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Was, wenn keiner helfen kann...? Plötzlich war er da – Schwindel. Und er ging nicht mehr.Was, wenn niemand die Ursache findet? Was, wenn jede Diagnose auf die Psyche zeigt? Wenn ein Symptom einen Menschen in die Depression treibt. Ohne jegliche Aussicht auf Besserung. Was dann? Was dann passiert, schildert dieses Buch in einem doch durchaus humorvollen Rückblick auf mehr als 10 Jahre mit einem Symptom und den daraus resultierenden psychischen Belastungen und Störungen. Ich nehme Sie mit auf eine Reise voller Hoffnung, Enttäuschung, zu unglaublichen und aberwitzigen Methoden. Mit Überraschungen und ganz viel Kopfschütteln. Und Sie werden lachen. Zumindest lächeln. Vielleicht auch ein Tränchen verdrücken. Kommense mal mit!
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Seitenzahl: 219
Marc Sebastian Richter
In der Hölle brennt das letzte Licht
Jede Menge Schwindel – eine Odyssee
durch die Medizin und alternative Heilmethoden
Inhaltsverzeichnis
Prolog
Kapitel 1:
Was zur Hölle...?
Kapitel 2:
Das ist es! Oder das! Oder besser auch nicht!
Kapitel 3:
Emotional Freedom the fuck?
Kapitel 4:
Auf dem Sprungbrett in den Abgrund
Kapitel 5:
Auftritt: Die Alternativen!
Der Heilpraktiker
Die Frau mit den Nadeln
Die Schamanin
Hartmut
Die Kinesiologen
Der Hypnotiseur
Der TCM-Arzt
Die Osteopathen
Der Heilpraktiker mit dem glänzenden Fell
Kapitel 6:
Selbstmedikation!
Schüßler-Salze
Pflanzliche und nicht so pflanzliche Beruhigungsmittel
Sonstige Tröpfchen, Tabletten und Kügelchen
Kapitel 7:
Echte diagnoseverfahren & Echte Mediziner
Die Computertomographie
Die Schilddrüse
Die Halswirbelsäule
Die Amalgam-Plomben
Richtig scharfe Sachen in der Sinusitis-Behandlung
Das Herz
Die Physiotherapeuten
Die Hals-Nasen-Ohren-Ärzte
Kapitel 8:
Ein Jahr auf der Couch!
Kapitel 9:
Willkommen in der Anstalt
Kapitel 10:
Und ein bisschen ging es aufwärts
Kapitel 11:
Biowetter
Kapitel 12:
Ernährung und Intoleranzen
Kapitel 13:
Nala
Kapitel 14:
Des Wahnsinns fette Beute!
Kapitel 15:
Woran hats gelegen?
Kapitel 16:
MRT und Therapie
Kapitel 17:
Meine Freunde
Kapitel 18:
Die Kohle
Kapitel 19:
Der weite Weg zum Gold
© 2024 Marc Sebastian Richter
Covergrafik: Generiert mit Adobe Firefly
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice“, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Bildnachweis: enthält Grafiken von Adobe Stock
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Für S., die mich
nie aufgegeben hat.
Love ya!
Haftungsausschluss und allgemeiner Hinweis zu medizinischen Themen:
Die hier dargestellten Inhalte dienen ausschließlich der neutralen Information und allgemeinen Weiterbildung. Sie stellen keine Empfehlung oder Bewerbung der beschriebenen oder erwähnten diagnostischen Methoden, Behandlungen oder Arzneimittel dar. Der Text erhebt weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch kann die Aktualität, Richtigkeit und Ausgewogenheit der dargebotenen Information garantiert werden.
