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Authentisch, kritisch, kraftvoll: Poesie von Hans Haid. Poesie von Dichter und Visionär Hans Haid Hans Haid ist einer der außergewöhnlichsten Schriftsteller und Volkskundler Österreichs. Als Bruder im Geiste von Maurice Chappaz tritt er auch in seinen Gedichten als unermüdlicher Kritiker der negativen Auswirkungen des Massentourismus auf. In bildkräftiger Sprache schildert Hand Haid das sich wandelnde Leben inmitten einer bedrohlichen wie faszinierenden Natur. Er erzählt von den alten Tagen und von harter Arbeit, aber auch von einem zum Ritual erstarrten Katholizismus und den zweifelhaften Segnungen der Gegenwart mit ihrer Ausbeutung von Umwelt und Tradition, ohne dabei in klischeehafte Vorstellungen zu verfallen. Erlesene Auswahl aus Hans Haids lyrischem Schaffen In seinem vielgestaltigen Lebenswerk setzt sich Hans Haid seit jeher mit der Natur-, Lebens- und Sagenwelt der Alpen auseinander. Dabei spart der Autor, Volkskundler und Publizist niemals mit Kritik: Sei es an den Auswüchsen einer modernen Profitgesellschaft, die sich respektlos über alle Traditionen hinwegsetzt, aber auch an der Verklärung der Vergangenheit und des einfachen Lebens. Hans Haids Gedichte verströmen stets kritischen Geist und den Klang seiner alpinen Lebenswelt. Das vielfältige Schaffen Hans Haids in einer sorgfältig aufbereiteten Werkausgabe In Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck wird Haids mannigfaltiges Wirken nun mit einer Werkausgabe gewürdigt. Drei Bände zu Lyrik, Prosa sowie Essays und Kolumnen zum Zeitgeschehen zeigen die vielgestaltigen Arbeits- und Wirkungsfelder des Autors. Band 1 versammelt einen Querschnitt seines lyrischen Werks und wird durch Worterklärungen und Übertragungen ins Hochdeutsche sowie einem informativen Nachwort ergänzt.
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Seitenzahl: 108
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Hans Haid
i schmeck in langes
Ausgewählte Gedichte
Herausgegeben und mit einem Nachwort von
Christine Riccabona und Anton Unterkircher
Mit Lesehilfen von Barbara Haid
in Zusammenarbeit mit Hans Haid
Editorische Vorarbeiten von Sandra Senfter
… innwendig
dinnan
sunna süechn …
wie „sunna“ statt „sunn“ und sonne näher den
dreitausendern
am wärmsten hoch droben die beiden alten
am erfrierenden herd
rundherum die sogenannte
wie sie es nennen „zivilisation“
großvater
großmutter
in meiner alten sprache „neene“ und „naale“
leibhaftige poesie von gestern
aus der alten sprache herüber
und immer noch ein wenig in resten
den klang haben sie ihr ausgetrieben
austrocknen lassen zwischen schneekanonen
bar & puff & allerweltshotelhallen
geh doch zur großmutter
morgen hat der schnelle gewinn die letzten reste
von gestern verblasen
der alten sprache garaus
iibrn moone nö a gsichtle vö naalan vön neene
niemat mea ummha zen gewarmen drzääln & schintn …
wintraadle an doche
in kaldr earepfle
in dr wiegen
dies numma geit
a pöüppele
au und au völlgschissn
dr herrgöüttswinkl
in dr schtuuben
a dunkles getaafle
a nuschtr zwischnen fingrn
grollen zääln und betn
di kucha
drneebm di schtuuba
drhintr is gaadele
kaldrluck
an haufn flüigen in dr kuchen
earepfle in kaldr
wintraadle an doche
inngsöütne granten in gaadelan
a herrgöüttswinkl
a pöüppele
au und au völlgschissn
in ar wiegen
dies numma geit …
bauernhaus
