Hundsgemein – Kurze Geschichten für Leute, die weder Mensch noch Tier mögen - B. a. Robin - E-Book

Hundsgemein – Kurze Geschichten für Leute, die weder Mensch noch Tier mögen E-Book

B.a. Robin

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Beschreibung

Schwarz, böse, makaber – Kurzkrimis vom Leben und Sterben mit Haustier. Vier Varianten wie Mann und Frau sich das Leben zur Hölle machen können, d.h. Geschlechterkampf plus Hund. Ein böses Ende garantiert. "Archibald": Sorgerechtsstreit um einen Mops. – Wurde für den Agatha-Christie-Krimipreis nominiert "Der Preis des Erfolgs": Vom ewigen Kampf zwischen Mann und Mutter "Moderne Ritter": Prinz findet Prinzessin. Doch die wird von einem speichelspeienden Drachenhund bewacht. – Erstveröffentlichung durch die 'Kleine Bühne München'. "Ewig dein": Wahre Liebe währt über den Tod hinaus – und Hass noch ein bisschen länger. Eben Hundsgemein. Storys mit bissigem Humor!

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B. a. Robin

Hundsgemein – Kurze Geschichten für Leute, die weder Mensch noch Tier mögen

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Archibald

Preis des Erfolgs

Moderne Ritter

Ewig dein

Impressum

Archibald

    Schon lange hatten sie gelernt, sich aus dem Weg zu gehen. Es bestand keine Notwendigkeit, ein Wort zu wechseln. Bis sie Archibald fanden.

Sie fütterten ihn mit warmer Milch und betteten ihn in einen Wäschekorb mit Flanellhandtüchern. Das Halsband mit der Telefonnummer warfen sie fort. Glücklich wie schon seit Jahren nicht mehr, standen sie rechts und links des Korbes und bewachten Archibalds Schlaf.

Die Haustür fiel ins Schloss. Er atmete aus.

»Jetzt sind wir zwei alleine.« Er tätschelte Archibalds Kopf. «Wart einen kurzen Moment, ich hol uns was Lecker-Schmeckriges aus meinem Geheimvorrat.« Er legte den Finger auf den Mund und zwinkerte Archibald zu. »Nicht verraten.«

Im Keller schob er vorsichtig einen halbgefüllten Werkzeugschrank zur Seite. Sein Blick wanderte durch den Hohlraum dahinter. Eine extralange Räuchersalami, drei Dosen Tunfisch in Öl, ein Nussschinken, Gänseleberpastete, zwei Tüten Kartoffelchips, eine 300-Gramm-Tafel Nussnougatschokolade mit ganzen Haselnüssen ... Er lächelte. Womit könnte er Archie wohl die größte Freude bereiten?

Zurück in der Küche schwenkte er ein Stück kalten Schweinebraten vor Archibalds Nase.

»Jetzt gibt’s was Feines. Nicht diesen Gesundfraß, den sie immer anschleppt.« Behutsam hob er Archibald auf seinen Schoß und drückte ihn zärtlich an sich. »Wenn es nach mir ginge, ja dann ... Sie lässt mich halt nicht.«

Er blickte in Archibalds braune Augen. Sie waren einander gleich. Unschuldige, reine Seelen, die nichts als ein wenig Freude im Leben wollten. Faulenzen, spielen und am Abend etwas Leckeres zwischen die Zähne.

So innig war seine Zwiesprache mit Archibald, dass er das Drehen des Haustürschlüssels überhörte.

»Ich hab meinen Expander vergessen.«

Erschrocken kickte er die Reste des Schweinebratens unter den Esstisch.

Doch sie war schneller. »Keine fünf Minuten bin ich aus dem Haus und schon versuchst du, ihn zu vergiften.«

Sie packte Archibald.

»Er braucht frische Luft, ich nehme ihn mit.«

Sie warf die Tür hinter sich zu. Noch so ein Fehler durfte ihr nicht unterlaufen. Archibald war von der Natur für besondere Leistungen auserkoren. Er benötigte Bewegung, biotonische Ernährung und das richtige Spielzeug, um seine Entwicklung zu fördern. Es war ihre Verpflichtung, eine Vergeudung seines Potential zu verhindern. Gleich morgen nach dem Check-up beim Arzt würde sie einen Trainingsplan aufstellen.

