Ich, Harald Schmidt - Rob Vegas - E-Book

Ich, Harald Schmidt E-Book

Rob Vegas

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Beschreibung

Unterhaltsame Satire vom Allerfeinsten: Die erste und einzig wahre gefälschte Autobiografie der Late-Night-Ikone Harald Schmidt! Bis auf den ein oder anderen Ausflug mit dem Traumschiff hat Dirty Harry mittlerweile sämtliche TV-Aktivitäten eingestellt und ist nun Facility-Manager seiner eigenen Produktionsfirma. Seine Fernsehkarriere ist zwar im Eimer, aber dafür hat er als Privatier jetzt jede Menge Zeit. Die Gelegenheit also, sein bewegtes Leben Revue passieren zu lassen. Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht er? Eine schonungslose Abrechnung mit allem soll es werden, mit dem Fernsehen, mit seinen ehemaligen Sidekicks und vor allem mit sich selbst. Harald Schmidt, das legendärste Urgestein der deutschen Fernsehlandschaft, lässt endlich die Hüllen fallen – darauf haben die Fans seit Jahrzehnten gewartet!

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Seitenzahl: 336

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Das Buch

Seit 2009 führt Rob Vegas ein Fake-Profil von Harald Schmidt auf Twitter. Angefangen hat es als Schnapsidee, heute folgen dem falschen Schmidt fast 80.000 Leser. Von Basel bis Flensburg, von der BILD bis zur WELT sind so ziemlich alle Medien schon einmal auf die gefakten Twitter-Schlaglichter reingefallen. Den Followern ist die Echtheit schon lange egal. Sie wollen täglich Gags zu aktuellen Themen von Dirty Harry auf ihrem Smartphone lesen. Sie wollen Schmidt, und Rob Vegas liefert ihn. Er ist sozusagen sein inoffizieller Social-Media-Manager.

Fakt ist, niemand weiß, wie der echte Harald Schmidt wirklich tickt. Was er über seine Kindheit denkt, seine Stationen an diversen Theatern, die Höhen und Tiefen im TV-Geschäft. Nicht einmal sein genaues Geburtsdatum ist bekannt. Doch jetzt wird aufgeräumt. Endlich gibt uns Rob Vegas einen Einblick in Dirty Harrys Leben von Anfang an: ziemlich frei erfunden und zum Niederknien komisch!

Der Autor

Robert Michel alias Rob Vegas wurde 1984 in Bielefeld (Westfalen) geboren. Abgebrochenes Studium der Politikwissenschaften. Seitdem ist er Produzent der Rob Vegas Show, außerdem Social-Media-Berater, Blogger und Kolumnist. Er betreibt seit Jahren den falschen Twitter-Account von Harald Schmidt, dem schon jede Menge Zeitungen auf den Leim gegangen sind. Schmidt selbst hat sich noch nie beschwert.

ROB VEGAS

Ich,Harald Schmidt

Die ganze unfassbare Wahrheitüber mein Leben

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Dieses Buch ist reine Fiktion.Es beruht in weiten Teilen nicht auf tatsächlichen Recherchen.Alles könnte, nichts muss so sein wie beschrieben.

1. AuflageOriginalausgabe Dezember 2015Copyright © 2015 by Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlaggestaltung: UNO Werbeagentur, München,unter Verwendung eines Motivs von FinePic®, München Lektorat: Doreen Fröhlich DF · Herstellung: Str.Satz: DTP Service Apel, HannoverISBN: 978-3-641-17585-6www.goldmann-verlag.deBesuchen Sie den Goldmann Verlag im Netz:

Für meinen Vater Anton.

Inhalt

Kapitel 1

Braike und nicht Beverly Hills

Kapitel 2

Theater im Fernsehen

Kapitel 3

Endstation Humor

Kapitel 4

Ein Stier in Salzburg

Kapitel 5

»MAZ ab!«

Kapitel 6

Die Liebe meines Lebens

Kapitel 7

Ich verstehe keinen Spaß

Kapitel 8

Ich, David Letterman

Kapitel 9

Kreativ Pause einlegen

Kapitel 10

Eine neue Epocher

Kapitel 11

Filetsteak zum Schleuderpreis

Kapitel 12

Skyfall

Kapitel 13

Senden aus Nordkorea

Kapitel 14

Nur noch Traumschiff

Kapitel 1

Braike und nicht Beverly Hills

Sputnik wurde 1957 von den Russen in die Umlaufbahn geschossen. Ich hingegen glitt am 18. August desselben Jahres butterweich aus dem Leib meiner Mutter in Schwaben. Entschuldigen Sie mir bitte derlei Firlefanz, aber man schreibt nicht jeden Tag eine Biografie. Da müssen schon ein wenig Kitsch und Weltpolitik gestattet sein, um den so gewöhnlichen Prozess einer Geburt zu beschreiben. Noch nie habe ich übermäßig viel auf mein eigenes Leben gegeben. Schon immer empfand ich es als normal und fühlte mich mehr der Beobachterrolle zugetan. Genau aus diesem Grund verabscheue ich auch Erzählungen über die Kindheit. Ich war ein Kind und hatte gute Eltern. In der heutigen Zeit ist das ja schon fast ein Alleinstellungsmerkmal. Beim Stichwort Kindheit werden nun natürlich viele Leser gleich an das beschauliche Nürtingen denken. Geburtsort ist und bleibt aber Neu-Ulm. Das sind 70 Kilometer Unterschied und für einen Schwaben damit eine größere Weltreise mit mindestens fünf Pausen in guten Besenwirtschaften.