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Der Text ersetzt keinesfalls die fachliche Beratung durch einen Arzt/Ärztin oder Apotheker/Apothekerin und er darf nicht als Grundlage zur eigenständigen Diagnose und Beginn, Änderung oder Beendigung einer Behandlung von Krankheiten verwendet werden. Konsultieren Sie bei gesundheitlichen Fragen oder Beschwerden immer einen Arzt / eine Ärztin! Der Autor übernimmt keine Haftung für Unannehmlichkeiten oder Schäden, die sich aus der Anwendung der hier beschriebenen Information ergeben.1
Der Autor ist kein Facharzt und erhebt keinen Anspruch auf medizinische Fachkenntnis in Bereichen wie Psychiatrie, Neurologie oder anderen medizinischen Spezialgebieten.
„Hallo, mein Name ist Marc und mir ist schwindelig.“ So habe ich mir immer den ersten Satz in einer Selbsthilfegruppe vorgestellt. Die Tatsache, dass dies der erste Satz ist, den Sie hier von mir lesen, könnte Sie in die Annahme bringen, dass Sie meine Selbsthilfegruppe seien. Wenn Ihnen das hilft, gerne.Dass Sie dieses Buch in den Händen halten und sogar anfangen, es zu lesen, bestärkt mich in der Annahme, dass Ihnen entweder auch schwindelig ist, oder aber dass Sie einen Angehörigen, Freund oder Bekannten ertragen müssen, der dieses Schicksal mit mir teilt. Falls das nicht so ist, und Sie das Buch versehentlich gekauft haben oder irgendjemand Ihnen das Buch geschenkt hat, lesen Sie trotzdem weiter. Wird stellenweise witzig. Ich kann Ihnen hier an dieser Stelle sofort sagen, dass ich Ihr Problem – sollten Sie denn eins haben – nicht lösen kann. Ich habe keine Patentlösung gegen den Schwindel parat. Ich habe auch keinerlei medizinische Ausbildung und bin weder Heilpraktiker, selbst ernannter „Heiler“ noch sonst jemand, der Ihnen auch nur im Ansatz vorgaukelt, dass ich Beschwerden lindern, abschalten oder irgendetwas an einem Gesundheitszustand ändern könnte.Was ich jedoch kann, ist Ihnen meinen langen Weg zu einem erheblich besseren Zustand – nämlich meinem – zu beschreiben. Sie haben also keinen Ratgeber erstanden. Sondern einen Erfahrungsbericht. Sie werden so manches schwer zu Glaubende erfahren, des Öfteren mal den Kopf schütteln und manchmal auch spontan denken: „Warum hat dem das denn keiner gesagt?“ oder „Wie blöd war das denn?“.Vielleicht werden Sie auch an manchen Stellen schmunzeln, lächeln oder gar lachen. Da sind wir auch schon an einem meiner Ziele: Den ganzen Scheiß mit etwas mehr Humor zu sehen. Am Ende des Buches werden Sie vielleicht für sich selber einige Rückschlüsse ziehen können. Eventuell bewahrt Sie das Buch vor rausgeschmissenem Geld, welches Sie voller Hoffnung für eine Nichtkassenleistung bei einem alternativen „Heiler“ oder für fragwürdige Zuckerkügelchen und exotische Tränke ausgegeben hätten, wenn Sie es nicht gekauft hätten. Das wäre fantastisch, denn dann hätten wir beide was davon – ich einen Teil meines rausgeschmissenen Geldes wieder und Sie weniger finanziellen Schaden. Aber zum Wesentlichen: Wie hat das eigentlich alles angefangen?
