Ich bin ja nicht rechts, aber ... - Anna Siebenstein - E-Book

Ich bin ja nicht rechts, aber ... E-Book

Anna Siebenstein

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Beschreibung

Roman für Jugendliche von 12-16 Jahren, auch als Unterrichtslektüre an weiterführenden Schulen geeignet, Fach: Deutsch, Klasse 7-10 +++ Leseschwache Schüler*innen geben schnell frustriert auf, wenn die Lektüre zu schwer, zu lang und zu langweilig ist. Diesen Frust können Sie sich und Ihrer Klasse mit den Taschenbüchern aus der Reihe K.L.A.R. ersparen: Eine insgesamt geringe Textmenge, überschaubare Leseabschnitte, ein leicht verständliches Vokabular und die Sprache des Alltags helfen Ihren Schüler*innen, sichere Leser*innen zu werden. Durch aktuelle Themen aus der Lebenswelt der Jugendlichen bekommen sie Lust am Lesen und Mut zum Weiterlesen. Der Roman ist somit ideal für die Leseförderung in der Sekundarstufe geeignet und kann von Lehrkräften als Schullektüre an Förderschulen, Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen eingesetzt werden. Zum Inhalt des Romans: Nils muss umziehen, weil sein Vater den Job wechselt - schon wieder! Er steht ohne Freunde da, an einer neuen Schule, an der er niemanden kennt. Doch dann findet Nils schneller Anschluss als gedacht. Seine neuen Kumpel sind ziemlich cool - auch wenn sie anscheinend ein Problem mit Menschen haben, die ihrer Meinung nach nicht nach Deutschland gehören. Zunächst kann Nils ihre Einstellung nicht nachvollziehen, aber je mehr Zeit er mit ihnen verbringt, desto stärker lässt er sich mitreißen. Und nur, weil er mal Beiträge gegen Migrant*innen postet oder mit zu einer rechten Demo geht, ist er ja lange noch nicht rechts - oder?

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Seitenzahl: 94

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Impressum

Titel

Kurz – Leicht – Aktuell – Real

Ich bin ja nicht rechts, aber …

Autorin

Anna Siebenstein

Umschlagmotive

Covermotiv: © Sabphoto – Shutterstock.com

Hintergrund Buchrückseite:

© Olga Kovalenko – stock.adobe.com

E-Book-Herstellung und Auslieferung

readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net

Verlag an der Ruhr

Mülheim an der Ruhr

www.verlagruhr.de

Ab 12 Jahre

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

© Verlag an der Ruhr 2020

E-Book ISBN 978-3-8346-4332-2

Begleitendes Unterrichtsmaterial:

K.L.A.R. – Literatur-Kartei:

„Ich bin ja nicht rechts, aber …“

Anna Siebenstein

Kl. 7–10, 64 S., A4

Hefter: ISBN 978-3-8346-4344-5

PDF:      ISBN 978-3-8346-4352-0

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Artikel 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland

1

Die letzte Schulstunde war vorbei. Langsam packte Nils seine Sachen ein.

Liam war damit am schnellsten gewesen, er flitzte schon Richtung Tür. Der konnte es wohl kaum abwarten!

„Hey, Liam!“, rief Nils’ Sitznachbar Murat.

„Sehen wir uns nachher zum Zocken?“

„Klar“, antwortete Liam. „Um drei bei mir!

