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"Es werden immer wir sein, Charlene, du und ich. Was auch immer du brauchst, ich werde es für dich sein."
Darren war nie der Typ für feste Beziehungen - bis er Charlene kennenlernte. Mit einem einzigen Blick hat sie seine Welt auf den Kopf gestellt. Dabei hatte er sich fest vorgenommen, niemals jemanden so nahe an sich heranzulassen. Was er nicht ahnt: Charlene kämpft ebenso wie er mit den Dämonen ihrer Vergangenheit. Bald schon brauchen die beiden einander mehr denn je. Doch können sie ihrer Liebe eine Chance geben? Oder werden sie sie zerstören aus Angst, zu viel von sich preiszugeben?
Abschlussband der Hot-as-Ice-Reihe von New-York-Times-Bestsellerautorin Helena Hunting
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Seitenzahl: 458
HELENA HUNTING
Hot As Ice
Heißkalt verfallen
Roman
Ins Deutsche übertragen von Michaela Link
»Es werden immer wir sein, Charlene, du und ich. Was auch immer du brauchst, ich werde es für dich sein.«
Darren war nie der Typ für feste Beziehungen – bis er Charlene kennenlernte. Mit einem einzigen Blick hat sie seine Welt auf den Kopf gestellt. Dabei hatte er sich fest vorgenommen, niemals jemanden so nahe an sich heranzulassen. Was er nicht ahnt: Charlene kämpft ebenso wie er mit den Dämonen ihrer Vergangenheit. Bald schon brauchen die beiden einander mehr denn je. Doch können sie ihrer Liebe eine Chance geben? Oder werden sie sie zerstören aus Angst, zu viel von sich preiszugeben?
Kaffee-Date mit Verschwiegenheitserklärung
Ich hauche in die Hand, um die Frische meines Atems zu überprüfen. Ich habe mir vor knapp zehn Minuten die Zähne geputzt, werfe aber trotzdem zwei Fisherman’s Friend ein. Frischer Atem ist von entscheidender Bedeutung. Ich beiße zu und verteile die feurigen, kalten Bröckchen auf der Zunge. Die Explosion von Pfefferminze lässt mir die Tränen in die Augen treten, also tupfe ich die Winkel mit dem Ärmel ab und atme durch die Nase, damit es nicht noch schlimmer wird.
Darren Westinghouse holt mich zu einem Kaffee-Date ab. Der Darren Westinghouse, der rechte Flügelspieler aus der Chicagoer NHL-Mannschaft und der mysteriöseste Mann in der Liga. Es gibt tonnenweise Gerüchte über ihn. Die Geschichte seiner Verabredungen ist unklar und basiert größtenteils auf Spekulationen und Mutmaßungen. Ich bin ganz aufgeregt bei dem Gedanken, den Mann hinter der ernsten, stoischen Fassade kennenzulernen.
Mit verschwitzten Handflächen und unangemessen feuchtem Slip tigere ich durch meine Küche. Eine seltsame nervöse Reaktion. Und ziemlich unangenehm. Ich habe meinen Slip in der vergangenen halben Stunde bereits einmal gewechselt.
»Wir sind nur zum Kaffee verabredet«, schelte ich meine Genitalien.
Doch es spielt keine Rolle.
Ich habe mich Darren vorgestellt, als ich mit Violet, meiner besten Freundin, zu einem Auswärtsspiel war. Er hat sich wie ein vollendeter Gentleman benommen, war ausgesprochen süß gewesen und hat sich erboten, mich zu meinem Zimmer zu begleiten. Der geplante schnelle Gutenachtkuss hat sich dann in eine ausgewachsene Knutscherei verwandelt. Wir haben uns geküsst wie Teenager, bis meine Lippen wund waren. Es hat eine Woche gedauert, bis sie sich endlich nicht mehr schälten.
Ich habe glänzenden Gloss aufgetragen, der wie Zuckerwatte schmeckt – in der Hoffnung, dass Darren das Aroma mag und es mir mehr als einmal von den Lippen küssen wird. Ich streiche mit meinen verschwitzten Händen an meinen in Jeans steckenden Oberschenkeln hinab. Ich habe mich für etwas Zwangloses entschieden. Nur dass ich unter meiner Jeans einen hübschen Spitzenslip trage. Bloß für den Fall, dass seine Hand zufällig den Weg in sie hineinfindet. Den passenden BH trage ich natürlich ebenfalls.
Ich schaue auf die Uhr. Es ist neun Uhr neunundvierzig vormittags. Er holt mich um zehn ab, aber diese elf Minuten fühlen sich an, als würden sie eine Ewigkeit dauern. Im Geiste scrolle ich durch die bewährten Gesprächsthemen; Eishockey, das Wetter, mein Job und meine Erfahrungen auf dem College sind alle eine sichere Bank.
Ich habe gelernt, dass es das Beste ist, den Leuten nur die nötigsten Fakten zu präsentieren und das Gespräch von wirklich persönlichen Dingen fernzuhalten. Normalerweise reden die Menschen gern über sich selbst, daher ist es nicht allzu schwer, das zuwege zu bringen. Um neun Uhr dreiundfünfzig unterziehe ich meinen Atem einer weiteren Prüfung und zucke zusammen, als es an meiner Tür klingelt.
»Er ist da!«, verkünde ich halb flüsternd, halb kreischend niemand Bestimmtem. Ich mache zwei Schritte und zähle bis drei, bevor ich die Tür öffne. Ich bin immer noch nicht ausreichend vorbereitet auf die Erscheinung, die mir da auf meiner Veranda gegenübersteht.
Darren trägt Jeans und ein langärmeliges Hemd, etwas völlig anderes als der Anzug, den er bei unserer letzten Begegnung anhatte. Sein kurzes Haar ist ordentlich gekämmt, und seine harten, eisblauen Augen unterziehen mich einer lässigen Musterung, die ich am ganzen Körper spüre. Darren ist beeindruckend. Er ist Licht und Dunkelheit miteinander verschmolzen. Und unheimlich schön. Seinen Anblick muss man erst mal verarbeiten. Ein schwaches Grinsen umspielt einen seiner Mundwinkel und verwandelt sich schnell in ein entwaffnendes, ausgewachsenes Lächeln, das seinen ernsten Gesichtsausdruck in etwas Atemberaubendes verwandelt.
»Hi.« Das Wort ist fast ein Stöhnen, so hingehaucht, wie es daherkommt.
»Hallo, Charlene.« Diese beiden Worte bescheren mir ein Kribbeln unterhalb der Taille.
»Hi.« Ich wiederhole mich. Nicht gerade einfallsreich.
»Ich bin ein wenig zu früh dran«, sagt er zur Begrüßung. »Ich hoffe, das ist okay.«
Ich reiße mich aus meiner Darren-bedingten Benommenheit heraus. »Ja! Ja, natürlich. Ich hole nur schnell meine Handtasche.« Ich wende mich zum Gehen, um sie mir aus der Küche zu holen, als mir bewusst wird, dass sie bereits über meiner rechten Schulter hängt. »Oh, schon gut. Sieht so aus, als wäre ich abmarschbereit.« Ich hoffe, er hält mich nicht für eine komplette Idiotin.
Mit Darrens Hilfe schlüpfe ich in meinen Mantel – er ist so zuvorkommend –, nehme meine Schlüssel vom Haken und trete auf die Veranda hinaus. Es ist ein frischer Morgen, aber die Sonne scheint und nimmt der kühlen Luft die Schärfe.
Darren ist ausgesprochen höflich, öffnet die Beifahrertür und hilft mir beim Einsteigen, bevor er um die Motorhaube herumgeht und auf dem Fahrersitz Platz nimmt. Wir machen Small Talk, während wir zum Wasser fahren.
Ich bin ein wenig überrascht, als Darren zu einem Starbucks abbiegt und den Wagen in Richtung des Drive-thru lenkt. Das ist nicht ganz das, was ich mir vorgestellt hatte, als er eine Verabredung zum Kaffee vorgeschlagen hat. Ich hatte mir vorgestellt, wir würden in ein schnuckeliges kleines Café gehen und einander in die Augen sehen.
»Ich dachte, wir könnten in den Park gehen.«
»Oh, ja. Tolle Idee«, antworte ich. Parks können romantisch sein. Vor allem, weil es heute irgendwie kühl ist. Vielleicht wird er den Arm um mich legen müssen, um mich warmzuhalten. Damit wäre ich absolut einverstanden.
