Hunger - Jörg Fischer - E-Book

Hunger E-Book

Jörg Fischer

0,0
2,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein uraltes Grauen erhebt sich - ausgerechnet an einem Ort, der von der Zeit vergessen schien...Der Osten Bayerns, mitten im 19. Jahrhundert. Die biedere Landbevölkerung vertraut auf das Wittelsbacher Herrscherhaus und den lieben Gott. Fortschritt ist ein Fremdwort. Das Leben ist in lieb gewordenen Gewohnheiten erstarrt.Erst der abscheuliche Mord an der sittsamen Müllerin Creszenzia Aytermoser durchbricht das trügerische Idyll. Die näheren Umstände der Tat sind so unklar wie spektakulär und in Windeseile sprießen Gerüchte und Verdächtigungen wie das Unkraut auf den zahllosen Misthaufen.Justiz und Gendarmerie werden umgehend aktiv und ermitteln auch prompt einen Täter.Doch als es schließlich in der ehemaligen Hauptstadt des Regenkreises zum Prozess kommt, treten drei Männer auf den Plan, mit denen niemand gerechnet hat: Ein Justizschreiber, dessen gute Jahre längst vorüber sind, der weithin belächelte Magister der königlichen Bibliothek und der sträflich unterbezahlte Gerichtsreporter des lokalen Revolverblattes entwirren ein Knäuel aus abartigen Trieben und dunklen Geheimnissen.Eine Erzählung in der Tradition E. T. A. Hoffmanns und R. W. Chambers. Schleichender Horror für alle Liebhaber des stilvollen Grauens.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 42

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Hunger

Drei

Zwei.Eins

Eins

Zwei.Zwei

Jörg Fischer

Hunger

Impressum

Copyright © Yellow King Productions 2024

Mario WeißNeuöd - Gewerbepark 12aD - 92278 IllschwangE-Mail: [email protected] Web: www.yellow-king-productions.de

Autor: Jörg Fischer Lektorat: Mario Weiß

Coverbearbeitung: Vera Dehling - Vera Creative design

nach einer Vorlage von Boris Bashirov

eBook-Erstellung: Birgit Arnold

ISBN: 978-3-98901-047-5

Hunger

Das Gedicht, das uns im Herzen berührt,

wird mehr erahnt denn gelesen,

die Augen dringen durch seine Lettern

wie eine Erinnerung durch die Zeit.

Seine Silben klingen mit der Stimme

eines vergessenen Feindes in uns,

den die Verse erweckt haben mögen,

wie ein graues Echo der Ewigkeit.

Anonym, gefunden auf einem Kalenderblatt

Drei

Der königliche Actuar Elias Kupferpfennig verließ das Landgericht durch den Dienstboteneingang. Hinter ihm schlug die wurmstichige Tür krachend ins Schloss. Durch ihr Oberlicht drang ein milchig-gelber Schein hinaus auf die Gasse, wo sich im verregneten Dämmerlicht des Spätnachmittags der Gestank von Hundekot und Pisse mit dem modrigen Geruch uralten Mauerwerks vereinte.

Kupferpfennig räusperte sich trocken.

Der sich neigende Tag war zwar kalt und vor allem nass wie alle Tage zuletzt, aber an der stickigen Luft, die das Gerichtsgebäude wie ein böser Fluch nicht weniger beherrschte als die Legionen der Paragraphen, vermochte die herbstliche Nässe genauso wenig zu ändern wie weiland die Sintflut am verderbten Wesen der Menschheit.

Der Mann schlug den Kragen seines fadenscheinigen Rocks nach oben und zog den altmodischen Dreispitz tiefer in die Stirn. Schon die ersten Schritte im kalten Nieselregen empfand er als ausgesprochen unangenehm. Richtig hässlich wurde es aber erst, als er gleich nach der Adlerapotheke den Boulevard erreichte. Die Flaniermeile der Stadt war zu dieser Stunde fast menschenleer. Der nimmermüde Ostwind konnte sich hier ungehindert austoben und wirbelte herrenloses, beschmutztes Wachspapier zusammen mit abgefallenen Blättern und allerlei Unrat über das von den Jahrhunderten gezeichnete Pflaster.

