Hühnersuppe für die Seele - Jack Canfield - E-Book

Hühnersuppe für die Seele E-Book

Jack Canfield

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Beschreibung

Canfield und Hansen wurden 1997 als die Nr. 1-Bestseller-Autoren der USA ausgezeichnet. Hühnersuppe: ein altes jüdisches Hausrezept zur Vitalisierung macht Karriere.

Hühnersuppe für die Seele - wahre Geschichten, die Herz und Verstand ansprechen. Geschichten, die ermutigen, zum Nachdenken anregen und veranschaulichen, daß wir nicht alleine sind mit unseren Problemen.

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Seitenzahl: 325

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Jack Canfield

Mark Victor Hansen

Jennifer Read Hawthorne

Marci Shimoff

HÜHNERSUPPE FÜR DIE SEELE

FÜR FRAUEN

Aus dem Amerikanischen

von Susanne Kahn-Ackermann

Buch

Jede Frau ist einzigartig und besonders, und doch teilen alle Frauen die gemeinsamen Erfahrungen der Liebe und des Lernens, sei es in der Familie oder im Beruf. Das Frauenleben ist voller Emotionen, und dieses Buch berührt sie alle. Es bringt seine Leserinnen zum Lachen und Weinen und lässt sie fühlen, was wirklich wichtig im Leben ist. Die liebenswerten Geschichten, die die Autoren mit lebendiger Offenheit erzählen, erwärmen das Herz und schärfen den Blick für die kleinen Dinge, die jedem Leben erst seine Bedeutung geben. Sie ermutigen dazu, Hindernisse zu überwinden, Träume zu verwirklichen und Brücken zwischen den Generationen zu schlagen. Die Sammlung ist ein wertvoller Begleiter für alle Stationen im Leben einer Frau.

Autoren

Jack Canfield ist Präsident der Foundation for Self Esteem im kalifornischen Culver City und veranstaltet Seminare zu persönlichem Wachstum. Mark Victor Hansen ist Karriereberater. Seine Seminare und Vorträge befähigen die Zuhörer, ihre angeborenen Fähigkeiten im Berufs- und Privatleben optimal einzusetzen. Jennifer Read Hawthorne ist Mitbegründerin des Unternehmens The Esteem Group, das sich auf Programme für Frauen spezialisiert hat.

Marci Shimoff entwickelt Trainingsprogramme für persönliches Wachstum und veranstaltet Seminare. Zusammen mit Jennifer R. Hawthorne gründete sie The Esteem Group.

Die amerikanische Originalausgabe erschien 1996 unter dem Titel»Chicken Soup for the Womans’s Soul«bei Health Communications Inc., Deerfield Beach, Florida, USA

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© 2000 der deutschsprachigen Ausgabe

Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Copyright (c) 2012 by Chicken Soup for the Soul, LLC

Umschlaggestaltung: Design Team München

Umschlagabbildung: The Image Bank/David Gaz

Redaktion: Annette Gillich

WL · Herstellung: Stefan Hansen

ISBN 978-3-641-29886-9V001

www.goldmann-verlag.de

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Wir widmen dieses Buch in Liebe den 2,9 Milliarden phänomenalen Frauen auf der ganzen Welt. Mögen diese Geschichten eure Herzen berühren und eure Seelen inspirieren.

Wir widmen dieses Buch auch unseren Eltern, Ellen Taylor und Fred Angelis, Una und Paul Hansen, Maureen und Brooks Read, und Louise und Marcus Shimoff, um der außergewöhnlichen Geschenke der Liebe und des Lebens willen, die ihr uns gemacht habt.

Inhalt

Einführung

1. Über die Liebe

Marsha AronsDie weiße Gardenie

Bobbie LippmanWorte von Herzen

Sheryl NicholsonGeschenke des Herzens

David FarrellDie andere Frau

Betty Aboussie EllisRamonas Berührung

Marsha AronsDie elektrischen Kerzen

Stephanie BullockMehr als nur ein Stipendium

Sandy EzrineEs könnte nicht schaden

Phyllis VolkensEin Gutenachtkuss

Page LambertGeschenke

Louise Shimoff1716 Briefe

Reminisce magazineMarthas geheimes Kräutlein

2. Einstellung und Selbstwertgefühl

Roberta L. MessnerZu Hause ist da, wo das Herz ist

The Best of Bits & PiecesEine Geschichte über zwei Städte

Marjorie WalléDer Pirat

Philip ChardUnd …was läßt du wachsen?

Lynn RobertsonGroßmama Ruby

Edgar BledsoeProblem oder Lösung

Charlotte WardWahre Schönheit

Fran CapoSag einfach ja

Lynn Rogers PetrakDie Gabe des Small talks

Linda E. JessupIch war Sechstklässlerin und eine Vogelscheuche

3. Hindernisse überwinden

Pat Bonney ShepherdWir haben einen langen Weg zurückgelegt

The Best of Bits & PiecesUnd der Gerechtigkeit wurde Genüge getan

Alison Lambert und Jennifer RosenfeldNo-Hair-Day

Carol PriceGenau wie Sie

Patricia LorenzDas rote Wägelchen

Diana GoldenDie Narben des Lebens

Laurie WaldronSich befreien und emporschwingen

Joan Fountain und Carol KlineTränen der Freude

4. Über die Ehe

Jean BoleFür immer zu Hause

Jennifer Read HawthorneParis im Frühling

Rebecca ChristianEine Handvoll Smaragde

Elinor Daily HallVerloren und gefunden

Elaine ReeseGroßpapas Valentinskarte

Jeanne Marie LaskasAlle Tage meines Lebens

5. Über die Mutterschaft

Dale Hanson BourkeEs wird dein Leben verändern

Diane LoomansWährend du schläfst…

Lois KruegerWeglaufen

The Best of Bits & PiecesEine Pause einlegen

Mary Ann DetzlerAbschlussfeier

Patty HansenDas Geschenk des Lebens fortgeben

Sharon Nicola CramerMuttertag

6. Besondere Augenblicke

Gina Barrett SchlesingerIn Eile

Donna WickGute Taten

Andy SkidmoreDas letzte Glas Gelee

Beverly M. BartlettEine Weihnachtsgeschichte

Dan ClarkWer hat gewonnen?

