Hygiene des Geschlechtslebens - Max von Gruber - E-Book
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Max von Gruber

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Beschreibung

In 'Hygiene des Geschlechtslebens' bietet Max von Gruber eine tiefgehende Analyse der körperlichen und seelischen Aspekte menschlicher Sexualität. Der Autor verbindet medizinische Fakten mit psychologischen Einsichten und reflektiert die gesellschaftlichen Normen seiner Zeit. Sein literarischer Stil ist geprägt von einer klaren, präzisen Sprache, die auch komplexe Themen für den Leser verständlich macht. In einem historischen Kontext, der die aufkommenden Diskussionen über Sexualaufklärung und Hygiene im späten 19. Jahrhundert widerspiegelt, erhebt Gruber die Stimme für ein gesundes, informatives und unbefangenes Verständnis von Sexualität. Max von Gruber war ein Pionier auf dem Gebiet der Sexualwissenschaft und der Gesundheitsbildung. Mit einem Hintergrund in Medizin und seinem Engagement für die Aufklärung über Sexualität und Hygiene, brachte er sein umfassendes Wissen in diesem Werk zusammen. Die gesellschaftlichen Tabus und das mangelnde Wissen über Sexualität führten ihn dazu, eine Abhandlung zu verfassen, die sowohl informativ als auch aufklärerisch ist und sich gegen die Vorurteile seiner Zeit stellt. Dieses Buch ist eine aufschlussreiche Lektüre für jene, die ein fundiertes Verständnis der Sexualerziehung und -hygiene entwickeln möchten. Grubers Arbeit lädt dazu ein, die eigene Einstellung zur Sexualität zu hinterfragen und die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu fördern. Es ist ein unverzichtbares Werk für Studierende der Gender- und Gesundheitswissenschaften sowie für alle, die an einer intoleranten Auseinandersetzung mit dem Thema interessiert sind.

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Max von Gruber

Hygiene des Geschlechtslebens

 
EAN 8596547070863
DigiCat, 2022 Contact: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Inhalts-Übersicht.
Einleitung.
1. Kapitel. Die Befruchtung.
2. Kapitel. Vererbung und Zuchtwahl.
3. Kapitel. Die Geschlechtsorgane.
4. Kapitel. Der Geschlechtstrieb und die angebliche hygienische Notwendigkeit des Beischlafes.
5. Kapitel. Folgen der geschlechtlichen Unmäßigkeit und Regeln für den ehelichen Geschlechtsverkehr.
6. Kapitel. Künstliche Verhinderung der Befruchtung.
7. Kapitel. Verirrungen des Geschlechtstriebes.
8. Kapitel. Die venerischen Krankheiten und ihre Verhütung.
9. Kapitel. Ehe oder freie Liebe.

Inhalts-Übersicht.

Inhaltsverzeichnis

Seite

Einleitung

1

1.

Kapitel:

Die Befruchtung

3

2.

Vererbung und Zuchtwahl

18

3.

Die Geschlechtsorgane

40

4.

Der Geschlechtstrieb und die angebliche hygienische Notwendigkeit des Beischlafs

45

5.

Folgen der geschlechtlichen Unmäßigkeit und Regeln für den ehelichen Geschlechtsverkehr

58

6.

Künstliche Verhinderung der Befruchtung

67

7.

Verirrungen des Geschlechtstriebs

76

8.

Die venerischen Krankheiten und ihre Verhütung

83

9.

Ehe oder freie Liebe

100

Einleitung.

Inhaltsverzeichnis

Mit einem lebhaften Gefühle von Bangigkeit habe ich diese kleine Schrift veröffentlicht. Ich habe in ihr die heikelsten Dinge rückhaltlos besprochen. Ich mußte es tun, wenn der Leser volle Einsicht in das Geschlechtsleben erhalten sollte. Diese aber wollte ich gewähren, weil ich überzeugt bin, daß diese Einsicht, zur rechten Zeit empfangen und vernünftig gebraucht, den besten Schutz gegen die furchtbaren Gefahren bietet, die dem einzelnen wie der Gesamtheit aus dem Geschlechtsleben drohen. „Vernunft und Wissenschaft des Menschen allerhöchste Kraft“ gilt hier wie überall!