Elli, bist du auch dabei?“

„Jipp“, meinte Elli. „Muss aber noch zum Handball später.“

Der Raum leerte sich blitzschnell. Anscheinend hatten alle was Tolles vor – nur Nils hatte keine Eile. Auf ihn wartete ja auch keiner. Seine Eltern waren arbeiten. Im Kühlschrank würde das Essen stehen, für die Mikrowelle. Und der Nachmittag lag endlos vor ihm. Diese Stadt langweilte ihn jetzt schon, obwohl er erst seit einem Monat hier wohnte! Er kannte einfach niemanden. Er hätte gern gewusst, was die anderen spielten. FIFA? Call of Duty? Fand er beides ziemlich gut. Aber er traute sich nicht zu fragen. Das hatte seinen Grund: An seinem ersten Tag hatten Elli und Liam ihn angequatscht, ob er nicht bei ihrer Klimaschützer-Gruppe mitmachen wollte. Klimaschützer? Welt retten und so? Nils hatte ganz andere Probleme nach dem Umzug – und ungefähr so hatte er ihnen das auch gesagt. Wahrscheinlich hatte er sich etwas im Tonfall vergriffen. Jedenfalls hatte danach niemand aus seiner Klasse mehr den Versuch gemacht, Nils zu irgendetwas einzuladen. Und dieses Klimaschützer-Ding fanden anscheinend alle super.

Mal sehen, vielleicht konnte er ja später online gegen Durmuş zocken. Aber das war nicht das Gleiche. Es war so viel cooler, wenn sie nebeneinanderhockten und danach noch ein bisschen zusammen abhingen!

Auf der Straße fischte er sein Handy aus dem Rucksack und schaltete es ein. Es piepte.

Immerhin – eine Nachricht von Durmuş. Wenigstens einer, der mal an ihn dachte. Seine Leute aus Paffhausen hatte Nils stumm geschaltet. Er fand es zu deprimierend, dort mitzulesen, ohne weiter dabei zu sein.

Digger – was geht in Arenberg?, schrieb sein Freund. Alles klar? Wie sind die Ladies? Muss mal rumkommen die Tage …

Nils seufzte. Nichts geht in Arenberg, dachte er gereizt. Gar nichts.

Noch nie hatte er sich so gelangweilt wie hier.

Und hässlich war die Stadt noch dazu.

Ob Durmuş ihn wirklich demnächst mal besuchen kam? Das wäre die erste gute Nachricht seit Wochen!

Er tippte: Nix los hier, Alter!! Superöde. Wenn du …

Weiter kam er nicht – er war in einen Typ reingelaufen, der ungefähr in seinem Alter war. Was starrte der ihn denn jetzt so finster an?

„Hast du keine Augen im Kopf?“, rutschte es Nils heraus, bevor der andere den Mund aufmachen konnte.

„Was willst du denn? Wer hat denn hier auf sein Handy geglotzt?“, fragte sein Gegenüber. Nils spürte, wie Wut in ihm hochstieg. Sein Kopf wurde ganz heiß. Was war das eigentlich für ein beschissener Tag heute?

„Ja, dann geh halt zur Seite, Mann!“, rief er.

„Willst du Ärger, oder was?“

Neben dem Typ baute sich ein zweiter auf.

„Schön vorsichtig, Junge“, sagte er.

„Selber vorsichtig“, drohte Nils trotzig, aber seine Stimme klang etwas wacklig dabei. Das machte ihn noch wütender. War er eigentlich der einzige Mensch in dieser Stadt, der dauernd allein unterwegs war?

Der andere ging noch einen Schritt auf ihn zu.

Er stand jetzt ganz dicht vor ihm, Nils konnte Tabak und Schweiß riechen.

Instinktiv gab Nils ihm einen Schubs. „Abstand!“, fauchte er.

Die beiden Jungs sahen sich an. „Abstand“, lachte der, in den Nils hineingelaufen war.

„Ich zeig dir gleich, was Abstand ist!“ Er griff Nils am T-Shirt. Dessen Herz schlug schneller. Wie kam er da am besten wieder raus?

„Pfoten weg von dem Mann!“, rief da plötzlich jemand. Nils fuhr herum. Zwei Jungs von seiner Schule kamen mit schnellem Schritt auf sie zu. Er kannte sie vom Sehen – sie hingen dauernd auf dem Schulhof ab, genau vor dem Fenster seines Klassenzimmers. Aus Unterricht und der Meinung der Lehrer machten sie sich anscheinend nicht so viel. Aus Zigaretten und Musik dagegen schon mehr … Nils fand sie ziemlich cool. Sie mussten ein oder zwei Stufen über ihm sein, aber er hatte keine Ahnung, wie sie hießen.

