In deinem Besitz - Nicole Heusinger - E-Book

In deinem Besitz E-Book

Nicole Heusinger

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Beschreibung

Ich möchte nicht bloß deinen Körper besitzen, ich möchte weitaus mehr als das. Du sollst vollends in meinen Besitz übergehen und ich möchte, dass du stolz an meiner Seite stehst, denn auch ich wäre stolz, einen solchen Menschen wie dich mein Eigentum nennen zu können. Alex ist Anfang zwanzig, neugierig und spürt eine immerzu wiederkehrende, unbekannte Sehnsucht. Auf ihrer Suche trifft sie Cass, die ihre Begierde gleich erkennt und sie auf eine Reise in die Tiefen ihrer Seele mitnimmt. Ein packender BDSM-Roman, der wahre Leidenschaft und echte Gefühle wiedergibt. Ein Roman, der nicht bloß von Insidern gelesen werden sollte, sondern gerade von den Zweiflern.

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In deinem Besitz

Der Erotik-RomanVorwortBegegnung der anderen ArtDer ErholungsurlaubVertrauen und traurige WahrheitenRegeln und BestrafungenBedürfnisse und VerletzungenVertrautheit zurückSchicksalsschlagZusammenbruchGeschäftliches geht vorBewährungsprobeQuälendes WartenVerstanden werdenTrügerische FassadeEinmal zu vielWidmungDanksagungImpressum

Der Erotik-Roman

IN DEINEM BESITZ

Unbekannte Sehnsucht

2. Auflage

EROTIK-ROMAN

von

Nicole Heusinger

SchreibLeidenschaft

Vorwort

Selbst in der heutigen Zeit der Toleranz und Offenheit gibt es immer noch Tabuthemen, die nicht gesellschaftsfähig werden wollen. So auch die vier Buchstaben BDSM.

Es sind die Anfangsbuchstaben der englischen Begriffe „Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism“. All diese Bezeichnungen sind die Vereinigung von miteinander verwandten sexuellen Vorlieben. Sie bedeuten so viel wie „Fesselung & Disziplin, Dominanz & Unterwerfung, Sadismus & Masochismus“. Diese Form der Leidenschaften wird auch heute noch von vielen Menschen als pervers oder gar krankhaft empfunden.

Ein gefährliches Halbwissen führt häufig dazu, dass BDSM und Gewalt gleichstellt werden, jedoch haben diese beiden Dinge nichts miteinander zu tun und könnten sich nicht ferner sein. Im Gegenteil. Wer sich auf die geheimnisvolle Welt BDSM einlässt, der wird eine Gefühlswelt kennenlernen, die tiefer nicht gehen könnte.

In einer dominant-unterwürfigen Beziehung finden zwei Menschen zueinander, deren Vertrauen so groß ist, dass sie sich vollends bei dem anderen fallen lassen können. Sie gestalten sich eine eigene erotische Welt, die das Sexualleben immer wieder aufs Neue zu einer stimulierenden Attraktion werden lässt. Vieles von dem, was während einer sogenannten Session geschieht, spielt sich vor allem im Kopf der Beteiligten ab. Gemeinsam realisieren sie ihre Fantasien.

Vor allem Demütigungen und Schläge sind es, die Unwissende abschrecken und taub für das Thema BDSM machen. Wer sich aber ein wenig intensiver mit der Thematik befasst, wird feststellen, dass hinter jedem Hieb und jeder Erniedrigung unglaublich viel Liebe, Hingabe und Vollkommenheit stecken. Die eine Seite benötigt die Unterwürfigkeit, um in andere sexuelle Sphären eintauchen zu können, die andere genießt ihre Macht. Skeptiker glauben, es könne nicht gesund sein, sich zu unterwerfen. Niemand sollte das Leben eines anderen kontrollieren. Grundsätzlich findet dies auch volle Anerkennung bei mir. Was aber geschieht tagtäglich in den 'gesellschaftsfähigen' Beziehungen? Kaum nennt man sich ein Paar, werden die ersten Regeln aufgestellt. Ich möchte nicht, dass du allein ausgehst. Du darfst nur noch mit mir schlafen. Wir verbringen unsere Urlaube von nun an ausschließlich gemeinsam. Diese und weitere Ansprüche werden wie selbstverständlich gestellt und von allen akzeptiert. Aber warum? Wieso ist es legitim, seinem Partner etwas vorzuschreiben? Geht er automatisch in den Besitz des anderen über? Weshalb ist Eifersucht gerechtfertigt?

In einer BDSM-Beziehung besteht der Wunsch nach Kontrolle auf beiden Seiten gleichermaßen. Anders sieht es da oft in 'normalen Beziehungen' aus.

Neben BDSM wird in diesem Roman auch das Thema Bindungsangst behandelt, welches sehr viel mehr Anerkennung in der Gesellschaft findet, da viele Menschen davon betroffen sind. Sie bezeichnet eine tief sitzende Angst, längerfristige Beziehungen einzugehen. Sowohl für den Betroffenen als auch für dessen Partner wird das früher oder später zum Problem. So sehr ausgeprägt der Wunsch nach Zweisamkeit und Nähe ist, es kommt zwangsläufig zum Abschied und zur Flucht.

Wie BDSM und Bindungsängste zueinanderfinden können, zeigt sich in diesem Buch.

Begegnung der anderen Art

Eine skandinavische Polarluft zog über Deutschland. Flüsse und Seen froren zu und auch der Straßenverkehr kam zum Erliegen. Lang und kalt sollte dieser Winter werden. Alex kratzte bereits seit einer Viertelstunde das dicke Eis von der Frontscheibe ihres Polos. Trotz der Handschuhe froren allmählich ihre Fingerspitzen vor Kälte. Sie hasste den Winter, vor allem in solchen Momenten. Zitternd schob sie den rechten Ärmel ihres Parkas hoch und sah auf die Uhr. Shit! Es war bereits nach sechs. In weniger als zwanzig Minuten wurde sie zu Hause zum Essen erwartet. Wenn sie etwas genauso hasste wie den Winter, war es Druck, vor allem Zeitdruck. Das musste reichen. Sie setzte sich in das bereits laufende Auto. Das Gebläse hatte die Scheiben ausreichend vom Beschlag befreit, sodass sie sich auf den Weg machen konnte. Ihre Finger schmerzten vor Kälte. Kaum bog sie in die Hauptstraße ein, steckte sie im Feierabendverkehr fest, der aufgrund der Glatteiswarnungen schlimmer war als gewöhnlich. Die Zeit verrann und schon bald war es halb sieben. Sie kramte nach ihrem Handy und rief ihre Freundin Katharina an, um ihr Verspäten zu entschuldigen. Nach wenigen Sekunden nahm ihre Freundin ab.

„Hallo Schatz. Ich werde es nicht pünktlich schaffen“, erklärte Alex und bekam direkt Gegenwind. „Sag mal, gehts noch? Ich kann doch nichts für das Wetter. Soll ich etwa eher Feierabend machen, damit ich pünktlich zum Essen zu Hause bin?“, reagierte sie gereizt und verdrehte innerlich bereits die Augen. „Das ist mir jetzt zu blöd, ich…“, erneut wurde sie rüde unterbrochen. „Weißt du was, du kannst dich später allein mit deinen Eltern treffen. Ich mache mir jetzt einen netten Abend mit Finja.“

Wütend drückte sie das Gespräch weg und warf ihr Handy auf den Beifahrersitz.

„Die kann mich mal! Soll sie doch ihr Scheiß Essen eine Stunde später machen“, schimpfte sie lauthals vor sich hin und drehte schließlich die Musik laut auf.

Alex nutzte gleich die nächste Wendemöglichkeit und fuhr zu ihrem Stammlokal, wo sich ihre beste Freundin Finja für gewöhnlich freitagabends aufhielt. Glücklicherweise waren die Straßen in diese Richtung nicht so überfüllt, sodass sie schnell ihr Ziel erreichte. Sie parkte auf dem Gelände gleich neben dem Pub und verschloss das Auto. Die Temperaturen waren inzwischen auf minus sieben Grad gesunken und die Atemluft offenbarte sich in Form einer großen Nebelwolke. Die durchgefrorene Frau eilte zur Eingangstür, um schnurstracks die warmen Räumlichkeiten zu betreten.

Im vorderen Bereich spielten ein paar Jugendliche Kicker, rechts daneben saß ein Kegelklub, wie man an den vereinseigenen Shirts erkennen konnte. Gleich dahinter befanden sich der Tresen und viele gemütliche Sitzmöglichkeiten. Dort vermutete Alex ihre Freundin. Sie lag richtig und wurde gleich herbei gewunken.