Aber das scharfgeschliffene Schwert wird in der unrechten Hand, unvorsichtig gebraucht, dem, den es schützen sollte, zur Gefahr; was Arznei sein sollte, wird zum Gift. Ich bitte daher den Leser dieses Schriftchens, es sorgfältig zu bewahren, damit es nicht Unberufenen in die Hand falle! Und den Knaben, dem es trotzdem in die Hände kommt, bitte ich, wenn sein Ohr bis dahin von unreinen Reden verschont geblieben ist und wenn er bis dahin noch nichts von den Regungen des Geschlechtstriebes verspürt hat, sich selbst zu beweisen, daß ein Mann in ihm steckt, seine Neugierde zu unterdrücken und es ungelesen wegzulegen. Möge er sich glücklich schätzen, solange er von diesem Triebe noch nicht beunruhigt wird, der ihn zum bloßen Werkzeug zur Erhaltung der Gattung machen will und nur allzufrüh eines der schlimmsten Hindernisse bilden wird, das zu überwinden er alle Kraft wird aufbieten müssen, wenn er seine persönlichen Fähigkeiten zur vollen Ausbildung bringen, als Individuum etwas Tüchtiges werden und leisten will. Möge er sich hüten, den noch Schlummernden vorzeitig selbst zu wecken!

Als Leser habe ich mir vor allen den zum Manne reifenden Jüngling gedacht. Aber auch ihm gegenüber muß es meine erste Sorge sein, seinen Geist richtig zu stimmen, damit er das, was er hören soll, mit Ernst und reinem Willen aufnehme.

Die wichtigste Aufgabe der Söhne ist, gesunde Enkel zu erzeugen. So betrachtet, ist das Geschlechtsleben kein Gegenstand schamloser Leichtfertigkeit, als der es leider behandelt zu werden pflegt.

So mannigfaltig die Empfindungen sind, die das Nachdenken und die Besprechung geschlechtlicher Dinge in uns erwecken, eine müßte bei richtiger Betrachtung die stärkste sein: die Empfindung der Ehrfurcht. Denn was gibt es Ehrwürdigeres auf Erden als den Drang der Geschlechter nach Vereinigung, der auch unsere Eltern zusammengeführt hat, als den geheimnisvollen Vorgang des Zusammentrittes der Zeugungsstoffe, aus dem wir selbst hervorgegangen sind und durch den wir wieder Erzeuger unserer Nachkommen werden? Was gibt es Ehrwürdigeres als diesen unversieglichen Quell jungen Lebens, der im Wechsel vergänglicher Generationen die Gattung unsterblich erhält?

Wahrlich, nicht um unsere Lust handelt es sich, wenn die Natur den Geschlechtstrieb in uns zu erwecken beginnt, lange bevor wir selbst unsere volle körperliche und geistige Ausbildung erlangt haben. Das Individuum ist ihr nur das Werkzeug zur Erhaltung der Gattung. Sicherstellung neuer Befruchtungen, neuer Zeugungen ist das Ziel des ganzen Geschlechtslebens.

Die Vorgänge, durch welche aus der befruchteten Eizelle das junge Tier hervorgeht, sind unfaßbar verwickelt. Der Wissenschaft ist es aber im Laufe der letzten Jahrzehnte gelungen, den Vorgang der Befruchtung selbst wenigstens im wesentlichen aufzuklären. Wir beginnen unsere Aufgabe am würdigsten, wenn wir uns diese Erkenntnisse zu eigen machen. Der ganze ungeheure Ernst des Geschlechtslebens und der Zeugung wird uns zum Bewußtsein kommen, wenn wir sehen, wie eng das Kind bis in jede einzelne seiner Myriaden von Zellen hinein mit dem Leibe seiner Eltern und Vorahnen verknüpft ist, in wie hohem Grade daher sein ganzes Sein von ihrer Eigenart, Tüchtigkeit, Kraft und Gesundheit abhängig ist. Neue Pflichten erwachsen uns aus dieser Einsicht: die Pflicht, in unserer Lebensführung alles zu vermeiden, was den von uns abgesonderten Keimstoffen schädlich werden kann, und die Pflicht, keine Kinder zu erzeugen, die voraussichtlich krank sein werden.