Ganz sicher bin ich mir nicht, ob ich diese Biografie überhaupt je hätte schreiben sollen. Zahlen, Daten, Fakten sind doch nur Schall und Rauch. Wer will schon ein Leben mundgerecht zwischen zwei Buchdeckel quetschen? Meist ist es nicht mehr als eine Handvoll nie so erlebter Geschichten, die man immer wieder erzählt und am Ende irgendwann selber glaubt. Vieles hat man vielleicht sogar irgendwann in seinen Zwanzigern des Nachts geträumt, und mit spätestens 50 Lenzen auf dem Buckel wird der ganze Mist dann auf einmal zur unumstößlichen Wahrheit. Da würde ich es doch vorziehen, mich von Sandra Maischberger am Sterbebett interviewen zu lassen und dabei sogar in ihre wunderschönen Augen blicken zu dürfen. Grüße bitte!

Glückwunsch übrigens. Sie haben hier also in meine großartige Verklärung der Dinge investiert. Dafür möchte ich mich auch im Namen des darbenden Buchhandels herzlich bedanken. Nur halber Dank gebührt dabei den Lesern am Display. Papier ist hingegen auch ohne Akku für die Touchbedienung ausgerichtet. Mögen Sie auch bitte nicht dieses Werk als Hörbuch erworben haben. Die werden meist nur von mittelmäßigen Comedians gelesen, welche aktuell keine Buchungen vorweisen können und mit mir so viel zu tun haben wie eine Vergaserabdichtung mit dem MoMa.

Was ich Ihnen über meine Kindheit verraten kann, wenn Sie also schon so drauf bestehen? Sie war glücklich und wurde durch meinen jüngeren Bruder Reinhard geprägt. Wir haben zusammen gespielt. Brüder spielen nämlich gern miteinander. Am liebsten Fußball mitten auf der Hermann-Löns-Straße, wie in unserem Fall. Die gibt es sicher noch weitere hundert Mal im Bundesgebiet, doch für uns Kinder war sie der einzig wahre Times Square in der Braike. Wir waren zu fünft und wohnten auf 56 Quadratmetern, die Mutter meines Vaters lebte lange Jahre bei uns. Das kleine Zimmer musste ich mir bis zu meinem neunzehnten Lebensjahr mit Reinhard teilen, danach konnte ich nicht mehr und bin ausgezogen. Die elterliche Wohnung damals jedenfalls, traditionell, mit Kruzifix an der Wand und den betenden Händen von Dürer über dem Ehebett. Weihwasserkessel direkt am Eingang. Die Braike war nun auch nicht gerade von Jugendstilvillen durchsetzt, doch dafür war man hier nah am Puls der verarbeitenden Industrie. Klassische Arbeitersiedlung also. Noch heute kaufe ich deswegen nur Baumaschinen von Metabo. So ein Werk direkt in der Heimat beeinflusst spätestens im gehobenen Alter spontane Kaufentscheidungen im Baumarkt.

Prägung ist hier das Zauberwort. Wo soll die Reise im Leben später hinführen, wenn man als Kind schon jedweden Genuss und jede erdenkliche Freiheit für sich beanspruchen konnte? Und, ganz wichtig: Durch so wenig Raum mit der Familie entwickelt man außerdem ein gutes Maß an Bescheidenheit für die eigene Zukunft. Ich könnte heute in einer Zelle wie Uli in Landsberg hausen und würde es allein vom Platz her noch als echten Luxus empfinden. Niemand von uns hatte damals ein eigenes Zimmer, und doch war da ein schützendes Dach über unseren Köpfen. Nach solchen Umständen lernt man die erste eigene Wohnung erst so richtig zu schätzen. Jedes beliebige Hotelzimmer fühlt sich heute für mich wie ein viel zu großes Haus an. Ein Tisch, ein geräumiges Bad, ein eigener Kleiderschrank und eine gefüllte Minibar sind für mich schon ein ganzes Reich.