„Was machst du denn hier? Dich habe ich gar nicht erwartet“, freute sich Finja.

Sie begrüßten sich mit einer herzlichen Umarmung und einem dicken Kuss auf die Wange.

„Du glaubst gar nicht, wie schön es ist, dich zu sehen!“, ließ Alex sie lächelnd wissen, während sie sich in den bequemen Ledersessel setzte.

„Doch weiß ich“, antwortete Finja nüchtern.

So war sie. Nüchtern, direkt, offen und ehrlich, ohne die Hand vor den Mund zu nehmen. Nicht jeder kam mit ihrer schroffen Art zurecht. Selbst Alex musste noch heute ab und an schlucken, wenn ihre Vertraute den verbalen Rohrstock herausholte. Aber gerade das war es, was sie an ihr so schätzte. Eine solche Person brauchte sie an ihrer Seite, um auf dem Teppich zu bleiben und sich regelmäßig zu reflektieren. Finja schob ihr eine Flasche Bier zu.

„Happy Hour. Hast Glück, ich hatte gerade erst bestellt. Also sag schon, was ist wieder los im Paradies?“

„Paradies…“, schnaufte die Zwanzigjährige resignierend.

Finja grinste verhalten und fragte sich im Stillen wie viele Gespräche dieser Art sie wohl schon an diesem Ort geführt hatten. Es mussten Unzählige gewesen sein. Heute ging es um Katharina.

„Sie möchte mich am liebsten jeden Tag sehen und 'ich liebe dich' von mir hören. Wenn wir uns nicht treffen können, dann müssen wir aber telefonieren. Dabei darf ich keinesfalls vergessen, ihr zu sagen, dass ich sie vermisse, denn wenn ich daran nicht denke, bedeutet es, dass ich sie nicht liebe."

Alex fing an sich in Rage zu reden. Finja lehnte sich entspannt zurück und ließ sie reden. Es musste erst mal alles raus, danach würde es ihr deutlich besser gehen.

So funktionierte die Frau, die in puncto Liebe und Beziehung gewisse Defizite aufwies. Nach einer gefühlten halben Stunde war der erste Ärger raus und Alex widmete sich wieder ihrem Bier. Nun war Finja am Zug, die ihre Flasche in der Zwischenzeit bereits leer getrunken hatte.

„Süße!“

Wenn sie so begann, wusste Alex, dass eine Standpauke folgte, aber eben eine Standpauke à la Finja.

„Sie ist jetzt also bei dir zu Hause, gemeinsam mit zwei kalt gewordenen Hähnchenkeulen, Gemüse und romantischem Kerzenschein richtig?“, fragte Finja.

„Keine Ahnung, ob sie Kerzen angezündet hat“, erwiderte Alex trotzig.

Ihre Freundin schlug die Hände über dem Kopf zusammen, fasste sich jedoch schnell wieder und sprach mit ruhiger Stimme weiter.

„Sie ist jetzt also bei dir zu Hause, gemeinsam mit zwei kalt gewordenen Hähnchenkeulen, Gemüse und unter Umständen auch mit romantischem Kerzenschein. Warum ist sie überhaupt bei dir zu Hause?“

Alex verstand den Sinn der Frage nicht. Nach all dem Ärger war sie heute etwas schwer von Begriff, was Finja an ihrem Blick erkannte.

„Wenn du keinen Bock darauf hast, dass sie bei dir zu Hause ist, wenn du von der Arbeit kommst, warum ist sie dann nicht in ihrer eigenen Wohnung?“

Der Brünetten fiel dazu spontan keine Antwort ein, jedenfalls keine, die ihre Freundin akzeptiert hätte

„Sie möchte…“, begann sie ihren Satz, wurde aber umgehend unterbrochen.

„Was möchtest DU? Es geht in deinem Leben darum, was DU möchtest.“

Alex winkte eine Kellnerin heran und bestellte noch mal zwei Flaschen. Zur Happy Hour machte das vier und die brauchte sie heute auch.

Finja ließ nicht locker. „Hast du dich je mal zu Hause hingesetzt und darüber nachgedacht, was dich glücklich macht? Was du dir wünschst für die Zukunft?“

Nein, das hatte Alex nie wirklich gemacht. Sie war in erster Linie ein Workaholic und meistens Single. Wenn sie allein war, lebte sie dies unbeschwert aus. War sie in einer Beziehung, bemühten sie sich gemeinsam Probleme zu lösen, die sie ohne einander gar nicht gehabt hätten.

Alex versuchte, sich Finja zu erklären. „Zukunft ist so ein Wort, mit dem ich mich ehrlich gesagt nicht so viel beschäftige. Mal ehrlich, was ist Zukunft? Niemand kann sie planen, aber jeder versucht es, obwohl sie gar nicht greifbar ist und sich von jetzt auf gleich ändern kann. Würde ich auf die Zukunft setzen, wäre es so, als würde ich auf Aktien spekulieren.“

Finja gefiel diese Sichtweise und sie verstand, was ihre Freundin meinte, schließlich war auch sie niemand, der über Rentenvorsorge und Eigentum nachdachte. Auch wenn sie mit ihrer Frage auf etwas anderes anspielte, ließ sie sie erst mal weiterreden.

„Ich lebe jetzt und hier in der Gegenwart. Das ist es, was ich möchte. Und irgendwie habe ich immer das Gefühl, als gebe es da etwas in mir, was danach schreit, entdeckt zu werden. Ich glaube, irgendeine Leidenschaft möchte von mir aufgespürt werden.“

Die Kellnerin eilte mit vier Flaschen Bier und einem Schälchen Erdnüssen an den Tisch.

„Meldet euch einfach, wenn was fehlt.“, sagte sie lächelnd und zwinkerte den Frauen zu.

Sie erwiderten das Lächeln und widmeten sich gleich wieder ihrem Gespräch. Finja wollte mehr über diese Leidenschaft erfahren, von der ihre Freundin sprach.

„Was glaubst du, aus welcher Richtung dieses Gefühl kommt? Leidenschaft gehört in viele Lebensbereiche wie Sport, Schreiben, Malen, Tanzen. Es könnte so vieles sein.“

Alex konnte darauf keine Antwort geben, sie wusste nur, dass sich ihr Verlangen mal verschlimmerte und dann wieder weniger wurde.

„Wie sieht es jetzt gerade mit diesem Verlangen bei dir aus, wenn die Stimmung zwischen dir und Katharina eher auf dem Nullpunkt ist?“

Sie dachte kurz nach.

„Jetzt gerade würde ich mich am liebsten trennen, um diesem Gefühl wieder näherzukommen.“

Das war eine klare Aussage, die erst mal im Raum stehen blieb, in der Hoffnung, Alex würde sie verinnerlichen.

Der Abend war lang und zahlreiche Bierflaschen wurden geleert. Erst weit nach Mitternacht stieg Alex aus dem Taxi vor ihrer Haustür aus. Sie schaute sich um, doch nirgendwo war Katharinas Auto zu sehen. Auch in den Fenstern brannte kein Licht. Freudig überreichte sie dem Taxifahrer das Geld und schwankte durch den Vorgarten. Nach einem kleinen Ausrutscher am Blumenbeet kämpfte sie sich zum Hauseingang vor und fiel polternd gegen die Tür. „Pssst!“, mahnte sie sich selbst und versuchte, den Schlüssel ins Schlüsselloch zu stecken, was an anderen Tagen bedeutend besser funktionierte als heute. Nach einigen Malen war es vollbracht. Sie warf die Tür hinter sich zu, schaltete das Licht an und ging in die Küche, um sich Wasser aus dem Kühlschrank zu holen. Die zierliche Frau mit den halblangen Haaren war geschafft und ausgelaugt. Sie wollte nur noch schlafen. Torkelnd bahnte sie sich den Weg ins Bad und putzte sich die Zähne. Ach, war das eine Wohltat. Endlich wieder frischer Atem. Ihre Augenlider wurden schwer und sie hörte ihr Bett rufen. Ebenso polternd, wie sie schon gegen die Haustür gefallen war, schlug sie jetzt gegen die Schlafzimmertür. Während sie versuchte, sich aufzurichten, kam ihr Ellenbogen an die Türklinke und sie fiel in den Raum.

„Was? Was ist hier los?“, rief eine verschlafene Stimme völlig durcheinander und offensichtlich aus dem Schlaf gerissen.

Es war Katharina. Alex stand auf und schaltete das Licht an. Ihre Freundin schlug sich, geblendet von der Helligkeit, die Hände vor die Augen.