Vor dem Ladenlokal des Weinhändlers Ebinger schlug die Magd des Alten gerade mürrisch die Fensterläden zu, als der Actuar an dem Haus vorüberging. Abblätternde Kalkfarbe rieselte ihm vor die Füße. Doch das garstige Weibsbild ignorierte geflissentlich seine Gegenwart und machte, dass sie schnell wieder hineinkam, um dort irgendwelchen Pflichten zu entsprechen, die eilig sein mochten oder auch nicht.

Ihm war das einerlei.

Schließlich hatte er bald neun Stunden im Gericht zugebracht und davon mehr als sieben das Protokoll im sogenannten Raubmordverfahren Aytermoser geführt.

Kupferpfennig wischte sich mit dem Ärmel seines Rocks über die laufende Nase und schniefte.

Der Fall Aytermoser war schon seit dem ersten Extrablatt eine veritable Sensation und beherrschte seither nicht nur den gesamten Tratsch auf den Straßen, sondern auch das vom Alkoholdunst getränkte Gerede in den Wirtshäusern.

Die Familie besaß seit Generationen eine Mühle gut neun Meilen außerhalb der ehemaligen Hauptstadt. Kaum jemand hier war mit ihnen bekannt oder hätte sie gar auf der Straße wahrgenommen – auch deshalb, weil die hiesige Pfarrei für jene Gegend, in der die Mühle lag, nicht zuständig war und der Stadtpfarrer weder je einen von dort getauft, noch begraben hatte. Aber wie allzu oft erwies sich gerade diese Unkenntnis als reicher Nährboden für manches Gerücht, das sich um den Ort und seine Bewohner rankte.

Der Actuar musste niesen.

Alles in allem nichts Besonderes. Jedenfalls bis zu dem Tag vor nicht einmal vier Wochen an dem die Müllerin auf dem Rückweg von einer Besorgung mit Hilfe eines Feldsteins erschlagen und posthum geschändet worden war. Eine wirklich hässliche Sache, die selbst den abgebrühten Gendarmen der Landpolizei übel aufstieß. Viel Gehirn, viel Blut, viele Knochensplitter und noch mehr Bier, um den Ekel wieder wegzuspülen.

Die in Windeseile von Ohr zu Ohr getragenen, reichlich blutigen Details wirkten natürlich auf die Neugier der Leute wie Fett auf eine Flamme.

Im Handumdrehen wurden dem hinterwäldlerischen Clan allerlei widernatürliche Laster und verderbte Ausschweifungen angedichtet, obskure Mutmaßungen über die Gründe für die frevelhafte Tat angestellt und sich – ganz nebenbei – aufs Angenehmste gegruselt angesichts der Tatsache, dass jemand anders als man selbst dem ganz sicher wahnsinnigen Bösewicht zum Opfer gefallen war.

Die Mehrheit der gelangweilten Klatschbasen in Stadt und Land war sich außerdem mit großer Zuversicht darin einig, dass die bedauernswerte Verstorbene zu ihren Lebzeiten vor allem eins gewesen war: eine böswillige, zänkische und jähzornige Hexe, die es verstanden hatte, jedem Lebewesen in ihrem Dunstkreis den Tag zu verderben. Vertrocknete alte Jungfern, die der Toten ihr Lebtag lang nie begegnet waren, raunten gehässig von unaussprechlichen Sünden, die ein so furchtbares Schicksal geradezu auf die Müllerin herabbeschworen haben mussten.

Und all jene perfiden Wisperer im Dunkel der Gassen und Schenken, die ganze edelmütige Gemeinde aus haltlosen Schluckspechten, alten Schachteln und hysterischen Eheweibern waren sich einer Sache vollkommen sicher: das anerkannt giftige Mundwerk der Müllerin endlich zum Schweigen zu bringen, sei, ungeachtet der weiteren Umstände, mit Gewissheit ein schweres Stück Arbeit gewesen, oder, in Anlehnung an die so geschmacklose wie zutreffende Formulierung des Gerichtsdieners Schmutzler: »das Schandmaul musste man wohl extra totschlagen!«