In kulturellen Themenabenden auf 3sat wird man dann auch gern vorsichtig auf die lieben Eltern angesprochen. Ja, sie waren Heimatvertriebene. Ich kann damit einen echten Migrationshintergrund vorweisen! Ein wahres Must-have in unserer Gesellschaft. Da geht es eines Nachts mit dem Rucksack raus auf die Straße, und auf einmal ist die geliebte Heimat futsch. Das können Sie mittlerweile sogar auf Wikipedia zur Vorbereitung auf ein Interview mit mir nachgoogeln. Mir deshalb eine schwierige Kindheit andichten zu wollen ist aber einfach absurd und vor allem falsch. Wir waren einfach Kinder aus Nürtingen. Schlicht kleine Buben mit lauter Flausen im Kopf. Da wurde bei den Pfadfindern abends am Lagerfeuer auch kein Integrationsbeauftragter hinzugezogen, wenn wir uns gegenseitig versaute Witze erzählt haben. Wir spielten nicht mit alter Munition aus dem Zweiten Weltkrieg, sondern bolzten anständig wie die Stuttgarter Kickers durch die Straße. Und ich saß auch ganz bestimmt nie auf dem Schoß meines Vaters Anton, von uns liebevoll und kurz Toni genannt, und habe ihn permanent nach Adolf, der Wehrmacht und seiner eigenen Rolle im Krieg ausgefragt. Bestenfalls an einen Satz aus meiner Kindheit kann ich mich gut erinnern: »Das können wir uns nicht leisten.« Dabei ging es uns im Vergleich zu anderen Familien noch recht gut. Angestelltenhaushalt mit geregeltem Einkommen. Ganz klare Ansagen der Erziehungsberechtigten, aber immer liebevoll. Da ging man vielleicht an den Wochenenden einmal mit Papa Toni ins Freibad und ansonsten halt Schule, jeden Sonntag in die Kirche und eben bolzen, was das runde Leder hergab. Ich kann mich ehrlich gesagt an keine einzige Backpfeife erinnern. Auch wenn ich sie für meine Rotznäsigkeit sicherlich ab und zu verdient gehabt hätte. Ich bin da übrigens auf einer Linie mit dem aktuellen Papst. Ein kleiner Klaps auf den Hintern kann durchaus pädagogisch wertvoll sein. Sogar zwingend notwendig für eine gute Kinderstube! Man stirbt nicht davon, die kleine Grenzüberschreitung weist eine klare Linie auf und sorgt im späteren Leben für die nicht zu unterschätzende Fähigkeit, mindestens eine Stunde lang still sitzen zu können. Da liegt der Papst im Gegensatz zu den verklemmten Müttern im veganen Strickpullover einfach goldrichtig. Meine Eltern verzichteten aber darauf. Wir wurden allenfalls sofort ins Bett geschickt, wenn mal irgendwas war. Und von Oma beim Verlassen der Wohnung immer mit Weihwasser bestäubt. Für den Nachmittagsslot bei RTL2 wäre unsere Familie heute also völlig uninteressant.

Auch wenn sie noch so klein gewesen sein mag, meine Familie ist für mich in erster Linie schon immer heimliches Testgelände für meinen brillanten Humor gewesen. Bereits sehr früh habe ich mir das Badetuch umgehängt und daheim den Priester gegeben. Ich wusste schon als Dreijähriger, dass mein Name einmal mit viel Glanz verbunden sein würde. Im Gegensatz zu heutigen Patchwork-Komplexen konnte sich meine Mutter ja auch noch Zeit für mich nehmen. KITA war noch nicht einmal als Begriff in den deutschen Wortschatz aufgenommen. Meine Mutter musste keinen DAX-Konzern durch die weltweite Finanzkrise schippern, sondern ich war ihr alleiniger Job mit etlichen Überstunden und Hausaufgabenhilfe. Heute undenkbar! Da gab es halt einfach genügend Raum für einen heranwachsenden Publikumsmagneten, welcher sich täglich neu am Rockzipfel der lieben Frau Mama ausprobieren konnte. Jeder kleine Wortfetzen von mir wurde da von Familie, Verwandtschaft und gelegentlichen Gästen in der Wohnstube mit purem Gold aufgewogen. Da genoss ich echte Narrenfreiheit. Ich war der selbst ernannte und gefeierte Star in der Familie. Da hatte ich aber auch einfach Glück gehabt. Es gab damals noch keinen Fernseher zur Dauerberieselung der Synapsen. Wir hätten ihn uns auch nicht leisten können. Da musste man schon auf einen Besuch vom lieben Onkel Franz warten, welcher berühmt und berüchtigt für seine Scherze bei uns Kindern war. Er war unser Held und hatte immer neue Geschichten im Gepäck. Late Night war mir damals noch nicht einmal als Begriff bekannt. Das ist schon verrückt. Als ich, ein kleiner Bua von fünf Jahren, meine ersten Sätze in die Welt brabbelte, übernahm gerade Johnny Carson in Amerika die legendäre »Tonight Show«. Zugegeben, ich habe reichlich spät damit begonnen, in ganzen Sätzen zu sprechen. Anfangs habe ich sogar heftig gestottert und konnte erst Jahre später einen geraden Satz über die Kauleiste hinaus in die Welt posaunen, doch irgendwann klappte es mit einem Schlag reibungslos. Ich wollte wohl wie immer gleich das große Ganze und habe mir bis zum Erwerb des kompletten Wortschatzes meine Zähne an den Kleinigkeiten ausgebissen.