„Bitte mach das aus“, bat sie und zog sich die Bettdecke über den Kopf.

„Was machst du denn hier? Ich dachte, du wärst nach Hause gefahren?“, fragte Alex ein wenig lallend.

„Bei dir bin ich zu Hause.“, antwortete ihre Freundin mit müder Stimme, bevor sie gleich wieder einzuschlafen schien.

Alex hatte das Gefühl, im falschen Film zu sein. Zunächst mal erwartete sie gar nicht, dass Katharina noch bei ihr zu Hause war, und selbst wenn sie es geahnt hätte, so wäre sie garantiert von einer etwas gereizteren Stimmung ausgegangen. Jetzt aber wollte sie das nicht weiter erörtern.

Wichtig war nur, dass sie schlafen konnte und dem stellte sich nun nichts mehr in den Weg.

Der Samstagmorgen begann mit einem wundervollen Sonnenaufgang, den jedoch lediglich Katharina mitbekam, die mit einer Tasse Tee und einer dicken Wolldecke auf dem Balkon saß und sich eine Zigarette rauchte. Die sanften Strahlen legten sich zunächst bettend über die Felder, streichelten die Baumkronen und wanderten langsam über die Hausdächer der Stadt. Alex wachte erst vier Stunden nach diesem wunderschönen Spektakel auf und wurde von Kopfschmerzen geplagt, was nicht gerade verwunderlich war. Noch etwas benommen ging sie in die Küche und hielt sich die Hand vor Augen, als ihr die Sonne durch das Küchenfenster entgegen schien. Katharina dagegen saß ganz entspannt mit einer Zeitung am Tisch und trank eine weitere Tasse Tee.

„Kaffee ist schon fertig“, trällerte sie munter.

Alex schleppte sich zur Kaffeemaschine und schüttete den frisch gebrühten, aromatischen Kaffee in die bereits mit einem Schuss Milch bereitgestellte Tasse.

„Du denkst ja dran, dass wir heute Abend mit ein paar Freunden verabredet sind“, warf die Vierundzwanzigjährige in den Raum, als hätte es gestern keine Auseinandersetzung zwischen ihnen gegeben.

Das war Alex nicht geheuer. Andererseits wollte sie auch keinen Streit anzetteln.

„Ja, natürlich habe ich daran gedacht. Ihr habt euch doch schon länger nicht gesehen, oder?“

Katharina legte endlich die Zeitung zur Seite, sodass Alex einen Blick auf sie erhaschen konnte, um die Situation besser einschätzen zu können.

„Es ist fast ein Jahr her, dass ich die Jungs gesehen habe. Cassandra und ich trafen uns im Sommer das letzte Mal.“

Für so viel Konversation war die brünette Schlafmütze nicht bereit. Ihr Kopf dröhnte, ihr Nacken schmerzte und sie hatte noch keine geraucht. Genau das holte sie nun nach. Beim Öffnen der Balkontür überfiel sie die bitterlich frostige Kälte von draußen, welche sich Raucher jedoch zu stellen wussten. Wenigstens war es auf dem Balkon leiser als drinnen.

Der ganze Tag zog sich wie Kaugummi. Alex wusste nichts mit sich anzufangen und das Fernsehprogramm war hundsmiserabel. Zwischenzeitlich verschwand Katharina nach Hause, um sich für das Treffen vorzubereiten. Auch Alex gab sich irgendwann einen Ruck und sprang unter die Dusche. Wenn der Tag schon nichts war, so hatte vielleicht der Abend was zu bieten. Um Punkt neunzehn Uhr hupte es vor ihrer Tür. Sie genoss den Luxus, von Katharina abgeholt zu werden. Sie waren in einem Pub verabredet. Trotz eines dicken Wollpullovers und gefütterten Schuhen schlich sich die Kälte auf dem Fußweg vom Parkplatz zum Lokal langsam unter die Kleidung. Mit zunehmend schnellerem Schritt waren sie dann aber bald dort. Katharinas Freunde hatten sich zwischenzeitlich warm getrunken und warteten an dem großen, massivholz-verarbeiteten Tresen. Sie steuerte unmittelbar auf die Drei zu und umarmte jeden Einzelnen ganz herzlich. Alex blieb mit ein bisschen Abstand stehen und wartete, bis sich die erste Euphorie legte. Während sich ihre Freundin aufgeregt mit den Jungs unterhielt, wandte sich die dritte anwesende Person, eine etwa gleichaltrige, circa 1,76m große, kurzhaarige Frau an sie. „Du musst Katharinas Neue sein Alex, oder?“

Sie nickte und reichte ihr die Hand.

„Ich bin Cassandra, meine Freunde nennen mich aber Cass.“ Sie stoppte kurz, grinste frech und meinte weiter: „Für dich also Cassandra.“

Alex erwiderte das Grinsen, wusste aber nicht recht, wie sie den Spruch einzuordnen hatte. Genau im richtigen Moment stellten sich nun die beiden Jungs als Sebastian und Daniel vor. Sehr schnell entwickelten sich Gespräche und alte, lustige Geschichten wurden ausgekramt. Cassandra rührte ein wenig teilnahmslos mit einem Strohhalm durch das Eis ihres Cocktails. Entweder sie kannte die Geschichten schon oder sie war gelangweilt davon, was den anderen dreien jedoch gänzlich entging. Alex hingegen bemerkte es, da sie Cassandra seit einigen Minuten beobachtete. Sie trug eine dezente Brille, die zu ihrem rotgefärbten Haar und ihrem blassen Teint passte. Fast den ganzen Abend über war sie eher zurückhaltend. Sie redete nicht besonders viel, bekam jedoch alles mit, was wichtig war. Da Alex von den Gesprächen der anderen auch nicht sonderlich angetan war, stellte sie sich irgendwann zu Cass und brachte ihr bei der Gelegenheit gleich noch einen Cocktail. Cassandra war überrascht von dieser Geste und zeigte sich erfreut.

„Trinkst du nichts?“, erkundigte sie sich.

Alex griff hinter sich und zauberte einen Energiedrink hervor. Die beiden von der Gruppe Abtrünnigen stießen auf einen schönen Abend an und fanden ihre eigenen Gesprächsthemen.

Obwohl Cassandra praktisch eine Fremde war, hatte Alex im Laufe des Abends das Bedürfnis, sich ihr in Bezug auf Katharina anzuvertrauen.

„Weißt du, sie ist wirklich süß mit ihrem verschmitzten Lächeln und ihrer niedlichen Nase und…“.

Sie wurde umgehend unterbrochen.

„Süß, verschmitzt, niedlich? Ganz ehrlich Alex, ich kenne dich jetzt seit…“, Cass schaute kurz auf ihre Uhr, „seit ziemlich genau drei Stunden und wenn mich jemand fragen würde, welche Eigenschaften oder Charakterzüge eine Frau aufweisen müsste, damit sie es mit dir aufnehmen könnte, dann wären es nicht süß, verschmitzt und niedlich.“

Alex prustete fast ihr Getränk aus dem Mund, sodass sie ihre Hände davorhalten musste. Sie atmete tief ein, konzentrierte sich kurz und schluckte es hinunter.

„Sowas kannst du doch nicht so raushauen, wenn ich gerade etwas trinken möchte“, sagte sie noch immer lachend.

Cassandra schlürfte an ihrem Cocktail.

„Welche drei Eigenschaften müsste denn deiner Meinung nach eine Frau aufweisen, um es mit mir aufzunehmen?“, wollte Alex wissen.

Sie spürte plötzlich ein eigenartiges Gefühl in ihrer Magengegend.

Was war das? Es war merkwürdig, eine Mischung aus Spannung, Kribbeln, Furcht, Neugier und vieles mehr, was sie in der Schnelle nicht analysieren konnte.

„Über die Antwort dieser Frage solltest du dir besser Gedanken machen. Ich bin mir sicher, dass Katharina nicht weiß, wen sie da an ihrer Seite hat.“

Wie war das nun gemeint? Alex war verwirrt und wusste nicht, ob sie sich gerade angegriffen fühlen sollte. Sie beschloss, sich die innere Aufregung nicht ansehen zu lassen.

„Wen hat sie denn an ihrer Seite?“

Cass setzte in diesem Augenblick einen solch durchdringenden Blick auf, dass sich das eigenartige Gefühl aus der Magengegend nun eine Etage tiefer befand. Alex hielt den Blick und tastete nervös den Tisch nach ihrem Energiedrink ab.

„Etwas weiter rechts“, dirigierte Cassandra ihr nervöses Gegenüber. „Das andere rechts“, sagte sie grinsend.