Christine Harris-Amos und Cliff MarshMrs. Bushs Tennisschuhe

Melody ArnettFederleicht

Rosemarie Giessinger365 Tage

Grazina SmithFarbtupfer

7. Lebe deinen Traum

Carol Kline und Jean HarperDer Wind unter ihren Flügeln

Rev. Teri JohnsonWas möchtest du sein?

Sue AugustineWie ich meine Flügel fand

Liah Kraft-KristaineGrandma Moses und ich

Charles Slack»Wir sind alle hier, um zu lernen«

Liah Kraft-KristaineEin Zimmer für sich allein

Barbara Haines HowettBegegnung mit Betty Furness

8. Über das Altern

Beverly Gemigniani und Carol KlineDie tanzenden Großmütter

Lillian DarrWenn zwei Ganze zusammentreffen

9. Höhere Weisheit

The Best of Bits & PiecesDer Stein der weisen Frau

K. Lynn Towse und Mary L. TowseLet It Be

Mary L. MillerWir sind nicht allein

Sue WestWunder in Toronto

Maureen ReadEine Kriegsgeschichte

Susan B. WilsonVerbundenheit

Suzanne Thomas LawlorHöhere Liebe

Christy Carter KoskiIch frage mich, warum die Dinge so sind wie sie sind

10. Quer durch die Generationen

Kay Cordell WhitakerGeburt

Jacqueline HickeyEine Puppe für Urgroßmutter

Rita BresnahanMiteinander heimgehen

Doni TamblynWie eine Frau entsteht

Debra Halperin PonemanHuldigung für Dad

Sasha WilliamsErinnerungen an eine vergangene Kindheit

Ann SeelyFäden, die verbinden

Rev. Melissa M. BowersLob der Frauen auf meiner Reise

Danksagung

Schreiben Sie uns

Über die Autorinnen und Autoren

Abdruckgenehmigungen

Einführung

Dieses Buch war ein Geschenk für uns. Schon von Anfang an fühlten wir bei jedem Schritt die Liebe, die Freude und den unbeugsamen Geist von Frauen. Wir hoffen, dass dieses Buch auch für Sie ein Geschenk sein wird.

Wir vier sprechen nun schon seit vielen Jahren in der Öffentlichkeit – oft vor einem weiblichen Publikum – darüber, wie wir unser Leben erfüllter und mit mehr Freude leben können. Die Bereitschaft von Frauen, ihr Herz, ihre Geschichten und Lektionen mit anderen zu teilen, hat uns inspiriert, ja überwältigt. Und daraus entstand »Hühnersuppe für die Seele. Für Frauen.«

Während der Arbeit an diesem Buch haben wir jeden Tag Wunder erlebt! Wir hatten das Gefühl, von einer unsichtbaren Hand geführt zu werden.

Zum Beispiel fahndeten wir über ein Jahr lang nach Phyllis Volkens, der Autorin von »Ein Gutenachtkuss«, um die Abdruckgenehmigung für ihre Geschichte zu bekommen. Schließlich machten wir eine entfernte Cousine von ihr ausfindig, die uns erzählte, dass Phyllis und ihr Mann nach Iowa umgezogen seien, wo sie nur ein paar Kilometer von Jennifer und Marci entfernt lebten! Noch bemerkenswerter war allerdings die Reaktion von Stanly, Phillis’ Ehemann, als wir dort anriefen. Es stellte sich heraus, dass sie schon seit Jahren Fans der »Hühnersuppe für die Seele«-Bücher waren – und Phyllis hatte nur noch etwa eine Woche zu leben. Er konnte es gar nicht abwarten, ihr zu erzählen, dass sie mit ihrer Geschichte in unser Buch aufgenommen wurde. Später berichtete er uns, wie viel es ihr bedeutet hatte. Zwei Tage danach war sie gestorben.

Frauen, die uns ihre Geschichten schickten, ließen uns immer wieder wissen, wie dankbar sie für die Gelegenheit waren, sie aufschreiben zu können. Und dass sie, selbst wenn diese nicht in das Buch aufgenommen wurden, sich einfach darüber freuten, sie zum Ausdruck gebracht zu haben. Sie fühlten sich dadurch gereinigt und neu belebt.

Auch uns hat dieses Buch verändert. Wir erkennen nun sehr viel klarer, was im Leben wirklich wichtig ist. Wir wissen die menschliche Erfahrung besser zu schätzen, und wir leben intensiver im Augenblick.

Frauen machen der Welt durch ihre Offenheit, ihr Mitgefühl und ihre Weisheit so wunderbare Geschenke. Unser sehnlichster Wunsch ist, dass es Ihnen so wie uns ergeht und Sie jedes Mal, wenn Sie diese Geschichten lesen, für sich selbst und andere noch mehr Verständnis und Anerkennung aufbringen.

Mary Michalica, eine der Frauen, die uns schrieb, brachte dies wunderbar zum Ausdruck:

Alle Frauen machen Phasen in ihrem Leben durch, in denen sie sich zahlreichen Anforderungen und Belastungen ausgesetzt sehen – Familie, Arbeit, Ehemann, Ex-Ehemann, Kinder, Stiefkinder, Eltern.

Es ist wichtig, ja unbedingt notwendig, hin und wieder einen Schritt zurückzutreten, die eigenen Prioritäten neu zu überdenken und über die Aufgabe im eigenen Leben nachzusinnen. Denn nur, wenn wir unsere eigene Seele nähren, können wir uns um andere kümmern und sie nähren. Manchmal muss man sagen: »Halt! Hör mir zu. Ich habe eine Geschichte zu erzählen.«

So bieten wir Ihnen »Hühnersuppe für die Seele. Für Frauen« an. Mögen Sie, wenn Sie dieses Buch lesen, Wunder der Liebe und Inspiration erleben. Möge es Ihr Herz berühren und Ihren Geist bewegen.

Jack Canfield, Mark Victor Hansen,

Jennifer Read Hawthorne und Marci Shimoff

1

Über die Liebe

Die besten und schönsten Dinge der Weltkönnen wir nicht sehen, ja nicht einmal berühren.Wir müssen sie mit dem Herzen fühlen.

