Ice Knights - Mr Right für 5 Dates - Avery Flynn - E-Book
SONDERANGEBOT

Ice Knights - Mr Right für 5 Dates E-Book

Avery Flynn

0,0
6,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 6,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Crack auf dem Eis - eine Niete in der Liebe

Um das Image seines Teams aufzupolieren, stimmt Eishockeystar Caleb Stuckey zu, bei einer PR-Kampagne mitzumachen: fünf Dates mit einer Frau, die seine Mutter für ihn ausgesucht hat - alles unter den Augen der Öffentlichkeit. Zum Glück hat Zara Ambrose ihre eigenen Gründe, bei diesem Stunt mitzumachen, und Caleb ist heilfroh, dass sie nicht auf einen Ehemann aus ist. Doch schon bei ihrer ersten Begegnung vergisst er alle seine guten Vorsätze, und der NHL-Profi verliebt sich bei jedem Date ein bisschen mehr in die temperamentvolle Rothaarige - und das alles live im Fernsehen ...

"Eine wunderbar humorvolle und heiße Liebesgeschichte!" KENDALL RYAN, NEW-YORK-TIMES-BESTSELLER-AUTORIN

Auftakt der sexy Sportsromance-Serie von Bestseller-Autorin Avery Flynn


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 378

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

Epilog

Die Autorin

Die Romane von Avery Flynn bei LYX

Leseprobe

Impressum

AVERY FLYNN

Ice Knights

MR RIGHT FÜR 5 DATES

Roman

Ins Deutsche übertragen von Ralf Schmitz

Zu diesem Buch

Um das Image seines Teams aufzupolieren, stimmt Eishockeystar Caleb Stuckey zu, bei einer PR-Kampagne mitzumachen: fünf Dates mit einer Frau, die seine Mutter für ihn ausgesucht hat – alles unter den Augen der Öffentlichkeit. Zum Glück hat Zara Ambrose ihre eigenen Gründe, bei diesem Stunt mitzumachen, und Caleb ist heilfroh, dass sie nicht auf einen Ehemann aus ist. Doch schon bei ihrer ersten Begegnung vergisst er alle seine guten Vorsätze, und der NHL-Profi verliebt sich bei jedem Date ein bisschen mehr in die temperamentvolle Rothaarige – und das alles live im Fernsehen …

Für meine Leserinnen. Danke.

1

Gerade als Caleb Stuckey meinte, schlimmer könnte es nicht mehr werden, marschierte seine Mom herein.

Na ja, manche denken jetzt vielleicht, etwas Schlimmeres als einen Anschiss von Winston Peppers, dem Trainer der Ice Knights, und der Oh-mein-Gott-unsere-Spieler-haben-es-schon-wieder-verkackt-PR-Königin Lucy Kavanagh könnte es gar nicht geben. Falsch gedacht. Als seine Mom im vierundsechzigsten Stock des Harbor City Carlyle Buildings in den Anschiss einstimmte, frischte der Shitstorm zu bisher ungekannter Stärke auf.

Britany Stuckey – manche ihrer Spieler nannten sie auch Ballbuster Brit – war nicht nur eine der wenigen Frauen im Land, die eine High-School-Eishockey-Mannschaft für die Landesmeisterschaften trainierte, sondern verteidigte innerhalb der Stuckey-Familie den Titel, sich hundertprozentig von absolut niemandem irgendwas sagen zu lassen. Und in diesem Fall war dieser Niemand Caleb Stuckey. Dass er ein erwachsener Mann und Profispieler der Harbor City Ice Knights war, spielte dabei keine Rolle. Er würde, wie sie ihm oft genug versicherte, immer ihr kleiner süßer Caleb bleiben – ein Spitzname, der eindeutig bewies, dass die Mutterliebe sie für die Fehler ihres Sprösslings blind machte –, und wahrscheinlich würde sie ihn bis zu dem Tag so behandeln, bis einer von ihnen unter den Rädern der Buslinie sechs der innerstädtischen Verkehrsbetriebe endete.

Er wandte sich Peppers zu, von dem er glaubte, dass er ihm trotz der auf Video gebannten und völlig aus dem Ruder gelaufenen blöden Sprüche den Rücken stärken würde. »Sie haben meine Mom angerufen?«

»Klar«, nickte Peppers, ohne im Geringsten langsamer als bisher von einem Ende des Raums zum anderen zu stapfen, als wären sie noch immer in der Kabine und er würde sein Team in einer Spielpause zusammenstauchen. »Weil sie nämlich ein wesentlicher Bestandteil unseres Plans ist, mit dem wir wiedergutmachen wollen, was Sie vermasselt haben.«

Caleb hing äußerlich lässig auf seinem Stuhl.

»Echt jetzt?«, fragte Lucy, die hinter ihrem Schreibtisch saß, und ihre Stimme triefte vor Häme. »Muss ich das Video noch mal abspielen? Was kein Problem wäre, weil jedes Online-Medium auf der Welt es ins Netz gestellt hat. Bad Lip Reading hat es sogar als Satire umgetextet.«

Ja, und er hätte sich über jeden anderen, der sich dabei ertappen ließ, wie er sich derart das Maul verbrannte, bestimmt vor Lachen weggeschmissen. Nüchtern betrachtet war es auch echt saukomisch. Schließlich kam es nicht jeden Tag vor, dass der komplette Angriff einer Eishockeymannschaft sich lauthals über das Team, das Spiel, die Trainer und die Puck-Bunnies, die sie vögelten, beschwerte und dabei gefilmt wurde. Die Jungs hörten sich an wie verwöhnte Arschgeigen, was, wie Caleb zugeben musste, nicht zu hundert Prozent falsch war.

Fuck, die nächsten Worte aus seinem Mund würden wehtun.

»Gut«, sagte er und vermied es, irgendwem im Raum in die Augen zu schauen. »Das war dämlich. Ich hätte das Ganze früher unterbinden müssen.«

»Dämlich?«, antwortete seine Mom, und ihrer Stimme war deutlich anzuhören, dass sie sich fragte, wie sie einen solchen Idioten zur Welt bringen konnte. »Du warst der älteste Spieler im Wagen und lässt die jüngeren die eigene Mannschaft in die Tonne kloppen.«

Er zuckte zusammen. Ja, das sah allerdings nicht gut aus. Trotzdem … »Ich hatte ein paar Biere intus, und die Jungs wollten nur Dampf ablassen. Und du solltest beachten, dass ich, statt selbst zu fahren, ein Uber genommen habe.«

Seine Mutter verdrehte die Augen. »Damit hast du lediglich dein Mindestsoll als Erwachsener erfüllt.«

Bis auf die Kreissäge, die sich so realistisch in seinem Kopf drehte, dass er die Dieselabgase zu riechen glaubte, wurde es still im Raum. Um nicht mit einer Gemeinheit gegen seine Mutter herauszuplatzen, biss er die Zähne so fest aufeinander, dass ihm davon der Kiefer wehtat; sie war nicht dahin gekommen, wo sie war, weil sie vor einem Streit zurückschreckte. Und er hatte diesen Zug von ihr geerbt, aber gelernt, dass man manchmal eher gewann, wenn man so tat, als würde man überhaupt nicht streiten. Guerillataktik. Psychologische Kriegsführung. Täuschen und Tarnen. Nur so konnte er eine Schlacht gegen seine Mutter gewinnen.