Die Typen, mit denen er aneinandergeraten war, sahen sich an. Der eine flüsterte dem anderen etwas ins Ohr. Er schien auf einmal ziemlich nervös zu sein.

„Sollen wir jetzt den Schwanz einziehen, oder was?“, fragte der andere halblaut zurück.

Die beiden Jungs hatten sie nun erreicht und stellten sich links und rechts von Nils auf. „Passt mal auf, ihr Assis“, sagte der eine von ihnen laut. Er trug ein Cap und einen Hoodie im Hip-Hop-Style. „Wenn ihr jemanden verprügeln wollt, dann sucht euch einen von eurer eigenen Assi-Schule, okay? Oder sonst wen. So Jungs wie den hier lasst ihr schön in Ruhe, alles klar?“

Er legte Nils die Hand in den Nacken wie ein freundlicher Onkel.

Der andere hatte braune Haare und war ein bisschen kleiner als sein Freund. Meistens, auch heute, hatte er eine Trainingsjacke und weite Hosen an. Er sprach leise und drohend, aber es war nicht weniger eindrucksvoll.

„Ganz genau“, sagte er. „So Jungs wie den hier lasst ihr schön in Ruhe, sonst kriegt ihr ein Riesenproblem. Poliert lieber euresgleichen die Fresse, wenn ihr ein bisschen Sport braucht. Ist das klar?“

Die Gegner murmelten noch irgendetwas und marschierten dann schnellstmöglich an der Gruppe vorbei. Nils stellte zufrieden fest, dass das Ganze gelaufen war.

„Danke!“, sagte er verblüfft und atmete durch. „Kein Ding“, meinte der mit dem Cap, „wir müssen ja zusammenhalten.“ Er streckte ihm die Hand hin. „Ich bin Paul.“

„Nils!“ Er schlug ein. „Wir“ – das klang gut. Auch wenn er nicht sicher war, was genau Paul damit meinte.

„Und ich bin Leo“, sagte der mit den braunen Haaren. „Und immer wieder fassungslos, wenn so Typen, die in unserem Land zu Gast sind, sich hier benehmen wie das Allerletzte.“ In unserem Land zu Gast? Nils stutzte. Es stimmte, der eine von beiden hatte einen dunkleren Teint gehabt. Und vielleicht hatte der andere mit leichtem Akzent gesprochen. Aber … Egal, die zwei hier hatten ihn grad aus einer echt blöden Situation rausgehauen!

„Was soll’s“, meinte Paul jetzt. „Bock auf ’ne Cola?“

Nils spürte, wie das Blut zum zweiten Mal an diesem Tag in seinen Kopf schoss – dieses Mal vor Freude. Oh, Mann! Hoffentlich wurde er nicht rot. „Klar!“, sagte er und versuchte, cool zu klingen.

2

Kurz darauf saßen sie vor einem Café in der Sonne. „Café Heimat“ stand auf dem handgeschriebenen Schild über der Tür.

„Nett hier“, sagte Nils in ein kurzes Schweigen hinein und kam sich gleich darauf ein bisschen blöd vor. „Nett hier“, das hätte seine Mutter jetzt auch sagen können. Aber Paul nickte. „Gehört ’ner Freundin von uns, Gina“, erklärte er und deutete hinein zu dem Mädchen hinter der Theke. „Kanntest du den Laden noch nicht?“

„Nein, ich kenne hier nicht so viel.“

„Du bist neu an der Schule, oder?“, fragte Paul. Nils nickte. Er war erstaunt, dass Paul das wusste. Ihn selbst hatten die jüngeren Klassen noch nie interessiert. „Wir sind erst vor einem Monat hergezogen“, erklärte er.