Schule, und dieses Thema gehört ja zur Kindheit unweigerlich dazu, war ein heikles Pflaster. Ich bin sicherlich kein Meisterschüler gewesen, doch wusste ich immer genau, wann eine gesunde Portion Ehrgeiz für den Leistungsnachweis gefragt war. Abitur war halt schon vom Elternhaus her Pflicht und musste erlangt werden. Meine wirklichen Interessen lagen allerdings woanders. Schon sehr früh habe ich mich für das klassische Theater interessiert. Am Gymnasium entfachte sich meine Leidenschaft so richtig. Getoppt wurde jene Faszination für das klassische Schauspiel nur, wenn da eine Mitschülerin zum Beispiel im Unterricht äußerst dümmlich beim Lehrer gefragt hat, ob man denn im Abi den Robespierre kennen müsste? Dann wurde da nicht gemeinschaftlich im Team auf die durchaus wichtige Tatsache hingewiesen, dass die Französische Revolution nun einmal ein zentrales geschichtliches Ereignis gewesen ist, sondern dann wurde eiskalt von mir und der letzten Reihe im Verbund und ohne Rücksicht auf Verluste vom Leder gezogen. Nicht mit nur einer einfachen Wiederholung der Frage nach Robespierre, sondern gefühlte 1.000 Mal pro Schulstunde. Das wurde ausgeweidet bis hin zum Schulausflug! Davon zehrte man Monate. Selbst heute, wenn mir diese Situation von damals wieder in den Sinn kommt, entdecke ich darin immer noch mehr Komik als im 90-minütigen Programm mancher Comedians. Natürlich hat man auch manchmal selber einstecken müssen. Is halt so. Man muss das sportlich sehen. Diese Fähigkeit ist übrigens nicht zu unterschätzen. Deeskalieren lautete hier die Devise, und man konnte dieses Prinzip schon im frühen Bildungsbetrieb erlernen. Meine gigantische Karriere begann sicher nicht erst bei Sat.1 in den Neunzigern als Host einer eigenen Late-Night-Show. Sie begann im Schulbetrieb. Mit fünfzehn Jahren war ich schon längst der humoristische Mittelpunkt meiner Klasse. Klassenclown wäre hier eine glatte Untertreibung, denn die gesamte Schule war mein Publikum. Da hatte ich das Mikrofon beim Schulausflug im Bus schon vor der Abfahrt in der Hand. Später im Schullandheim beim bunten Abend die einzelnen Lehrer imitieren. Ein Mathelehrer hatte zum Beispiel den Spitznamen »Idi«. Da boten sich natürlich gagtechnisch schon viele Witze auf Idi Amin an. Kennt man wahrscheinlich heute gar nicht mehr. Können Sie gleich mal zwischen Abwasch und »Tagesthemen« googeln. Das war halt damals so ein bekannter Diktator. Ich habe auch mal fünf Seiten Englisch-Aufsatz aus einem leeren Heft vorgelesen, weil ich die Hausaufgaben nicht gemacht hatte, das Ganze aber als wertvolle Chance ansah, meine Improvisationskünste zur Schau zu stellen. Die Lehrerin konnte es gar nicht glauben. Für sie war das so gut, dass sie mir am Ende voller Bewunderung eine Eins gegeben hat. Es blieb aber nicht nur beim Spaß in der Schule. Sogar Fronleichnam habe ich im katholischen Pfarrgarten die Moderation buchstäblich an mich gerissen. Ich war eigentlich schon als Bub immer auf Tour, und ab drei Leuten in meiner unmittelbaren Umgebung konnte die Show steigen.

Schule und Kirche haben mir in meinem Leben erste Räume für Komik eröffnet, weil man im Unterricht viel Zeit für die Beobachtung der Lehrer und Mitschüler hat. Erst über die Wochen und Jahre kann man die kleinen Macken so richtig erfassen und bekommt die Zeit dafür auch noch vom Staat geschenkt. Mit 16 Jahren bot sich mir dann die Möglichkeit, über ein Austauschprojekt einmal nach London zu kommen. Ich stand dort im West End am Piccadilly Circus, vollkommen berauscht vom Schimmer der Metropole, und sah ein großes Kinoplakat mit Clint Eastwood. Ich weiß sogar noch heute den Filmtitel: High Plains Drifter mit Musik von Dee Barton. Es hat mich damals unfassbar angemacht. Clint Eastwood mit Peitsche und Colt im Anschlag vor einer blutroten Wildwest-Szenerie. Darüber der Satz: »They’d never forget the day he drifted into town.« Das gefiel mir. Irgendwann würde hier sicher auch ein Plakat von mir hängen. Vielleicht nicht der Westernheld Harald Franz Schmidt im Abendrot des Death Valley, aber in nicht allzu ferner Zukunft würde man meinen Namen großflächig plakatieren. Vielleicht gar als Schauspieler des Jahres unter Claus Peymann. Ausgezeichnet in Theater-Fachzeitschriften und von den Kritikern hochgelobt. Keine existierende Lebensform würde mich jemals vergessen. Ich würde ganz sicher kein gewöhnliches Leben als Arbeitnehmer bestreiten. Ich nicht! Mein Name war zu weitaus mehr Glanz vorbestimmt.