Dass er erwachsen war, einschließlich Hypothek, Plänen für den Ruhestand und einem Abschluss in Sportmanagement, spielte keine Rolle. Sicher, ihm hatte ein Tutor kräftig unter die Arme gegriffen, um den Abschluss zu schaffen, trotzdem würde er damit seine eigene Firma gründen, wenn die Zeit kam, die Schlittschuhe ein für alle Mal an den Nagel zu hängen. Aber für seine Mom würde er eben immer der süße Caleb bleiben, der es wieder einmal gründlich vergeigt hatte. Wie immer und immer wieder …

Es war verdammt ermüdend, den Anforderungen von Britany Stuckey zu genügen.

Schließlich brach Lucy, die, ganz gegen ihre Art, stumm beobachtet hatte, was vorging, das gespannte Schweigen. »Also, es läuft auf Folgendes hinaus, Stuckey. Sie haben sich blamiert, weil Sie das dumme Geschwätz nicht unterbunden haben. Und Sie haben das Team blamiert. Und Harbor City. Das müssen wir klären. Sie werden die Story ändern und den Leuten ein anderes Gesprächsthema liefern, als sich das Maul darüber zu zerfetzen, was für Schwachköpfe ihr alle seid – zumindest, wenn Sie weiter für die Ice Knights spielen wollen.« Sie gönnte ihm einen Moment, um zu verdauen, was sie ihm gerade mitgeteilt hatte: Ja, jetzt steht endgültig fest, dass du ein Arschloch bist, und wenn du das Problem nicht aus dem Weg räumst, wirst du am Nordpol in der Rentierliga auflaufen. »Und deshalb werden Sie den Medien eine Story auftischen, von der sie erst einmal nicht lassen können. Sie übergeben Ihrer Mutter die Verantwortung für Ihr Dating-Profil auf Bramble, und Sie werden sie umgehend über jede Verabredung unterrichten, damit sie Videos filmen kann, mit denen die Firma ab sofort Werbespots schalten wird.«

Er bekam keine Luft mehr, und hinter seinen Augen begann sein Schädel zu dröhnen. »Ganz sicher nicht. Ich habe die Puck-Bunnies nicht mal erwähnt. Warum sollten meine Verabredungen Teil eines PR-Albtraums werden?«

»Weil Sie Ihren Mannschaftskameraden nicht gesagt haben, dass sie verflucht noch mal die Klappe halten sollen«, sagte Lucy. »Und weil Sie der älteste Spieler in dem Auto waren, deshalb müssen Sie mit gutem Beispiel vorangehen oder den Preis bezahlen. Was immer die Öffentlichkeit für erforderlich hält, damit das Team als Ganzes diese Geschichte hinter sich lassen kann.«

Damit lag sie nicht falsch. Sein Schweigen sprach eine ebenso deutliche Sprache, wie es eine seiner üblichen dummen Bemerkungen getan hätte.

Trotzdem gab es kein Argument der Welt, das ihn überzeugt hätte, in ihren bizarren Plan einzuwilligen. Er? Im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit? Im Leben nicht! Schon bei der Vorstellung vollführte sein Magen einen dreifachen Salto.

»Wenn Sie nicht spuren«, sagte Lucy, »wird Petrov verkauft und der Angriff umgebaut. Es geht hier nicht bloß um Ihre Gelegenheit, sich im Kader die Position des Ersatzkapitäns der Ice Knights zu verdienen.«

Schweigen senkte sich über den Raum, so schwer, dass die Neuigkeit, die Lucy ihm gerade unterbreitet hatte, unmöglich wahr sein konnte. Umbau? Die Mannschaft hatte zwei Spielzeiten gebraucht, um wirklich in der gegenwärtigen Aufstellung aufzugehen. Klar, Petrov war lange verletzt gewesen, würde aber nur noch für ein paar Spiele der laufenden Saison ausfallen, und das Team brauchte ihn. Er erzielte zwar nicht viele Punkte, aber er hielt den Angriff zusammen. Ohne ihn wäre die Mannschaft aufgeschmissen. Verdammt, warum bestand das Management nur aus einem Haufen Flaschen?

»Für Petrov bekämen wir jemanden, der gerade seinen Karriere-Höhepunkt hinter sich hat, plus ein paar Nachwuchstalente«, meinte Peppers. »Ich bin zwar nicht dafür, aber der GM will es so.«

Schuldgefühle schnürten Caleb die Kehle zu und seine Lungen fühlten sich plötzlich eng an. Er wandte sich wieder Lucy zu. Sie sah ihn weniger anklagend als vielmehr eisig an, als wollte sie ihn davor warnen, dass Handlungen Folgen hatten – und das nicht nur für den, der es verbockt hatte.

Schön, Caleb hatte das Murren über Petrov vernommen – aber das war, bevor sie die letzte Spielzeit zu ihren Gunsten gedreht hatten. Danach hatte er sich verletzt. Noch eine Woche bis zum Trainingslager, dann die Spiele der Vorsaison und die neue Spielzeit. Petrov brachte sich, um wieder voll einzusteigen, jeden Tag im Fitnessstudio in Form.

Nichts würde die Ice Knights in der nächsten Saison aufhalten. Aber die Leute würden das nur dann registrieren, wenn sich die Medien von Harbor City auf die Mannschaft konzentrierten – und nicht auf Calebs virtuellen Shitstorm. Er sackte auf seinem Stuhl zusammen, als das altbekannte Gefühl, es wieder einmal verkackt zu haben, ihn wie ein harter Schlag auf den Solarplexus traf.

Nur weiter so, Vollidiot!

Lucy seufzte und schüttelte den Kopf. »Wir müssen Folgendes klären: Wollen Sie das Wahrnehmungsproblem, dass ihr nur eine Bande privilegierter, reicher Jammerlappen seid, lösen und sich ein A verdienen, damit das Management aufhört, an Liebling Petrovs Stuhl zu sägen?«

Caleb zwickte sich in der Hoffnung, damit die Kopfschmerzen zu lindern, die ihm anscheinend den Schädel sprengen wollten, in den Nasenrücken und nickte. »Ja.«

»Dann gehen wir, wie besprochen, an die Öffentlichkeit«, sagte Lucy. »Zum Glück für Sie sind die Leute von Bramble an Bord, um ihre Dating-App mit Ihnen zu bewerben. Wie der Gründer mir gestern sagte, wenn Sie vermittelbar sind, ist jeder vermittelbar.«

Autsch.

»Gut, also, das läuft dann so«, fuhr sie fort. »Bramble will Sie für fünf Dates verpflichten, damit alle Gelegenheit bekommen, sich richtig kennenzulernen. Aber alle Beteiligten müssen ihr Interesse nach jedem Date auf der App nochmals bestätigen. Bramble initiiert die beiden ersten Dates, danach sind Sie dran, Ihre Dates, Ihre Eltern.«

Sein Kopfweh wurde immer schlimmer. »Fünf Dates?«

»Hör auf zu jammern, Caleb.« Seine Mutter warf ihm ihren strengen Blick zu. »Was ist das schon, wenn du damit dein Ziel erreichen kannst?«

»Alles klar«, brummte er. »Fünf Dates.«

»Und nach jedem Termin treffen Sie sich zur Nachbesprechung mit Ihrer Mutter. Bramble wird sie und die Mutter Ihres Dates interviewen. Das Material wird dann für die neuste Werbekampagne verwendet, um zu zeigen, dass mithilfe der App jeder einen passenden Partner finden kann.«

Oh, Gott, würde dieser Albtraum denn niemals enden?