1. Kapitel.Die Befruchtung.

Inhaltsverzeichnis

Damit es bei den Organismen (Lebewesen) mit geschlechtlicher Fortpflanzung zur Entstehung eines neuen Individuums (Einzelwesens) komme, ist es notwendig, daß das weibliche Ei durch den männlichen Samen befruchtet werde. Der Samen verdankt seine Fähigkeit, zu befruchten, winzig kleinen Körperchen, die massenhaft in ihm enthalten sind. Sie sind so klein, daß man sie nur unter dem Mikroskop bei starker Vergrößerung sehen kann. In jedem Tröpfchen menschlichen Samens sind Zehntausende dieser Körperchen enthalten, die sich, solange der Samen frisch und warm ist, lebhaft bewegen. Diese Körperchen heißen Samenfäden (Spermatozoen, Spermatosomen, Spermien). Man unterscheidet an ihnen drei Abschnitte, den sog. Kopf, das Mittelstück und den Schwanz oder Geißelfaden. Beim Menschen ist der ganze Samenfaden etwa 5⁄100mm lang, sein Kopf, der etwa die Gestalt einer etwas plattgedrückten Birne hat, aber nur 3⁄1000mm. Der größte Teil der Länge des Spermatosoms entfällt auf den feinen Geißelfaden, den Schwanz. Die Vorwärtsbewegung des Samenkörperchens erfolgt durch Schwingungen dieses Schwanzes. Mit seiner Hilfe kann es ziemlich weite Wege zurücklegen. In einer Sekunde kann ein Samenkörperchen bei gradlinig fortschreitender Bewegung einen Weg von 5⁄100 bis 15⁄100mm zurücklegen, in der Stunde also einen Weg von 180–540 mm oder 18–54 cm. Bei Fischen und bei anderen Tieren, bei denen das unbefruchtete Ei nach außen abgesetzt und außerhalb des weiblichen Körpers befruchtet wird, kann man sehen, wie die Samenfäden alsbald das Ei aufzusuchen und zu umschwärmen beginnen. Auch die in die weiblichen Geschlechtsteile entleerten Samenfäden wandern mit Hilfe ihrer Geißelfäden dem Orte zu, wo sich das Ei befindet. Diese Bewegung der Samenfäden macht durchaus den Eindruck, als ob man mit eigenem Willen begabte Wesen vor sich hätte. Man hat die Samenfäden daher früher auch „Samentierchen“ genannt; aber sie sind keine des selbständigen Lebens und der Vermehrung fähige Wesen, sondern sehr hinfällige Zellen, die bald absterben, wenn sie sich nicht mit dem Ei vereinigen können.

Das Ei ist eine kugelige Zelle, an der man die Hüllhaut (Eihaut, Eimembran), den Dotter und das Keimbläschen unterscheiden kann. Bei den großen Eiern der Vögel kann man diese drei Teile leicht mit unbewaffnetem Auge erkennen: erst wenn die zarte Eihaut zerrissen wird, fließt der Dotter aneinander; in der Mitte des weißen Keimfleckes gewahrt man das Keimbläschen. Bei den Vögeln ist die Eizelle noch vom Eiweiß und der Eischale umhüllt. Beim Menschen ist das unbefruchtete Ei so klein, daß es gerade noch mit freiem Auge gesehen werden kann (Durchmesser 0,18–0,20 mm); aber es ist immer noch riesig groß im Verhältnisse zu den Samenfäden. Der Kopf des männlichen Samenfadens nimmt nur etwa ein Hunderttausendstel des Raumes eines menschlichen Eies ein. Dafür werden aber die Samenfäden in den männlichen Geschlechtsdrüsen, den Hoden, in ungeheuer viel größeren Mengen gebildet als die Eier in den Eierstöcken, den Geschlechtsdrüsen des Weibes. Im menschlichen Weibe reifen während der ganzen Zeit der Fortpflanzungsperiode etwa 400 Eier, während man schätzen kann, daß der Mann während der Dauer seiner Zeugungsfähigkeit etwa 400 Milliarden Samenfäden bildet, so daß also auf jedes reife Ei etwa 1000 Millionen Samenfäden kommen. So viele werden gebildet, damit wenigstens einige wenige ihr Ziel, das Ei, erreichen! Die ungeheure Mehrheit verfehlt ihr Ziel und geht zugrunde; selbst von jenen, welche bis zum Ei gelangt sind, gelingt es als Regel nur einem einzigen, ins Innere des Eies zu gelangen.

