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Leben verstehen Ich versuche, das Leben zu verstehen und tauche zuweilen in mein Selbst; ich tusche Kinderbücher ein und zerschneide Kuscheltiere; ich nähe mir durch harte Leinwände die Finger blutig, Gedichte schreibe ich auch, seit immer und immer, auch ich Am Ende erkennt man doch – schaut man tiefer –, dass es immer auf die gleichen Urbedürfnisse, Sehnsüchte und Ängste hinausläuft. Gedichte über den Zyklus des Lebens, in dem das Verständnis von der Philosophie des Yoga durchscheint; der Idee vom Mikrokosmos im Makrokosmos und von einem Lebensfluss, in dem alles miteinander verbunden ist. Gedichte für mehr Gelassenheit und Freiheit. Zum In-sich-Kehren. Zur Meditation. Zur Erkundung. _____________________________________________________________ Rezension für: Martina Burandt „Ihre seidenen Flügel an Wäscheleinen – Gedichte vom Kommen – Bleiben – Gehen“ Omnino, 2018 von Janika Rehak: "Poesie aus dem Alltag, für den Alltag und über den Alltag, Gedichte zum zum Nachdenken und zum Nachspüren. 'Als ich einmal schreiben wollte…' ist der Einstieg die Gedichtsammlung. Die Ich-Erzählerin sitzt in einem Café und versucht, etwas zu Papier zu bringen. Am Nebentisch zwei Männer, die lautstark über Geld verhandeln. So, dass es alle hören können. Und auch alle hören sollen. Eine Situation, die nicht nur schreibenden Menschen bekannt vorkommen dürfte: Geräuschkulisse. Selbstdarstellung. Und keine Möglichkeit, wegzuhören. Der Wunsch, sich ins stille Kämmerlein zurück zu ziehen. Nicht (nur), um zu schreiben. Sondern um die manchmal viele zu laute Welt einfach auszusperren. Martina Burandt ist eine Autorin, die hinhört, hinschaut, hinfühlt. Auch wenn der erste Text einen heimlichen Wunsch nach einem Elfenbeinturm suggeriert, so sind die Gedichte doch gerade nicht in einem solchen entstanden. Burandt schreibt aus dem Leben und über das Leben. An Cafétischen über Cafétische, im Urlaub, sie skizziert mit wenigen Zeilen Italien oder San Fransisco. Sie nimmt sich Märchenmotive vor und löst sie aus dem Kontext, holt Schneewittchen und Dornröschen aus dem Korsett der Passivität und nimmt die LeserInnen mit auf eine Seereise mit der wilden Piratenbraut, die sämtliche Korsetts bereits abgestreift hat. Ergänzt wird das Ganze durch Bilder der Autorin. Mal knallbunt, mal pastellzart, collagenhaft, lustig und rätselhaft."
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Seitenzahl: 57
Martina Burandt
„Ihre seidenen Flügel an Wäscheleinen“
Gedichte:
Vom Kommen – Bleiben – Gehen
Meine Gedichte sind Betrachtungen über das Leben.
Ich gehe durch diese Welt. Ich schaue; ich sammle Eindrücke. Ich lasse die Dinge ein- und ausgehen und bringe die Gedanken und Gefühle, die mich dabei begleiten, zu Papier. In der Hoffnung auf ein Echo, tritt somit etwas aus dem Herzen in Kontakt mit der Welt und versucht zu verstehen.
Dabei dreht es sich bei meiner Lyrik immer wieder darum, das, was uns der Alltag verschleiert, ins Licht zu bringen. Auch geht es darum, aufzuspüren, wie all diese Lebensphänomene sich ähneln oder gar spiegeln. Und immer wieder geht es mir darum, dass alles nur temporär ist:
Alles kommt, alles bleibt und alles geht wieder.
Wie wir selbst.
Und wenn sich dies auch in den persönlichen Geschichten von Menschen zunächst so unterschiedlich zeigt, erkennt man doch – schaut man tiefer –, dass es am Ende immer auf die gleichen Urbedürfnisse, Sehnsüchte und Ängste hinausläuft.
So komme ich vom Persönlichen zum Allgemeinen.
Durch meine Gedichte scheint sicherlich zuweilen mein Verständnis von der Philosophie des Yoga durch; der Idee vom Mikrokosmos im Makrokosmos und von einem Lebensfluss, in dem alles miteinander verbunden ist.
Vielleicht hilft dies auch manchen Leser*innen, das eigene Schicksal nicht immer ganz so ernst zu nehmen. Denn diese Fähigkeit ist, in meiner Wahrnehmung, eine der Grundlagen für mehr Leichtigkeit und Gelassenheit im Leben sowie für eine größere persönliche Freiheit.