Helen Keller

Die weiße Gardenie

Seit ich zwölf geworden bin, bekam ich jedes Jahr an meinem Geburtstag eine weiße Gardenie geschickt. Nie lag eine Visitenkarte dabei, oder auch ein paar Zeilen, und Erkundigungen beim Blumenladen führten zu nichts, weil der Auftrag immer bar bezahlt worden war. Nach einer Weile hörte ich auf, Nachforschungen über die Identität des Absenders anzustellen. Ich freute mich einfach an der Schönheit und dem berauschenden Duft dieser so zauberhaften und vollkommenen Blume.

Doch ich hörte nie auf, mir auszumalen, wer der Absender wohl sein könnte, und verbrachte einige meiner glücklichsten Momente mit Tagträumen von einer ganz wunderbaren und aufregenden Person, die aber zu schüchtern oder zu exzentrisch war, um ihre Identität zu enthüllen. Als Teenager vergnügte ich mich mit der Vorstellung, dass dieser Jemand ein in mich verliebter Junge oder auch ein mir gänzlich unbekannter Mensch war, dem ich einfach aufgefallen war.

Meine Mutter beteiligte sich oft an meinen Spekulationen. Sie fragte, ob es jemanden gäbe, dem ich eine besondere Freundlichkeit erwiesen hatte und der sich auf diese anonyme Weise dankbar zeigen wollte. Sie erinnerte mich an die Zeiten, in denen ich unsere Nachbarin unterstützte, wenn sie mit ihrem mit Kindern und Lebensmitteln vollgeladenen Auto angefahren kam. Ich half ihr immer ausladen und passte auf, dass die Kleinen nicht auf die Straße liefen. Oder vielleicht war der rätselhafte Absender der alte Mann von gegenüber? Ich holte im Winter oft die Post für ihn, damit er sich nicht die eisglatten Treppenstufen hinuntertasten musste, die zu seiner Haustür führten.

Meine Mutter tat ihr Bestes, um hinsichtlich der Gardenie meine Phantasie anzuregen. Sie wollte, dass ihre Kinder kreativ waren. Und sie wollte auch, dass wir uns nicht nur von ihr, sondern von der Welt ganz allgemein geschätzt und geliebt fühlten.

Als ich siebzehn war, brach mir ein Junge das Herz. An dem Abend, als er mich zum letzten Mal anrief, weinte ich mich in den Schlaf. Als ich am Morgen aufwachte, stand da mit rotem Lippenstift eine Botschaft an meinen Spiegel geschrieben: »Wisse, wenn Halbgötter gehen, kommen die Götter herbei.« Über dieses Zitat von Emerson dachte ich lange Zeit nach, und ich ließ es da stehen, wo meine Mutter es hingeschrieben hatte, bis mein Herz geheilt war. Als ich dann schließlich die Flasche mit dem Glasreiniger holte, wusste sie, dass wieder alles in Ordnung war.

Doch es gab einige Wunden, die sie nicht zu heilen vermochte. Einen Monat vor meinem High-School-Abschluss starb mein Vater ganz plötzlich an einem Herzinfarkt. Meine Gefühle reichten vom einfachen, tiefen Kummer über Verlassenheit, Angst und Unsicherheit bis hin zu einem überwältigenden Zorn, dass mein Dad nun einige der wichtigsten Ereignisse in meinem Leben verpassen würde. Ich verlor jegliches Interesse an meiner bevorstehenden Abschlussfeier, der Theateraufführung unserer Abschlussklasse und dem Abschlussball – Dinge, für die ich gearbeitet und auf die ich mich gefreut hatte. Ich dachte sogar daran zu Hause zu bleiben und in meiner Heimatstadt aufs College zu gehen, statt das Elternhaus zu verlassen, wie ich es ursprünglich geplant hatte. Es fühlte sich sicherer an.

Meine Mutter wollte bei all ihrem eigenen Kummer nichts davon hören, dass ich irgendetwas sausen ließ. Am Tag vor dem Tod meines Vaters waren wir einkaufen gegangen, um ein Ballkleid für mich zu suchen, und wir hatten auch ein sensationelles Kleid gefunden – Meter um Meter in rot, weiß und blau getüpfeltem Musselin. Ich fühlte mich darin wie Scarlett O’Hara. Doch die Größe stimmte nicht, und als mein Vater am nächsten Tag starb, vergaß ich die Sache.

Meine Mutter vergaß sie nicht. Am Tag vor dem Abschlussball wartete das Kleid auf mich – in der richtigen Größe. Da lag es majestätisch über das Wohnzimmersofa gebreitet, künstlerisch und liebevoll drapiert. Mir hätte vielleicht nichts an diesem neuen Kleid gelegen, meiner Mutter aber lag daran.

Sie kümmerte sich um das Selbstbewusstsein ihrer Kinder. Sie weckte in uns den Sinn für den Zauber in dieser Welt und vermittelte uns die Fähigkeit, sogar noch im Angesicht des Unglücks Schönheit zu erkennen.

In Wahrheit wollte sie, dass wir Kinder uns selbst so wie diese Gardenie sahen – schön, stark, vollkommen, mit einer Aura von Magie und vielleicht auch ein bisschen Geheimnis umgeben.

Meine Mutter starb, als ich zweiundzwanzig war, nur zehn Tage nach meiner Hochzeit. Ab diesem Jahr kamen keine Gardenien mehr.

Marsha Arons

Worte von Herzen

Die bittersten Tränen, die am Grabvergossen werden, werden um dieungesagten Worte undunterbliebenen Taten geweint.

Harriet Beecher Stowe

Den meisten Menschen ist es ein Bedürfnis, die gewissen »drei kleinen Worte« zu hören. Und ab und zu hören sie sie auch genau im richtigen Moment.

Ich begegnete Connie am Tag ihrer Einlieferung ins Hospiz, in dem ich ehrenamtlich arbeitete. Bill, ihr Mann, stand nervös daneben, als sie von der Krankentrage ins Bett gehoben wurde. Obwohl Connie sich im Endstadium ihres Kampfes gegen den Krebs befand, war sie doch bei klarem Bewusstsein und guter Dinge. Wir halfen ihr, sich einzurichten. Ich schrieb ihren Namen auf all die hospizeigenen Gegenstände, die sie benutzen würde, und fragte sie dann, ob sie noch etwas bräuchte.