Dort, wo die Befruchtung des Eies außerhalb des weiblichen Körpers erfolgt — die See-Igel liefern besonders geeignetes Beobachtungsmaterial —, kann man sehen, wie die Samenfäden, mit dem Kopfe voran, da und dort in die Eihaut eindringen. Sobald ein Samenfaden sich dem Dotter bis auf eine gewisse Entfernung genähert hat, baucht sich der Dotter ihm entgegen aus, so daß sich hier ein Wulst, der sog. Empfängnishügel, bildet. In diesen Wulst dringt der Kopf des Samenfadens ein, während sein Schwanz, der seinen Dienst geleistet hat, abgestoßen und aufgelöst wird. Hierauf zieht sich der Wulst wieder in die Masse des Dotters zurück; die Befruchtung ist vollzogen. In diesem Augenblick umkleidet sich der Dotter mit einem neuen Häutchen, das keinen zweiten Samenfaden in den Dotter eindringen läßt.

Um verstehen zu können, was nun im befruchteten Ei vor sich geht, ist es notwendig, daß wir weiter ausholen.

Jedermann weiß, daß die einzelnen Abschnitte des Körpers, der Rumpf, die Gliedmaßen, nicht in sich gleichartige Gebilde sind, sondern aus Teilen von sehr verschiedenartigem Aussehen und mit sehr verschiedenartigen Leistungen bestehen. So finden wir in den Gliedmaßen unter der Haut die roten weichen Muskeln, die harten Knochen, die weißen Stränge der Nerven, die Röhren der Blutgefäße usw. Wenn wir dann die einzelnen Organe (Werkzeuge) betrachten, so finden wir, daß auch sie nicht durch und durch aus einer gleichartigen Masse bestehen, sondern wieder aus verschiedenen Geweben zusammengesetzt sind. Dies zeigt uns z. B. sofort eine aufmerksame Betrachtung des gekochten Fleisches, wie es auf unseren Tisch kommt. Auch die Gewebe wieder sind nicht homogene, in sich gleichartige Gebilde, sondern bestehen — wie wir allerdings erst bei der mikroskopischen Untersuchung erkennen können — aus winzig kleinen Elementarteilen, den sog. Zellen. Ebenso wie der Leib aller Tiere besteht der aller Pflanzen aus solchen Elementargebilden, die trotz manchen Verschiedenheiten im einzelnen der Hauptsache nach gleichartig gebaut sind. Manche pflanzliche und tierische Gewebe sehen zum Verwechseln ähnlich aus, so sehr stimmen sie in den Hauptzügen ihres Baues überein.

Die niedrigsten Pflanzen und Tiere bestehen aus einer einzigen Zelle. Hier leistet also die eine Zelle alle Lebensgeschäfte, wie die Aufnahme und Verdauung der Nahrung, die Ausscheidung des Unverdauten und der Abfälle des Stoffwechsels, die Wärmeerzeugung, Eigenbewegung, Fortpflanzung usw. Man nennt diese niedersten einzelligen Organismen, insofern sie tierischen Charakter haben, Protozoen. Im Gegensatz zu ihnen stehen die Metazoen, deren Leib aus einer Mehrheit von Zellen besteht. Das Metazoon ist gewissermaßen eine Kolonie von Protozoen. Je höher entwickelt das Tier ist, um so mehr unterscheiden sich seine einzelnen Zellen in ihrer Gestalt voneinander, um so verschiedener werden auch ihre Leistungen, um so vollkommener ist der Grundsatz der Teilung der Arbeit durchgeführt, so daß also nicht mehr alle, sondern nur ein Teil der Zellen mit der Nahrungsaufnahme und Verdauung beschäftigt ist, nur gewisse Zellen die Fortpflanzung besorgen usw.