»Und dein Profil habe ich auch schon so weit ausgefüllt«, ergänzte seine Mom und reichte ihm ein iPad mit der geöffneten Bramble-App.

Gottes Antwort? Nein, es wird alles bloß schlimmer. Freu dich auf deine Zeit in der Hölle, Schwachkopf.

Obwohl er es nicht wollte, warf er einen Blick auf den Bildschirm. Wie immer, solange er zurückdenken konnte, klumpten die Wörter dort zusammen, überlappten einander und quetschen sich in jeden Zwischenraum, während die Buchstaben vor seinen Augen tanzten. Er überflog nicht nur kurz, was da stand – das gelang ihm beim Lesen nie –, aber schließlich kapierte er, was auf dem Monitor stand.

Als er fertig war, hatte er Schmerzen hinter den Augäpfeln, und die Sorge, jemand könnte mitbekommen, wie langsam er vorankam, drehte ihm wie üblich den Magen um. Aber ein kurzer Blick durch Lucys Büro verriet ihm, dass er entweder nicht so lange zum Lesen gebraucht hatte, wie seine klammen Handflächen vermuten ließen, oder dass die anderen unter Mühen vorgaben, nichts bemerkt zu haben. Er hatte sich vor Unsicherheit in die Wange gebissen, aber alles war besser als die hämischen Blicke und schonungslos spöttischen Bemerkungen wie »Hey, dumme Nuss!«, wie er sie in der Schule zu hören bekommen hatte. Lieber hätte er einen Puck voll ins Gesicht gekriegt, als das noch einmal durchmachen zu müssen.

»Müssen wir kein Bild hinzufügen?«, fragte er.

»Nee.« Lucy schüttelte den Kopf. »Fotos sind nicht zugelassen, um unbewusste Vorurteile beim Dating auszuschließen. Die Idee dahinter ist, dass die Nutzer so offener für die inneren Werte sind.«

Und wie stand es um seine inneren Werte? Er war ein Versager, der als Werbegag ein Mädchen daten sollte. Ja, er wäre ein echter Fang. Das Ganze wurde immer verkorkster.

»Und wie kommen die Leute zusammen?«

Das Grinsen im Gesicht seiner Mutter hätte ihm eine Warnung vor den nächsten Spielarten der Hölle sein müssen. »Wie freue ich mich, dass du fragst!«

Sie streckte die Hand aus und klickte ein Fragezeichen an. Unter einem neuen Reiter erschienen – er scrollte weiter und weiter – mindestens eine Milliarde Fragen. Alles klar. Im Moment war sie Ballbuster Brit, und nicht seine Mutter. Sie kannte seine Schwäche und war seit grauer Vorzeit davon überzeugt, dass man ihn nur härter antreiben musste, damit die Buchstaben vor seinen Augen wie durch ein Wunder die richtige Reihenfolge einhielten.

Bitte, erschießt mich jetzt!

»Du beantwortest die Fragen, die App zeigt dir ein paar Übereinstimmungen«, erklärte seine Mom. »Ich suche dir dann dein neues Mädchen aus.«

Die Kreissäge im Ohr? Verwandelte sich in ohrenbetäubenden Mörserbeschuss, der seine Welt höchstwahrscheinlich in Trümmer schießen würde. Auf der verzweifelten Suche nach einem Weg, auf dem er die Buchstaben nicht davon abbringen musste, wie verrückt über den Bildschirm zu tanzen, und auf dem seine Mom nicht das Regiment über seine Verabredungen übernahm, sah er Lucy und Coach Peppers an. Als die beiden seinem Blick, ohne zu blinzeln, begegneten, wandte er sich der Frau zu, die allzu glücklich darüber war, ihre kontrollbesessene Nase in sein Leben stecken zu können.

»Du kannst aussuchen, wen du willst, nach dem fünften Date gehe ich nicht mehr mit ihr aus«, erwiderte er. »Das ist bloß ein Werbegag. Sonst nichts.«

»Sagt ja auch keiner, dass Sie das müssen oder sollen«, meinte Lucy. »Der Sinn der Übung ist lediglich, Ihre Geschichte zu ändern und Ihr Leben in Ordnung zu bringen. Und was wäre erbaulicher als eine Mutter, die ihrem Jungen hilft, sich ein Mädchen auszusuchen?«

War er in einem Paralleluniversum gelandet, in dem die gewohnte Welt auf dem Kopf stand? In dem seine Mom über sein Liebesleben bestimmte? »Das ist nicht erbaulich! Das ist gruselig und falsch!«

»Also, wenn Sie keinen besseren Plan haben, um dieses Debakel aus der Welt zu schaffen, damit Sie die Aussicht auf eine Spitzenposition bekommen und Petrov nicht in die Wüste geschickt wird«, sagte Peppers von seinem Standort am anderen Ende des Raums aus, »dann müssen Sie da jetzt durch.«

Seine Eier in Batteriesäure zu tunken schien Caleb in diesem Moment eine bessere Idee zu sein, doch einen anderen Plan hatte er tatsächlich nicht anzubieten. Das Date unter elterlicher Fürsorge schien die beste aller Möglichkeiten zu sein.

Seine Zehen juckten wie damals im Trainingslager in der Mittelschule, als er unter der Dusche auf die Badelatschen verzichtet hatte, und die Kopfschmerzen steigerten sich von Rumba zu Death Metal.

Er wandte sich an Lucy: »Und Sie unterstützen das hier? Ernsthaft?«

»Wenn Sie mit einer Frau ausgehen, die Ihre Mom für Sie ausgesucht hat, lenken wir die Medien von dem bescheuerten Video ab, in dem Sie und Ihre Mannschaftskameraden die Arschlöcher sind. Dieser Plan wird aufgehen – für alle Beteiligten«, antwortete Lucy.

Übersetzung: Du bist so was von geliefert.

Und da musste er ihr zustimmen.

Zara Ambrose stand knietief zwischen Alligatoren im Maßstab eins zu zwölf, und alle sahen voll daneben aus. Schön, für jemanden, der sein Leben nicht dem Interesse an und der Herstellung von Miniaturen widmete, wirkten die Alligatoren wahrscheinlich ganz normal. Sogar niedlich. Sie jedoch fand sie scheußlich.

»Ich glaube, die muss ich wegwerfen und noch mal von vorne anfangen«, sagte sie und nahm den Tequila, den ihr ihre Busenfreundin Gemma MacNamara anbot, dankbar an. »Mit den Augen stimmt was nicht. Sie sehen einfach nicht richtig aus.«

»Nein, mit deinem Ausgleich zwischen Arbeit und Privatleben stimmt was nicht«, meinte Gemma und stieß, Pappbecher an Pappbecher, mit Zara an. »Und es ist höchste Zeit, dass du daran etwas änderst.«

Mit diesem Spruch fütterte sie Zara bereits seit zwei Jahren – im Grunde, seit ihre Freundin dem Rechnungsprüfer von nebenan verfallen war. Gestern hatte er um ihre Hand angehalten. Und heute Abend war Gemma mit einer Flasche Tequila, die fast so hell funkelte wie der Diamantring an ihrem Finger, in Zaras Wohnung aufgeschlagen. Und nun hatten sie es sich in Zaras Miniaturen-Studio gemütlich gemacht, auch bekannt als ihr Loft. Angeblich um Gemmas bevorstehende Hochzeit zu feiern. Schade nur, dass Zara nach dieser letzten Bemerkung das Gefühl hatte, in eine raffiniert ausgelegte Falle getappt zu sein.