Sobald wir unseren Kaffee haben, fährt Darren zum Wasser hinunter. Er parkt den SUV, lässt den Motor jedoch laufen. Ich hatte angenommen, dass wir aussteigen und zur Promenade schlendern würden, aber stattdessen bleiben wir, wo wir sind, und plaudern, während wir die Leute um uns herum beobachten. Nicht das, was ich erwartet habe, aber er riecht toll, daher finde ich, ich sollte nehmen, was ich kriegen kann.
Er ist ein ruhiger Mann, deshalb übernehme ich letztendlich den Großteil des Gesprächs. Statt über mich selbst zu faseln, unterhalte ich ihn mit Geschichten über Violet, die ihn zum Lachen bringen. Sein Lachen gefällt mir sehr.
Nach einer Stunde oder so fängt mein Magen an zu knurren. Ich war nämlich zu nervös, um am Morgen etwas zu mir zu nehmen. In dem Moment dreht Darren sich zu mir um, lässt die Hand über meine Wange gleiten und streicht mir das Haar über die Schulter.
Ich beuge mich zu ihm vor und sende ihm den stummen Wunsch, dass er sich ebenfalls vorbeugen möge. Und mein Wunsch geht in Erfüllung. Sein Daumen verharrt auf dieser weichen Stelle unter meinem Kinn. »Ich würde dich gern küssen.«
»Ich schmecke nach Kaffee.«
»Ich auch.«
Ich erwäge, ihm ein Pfefferminzbonbon anzubieten, entscheide mich jedoch schließlich dagegen und recke das Kinn. »Bitte sehr.«
Sein Lächeln ist sanft und warm und steht in schroffem Kontrast zu seinen harten Zügen und den eisigen Augen. Seine Lippen fühlen sich wie Seide auf meinen an. Ich habe keine Ahnung, wie lange wir uns küssen, aber lange genug, um einen Krampf im Nacken zu bekommen. Schließlich zieht er sich zurück, und seine eisigen Augen sind erfüllt von der gleichen Lust, die meine Unterwäsche ruiniert.
»Möchtest du mit mir zu Mittag essen?«
In meinem Kopf verwandele ich das Mittagessen in ein verlängertes Vorspiel, aber so oder so steht die Option, Zeit mit ihm zu verbringen, auf meiner Ja-Liste. »Unbedingt.«
»Wunderbar.« Erneut erscheint sein Lächeln und bringt jegliche Fähigkeit zu denken zum Erliegen, landet dafür jedoch auf direktem Weg bei meinen geheimsten weiblichen Stellen.
Er greift auf den Rücksitz und holt eine Umhängetasche nach vorn. Dann fördert er eine Mappe zutage, auf deren Vorderseite mein Name in schmucken Druckbuchstaben steht. Mhm, das ist irgendwie … seltsam. Wobei dieses ganze Date irgendwie genau das zu sein scheint, nett, aber seltsam.
»Was ist das?«, frage ich, und die Lust und Erregung, die ich noch vor wenigen Sekunden verspürt habe, verwandeln sich allmählich in Nervosität.
»Eine Verschwiegenheitserklärung«, antwortet er leichthin, als würde es sich dabei um den Namen einer Blume handeln.
Ich habe während meiner Zeit bei Stroker and Cobb Financial Management jede Menge Verschwiegenheitserklärungen unterzeichnet. Das ist notwendig, wenn man mit berühmten Eishockeyspielern zusammenarbeitet und ihre Finanzen verwaltet. Wenn ich das jetzt richtig verstehe, ist es jedoch nicht das, worum Darren mich jetzt bittet. Zumindest hoffe ich, dass es das nicht ist. »Entschuldige, wozu ist das notwendig?«
Er legt die Stirn in Falten, und seine markanten Züge werden noch ernster und sogar eine Spur unheilverkündend. »Weil ich gern mit dir zu Mittag essen würde.«
Ich lege verstohlen die Hand auf die Armlehne, in die Nähe des Türgriffs. Nur für alle Fälle. »Du brauchst für ein Mittagessen eine Verschwiegenheitserklärung?«
Er streicht an meinen Oberschenkeln hinab. »Ich würde dich gern mit zu mir nach Hause nehmen.«
»Zum Mittagessen?«
»Ja.«
»Ist Mittagessen ein Codewort für irgendetwas?«
Die Falten auf seiner Stirn werden tiefer. »Codewort?«
Vielleicht entsprechen die Gerüchte über ihn der Wahrheit. Vielleicht ist er ja wirklich eine Art Dom und will, dass ich seine nächste Sub werde. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich habe sämtliche Fifty-Shades-Bücher gelesen, und natürlich klingen einige dieser Dinge ziemlich amüsant, aber ich unterzeichne außerhalb meines Jobs und notwendigen Bankangelegenheiten nicht gern irgendwelche Verträge, und selbst dann verursachen sie mir Unbehagen. »Ja, ist Lunch ein Codewort für perverse Sexspielchen oder so?«
Er zieht die Augenbrauen hoch, und seine Stirnfalten verwandeln sich in einen Bogen, während ein leicht finsteres Lächeln seinen sündhaft sexy Mund umspielt. Denselben Mund, der noch vor Kurzem an meinem gesaugt hat.
»Nein. Obwohl ich gewiss nichts gegen perverse Sexspiele hätte, wenn dir das lieber als ein Mittagessen wäre.«
Ich greife nach der Mappe, die er auf das Armaturenbrett zwischen uns gelegt hat, und klappe sie auf. Der Vertrag ist mehrere Seiten lang.
Ich sehe Darren an und lasse nun meinerseits die Brauen in die Höhe wandern.
»Lass dir Zeit. Ich kann warten.« Er lächelt wieder, aber es scheint eher eine Grimasse zu sein.
Ich überfliege den Inhalt, der an Gründlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt und vor Klauseln nur so strotzt. Darunter sogar eine, die eine Kreditkarte und ein Budget für Kleidung und Unterwäsche beinhaltet. Wie bitte?
Ich klappe die Mappe zu und reiche sie ihm. »Ich möchte, dass du mich nach Hause fährst.«
Er grinst breit und zieht einen Stift hervor. Sein Lächeln ist so hinreißend, dass ich fast vergesse, warum ich nach Hause fahren will. Bis mir der Papierkram in den Sinn kommt, der diesem Date vorgeschaltet ist.
Ich hebe die Hand. »Nein, du verstehst nicht. Ich möchte, dass du mich zu mir nach Hause fährst, nicht zu dir. Ich unterzeichne keine Verschwiegenheitserklärung für ein Lunchdate. Vor allem nicht so eine Verschwiegenheitserklärung.«
Sein Lächeln erstirbt, und er blinzelt fahrig, während er mit den Fingern auf die leinengebundene Mappe klopft. »Aber ich dachte, wir hätten Spaß miteinander gehabt.«
»Den hatten wir auch. Aber nie im Leben werde ich das da unterschreiben. Wenn du also mit mir zu Mittag essen willst, wirst du es ohne eine Verschwiegenheitserklärung tun müssen.«
Er ist offensichtlich hin- und hergerissen, denn er sieht mich so lange an, bis mir Hitze in die Wangen steigt, bevor er endlich sagt: »Sie dient dazu, uns beide zu schützen.«
»Das ist kein Kondom, Darren. Es ist eine Verschwiegenheitserklärung. Als Nächstes werde ich wahrscheinlich eine elektronische Fußfessel bekommen und an dein Bett gekettet.«
Er legt den Kopf schräg und scheint gegen ein Lächeln anzukämpfen. »Möchtest du gern an mein Bett gekettet sein?«
»Nicht, wenn ich eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen muss.«
»Und wenn du keine Verschwiegenheitserklärung zu unterzeichnen brauchst?«
Die Antwort auf diese Frage lautet immer noch Nein, denke ich, aber ich zucke die Achseln, denn schon seine Frage lässt in meinem Slip etwas geschehen.
»Ich bin ein sehr zurückhaltender Mensch, Charlene.«
»Das bin ich auch, aber das bedeutet nicht, dass ich alle Leute in meinem Leben deswegen eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen lasse. Wenn du mit mir zu Mittag essen willst, kannst du das tun, ohne mich zu bitten, meine Rechte wegzugeben.«
Er mustert mich einige lange Sekunden, in denen ich darum ringen muss, den Blickkontakt zu ihm zu halten. Mann, bin ich nervös.
»Na schön, keine Verschwiegenheitserklärung«, gibt er schließlich nach. »Aber ich habe Regeln fürs Daten, Charlene.«
»Die habe ich auch, und wir können sie beim Mittagessen erörtern.«
Ein Missverständnis
Zwei Jahre später
Wir kommen bei mir zu Hause an und verstopfen mit zwei riesigen Wagen die Einfahrt. Normalerweise würden wir nach dem Training zu Alex fahren, meinem besten Freund und Mannschaftskameraden, aber seine Frau Violet arbeitet heute zu Hause, und er will nicht, dass wir sie ablenken. Mein Haus ist dem Eisstadion am zweitnächsten, und ich wohne mit niemandem zusammen, also trifft es mich.