Komik in Verbindung mit einer anständigen Kinderstube hatte in der Schule übrigens rückblickend gesehen immer den angenehmen Nebeneffekt gehabt, dass die Lehrer ein gewisses Maß an Wohlwollen bei der Notenvergabe gezeigt haben. Tief in mir drin war ich sicherlich auch ein verdammter Streber, aber wahrscheinlich hat mir meine Rolle als Komiker der Stufe ebenfalls ein wenig dabei geholfen, das Abitur zu bestehen. Selbst der Schulleiter war insgeheim ein großer Fan von mir und verfolgte meine spätere Karriere. Zumindest berichtete mir meine Mutter davon, als sie ihn vor einigen Jahren einmal morgens in der Bäckerei traf. Schule kann einem Kind einfach endlosen Freiraum und ein riesiges Übungsfeld für die eigene Persönlichkeit verschaffen. Heute dagegen kommt mir Schule immer mehr wie eine Art Hochleistungs-Assessment-Center vor. Schule muss und darf am Ende der Ausbildung durch die Lehrkräfte keine menschliche Fertignahrung für die Industrie liefern, so sehe ich das. So was ist einfach nicht Sinn und Zweck der Institution. Der Schulbetrieb formt in erster Line einen Charakter heran und sollte neue Interessen bei Schülerinnen und Schülern wecken. Weitläufig bilden und nicht für einen gewünschten Beruf zurechtruckeln. Der verehrte Kollege Günther Jauch zum Beispiel moderiert heute erfolgreich »Wer wird Millionär?«, und ihm gehört halb Potsdam. Obwohl, ich muss mich korrigieren: mittlerweile wahrscheinlich ganz Potsdam. Dafür sind Noten in Algebra und Biologie wahrscheinlich nicht entscheidend gewesen. Niemand kann sein späteres Berufsleben vorausplanen, so ist es doch. Auch wenn junge Social-Media-Manager das heute denken. Wo es einen beruflich hinverschlägt, ist eher das Ergebnis einer nicht manipulierbaren Lotterie des Schicksals. Der italienische Schauspieler Carlo Pedersoli, Ihnen wahrscheinlich besser als Bud Spencer bekannt, war einmal professioneller Schwimmer für Olympia und wurde dann durch einen Zufall und zu viele Schuldscheine erfolgreicher Schauspieler. Man kann es nie planen, und man sollte es auch nicht. Es kommt ja sowieso ganz anders, als man denkt. Ich habe an der Penne sicher an einige mögliche Berufe gedacht, aber Late-Night-Moderator mit Werbeverträgen von Nestlé bis McDonald’s war ganz sicher nicht dabei. Vielmehr, so meine bescheidene Meinung, hat Schule den wichtigen Auftrag, Wissen, Geschichte und Werte an nachwachsende Generationen zu vermitteln. Ein paar Zeilen aus dem BGB könnten auch nicht schaden. Außerdem muss man heute sicher nicht nur den Erlkönig analysieren, sondern besser gleich auch kostenpflichtige Apps zum Kauf von Gedichten schreiben können. Wer obendrein noch lernt, 45 Minuten beide Arschbacken auf dem Sitz zu halten, hat auch im Arbeitsleben später immer gute Karten. Ich bin und war auch schon als Jüngling ein Freund von klaren Regeln und Systemen. Damit kann man sich den eigenen Handlungsrahmen meiner Ansicht nach gut abstecken. Ich bin heute endlos dankbar für so manche dröge Gedichtinterpretation im Deutschunterricht, weil man damit eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit erlernt. Warum überhaupt Gedichte auswendig lernen, geschweige denn sie unter die Lupe nehmen? Weil es verdammt noch einmal im Leben später hilfreich sein kann. Spätestens am Theater war ich heilfroh, mir Texte merken und flüssig vortragen zu können. Gleiches muss man heute auch bei einer Powerpoint-Präsentation draufhaben. Meine schulischen Leistungen waren in Ordnung. Abitur mit 2,7 bestanden. Im Sportunterricht sogar eine glatte Sechs. Mein Sportlehrer meinte damals: »Du wirst schon sehen, wo du mit deiner Art landest!«. Ich bereue die Sechs bis heute nicht. Immerhin kann ich heute Kaiser Franz duzen und musste dafür keinen einzigen Liegestütz vollführen. Und gut im Kopf rechnen können Schwaben sowieso schon bei der Geburt. Das liegt uns einfach in den Genen, würde Sarrazin nun sicher sagen. Ich hatte also im Großen und Ganzen kein Problem mit der Schule. Die Mädels interessierten sich einen feuchten Dreck für mich, also musste ich später im Leben unbedingt wirtschaftlich erfolgreich werden. Damit man mich überhaupt innerhalb der Damenwelt wahrnahm, wählte ich die Strategie, ihr gegenüber abfällig zu sein. Sie werden daher wohl kaum ein Mädel aus meinem Jahrgang finden, das allzu viele gute Worte über mich in einem Beitrag bei »Zimmer frei!« verlieren würde. Auf der anderen Seite habe ich wahrscheinlich gerade den geringschätzigen Blicken einen großen Teil meiner späteren Karriere zu verdanken. Denn man muss es im Leben vor allem deshalb später unbedingt zu etwas bringen, weil sonst keine Dame für den gepflegten Beischlaf abfällt.

