Im aufsteigenden Zeichen - Volker Zotz - E-Book

Im aufsteigenden Zeichen E-Book

Volker Zotz

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Beschreibung

Volker Zotz: "Gleich einem Solitär ragt Friederike Mignecos Werk aus der zeitgenössischen lyrischen Landschaft. Mit Gedichten in deutscher und italienischer Sprache errichtete sie einen imposanten Bau, in dessen Innenräumen den Eintretenden existentielle Begegnungen erwarten." - Martin Kriele: "Ihre Liebesgedichte zaubern vielfältige Bilder vor die Augen des Lesers. In ihnen geht es um Sehnsucht, Verlassenheit, Verzweiflung, Hoffnung, Erfüllung, Leidenschaft, Verzückung - immer überraschend, anrührend und sprachlich gekonnt." - Paul Taylor: "Es handelt sich um bekennende Dichtung - und doch ist das Thema des Bekennens, ebenso wie das der Religion, eher als dichterische Stimmung denn als direkte Aussage spürbar ... ebenso kraftvoll wie individuell, ebenso verstörend wie herausfordernd."

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Seitenzahl: 80

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Edition Habermann

© 2021 Edition Habermann

der Lama und Li Gotami Govinda Stiftung, München

Nachwort © Volker Zotz

Umschlagbild: Blick auf Catania und den Ätna (1778), Jakob Philipp Hackert

Die Gedichte auf den Seiten 72 und 92 wurden zuerst in Nos Cahiers, Lëtzebuerger Zäitschrëft fir Kultur, 4/2019, veröffentlicht. Die Gedichte auf den Seiten 31, 32, 49, 67, 74, 85, 87, 90, 91, 93 und 94 wurden zuerst in F. Köhler, F. Migneco, B. M. Trappen (Hg.), Freiheit, Bewusstheit, Verantwortlichkeit: Festschrift für Volker Zotz zum 60. Geburtstag, Edition Habermann, 2016, veröffentlicht.

Erich Fried, Nativitas mortis aus: Am Rande unserer Zeit. Gedichte

© 1987, 1996, 2000 Verlag Klaus Wagenbach, Berlin.

ISBN

Hardcover

978-3-96025-018-0

 

Paperback

978-3-96025-019-7

 

e-Book

978-3-96025-020-3

www.lama-govinda.de

Friederike Migneco

IM AUFSTEIGENDENZEICHEN

Gedichte

Con 12 poesie in italiano

NachwortvonVolker Zotz

Edition Habermann

München 2021

Schachbrett

SCHACHBRETT I

Neu das Schachbrett erfunden

war sie König und Bauer

sprang sie von Freude zu Trauer

vom Weißen ins Schwarze

gewann sie die Runden

im Spiel aller Spiele

versank in Partien

die sie dann doch erfunden

Überall auf dem Brett

war sie all die Figuren

doch keine von diesen

konnte sie bergen

gewann sie im Schwarzen

so war sie verraten

gewann sie im Weißen

so verlor sie das Ganze

und verspielte das Eine

vor Schmerzen verrückt

erhaben und weise

kam sie ans Ende

um das Leben in Splittern

nicht mehr zu kitten

Sie sah hell und glasklar

hinterließ keinen Dunst

sondern sich selbst im Schachmatt

– auf Weiß wie sie war

(An Sylvia Plath)

***

DER TOD ist heilig

denn er hinterlässt

nichts

Sichtbares

***

SO LANGE DER SCHREI

nicht ein einziger ist

bleibt alles zerfetzt

und die Bomben zünden

SCHACHBRETT II

Dein Marmor war

von saurer Atmung warm

du wolltest nicht weiter

werden sondern

eins in der Entzweiung

dein Leben ein Schachbrett

du warst die Königin

ließest den Bauer

sein Spiel führen und gewinnen

du wolltest den Verräter sehen

im bipolaren Spiel

mit schwarzen

und mit weißen Zügen

auferstehen

im neunmaligen Schachmatt

dich ganz verspielen

der Bauer packte dich zuletzt

nicht auf Schwarz sondern auf Weiß

und du schriest nicht um Hilfe

denn du warst weit

der Raum zwischen dir

und der müden Sonne

war schon breit

(An Sylvia Plath)

WANN?