Mein Haus ist ein moderner Bau mit Solarpaneelen und schalldichten Fenstern, die sich vom Boden bis zur Decke erstrecken und durch die man nach draußen sehen kann, aber nicht von draußen nach drinnen, weil ich meine Privatsphäre gewahrt wissen will. Außerdem mag ich es, Sex mit meiner Freundin vor den Fenstern zu haben, durch die man in den Vorgarten schauen kann.
Unsere Mannschaftskameraden Lance, Randy, Miller und Rookie klettern aus Lances Hummer, während ich mir meine Sachen aus dem Kofferraum von Alex’ Wagen schnappe. Ich tippe den Code ein, und die anderen folgen mir in die Diele, wo ich meine Eishockeytasche fallen lasse. »Ich hole uns ein paar Bier, dann gehen wir nach draußen.«
Es ist Anfang April, aber schon ungewöhnlich warm, daher können wir zumindest ein wenig frische Luft schnappen, während wir über die bevorstehende Aufstockung der Liga diskutieren. Vegas will eine neue Mannschaft gründen, was bedeutet, dass ihnen jede andere Mannschaft in der Liga einen Spieler abgeben muss. Bisher sind nur Alex und Randy mit ihren Unverkäuflichkeitsklauseln auf der sicheren Seite.
Ich halte inne und stoße einen Fluch aus, als ich das Wohnzimmer betrete, und werde auf der Stelle hart. Das Ganze ist überaus verwirrend, weil ich nicht sehen sollte, was ich da sehe.
»Heilige Scheiße«, sagt Alex rechts von mir.
»Teufel auch.« Randy stößt von hinten mit mir zusammen.
»Ich wusste, dass du auf solche perverse Scheiße stehst!« Lances starker schottischer Akzent macht mir schlagartig bewusst, dass das, was nur für meine eigenen Augen bestimmt war, offensichtlich nicht nur sie zu sehen bekommen. Kurz überlege ich, meinen Teamkameraden die Augen mit einem Melonenausstecher auszukratzen, beschließe aber dann, dass es zu meinem eigenen Besten ist, diesem Impuls nicht zu folgen. Ich fürchte, im Gefängnis würde es mir nicht gefallen, außerdem ist es schwer, ohne Augäpfel Eishockey zu spielen.
Rechts von mir ertönt ein leiser Pfiff. Als ich in die Richtung schaue, sehe ich Rookie hektisch blinzeln, er ist offenkundig verwirrt. »Alter, wird das hier etwa so eine Art verdrehter Party? In dem Fall springe ich vielleicht für eine Nacht wieder auf den Bunny-Zug auf.«
Randy gibt ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. »Das ist kein Bunny, du Arschloch«, sagt er in Anspielung auf die Puck-Bunnys, die Groupies der Eishockeywelt.
»Au! Was soll das?« Rookie reibt sich die Stelle.
Mitten im Raum, in einer Position irgendwo zwischen Knien und Stehen, befindet sich Charlene. Meine Freundin. Nackt. Nun ja, abgesehen von ihrer Perlenkette und einem Paar Fick-mich-Heels. Ihre wunderschönen, haselnussbraunen Augen sehen aus wie die eines Rehs im Scheinwerferlicht, als sie in meine schaut und dann hinab auf ihren eigenen nackten Körper. Unsicher, was sie jetzt machen soll, stolpert sie ein paar Schritte rückwärts und lässt sich auf ein Kissen fallen, wobei sie sich einen Arm über die Brust legt und versucht, mit der anderen Hand den Scheitelpunkt ihrer Schenkel zu bedecken.
Rookie scheint außerstande, diese Szene halbwegs gesittet zu verarbeiten. »Ist das ein Ballknebel? Wer zum Teufel trägt so eine Maske? Wie atmet man überhaupt mit diesem Ding auf dem Gesicht?«
»Halt die Klappe, Rook«, blafft Miller.
Mir war gar nicht aufgefallen, was da sonst noch so alles rumliegt, bis ich den Blick von Charlene losreiße und die Dinge in Augenschein nehme, die in meinem Wohnzimmer verstreut liegen.
Was ich sehe, ist verdammt noch mal alles andere als normal. »Alle raus hier«, schnauze ich, durchquere den Raum, schnappe mir die Decke vom Lesesessel – Charlenes Lesesessel – und steige über den Drachenschwanzdildo, den Charlene gekauft hat, als sie ihre Game-of-Thrones-Phase durchgemacht hat. Ich lege die Decke um sie, wobei ein paar leichte, duftige Dessous über den Boden flattern. Aber die Decke erfüllt ihren Zweck und verbirgt jeden Zentimeter nackter Gänsehaut. Die meine Mannschaftskameraden jetzt zu Gesicht bekommen haben.
Ich knirsche mit den Zähnen, um gegen den besitzergreifenden Zorn anzukämpfen, und stoße langsam den Atem aus, um wenigstens ein bisschen Gelassenheit wiederzuerlangen.
Die Wahrheit ist: Charlene quasi nackt in irgendeinem Raum meines Hauses vorzufinden ist nicht gerade ungewöhnlich.
Selbst die Auswahl an Dessous, die in einem hübschen Kreis um sie herum arrangiert ist – alles, angefangen von jungfräulichem Satin bis hin zu dem mit Nieten besetzten Lederkorsett –, ist nichts besonders Ungewöhnliches. Charlene liebt es, sich zu verkleiden, und ihre Maskeraden verraten mir oft eine Menge darüber, was sie im Schlafzimmer, oder welchen Raum wir uns zum Sex ausgesucht haben, gern hätte. Ihr Outfit liefert mir also hilfreiche Hinweise bezüglich ihrer Erwartungen an mich. Leder deutet meist darauf hin, dass sie resolut gestimmt ist. Es ist niedlich, wenn sie meint, das Kommando übernehmen zu wollen.
Was höchst untypisch ist, ist der zweite Kreis, der aus einer Vielzahl von hilfreichen Sex-Toys besteht, von denen etliche auf der Liste der Dinge, die ich schon immer ausprobieren wollte stehen. Es ist eine lange Liste. Beinahe so lang wie die Liste der Dinge, von denen ich dachte, sie könnten Spaß machen, über die ich meine Meinung aber geändert habe.
Charlene und ich waren extrem vorsichtig und haben ihre Vorlieben und unser bisweilen schillerndes Sexleben sorgsam geheim gehalten. Was hinter geschlossenen Türen geschieht, sollte auch hinter geschlossenen Türen bleiben, jedenfalls wenn es nach mir geht. Das ist auch der Grund, weshalb ich immer auf Verschwiegenheitserklärungen bestanden habe, jedenfalls bis Charlene ins Spiel kam. Nicht besonders romantisch oder verlockend, wenn man eine neue Beziehung eingeht, aber meine Privatsphäre stand immer an erster Stelle.
Anstelle der Verschwiegenheitserklärung hatte Charlene versprochen, mit ihren Freundinnen nicht über Details zu reden. Diese Frauen lieben es, alles miteinander zu teilen, vor allem Violet, ihre beste Freundin, und ich habe das Gefühl, dass sie die Vielschichtigkeit unserer Beziehung vielleicht nicht ganz verstehen, da selbst ich manchmal meine Probleme damit habe.
»Es tut mir leid.« Charlenes Stimme zittert ebenso wie ihre Hände, mit denen sie den Saum der Decke umklammert.
»Bleib bitte hier.« Ich beuge mich vor, drücke ihr einen Kuss auf den Kopf und hoffe, dass die schlichte Geste hilft, ihre Furcht ein wenig zu zerstreuen.
Ihre Unterlippe bebt. »Okay.«
Ich möchte ihr versichern, dass meine düstere Stimmung sich nicht gegen sie richtet, aber ich muss mich um meine Mannschaftskameraden kümmern, bevor sie mit anderen darüber reden, wie zum Beispiel ihren Freundinnen oder Ehefrauen. Das ist der Grund, warum Beziehungen heikel sind. Ich mag darauf vertrauen, dass Charlene unsere Privatsphäre schützt, aber ich kann mir nicht sicher sein, dass irgendjemand sonst das tun wird. Vor allem, da wir in einer Welt leben, in der Menschen alles ausreizen. Charlene mag es, ihre Grenzen auszuloten, und wenn sie an den Rand derselbigen gerät, geht sie gern auch schon einmal darüber hinaus.