»Was soll das werden? Die Gemma-MacNamara-Version einer Intervention?«, fragte sie.

»Ja«, antwortete Gemma, ohne zu zögern.

Als sie an der Flüssigkeit in ihrem kleinen Pappbecher roch, fielen ihr fast die Wimpern aus. »Ist Patrón bei der Gelegenheit nicht das falsche Gesöff?«

»Nicht in deinem Fall.« Gemma kippte den Tequila wie Limonade und beäugte misstrauisch Zaras Schnaps. »Mädchen, du musst dich mal locker machen und zu schuften aufhören, als würde dein Leben davon abhängen.«

Ihre Tequila-Tage gehörten der Vergangenheit an – ihr Dad sagte immer, sie sei die älteste Achtundzwanzigjährige, der er je begegnet war –, aber das musste ja nicht heißen, dass sie kein Recht darauf hatte, die alten Tage noch mal aufleben zu lassen. Zara konnte durchaus loslassen. Sie spielte. Okay, Bingo mit ihrer Großmutter, ja und? Sie ging an Mädelsabenden mit Gemma essen. Was auch dann noch zählte, wenn sie schon um acht wieder zu Hause war, um es sich mit einem Buch gemütlich zu machen, während Anchovy, ihre Deutsche Dogge, sich auf dem Sofa an sie kuschelte. Außerdem gab es noch … Leere. Ihr wollte partout nichts mehr einfallen, was sie regelmäßig unternahm und das nichts mit ihrer Arbeit zu tun hatte. Fuck. Aber das wollte sie Gemma gegenüber natürlich nicht zugeben – als wüsste ihre beste Freundin nicht längst Bescheid. Sie hob den Becher an die Lippen und kippte den Schnaps; der Alkohol lief ihr auf die wohltuendste Weise brennend durch die Kehle.

»Na ja, solange ich ein Dach über dem Kopf und einen vollen Kühlschrank will, hängt mein Leben nun mal von meiner Fähigkeit ab, hart zu arbeiten.«

»Gut, das muss ich dir lassen.« Gemma nickte zustimmend. »Du bist eine der besten Kunsthandwerkerinnen in Harbor City. Du wirst noch groß rauskommen. Da bin ich mir absolut sicher.«

»Und dafür liebe ich dich, leider bist du die Einzige, die das glaubt.«

Sie goss ihnen beiden Schnaps nach. »Dann sind alle anderen eben Idioten.«

Darauf tranken sie. Dann tranken sie auf die wahre Liebe – nun, Gemma trank darauf. Zara trank lieber darauf, nie mit diesem Fluch belegt zu werden. Als Nächstes tranken sie auf Gemmas nigelnagelneue Verlobung, und nach einer Stunde kicherten sie, wie sie es seit jeher miteinander konnten.

»Oh, mein Gott, du glaubst nicht, was mein Vater jetzt wieder vorhat, um schnell zu Geld zu kommen.« Ihr Dad war in der Nachbarschaft dafür berühmt, der Größte zu sein, wenn es darum ging, eine Million Pläne zu schmieden, von denen am Ende nie einer aufging. Sie liebte den Mann fast so sehr, wie sie es hasste, ihn sich wie Don Quichotte in sein nächstes Abenteuer stürzen zu sehen, um sich die Taschen zu füllen. Als Jasper Ambroses Tochter aufzuwachsen wäre fantastisch gewesen, hätte er das Geld für die Miete nicht immer wieder für hoch komplizierte Businesspläne oder Drinks für alle in der Eckkneipe durchgebracht, wenn sein Pferd als Erstes durchs Ziel ging, oder wenn er sich mal wieder auf einen Job vorbereitete, mit dem er groß rauskommen würde, zum Beispiel als Schweineflüsterer. »Jetzt will er Charakterdarsteller werden. Was macht es da schon, dass er null Erfahrung hat? Ein unbedeutender Fliegenschiss. Das eigentliche Problem ist, dass er erst mal ins Fernsehen muss, damit er in die Schauspielergewerkschaft SAG eintreten kann, und, stell dir vor, deshalb will er, dass ich bei dieser Online-Dating-Fernsehshow mitmache, in der Eltern ihre Kinder verkuppeln und Ratschläge erteilen, wie man die wahre Liebe findet. Kannst du dir das vorstellen? Ich brauch noch einen!«

»Keine schlechte Idee.«

»Mehr Tequila?« Sie goss ihnen noch je einen halben Becher voll. »Finde ich auch.«

»Nein, das mit der Dating-Show«, erwiderte Gemma. »Das solltest du absolut machen.«

Zara lachte schnaubend. »Im Leben nicht.«

»Wieso, da vergibt sich keiner was bei.« Gemma kippte ihren Schnaps. »Dein Dad bekommt seinen SAG-Ausweis, und du gehst fünfmal mit einem einigermaßen menschlichen Wesen aus.«

»Wir wissen doch beide, dass ich so viel Glück nicht habe. Wahrscheinlich ist der Typ am Ende so ein Traumtänzer wie mein Dad.« Sie trank, und der Tequila legte eine Feuerspur in ihren Magen. »Auf keinen Fall.«

»Ich könnte dich mit Helene Carlyle bekannt machen.« Gemma führte eine kleine Tanzeinlage durchs Wohnzimmer mit Anchovy vor, was dieser offenbar für ein lustiges neues Spiel hielt und sich begeistert, mit einem übergroßen Tennisball in der Schnauze, von ihr führen ließ. »Ich habe Karten für die Wohltätigkeitsgala der Freunde der Harbor-City-Stadtbibliothek, und du könntest mich begleiten. Aber nur, wenn du zugibst, dass dein Liebesleben Nachhilfe braucht, und du deinem Dad einen Gefallen tust.«

Zara wusste kaum, wie ihr geschah, als Gemma ihr das Handy abnahm und die Bramble-Dating-App herunterlud. Als sie nach ihrem Handy griff, hielt ihre Freundin es locker außer Reichweite. Das war der Nachteil, wenn man kaum eins sechzig groß und die beste Freundin eine Amazone war.

»Gib mir mein Handy wieder!«, rief sie und streckte sich danach. »Ich will nicht ausgehen. Mit niemandem. Niemals. Ich habe mein Leben gerne vollständig selbst in der Hand.«

Gemma hielt das Handy hoch und warf ihr einen fragenden Blick zu. Ein komischer Anblick mit ihren alkoholbenebelten Augen. »Möchtest du nicht auch jemanden wie Hank treffen und dich verlieben?«

Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«

»Was willst du dann?«

Darüber musste sie nicht einmal nachdenken. »Dass sich Helene Carlyle in meine Arbeit verliebt.«

Helene Carlyle war nicht nur eine der reichsten Frauen von Harbor City, sondern die größte Miniaturen-Sammlerin der Metropolregion. Wenn sie die Arbeiten von jemandem goutierte, nahm die gesamte Kunstwelt davon Notiz. Was Ausstellungen in Galerien und Privataufträge verhieß. Und das wiederum bedeutete, dass sie sich ganz ihrer Kunst widmen könnte, die, wie sie sehr wohl wusste, niemals ihre Rechnungen bezahlen würde, im Unterschied zu den kommerziellen Miniaturen, die sie im Internet anbot und die dafür sorgten, dass sie weiter ein Dach über dem Kopf hatte. Und schließlich könnte sie ihr Online-Angebot mit ihrem neuen Sortiment zu einem Miniaturen-Imperium ausbauen. Und wenn alles nach Plan lief – und dafür würde sie verdammt noch mal sorgen –, konnte sie die nagende Sorge, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis sie eine Zahlung versäumte und die Geldeintreiber vor ihrer Tür standen, endlich zur letzten Ruhe betten.