»O ja«, sagte sie, »würden Sie mir bitte zeigen, wie man den Fernseher bedient? Mir bereiten diese Soaps großes Vergnügen, und ich will nichts verpassen.« Connie war eine Romantikerin und liebte Soap Operas, Liebesromane und Filme mit einer guten Liebesgeschichte. Als wir miteinander vertrauter wurden, gestand sie mir, wie frustrierend es sei, zweiunddreißig Jahre mit einem Mann verheiratet zu sein, der sie oft »eine törichte Frau« nannte.

»O ich weiß, Bill liebt mich«, sagte sie, »aber er war nie einer, der mir gesagt hätte, dass er mich liebt, oder der mir ein Kärtchen schickte.« Sie seufzte und blickte hinaus auf die Bäume im Hof. »Ich gäbe wer weiß was, wenn er ›ich liebe dich‹ sagen würde, aber das ist einfach nicht seine Art.«

Bill besuchte Connie jeden Tag. Anfangs saß er neben ihrem Bett, während sie sich die Soaps ansah. Später, als sie mehr zu schlafen begann, wanderte er den Korridor vor ihrem Zimmer auf und ab. Als sie dann überhaupt nicht mehr fernsah und nur noch selten wache Momente hatte, begann ich, Bill mehr von meiner Zeit zu widmen.

Er erzählte mir, dass er als Zimmermann gearbeitet hatte und gerne zum Angeln ging. Er und Connie hatten keine Kinder, aber sie hatten ihr Rentnerdasein genossen, indem sie auf Reisen gingen, bis Connie krank wurde. Bill konnte seinen Gefühlen über die Tatsache, dass seine Frau im Sterben lag, keinen Ausdruck geben.

Eines Tages saßen wir bei einer Tasse Kaffee in der Cafeteria, und ich kam auf das Thema Frauen zu sprechen und darauf, wie sehr wir die Romantik im Leben brauchen und es lieben, wenn wir sentimentale Postkarten und Liebesbriefe bekommen.

»Sagen Sie Connie, dass Sie sie lieben?« fragte ich (im Wissen um seine Antwort), und er sah mich an, als ob ich verrückt sei. »Das braucht’s nicht«, erwiderte er. »Sie weiß doch, dass ich das tue!«

»Ich bin sicher, dass sie es weiß«, sagte ich und berührte seine Hände – die rauen Hände eines Zimmermanns, die die Tasse umklammerten, als wäre sie das einzige, woran er sich festhalten konnte –, »aber sie muss es hören, Bill. Sie muß hören, was sie Ihnen all diese Jahre bedeutet hat. Bitte denken Sie darüber nach.«

Wir gingen zurück zu Connies Zimmer. Bill ging hinein, und ich besuchte einen anderen Patienten. Später sah ich Bill auf Connies Bett sitzen. Er hielt ihre Hand, während sie schlief. Es war der 12. Februar.

Zwei Tage später kam ich mittags zur Station. Da stand Bill im Flur gegen die Wand gelehnt und starrte auf den Fußboden. Connie war um elf Uhr morgens gestorben.

Als Bill mich sah, ließ er es zu, von mir in die Arme genommen und fest und lange umarmt zu werden. Sein Gesicht war tränennass, und er zitterte. Schließlich lehnte er sich wieder gegen die Wand und atmete tief durch.

»Ich muss etwas sagen«, begann er. »Ich muß sagen, wie gut ich mich fühle, dass ich es ihr gesagt habe.« Er hielt inne, um sich zu schnäuzen. »Ich habe eine Menge über das nachgedacht, was Sie gesagt haben, und heute Morgen habe ich ihr gesagt, wie sehr ich sie liebte… und es liebte, mit ihr verheiratet zu sein. Sie hätten ihr Lächeln sehen sollen!«

Ich ging ins Zimmer, um selbst von Connie Abschied zu nehmen. Auf dem Beistelltisch lag eine große Valentinskarte von Bill. Sie wissen schon, eines dieser sentimentalen Dinger, auf denen steht: »Für meine wunderbare Frau …ich liebe Dich.«

Bobbie Lippmann

Geschenke des Herzens

Die Liebe, die wir geben, ist dieeinzige, die wir behalten.

Elbert Hubbard

In der hektischen Welt, in der wir heutzutage leben, ist es sehr viel einfacher, etwas mit Kreditkarte zu kaufen, als ein Geschenk des Herzens zu machen.

Und Herzensgeschenke sind vor allem an Weihnachten wichtig.

Vor ein paar Jahren versuchte ich meine Kinder darauf vorzubereiten, dass Weihnachten diesmal kärglich ausfallen würde. Sie reagierten mit einem »Aber klar Mom, das haben wir schon mal gehört!« Ich hatte meine Glaubwürdigkeit verloren, weil ich ihnen dasselbe schon im letzten Jahr gesagt hatte, als ich mich gerade scheiden ließ. Aber dann war ich einkaufen gegangen und hatte alle meine Kreditkarten bis zum Anschlag belastet. Ich hatte sogar einige kreative Finanzierungstechniken entwickelt, um etwas in ihre Strümpfe füllen zu können. Dieses Jahr aber lagen die Dinge entschieden anders, doch das kauften sie mir nicht ab.

Eine Woche vor Weihnachten fragte ich mich: »Was habe ich, um dieses Weihnachten zu einem besonderen Fest zu machen?« In all den Häusern, in denen wir vor meiner Scheidung gelebt hatten, hatte ich mir immer die Zeit genommen, das Haus schön herzurichten. Ich hatte gelernt zu tapezieren, Holzböden und Keramikkacheln zu verlegen, Vorhänge aus Bettlaken zu nähen und noch einiges mehr. Aber in diesem gemieteten Haus hatte ich wenig Zeit für das Dekorieren und noch sehr viel weniger Geld. Außerdem machte mich dieser hässliche Ort mit seinen roten und orangefarbenen Teppichen und türkisfarbenen und grünen Wänden wütend. Ich weigerte mich, Geld hineinzustecken. Eine innere Stimme verletzten Stolzes schrie: »Wir werden nicht so lange hier sein!«

Niemanden schien dieses Haus zu bekümmern mit Ausnahme meiner Tochter Lisa, die immer versuchte, aus ihrem Zimmer etwas Besonderes zu machen.