windrad auf dem dache / im keller erdäpfel / in der wiege / die es nicht mehr gibt / ein kleinkind / auf und auf vollgeschissen / der herrgottswinkel / in der stube / ein dunkles getäfel / einen rosenkranz zwischen den fingern / perlen zählen und beten / die küche / daneben die stube / dahinter der vorratsraum / kellerdeckel / eine menge fliegen in der küche / erdäpfel im keller / windrad auf dem dache / eingesottene preiselbeeren im vorratsraum / ein herrgottswinkel / ein kleinkind / auf und auf vollgeschissen / in einer wiege / die es nicht mehr gibt …
schwaare liign
afan schtüele
in dr kirchen
paurnhänte
inanondr
gleim gepuntn
klumm beinondr:
paurnhänte
zehn fingr
völl mit oodrn
und mit schrunten
gliidr herchte
oogewetzet
dicke, schtumpat:
paurnhänte
schwaare rölln
grollen
hilzan
durch die hänte
is leit
a donkn
und a pittn
in den
gleimen
paurnhänten
bauernhände
schwer liegen / auf einem stuhl / in der kirche / bauernhände
ineinander / fest gebunden / eng beieinander: / bauernhände
zehn finger / voller adern / und mit schrunden / die glieder hart / abgewetzt / dick, stumpf: / bauernhände
schwer rollen / rosenkranzperlen / hölzern / durch die hände
es liegt / ein danken / und ein bitten / in den / harten / bauernhänden
afan schtaffl
drummumha
prennesslen
a glasle
wein
in häntnen
afan schtaffl
olte weibelen
in häntnen
an nuschtr
a piltle
drummumha
prennesslen
olte mauren
kaldr
zommgfollne
mauren
und plättr
a kreiz
hintrn
kaldrn
olte weibelen
plearn
olte weibelen
gean um wein
und an nuschtr
margn
iibrmargn
margn
iibrmargn
alte weiblein
auf einer stufe / rundherum / brennesseln / ein gläschen / wein / in den händen / auf einer stufe / alte weiblein / in den händen / einen rosenkranz / ein bildchen / rundherum / brennesseln / alte mauern / keller / zusammengefallene / mauern / und blätter
ein kreuz / hinter / dem keller / alte weiblein / weinen / alte weiblein / gehen um wein / und einen rosenkranz / morgen / übermorgen / morgen / übermorgen
röete
röete rötzige
röete rötzige noosen
schlompate
schlompate röeta
schlompate vrschlompate röeta
rötz
röeterötz
röeterötziga rötz
noosen
rinnen
rinnen
noss
nossa
noosa
nossa
noosa
nossanoosa
rötzröet
rötzgereatet
rötzvönröetnnoosen
vönnossnrötenoosenröet
frotznnoosen
nossefrotzn
nossefrotznnoosen
schlompat
schlompat
noss
goassgooglen
schoofgooglen
nitt asö hoaggl
getunket
genüeg haa an schtoodl
goasspraatle
schoofpraatle
hennen inngschparret
gschpiibm
in himml keemen
sellamool wöll
ziegenkot / schafkot / nicht so heikel / feld gedüngt / genügend heu im stadel / schaf- und ziegenbraten gegessen / die hühner eingesperrt / erbrochen / in den himmel gekommen / jaja dieses mal ist es so gewesen
sella drucknuudlen recht foaße schaafarnuudlen
schneidnuudlen an parkmoode
longe nuudlen zen pochn viil schööm und garchtan meal
an „wetzschtoan“ drau und nocha
oftr nö
pofeesn wuchtlen schtrauen ziechkiechlen und epflkiechlen
grod genüeg zuggr drautien
pröetmandle
ööfnschlupf
milchnuudlen und sella drgiibige wiirlsuppen schiergoor
olle tooge
eppan a tipflassuppa öödr goor
pfitschsuppen (wissets ee: schpeck oopfreglen, güet oogereaschtet, wossr augießn und es pfitschet und schpritzet töll ummenondr)
drnooch eppan wöll
pilmarnuudlen pilmarmües pröetschooden kropfn krapflen earepflpaunzn dompfnuudlen
und sööfl sella mieslen:
wossrmües weinmües griesmües woazzamües
a weag a oowexlige mües sein:
oftr holt an schworchzplentan köch
sehr gut / solche drucknudeln recht fette schäfernudeln / schneidnudeln im bergmahd / lange nudeln zum braten viel schaum und gerstenmehl / einen „wetzstein“ darauf und danach / dann noch / pofesen buchteln strauben ziehküchlein und apfelküchlein / gerade genug zucker daraufgeben / „pröetmandle“ / „ööfnschlupf“ / milchnudeln und solche ergiebige „wiirlsuppen“ fast / alle tage / etwa eine „tipflassuppa“ oder gar / „pfitschsuppen“ (ihr wisst es eh: speck auslassen, gut abgeröstet, wasser aufgießen und es pfitscht und spritzt wild herum) / danach etwa wohl / „pilmarnuudlen“ „pilmarmües“ „pröetschooden“ krapfen krapflen „earepflpaunzm“ dampfnudeln / und sehr oft ein solches mus: / wassermus weinmus griesmus weizenmus / ein wenig abwechslung muss sein: / dann eben einen schwarzplentenkoch