Alex war so durcheinander, dass sie Rechts und Links vertauschte. Was war denn bloß los mit ihr? Völlig unerwartet stand Katharina plötzlich in der Mitte der beiden und hatte offensichtlich schon ein paar Drinks intus.

„Ich hoffe ihr beiden fühlt euch nicht ausgestoßen“, entschuldigte sie sich mit leichten Wortfindungsstörungen.

Alex schüttelte den Kopf, gab ihrer Freundin einen Kuss und nahm sie in den Arm.

„Ihr entschuldigt mich kurz?“, sagte Cassandra lächelnd, stand auf und ging die lange Treppe hinunter zu den Damentoiletten.

Alex stand derweil schon wieder allein mit ihrem Getränk in der Hand am Tresen, da Katharina ihre Jungs nicht lang warten lassen wollte. Die drei standen etwa eine Armlänge von Alex entfernt, doch von den Gesprächen bekam sie bei der zwischenzeitlich lauter gewordenen Musik absolut nichts mit. Sie lehnte sich mit ihrem Rücken an den massiven Holztresen und schaute durch den Raum, ohne wirklich das Gesehene aufzunehmen, denn mit ihren Gedanken war sie ganz woanders. Was ihr Cassandra wohl in dem vorangegangenen Gespräch mitteilen wollte? Und warum überhaupt entwickelte sich bei Alex so eine Faszination für Cass? Sie hatte die Treppe zu den Toiletten genau im Auge und je länger sie darauf wartete, dass Cassandra dort gleich erscheinen würde, desto nervöser wurde sie. Alex fühlte, dass es nicht richtig war, derart zu empfinden, doch was sollte sie schon dagegen tun? Ein paar Minuten später erschien sie endlich auf dem obersten Absatz der Treppe und wie befürchtet, verstärkten sich diese nagende Neugierde und das Verlangen nach dem Verbotenen. Cassandra wirkte im Gegensatz sehr gelassen, ausgeglichen und entspannt. Kaum war sie zurück, stellte sie sich ebenfalls an den Tresen und schaute den feiernden Gästen zu. Es vergingen lediglich zwei oder drei Minuten, als sie sich mit einem Mal langsam linksseitig zu Alex lehnte und mit ihrem Mund ganz nah an deren Ohr herankam.

„Du wirst jetzt die Toilette aufsuchen und zwar die Hinterste. Greif unter den Spülkasten, dort wirst du etwas finden.“

Kaum hatte sie es ausgesprochen, wandte sie sich von Alex ab und gesellte sich zu den anderen dreien. Das alles wirkte so unwirklich, gar abwegig… doch es ließ Alex nicht los. Sie stellte ihr Getränk zur Seite und bahnte sich den Weg zu den Toiletten. Greif unter den Wasserkasten. Was konnte da sein? Was hatte sie vor? Unten angekommen, öffnete Alex die Tür zu den Toilettenräumen. Keine Kabine war besetzt, nur eben die Hinterste. Damit es nicht blöd aussah, wenn sie darauf wartete, dass ausgerechnet diese Toilette frei wurde, wusch sie sich ausgiebig die Hände, richtete sich nochmals die Haare und nutzte den Handfön ein paar Minuten. Schließlich öffnete sich endlich die Tür und die junge Dame verließ nach dem Händewaschen gleich tänzelnd und gut gelaunt die Örtlichkeit. Alex‘ Herz schlug ihr bis zum Hals. Jeder Schritt in Richtung der letzten Kabine ließ ihre Aufregung nur noch mehr ansteigen. Etwas zögerlich trat sie ein, bevor sie nach Eintritt die Tür ruckartig zuschmiss und diese sogleich verschloss. Neugierig beugte sie sich nach vorn und schaute unter den Wasserkasten. Da hing er, ein mit Kaugummi befestigter Zettel. Sie zog ihn vorsichtig ab und öffnete den gefalteten Brief. Sie atmete ein letztes Mal tief ein. Ihre Hände zitterten. Sie hatte keine Ahnung, was da nun auf sie wartete.

So, Kleine. Da du hier bist und meine Nachricht liest, wirst du sie nun auch befolgen. Ich möchte, dass du die Knöpfe deiner Hose öffnest. JETZT!

Bevor sie weiterlas, befolgte sie das Geschriebene.

Gleite mit einer Hand unter deinen Slip und berühre dich. Solltest du nicht feucht sein, möchte ich, dass du sofort aufhörst und wieder hochkommst. Andernfalls möchte ich, dass du dich nun etwas verwöhnst. Lehne dich mit dem Rücken an die Wand und spreize deine Beine. Deine Hand bleibt genau dort, wo sie ist. Hör nicht auf, deinen Kitzler zu berühren. Und nun dring mit zwei Fingern in dich ein.

Alex befolgte die Anweisungen buchstabengetreu, sie hatte gar keine Wahl. Cassandra hatte irgendwie Besitz von ihr ergriffen und war in der Lage, sie zu leiten. In diesem Augenblick zählte nichts mehr um sie herum, auch Katharina nicht die nur ein Stockwerk über ihr ahnungslos weiterzechte. Leider folgten nun nicht mehr viele Sätze, doch Alex verschlang jedes einzelne Wort.

Du wirst dich jetzt bis kurz vor den Höhepunkt führen, aber keinesfalls kommen. Sollte zwischenzeitlich jemand die Toilette betreten, falls das nicht schon längst geschehen ist, wirst du nicht aufhören. Ich traue dir zu, dass du dich so beherrschen kannst, dass niemand was hört, falls doch, lass dir was einfallen. Wenn du fertig bist, sehen wir uns oben.

Ihre Hände blieben während des Lesens nicht untätig. Ihr Kitzler war bereits geschwollen und ihr Slip fürchterlich durchnässt. Sie schloss ihre Augen und übte mehr Druck auf ihre Klitoris aus. Genau dann geschah es. Die Tür öffnete sich und zwei kichernde Frauen kamen herein. Im ersten Augenblick stoppte Alex reflexartig, machte dann aber sofort weiter und biss sich wortwörtlich auf die Zunge. Das Herauszögern ihres Orgasmus war kaum noch möglich. Eine der gerade hereingekommenen Frauen entschied sich ausgerechnet für die Kabine neben ihr. Die Freundinnen hatten sich so viel zu erzählen, dass Alex nur auf ihren Schatten achten musste. Wie in Trance blendete sie in ihrer Geilheit die Welt um sich herum aus. Zeitgleich mit den Frauen, die ihre Spülungen betätigten, stand sie kurz vor ihrem Orgasmus und zog ihre Hand aus der Hose. Das Gefühl war so überwältigend, dass sie sich vor Lust krümmte und sich bemühte, den erst herannahenden und dann sich wieder entfernenden Höhepunkt zu verkraften.

Im Vorraum war es ruhig. Geschafft schleppte sich Alex zu den Waschbecken und blickte in den Spiegel. Ihre Wangen waren gerötet und ihre Augen strahlten. Dennoch kam kurz ein unangenehmes Gefühl auf. Stand sie da gerade kurz vor dem Fremdgehen? Eines war jedenfalls klar, Katharina wäre nicht begeistert davon zu hören. Schnell schob sie den Gedanken beiseite. Zu schön war das Erlebte gerade und viel zu spannend war die Situation, um jetzt auszusteigen. Nachdem sie sich etwas aufgefrischt hatte, machte sie sich auf den Weg nach oben. Ein bisschen mulmig war ihr schon. Wie würde Cassandra sie gleich ansehen? Wie würde sie mit ihr umgehen und wie sollte sich Alex nun überhaupt verhalten? Tief durchatmen! Du bist doch sonst so cool. Ein bisschen davon muss doch hervorzurufen sein.

Die Musik war zwischenzeitlich noch lauter geworden und die Besucher wurden nicht weniger. Eigentlich mochte Alex solche Menschenmassen nicht sonderlich, doch heute war ihr all das egal. Als sie dem Tresen näherkam, standen dort Katharina und die beiden Jungs, doch Cass war nirgends zu sehen.

„Da bist du ja Schatz. Ich wollte schon nach dir suchen. Was möchtest du trinken?“

Alex hörte die Stimme ihrer Freundin nur undeutlich, sah sich stattdessen weiter um.

„Wo ist denn Cassandra hin?“, ging sie mit ihrer Frage über die andere hinweg.