Es war an der Zeit, meine Talente zur Geltung zu bringen. Ich rief meinen Exmann an und bat ihn, eine ganz bestimmte Tagesdecke für Lisa zu kaufen. Dann besorgte ich die dazu passende Bettwäsche. Am Weihnachtsvorabend gab ich fünfzehn Dollar für vier Liter Farbe aus. Ich kaufte auch das schönste Briefpapier, das ich je gesehen hatte. Mein Vorhaben war einfach: Ich wollte die Wände streichen und nähen und mich bis zum Weihnachtsmorgen unentwegt beschäftigt halten, um keine Zeit zu haben, mir an diesem speziellen Familienfesttag leid zu tun.

Am Abend gab ich jedem der Kinder drei Briefbögen samt Umschlägen. Auf den einzelnen Seiten stand oben geschrieben: »Was ich an meiner Schwester Mia liebe«, »Was ich an meinem Bruder Kris liebe«, »Was ich an meiner Schwester Lisa liebe«, »Was ich an meinem Bruder Erik liebe«. Die Kinder waren sechzehn, vierzehn, zehn und acht Jahre alt, und ich musste einige Überredungskünste aufbieten, um sie davon zu überzeugen, dass sie wenigstens eine einzige Sache finden konnten, die sie aneinander mochten. Während sie sich zurückzogen und schrieben, packte ich in meinem Schlafzimmer die wenigen Geschenke ein, die ich im Laden für sie gekauft hatte.

Als ich in die Küche zurückkehrte, hatten die Kinder ihre Briefe fertig. Ihre Namen wurden auf die jeweiligen Umschläge geschrieben, dann tauschten wir Umarmungen und Gutenachtküsse aus, und sie gingen zu Bett. Lisa durfte ausnahmsweise in meinem Bett schlafen, und sie musste versprechen, bis zum Weihnachtsmorgen nicht heimlich zu gucken.

Ich fing mit der Arbeit an. Weit nach Mitternacht hatte ich die Vorhänge fertiggenäht, die Wände gestrichen und trat einen Schritt zurück, um mein Meisterwerk zu bewundern. Warte – warum nicht Regenbogen und Wolken an die Wände malen, damit sie zu den Stoffen passten. Ich holte meine Kosmetikpinsel und -schwämme hervor und machte mich ans Werk. Um 5 Uhr morgens war ich fertig. Zu erschöpft, um an meine arme »zerrüttete Familie«, wie die Statistik es nennt, zu denken, ging ich in mein Zimmer und fand dort Lisa quer in meinem Bett liegen. Ich stellte fest, dass ich so nicht schlafen konnte, hob sie sacht auf und trug sie auf Zehenspitzen in ihr Zimmer. Als ich ihren Kopf auf das Kissen sinken ließ, fragte sie: »Mami, ist es schon Morgen?«

»Nein, Süßes, lass; die Augen zu, bis der Weihnachtsmann kommt.«

Am Morgen wurde ich durch ein freudiges Flüstern an meinem Ohr geweckt: »Wow, Mami, es ist wunderschön.«

Später standen wir alle auf, saßen um den Weihnachtsbaum und wickelten die wenigen Geschenke aus. Danach bekamen die Kinder ihre drei Umschläge. Wir lasen die Worte mit tränenfeuchten Augen und geröteten Nasen. Dann kamen wir zu den Bemerkungen über das »Baby in der Familie«. Erik, der acht war, erwartete nicht, irgendetwas Nettes zu hören. Aber sein Bruderhatte geschrieben: »Ich liebe an meinem Bruder Erik, dass er sich vor nichts fürchtet.« Mia hatte geschrieben: »Ich liebe an meinem Bruder Erik, dass er mit jedem reden kann!« Lisa hatte geschrieben: »Ich liebe an meinem Bruder Erik, dass er höher auf die Bäume klettern kann als alle anderen!«

Jemand zupfte leicht an meinem Ärmel, dann legte sich eine kleine Hand an mein Ohr, und Erik wisperte: »Stell dir vor, Mami, ich hab gar nicht gewusst, dass sie mich mögen!«

In dieser allerschlimmsten Zeit hatten uns Kreativität und Erfindungsreichtum die beste aller Zeiten beschert. Ich bin inzwischen finanziell wieder auf die Beine gekommen, und wir haben seither viele »große« Weihnachtsfeste mit einer Menge Geschenke unterm Baum gefeiert… aber wenn wir gefragt werden, welches Weihnachten uns am besten gefallen hat, dann erinnern wir uns alle an jenes Fest.

Sheryl Nicholson

Sie wissen es erst, wenn sie erwachsen sind, aber die besten Geschenke sind die Erinnerungen, die sie sich bewahren.

Abdruck mit Genehmigung von King Features Syndicate

Die andere Frau

Nach einundzwanzig Jahren Eheleben entdeckte ich einen neuen Weg, um den Funken der Liebe und Intimität in der Beziehung mit meiner Frau lebendig zu halten.

Ich habe kürzlich angefangen, mich mit einer anderen Frau zu treffen.

Eigentlich war es die Idee meiner Frau. »Du weißt, dass du sie liebst«, sagte sie zu meiner Überraschung eines Tages zu mir. »Das Leben ist zu kurz. Du musst Zeit mit den Menschen verbringen, die du liebst.«

»Aber ich liebe dich«, protestierte ich.

»Ich weiß, aber sie liebst du auch. Du wirst es mir vielleicht nicht glauben, aber ich denke, dass es uns einander näher bringt, wenn ihr zwei mehr Zeit miteinander verbringt.«

Peggy hatte wie üblich recht.

Die andere Frau, die zu treffen mich meine Frau ermunterte, war meine Mutter.