Ich steige über die Sexspielzeuge und registriere genau, wie viele von ihrer Liste der Dinge sind, von denen ich dachte, sie könnten Spaß machen, bei denen ich meine Meinung aber geändert habe. Anscheinend hatte Charlene sich einiges vorgenommen. Ich habe sie erst viel später erwartet, weil sie mir vorhin eine Nachricht geschickt hat, um mir mitzuteilen, dass sie Überstunden machen müsse. Sie muss ihren Plan geändert haben, um Zeit für mich freizuschaufeln.
Ich streiche mir mit einer Hand übers Gesicht und folge meinen Mannschaftskameraden nach draußen, als sie zu ihren jeweiligen Autos gehen.
»Wartet.« Es ist mehr ein Bellen als ein Wort.
Sie drehen sich alle gleichzeitig um, und ihre Mienen rangieren zwischen neugierig und regelrecht verstört. Ich muss mich sortieren und diese Sache geradebiegen. Ich schiebe die Hände in die Taschen, während ich mich bemühe, gelassen und unbeeindruckt zu wirken. Es ist wahrscheinlich sinnlos, ihnen zu sagen, es sei nicht das, wonach es ausgesehen hat, denn offen gestanden ist es genau das, wonach es ausgesehen hat, nur nicht so, wie sie denken. Stattdessen entscheide ich mich für: »Es wäre das Beste, wenn das unter uns bleiben könnte.«
»Und ihr denkt, ich sei nicht ganz richtig im Kopf. Was zum Teufel stimmt dann nicht mit dir?« Lance wedelt mit der Hand, als ich den Mund öffne, um etwas zu erwidern. »Lass gut sein, ich will es gar nicht wissen.« Er dreht sich auf dem Absatz um und stakst zu seinem Hummer. »Ich bin weg.«
»Es ist wirklich nicht …« Ich weiß nicht, wie ich diesen Satz beenden soll, ohne Charlene noch mehr zu kompromittieren, als das bereits der Fall ist, daher halte ich die Klappe.
»Wir reden mit Lance. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass er quatscht.« Miller deutet mit dem Daumen über seine Schultern, dann zeigt er auf sich selbst und Randy.
Randy hebt einen Finger und erweckt den Eindruck, als wolle er etwas hinzufügen, aber er besinnt sich eines Besseren, streicht sich über den Bart und nickt mir zu, bevor er Miller zum Hummer folgt. Dabei ist es bei Randy am Unwahrscheinlichsten, dass er mir mit der Sache blöde kommt. Letzten Monat haben er und Lily in einem Hotelbadezimmer einen Schaden von fünftausend Dollar angerichtet, als sie bei einer ihrer Sexeskapaden das Waschbecken aus der Wand gerissen und den Raum unter Wasser gesetzt haben.
»Ich dachte immer, du wärest so … normal.« Rookie eilt hinter den anderen her. Er hat kaum die Wagentür geschlossen, als Lance auch schon zurücksetzt.
Alex ist der Einzige, der noch übrig ist. Wir schauen zu, wie Lances Hummer aus der Einfahrt rauscht.
»Was sollte das jetzt heißen?«
Alex sieht mich mit ausdrucksloser Miene an, die Lippen zu einer Linie zusammengepresst. »Ich habe keine Ahnung.« Es gefällt mir nicht, wie er mich ansieht, als würde er mich nicht kennen. Und in gewisser Weise kennt er mich tatsächlich nicht. Er kennt nur die Seiten von mir, die ich ihn sehen lasse. Und jetzt hat er eine gesehen, die nicht leicht zu erklären ist.
»Lass Charlene bitte mit Violet reden.«
Er lacht leise und schüttelt den Kopf. »Was Charlene Vi erzählt, ist im Moment nicht dein Problem, Darren.«
»Es ist nicht das, wonach es aus…« Ich breche ab, denn es ist sinnlos, das auszusprechen. »Es ist kompliziert.«
»Tja, und gerade ist es noch viel komplizierter geworden – verdammt.« Er fährt sich mit einer Hand durchs Haar. »Mal sehen, ob ich die Jungs noch einhole und dafür sorgen kann, dass sie das hier für sich behalten. Und vielleicht kann ich auch herausfinden, warum Lance so sauer geworden ist.«
»Ich komme mit.«
Ich mache einen Schritt auf seinen Wagen zu, aber Alex knallt mir eine Hand vor die Brust. Er wirft mir einen Blick zu, der zwischen Ungläubigkeit und Abscheu rangiert. »Ist das echt dein Ernst jetzt? Du kannst Charlene nach dem, was gerade passiert ist, nicht allein lassen. Wo denkst du hin? Bring deine Beziehung in Ordnung, Darren, oder was auch immer das sein mag.«
Er hat recht. Natürlich. Aber was er nicht versteht, ist, dass Charlene für mich an erster Stelle steht, und dass es mir mehr um sie als um mich geht, wenn ich versuche, die Jungs dazu zu bringen, den Mund zu halten.
Oh nein!
Nun, das ist definitiv nicht so gelaufen, wie ich es geplant hatte. Ich hatte große Pläne, als ich heute hierhergekommen bin. Violet hat mir das vorgeschlagen. Also, sie hat nicht vorgeschlagen, dass ich mich mit merkwürdigen Sex-Toys umgeben und nackt in Darrens Wohnzimmer herumlungern solle. Sie dachte, es wäre eine gute Idee, da zu sein, wenn er nach Hause käme, um ihm die Gelegenheit zu bieten, etwas von seinem Stress abzubauen. Mit Sex.
Ich schaue auf das Glücksrad aus Sexspielzeugen. Einzeln betrachtet mögen sie gar nicht so schockierend sein – vielleicht mit Ausnahme des Drachendildos, des schrittlosen, schwarzen Latexoveralls und möglicherweise der Maske, die aussieht, als gehöre sie dem Echsenmann oder so – okay, es mag vielleicht eine Spur schockierender sein, als ich ursprünglich gedacht habe. Auf einer Skala von eins bis zehn würde ich es bei elf Trilliarden einordnen, mit anderen Worten: ein Riesenschlamassel.
Die Endrunde beginnt in wenigen Tagen, was ebenso aufregend wie stressig ist. Chicago hatte eine tolle Saison und ist punktemäßig in einer guten Position. Aber die Freude darüber, dass wir es dieses Jahr in die Endrunde geschafft haben, wird gedämpft von der drohenden Ligaaufstockung.
Heute hat es dazu ein Mannschaftsmeeting gegeben, und Darren hat keine Unverkäuflichkeitsklausel wie Alex, daher muss er sich Sorgen machen. Ich jedenfalls mache mir welche. Es spielt keine Rolle, dass er älter ist als die meisten seiner Mannschaftskameraden, seine Statistik ist beeindruckend; besser als im vergangenen Jahr, was ihn in eine gefährliche Position bringt. Vor allem, da der Besitzer der zukünftigen Mannschaft schon früher Interesse an Darren gezeigt hat.
Also habe ich mir einen umwerfenden Plan ausgedacht, um ihn zu überraschen. Zumindest wäre der Plan umwerfend gewesen, wenn er nicht die Hälfte seiner Mannschaft mit nach Hause gebracht hätte. Ich wollte Darren heute Abend die denkbar beste Ablenkung bescheren unter Zuhilfenahme jedes einzelnen Sexspielzeugs, an dem er jemals auch nur das geringste Interesse gezeigt hatte. Im Nachhinein betrachtet war meine Entscheidung vielleicht ein klein wenig übertrieben.
Ich umklammere die Decke, die Darren mir um die Schultern gelegt hat, und starre dorthin, wo noch Sekunden zuvor seine Mannschaftskameraden – unsere Freunde – gestanden haben. Die Haustür schließt sich mit einem lauten Knall. Ich zucke zusammen und verkrampfe mich unterhalb der Taille, als würde das Geräusch in meiner Klitoris widerhallen.
Was es irgendwie tut. Immer wenn ich nervös werde, spüre ich es in der Vagina, als wäre meine Klitoris die Schaltzentrale für meine Nervosität. Das ist ziemlich unangenehm und kann außerdem peinlich werden. Ganz davon abgesehen, dass es nicht gerade eine normale Reaktion auf Stress ist. Ich weiß das, aber ich kann einfach nichts dagegen ausrichten.
Ich fingere an den Perlen an meinem Hals herum und empfinde ihre glatte Oberfläche als wundersam beruhigend, während ich darüber nachdenke, ob ich den ganzen perversen Kram wegräumen oder auf Darren warten soll, so wie er gesagt hat. Eine weitere Welle der Nervosität trifft mich mitten zwischen die Schenkel. Ich verdrehe die Augen und stoße einen bebenden Atemzug aus.