lei a nochtlampele prinnet
in an weinglaaslan
schwimmet a flüiga
asn völln pischlgschirre tröüpfet wossr
a hont toppet hoalach durchn hausgong
in gorchtn
steat a paamen
au und au
völl mit plattlen
dr hunt pallet aus seir hitten
a möspeerplattle vrtricknt
hundrcht möspeerplattlen
in hoaßes wossr gschittet
tee und a poor tuchtelen drzüe
geplüemate fenschtrscheibenviirhänge
nocht
und a oogelöüschne
nochtlampelaslompa
geblumte fensterscheibenvorhänge / nur eine nachtlampe brennt / in einem weinglas / schwimmt eine fliege / aus dem vollen blumentopf tropft wasser / eine hand tappt heimlich durch den hausgang / im garten / steht ein baum / auf und auf / voll mit blättern / der hund bellt aus seiner hütte / ein blaubeerblatt vertrocknet
hundert blaubeerblätter / in heißes wasser geschüttet / tee und ein paar kekse dazu
geblumte fensterscheibenvorhänge / nacht / und eine abgelöschte / nachttischlampe
in röschtign
hitten
a preckle
güetgsalchatn
schpeck
nitt ze foaße
weegnen
schpeibm
vöern
vrhungrn
geebet nen
a poor
schillinge
ummedumm
nitt ze foaßn
pauchschpeck
keemet
margn
schaugn
ge mier
hea
ins darfle
bringet
a preckle
sunna
miit
gebt ihnen / in den rostigen / hütten / ein stück / gutgeselchten / speck / nicht zu fett / wegen des / erbrechens / vor dem / verhungern / gebt ihnen / ein paar / schillinge / rundherum / nicht zu fetten / bauchspeck / kommt / morgen / schauen / zu mir / her / ins dörfchen
bringt / ein wenig / sonne / mit
hott
in
öüfn
inngekentet
naalan
ischt
olm nöü
ze kolt
naale
geat
in drissnen
potschnen
naalan
ischt
olm nöü
ze kolt
naale
hott
grollen
in häntnen
naale
kentet
a weag
inn
naale
hot
inngekentet
großmutter / hat / im / ofen / feuer gemacht / der großmutter / ist / immer noch / zu kalt / großmutter / geht / in zerrissenen / patschen / der großmutter / ist / immer noch / zu kalt / großmutter / hat rosenkranzperlen / in den händen / großmutter / macht / ein wenig / feuer / großmutter / hat / ein wenig feuer gemacht
ihr / solltet / der großmutter / die bänder / von den patschen / fest / herum / binden / einen spagat / daran / hängen / mit den / patschen / davon / gehen / der großmutter / im winter / neue patschenbänder / weben / ihr müßt / alle nächte / bänder / weben / der großmutter / die patschen / zusammenzubinden / fest / um den winter / herum / alle jahre
selltet
naalan
di pantlen
vön potschnen
gleim
ummha
pintn
an schpoogat
dronn
hängen
mitn
potschnen
drvonn
gean
naalan
in wintr
nüie
potschnpantlen
weebm
dees
mießet
olle nachte
pantlen
weebm
naalan
di potschn
zommzepintn
gleim
ummen
wintr
ummha
olle joor
verschone uns o herr / manchmal ein gutes schläfchen / kein hagel im feld / keine seuche im haus / siebenmal gekitzt / vier lämmer drei kälber / alles im bett / gesund und zufrieden / wir haben keine not / etwa doch im haus / ein gutes schläfchen / nachmittags / auf einem diwan und träumen / darf man wohl träumen / vom himmel und sonst noch / ganz etwas schönes / habt ihr wohl gesehen / den himmel voller geigen / und sonst noch / die musik auf dem herd die suppe / vom lamm ein braten / preiselbeeren zum gesundsein / alles zum leben und gesundsein / vorm sterben und immer nur / das schläfchen auf dem diwan das schläfchen / und alles weit weg ganz weit weg / und vielleicht doch: / in der früh erlöst eiskalt und tot / (könnte es etwas schöneres geben?)