Meine Mom ist eine einundsiebzig Jahre alte Witwe und lebt, seit mein Vater vor neunzehn Jahren starb, allein. Gleich nach seinem Tod ging ich 3800 Kilometer weit weg nach Kalifornien, wo ich meine eigene Familie gründete und meine Karriere startete. Als ich vor fünf Jahren wieder in die Nähe meines Heimatorts zog, versprach ich mir selbst, mehr Zeit mit ihr zu verbringen. Doch irgendwie kam es bei all den Anforderungen meines Berufs und den drei Kindern nicht dazu, dass ich sie, von den Familientreffen und Festtagen abgesehen, viel zu Gesicht bekam.

Als ich sie anrief und ihr vorschlug, dass wir beide irgendwo essen und dann anschließend ins Kino gehen könnten, war sie überrascht und auch misstrauisch: »Was ist los? Hast du vor, mit meinen Enkelkindern wieder wegzuziehen?« fragte sie. Meine Mutter ist der Typ von Frau, der gleich immer das Schlimmste denkt. Ein spätabendlicher Telefonanruf oder eine überraschende Essenseinladung von ihrem Sohn – das konnte nur schlechte Nachrichten bedeuten.

»Ich dachte, es wäre nett, ein bisschen Zeit mit dir zu verbringen«, sagte ich. »Nur wir beide.«

Sie überlegte einen Augenblick. »Das würde mir gefallen«, erwiderte sie schließlich. »Das würde mir sogar sehr gefallen.«

Ich stellte fest, dass ich nervös war, als ich am Freitag nach der Arbeit zu ihrem Haus fuhr. Ich bibberte wie vor der ersten Verabredung mit einer Angebeteten und ging – du meine Güte – doch nur mit meiner Mutter aus!

Worüber würden wir reden? Was, wenn ihr das Restaurant nicht gefiel, das ich ausgesucht hatte? Oder der Film?

Was, wenn ihr beides nicht gefiel?

Als ich in ihre Zufahrt einbog, merkte ich, dass auch sie sehr aufgeregt war. Sie wartete vor der Haustür und hatte schon ihren Mantel an. Ihr Haar war in Locken gelegt. Sie lächelte. »Ich habe meinen Freundinnen erzählt, dass ich mit meinem Sohn ausgehe, und sie waren alle sehr beeindruckt«, sagte sie, als sie in mein Auto stieg. »Sie können es gar nicht erwarten, morgen alles über unseren Abend zu hören.«

Wir fuhren in kein großartiges Restaurant, nur in eines in der Nachbarschaft, wo wir ungestört reden konnten. Als wir hineingingen, griff meine Mutter halb aus Zuneigung, halb zur Bewältigung der Stufen nach meinem Arm.

Nachdem wir uns niedergelassen hatten, musste ich für uns beide die Speisekarte vorlesen. Ihre Augen können nur noch große Formen und Schatten erkennen. Mom saß mir gegenüber und sah mich einfach nur an, ein leicht wehmütiges und versonnenes Lächeln auf den Lippen.

»Als du klein warst, las ich immer die Speisekarte«, sagte sie.

Ich verstand sofort, was sie meinte. Von der Fürsorgenden zur Umsorgten, vom Umsorgten zum Fürsorgenden; der Kreis unserer Beziehung hatte sich geschlossen.

Während des Essens führten wir ein sehr nettes Gespräch. Nichts Weltbewegendes, wir erzählten uns nur aus unser beider Leben. Wir redeten so viel, dass wir den Film verpassten. »Ich geh wieder mit dir aus, aber nur, wenn du mich das nächste Mal bezahlen lässt«, sagte sie, als ich sie zu Hause absetzte. Ich willigte ein.

»Wie war deine Verabredung?« fragte meine Frau, als ich nach Hause kam.

»Nett…netter, als ich vorher dachte«, erwiderte ich.

Sie lächelte ihr »Ich-hab’s-dir-ja-gesagt«-Lächeln.

Seit jenem Abend gehe ich regelmäßig mit Mom aus. Wir treffen uns nicht jede Woche, aber wir versuchen, uns wenigstens ein paarmal im Monat zu sehen. Wir gehen dann immer zusammen essen und ab und zu auch noch ins Kino. Aber hauptsächlich reden wir miteinander. Ich erzähle ihr von meinen Alltagsproblemen bei der Arbeit. Ich gebe mit meinen Kindern und meiner Frau an. Sie hält mich über den Familienklatsch auf dem Laufenden, den ich nie ganz mitzukriegen scheine.

Sie erzählt mir auch von ihrer Vergangenheit. Nun weiß ich, was es für meine Mutter hieß, während des Zweiten Weltkrieges in einer Fabrik zu arbeiten. Ich kenne jetzt die Geschichte, wie sie meinen Vater dort traf und wie sie sich in dieser schwierigen Zeit praktisch nur in der Straßenbahn umwerben konnten. Und beim Anhören all dieser Geschichten wurde mir klar, wie wichtig sie mir sind. Sie sind meine persönliche Geschichte. Ich kann gar nicht genug von ihnen kriegen.

Aber wir sprechen nicht nur von der Vergangenheit, wir reden auch über die Zukunft. Da sie gesundheitliche Probleme hat, sorgt sich meine Mutter um das, was kommt. »Ich möchte noch sehr viel länger leben«, sagte sie eines Abends. »Ich muss dabei sein, wenn meine Enkel aufwachsen. Ich will nichts davon verpassen.«

Wie eine Menge meiner Freunde, die ebenfalls in den Sechzigern geboren sind, neige auch ich dazu, hektisch herumzusausen, meinen Terminkalender bis zum Rand zu füllen und mich zu mühen, Karriere, Familie und Beziehungen unter einen Hut zu bringen. Ich beklage mich oft darüber, wie schnell die Zeit vergeht. Die Zeit, die ich jetzt mit meiner Mutter verbringe, hat mich gelehrt, wie wichtig es ist, das Tempo zu drosseln. Ich verstehe jetzt endlich diesen Begriff, den ich schon x-mal gehört habe – qualitative Zeit.

Peggy hatte recht. Die Verabredungen mit einer anderen Frau haben unserer Ehe gutgetan. Sie haben aus mir einen besseren Ehemann und Vater gemacht – und hoffentlich auch einen besseren Sohn.

Danke Mom. Ich liebe dich.