Der alte Name „Zelle“ bedeutet so viel als Kämmerchen, weil man anfangs dachte, daß jeder solcher Elementarorganismus mit eigenen, festen Wänden, einer Kapsel oder besonderen Haut umhüllt sei, wie man es bei vielen Pflanzenzellen tatsächlich findet. Heute wissen wir, daß durchaus nicht alle Zellen derartige Hüllen besitzen. Wir unterscheiden heute an jeder Zelle zwei Hauptteile: den Zelleib oder das Protoplasma und den Kern, ein bläschenartiges Gebilde, das meistens im Innern des Protoplasmas liegt und für gewöhnlich zu ruhen scheint, während ausschließlich vom Protoplasma die Aufnahme und Verdauung der Nahrung, die Bildung der Absonderungen, die Fortbewegung besorgt zu werden scheinen. Trotz der scheinbaren Ruhe ist aber der Kern an allen Vorgängen in der Zelle aufs engste beteiligt; er ist z. B. ganz unentbehrlich für die Verdauung der aufgenommenen Nahrung, für die Erhaltung und das Wachstum der Zelle, für die Bildung der Zellhaut, wo eine solche vorhanden ist. Man kann sagen, der Kern regiere das Leben der Zelle. Die Eigenart der Zelle hängt fast ganz von ihm ab.

Auch das Ei und der Samenfaden sind Zellen. Am Ei erkennen wir die Hauptteile der Zelle ohne weiteres; das Keimbläschen ist ihr Kern, der Dotter ihr Protoplasma, die Eihaut ihre Zellhaut. Der Samenfaden dagegen ist eine Zelle von sehr absonderlicher Form und mit einem Anhängsel, dem Schwanze. Aber auch bei ihm hat man den Kopf als Zellkern erkannt und einen zarten Saum um den Kopf und das Mittelstück als eine, allerdings winzig kleine, Menge von Protoplasma. Ei und Samenfaden unterscheiden sich dadurch sehr auffällig, daß das erstere in seinem Dotter ungeheuer viel Protoplasma besitzt, der letztere sehr wenig.

Alle Zellen vermehren sich durch Teilung. Dies gilt für die mehrzelligen wie für die einzelligen Organismen. Unser ganzer Körper ist aus der fortgesetzten Teilung der befruchteten Eizelle hervorgegangen. „Jede Zelle stammt wieder von einer Zelle“; das ist eine der wichtigsten Feststellungen der Biologie.

Dieser Wachstums- und Vermehrungsprozeß der Organismen ist eines der dunkelsten Rätsel, vor denen die Naturforschung steht; vorläufig unfaßbar auch dort, wo, wie bei den Bakterien, das Ganze sehr einfach vor sich zu gehen scheint. Einfach scheint uns die Sache nur deshalb, weil wir bei diesen winzigen Wesen von den meisten Vorgängen nichts sehen. Wir sehen hier nur, wie die Zelle wächst, eine stäbchenförmige Zelle z. B. sich bis zu einem gewissen Grade verlängert, wie dann in der Mitte ihrer Länge eine Scheidewand, dann eine Einschnürung auftritt, diese letztere immer deutlicher wird, bis schließlich die zwei Hälften auseinanderfallen. Jede Hälfte sieht genau so aus wie die Mutterzelle, bevor sie sich in die Länge gestreckt hatte, und jede hat auch genau dieselben Eigenschaften wie die Mutterzelle und ist wie diese befähigt, sofort wieder zu wachsen und sich zu teilen. Unter günstigen Umständen erfordert eine solche Teilung nicht mehr Zeit als 20 Minuten, so daß bei Fortdauer günstigster Umstände durch fortgesetzte Teilung binnen 24 Stunden aus einem einzigen Bakterium 4700 Trillionen werden könnten.[A]

Tafel 1.