verschone uns O HERR
assiemool a güets schlaafle
koa hoogl in falde
koa zoofe in hause
siibm mool gekitzet
vier lamplen drei kalblen
olles in pette
gsunt und zefriidn
hoobm koa nöet
eppan wöll in hause
a güets schlaafle
nommetooge
afan tiwan & tröömen
dorf man wöll tröömen
vön himml und sischt nö
gonz eppas scheas
hoobets wöll gseahn
an himml völl geigen
und sischt nö
di muusig an hearde di suppa
vön lamplan a praatle
granten zen gsuntsein
olles zen leebm und gsuntsein
vöern schtarbm und olm lei
is schlaafle an tiwan is schlaafle
und olles weit weck gonz weit weck
und eppan wöll:
zmöerns drleaset eiskolt und töet
(kannts eppas scheanars geebm?)
in dr schtuuben
nebmen öüfn
höcket naale
riewig, kloane
lei di hänte
olt und miede
rechts an foodn
linggs an foodn
schtroafn, draan
wirchan foodn
is surret, schnurret
und is brummet
dr füeß, dr rechte
leit gonz klüege
drucket, hebet
raadle rennet
knüidl, schpüela
foodn, wölla
dr füeß geat riewig
longsom, ewig …
raadle rennet
naale schpinnet
feine wölla
weiß und klüege
naale schpinnet
naale denket
jahrlen rennen
stuntn fliehn
lebm kimmet
lebm geaht
oas wie’s oane
brauchet hänte
feine, klüege
denk ans raadle
und ans naale
sei sö klüege
woach und feine!
beim spinnrad
in der stube / neben dem ofen / sitzt die großmutter / ruhig, klein / nur die hände / alt und müde / rechts einen faden / links einen faden / streifen, drehen / wirchenen (groben) faden / es surrt, schnurrt / und es brummt / der fuß, der rechte / liegt ganz sanft / drückt, hebt / rädchen rennt
knäuel, spule / faden, wolle / der fuß geht ruhig / langsam, ewig … / rädchen rennt / großmutter spinnt / feine wolle / weiß und fein / großmutter spinnt / großmutter denkt
jährchen rennen / stunden fliehen / leben kommt / leben geht / eines wie das andere / braucht hände / fein, zart / denk ans rädchen / und an die großmutter / sei so klug / weich und fein!
schtimpflen
warmen
& tricknen
epfelen
warmen
epfelen
darrn
wullane
patschlen
fießlen
gewarmen
keemen
di maadlen
pantlen
in hoornen
singen & pflittrn:
wullane patschlen
wullane fießlen
is keemen di bieblen
hoobets wöll dinnan
in taschen di patschlen
zen gewarmen di hantlen
ze gewarmen di fießlen
zen essn di keschtnen
zen hoamgean is lochn …
wollene / strümpfe / wärmen / und trocknen / äpfel wärmen / äpfel / dörren / wollene / patschen / füßchen / erwärmen / kommen / die mädchen / bänder / im haar / singen und kichern: / wollene patschen / wollene füßchen / es kommen die burschen / habt ihr wohl drinnen / in den taschen die patschen / zum wärmen die händchen / zum wärmen die füßchen / zum essen die kastanien / zum heimgehen das lachen …
hea do
bring is meenat
di olte küe
asn hintrn
schtolle
meena
schponn
inn
iibr di
meeneprugga
auhn
an schtoodl
meena
bring
in gronsnar
höül
di geiga
virha
meena
gea wiidr
wenn olle
gsungen
hoobm
schrauf
is liecht oo
philomena / komm her da / bring das kuhgeschirr / die alte kuh / aus dem hinteren / stall / philomena / spann / ein / über die / auffahrt / hinauf / auf den stadel / philomena / bring / den schlitten / hol / die geige / hervor / philomena / geh wieder / wenn alle / gesungen / haben / und dreh / das licht ab
i binn in a lacka
in a dreckige
lacka
mit oll zeahnen
mit oll zehnan
jo mit ollan
inhngschtiign
außagschtiign
oogetricknt
in di schlappar gschlöffn
hoam gschprungen
oogezööhn
in fischloach
asn zeahnen
gewischet
frische söckn
oongeleet
und wiidr
nebmen weege
in a lacka
in a dreckige