Mir bleibt keine Gelegenheit, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob ich die Sexspielzeuge wegräumen soll oder nicht, denn ich höre, wie die Haustür sich öffnet und schließt – sanfter diesmal. Kurz darauf erscheint Darren auf der Schwelle zum Wohnzimmer.
»Ich dachte, du würdest erst später kommen«, sagt er, leise und unaufgeregt, trotz des düsteren Ausdrucks in seinen Augen.
Ich schlucke hörbar, als er näher kommt, und mein Körper flackert innerlich wie ein Glücksspielapparat. Eine Schweißperle rinnt an meiner Wirbelsäule hinab, und ich erschauere und umklammere die Decke noch fester.
»Ich wollte dich überraschen. Ich dachte, es wäre okay, weil die Jungs nie hierherkommen. Es tut mir so leid.«
»Du hast dich bereits entschuldigt.« Er steigt abermals über den Drachenschwanz – das Ding ist lächerlich groß und für nichts zu gebrauchen – und geht um einen weißen Spitzenbody herum, bis er direkt vor mir steht. Dann spüre ich seinen rauen Finger unter meinem Kinn, und er drückt meinen Kopf zurück, während er mir mit eindringlicher Miene versichert: »Und die Überraschung ist die wahrlich gelungen.«
Instinktiv will ich eine weitere Entschuldigung vorbringen. Meine Lippen öffnen sich bereits wie von selbst, während Darren mich mit leicht geneigtem Kopf mustert. Es fühlt sich wie eine Warnung an. Ich muss mich ermahnen, das Atmen nicht zu vergessen. Schatten tanzen über sein Gesicht, schärfen die Kanten und lassen sie strenger erscheinen. Er ist Furcht einflößend schön. Auf stille Weise atemberaubend.
Er liebkost meine Wange, so zaghaft, dass es durchaus möglich ist, dass ich es mir nur einbilde. »Wir müssen darüber reden, was diese Sache für Folgen haben kann.« Er streckt die Hand aus. »Und es wäre mir lieber, wenn du bei diesem Gespräch nicht auf dem Boden knien würdest.«
Panik übermannt mich, und die schlimmsten Visionen schießen mir durch den Kopf. Das Gewicht seiner Worte fühlt sich an wie Ringe, die sich um mein Herz schließen. Das Einzige, worum Darren mich je gebeten hat, war das Versprechen, unser Privatleben privat zu halten, und das ist es jetzt nicht mehr.
Ich schiebe meine zitternden, klebrigen Finger in seine warme Hand. Ich bin steif, weil ich so lange auf dem Boden gekniet habe, und taumele unsicher, als Darren mir auf die Beine hilft.
Das Unbehagen, das sich tief in meinem Bauch ausgebreitet hat, lodert auf und kämpft sich den Weg nach oben, windet sich durch meinen Magen in meine Brust, bis es sich in meiner Kehle festsetzt. Meine Perlen fühlen sich zu eng an und gleichzeitig nicht eng genug.
Was habe ich getan? Was ist, wenn er deswegen mit mir Schluss macht?
Meine Wimpern werden mit jedem hektischen Versuch, die Tränen zurückzublinzeln, noch feuchter. Ein einziger Fehler hat genügt, um zwei Jahre zunichtezumachen. Ich habe das Gefühl, als hätte ich versucht, ein Kartenhaus auf einer Klippe zu bauen.
»Es war ein Missgeschick.« Die Worte scheppern wie zersplitterndes Glas.
»Mir ist klar, dass es keine Absicht war.« Darren runzelt die Stirn. »Warum weinst du?«
»Ich habe ein Versprechen gebrochen.«
Er legt den Kopf schräg, und es sieht mehr nach Zurkenntnisnahme als nach Zustimmung aus. »Und was meinst du, was das bedeutet?«
Ich lecke mir über die Lippen. Mein Mund ist trocken, und meine Handflächen sind verschwitzt. »Dass du mich …«
»Dass ich dich …?«, hakt er nach.
Die Worte sitzen in meiner Kehle fest, als hätte ich versucht, ohne Wasser eine Tablette zu schlucken. »Ich hätte nicht auf Violet hören sollen. Ich hätte dir zuerst eine Nachricht schicken sollen. Ich habe nicht nachgedacht. Ich – ich – ich …«
»Charlene, stopp.« Er legt mir seinen feuchten Daumen auf die Lippen, und ich schmecke meinen eigenen Kummer.
Darren umfasst mein Gesicht mit beiden Händen. Ich präge mir das Gefühl seiner Finger auf meinem Kinn ein. Denke darüber nach, wie es sein wird, nie wieder so von ihm berührt zu werden. Dass die Angst davor, Darren könnte am Ende der Saison verkauft werden, mich den ganzen Tag über gequält hat.
Ich wappne mich, als er mein Kinn hochdrückt. »Sieh mich an.«
Mir bleibt keine andere Wahl, als mich zu fügen. Ich versuche zu verhindern, dass mein Kinn zittert, aber ich bin zu aufgewühlt, um meine Gefühle unter Kontrolle zu halten.
Er streicht mit den Daumen unter meinen Augen entlang, als neue Tränen sich ihren Weg nach draußen bahnen. »Denkst du, ich bin wütend auf dich?«
»Ich weiß nicht.«
»Warum bist du dann so außer dir?«
Jetzt ist es an mir, die Stirn zu runzeln. »Ich – ähm – ich …« Ich muss mehrmals tief durchatmen, um mich zu beruhigen und meine Gedanken zu ordnen. »Du wolltest nicht, dass irgendjemand es weiß.« Ich deute auf die Dessous und die herumliegenden Sex-Toys. »Und jetzt wissen sie es. Also dachte ich, es würde vielleicht … es würde vielleicht bedeuten, dass du …«
Er wartet darauf, dass ich weiterspreche.
»Das hier beendest.« Die Worte sind kaum hörbar.
»Dass ich das hier beende?« Sein Gesichtsausdruck geht in Verwirrung über.
»Das mit uns. Dass du das mit uns … beendest.« Mein Magen krampft sich bei dem Gedanken zusammen. Wenn ich Darren verlöre, würde ich viel mehr verlieren als einen festen Freund. Er steht mit fast jeder mir wichtigen Person in meinem Umfeld in Verbindung.
Seine Augen lodern auf. »Glaubst du ehrlich, ich würde dich wegen einer solchen Lappalie verlassen?« Ein Muskel in seinem Kinn zuckt. »Bin ich je so vorschnell in meinen Entscheidungen gewesen?«
»Nein, aber …« Ich beiße mir auf die Unterlippe und senke den Blick. Es fällt mir schwer, ihn anzusehen, wenn er so energisch ist. Seine strenge Schönheit ist manchmal mehr, als ich verkraften kann.
»Ist es bedauerlich? Ja. Wird es unangenehme Fragen nach sich ziehen? Höchstwahrscheinlich.« Er zeichnet den Umriss einer meiner Brauen nach und streift mir über die Schläfe. »Hilf mir zu verstehen, was in diesem schönen Kopf vorgeht, dass du zu so extremen Schlussfolgerungen gelangst.«
»Ich dachte nur … ich weiß nicht. Ich habe ein Versprechen gebrochen. Das einzige Versprechen. Für mich ist es irgendwie das Gleiche, als hätte ich gegen die Verschwiegenheitserklärung verstoßen.«
Ich war immer sehr stolz auf meine Fähigkeit, unser Privatleben vertraulich zu behandeln. Nun, ich meine, natürlich rede ich mit Violet über die Dinge, über die ich reden kann, aber ich erzähle ihr nie, was wirklich hinter verschlossenen Türen passiert.
»Hast du zufällig ein Enthüllungsbuch mit der Chronik unseres Sexlebens verfasst, um mich zusätzlich zu all dem hier zu erpressen?« Er macht eine weit ausholende Geste, die den Kreis aus Spielzeugen und Dessous umfasst.
»Nein, ich habe nur gerade eben deinen engsten Freunden einen sehr eindrucksvollen Einblick in das gewährt, was wir tun, wenn sonst niemand zuschaut.« Jetzt, da ich mir nicht mehr gar so große Sorgen mache, dass Darren unsere Beziehung lösen könnte, macht sich Verlegenheit breit.
Seine Wange zuckt, nicht direkt ein Lächeln, aber ein Anflug von schelmischem Humor lässt seine Augen glitzern. »Ich bin mir sicher, dass sie genau in diesem Moment ein sehr angeregtes Gespräch darüber führen. Und ich bin noch fester davon überzeugt, dass das Fragen für uns beide nach sich ziehen wird. Und genau aus diesem Grund müssen wir darüber sprechen, wie das die Lage verändert.«
»Oh.« Ich habe es mit meiner kleinen Inszenierung wohl ziemlich übertrieben.
