimmt.« Eleanor seufzt resigniert. Ihr Blick huscht zu mir. »Es ist vielleicht doch eine furchtbare Idee, Candice.«
Weil ich mich wieder schöneren Dingen widmen möchte, wechsle ich das Thema, und schnell entfacht sich ein Gespräch über Sarahs Pläne, mit meinem Bruder zwischen den Jahren nach Hawaii zu fliegen. Es bricht mir ein wenig das Herz, dass die beiden an Silvester, meinem zweitliebsten Feiertag, nicht da sein werden, aber ich verstehe natürlich, dass sie mal Zeit allein verbringen wollen.
Und Weihnachten werden sie ja noch da sein, das ist die Hauptsache.
Bevor Jared Sarah kannte, hat er sich vor Familienfeierlichkeiten meist erfolgreich gedrückt.
Während die anderen sich über das kurz bevorstehenden Weihnachtsfest, die Arbeit und ihre Probleme beim Daten unterhalten, schweifen meine Gedanken wieder in Richtung Isabel ab. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr will ich ihrer Bitte zustimmen, egal, ob meine Freundinnen dagegen sind oder nicht. So sehr langweilt mich mein Leben zurzeit. Schon eine ganze Weile. Das war auch der Grund, warum ich mich das komplette Jahr über so auf die Weihnachtsfeiertage und die damit verbundene Ablenkung gefreut habe. All die Versammlungen und Partys, das Shoppen und Planen hilft mir dabei, die Leere zu füllen, mit der ich mich seit Anfang des Jahres herumschlage.
Im Januar habe ich meine Melancholie noch einem Weihnachtskater zugeschrieben. Habt ihr euch auch schon einmal so gefühlt? Der ganze Trubel hält einen die ganze Zeit über dermaßen in Atem, und man ist so verzaubert von all der glitzernden Deko, den wunderschön verpackten Geschenken und dem allgemeinen Hochgefühl, dass man am Neujahrstag erst einmal in ein tiefes Loch fällt.
Aber noch schlimmer ist, dass mich dieses Gefühl das ganze Jahr lang einfach nicht mehr losgelassen hat. Auch wenn ich die Feiertage selbst sehr liebe, so ist es doch vor allem die Vorweihnachtszeit mit den Partys, in der ich mich besonders gut ablenken kann.
Allerdings fühlt sich nach all den Jahren jede Veranstaltung irgendwie gleich an. Feier, niedliches Kleid, Einschalten der Weihnachtsbaumbeleuchtung, Bescherung und alles noch einmal von vorne. Und noch einmal. Und noch einmal.
Außerdem fühle ich mich langsam auch etwas … einsam. Ich habe die Feiertage noch nie mit einer »besseren Hälfte« verbracht, aber das würde ich gerne.
Okay, ich sehne mich geradezu danach.
Nicht, dass ich glaube, Charlie Griesgram Sullivan könnte meine bessere Hälfte werden, aber vielleicht könnte ich mich zumindest bei einigen gesellschaftlichen Ereignissen bei ihm unterhaken, was irgendwie … interessant sein könnte. Ich könnte ihn einigen Leuten vorstellen, ihm helfen, Kontakte zu knüpfen, und dann würde er für immer in meiner Schuld stehen.
Klingt gar nicht mal so schlecht, oder? Überhaupt nicht schlecht.
Oder doch? Vielleicht bin ich auch einfach so verzweifelt, dass ich nahezu alles dafür tun würde, jemanden kennenzulernen.
Autsch. Das ist übel.
Nach dem Mittagessen geht wieder jede ihrer Wege, und ich bringe Sarah noch zu Bliss, dem Unterwäschegeschäft, in dem sie arbeitet.
»Du lässt dich darauf ein, oder?«, fragt Sarah aus heiterem Himmel, während wir die Straße zum Einkaufszentrum hochlaufen.
Ich meide ihren Blick. Weil ich ungerne wieder über das Thema sprechen möchte, gebe ich mich ahnungslos. »Was meinst du?«
»Du wirst dich auf die Bitte dieser Frau einlassen und ihr Arschloch von einem Sohn als dein Date mit auf unzählige Weihnachtsfeiern schleppen.« Sarah schüttelt den Kopf und macht einen Schritt zur Seite, als uns ein Mann entgegenkommt und zwischen uns hindurchläuft. »Jared wird stinksauer sein.«
»Warum sollte mein Bruder deswegen sauer auf mich sein?« Das ergibt doch gar keinen Sinn. Jared ist nie böse auf mich. Vielleicht schimpft er und zetert wie immer ein wenig vor sich hin, aber normalerweise beruhigt er sich auch schnell wieder.
»Er will ganz sicher nicht, dass du auch nur eine Minute mit einem Mann verbringst, der Jareds Meinung nach deiner nicht würdig ist«, erklärt mir Sarah.
Na ja. Das ist doch total lieb. Das ergibt schon mehr Sinn.
»Woher weißt du, dass Charlie Sullivan meiner nicht würdig ist?« Ich blicke Sarah an.