»Zara, ich liebe dich, aber du bringst dich noch viel zu früh ins Grab, wenn du dir nicht ab und an ein bisschen Spaß erlaubst.« Gemma setzte sich neben sie, legte das Handy auf den Beistelltisch und schlang einen Arm um ihre Schulter.

»Du weißt nicht, wie das ist. Wärst du so aufgewachsen wie ich, würde sich bei dir auch alles um die Arbeit drehen.«

Damit weiter Licht brannte. Damit ihr nicht der Räumungsbefehl unter der Tür durchgeschoben wurde. Damit sie im Kühlschrank nicht nur eine Flasche Ketchup fand. Jasper Ambrose mochte eine Stimmungskanone und der charmante Lieblingsträumer der gesamten Nachbarschaft sein, der eine Million Ideen für die erste Milliarde hatte, aber das hatte ihr das Leben mit ihm nicht erleichtert. Sie liebte ihn – jeder tat das –, trotzdem wurde sie nicht mal jetzt das Gefühl los, dass jeden Moment die Geldeintreiber anklopfen könnten und sie alles verlieren würde.

»Ich weiß, dein Dad hat dir übel mitgespielt. Ich habe einiges davon mitgekriegt«, sagte Gemma mit bebender Stimme, woran ihre Gefühle und vermutlich auch der Tequila schuld waren. »Aber du kannst die Vergangenheit nicht über deine Zukunft bestimmen lassen. Du bist ein umwerfender Mensch, und klar brauchst du keinen Mann, um vollständig zu sein, aber nur über die Arbeit kannst du dich auch nicht definieren.« Sie rutschte auf dem Sofa herum und drehte Zaras Schultern so, dass sie ihrer Freundin in die Augen schauen musste. »Du, Zara Ambrose, hast so viel mehr drauf als winzig kleine Alligatoren – auch wenn das da die schönsten winzig kleinen Alligatoren auf der ganzen Welt sind. Geh aus, lerne Menschen kennen, lass dich vielleicht zum ersten Mal seit einer Ewigkeit flachlegen, und gönn dir ausnahmsweise mal ein bisschen Spaß. Es muss ja nicht bis zum Ende aller Zeiten halten, nur für fünf Verabredungen.«

Morgen würde sie wahrscheinlich den Tequila dafür verantwortlich machen, aber in diesem Augenblick ergab Gemmas unerhörter Plan sogar Sinn. »Du machst mich echt fertig, Smalls.«

Gemma lächelte, als sie ihren Spitznamen aus der Grundschule hörte. »Aber du weißt, dass ich recht habe, Biggie. Dein Dad ist ein Chaot, aber ein guter Kerl. Du kannst ihm helfen, und, wer weiß, vielleicht werden ja Träume wahr. Und du wirst Helene Carlyle treffen, und vielleicht hast du auch mal ein bisschen Spaß von der orgastischen Art.«

Schon klar, aber dazu würde es nicht kommen. Orgasmen, die sie sich – mit oder ohne Partner – nicht selbst besorgte, kamen buchstäblich niemals vor. Sie hatte nämlich die scheuste Klitoris aller Zeiten, die auf nichts anderes als ihre Finger und deren Schwingungen ansprach. Aber solange es, wenn sie hinging, nicht um Liebe oder Höhepunkte ging, wusste sie wenigstens, woran sie war. Außerdem bekam sie zwei Dinge, sie sie sich wünschte: Sie würde Helene Carlyle kennenlernen und ihrem Vater seinen SAG-Ausweis verschaffen.

»Na gut.« Da sie einsah, dass sie geschlagen war, streckte Zara, Handfläche nach oben gekehrt, die Hand aus. »Mein Handy!«

Verabredungen standen auf ihrer Prioritätenliste noch hinter dem Entfernen der Wollmäuse unter ihrer Kommode und dem Abtauen des Gefrierfachs. Aber egal, wenn fünf Dates ihr bescherten, was sie wollte, ihren Vater glücklich machten und sie zudem mit Helene Carlyle zusammenführten? Dann würde sie es eben über sich ergehen lassen, über endlosem Nachschub an Knabberzeug dem Geschwafel irgendeines Typen über seine Heldentaten zuzuhören.

Gemma nahm das Handy vom Beistelltisch und gab es ihr. Da sie die meisten persönlichen Fragen bereits beantwortet hatte, musste Zara eigentlich nur noch den Vorstellungsteil selbst ausfüllen. Mit über dem Display schwebenden Daumen überlegte sie, was sie schreiben sollte. Sie suchte nicht nach Liebe. Sie hatte kein Interesse an einer immerwährenden Bindung. Klar, was das Flachlegen anging, hatte Gemma nicht ganz unrecht. Das letzte Mal war lange her. Viel, viel, viel zu lange!

Trotzdem, auf Spielchen war sie sicher nicht aus, und sie wollte sich auch nicht mit jemandem abgeben, der auf der Suche nach der Richtigen war. Sie war vielleicht ein Arbeitstier, aber ein Biest war sie nicht, deshalb wollte sie niemandem so etwas antun. Wie um alles in der Welt sollte sie sich überwinden, das alles in eine Selbstvorstellung zu packen?

Doch in dem Moment hatte sie eine Eingebung. Wenn sie sich schon darauf einließ, dann würde sie es hundertprozentig ehrlich tun:

Arschlöcher unerwünscht,

ich glaube nicht an Märchen oder an das selige Zusammenleben bis zum Ende ihrer Tage, aber sind ein paar nicht eigenhändige Höhepunkte mit einem Kerl, bei dem mein Herz schneller schlägt und der kein Totalausfall ist, deshalb ein Hirngespinst? Ich arbeite hart und gehe kaum aus. Aber ich bin jetzt bereit für ein wenig – nein, eigentlich für jede Menge – Spaß mit einem Typen, der kein komplett hoffnungsloser Fall ist und der die Spinnweben in meiner Vagina ausräumt. Bin ich zu offen? Schade. Das Leben ist zu kurz für Wichser, die nicht wissen, wie man den Garten einer Lady bestellt. Vergesst die Liebe fürs Leben! Ich will nur die Liebe für fünf Dates sein.

Dann gab sie Gemma das Handy, deren Augenbrauen umso höher krochen, je mehr sie las, bis sie vollständig unter ihren Ponyfransen verschwunden waren.

»Aber wenn sich keiner meldet, Gemma …« Und wer würde schon auf so eine Anzeige reagieren? »… musst du mich trotzdem als deine Begleitung mitnehmen.«

Ihre Busenfreundin nickte. »Abgemacht.«

Sie besiegelten den Handel mit untergehakten kleinen Fingern und einem weiteren Tequila. Und als Zara sich Stunden später im Bett zusammenrollte, war sie fast davon überzeugt, keinen Riesenfehler begangen zu haben.