Mit Seife und Asche

haben wir uns schon

rein gewaschen

aber schwarze Milch

fließt noch in unseren Venen

und wir schreiben im Schein

der Lampenhaut aus Brudermord

geboren im Abgrund

verkennen wir den Grund

sind wir doch

in drei Generationen

mit Dieselabgasen

gereifte Früchte.

Wann kommt sie die Schuld?

Wann tritt sie zutage?

Wann sieht man

endlich

das letzte Zeichen?

Null oder Eins

in Alternative

Herrschaft der Zahl

Erbschaft der Paarung

von Hakenkreuz

mit Hammer und Sichel

(An Paul Celan)

***

DIE LUFT ist sauer

die Sonne weiß

Gedanken gepresst

der Boden fest

Meere stauen

Dämme faulen

Augen werden Schlitze

in die klebrige Menschen

sich Eingänge bahnen

und sie mit Bomben verminen

die uns von innen zerreißen

Wir sind explodiert

wir sind nun die Masse

erblindet im Staub

und kriechen in Wunden

aneinander vorbei

verloren der Sinn

vergangener Stunden

vergraben die Schuld

begangener Morde

nur reine Mauer

nur alles Trauer

aus Benzin ist das Blut

das klebt an den Scherben

und wir sind alle zusammen

Opfer und Schergen

NATIVITAS MORTIS

Es gibt Menschen

die sind nur

die Schutzhülle

ihres Todes

Wenn sie sich abwetzt

und reißt

versucht er

sie von innen zu flicken

Wenn das nicht mehr geht

tritt er aus ihnen hervor

und schüttelt sich frei von ihnen

wie ein Küken von seinen Eischalen

und streift ihre Reste ab

wie ein Küken die Eischalen abwirft

Von da an ist er

nur auf sich selbst angewiesen

(Erich Fried)

NATIVITAS …

(Variation)

Es gibt Menschen,

an denen

sich ihr Tod reibt,

die lassen sich abwetzen

so lange bis ihnen

das Leben nackt übrig bleibt.

… AMORIS

Dann gibt es Menschen,

die schenken ihr nacktes Leben

(Fried Erike)

TRIUMPH

Dass Liebe und Tod

zueinander stehen

wie Schmetterling und Raupe

wissen wir im Schimmer

der vergehenden Jahreszeiten

und auf immer

denn wenn wir lieben

sind wir ganz einander

hingegeben

dem Tode entreißen wir

den letzten Trumpf

denn wir haben schon

alles preisgegeben und

im letzten Hauch ist dann Triumph

Italienischer Saum

NON PIÙ

Volevo toccarTi

ma non voglio più

affondare il dito nelle Tue piaghe

è sofferenza in più

Dov’è la consolazione

se il sangue

è la croce che

bisogna portare?

Dov’è la croce

con Te leggera

che siamo chiamati

ad amare?