Wir befinden uns im Jahr 2009. Genauer gesagt Ende Oktober 2009. Ich bin als Netzwerktechniker/ Administrator in einem kleinen Dienstleistungsunternehmen angestellt. Kleines Unternehmen heißt: Der Chef (den ich seit meiner Kindheit kenne und von dem ich damals behauptete, dass wir auf einer freundschaftlichen Basis zusammenarbeiten), zwei Angestellte, ein freier Mitarbeiter und ich.Ich stehe kurz vor meinem 31. Geburtstag, die Tage sind lang und stressig. Als Netzwerktechniker arbeitet man grundsätzlich, wenn andere Menschen auch arbeiten, weil diese gerne Support haben, und man arbeitet auch, wenn andere Menschen Feierabend haben. Der gemeine Anwender mag es nicht, wenn man ihm die Server unter dem Hinternrunterfährt, nur um so was Unwichtiges wie Updates zu machen oder Installationen vorzunehmen. Das macht man dann selbstverständlich abends und/oder nachts.Mein gewöhnlicher Arbeitstag umfasst etwa 11 bis 12 Stunden, manchmal inklusive Mittagspause, manchmal auch ohne. Essen ist nicht so wichtig. Ein harter Arbeitstaghingegen dauert etwa 14 bis 16 Stunden und ein katastrophaler Tag etwa 20 Stunden. Egal, wie lange der Tag geht: Der Chef ist offensichtlich Workaholic und möchte, dass man am nächsten Morgen um Acht wieder im Büro ist. Klingt doof, ist es auch. Warum mein Arbeitspensum wichtig ist, fragen Sie sich jetzt? Abwarten. Kommt noch. Zurück zum Oktober 2009. Ich stehe im Chef-Büro hinter eben diesem und schaue mit ihm gemeinsam auf seinen Bildschirm. Wir haben ein Projekt abgeschlossen, von dem man sagen könnte, dass es suboptimal abgelaufen ist. Sie kennen das. Ist einmal der Wurm drin, pflanzt der Wurm sich fort, und plötzlich stehen Sie in einem Konvolut aus Würmern und müssen daraus eine Delikatesse machen. Kurzum: Wir haben zusammen ein Projekt dermaßen in den Sand gesetzt, dass der Kunde relativ schlechte Laune hat. Der Kunde selbst ist auch noch der beste Freund des Chefs, und zack: Man ist nicht mehr gemeinsam schuld am Ausgang des Projekts, sondern plötzlich alleine. Und das bringt mich ins Büro des Chefs, der gerade seinen ganzen Unmut über das Projekt an mir auslässt, wohl wissend, dass er genauso viel Mist produziert hat wie ich. Die Details erspare ich Ihnen. Sie können sich vielleicht vorstellen, dass ich mich zu dem Zeitpunkt in einer recht unangenehmen Situation befinde.Und genau dies ist der Augenblick, in dem mir das erste Mal bewusst schwindelig wird. Ein seltsames Gefühl, das ich vorher noch nie hatte. Schwierig zu beschreiben. Als hätte mir jemand in den Nacken geflitscht und damit ein kurzesGefühl von einer Mischung aus Dreh- und Schwankschwindel ausgelöst. Das Gefühl ist aber schnell wieder weg. Ich mache das Fenster auf und schiebe es auf die 16 Stunden, die ich schon auf den Beinen bin und den Stress mit meinemKunden und dem Chef.Kurz darauf – es ist irgendwas zwischen 22 und 23 Uhr abends – sage ich: „Ich muss jetzt weg.