Ihre Freundin wollte gerade antworten, da kam die Kellnerin vorbei, bei der sie eine weitere Bestellung aufgab. Mit erhöhtem Pegel und der Lautstärke im Hintergrund gestaltete sich das allerdings gar nicht so einfach, auch wenn es schlussendlich gelang. Katharina wandte sich ihr wieder zu.

„Wegen Cass. Die hat einen Anruf bekommen und musste weg. Ich soll dich aber lieb grüßen.“

Von jetzt auf gleich war Alex‘ Laune am Boden. Ihr gefiel das Spielchen, doch so ein wortloser Abgang war unpassend. Während Katharinas Freunde weiter Spaß hatten, saß sie auf einem Barhocker und nippte teilnahmslos an ihrem Wasser. Was ein verrückter Abend. Wie konnte sie einfach so die Kontrolle abgeben? Was, wenn Cassandra sich nur einen Spaß erlaubt hatte und sie für ihre Schwäche auslachte?

Bei diesem Gedanken wurde es ihr ganz anders.

Alex hatte genug von dieser Party, was glücklicherweise auch auf Katharina zutraf.

„Ich trink das nur noch aus“, stammelte die Frau, die sonst nie Alkohol trank. „Ach so, Cass sagte, du suchst einen Klempner. Ich sollte dir diese Visitenkarte geben.“

Alex verstand nicht. Was für ein Klempner? Sie schaute sich die Visitenkarte an. Theo Schmidt, Klempner-Meister. Probleme mit Dusche, Wanne, Toilette? Nichts ergab richtig Sinn. Minutenlang starrte sie auf die Karte. Zwischenzeitlich kam ihr schon der Gedanke, dass dies lediglich eine zweite Verarsche sei, doch das wollte sie nicht wahrhaben. Dann entdeckte sie etwas. An dem Wort Toilette war ein kleines Sternchen angemalt und eine Drei aus der Telefonnummer des Klempners war unterstrichen. Alex schaute sich um. Ihre Freundin war noch mit ihrem Drink beschäftigt, so blieb ihr etwas Zeit. Dann ging ihr ein Licht auf. Das war die einzige Möglichkeit. Sie sprang auf, tippte Katharina im Vorbeigehen an und teilte ihr mit, dass sie noch mal schnell aufs Klo müsse. Sie eilte die Treppen hinunter und diesmal war keine der Toiletten besetzt, was bei der Anzahl der Gäste mehr als ein Glücksfall war. Insgesamt vier gab es. Den Orgasmus verwehrte sich Alex auf der Hintersten. Dieses Mal betrat sie dem Hinweis auf der Visitenkarte entsprechend die dritte Kabine. Sie bemühte sich ihre Euphorie im Zaum zu halten, was sich jedoch als zweckloses Unterfangen herausstellte.

Sie beugte sich vor, um unter den Wasserkasten zu sehen. Dabei überkam sie mit einem Mal die Angst, dass dort nichts sein würde und überall sonst auch nicht. Sie zweifelte kurz, doch das war gar nicht nötig, denn sie hatte das Rätsel bereits gelöst. Tatsächlich wartete eine zweite Mitteilung auf sie. Ungeachtet der Schmach, Cassandra verpasst zu haben, wich dieses Gefühl erneut dem aufregenden Prickeln ihres innewohnenden Verlangens.

Katharina weiß nicht, wen sie an ihrer Seite hat, und du weißt nicht, welches unerfüllte Verlangen in dir brodelt und darauf wartet, freigelassen zu werden. Mache dir Gedanken darüber, was du willst. Regel dein Privatleben und wenn es eine Fortsetzung geben soll, dann schicke deine Telefonnummer mit deinem Namen an die E-Mail-Adresse auf der Visitenkarte.

Erleichterung machte sich in ihr breit. Sie wurde kein Opfer eines boshaften Streichs und spürte den Beginn eines aufregenden neuen Kapitels.

Um das Geschehene sacken zu lassen, brauchte Alex mehrere Tage. Abwechselnd las sie sich immer und immer wieder die gesammelten Zettel mit aufmerksam-lüsternen Blick durch. Dabei fühlte sie sich in die Nacht der Geschehnisse zurückversetzt. Das Erlebte ließ sie nicht mehr los. Niemals hätte sie es für möglich gehalten, derart dominiert zu werden. Ganz davon abgesehen war ebenso wenig zu leugnen, dass sie diese Dominanz mehr als erregte. War das die ominöse Leidenschaft, die sich immer wieder laut meldete und einfach keine Ruhe gab? Alles sah danach aus und in Alex wurde ein Feuer entfacht, welches sich nun nicht mehr löschen ließ.

Nur drei Wochen nach ihrem Erwachen beendete sie ihre Beziehung mit Katharina. Sie erfuhr niemals, was an diesem dubiosen Abend in den Kabinen 3 und 4 passierte. Es vergingen lediglich zwei Tage, bis Alex ihren Mut zusammennahm und ihre Kontaktdaten an die auf der Visitenkarte hinterlegte E-Mailadresse sandte. Etwas, das so geheimnisvoll begann musste einfach Hand und Fuß haben. Keine Antwort, kein Anruf. Schnell war die zweite Woche angebrochen und Alex‘ Ungeduld war kaum noch auszuhalten. Weitere vierzehn Tage vergingen. Es gab kein Lebenszeichen. Vielleicht hatte Cassandra es sich anders überlegt oder die E-Mail wurde nicht weitergeleitet. Sie dachte darüber nach den Klempner-Betrieb anzurufen, aber was hätte sie sagen sollen? Nein, wenn es nicht klappte, dann sollte es nicht sein. Sie gab sich sehr ungern geschlagen, doch in diesem Fall blieb ihr im Prinzip nichts anderes übrig. An Ablenkung mangelte es ihr jedenfalls nicht. Selten arbeitete sie weniger als zehn Stunden pro Tag und kam meistens erst spät am Abend nach Hause. Meist schlummerte sie erschöpft vor ihrem Fernseher ein, um sich dann irgendwann in der Nacht ins Bett zu schleppen. Heute jedoch war Sonntag und Alex schlief so richtig schön aus. Erst um dreizehn Uhr kroch sie unter ihrer Decke hervor und ließ die Sonne in den Raum. Sie stellte die Kaffeemaschine an und genehmigte sich eine erfrischende Dusche. Nach und nach sammelte sich frische Energie in ihrem Körper. Sie blickte in den Spiegel und zog sich die Haut unter den Augen strammer. Es war eindeutig Zeit für etwas Urlaub und der stand auch bald an. Nur noch drei Tage musste sie durchstehen, dann hieß es ausschlafen, erholen und chillen. Die Zeitung hatte an diesem Mittag nicht viel herzugeben. Alex legte sie zur Seite und beschloss, bei ihrer besten Freundin anzurufen, von der sie seit dem letzten Treffen im Pub nichts mehr gehört hatte. Als sie aber ihr Handy zur Hand nahm, entdeckte sie eine Nachricht von einer unbekannten Nummer. Sofort stellte sie den Kaffee zur Seite und öffnete die SMS.

Wenn ich innerhalb der nächsten Stunde drei Gründe von dir zu lesen bekomme, weshalb ich mich mit dir treffen sollte, wirst du mich heute um siebzehn Uhr sehen.

Alex schaute umgehend nach, wann sie die Nachricht erhalten hatte und ärgerte sich zu Tode. Ihre Antwort hätte bis zwölf Uhr da sein müssen, jedoch befand sie sich zu diesem Zeitpunkt noch im Land der Träume. War die Chance damit wirklich vertan? Sie dachte nach. Was hatte sie schon zu verlieren? Und so antwortete sie, obgleich sie wesentlich zu spät dran war.

Leider habe ich deine Nachricht erst jetzt lesen können, dennoch möchte ich dir gern drei Gründe nennen, weshalb wir uns treffen sollten:

Erstens habe ich zum ersten Mal in meinem Leben derartige Anweisungen befolgt und bin mir sicher, dass du dahingehend viel mit mir ausprobieren könntest.

Zweitens spüre ich deine unglaubliche Macht. Aus irgendeinem Grund füge ich mich dir. Sicher könntest du mir näherbringen, was das ist, was da mit mir geschieht.

Und drittens weißt du, glaub ich viel eher, was du für Möglichkeiten mit mir hast. Scheinbar siehst du in mir etwas, was ich selbst noch nicht entdeckt habe. Ich würde mich freuen, könnten wir uns nach meiner Aufzählung dennoch treffen.

Allerliebste Grüße, Alex.