»Komm. Du zitterst, du musst dich hinsetzen.« Er greift nach meiner Hand und legt einen Arm um meine Taille, um mich zum Sofa zu führen.
Ich lasse mich auf das Kissen fallen, springe jedoch wie von der Tarantel gestochen gleich wieder auf und presse das Gesicht an Darrens Brust. Seine Finger schließen sich um meine Arme. »Geht es dir gut?«
»Alles gut. Es geht mir gut.« Scheiße. Ich hatte vergessen, wie gründlich ich mich auf jedes mögliche Szenario an diesem Abend vorbereitet habe, was vermutlich meiner Nervosität geschuldet ist und eine Erklärung dafür ist, warum meine Klitoris und die Region darum herum so heftig pocht.
»Deine Tränen und deine Zappeligkeit sagen mir aber etwas anderes.« Er streicht mir mit der Hand über den Rücken. Ich versuche, mich ihm zu entwinden, bevor er meinen Hintern erreicht, aber meine Waden sind gegen die Couch gepresst, und ich trage himmelhohe Stilettos – also lässt meine Koordination gerade ein wenig zu wünschen übrig. Dabei trete ich versehentlich auf das Ende der Decke, sodass sie meinem Griff entgleitet, was bedeutet, dass ich erneut nackt dastehe – von Schuhen und Perlen abgesehen. Zumindest gibt es diesmal keine anderen Zeugen.
»Vielleicht sollte ich mich anziehen, bevor wir darüber reden, wie wir das Problem angehen.« Meine Stimme klingt auffallend schrill.
Darrens Augen werden schmal, als ich versuche, meinen Absatz aus der Decke zu befreien. Es ist eine dieser weichen, selbst gestrickten Dinger aus einem superniedlichen Laden im Stadtzentrum. Ich habe Darren einmal darauf aufmerksam gemacht, als wir zum Abendessen aus waren, und als ich das nächste Mal zu ihm kam, war die Decke über dem Lesesessel drapiert, den er mir im vergangenen Jahr gekauft hatte. Der Sessel wird nicht oft zum Lesen genutzt, und die Decke passt auch nicht zu Darrens Einrichtung, aber es ist süß und aufmerksam, dass er sie für mich gekauft hat.
Unglücklicherweise habe ich mich jetzt in dieser Aufmerksamkeit verfangen. Im wahrsten Sinne des Wortes.
»Dreh dich für mich um, Charlene«, sagt Darren in einem leisen, bestimmenden Ton.
Prompt bekomme ich Gänsehaut am ganzen Körper. Mist. Sein Gesichtsausdruck ist nicht mehr ernst. Stattdessen umspielt ein finsteres Lächeln seine Mundwinkel, wobei ich gerade nicht zu sagen vermag, ob das gut oder schlecht ist.
Ich drehe mich langsam um und kämpfe gegen den Drang, den Kopf nach hinten zu drehen, damit ich sein Gesicht sehen kann. Ich erschauere, als er im nächsten Moment einen einzelnen Fingerknöchel von meinem Nacken bis zu meinem Steißbein und dann tiefer wandern lässt. Dort spreizt er die Finger, streicht über den rosa, fusseligen Häschenschwanz, der an einem Analplug befestigt ist, der gegenwärtig in meinem Hintern parkt.
»Ich sehe, du hattest gewisse Erwartungen für heute Nacht«, murmelt er.
»Keine Erwartungen«, hauche ich.
»Ich glaube nicht, dass das der Wahrheit entspricht.« Seine Lippen sind an meinem Ohr, mit den Fingern der einen Hand umspreizt er mein Kinn, während er die andere flach über meine Hüfte und meinen Unterleib gleiten lässt und seine Brust an meinen Rücken presst.
Sein Hemd ist aus Baumwolle, weich und warm, und seine Gürtelschnalle wirkt wie ein Kälteschock an meinem Kreuz. Mir entweicht ein Wimmern, als Darren mit den Fingern meinen Venushügel streift und den Handballen fest in meinen Unterleib drückt. Sein erigierter Schwanz presst sich durch seine Jeans hindurch gegen den Analplug.
»Ich wollte heute Abend vorbereitet sein auf was immer du brauchst«, wispere ich.
»Wie aufmerksam von dir«
»Ich wusste, dass der heutige Tag für dich stressig sein würde.« Für mich war er das definitiv, insbesondere in den letzten zwanzig Minuten.
»All die Mühe, die du dir gemacht hast.« Seine Zähne kratzen über die empfindliche Haut an meinem Hals. »Es war definitiv ein stressiger Tag, und unter anderen Umständen wäre es die perfekte Überraschung gewesen.«
»Es tut mir leid.« Ich sollte aufhören, das immer wieder zu sagen.
»Taten sagen so viel mehr als Worte, nicht wahr?« Seine Stimme ist wie ein über mir schwebender Schatten. »Warum zeigst du mir nicht, wie leid es dir tut?«
Nervositätsorgasmen
Bloß gut, dass Charlene in diesem Moment mein Gesicht nicht sehen kann. Es fällt mir schwer, mir ein Lächeln zu verkneifen, was der Grund ist, warum ich in dieser Position verharre. Von allen Beziehungen, die ich hatte – was nicht allzu viele waren in Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Frauen nicht besonders begeistert sind, wenn sie vor dem ersten Date eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben sollen –, ist Charlene definitiv meine favorisierte Lieblingssexualpartnerin. Tatsächlich ist sie in jeder Hinsicht meine Favoritin.
Ein nervöses Schlucken lässt ihre Kehle unter meiner Handfläche hüpfen. Ich beiße in ihre Ohrmuschel. »Was soll ich jetzt nur mit dir machen?«
Sie stolpert einen Schritt vorwärts, als ich sie loslasse. Sie dreht sich nicht um, stellt keine Fragen, wartet einfach auf Anweisungen. Es sieht aus, als würde sie mir heute Abend die Zügel überlassen. Ich beiße mir in die Knöchel, während ich erst die vielen Sex-Toys betrachte und dann Charlene. Sie ist wirklich hinreißend mit ihrem langen, kastanienbraunen Haar, das sie hochgesteckt hat, um die sanfte Linie ihres Halses zu betonen. Schlanke zurückgedrückte Schultern und dieser rosa Häschenschwanz, der zwischen ihren Pobacken hervorlugt – das ist alles einfach hinreißend sexy. Wenn es ein Sexspielzeug gäbe, das Charlenes Persönlichkeit auf den Punkt bringt, ist es dieser gottverdammte Analplug.
Das mit Charlene ist folgendermaßen: Ich weiß besser als sie selbst, was sie will. Und das ist todsicher nicht dieser verdammte Mammutdrachenschwanz, der mitten im Wohnzimmer liegt. Charlene hat eine unglaublich lebhafte Fantasie, und sie verschlingt jedes schmutzige, verruchte Buch, das ihr in die Finger gerät.
Außerdem glaubt sie, alles ausprobieren zu müssen und springt dabei manchmal ins kalte Wasser und begreift erst hinterher, dass ihre Vorstellungen nicht immer mit der Realität übereinstimmen. Also kommt sie zuweilen mit den extremsten Sachen daher, und aus Erfahrung weiß ich, dass es das Beste ist, sich erst einmal darauf einzulassen und das Ganze dann auf Kuschelniveau herunterzufahren. Auf diese Weise läuft sie nicht Gefahr, eine ausgewachsene Panikattacke zu bekommen, weil ich möglicherweise etwas ausprobiere, für das sie nicht bereit ist.
Ganz eindeutig waren es meine Bedürfnisse, die sie im Sinn hatte, als sie dieses kleine Intermezzo heute inszeniert hat, was mir mehr über ihren Gemütszustand verrät, als ihr klar ist. Charlene macht sich genau wie ich Sorgen wegen der Liga-Aufstockung. Ich weiß genau, dass sie nicht darüber sprechen will, aber die von ihr geplante Befriedigung meiner Bedürfnisse spricht Bände. Was Charlene nicht versteht, ist, dass meine Bedürfnisse sich einzig und allein nur um sie drehen.
Ich lege meinen Finger in ihren Nacken, lasse ihn an ihrer Perlenkette entlang über ihre Haut gleiten und umkreise Charlene langsam.
Sie hebt den Blick ihrer haselnussbraunen Augen, und ihre Lider flattern. Ihre Augen sind voller Verlangen, Unsicherheit und Lust. Meine Sorge findet ein Echo in der leichten Öffnung ihrer Lippen, in ihren flachen Atemzügen und einem leisen Summen voller Sehnsucht. Ich will sie bis an den Rand bringen und dort festhalten. Ich will ihr klarmachen, dass das mit uns nicht aufhört. Dass ich sie niemals freiwillig verlassen werde. Es sei denn, sie will es so.