An die gemeinsamen Urlaube mit der Familie muss ich mich nicht einmal erinnern. Wir waren so langweilig, glücklich und friedlich, dass ich selbst bis ins hohe Alter meiner Eltern mindestens einmal im Jahr zusammen mit ihnen in den Urlaub gefahren bin. Und früher, als wir noch klein waren, war mit dem Job meines Vaters bei der örtlichen Stadtverwaltung im Wirtschaftswunder Deutschland gelegentlich ein kleiner Urlaub in der Schweiz drin. Das war dann aber schon ein echter Knaller! Da stieg man noch am Bahnhof Nürtingen in den Zug ein und fuhr gefühlt acht Wochen über Memmingen und Bregenz bis in die Schweiz. Entschleunigung als Reisestandard ohne BahnCard 25. Ein eigenes Auto? Das konnten wir uns nicht leisten. Es ging auch ohne, und ich wurde somit schon früh ein Fan der Deutschen Bahn. Grüße bitte. Mit dem Auto fährt man stets von A nach B und steht schon meist kurz nach A im Stau auf der A57 Richtung Kamp-Lintfort, ein Ort, der seine Daseinsberechtigung wohl nur durch die tägliche Staumeldung im Radio aufrechterhalten kann, wenn ich das mal so sagen darf. Ebenso wie Schwerte-Ergste. Mit der Bahn dagegen reist man von A nach B und nimmt auch die Reisestrecke wahr. Das war für uns Kinder jedes Mal ungeheuer spannend. Meist ging es dann nach Sargans im Kanton St. Gallen. Wunderschön gelegen zwischen zwei sich vereinigenden Tälern. Allein das Schloss Sargans ist schon jede Reise wert. Wobei man wahrscheinlich der Wahrheit entsprechend lieber Burg sagen sollte. Ich sehe jetzt schon die Dankesschreiben der örtlichen Stadtverwaltung bei uns in die Post reinrauschen. Sparen Sie sich das Porto! Mit Gottschalks GEZ-Schlösschen kann es vom bloßen Umfang her nicht mithalten. Die Stadt bietet aber eine wirklich malerische Kulisse, und erst kürzlich hatte ich die Gelegenheit, ein paar Tage dort zu verweilen. Ein Highlight während des Familienurlaubs war immer eine Mahlzeit im Migros-Restaurant. Es gab meistens Schüblig, eine Auswahl an heimischen Wurstspezialitäten, und zum Nachtisch ein Stück feinste Schwarzwälder Kirschtorte. Mein Gaumen hatte deswegen schon früh eine Vorliebe für süße Sachen entwickelt. Erst kürzlich hat mich der SRF als Schwangerschaftsvertretung für die Sendung »Kulturplatz« angefragt. Eine Einladung in die Schweiz lehnt man nicht ab. Vor allem dann nicht, wenn auch die zusätzlichen Reisekosten einer Rückfahrt über Frankreich zurück nach Köln übernommen werden. Eine außerordentlich imposante Strecke. Wollte ich immer schon einmal sehen. Im Endeffekt also bezahlter Urlaub mit festem Sendeplatz im Schweizer Fernsehen. Da bin ich ganz Schwabe. Man kann im Leben nichts wirklich planen, hatte ich das schon mal gesagt? In der Kindheit Urlaub in der Schweiz gemacht und mal so im Vorbeigehen gelernt, das Schwyzerdütsch halbwegs zu dechiffrieren – und nach der Late-Night-Karriere wird man zurück zu seinen Wurzeln gerufen. Gelobt sollen meine Eltern und der Schweizer Rundfunk sein.

Die meisten Journalisten wollen mir ja dank der Prägung durch ein streng katholisches Elternhaus immer gleich eine sehr enge Verbindung zum Herrn andichten. Das schreibt sich halt gut im konservativen Käseblatt, kann ich ja verstehen, ist aber natürlich kompletter Mumpitz. Es war einfach normal, mit der Gemeinde im Alltag zu leben. Der Glaube an die Kirche war unerschütterlich in unserer Familie. Da kamen nicht im Ansatz auch nur Zweifel auf, an nichts. Naiver Glaube bis in die letzte Ecke der engen Wohnstube. Ich hatte dabei das System Kirche ziemlich schnell durchschaut. Heute würde man es sicher Community mit durch die Bibel festgeschriebenen AGBs nennen. Menschenmassen brauchen nun einmal eine gewisse Form von Führung, weil sie sich sonst im Chaos gegenseitig zerfleischen würden. Das ist einfach Fakt. Würden sich alle Menschen auf diesem runden Haufen von bröseligem Kometengestein an die zehn Gebote halten, so wäre der Sinn und Zweck der Institution Kirche längst erfüllt und schnell hinfällig. Denn die Gebote benötigen im Grunde keine Religion. Man könnte sie ebenso als interplanetarisches Grundgesetz für Aliens, Homo sapiens und sonstige Lebensformen formulieren. Die Bibel ist wohl einfach eine sehr frühe und bestechend ausgereifte Version des BGB. Mit beiden Werken kann man gut leben.