2

Tequila war für Zara gestorben. Und Anchovy auch. Okay, was den Hund anging, vielleicht nicht ganz, aber ihre Dogge musste sich unbedingt ein neues Lieblingsspiel ausdenken; eines, zu dem es nicht gehörte, einen ihrer Schuhe – und immer nur einen – irgendwo in der Wohnung zu verstecken.

»Da kaufe ich dir schon das gute Hundefutter, und das ist der Dank dafür?«

Der Hund bellte, legte den Kopf schräg und grinste, Zara hätte es auf die Bibel geschworen.

»Meine Vorstellung von Vergnügen ist dieses dämliche Date auch nicht, aber ich muss da hin, was bedeutet, dass ich meine Schuhe benötige und du deine Leine holen musst.«

Nach dem Wort »Leine« galoppierte Anchovy am Sofa und der großen Kücheninsel vorbei und flitzte zur Garderobe, wo er die Schnauze in den Korb auf der Sitzbank bohrte und mit der Hundeleine zwischen den Zähnen wieder zum Vorschein kam. Dann trabte das Tier, als wüsste es genau, was als Nächstes passieren musste, zur Kücheninsel zurück, richtete sich auf die Hinterläufe auf, pflanzte die Pfoten auf den Tresen und schaute ins Spülbecken.

»Na klar.« Zara humpelte auf Zehn-Zentimeter-Absätzen am einen und barfuß am anderen Fuß mit Schlagseite zum Tresen und fischte ihren zweiten Schuh aus dem Becken. »Meine Schuhe zu verstecken ist keine Lösung für deine Verlustängste, Anchovy.«

Der Schwanz der Dogge wedelte so heftig gegen Zaras Hintern, dass es sich anfühlte, als würde sie mit einem Zweig versohlt. Der Tierarzt hatte sie vor dem »munteren Schwanz« der Deutschen Doggen gewarnt, als sie mit Anchovy, als er noch ein ausgesetzter Welpe gewesen war, in seiner Sprechstunde erschien. Aber das vertrug sich gut mit ihrer Vorliebe für ein minimalistisch eingerichtetes Heim, weil sonst sämtlicher Schnickschnack einen Meter über Bodenhöhe zuverlässig aus den Regalen gefegt worden wäre.

»Komm, Baby«, sagte Zara, als sie mit dem bloßen Fuß in ihren Schuh schlüpfte. Dabei glitten ihre Zehen durch eine nasse Stelle. Igitt-igitt-igitt! Vielleicht hatte sie ja ausnahmsweise mal Glück und es handelte sich nicht um Hundesabber, sondern um die Hinterlassenschaft eines tropfenden Wasserhahns. Ein kurzer Blick zur Spüle ergab jedoch keinen tropfenden Hahn. Widerlich. »Du kommst zu Tante Gemma.«

Mit dem Versuch, die Hundeleine am Halsband zu befestigen, erntete sie neues aufgeregtes Schwanzwedeln, das diesmal ihren ganzen Körper eindeckte. So dauerte es ein paar Sekunden, aber schließlich saß die Leine. Dann lief sie mit Anchovy zur Tür hinaus, zum Aufzug und auf den Gehsteig ihres geschäftigen Viertels. Gemma wohnte zwei Blocks die Straße hinunter in einem Apartment über einem Café. Sie erwartete Zara und die Dogge am Nebeneingang zum Treppenhaus. Verdammt. Zara hatte auf einen Aufschub durch einen kleinen Schwatz gehofft. Aber der mahnende Blick ihrer Busenfreundin auf die Uhr sprach eine andere Sprache.

Anchovy gab ein fröhliches »Wuff« von sich, als Gemma seine Leine nahm. »Nun, geh schon, du bist spät dran!«

»Du kommandierst mich rum«, sagte Zara, wandte sich jedoch bereits ab.

»Man soll nicht von sich auf andere schließen«, entgegnete Gemma lachend. »Geh!«

Da ihr nichts anderes übrig blieb, ging sie nun endgültig. Sie eilte die Achtzehnte Straße hinunter, zischte an den Touristen vorüber, die darauf bestanden, in aller Gemütsruhe über den Bürgersteig zu schlendern. Längst hatte ihr die Herbstfeuchtigkeit von Harbor City – die immer auch einen leichten Geruch nach Urin mit sich brachte – die Haare gekräuselt. Nicht dass sie interessierte, was ihre Verabredung von ihr halten würde, aber da mit der Bürste durchzukommen, wenn erst einmal eine bestimmte Grenze überschritten war, war ein Albtraum. Entschlossen, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, fasste sie das Haar zu einem Dutt zusammen, befestigte es mit dem Gummiband, das sie stets am Handgelenk trug, und lief mit weit ausholenden Schritten durch die ständig anschwellende Menschenmenge.

Als sie noch einen halben Block von ihrem persönlichen Schicksalsberg, auch bekannt als das Hummingbird Café, entfernt war, versuchte sie sich an einem Touristenpärchen vorbeizudrücken und versank unversehens mit einem Absatz zwischen den schmalen Streben eines Eisengitters. Ihr blieb noch eine halbe Sekunde, um »Oh, scheiße« zu denken, und schon stürzte sie und prallte mit den Knien auf das Gitter. Gott sei Dank hatte sie sich für die Jeans entschieden, die sie sowieso schon angehabt hatte, sonst hätten ihr die Knie noch mehr wehgetan als ihr verrenkter Fußknöchel.

»Ach, du meine Güte, alles okay, Schätzchen?«, erkundigte sich einer der nur langsam vorankommenden Touris; die Stimme der Frau klang aufrichtig besorgt.

Zara holte tief Luft, blinzelte gegen den Schmerz an und wollte sich aufrappeln. »Alles gut.«

»Um ein Haar hätten die Schuhe Sie umgebracht«, sagte der Begleiter, der seiner Körpersprache nach der Ehemann von Trantüte Nummer eins war. »Ich kapiere sowieso nicht, wie ihr überhaupt auf den Dingern laufen könnt.«

»Ich bin bekannt dafür, gut darauf laufen zu können.«

»Gut für Sie, Schätzchen.« Die Frau streckte die Hand aus und bot Zara ihre Unterstützung an, die auf einem Bein balancierte und den verkeilten Absatz aus dem Eisengitter zu befreien versuchte. »Hören Sie bloß nicht auf Steve. Er ist nämlich dafür bekannt, in Clogs herumzulaufen.«

Nach der Mutter aller Rucks hatte Zara ihren Schuh befreit. »Danke.«

»Kein Thema«, sagte die Frau. »Werden Sie damit noch laufen können? Der sieht ein bisschen lädiert aus.«

Die Fremde lag keineswegs falsch. Der Absatz war an den Seiten ziemlich verkratzt, andererseits schien noch alles dran zu sein. Am Ende hatte das Schicksal vielleicht doch noch ein Einsehen mit ihr.

»Ich bin Ihnen sehr dankbar, aber ich denke, ich komme zurecht.« Damit schlüpfte sie in den Schuh und überzeugte sich davon, dass sie sicher auf dem Bürgersteig statt auf dem Gitter stand, bevor sie den Arm der Frau losließ. »Ich bin in dem Café da verabredet.«

»Oh, gut, diese Stadt ist viel zu groß, um darin allein zu sein«, bemerkte die Frau, indem sie sich bei ihrem Mann einhakte. Dann wandten sich die beiden ab und schlenderten weiter den Block hinunter, während der frühabendliche Fußgängerverkehr sie umschiffte.