Charlene ist wie ein Glühwürmchen. Sie ist schwer zu fassen, und wenn man sie einfängt, leuchtet sie hell, aber wenn man sie gefangen hält, erlöschen ihr Feuer und ihre Schönheit.
Also halte ich sie nicht gefangen. Jedenfalls nicht lange. Auch wenn es mir gefällt, sie für mich glühen zu sehen, gebe ich sie am Ende doch immer wieder frei, sosehr es mir auch widerstrebt.
Bisher ist sie immer zurückgekehrt. Ich warte die ganze Zeit darauf, dass sich daran etwas ändert, und hoffe, dass es nicht eintritt. Die Liga-Aufstockung könnte eine potenzielle Bedrohung für die Beziehung sein, die wir unterhalten, und es erfüllt mich mit Unruhe.
Ich beuge mich zu ihr hinab, drücke meine Lippen auf ihre und koste sie mit der Zunge, schlüpfe aber nicht dazwischen, wie sie es sich sicher wünscht. Ihre Lippen sind süß wie Zucker, dennoch schmecke ich das Salz ihrer Unsicherheit, die sich in den Tränenspuren über ihre Wangen zeigt. Charlene stolpert vorwärts, drückt ihre Brust an meine und greift nach meinem Hemd.
Ich lasse eine Hand auf ihre Hüfte sinken, um eine Berührung von der Taille abwärts zu verhindern und um ihr zu helfen, aufrecht stehen zu bleiben. Sie stöhnt dicht an meinen Lippen, ein süßer Laut voller Verlangen. So gern ich diesen Kuss auch vertiefen und über Stunden hinziehen möchte – und ich möchte nichts lieber als das –, muss sich jemand um sie kümmern. Also übernehme ich das.
Ich ziehe mich zurück und streichele ihre Wange, während sie missmutig wimmert. »Du solltest dir etwas aus deinem Arrangement von Sex-Toys aussuchen, damit wir spielen können.«
Ich ziehe einen Mundwinkel zu einem schwachen Lächeln in die Höhe, während ich einen Finger von der Mitte ihres Schlüsselbeins zwischen ihren Brüsten hinabziehe und weiter nach unten wandern lasse, um ihren Nabel zu umkreisen, bis ich schließlich zwischen ihre Schenkel tauche. Sie schnappt hörbar nach Luft, als ich an ihrem Intimpiercing vorbeistreife, das sie sich während einer langen Folge von Auswärtsspielen hat stechen lassen. Ihre Beine zittern, als ich über die Innenseite ihres Oberschenkels streiche.
»Worauf wartest du?« Ich umfasse ihre Scham mit der hohlen Hand. »Entscheide dich, kleines Glühwürmchen. Oder vielleicht sollte ich dich kleines Häschen nennen, wenn man es recht bedenkt.«
»Aber ich …« Ihre Augen rollen nach oben, als ich die Fingerspitzen über ihren Eingang streifen lasse. Sie ist so feucht. Ich spüre, wie ich die Beherrschung verliere; der Stress dieses Tages, der drohende Verlust meiner Beziehung, das alles ist mehr, als ich verkraften kann. Ich muss mich in ihrer Gewissheit ertränken.
»Es sei denn, zu ziehst es vor, dass ich das für dich übernehme.«
Sie stößt einen schnellen Atemzug aus, als ich die Hand zwischen ihren Beinen hervorziehe. Ich fasse sie um die Hüften, um sie festzuhalten, und schaue nach rechts. Ihr Blick folgt meinem, landet auf dem Knebel und huscht zurück zu meinem Gesicht.
Sie hebt das Kinn, fest entschlossen, obwohl ihre Stimme bebt. »Ich will, was immer du willst.«
Ich klopfe gegen ihre Nasenspitze und lächele geheimnisvoll. »Wir werden wohl herausfinden, ob das stimmt oder nicht, wie?«
Zwei Stunden später liegt Charlene neben mir ausgestreckt, den Kopf an meine Brust gebettet. Mit ihren manikürten Nägeln zeichnet sie die Dellen zwischen meinen Bauchmuskeln nach. Als sie bei meinem Nabel ankommt, umkreist sie ihn mit einem Finger, und jäh überzieht mich eine Gänsehaut. Sie legt die Hand flach auf mich und streicht bis ganz hinauf nach oben, als wolle sie die Linien ausradieren, die sie gerade gezeichnet hat.
»Wenn du so weitermachst, weckst du die Bestie«, warne ich.
Sie hebt den Kopf, stützt das Kinn auf meine Brustmuskeln, ihre großen, haselnussbraunen Augen auf meine gerichtet, und zieht den Finger wieder hinunter zu meiner Brust. Irgendwo unten im Haus summt ein Handy auf einer harten Oberfläche.
Ich halte ihre Hand fest, bevor sie meinen Nabel erreicht, und schiebe meine Finger zwischen ihre. »Wir müssen darüber sprechen, wie wir uns unseren Freunden gegenüber verhalten.« Ich führe ihre Finger an meine Lippen und küsse die Spitze eines jeden, damit sie es nicht als Zurückweisung auffasst.
»Ich bin morgen Nachmittag mit Violet und den Mädels verabredet.«
»Was bedeutet, dass dir jede Menge Fragen gestellt werden, da bin ich mir sicher.« Mir ist klar, dass meine Bitte an die Jungs, nichts darüber verlauten zu lassen, nicht für ihre besseren Hälften gilt. Charlene ist für mich in jeder Hinsicht die Ausnahme von jeglicher Regel, wie es scheint. Mir ist bewusst, dass es bei meinen Freunden nicht anders ist, daher habe ich Alex gebeten, Charlene die Chance zu geben, mit Violet zu reden – keine Ahnung, ob das so vernünftig war, in Anbetracht der Tatsachen.
Charlene kaut auf ihrer Unterlippe herum. »Was soll ich ihnen sagen?«
»Was willst du ihnen sagen?«
Sie zuckt mit der Schulter. »Ich weiß nicht. Ich meine, wir sind ja schließlich keine abartigen Freaks oder so.«
Ich kämpfe gegen ein Lächeln an. Wir sind weit entfernt davon, abartige Freaks zu sein, obwohl Charlenes Sammlung von Sex-Spielzeugen, Outfits und Requisiten manch einen veranlassen könnte, etwas anderes zu glauben. »Dann sag ihnen doch genau das.«
»Violet könnte sich darüber aufregen.«
»Warum?« Violet kommt mir nicht wie jemand vor, der vorschnell ein Urteil fällt. Wenn es stimmt, was ich gehört habe, verkleidet sie Alex’ Schwanz gern als Superhelden, was ja total abgefahren ist, aber andererseits ist Alex ebenfalls ein bisschen schräg, also wird es wohl stimmen.
»Weil sie mir gegenüber immer offen gewesen ist, ich mich umgekehrt aber immer bedeckt gehalten habe. Ich habe sie letztlich ihre eigenen Schlussfolgerungen ziehen lassen. Von mir aus konnten die Mädels denken, was sie wollten, solange sie keine Beweise für ihre Vermutungen hatten. Aber nun liegen die Dinge anders. Es hat irgendwie Spaß gemacht, sie im Dunkeln tappen zu lassen, und ich habe nie gedacht, dass sie mich ernst nehmen würden. Jetzt werden sie wissen wollen, was los ist.«
Ich streiche ihr die Wirbelsäule hinab und genieße ihr Erschauern. »Ich kann die Verantwortung für all die Heimlichkeit auf mich nehmen.«
»Ich mochte es so, wie es war. Es hat mir gefallen, dass das, was wir miteinander hatten, allein uns gehört hat«, murmelt Charlene, den Blick auf mein Kinn gerichtet. »Ich will einfach nicht, dass Violet verletzt ist.«
»Und darüber machst du dir Sorgen?«, hake ich nach.
»Es wird schon alles gut werden. Violet wird das verstehen«, sagt sie, wahrscheinlich ebenso zu sich selbst wie zu mir.
»Meinst du wirklich?« Ich verstehe nicht, warum Violet verletzt sein sollte, aber andererseits ist sie eine Frau, und manchmal kapiere ich ihre Reaktionen auf bestimmte Dinge nicht. Selbst Charlene, die ich meistens ziemlich gut durchschauen kann, reagiert gelegentlich seltsam.