David Farrell

Ramonas Berührung

Es war ein paar Wochen nach meiner Operation, als ich zur Nachuntersuchung in Dr. Belts Praxis ging. Und ich hatte gerade meine erste Chemotherapie hinter mir.

Meine Narbe war noch sehr empfindlich. Mein Arm war an der Unterseite taub. All das gehörte zu einer Reihe von einzigartigen und seltsamen Empfindungen, die in etwa so waren, als hätte ich eine neue Mitbewohnerin in dem vormals als meine Brüste bekannten Zweizimmerapartment.

Wie üblich führte man mich in einen Untersuchungsraum, um mir wieder einmal Blut abzuzapfen – für mich, die sich vor Nadeln so sehr fürchtete, eine schreckliche Prozedur.

Ich legte mich auf den Untersuchungstisch. Ich hatte mir ein weites, buntkariertes Flanellhemd und darunter ein kurzes, enges Leibchen angezogen. Ein sorgfältig durchdachtes Outfit, von dem ich hoffte, dass andere es für leger halten würden. Das Flanellhemd kaschierte meine neue Brust, das enge Leibchen schützte sie, und die Knöpfe erlaubten einen unkomplizierten Zugang für die Untersuchung.

Ramona betrat den Raum. Ihr warmes, strahlendes Lächeln war vertraut und stand im völligen Gegensatz zu meinen Ängsten. Ich hatte sie vor ein paar Wochen zum ersten Mal in der Praxis gesehen. Sie war an diesem Tag nicht die für mich zuständige Krankenschwester gewesen, aber ich erinnerte mich an sie, weil sie lachte – ein tiefes, volltönendes Lachen. Ich fragte mich, was wohl hinter dieser Ärztetür so komisch war. Worüber konnte sie in einer Zeit wie dieser lachen? Also entschied ich, dass sie die ganze Angelegenheit nicht ernst genug nahm und ich versuchen musste, eine Schwester zu finden, die das tat. Aber ich sollte mich irren.

Dieser Tag war anders. Ramona hatte mir schon zuvor eine Blutprobe abgenommen. Sie kannte meine Angst vor Nadeln und verbarg netterweise die Utensilien unter einem Magazin mit einem leuchtend blauen Foto von einer neugestalteten Küche. Wir öffneten das Hemd und das Leibchen, der Katheter an meiner Brust wurde freigelegt, und meine frische Narbe auf dem Brustkorb wurde sichtbar.

»Wie heilt Ihre Narbe?« fragte sie.

»Ich glaube, ganz gut«, erwiderte ich. »Ich wasche jeden Tag ganz vorsichtig um sie herum.« In Erinnerung an den Wasserstrahl aus der Dusche, der auf meine taube Brust traf, verzog ich das Gesicht.

Sie streckte sacht ihren Arm aus, strich mit der Hand über die Narbe, überprüfte die Weichheit der heilenden Haut und tastete sie nach Anormalitäten ab. Ich fing still und leise zu weinen an. Sie blickte voller Wärme in meine Augen und sagte: »Sie haben sie noch nicht berührt, nicht wahr?«

»Nein«, antwortete ich.

Da legte diese wunderbare, warmherzige Frau ihre goldbraune Hand auf meinen bleichen Brustkorb und ließ sie sanft dort liegen. Für eine lange Zeit. Ich weinte leise weiter. »Das ist ein Teil Ihres Körpers«, sagte sie mit weicher Stimme. »Das sind Sie. Es ist gut, wenn Sie sie berühren.« Aber ich konnte es nicht. Und so berührte sie sie für mich. Die Narbe. Die heilende Wunde. Und darunter berührte sie mein Herz.

Dann sagte Ramona: »Ich werde Ihre Hand halten, während Sie sie berühren.« Sie legte ihre Hand neben die meine, und wir wurden beide still. Das war das Geschenk, das Ramona mir machte.

Als ich mich in dieser Nacht zum Schlafen niederlegte, legte ich sacht meine Hand auf die Brust und ließ sie dort, bis ich einschlummerte. Ich wusste, dass ich nicht allein war. Wir waren metaphorisch gesprochen alle zusammen im Bett, meine Brust, meine Narbe, Ramonas Geschenk und ich.

Betty Aboussie Ellis

Die elektrischen Kerzen

Einmal im Monat ist es an mir, am Freitagmorgen den im örtlichen Krankenhaus liegenden jüdischen Patientinnen Sabbatkerzen vorbeizubringen. Es ist Tradition, dass die jüdische Frau durch das Anzünden von Kerzen den Sabbat einleitet, aber die Krankenhausvorschriften erlaubten keine echten Kerzen. Daher bieten wir ihnen das nächstbeste an – elektrische Kerzen, die mit Beginn des Sabbats am Freitag bei Sonnenuntergang eingesteckt werden. Samstagabend endet der Sabbat, und ich hole dann am Sonntagmorgen die Kerzen wieder ab und räume sie weg, bis am folgenden Freitag eine andere Freiwillige sie holt und im Krankenhaus verteilt. Wenn ich wieder an der Reihe bin, treffe ich manchmal noch Patientinnen an, die schon vor einem Monat dort lagen.

An einem Freitagmorgen traf ich auf meinem Rundgang auf eine Frau, die sehr alt war – vielleicht neunzig. Sie hatte kurzes, schneeweißes Haar, das wie weiche, flaumige Watte wirkte. Ihre Haut war gelb und faltig, so als seien die Knochen plötzlich geschrumpft und die Haut könne sich nun an nichts mehr festhalten; sie hing einfach in weichen Falten an den Armen und am Gesicht herab. Die Frau wirkte sehr klein, wie sie da so im Bett lag, die Bettdecke bis unter die Achseln hochgezogen. Ihre Hände ruhten auf der Decke, knorrige und abgearbeitete Hände, die von viel Erfahrung sprachen. Aber ihre blauen Augen waren klar und ihre Stimme klang überraschend kraftvoll, als sie mich begrüßte. Aus der Patientinnenliste, die mir das Krankenhaus gegeben hatte, ersah ich, dass ihr Name Sarah Cohen war.