Obwohl ihr Fuß, als sie zum Café humpelte, noch schmerzte, stieg ihre Stimmung in Anbetracht der Erkenntnis, dass die köstlichen Kohlehydrate nur noch einen Block entfernt waren. Ihre Erwartungen an die Verabredung waren niedriger als der Bauch eines Chihuahuas, aber die Vorfreude auf endlosen Nachschub an Knabberzeug erreichte einen Höchststand. Eine Frau musste Prioritäten setzen.

Nachdem sie das Café betreten hatte, lief sie schnurstracks zu der Empfangsdame – jedenfalls so schnurstracks, wie sie es mit ihrer jüngsten Verletzung hinbekam. Dann sah sie sich im Restaurant um. Jede Menge Kerle, die aussahen, als würden sie zu viel Parfüm benutzen und ihren halben Lohn für Haarpflegeprodukte ausgeben.

»Sie sind allein?«, fragte die Empfangsdame und griff nach einer Speisekarte.

»Nein, ich bin verabredet«, antwortete Zara, die spürte, wie ihr Hitze in die Wangen stieg, als sie laut aussprechen musste, was sie hergeführt hatte. »Der Name ist Caleb.«

»Oh, ja.« Die Empfangsdame fächelte sich Luft zu. »Er ist schon da, und ich darf Ihnen sagen, Sie sind eine sehr glückliche Frau. Er sitzt …« Sie wies auf einen Tisch auf der anderen Seite des Restaurants. »… dort hinten.«

Zara folgte dem Fingerzeig und erstarrte.

Ihr Date gehörte definitiv in die Kategorie breitschultriger, muskulöser, riesenhafter Kerl, wurde aber durch eine Nase, die beschlossen zu haben schien, in eine bestimmte Richtung zu wachsen und es sich im letzten Moment doch noch anders überlegt hatte, davor bewahrt, allzu perfekt zu sein. Aber es ließ sich unmöglich leugnen: Ihr Date war heiß. Nicht so heiß wie ein männliches Model, aber wie der Schurke in einem Superheldenfilm – wie Loki, falls er Mitglied in einem Gym gewesen wäre und es regelmäßig genutzt hätte.

Das Wasser, das sie vor ihrem Aufbruch getrunken hatte, schwappte in ihrem Bauch herum. Heilige Scheiße, was hatte sie sich nur gedacht? Doch trotz der Panik, die sie erfasste, gab es jetzt kein Zurück mehr. »Sind Sie sicher?«

Die Empfangsdame nickte. »Er hat gesagt, er hieße Caleb und sei hier verabredet.«

Warum tat sie sich das an? Zara presste in dem vergeblichen Versuch, sich zu beruhigen, eine Hand auf ihren Bauch, dann nahm sie mit beiden Händen ihre Selbstbeherrschung zusammen. Klar, dabei färbten sich ihre Knöchel weiß vor Schmerz, aber sie hatte einen Plan. Dass ihre Verabredung heiß war, änderte daran gar nichts. Sie war wegen der Einladung und des SAG-Ausweises für ihren Vater hier. Und sie würde es hinbekommen.

Wie eine tapfere, aber tragische Filmheldin auf den Stufen zum Schafott reckte Zara das Kinn, richtete sich auf und straffte die Schultern.

»He, Caleb!«, tönte die Empfangsdame quer durch das kleine Restaurant. »Wie heißt Ihre Verabredung?«

Eine Woge glühender Scham stieg von Zaras Zehen auf, so heftig, dass sie überrascht war, nicht Flammen aus jeder einzelnen Sommersprosse in ihrem Gesicht sprühen zu fühlen (und davon hatte sie so viele, dass man mit zusammengekniffenen Augen hätte glauben können, sie wäre zum ersten Mal im Leben von der Sonne gebräunt). Und in dem Moment, als es ihr schien, es könnte schlimmer nicht werden, stand ihr Date auf und durchquerte das Café. Wofür sie mit ihren mehr als kurzen Beinen eine Minute benötigt hätte, überwand er mit nicht mehr als fünf langen Schritten. Dann blieb er vor dem Empfang stehen und senkte den Blick, tiefer und tiefer, bis er schließlich ihr Gesicht erfasste. Sein Lächeln schwand, wurde flach, ehe er sich besann und seine Lippen sich zu einem Lächeln kräuselten, das so einstudiert wie falsch wirkte.

»Zara?«, fragte er. Er hörte sich an, als hätte man ihm soeben die schreckliche Nachricht überbracht, ihm seinen Brokkoli nicht mit köstlicher Käsesoße servieren zu können. »Ich bin Caleb.«

Sie trat von einem Bein aufs andere und wünschte sich, in fünf Sekunden fünfzehn Zentimeter wachsen zu können. Die Bewegung belastete ihren lädierten Knöchel, der Schmerz, der sie durchzuckte, brachte sie aus dem Gleichgewicht und warf sie gegen die unnachgiebig breite Brust ihrer Verabredung.

Caleb war an Männer gewöhnt, die zweihundertdreißig Pfund wogen und ihn auf Schlittschuhen gegen die Bande droschen – falls sie viel Glück hatten und nicht auf der anderen Seite einer seiner derben Schläge landeten –, eine Rothaarige, die so winzig war, dass sie in seine Hockeytasche gepasst und noch Platz für seine Sachen gelassen hätte, brachte ihn nicht im Geringsten aus dem Gleichgewicht.

Er packte ihre Oberarme, um sie zu stützen, während sie wieder Fuß fasste. »Alles gut?«

»Alles in Ordnung, danke.« Sie reckte das Kinn, und die Röte ihrer Wangen harmonierte fast mit dem Pfirsichton der Zigtausend Sommersprossen in ihrem Gesicht. »Ich bin auf dem Weg hierher mit dem Absatz in einem Gitter hängen geblieben.«

In Wahrheit war gar nichts gut. Es war nicht zu übersehen, wie sie beim Aufrichten ihr rechtes Bein schonte und den größten Teil ihres Gewichts auf das linke legte.

»Sicher?«, fragte er, als er sie losließ und einen Schritt zurückwich, damit sie mehr Platz hatte. »Lassen Sie mal sehen. Mit verrenkten Knöcheln kenne ich mich aus.«

Klar, seine Erfahrung beschränkte sich im Wesentlichen auf die Unversehrtheit seiner eigenen Fußknöchel, was man gegen Verletzungen unternahm, war weniger sein Ding, aber zu irgendwas musste seine lange Zeit als Sportler ja gut sein. Also ging er in die Hocke und sah nach, ob ihr Knöchel blau oder geschwollen war, was für eine Verstauchung gesprochen hätte. Es sah nichts dergleichen, trotzdem bereitet er ihr offensichtlich Schmerzen. Und der Umstand, dass sie immer noch Schuhe trug, deren Absätze zehn Zentimeter hoch sein mussten, machte es definitiv nicht besser. Aber er war klug genug, um diese Feststellung nicht laut zu äußern – da er mit Schwestern aufgewachsen war, hatte er ein paar kleinere Dinge darüber gelernt, wie man als Mann nicht in jedes Fettnäpfchen trat.