Ich spielte als heranwachsender Mann für die katholische Kirche den jungen Zerlett an der Orgel und war später dankbar für die bezahlte Zivistelle im örtlichen Pfarrbetrieb. Stellte man sich schon früh gut mit dem Pfarrer, musste man sich für diese Stelle auch nicht mehr großartig bewerben. Sie wurde einem einfach angetragen. Ich musste dort nicht selten die Mädel und Knaben vor dem Kommunionsunterricht im Pfarrgarten bei Laune halten. Zugegebenermaßen bin ich nicht sonderlich gut mit Kindern, aber sie sind ein ehrliches und vor allem dankbares Publikum. Sie lachen nur, wenn sie etwas lustig finden und erheben dabei nie den moralischen Zeigefinger. Die katholische Kirche bot schon damals das komplette Programm für die zahlenden Mitglieder. Sozusagen Sky ohne teure Fußballrechte. Pathetische Musik mit einfachen Rhythmen, welche im Refrain mit einem lauten »Halleluja« einen hohen Wiedererkennungswert aufweisen konnten. Dazu etwas Fitness für die faule Gemeinde am Sonntag. Aufstehen, Hose richten, hinknien, beten, aufstehen und ein wenig Gesangsunterricht in Gruppe. Und weil die Menschen von allein nie mitmachen würden, so braucht es halt die ominöse und geheimnisvolle Vaterfigur droben im Himmel, die über den Wolken alles lenkt, was sie vorher erdacht hat. Die Kirche hat schon vor der NSA die flächendeckende Überwachung durch den Herrn im Himmel als Kontrollinstrument geschickt zu nutzen verstanden. Spätestens über die clevere Methode der Beichte kam man dann auch noch an die wirklich brisanten Daten innerhalb der Gemeinde. Die Formel ist kurz: Mit Gott allein ergibt jeder Unsinn einen Sinn. Das hilft Menschen in ihren kleinen Leben und lässt auch den reichsten Kapitalisten seine Brieftasche dann und wann für die Bedürftigen öffnen. Kein schlechtes System, oder? Ich bin konsequenterweise früh ein Fan dieser heiligen Produktionsgesellschaft geworden. Genau deshalb darf man meine Schilderungen auch in keinem Fall als Humor verstehen. Ich mache mich nicht über die Kirche lustig, sondern bin zutiefst dankbar für diese Institution samt ihren Regeln. Manchmal bin ich sogar fast nah dran, an Wunderheilungen zu glauben. Zumindest so lange, bis endlich ein passendes Arzneimittel gegen den akuten Größenwahn von Raab erfunden ist. Vielleicht habe ich mich in meiner fulminanten Karriere ab und an über Skandale der Kirche und frivole Vatikan-Banker lustig gemacht. Das ist sicher korrekt. Es war vor allem auch richtig. Im Kern wird man aber niemals Kritik von mir an der katholischen Kirche als Institution finden. Müsste ich mir eine Person für eine einsame Insel aussuchen, so wäre es ganz klar Ratzinger. Riesiger Fan von ihm! Gegen jedwede Forderung der Moderne ganz klar und streng nach der Heiligen Schrift weiter im Text. Komme, was da wolle! Allein sein Abflug mit dem weißen Helikopter nach Castel Gandolfo. Ganz großes Kino! Vielleicht auch der neue Papst Franziskus. Guter Mann. Macht es hoffentlich noch lange.

Natürlich wollte ich fortan in diesem System Pfarrer werden. Das war mein echter Wunsch, und meine Eltern hätten mich in dieser Rolle sicherlich lieber gesehen als in einem hell erleuchteten TV-Studio. Irgendwie ist der Gottesdienst der Ursprung aller Unterhaltung. Und man muss diesen Beruf des Pfarrers auch einmal aus rein wirtschaftlicher Sicht sehen. Pfarrer sind gut ausgebildete Moderatoren im Dienste der Kirche. Fest angestellt, eigenes Häuschen in bester Wohnlage, keine Werbeblöcke für noch bessere Duschkabinenreiniger in der Show und null Quotendruck. Feste Sendezeiten und ein eigenes Studio mit guter Akustik inklusive. Was will man denn mehr im Berufsleben? Sogar tagesaktuelle Gags kann man hier dezent unterbringen. Man muss sie lediglich selbst schreiben und kann nur auf die zwölf Apostel als Co-Autoren vertrauen. Das Publikum bei uns Katholiken bringt sogar Geld mit zum Gottesdienst, und niemand kommt auch nur auf die Idee, sein Fotohandy für ein Selfie vorm Altar zu zücken. Im Endeffekt der beste Job der Welt, sofern einen nicht der Unterleib vom Weibe lockt. Dafür wurde allerdings inoffiziell bei den Katholiken die Haushälterin erfunden. Reichtum zu erlangen könnte ebenfalls schwierig werden – wie oft haben Sie schon einen Pfarrer am Strand von Monaco mit der Megajacht anlegen gesehen? Man muss in diesem Amt schon auf weltlichen Luxus verzichten können – doch hat mich Geld in Form von ausuferndem Luxus sowieso nie wirklich angemacht. Als Jugendlicher wollte ich bestenfalls neue Comics kaufen können, und als junger Künstler lebt man später sowieso in ständiger Angst um die eigene Existenz. Werde ich mit dieser Arbeit meinen Lebensunterhalt nächste Woche noch finanzieren können? Reicht es auch in zwei Jahren noch für Speck, Motoröl und Heftpflaster? Ich war nie ein Fan davon, über meine eigenen Verhältnisse zu leben. Hatte ich zwei Mark, so kam ich damit wunderbar klar. Hatte ich später 500 Mark, so träumte ich nicht davon, daraus gleich 5.000 zu machen. Bescheidenheit ist und bleibt die beste Geldanlageform. Für uns Schwaben ist die Bibel halt in erster Linie »Aldi Aktuell« und kommt wöchentlich neu heraus. Zum Glück hat Aldi Süd auch das bessere Sortiment. Mit meiner bestandenen C-Prüfung an der Orgel hätte ich jederzeit wieder als Organist im Auftrag des Herrn mit dem rostigen Mofa über die Dörfer tingeln können. Immerhin gab es mit C-Prüfung das Dreifache an Gage vom Herrn. Ich wählte stattdessen die Kunst und konnte im Notfall auf Gott vertrauen. Kein schlechter Deal, finde ich.