»Wie kannst du ihm das antun?«

Tränen standen ihm in den Augen. Sah sie denn nicht, wie Archie litt? Wie er sich angewidert von seinem Schälchen wegdrehte?

»Geschmacksneutral und gut verträglich«, so stand es auf der Packung mit der Wurmkur. Von wegen. Seit fast vier Stunden verweigerte Archie die Nahrung.

Wen störten denn so ein paar Würmer? Sollte er sich doch mit dem Hintern am Teppichboden scheuern, was machte das schon?

»Seine Gesundheit ist dir wohl egal«, rief sie laut. »Ich weiß, dass du ihn mit Keksen mästest, wenn ich nur zwei Minuten nicht im Zimmer bin.«

Sie schob die Ärmel ihres Jogginganzugs hoch. Er konnte sich ihretwegen gehen lassen, wie er nur wollte. Er konnte weiterhin jede Nacht zu seinem ach so geheimen Vorrat in den Keller schleichen. Das interessierte sie nicht mehr. Diese Zeiten waren vorbei. Aber Archibald würde sie nicht aufgeben. Sie würde nicht zusehen, wie sein strammer, fester Körper allmählich unter einer immer dickeren Fettschicht verschwand. Archibald war ein Champion. Champions hatten keine Würmer.

Sie lockte Archibald zu ihrem Stuhl, ergriff ihn, klemmte seine Hinterläufe zwischen ihre Schenkel und drückte ihm die Wurmkur direkt aus der Tube ins Maul.

Er starrte aus dem Fenster. Es regnete. Seit fast einer halben Stunde waren sie unterwegs. Wie gern er doch Archie vor diesen grausamen Gewaltmärschen bewahrt hätte. Wie elend musste er sich fühlen. Bei diesem widerwärtigen Wetter durch Wald und Wiesen gehetzt zu werden. Vermutlich ließ sie ihn auch noch Stöckchen apportieren. Und Archie, diese gutmütige Seele, würde sich aus lauter Friedfertigkeit darauf einlassen.

Endlich sah er sie kommen. Sein Archie wedelte eifrig mit dem Schwanz. Was für ein feiner Kerl er doch war; selbst jetzt noch machte er gute Miene zum bösen Spiel.

Die Tür ging auf, Archie stürmte herein, schüttelte sich heftig.

Wie gut er ihn verstand. Der Arme fühlte sich gewiss grauenvoll, so ganz durchnässt.

»Komm zu mir, Herrchen macht dich wieder trocken. Wir gehen dahin, wo’s warm und kuschelig ist. Musst nicht mehr frieren, bist ja jetzt beim Herrchen ...«

Sie stellte ihre Schuhe ins Regal. Eine Tasse Kräutertee wäre jetzt genau das Richtige. Aber erst würde sie Archibald trockenreiben, damit er sich nicht erkältete. Dieser kleine Racker hatte gar nicht genug vom Baden im See kriegen können. Wo steckte er nur?

Sie fand Archibald im Schlafzimmer. Er lag im Ehebett, ließ sich den Bauch kraulen.

»Archie hat gefroren.«

Er postierte sich schützend vor dem Bett. »Du hättest sehen sollen, wie er sich vor Kälte und Nässe geschüttelt hat. Aber das interessiert dich ja nicht.« Er deckte Archie mit einer Steppdecke zu. »Hauptsache er ist schlank. Wie’s ihm dabei geht, ist dir egal.«

Sie schwieg. Der Geruch von feuchtem Hundefell drang zu ihr. Erd- und Grasflecken auf dem Laken, Hundehaare auf dem Kopfkissen. Sie sah ihn an. Sein Pyjamaoberteil hing zur Hälfte aus der Hose, auf dem Morgenmantel klebte Eigelb vom gestrigen Frühstück. Übelkeit überkam sie.