“ Natürlich stößt das auf Unverständnis. Auf der Heimfahrt fühle ich mich nicht besonders. Wieder schwer zu beschreiben. Ich bin nicht benommen, aber irgendwie fühlt es sich so an, als wäre ich nicht ganz da. Ich laufe nicht auf 100 %. Duselig im Kopf. Hirnnebel. Es gibt keinen passenden Begriff.Nach einer Stunde Autofahrt – ja, ich habe einen Arbeitsweg von 100 km – endlich ins Bett. Immerhin bleiben sechs Stunden Schlaf, bis ich wieder raus muss. Der nächste Morgen. Diese seltsame Schwindelattacke vom Vorabend beunruhigt mich. Ich beschließe, zum Arzt zu fahren und mich durchchecken zu lassen. Der Arzt kennt mich von Kind an. Ich beschreibe ihm den Vorfall und er veranlasst ein Blutbild, einen Lungenfunktionstest und eine Urinprobe.Ich soll morgen wiederkommen. Am nächsten Tag eröffnet er mir, dass er mir leider keine Ursache für die Schwindelattacke nennen kann. Das Blutbild ist in Ordnung, der Lungenfunktionstest gut und die Urinprobe ist ebenfalls ohne Auffälligkeiten.Aufpassen: Jetzt kommt eine sehr wichtige Stelle! Einige Jahre später werde ich in einem Wartezimmer einer Psychotherapeutin sitzen und ein Buch von Dr. Eckart von Hirschhausen lesen, in dem ein Satz steht, der mir niewieder entfallen wird. „Kopfschmerzen sind eine Volkskrankheit. Aber gut zu behandeln. Wie, entscheiden Sie – durch die Wahl Ihres Arztes.“2 Lesen Sie diesen Satz noch einmal durch und lassen Sie ihn kurz wirken. Und das bringt mich zu Folgendem, das ich aus eigener Erfahrung ziehen kann: „Welche Diagnose Sie erhalten, hängt mitunter davon ab, zu welchem Arzt Sie gehen.“Selbstverständlich wird Ihnen so ziemlich jeder Arzt eine offene Armfraktur treffend genau diagnostizieren könnenund nicht behaupten, das sei eine harmlose Überdehnung.Haben Sie aber nur ein Symptom wie unspezifischeSchmerzen im Rücken, wird sich die Diagnose von Arzt zu Arzt eventuell unterscheiden. Während ein Orthopäde eine Fehlstellung des Skeletts vermuten könnte, erzählt Ihnen ein Kardiologe vielleicht, dass auch Probleme mit dem Herzen eventuell diese Schmerzen verursachen könnten. Der Allgemeinmediziner wiederum geht vielleicht von muskulären Problemen aus und rammt Ihnen eine Spritze in den Rücken, die das Problem erst mal kaschiert. Jetzt nehmen Sie neben den wissenschaftlich fundierten Medizinern noch die Alternativmediziner dazu, die ein eventuell energetisch verstopftes Chakra vermuten oder das pure Böse aus IhremRücken herauspendeln möchten. Dann haben Sie einen sehr bunten Blumenstrauß an Verdachtsdiagnosen, Vermutungen und Differenzialdiagnosen, der auf der alternativ-medizinischen Seite noch mit einem Potpourri an Selbstzahlerquittungen garniert wird. Wer hat da jetzt was von? Sie als Patient erst mal nichts. Es sei denn, jemand hat einen Treffer gelandet und das Problem gelöst. Dann sind Sie zumindest das Symptom los. Ob derjenige auch die Ursache beseitigt hat, wissen wir an dieser Stelle vielleicht noch gar nicht.Mein Hausarzt jedenfalls sitzt vor mir und fragt, was denn zur Zeit in meinem Leben so los ist. Ob ich vielleicht Stress habe. Oder Ärger. Zufällig kann ich das gerade mit überwältigender Sicherheit bejahen. Er teilt mir mit, dass dieses Schwindelgefühl also sicherlich psychischer Natur sei und ein paar Tage Ruhe Abhilfe schaffen würden. Mir sitzen gefühlt 50 Jahre geballter Hausarzterfahrung gegenüber und ich denke: „Der wird schon wissen, was er tut.“Mein Fehler Nummer 1: Die erste Diagnose glauben. Wenn Sie ein solch beunruhigendes Symptom – und nichts anderes ist ein Schwindelgefühl – haben, sind Sie erst mal froh, wenn Ihnen eine vermeintlich harmlose Diagnose wie „Stress“ oder „Das muss was Psychisches sein.