„Vorher haben wir in Paffhausen gewohnt.“

„Scheiße, oder? So ein kompletter Neuanfang?“, sagte Leo. „Stell ich mir superanstrengend vor.“

„Ja, das ist mies. Ist auch schon das zweite Mal, der letzte Umzug ist erst fünf Jahre her.“

„Krass. Dann brauchst du dringend Freunde, was?“ Paul zwinkerte ihm zu und schlug ihm auf die Schulter. „Wir freuen uns immer über neue Leute! Vielleicht hast du ja mal Lust, ein bisschen mit uns rumzuhängen. Dann musst du auch keinen Schiss mehr vor dem Assi-Trupp von eben haben. Da gehören nämlich noch mehr dazu … Aber die ziehen schön den Schwanz ein vor uns.“

„Da wäre ich dabei!“ Nils konnte nicht vermeiden, dass sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. Na bitte – kaum vier Wochen da und schon saß er mit den coolsten Jungs der Schule zusammen. Schien ja mal zu laufen bei ihm!

Gina kam zu ihnen an den Tisch. Sie hatte einen dunklen, witzigen Kurzhaarschnitt und ihre Arme waren komplett tätowiert. Sie war mindestens zwanzig, schätzte Nils. Wenn sie grinste, hatte sie Grübchen, irgendwie süß. Und sie grinste ziemlich breit, als sie die Jungs sah.

„Schau an, schau an, der Nachwuchs tagt!“, sagte sie mit einer leicht heiseren Stimme und kaute auf ihrem Kaugummi herum. Oh, Mann! Nils mochte das ziemlich gern, wenn Mädels ein bisschen heiser klangen … Im ersten Moment fürchtete er, dass sie nur ihn meinte mit dem Nachwuchs. Immerhin war er jünger als seine neuen Bekannten. Aber sie zog Paul das Cap ab und strubbelte ihm und Leo gleichzeitig über den Kopf.

Paul fand das witzig, Leo verzog den Mund und wischte ihre Hand beiseite.

„Ein Weizen“, sagte Gina und zeigte auf Leo, „… und ’ne Cola“, und sie deutete auf Paul.

Die Jungs nickten.

„Dann fehlt mir nur noch einer?“, ergänzte sie und schaute Nils fragend an.

„Ähm …“ Nils überlegte eilig. Weizen hatte er in seinem ganzen Leben noch nicht getrunken. Er hätte Lust auf eine Orangenlimo, aber das war ihm jetzt irgendwie peinlich.

„Für mich auch ’ne Cola, bitte“, murmelte er schließlich.

„Alles klar. Dopen für die Hausaufgaben, was?“ Gina lachte und verschwand.

Paul fuhr sich über das kurze, blonde Haar, als ob er es wieder in Ordnung bringen wollte. Er sah Gina nach, dann wandte er sich wieder Nils zu. „Die ist heiß, oder?“

Ja, das fand Nils auch. Aber er wollte das Thema lieber nicht vertiefen. Er suchte nach einer Ablenkung und sein Blick fiel auf Pauls Cap. Die lag jetzt auf dem Tisch. „Komplott“ stand darauf und ein schlecht gelaunter Hasenkopf starrte Nils an. „Ich habe erst Kompott gelesen“, rutschte es ihm heraus, dann kicherte er nervös. Mann, was redete er für einen Mist heute?

„Ja, Mann“, lachte Leo auf und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Mittwochs die Kompott-Mütze, Donnerstag die mit Vanillepudding!“ Er schlug mit der Hand auf den Tisch. Nils wäre am liebsten im Boden versunken.

Aber Paul lachte nicht. „Sagt dir nichts, Komplott?“, fragte er freundlich.

„Sollte es?“, fragte Nils schüchtern.

„Muss nicht! Aber lohnt sich, den Typen mal zu checken! Macht ziemlich guten Rap“, erklärte Paul.

Leo sah Nils komisch an. Irgendetwas war an seinem Blick, das Nils nicht gefiel. So etwas Lauerndes. Aber dann wollte er nur freundlich wissen: „Bist du eigentlich bei Facebook?“ „Ja, bin ich“, erwiderte Nils.

„Cool. Sind unsre Leute eigentlich alle. Da kriegst du ein bisschen was mit von unserer Musik und so. Und was so geht.“ Er zog sein Smartphone heraus. „Wie heißt du da?“

„Nils …“ Nils räusperte sich. „Nils Degenkamp.“

„Kein Alter Ego?“, grinste Leo.

„Kein was?“