Sie erzählte mir, dass sie bereits auf mich gewartet habe, dass sie es zu Hause nie versäumte, die Sabbatkerzen anzuzünden, und dass ich sie einfach neben ihrem Bett einstecken sollte, wo sie an sie herankommen konnte. Ganz offensichtlich war sie mit der Prozedur vertraut.

Ich tat, worum sie mich gebeten hatte und wünschte ihr einen guten Sabbat. Als ich mich zum Gehen wandte, sagte sie: »Ich hoffe, meine Enkel kommen rechtzeitig her, um sich von mir zu verabschieden.«

Ich war geschockt über diese nüchterne Feststellung, doch ich berührte nur ihre Hand und erwiderte, dass ich es auch hoffte.

Beim Verlassen des Raums stieß ich beinahe mit einer jungen Frau zusammen, die so um die Zwanzig herum war. Sie trug einen langen Rock im bäuerlichen Stil, und ihr Haar war mit einem Kopftuch bedeckt. »Malka!«, hörte ich Mrs. Cohen rufen. »Ich freue mich, dass du kommen konntest. Wo ist David?«

Ich musste meinen Rundgang fortsetzen, konnte aber doch nicht umhin, mir Gedanken darüber zu machen, ob auch David rechtzeitig eintreffen würde. Es fällt mir immer schwer, die Kerzen einfach abzuliefern und wieder zu gehen im Wissen, dass manche Patientinnen sehr krank sind, dass einige wahrscheinlich sterben – Menschen, die von jemandem geliebt werden. Ich nehme an, jede dieser Frauen erinnert mich auf ihre Weise an meine Mutter, als sie im Krankenhaus im Sterben lag. Und ich glaube, das ist auch der Grund, warum ich mich freiwillig zu diesem Dienst erboten habe.

Den ganzen Sabbat über musste ich immer wieder an Mrs. Cohen und ihre Enkelkinder denken. Am Samstagmorgen ging ich zum Krankenhaus, um die Kerzen wieder einzusammeln. Als ich mich Mrs. Cohens Zimmer näherte, sah ich ihre Enkelin vor der Tür auf dem Boden sitzen. Sie blickte auf, als sie mich mit meinem Wagen kommen hörte.

»Bitte, könnten Sie die Kerzen nur noch für ein paar Stunden dalassen?« fragte sie.

Ich war überrascht, und sie begann, mir die Sache zu erklären.

Sie erzählte, dass Mrs. Cohen ihr und ihrem Bruder David alles über Religiosität beigebracht hatte, was sie wusste. Ihre Eltern hatten sich scheiden lassen, als sie noch sehr klein waren, und beide Elternteile hatten immer sehr viel und bis spät gearbeitet. Sie und ihr Bruder hatten die meisten Wochenenden bei ihrer Großmutter verbracht.

»Sie hat für uns den Sabbat zu etwas Besonderem gemacht«, erklärte Malka. »Sie putzte und kochte und buk, und das ganze Haus glänzte und duftete und …hatte eine ganz besondere Atmosphäre, die ich einfach nicht erklären kann. Es war, als tauchten wir in eine andere Welt ein. Mein Bruder und ich fanden dort etwas, das es sonst nirgendwo für uns gab. Ich weiß nicht, wie ich Ihnen begreiflich machen kann, was der Sabbat für uns bedeutete – für uns alle, für Großmutter, David und mich –, aber er gönnte uns eine Erholungspause von unserem sonstigen Leben. Er war wundervoll, und für David und mich wurde unsere Religion sehr wichtig! David lebt jetzt in Israel. Er konnte erst für heute einen Flug bekommen. Gegen sechs Uhr soll er ankommen. Wenn Sie also bis dahin die Kerzen hierlassen könnten, werde ich sie gerne danach wegräumen.«

Ich begriff nicht, was die Kerzen mit Davids Ankunft zu tun hatten. Malka erklärte: »Verstehen Sie nicht? Der Sabbat war für meine Großmutter unser Tag des Glücks. Sie würde nicht am Sabbat sterben wollen. Wenn wir sie im Glauben lassen könnten, dass noch immer Sabbat ist, kann sie vielleicht durchhalten, bis David da ist. Nur noch so lange, bis er sich von ihr verabschieden kann.«

Daraufhin hätte mich nichts dazu bringen können, diese Kerzen anzurühren, und ich sagte Malka, dass ich später zurückkommen würde. Und da ich sonst nichts weiter sagen konnte, drückte ich ihr nur die Hand.

Es gibt ab und zu Momente, die einander total fremde Menschen miteinander verbinden können. Dies war ein solcher Augenblick.

Den Rest des Tages kümmerte ich mich um andere Dinge, konnte aber nicht aufhören, an das Drama zu denken, das sich da im Krankenhaus abspielte. Alles, was die alte Dame in ihrem Bett an Kraft noch übrig hatte, wurde darauf verwandt, einfach nur noch am Leben zu bleiben.

Und sie unternahm diese Anstrengung nicht um ihrer selbst willen. Durch ihre Haltung hatte sie mir bereits klar gemacht, dass sie den Tod nicht fürchtete. Sie schien zu wissen und zu akzeptieren, dass ihre Zeit gekommen war, und sie war bereit zu gehen.

Für mich verkörperte Sarah Cohen eine Art von Stärke, von deren Existenz, und eine Art von Liebe, von deren Macht ich zuvor nichts gewusst hatte. Sie brachte den Willen auf, ihr ganzes Sein darauf zu konzentrieren, den Sabbat hindurch am Leben zu bleiben. Sie wollte nicht, dass ihre geliebten Enkel die Schönheit und Freude des Sabbats mit der Traurigkeit ihres Todes in Verbindung brachten. Und vielleicht wollte sie auch, dass diese das Gefühl von Abschluss bekamen, das sich einstellt, wenn man sich von der Person, die das eigene Leben am stärksten beeinflusst hat, verabschieden kann.

Als ich am Sonntagmorgen ins Krankenhaus zurückkehrte, weinte ich, noch bevor ich beim Zimmer angelangt war. Ich sah hinein. Das Bett war leer, und die Kerzen waren ausgeschaltet.

Dann hörte ich hinter mir eine leise Stimme sagen: »Er hat es noch geschafft.«