Nachdem sie die Nachricht abgeschickt hatte, war für sie klar, dass nun wieder lange Zeit nichts passieren würde. Deshalb nahm sie, wie zuvor schon geplant, ihr Festnetztelefon und wählte Finjas Nummer. Noch bevor der Ruf durch war, blinkte Alex‘ Handy und so drückte sie das Gespräch schnell wieder weg. Es war tatsächlich Cassandra.

Heute, siebzehn Uhr, Café Solo in Waltrop… Ich freue mich.

Und wie sich Alex erst freute. Sie sprang so ruckartig vom Stuhl auf, dass sie dabei fast die Kaffeetasse umschmiss. Damit hatte sie nicht gerechnet, doch nun war sie mehr als froh. Aber was sollte sie anziehen? Es war schließlich kein Date im herkömmlichen Sinne. Nein, eine derartige Verabredung war es ganz sicher nicht. Sie öffnete ihren großen Kleiderschrank und suchte nach etwas Passendem. Eine schwarze Bluse war schon mal ein Anfang, doch welche Hose sollte her? Besonders viel Auswahl hatte sie nicht. Sie besaß unendlich viele blaue Jeanshosen, aber das war es auch schon. Also eine schwarze Bluse und dazu eine Jeans, jedoch eine etwas enger geschnittene, damit sie mit ihrer guten Figur punkten konnte. Bei einer Größe von 1,65 m brachte sie gerade mal knapp fünfzig Kilo auf die Waage. Sie hatte ein Figürchen, wie man es sich nur wünschen konnte und das, ohne etwas dafür tun zu müssen. Die Veranlagung verdankte sie ihrer Mutter. Nachdem sie sich ein Outfit ausgesucht hatte, rief sie nochmals bei Finja an, schließlich hatte sie dreieinhalb Stunden Zeit, bis sie in Waltrop sein musste. Das Telefon klingelte, doch es dauerte, bis auf der anderen Seite abgehoben wurde. Erst als sie gerade auflegen wollte, meldete sich eine müde Stimme.

„Oh tut mir leid, hab‘ ich dich etwa geweckt? Ich kann mich auch später noch mal melden“, entschuldigte sich Alex.

„Jetzt bin ich wach“, antwortete Finja zerknirscht. „Was gibts denn?“

Auch wenn sie schlaftrunken und dementsprechend launisch war, so freute sich Alex sehr, dass sie ihre Freundin erreicht hatte und das Telefonat nicht verschieben musste.

„Ich habe gleich ein Date“, sagte sie aufgeregt.

Es dauerte ein paar Minuten, bis Finja wirklich aufnahmefähig war. Alex hörte, dass die Kaffeemaschine im Hintergrund lief und Tassen klimperten.

„Also hast du Katharina den Laufpass gegeben?“, erkundigte sich ihre beste Freundin.

„Ja, es ist Schluss. Es hatte keinen Sinn mehr, aber jetzt bahnt sich etwas richtig Interessantes an, nur weiß ich nicht, ob ich dem gewachsen bin.“

Sie erzählte Finja ausführlich von dem Abend im Pub, als sie es sich auf Anweisung in der Frauentoilette selbst machte.

„Es ist alles so verrückt. Ich weiß gar nicht, was da mit mir passiert ist!“, erklärte sie aufgeregt.

Auf der anderen Seite der Leitung amüsierte man sich herzlichst. Finja lachte lauthals, ohne dass Alex verstand, warum.

„Jetzt mal ehrlich Süße. Hast du keinen Schimmer, was da läuft? Das glaube ich dir nicht.“

Alex lief nervös in ihrer Küche auf und ab und schaute immer wieder auf die Uhr.

„Doch klar weiß ich, dass sie mich dominiert hat, aber das heißt ja nicht zwangsläufig, dass sie gleich eine Herrin ist oder so was.“

Finja beschlich das Gefühl, dass ihre liebe Freundin die Sache absichtlich kleiner redete, als sie es war. Nur warum tat sie das? Fürchtete sie sich vor dem, was da kommen konnte?

„Du hast Schiss!“, trällerte sie in den Telefonhörer.

„So ein Quatsch“, erwiderte Alex scheinbar gekränkt.

Finja aber ließ sich nicht davon abbringen. Sie kannte ihre Beste nun bereits ein paar Jahre und hörte sogar am Telefon heraus, wie es in ihr aussah.

„Mal Spaß bei Seite, Süße. Du hast mir schon viel zu oft von einer unerfüllten Leidenschaft in dir erzählt und plötzlich kommt da jemand her und erweckt etwas in dir, was du bisher nicht kanntest. Vielleicht hat deine Suche ein Ende.“

Alex setzte sich auf einen Stuhl. Diese Worte musste sie kurz sacken lassen. Ein Schluck Kaffee sollte dabei helfen. Es gab da nur eine Sache, die sie sehr verunsicherte. „Finja, mal ehrlich, ich und unterwürfig? Das passt doch gar nicht. In meinem Job treffe ich tagtäglich wichtige Entscheidungen und delegiere Personal. Und auch gegenüber meinen Freunden wirke ich nicht devot, oder?“

Finja und Alex kannten sich schon zu Schulzeiten. Seit der sechsten Klasse waren sie beste Freundinnen und erzählten sich ausnahmslos alles. In dieser Freundschaft gab es keine Geheimnisse und das machte sie so besonders. Gleichzeitig lernten sie das Denken und Fühlen des anderen, weshalb sie sehr emphatisch füreinander waren.

„Keine Sorge, Maus. Nur weil du auf sexueller Ebene vielleicht doch die Unterwürfige bist, heißt das nicht, dass du in deinem Alltag ebenso auftrittst. Ich denke, gerade dieser Gegensatz ist Bestandteil der Neigung.“

Finja brachte Alex auf viele neue Gedanken. Wieder einmal blickte sie ungeduldig auf die Wanduhr.

„Ich danke dir wirklich für dein Ohr und noch mehr für deine Worte, aber ich muss mich langsam fertigmachen.“

Man hörte selbst am Telefon die plötzlich eintretende Unruhe in ihrer Stimme.

„Ja, sieh mal zu. Nicht, dass du zu spät bei deiner Herrin auf der Matte stehst. Dann gibts ‘nen arschvoll!“, scherzte Finja.

Alex ahnte, dass ein derartiger Kommentar kommen würde. Trotz ihrer Unruhe und der Aufregung musste sie lachen.

In den nächsten anderthalb Stunden richtete sich Alex von Kopf bis Fuß her. Da sie keine Ahnung hatte, was sie bei dem Treffen erwarten würde, musste sie einfach alles in Betracht ziehen. So gehörte natürlich auch eine gründliche Intimrasur dazu. Während sie sich die Haare wusch, huschten vor ihrem inneren Auge blitzartig szenenhafte Erinnerungen von dem Abend vorbei. Wie sich Cassandra zu ihr lehnte und sie aufforderte, die Toilette aufzusuchen. Allein der Ton in ihrer Stimme entfachte ein erregendes Prickeln zwischen ihren Beinen. Noch nie zuvor hatte Alex etwas vergleichbar Aufregendes erlebt. Selbst das Gefühl, was sie in diesem Moment wieder empfand, ließ sie vor Euphorie strotzen.

Bereits um Viertel nach vier saß sie in ihrem Auto auf dem Weg zum Treffen. In diesem Punkt hatte Finja auf jeden Fall recht, Alex sollte keinesfalls zu spät kommen. Um Viertel vor fünf traf sie ein. Sie schaute durch die große Fensterfront in das Café, konnte Cassandra aber nicht entdecken. So blieb ihr noch Zeit für eine Zigarette in der Hoffnung, sie würde ihr die schreckliche Nervosität nehmen, doch kein einziger Zug half. Dann fuhr ein schwarzmattierter BMW mit getönten Scheiben auf den Parkplatz. Aus irgendeinem Grund wusste Alex, dass Cassandra da nun gleich aussteigen würde. Auf ihre Intuition konnte sie sich verlassen. Es war Cass und Alex fühlte die sich nähernde Macht. Reflexartig ging sie zur Eingangstür und hielt diese anmutig für ihre Verabredung auf. Cassandra begrüßte sie mit einem Lächeln und einem dankenden Nicken für das Aufhalten der Tür, bevor sie das Café betrat und offenbar zielgerichtet auf einen Tisch zuging. Sogleich kam eine der Kellnerinnen, die sie freundlich willkommen hieß und ihr den Mantel abnahm. Während sie ihn zur Garderobe brachte, ließ es sich Alex nicht nehmen, den Stuhl für Cassandra zurechtzurücken. Es schien wie ein Wettkampf unter Bediensteten. Cass amüsierte der gegenwärtige Eifer.