»Ach, komm schon.« Sie verdreht die Augen. »Eleanor hat gesagt, dass er ein Arschloch ist. Und so was sagt sie sonst nie.«
Damit hat sie nun wirklich absolut recht.
»Ich werde mich erst mal mit ihm treffen, um zu sehen, ob es funktionieren könnte«, schlage ich vor.
»Ich weiß nicht …« Sarah verstummt abrupt, als wir vor Bliss stehen. »Das könnte eine echt schlechte Idee sein.«
»Sagt die Frau, die die Liebe ihres Lebens kennengelernt hat, indem sie sich auf eine schlechte Idee eingelassen hat«, bringe ich amüsiert vor.
Sarah seufzt. »Erwischt.«
Ich lächle triumphierend.
»Du solltest mit Jared darüber sprechen. Nur für alle Fälle.«
Mein Lächeln verblasst. »Für alle Fälle, dass … was genau passiert?«
»Ich weiß auch nicht. Nach allem, was wir über den Kerl wissen, könnte er genauso gut ein Serienmörder sein«, erklärt Sarah.
Warum denkt bloß jede Frau, die ich kenne, dass alle ihnen unbekannten Männer Serienmörder sein könnten? »Das bezweifle ich. Seine Familie führt ein Unternehmen, das Weihnachtsbäume verkauft. Das ist doch viel zu … heilsam.«
»Die perfekte Fassade«, entgegnet Sarah. »Wer würde vermuten, dass ein Mörder Weihnachtsbäume verkauft?«
Ich schüttle den Kopf. »Wir führen gerade nicht wirklich dieses Gespräch, oder?«
Sarah lacht, nimmt meine Hand und drückt sie. »Rede mit Jared darüber. Bitte?«
»Nein«, sage ich mit fester Stimme. Ich will auf keinen Fall, dass Jared überhaupt von dieser Sache erfährt. Wieso ihn wegen etwas verrückt machen, das vielleicht gar nicht stattfindet? »Am besten, du sagst es ihm gar nicht. Noch nicht.«
»Ernsthaft?« Sarah klappt der Mund auf, und ihre Hand gleitet von meiner. »Ich kann ihn nicht anlügen, Candice.«
»Ich bitte dich nicht darum, zu lügen, Sarah. Erwähne es ihm gegenüber einfach nur nicht. Wahrscheinlich kommt es auch nie zu einem Treffen, mach dir also keine Sorgen.«
Außerdem will ich nicht, dass Jared sich einmischt. Wenn Sarah ihm sagt, dass ich auch nur darüber nachdenke, würde er alles daransetzen, mich davon abzuhalten.
Wahrscheinlich mit Erfolg.
»Es wird ihm aber auffallen, wenn du auf den Fotos mit dem immer selben Kerl an deiner Seite zu sehen bist«, sagt Sarah wieder sanfter. »Er könnte sogar glauben, dass er dein fester Freund ist.«
»Wir wissen doch gar nicht, ob es überhaupt so weit kommt, Sarah. Und auf gar keinen Fall werde ich ernsthaft mit diesem Typen ausgehen«, versichere ich ihr. »Ich tue ihm und seiner Familie bloß einen Gefallen.«
»Du tust ihm einen Gefallen, indem du ihn zu verschiedenen Benefizveranstaltungen und Weihnachtsfeiern schleppst und seine Sozialkompetenz infrage stellst?«, fragt Sarah. »Allein von dem, was Eleanor erzählt hat, bin ich mir ziemlich sicher, dass ihm das kein bisschen gefallen wird.«
»Warum würde seine Mutter mich sonst darum bitten?«
»Vielleicht weiß er gar nicht, dass sie dich gefragt hat.« Sarah hebt die Augenbrauen.
Oh. An diese Möglichkeit habe ich tatsächlich noch gar nicht gedacht.
Charlie
»Da bist du ja. Ich hab dich schon überall gesucht.«
Abrupt bleibe ich stehen, als ich hinter mir die Stimme meiner Mutter höre. Ich habe mich extra in den hintersten Winkel der Plantage verzogen, damit niemand mich aufspüren kann, aber ich habe wohl ihre Entschlossenheit unterschätzt.
Ich richte mich zu meiner vollen Größe auf, drehe mich zu ihr um und erkenne, dass sie mich mit wachsamem Blick mustert. Sie hat die Arme verschränkt und die Augenbrauen hochgezogen. Beinahe erwarte ich, dass sie gleich mit einer Stiefelspitze auf den Boden tippen wird, das universelle Zeichen für »Gefahr« in Mom-Sprache.
Glücklicherweise tut sie es nicht.
»Hey.« Ich lächle schwach, nehme die Kappe vom Kopf und fahre mir mit den Fingern durchs Haar. Es ist zu lang. Aber ich schaffe es einfach nie, mir genug Zeit für einen Friseurtermin freizuschaufeln. Außerdem redet meine Friseurin immer zu viel.