Non vi è scelta

con o senza di Te

siamo inchiodati

con o senza di Te

moriamo abbandonati

Nulla da chiederTi

perchè non hai nulla da dare

se non l’impotenza

del rinnovo della sofferenza

Un altro nome

con cui chiamare

il dono d’amore

ASSOLUZIONE

L’uomo d’oggi

non chiede aiuto

è murato sepolto

la bara è

di diamante

no – è di gomma

dura grigia

se l’uomo d’oggi

urla

dal sarcofago

il suo grido

non ha eco

non risuona

non si sente

eppure vorremmo sentire

vorremmo assolvere

assolviamo

chi chiede

di essere assolto

ma l’uomo d’oggi

non chiede

allora lasciamo stare

così

chi non chiede

chi ha il corpo

di gomma plastificato

fucsia verde pisello

icona windows

irradiata

contaminata

che resta

tale e quale

con un inizio

ma senza fine

prodotta

ma non distrutta

risultato in serie

ma non farfalla

l’uomo d’oggi

è un agglomerato

sinaptico

ceduto al meccanismo

la dissoluzione

è avvenuta

il creato si è fermato

con la plastica

NOLI ME TANGERE

Tu ci conduci là dove

non ti si può toccare

per contrade bruciate e desolate

illuminate solo dagli occhi

di chi cerca nella notte

Tu ci conduci per sentieri

nei quali non è dato vederti

il desiderio del contatto

ci porta paradossalmente

al crescere del distacco

nella nostra debolezza

che è sensibilità esacerbata

ardore di bellezza

Tu poni un seme

che germoglia lentamente

e che ci stringe per seguire

un cammino paziente

Sing mir das Lied

SING MIR DAS LIED

Sing mir das Lied

der Verwandlung

die sprießt

die sprießt

Sing mir das Lied

der Jugend

die greift

die greift

wonach sie schreit

Sing mir das Lied

der Schönheit

die ewig glänzt

ewig schenkt

Sing mir das Lied

unserer Liebe

die reift

die reift

Sing mir das Lied

aller Lieder

das ertönt

das tönt

Sing mir das Lied

der Spieler

des Zaubers der Gärten

das Lied des gezähmten Todes

– Todes

denn ich höre sein Echo

– Echo

***

JEDER LEBT

sein Leben ganz

in der Fülle der Zeit

geht den richtigen Weg

geht durchs Nadelöhr

aber wer lebt

hinter den Augen

wer sieht durch das Wasser?

***

FLÜSSIGE GLUT

rinnt

wie Blut

brennt

wie Wüstensand

ist

auch in explodierten

Diamanten

und in Gewalten

unter dem

Basalt

***

ES GIBT ORTE an denen

die Seele groß wird

wie der leuchtende Mond

es gibt Orte an denen

die Seele weit wird

wie das Blau in der Nacht

es gibt Orte an denen

die Seele hell wird

wie Meeresschaum

um Mitternacht

Es gibt Orte

der Wandlung

die Pforte

es gibt den Übergang

in dem wir werden

maha-atma

anima magna

***

SEI DU GUT zu mir

sei du zart

sei du wesentlich und klar

sei du rauh mit mir aber nah

sei tröstend sei wahr

Sei der Standfeste sei da

reich mir Hände und Kränze

schenk mir Zeit und Innerlichkeit

sei lieb

sei wirklich lieb

wirklich da

sei du der tanzende dankende

pflegende erkennende Andere

der wirklich liebende

Andere

MUTTER

Du warst leise und gut

als Du noch mit uns warst

mitten im großen Geschrei

Dann warst Du tot

und es war das Ende

ohne einen einzigen Schrei

Nun bist Du da

und die Welt ist

im Innern

zusammengehalten

***

HEILIGE den Tod,

Mensch, der du verkümmerst,

heilige den Tod,

wie dein innerstes Zimmer,

wie das Welken der Blumen

gibt er sich immer

***

NACH DEINEM WILLEN

zu leben und zu handeln

ist an uns dein großes Geschenk

wir wussten nicht

dass du die Spur zeichnest

in der wir wachsen können

nicht wir entscheiden

ob wir dir folgen dürfen

ob unser Herz

deinem Willen nachgeht

und für dich bebt

nicht wir entscheiden

dir zu gehorchen

nicht wir bestimmen

wohin du zeigst

du entscheidest

uns zu geben

dass wir nach deinem

Willen leben

Italienischer Saum

***

TU mi proteggi

da me stessa

EVANESCENZA

Tu non sei

quello che vediamo

Signore

simulacro di noi stessi

ritroviamo negli specchi

la nostra impronta

a volte brutale

a volte filigranata

vediamo un miraggio

che inseguiamo con coraggio

Ti afferriamo come un oggetto

ma che si disintegra nel petto

per scoprire poi

che qualcuno si fa beffe di noi

ritroviamo all’esterno

ciò che abbiamo all’interno

ed è solo nell’evanescenza

della cosa anche più mite

che tocchiamo l’orma

della trascendenza

SCUOLA D’INTERIORITÀ

Tu chiedi, Signore, la nudità

e l’accettazione dell’aridità

e quanto non si è mostrato

ai tuoi occhi ha il significato

di una ferita all’unico che va amato

Nulla ho da invocare allora io

nulla da consegnare all’oblio

finchè il tuo sguardo chiaro

non abbia trovato ciò che ho lasciato al riparo

finchè al pudore dianzi a Te non sia dato

il giusto nome di peccato

perchè non di umani lidi gravide

siano le movenze mie

ma di confini aperti e di semenze

Per decisione intima allora

ho da rivolgermi al Tuo nome

in memoria intelligenza e volontà

unite nell’interiore eterna Trinità

ma per le nudità esposte al vento e al sale

e per l’aridità che essicca il cuore che trasale