»Einverstanden, wenn ich mir das mal genauer anschaue?«

Sie seufzte, atmete ein bisschen unsicher aus und nickte. »Nur zu.«

Er fuhr mit dem Daumen über und um ihren Knöchel, dabei achtete er darauf, ob ihr Gesicht ihm verriet, dass er eine empfindliche Stelle berührte. Aber abgesehen davon, dass ihr Mund an mehreren Stellen leicht verkniffen wirkte, zeigte sie keinerlei Reaktion. Wie oft hatte einer seiner Trainer schon seine Knöchel auf Verletzungen untersucht? Häufiger als er zählen konnte. Das hier war etwas anderes, aber was genau daran anders war, wusste er nicht zu sagen, außer dass sich die Haare an seinen Armen aufrichteten.

Er räusperte sich, um das unbehagliche Gefühl loszuwerden. »Wo würden Sie den Schmerz auf einer Skala von null bis zehn ansiedeln?«

Sie musterte ihn aus zusammengekniffenen Augen, ihr Blick taxierte ihn wie einen Gebrauchtwagen, über dessen Preis sie sich nicht recht klar wurde, gegen dessen Reifen sie jedoch nur so zum Spaß gerne getreten hätte. »Schon gut. Ich komme zurecht.«

Nachricht angekommen. Er stand auf. »Tut der Knöchel so weh, dass Sie Hilfe beim Gehen brauchen?«

»Nein, ich komme schon alleine klar«, antwortete sie, und wie sie »alleine« aussprach, verriet, dass sie eine Ureinwohnerin von Harbor City war. »Bringen wir es einfach hinter uns.«

Er und die Empfangsdame wechselten über den Kopf seiner bissigen Verabredung verwirrte Blicke, dann folgte er der Fremden zu dem Tisch, an dem er auf sie gewartet hatte. Auf dem Weg durch das Café fielen ihm zwei Dinge auf. Erstens, dass sie definitiv hinkte, zweitens, dass ihr Hintern in der Jeans phänomenal war. Für den Knöchel konnte er unter Umständen etwas tun, vorausgesetzt, sie hatte nichts gegen eine Fußmassage einzuwenden – was jedoch nicht sehr wahrscheinlich schien. Den Hintern musste er schleunigst wieder vergessen, ehe er diesen bescheuerten, seiner Reinwaschung dienenden Plan komplett vergeigte.

Die Wahrheit war, dass er mit Mund, Händen und Schwanz unbeteiligt bleiben würde.

Innerlich klatschte er sich Beifall.

Aber dieser Moment der Genugtuung verflog rasch. Warum? Weil sein Leben dermaßen auf den Hund gekommen war – dass er innerlich die Faust ballte, um anschließend ungeküsst nach Hause zu fahren und sich mit seiner rechten Hand zu vergnügen, und das so lange, bis er fünf Bramble-Dates auf der Habenseite vorweisen konnte.

Kaum hatten sie am Tisch Platz genommen, überkam ihn mit voller Wucht das Gefühl, nicht zu wissen, was er als Nächstes tun sollte. Besser, er hätte Zaras Dating-Profil studiert, als seine Mutter ihm damit gekommen war. Er hätte auch die Vorlesefunktion des iPad nutzen können, aber das hatte er nicht vor aller Augen in Lucys Büro tun wollen. Stattdessen stellte er jetzt fest, dass er sich komplett ohne Plan auf das dünne Dating-Eis gewagt hatte.

»So«, sagte er und griff nach der Speisekarte. Okay, er war nicht besonders gut, wenn es um Verabredungen ging – er besaß nun mal dieses Gesicht –, aber ein Anfänger war er auch nicht. Er wusste, was zu tun war. »Haben Sie schon mal hier gegessen?«

»Nein«, antwortete sie und schob sich ihre hellroten Haare hinters Ohr, ohne ihre Speisekarte aus den Augen zu lassen. »Ich stehe mehr auf Hot Dogs auf der Straße.

»Echt?« War es falsch, dass sie ihm durch diese Antwort etwas sympathischer wurde? Neunzig Prozent seiner Zeit musste er sich an einen ziemlich strengen Speiseplan halten. Und wenn ihm seine Diät mal egal war? Verdrückte er am liebsten Unmengen von Hot Dogs und Stadion-Nachos. »Mit oder ohne Würzsoße?«

Jetzt blickte sie auf und zog ihre sommersprossige Nase kraus. »Welcher schreckliche Mensch verzichtet denn auf die Würzsoße?«

Okay. Vielleicht würde die Verabredung doch kein Totalausfall.

»Also«, sagte Caleb, nachdem die Bedienung einen Brotkorb dagelassen und ihre Getränkebestellung aufgenommen hatte. »Was machen Sie so?«

Sie legte die Speisekarte weg und reckte das Kinn, als würde sie einen Schlag erwarten. »Ich bin Kunsthandwerkerin. Ich mache Miniaturen.«

Okay, die Witze lagen praktisch auf der Hand, und er hielt es kaum aus, die Klappe halten zu müssen. Er, ein Arschloch? Ja, vielleicht.

»Los, sagen Sie es schon«, sagte Zara seufzend. »Ich habe schon alles gehört.«

Ihr Tonfall verriet keinerlei Selbstmitleid, eher die erschöpfte Herausforderung, sie wissen zu lassen, was er auf Lager hatte, denn sie würde damit klarkommen. Die Wirkung war die eines dreckigen Witzes während der Bibelstunde, und die unreife Komik des Augenblicks verpuffte. Trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – rückte die Möglichkeit, die Wahl seiner Mutter zu akzeptieren, ein Stückchen näher.

»Was soll das heißen?«, fragte er, weil es ihm schäbig vorkam zuzugeben, dass seine Gedanken sich genau in diese Richtung verirrt hatten.

»›Schön, dass ich einen Job gefunden hab, der zu meiner Größe passt‹. ›Es ist bestimmt leichter, Möbel für Puppenstuben zu bauen, wenn man selbst in der Puppenstube herumgehen kann‹«, sagte sie so betontet neutral, dass ihre Kränkung dadurch eher unterstrichen als verschleiert wurde. »Ich habe diese Sprüche schon eine Million Mal gehört. Haben Sie einen neuen?«

Nun war ein extragroßes Nein angesagt. Er schüttelte den Kopf.

»Und Sie? Was machen Sie?«

»Ich bin Verteidiger bei den Ice Knights.«

Sie machte große Augen. »Die Eishockeymannschaft?«

Er nickte. Da er nicht zu der Handvoll Spieler mit Zusatzverträgen zählte, die auf Schritt und Tritt von den Medien verfolgt wurden, kam es gelegentlich vor, dass er Leute erst mal von der Richtigkeit seiner Stellenbeschreibung überzeugen musste. Einmal täglich und sonntags zweimal  – das erschien ihm durchaus tragbar.

»Wieso sind Sie dann bei Bramble?«, wollte sie wissen. »Gibt es keine superexklusive App für Leistungssportler?«

»Ich habe meine Gründe.« Genau, und die Gründe waren, dass er sich in der Öffentlichkeit wie ein totaler Arsch aufgeführt hatte. War bestimmt das perfekte Gesprächsthema für ein erstes Date. Aber Lucy wäre damit ganz sicher nicht einverstanden.

Zu seinem Glück suchte sich die Bedienung diesen Moment aus, um an ihrem Tisch aufzutauchen und ihre Bestellungen aufzunehmen, ehe Caleb irgendwas Dummes sagen konnte, beispielsweise die Wahrheit. Er orderte Wasser, sie bekam einen Milkshake. Wie sie die Augenbrauen hob, schien sie ihn zu einer Bemerkung herauszufordern. Ja, klar, ganz sicher nicht.