„Was darf ich bringen?“, erkundigte sich die bereits zurückgekehrte Kellnerin.

Alex musste erst mal einen Blick in die Karte werfen, während Cassandra schon wusste, was sie wollte.

„Ich nehme einen Espresso Macchiato und ein Glas Wasser bitte.“

„Dann nehme ich, äh, einen Ginger Ale.“

Die Bedienung nahm die Bestellung auf und ging. Für gewöhnlich war es für Alex ein Leichtes, Konversation zu betreiben, doch heute fiel ihr beim besten Willen nichts ein. Cass hingegen brach nach einigen Minuten das Schweigen.

„Ich wüsste gern von dir, wie sehnsüchtig du auf eine Nachricht von mir gewartet hast, nachdem du deine E-Mail verschickt hattest.“

Das war mal ein Gesprächsbeginn. Alex fühlte sich kurzzeitig überfordert. Glücklicherweise war die Servicekraft äußerst arbeitsam, sodass sie bereits mit den Getränken am Tisch erschien. Ebenso schnell wie sie auftauchte, war sie wieder verschwunden und es musste eine Antwort her.

„Na ja, also ich hatte viel zu tun…“, wollte sie ihre Ungeduld herunterspielen.

Weiter kam sie mit ihrem Satz nicht. Cassandra holte sogleich ihr Portemonnaie heraus und legte einen Fünfeuroschein auf den Tisch. Alex verstand sofort, dass ihre übliche Art hier nicht angebracht war und versuchte, die Situation zu retten.

„Bitte entschuldige. Das war meine Unsicherheit.“

Cass, die gerade wieder ihre Geldbörse verstaut hatte, wandte sich ihr mit einem äußerst abmahnenden Blick zu.

„Das war nicht deine Unsicherheit. Das waren deine Arroganz und dein Stolz. Ich wünsche dir noch einen schönen Abend mit den beiden.“

Alex sprang von ihrem Stuhl auf und stellte sich Cassandra in den Weg, die dies nicht gerade gerne sah und ihre Augenbrauen hochzog. In diesem Augenblick eilte auch schon die eifrige Kellnerin heran.

„Kann ich irgendwas für euch tun? Ist was nicht in Ordnung?“

Langsam war Alex von der Freundlichkeit genervt und es reichte ihr auch selbst, freundlich zu bleiben.

„Ja, du kannst uns bitte allein lassen“, harschte sie die junge Frau an, die sich sogleich wieder entfernte.

Oh Gott, war das ein übler Fehlstart. Wie sollte sie da wieder herauskommen? So hatte sie sich das nicht vorgestellt. Cass stand geduldig da und wartete ab, was nach dieser filmreifen Szene folgen würde.

„Es tut mir wirklich alles sehr leid. Bitte können wir noch mal von vorne beginnen?“

Sie sah den ganzen Abend schon in Trümmern.

Cassandra blieb noch einen Augenblick stehen und regte sich gar nicht. Sie schaute Alex einfach nur in die Augen, als wolle sie durch sie hindurchsehen. Dann nickte sie leicht und setzte sich wieder auf ihren Platz. Von nun an sollte sie nicht mehr unnötig auf ehrliche Antworten warten.

„Nachdem ich die E-Mail an dich abgeschickt hatte, schaute ich mehrmals täglich in mein Postfach. Nach einiger Zeit war ich ziemlich enttäuscht. Die Enttäuschung wurde von einer Sehnsucht begleitet. Kurz gesagt: Ich konnte eine Antwort gar nicht abwarten und hatte Angst, du würdest dich gar nicht melden.“

Das war nun die volle Wahrheit. So langsam fanden sie wieder ein gemeinsames Level. Jetzt endlich konnte sich Cass ihrem Espresso Macchiato widmen, der mittlerweile nur noch lauwarm war. Sichtlich unsicher zupfte ihr Gegenüber an der Tischdecke herum.

„Sag mir Alex, warum hast du all meine Anweisungen bis zum jetzigen Treffen befolgt? Was glaubst du bei mir zu finden?“

Es war eine gute und berechtigte Frage und Alex überlegte, wie sie darauf antworten sollte.

„Ich war auf dich und diesen besagten Abend nicht gefasst und das, was da passiert ist, das war so mysteriös für mich. Es schien alles der Realität so fremd und dennoch habe ich mich gleich wohl gefühlt.“

Eine Antwort, die Cassandra mit Wohlwollen zur Kenntnis nahm. Niemand konnte auf diesen Abend vorbereitet sein, doch Cass spürte die Verbindung, die vom ersten Augenblick an zwischen den beiden bestand.

„Fern der Realität trifft es sehr gut“, sagte Cassandra und nippte an ihrem Glas. „Es gibt wunderschöne Möglichkeiten, der Realität zwischendurch zu entfliehen, um schließlich im Alltag wieder besser funktionieren zu können“, erklärte sie und Alex hörte gespannt zu.

Nichts um sie herum existierte. Sie hörte die anderen Gäste nicht mehr reden und die Geräusche aus der Küche prallten an ihren Ohrmuscheln ab.

„Ich könnte dich in eine Welt führen, die dich dir selbst in jeder Hinsicht näherbringt. Es gibt physische und psychische Erlebnisse, die dir heute nicht möglich scheinen. Aber…“ sagte sie abschließend, „ich bin mir noch nicht sicher, ob du bereit dazu bist.“

Sofort stellte Alex ihren Ginger Ale ab.

„Doch bin ich!“, platzte es aus ihr heraus.

War sie das wirklich? Bereit, wozu überhaupt? Wie konnten physische und psychische Erlebnisse aussehen? Cass bemerkte Alex‘ Zweifel, aber sie ging zunächst nicht darauf ein.

„Wir werden sehen“, erwiderte sie und bestellte bei einer anderen Kellnerin eine Flasche Rotwein und zwei Gläser. „Du scheinst die kleine Süße vergrault zu haben“, sagte sie amüsiert.

Alex war es unangenehm, auf den Fauxpas nochmals angesprochen zu werden und sie errötete ein wenig. Cassandras Gesichtszüge hingegen verhärteten sich mit einem Mal.

„Was die Kleine betrifft, sie ist mir egal, aber dein Verhalten mir gegenüber war mehr als respektlos, das ist dir schon klar, oder?“

Eine Flut der Erregung fiel über Alex her. Wie konnten ein paar Worte in einer bestimmten Tonlage derartige Gefühle bewirken?

„Ganz egal, welche Kellnerin uns im Laufe des Abends noch bewirten wird, du wirst keiner von ihnen ins Gesicht sehen, hast du verstanden?“

Woher holte sie bloß die Strenge in ihrer Stimme? Immer wieder schoss diese wie ein Blitz zwischen Alex Beine.

„Ja, ich habe verstanden“, antwortete sie kleinlaut.

Einerseits fühlte es sich eigenartig an, mitten in einem Café in der Öffentlichkeit bevormundet zu werden, andererseits kannte Alex dort niemanden. Und, warum das Ganze stoppen, wenn es sich so gut anfühlte? Abgesehen davon fühlte sie sich gar nicht in der Lage, irgendetwas aufzuhalten. Sie steckte mittendrin und wollte und konnte nicht heraus. In diesem Augenblick wurde der Wein an den Tisch gebracht. Alex senkte sogleich ihren Blick, erkannte aber an der Stimme, dass die Kleine zurück war.

„Meine etwas aufmüpfige Freundin, hier hätte gern eure Jalapeños und zwar gern extra scharf. Ein Glas Milch dazu wäre auch sehr freundlich.“

Alex entging das schadenfrohe Lachen der Kellnerin nicht, die genau verstand, dass die scharfen Schoten sie züchtigen sollten. Mit einem bestimmt breiten Grinsen entfernte sie sich wieder vom Tisch. Alex erhob ihren Blick.

„Ist das wirklich dein Ernst?“, fragte sie ungläubig.

Cass schwenkte entspannt ihr Weinglas.

„Ich mag es nicht, wenn man sich in meiner Gegenwart die Zunge verbrennt, so wie du es vorhin getan hast. Deshalb schauen wir mal, wie leid es dir wirklich tut.“

Sie meinte es tatsächlich ernst. Alex wurde jetzt schon heiß. Sie mochte scharfes Essen zwar, doch Jalapeños gehörten nicht unbedingt auf ihren Speiseplan, vor allem nicht, wenn man die Bestellung bei einer Kellnerin aufgab, die einem nicht unbedingt gut besonnen war.

„Einmal Jalapeños extra scharf nach Art des Hauses und ein Glas Milch. Ich wünsche einen guten Appetit.“

Die Worte klangen fast wie ein gesungenes Musicalstück, so viel Freude hatte die Bedienung an der Bestellung.