“ gestellt wird. Immerhin rafft das einen nicht sofort dahin. Gut. Eine Woche gelber Schein und das Problem sollte erledigt sein. Krank zu Hause zu bleiben ist zu dieser Zeit für mich ein Fremdwort. Solange ich noch gehen und Auto fahren kann, erscheine ich selbstverständlich am Arbeitsplatz. Auch mit Fieber. Übrigens auch etwas, das Sie besser lassen sollten. Dafür erhalten Sie nämlich weder ein Sonderlob nochhaben Sie davon irgendeinen Vorteil.Das Erste, was ich nach meiner Rückkehr in die Firma höre, ist, dass der Chef mein Auto vor dem Haus meiner Eltern gesehen hat und damit infrage stellt, ob ich denn wirklich krank war. Ich hätte heute so viele schöne Sätze als Antwort auf diese Unverschämtheit parat, die ein weiteres Buch füllen könnten. Manche davon sind nicht jugendfrei und andere enthalten wüste Schimpfwörter. Damals, 2009, zieht mich dieses Misstrauen nur noch weiter runter. Sie ahnen es: Das Schwindelgefühl kommt natürlich zurück.Diese unschöne Tatsache führt mich dann auch zurück zu meinem Hausarzt, dem ich ein paar Wochen nach dem ersten Termin mitteile, dass es mir nicht besser geht. Seine Antwort darauf: „Ich kann dir eine Überweisung zu einem Psychologen geben. Ich kenne da einen sehr Guten.“ Verneinend bestehe ich auf weiteren Untersuchungen. Mein Arzt hält diese nicht für notwendig und überweist mich kopfschüttelnd an einen Neurologen.Ich persönlich halte heute die Vorgehensweise meinesdamaligen Hausarztes für grob fahrlässig. Wenn man sich als Laie so viel mit dem Symptom „Schwindel“ auseinandergesetzt hat wie ich, weiß man, dass sich so ziemlich jede Krankheit, mit Ausnahme von Fußpilz, durch Schwindel äußern kann. (Nehmen Sie diesen Satz mit Humor. Es gibt noch mehr Krankheiten, die auf dieses Symptom verzichten.) Egal. Also auf zum Neurologen. Der Neurologe macht verschiedene kurze Tests und schickt mich dann ohne Befund wieder zurück zu meinem Hausarzt. Etwas Spannendes passiert beim Neurologen nicht, außer, dass ich viel Angst habe. Schließlich war es im Bereich des Möglichen, dass er etwas lebensbedrohliches findet. Angst ist sowieso so ein Thema bei mir. Das führt später noch zur Diagnose „Angst- und Panikstörung“, aber Geduld. Das kommt noch.Zurück zum Hausarzt, der mir nun, nachdem der Neurologe nichts gefunden hat, noch einmal den Psychologen, seinen Kumpel aus Studienzeiten, wärmstens ans Herz legt. Jung und naiv wie ich bin, sehe ich ein, dass ich wohl massiv einen an der Waffel haben muss und meine Symptome daher rühren. Ich nehme die Überweisung also samt Adresse an. Eventuell stören Sie sich gerade daran, dass ich „einen an der Waffel“ habe und nicht lieber eine gediegenere Wortwahl präsentiere und eine „psychische Störung“ vorliegt. Eine der ganz wenigen Vorteile daran, eine Krankheit zu haben, ist, dass man diese betiteln kann, wie immer man möchte. Man ist ja selber betroffen. Ich kann das sogar schriftlich belegen. Immerhin bin ich immer noch in Behandlung. Und zwar bei einem Birnendoktor. Manchmal auch beim Beklopptenarzt, beim Gehirnklempner oder in der Irrenanstalt. In einer richtigen Irrenanstalt war ich übrigens nie. Aber ich schweife ab.Allerdings ist es für das Verständnis des ganzen Buches essentiell, dass Sie noch mehr über meine Symptome, den daraus resultierenden Dachschaden und die Konsequenzen daraus erfahren. Ich versuche, mich kurz zu fassen.Bereits vor dem ersten