Sie nickt versonnen. »Ich meine, das Peinlichste ist vermutlich, dass die besseren Hälften meiner Freundinnen mich nackt gesehen haben. Aber es könnte schlimmer sein, oder? Wenigstens war es nicht die ganze Mannschaft.«
Charlene spielt auf den Tag an, an dem Alex und Violet dabei ertappt wurden, wie sie in der Umkleide Sex hatten. Alex hatte vom Feld gemusst, weil er einen Spieler von Toronto windelweich geprügelt hatte. Der hatte sich über Alex lustig gemacht und dessen Reaktion mehr oder weniger provoziert. Als die komplette Mannschaft in die Umkleidekabine zurückkam, wurden sie Zeuge, wie eine Frau sich stöhnend ihrem Orgasmus näherte. Diese Frau entpuppte sich als Violet, seine heutige Ehefrau.
Alles, was ich zu Gesicht bekommen hatte, waren ihre Beine, die um seine Taille geschlungen waren.
In Charlenes Fall haben all unsere engsten Freunde ihre gepiercten Brustwarzen gesehen, somit liegen die Dinge ein wenig anders. Aber ich möchte sie nicht noch zusätzlich beunruhigen, daher mache ich sie gar nicht erst darauf aufmerksam. »Glücklicherweise waren es nur ein paar von den Jungs.«
»Was wirst du ihnen sagen?«
»Ich habe nicht vor, ihnen irgendetwas zu sagen«, wiegele ich das Thema ab.
»Werden sie denn keine Fragen stellen?«
Ich zucke gleichgültig mit den Schultern. »Sie können ruhig Fragen stellen, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich sie auch beantworten werde.«
»Aber irgendetwas musst du ihnen erzählen.«
Ich verstehe ihre plötzliche Panik nicht. »Gibt es etwas, das ich ihnen deiner Meinung nach sagen sollte?«
»Nein. Ich weiß nicht. Nur … all die Sachen im Wohnzimmer sprechen irgendwie ihre eigene Sprache, nicht wahr?«
»Und das beunruhigt dich?«
»Sie werden denken, dass du all diese Dinge bei mir zum Einsatz bringst.«
»Du bist diejenige, die sich damit umgeben hat.«
»Es waren alles Dinge, von denen ich dachte, sie könnten dich vielleicht interessieren«, flüstert sie.
»Ah, jetzt kommt die Wahrheit ans Licht, aber ich werde dieses kleine Detail für mich behalten, wenn es dir lieber ist.« Ich verkreuze unsere Finger und lege mir ihr Bein über die Hüfte. »Über die Einzelheiten können wir später noch sprechen, beim Abendessen. Im Moment habe ich Pläne, die dich voll und ganz ausfüllen werden, und zwar in jeglicher Hinsicht.«
Frauentratsch
Kennt jemand diese Träume, in denen man weiß, dass das alles nicht wirklich passiert, man sich aber dem Traum nicht entwinden kann? Mir passiert das ständig. Ich habe diesen immer wiederkehrenden Albtraum, in dem ich in einem Wohnmobil eingeschlossen bin und es keinen Ausweg gibt. Das Wohnmobil wird immer kleiner und kleiner, als sei ich Alice im Wunderland und hätte das Falsche gegessen. Ich wachse, wachse, wachse, während alles andere schrumpft, schrumpft, schrumpft.
Ich wache auf und gerate sofort in Panik, weil ich mich nicht bewegen kann. Ich blinzele ein paarmal und brauche einige Sekunden, bis ich begreife, dass ich nicht in meinem Schlafzimmer bin, sondern in Darrens, und er ist es, unter dem ich gefangen bin. Nun, ich bin nicht wirklich unter ihm, sondern er hält mich komplett umfangen, was … ungewöhnlich ist.
Normalerweise schläft Darren wie Dracula auf dem Rücken, die Arme über der Brust verschränkt, und ich wie ein Seestern mit ausgebreiteten Gliedern auf der anderen Seite des Bettes. Heute jedoch nicht. Heute liegen wir in Löffelchenstellung.
Ich versuche unter seinem Arm hervorzuschlüpfen, aber er spannt ihn nur noch fester um mich. »Oh nein, das lässt du schön bleiben.« Seine Stimme klingt rau in meinem Ohr, und seine Lippen streifen meinen Hals. »Ich werde mir die Tatsache zunutze machen, dass du hier bist und ich folglich nicht in der Dusche abspritzen muss.«
»Ich bin ja so froh, dass ich mich nützlich machen kann.«
Er lächelt dicht an meiner Schulter. »Handlanger sind immer hilfreich, Charlene. Du in meinem Bett heute Morgen, das ist wahrlich eine Vergünstigung.«
Mein Herz flattert bei seinen Worten und der Wärme seiner Lippen auf meiner Haut. Dieses flatterige Gefühl hallt durch meinen ganzen Körper, als er meinen Bauch streichelt.
»Und ich habe vor, dich so zu genießen, wie ich das köstlichste Dessert genießen würde«, flüstert er mir ins Ohr, bevor er hineinbeißt.
Als wir fertig sind, habe ich mehr als zwei Orgasmen gehabt, was Darren mit Vergnügen seiner Strichliste hinzufügt. Er führt buchstäblich Buch über meine Orgasmen, als seien sie ein Teil unserer Sexstatistik.
Ich kuschele mich an ihn und schwebe so hoch auf Wolke sieben, dass mein Gehirn und mein Mund nicht miteinander in Verbindung stehen, daher stelle ich eine Frage, von der ich mir nicht so sicher bin, ob ich die Antwort darauf hören will. »Hast du irgendetwas über die Erweiterung der Liga in Erfahrung gebracht?«
»Nur dass Alex und Randy auf der sicheren Seite sind und dass alle anderen in der Luft hängen, bis offiziell verkündet wird, welche anderen Spieler ebenfalls nicht zum Verkauf freigegeben werden.«
»Meinst du, du wirst einer von ihnen sein?«
Er fährt mit den Fingern durch mein zerzaustes Haar. »Schwer zu sagen. Mit vierunddreißig bin ich dem Ende meiner Karriere näher als dem Anfang, aber das muss nicht zwangsläufig etwas bedeuten.«
»Weil der Vegas Team-Besitzer ein Auge auf dich geworfen hat?«
Darren seufzt. »Ja. Wollen wir hoffen, dass er mich nicht mehr im Auge hat, aber wenn doch, werde ich wohl ein Jahr in Vegas verbringen und total beschissen spielen, sodass mein Vertrag nicht verlängert wird.«
Ich weiß nicht, ob er mich absichtlich aus der Kalkulation herauslässt oder nicht.
Er schaut auf die Uhr auf dem Nachttisch. »Scheiße. Mir war gar nicht klar, dass es schon so spät ist. Ich muss gehen. In einer halben Stunde beginnt das Training.«
Ich bereue es, die Liga-Erweiterung zur Sprache gebracht zu haben, weil wir keine Zeit haben, richtig darüber zu reden. Er zieht sich schnell an, gibt mir einen Kuss auf die Lippen und steckt eilig seine Brieftasche und sein Handy in die Gesäßtasche seiner Jeans.
»Dein Gesicht riecht nach mir!«, rufe ich ihm hinterher, als er aus dem Schlafzimmer stürmt.
»Das ist mein Lieblingsduft«, ruft er zurück.
Ich warte darauf, dass die Tür zuschlägt, aber stattdessen kommt er die Treppe wieder heraufgestapft. Mit undeutbarer Miene erscheint er in der Tür, wirft mein Handy aufs Bett und klettert dann hinterher. »Du hast tausend Nachrichten von Violet. Sie möchte wissen, ob ich dich in meiner Höhle festhalte, und wenn ja, ob du in einen Käfig gesteckt wirst oder in meinem Bett schlafen darfst.« Er setzt sich rittlings auf mich, die Augen dunkel, als er sich vorbeugt und die Finger in die Haare in meinem Nacken steckt. Seine Lippen streifen kaum merklich die meinen. »Antworte, was immer du willst.«
Ich warte ab, um festzustellen, was er als Nächstes tun wird. Abgesehen von einigen hauchzarten Küssen auf die Lippen und ein paar neckischen Zungenschlägen gab es gestern Abend nicht viel an Knutscherei. Unsere Münder waren mit anderen Dingen beschäftigt.
Er saugt meine Unterlippe zwischen seine, dann schnellt seine Zunge hervor, streichelt meinen Gaumen, sodass ich vor Wonne zusammenzucke. Er zieht sich zurück und sieht mir forschend ins Gesicht, während einer seiner Mundwinkel sich zu einem spöttischen Lächeln hochzieht. »Ändere die Einstellung deines Handys, damit man keine Vorschau auf die Nachrichten sieht, Charlene. Es sei denn, du willst, dass ich und der Rest der Welt vom Inhalt deiner Chats mit Violet erfahren.«