Leben verstehen
Ich versuche, das Leben zu verstehen
und tauche zuweilen in mein Selbst;
ich tusche Kinderbücher ein
und zerschneide Kuscheltiere;
ich nähe mir durch harte Leinwände
die Finger blutig,
Gedichte schreibe ich auch,
seit immer und immer,
auch ich
Als ich einmal schreiben wollte
Diskutierten am Nebentisch Männer
Zwischen Kinn und Hals und Wulst
Verhandelten sie hohe Einnahmen
Laut und für alle hörbar
Mit Absicht!
Ich bemühte mich, nicht hinzuhören
Tippte auf mein Telefon
Nippte an meinem Café au Lait
Später bemerkte ich
Die Bauarbeiten im Gebäude
Sie übertönten die Herren
und in meinem Kopf begann Mechanik
zu kratzen, zu randalieren
Und ständig ging ein Ton
Ich sagte nichts
Versuchte, über Leichtigkeit nachzudenken
Was mir nur recht oberflächlich gelang
Wenn ich jetzt ein paar Zeilen schreibe
dann nur, weil ich meine Hand ans Netz gebunden habe
Schon flattern Schmetterlinge durch mein Notizbuch
Und dicke Bäuche schwimmen durchs Zimmer
Wedeln mit blutigen Fleischermessern und beschwichtigen mich blubbernd, das alles gut wird
Ich werde wieder zuhause schreiben
In meiner Kammer
Sollte ich dorthin je zurückkehren
Wie wirre Knäul, die Schnee bedeckte Rosenhecke
hinten im Garten, zu steinernen Spinnenbeinen erstarrt, die langen, jungen Triebe, strecken sich zum eisigen Licht,
Insektenfühlern, Antennen gleich,
fühle ich unser Streben, erbarmungsloses, immer wieder Sehnen unserer suchenden Hände, Augen unter unserer Haut,
leuchtet hier und da rot und frech eine vertrocknete Knospe aus dem stillen Weiß und Früchte und
ein Vogel mit blutiger Kehle und Flocken, die immer noch fallen, wehen wie von ferne
ein Lied aus einem offenen Fenster
(Ist ja dieses Kinderlied aus altem Märchen!) wo tief durch den Wald, auf der Suche nach Herberge, und trotz des Hungers, Kinder ihr Brot rieseln lassen, auf den dämmrigen Weg, um eines Tages zurück zu finden, wo immer auch Zuhause ist, dann eine Lichtung, eine kleine Hoffnung, doch Zittern vor Angst,
wie das Mädchen auf der Bühne der Schulaula, ganz alleine singt sie das Lied von der Hagebutte in die Blicke der Erwachsenen, alle auf sie gerichtet,
spürt bebend Kleinheit im Großen, will
versinken im roten Mantel, Knospe schließen,
Verlorenheit trifft Einsamkeit im Grenzenlosen
Veröffentlicht in der Anthologie „Lyrik der Gegenwart“, Feldkircher Lyrikpreis, Hrsg.: Erika Kronabitter, edition art science, Austria 2016
Schiff ohne Segel
Mann über Bord
Alle schauen in meine Richtung
Kein Halt, keine Hilfe
Zielloses Treiben
Wildes Rudern in fremden Wassern
Heimatlos
Pommernland, abgebrannt
Wie die weiten Schwingen
Des weißen Kranichs
Da steht er nun
Grau und lahm
auf staubigen Spinnnetzen
und weint mit mir Aschetränen
Um alle und alles
Und weil du mich nicht wolltest
Niemanden eigentlich
Niemals
Ob es stimmt oder nicht
Schiff ohne Segel
Wann kommst du an
Sie nannten mich
Prinzessin auf der Erbse
Weil mir der Schuh drückte
Das Kleidchen zwickte
Die Knie klirrten
Das Köpfchen schwirrte
Sie nannten mich
Prinzessin auf der Erbse
Und machten mich süß
Und machten mich still
Wie sehnlich wünschte ich mir
Was ich mir wünschte
Nicht ein Schloss
Einen Hund wollte ich
Und Haare bis Australien
Sie nannten mich
Prinzessin auf der Erbse
und heute
Bin ich Königin
kein Schuh mehr, der drückt
Dicke Stiefel
Hund an der Seite
Mit Haaren bis Australien
Gib Mama Küsschen
Hast du gesagt
Warum?
Hab ich gefragt
Mach kein Schnüsschen
Hast du gesagt
Will nicht
Hab ich gedacht
Willst du wohl!
Her mit dem Kuss
Aber Dalli!
Ich mach die Augen zu
Kuss, Kuss, Kuss
Wann ist endlich Schluss
Damit?
Braves Mädchen
Ei, Ei, Ei
Feines Kleidchen
Süßes Zöpfchen
Ei
Gib Mama Küsschen
Hast du gesagt
Warum?
Ich träume nicht
Ich bin hellwach
Wir treiben auf brüchigem Floß