„Danke“, antwortete Alex etwas trotzig und wieder kam sie damit nicht durch.

„Ich finde, es gebietet den Anstand, dass du wenigstens eine davon in Anwesenheit dieser freundlichen Kellnerin isst, damit sie der Küche ein Feedback geben kann.“

Cassandra trieb es wirklich weit. Dabei behielt sie ihre Verabredung ganz genau im Auge und wägte ab, was noch möglich war und was nicht. Alex ließ sich darauf ein. Sie nahm den Teller und aß die erste Chili. Sofort stiegen ihr die Tränen in die Augen und die Nase begann zu laufen. Diese Schoten waren extra, extra scharf. Am liebsten hätte Alex dieser Kellnerin eine davon in den Hintern geschoben. Glücklicherweise waren sie nicht ganz so groß, sodass sie die Erste schaffte.

„Wenn ihr noch Nachschub wünscht, meldet euch einfach“, trällerte sie freundlichst und verschwand.

Alex wollte dieses Leid nur hinter sich bringen und schnappte sich gleich die nächste mexikanische Paprika-Chili. Sie verlor jeglichen Geschmack. Das Sprichwort mit der verbrannten Zunge bekam eine ganz neue Bedeutung. Dennoch gab sie sich nicht geschlagen. Nach diesem katastrophalen Start musste sie beweisen, dass sie auch anders konnte. Nach der Vierten nahm Alex einen kräftigen Schluck Milch. Ihre Augen tränten nach und nach immer mehr und ihr Rachen brannte. Gerade als sie die Nächste nehmen wollte, wurde sie gestoppt.

„Das reicht.“

Cassandra schob den Teller zur Seite und zeigte an, dass sie ein weiteres Glas Milch wünschte, welches schon bereitgestellt war. Auch dieses war im Nu leer.

„Ich gebe zu, du imponierst mir“, lobte Cass, während sie ihr Glas dabei hochhielt. „Ich verspreche dir, morgen früh wirst du dich noch mal an diese Mahlzeit erinnern.“

Es schien fast so, als gewänne Cassandra die meiste Freude aus ihrer Dominanz und dem, was sie damit ausrichten konnte. Soweit hatte Alex bisher gar nicht gedacht, doch jetzt, wo Cass es erwähnte, freute sie sich nicht gerade auf ihren ersten Toilettengang am nächsten Morgen.

„Es gibt im Grunde nur noch eins, was ich vorher über dich wissen muss.“

Sie war gespannt.

„Was möchtest du wissen?“

Cassandra lächelte ein wenig überheblich.

„Etwas, was du mir nicht sagen kannst, weil du es nicht weißt.“

Das klang wieder äußerst mysteriös, doch so sehr sie auch nachdachte, sie wusste nicht, worauf Cass hinauswollte.

„Geh auf die Toilette, zieh dir deinen Slip aus und trockne dich, falls du nicht schon von den Jalapeños runtergekommen bist.“

Alex blieb auf ihrem Stuhl sitzen und erwartete weitere Anweisungen.

„Und dann?“

„Dann wartest du“, sprach Cassandra mit erhobener Stimme.

Die hübsche Brünette stand auf und machte sich auf den Weg zu den Waschräumen. Was die Jalapeños betraf, sie hatten ihrer Feuchtigkeit keinen Abbruch getan. Sie schloss sich in einer Kabine ein und zog kurz die Jeans aus, um ihren durchnässten Slip zu entfernen. Sie steckte ihn sich in die Gesäßtasche. Mit Toilettenpapier versuchte sie, der Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen Herr zu werden, doch das war gar nicht so einfach. Sie atmete tief ein und aus und konzentrierte sich auf etwas anderes. Warum sollte sie es überhaupt tun? Alex erschrak, als es plötzlich an der Tür klopfte. Sie hatte nicht bemerkt, dass sich jemand genähert hatte. Sie öffnete und Cassandra trat ein.

„Dreh dich zur Wand und zieh dein Oberteil aus“, befahl sie nachdrücklich.

Alex gehorchte und spürte, dass sich das Trocknen nicht gelohnt hatte. Sie hing ihren Pullover an eine in die Fliesen gedrehte Schraube und wandte sich der Wand zu. Cass nahm die Erregung zur Kenntnis und reichte ihr nochmals ein wenig Klopapier. In diesem Augenblick überkam Alex ein eigenartiges Schamgefühl. War sie verhurt, weil sie ihre Feuchtigkeit nicht in den Griff bekam? Cassandra hatte ihren Spaß an so viel Willigkeit und wusste gleich, dass dieses junge Ding eine Herausforderung werden würde. Alex warf das Papier ins Klo und legte ihre Hände an die Wand. Cass gefiel es, dass sie diese Anweisung gar nicht erst aussprechen musste. Sie kam gleich zum Wesentlichen. Ihre Lippen glitten sanft über Alex‘ Schulterblätter, sodass sich all ihre noch vorhandenen Körperhärchen aufrecht stellten. Auch der Nacken wurde zärtlich liebkost, bis sich von jetzt auf gleich ganz plötzlich Cassandras Zähne im rechten unteren Halsbereich verbissen. Alex stöhnte laut auf und vermied jegliche unnötige Bewegung, denn Cassandra ließ nicht von ihr ab. Ein paar Sekunden hielt sie den Schmerz, dann entspannte sie ihren Kiefer und suchte sich eine andere Stelle. Erneut bohrten sich ihre Zähne schmerzhaft in die Nackenmuskulatur. Wieder und wieder ergab sie sich ihrer Beißlust so sehr, dass Alex den Schmerz nicht in sich halten und laut aufstöhnen musste.

Ein Schauer der Gier überkam sie und sie legte ihren Kopf in den Nacken. Hingebung war für ihren Zustand gerade gar kein Ausdruck. Sie genoss den Schmerz auf eine Weise, wie er ihr bisher nicht bekannt war. Nach etlichen weiteren Bissen stoppte Cassandra.

„Berühr dich zwischen den Beinen und zeig mir deine Finger.“

Es dauerte einen Augenblick, bis Alex in der Lage war, die Worte zu verarbeiten und zu verstehen. Sie traf versehentlich ihren Kitzler und zuckte erregt zusammen. Dort unten befand sich derweil ein sprichwörtliches Feuchtbiotop. Alex zeigte Cassandra die Spuren ihrer Lust an ihren Fingern.

„Ich ahnte schon, dass du eine masochistische Ader hast. Sehr schön. Lass uns wieder zurückgehen.“

Das war also die Frage, die noch beantwortet werden musste. Cass kehrte als Erste zurück an den Tisch. Alex benötigte noch einen Augenblick, um sich zu fangen und einen Weiteren, um sich anzuziehen. Nachdem sie sich die Hände gewaschen hatte, kehrte auch sie zurück. Beide Weingläser waren aufgefüllt und Cassandra schien guter Dinge zu sein. Sie reichte ihr das Glas und sie stießen an.

„Auf eine interessante Zeit.“

Das Kristallglas klirrte kurz und die Frauen tranken einen Schluck des italienischen Rotweins. Das nannte man wohl ungewisse Zukunft, dachte sich Alex innerlich, doch nie fühlte sich Ungewissheit so fantastisch an wie in diesem Moment. Noch verstand sie bei Weitem nicht alles, doch da gab es tatsächlich etwas in ihr, was bisher unentdeckt geblieben war, und das galt es nun zu erforschen.

Der Erholungsurlaub

Wie gewöhnlich war der Herbst eine äußerst arbeitsreiche Zeit. In diesem Jahr jedoch klinkte sich Alex aus. Die letzten Monate waren derart kräftezehrend, dass man ihr die Anstrengung und den fehlenden Schlaf deutlich ansah. Jeder war irgendwann am Ende und sie stand kurz davor. Aus diesem Grunde hatte sie sich noch seinerzeit mit Katharina ein Häuschen für ein verlängertes Wochenende gebucht. Da es nun keine Katharina mehr gab, wollte Alex die Zeit für sich nutzen und die Vorzüge der Unterkunft genießen. Die Tasche war gepackt und das Auto vollgetankt, obwohl sich das Urlaubsdomizil lediglich zweihundert Kilometer entfernt in einer Bergsiedlung befand. Gerade als Alex die Wohnung verlassen wollte, klingelte ihr Telefon. Mehr als verwundert war sie, als sie feststellte, dass es die Telefonnummer von Cass war, die eigentlich an diesem Wochenende beruflich in Paris sein sollte.