Sie dürfen mich bei all meinem Streben nach Bühne und Publikum aber nicht überschätzen. Ich war und bin kein Alien. Ich war sogar ein höchst kränkliches Kind und hatte große Angst, bei einem Ausflug mit der lieben Mama an Deck eines Schiffes zu gehen, weil ja schließlich mein Anorak nass werden konnte. Die Ärzte und Heilanstalten im Umland von Nürtingen kannte ich besser als die eigenen Schulkameraden. Als obendrein vollkommen unsportlicher Bub mit Pickeln im Gesicht hatte ich da einfach nicht viele Auswahlmöglichkeiten im Leben. Entweder vergräbt man sich früh in tiefe Depressionen und wird irgendwann ein mittelmäßiger Sparkassenberater mit Eheproblemen, oder man wählt eine beliebige Form der Kunst für seinen weiteren Lebensweg. Ich konnte noch nie und werde die Damenwelt niemals mit meinem athletischen Körper beeindrucken können. Ich war kränklich, verklemmt und gänzlich unscheinbar. In einer Masse von hundert Schülern fiel ich überhaupt nicht auf. Allenfalls durch meine schiere Körpergröße. Derlei Gestalten werden bei der Mannschaftsauswahl im Sportunterricht als letzter Rest vom Sportlehrer zugewiesen und deswegen irgendwann zwangsläufig Klassenclown. Was also tun? Lauter brüllen als die Konkurrenz! Sich in den Humor flüchten und mit klassischer Musik bei den Frauen punkten. Frauen lachen einfach gern, bevor sie küssen. Und jeder Depp kann lernen, auf dem Klavier ein paar Akkorde zu klimpern. Mancher landet damit sogar Welthits und in der Jury beim absoluten Unterschichtenfernsehen. Im Endeffekt geht es immer um die Frauen. Sex haben. Frauen aufreißen. Noch mehr Sex haben. Das können Sie sich ruhig merken. Die meisten Menschen lesen bei einem Buch sowieso nicht über die zweite Seite hinweg oder schlafen schon nach dem Vorwort ein. Insofern ist diese Information schon jetzt nur einem ausgesuchten Kreis an Lesern vorbehalten. Ohren aufgesperrt: Warum bauen Männer Häuser? Einzig und allein für Frauen. Warum haben Männer die tollsten Jobs? Um Frauen zu imponieren und ihnen tolle Dinge kaufen zu können. Warum dürfen neue Filme an der Kinokasse bloß nicht floppen? Weil ansonsten irgendwelche Aktionäre ihren Frauen den teuren Nerzmantel nicht mehr schenken können. Einen Mann interessiert es herzlich wenig, ein Haus am Starnberger See oder auf Mallorca zu besitzen. Sie können als Mann eine internationale Bank leiten, und am Abend dürfen Sie trotzdem den Müll für die Ehefrau runterbringen, weil sie einfach mal die Hosen anhat. Der wahre Aufsichtsrat eines jeden DAX-Vorstandes ist die Ehefrau daheim. Cäsar riskierte einst sogar das komplette Römische Reich für ein bisschen geilen Beischlaf mit der bezaubernden Cleopatra. Dabei musste der gute Cäsar überhaupt erst mal ein Reich aufbauen und verteidigen, um es dann für eine Frau opfern zu können. Männer allein würden ihr ganzes Leben auf dem Sofa verbringen und gekonnt zwischen die Kissen flatulieren. Lediglich Frauen und damit der mögliche Sex sind seit Urzeiten die Antriebsfeder für den Erfolg eines Mannes. Keine Frau hat jemals etwas Ähnliches wie den Taj Mahal für einen Kerl erbaut. So dumm und einfach gestrickt sind nur Typen. Ich nehme mich da mit keiner Silbe aus.

ENDE DER LESEPROBE