Auftreten des diffusen Schwindels bin ich eine eher ängstliche Person. Hauptsächlich dann, wenn es um Krankheiten geht. Also schon so ein wenig Richtung Hypochonder. Ich mache mir zur damaligen Zeit sehr häufig Sorgen um Kleinigkeiten. Sie können sich das ungefähr so vorstellen: Ich erfahre über mehrere Ecken von der Krankheit eines Bekannten und projiziere diese Krankheit dann auf mich selbst. Das kann sich natürlich schnell zu einem Teufelskreis der Angst entwickeln.Der schwer zu beschreibende Schwindel ist für jemanden mit hypochondrischen Zügen ein Albtraum. Schwindel kann ein Symptom für fast jede tödliche Krankheit sein. Schwindel steht in nahezu jedem Beipackzettel, den ich kenne. Schwindel ist scheinbar so präsent in der Medizin, dass es schwierig ist, die genaue Ursache herauszufinden, und deshalb ist Schwindel eben auch ganz schnell „psychosomatisch“.Mir ist nach einiger Zeit permanent schwindelig und ich fühle mich benommen. Benommen heißt, ich fühle mich permanent wie leicht angetrunken. Der leichte Nebel im Kopf nach ein paar Bier oder einem Viertele Wein. Aber nur dieses dumpfe Gefühl. Sehr schwer zu erklären. Keine Ausfallerscheinungen oder sonstige motorische Nachteile. Im Englischen gibt es für Schwindel zwei Vokabeln. „Dizzyness“ für diesen komischen Zustand im Kopf, den man auf Deutsch fast nicht benennen kann. Am besten noch übersetzt mit „schwummerig“ oder „duselig“ und „Vertigo“ für den Schwindel, den jeder kennt. Wenn man sich mehrfach schnell um die eigene Achse gedreht hat und sich dann alles so lustig dreht. „Dizzyness“ trifft es in meinem Fall eigentlich recht gut. Schwankschwindel passt auch.Zum Schwindelgefühl gesellt sich relativ schnell dasGefühl, dass ich zu meiner linken Seite kippe beziehungsweise mich in diese Richtung geneigt fühle, obwohl ich aufrecht sitze oder stehe. Das verschlimmert meinen Zustand ungemein. Subjektiv. Sehen kann das niemand. Ebenfalls niemand nimmt von Außen wahr, dass etwas nicht stimmt. Aus dieser Kombination entwickelt sich auch über eine gewisse Zeit die permanente Angst, umzukippen. Bewusstlos zu werden. Die psychische Störung namens Agoraphobie, die daraus resultiert, erläutere ich später noch. Hier müssen Sie nur den Überblick über die Symptome behalten.Die Hauptsymptome „Schwindel“, „Benommenheit“, „nach links geneigt“ und „Gangunsicherheit“ sind die wichtigsten. Diese sind aber sehr diffus. Ich muss mich nie irgendwo festhalten, kann geradeaus laufen (auch mitgeschlossenen Augen) und fahre Downhill-Mountainbike, wofür man zweifellos ein wenig Gleichgewicht haben muss. Ich habe extrem gute Reflexe, kann balancieren wie jeder gesunde Mensch und bestehe alle Gleichgewichtstests, wie wir später noch erfahren. All das deutet immer wieder beiÄrzten, Physiotherapeuten, Psychologen, Osteopathen, Heilern und auch Schwurblern und Quacksalbern darauf hin, dass alle meine Probleme psychosomatisch sind. Hieraus entwickeln sich eine handfeste Depression, massive Angst- und Panikstörungen bis hin zu Selbstmordgedanken.Zurück zum Studienfreund meines Hausarztes. Sie können sich vielleicht vorstellen, dass man auf einen solchen Facharzttermin relativ lange warten muss. Das war auchdamals schon so. Was man in der Zwischenzeit machen kann, aber keinesfalls muss, schildert das nächste Kapitel.
Ein beliebtes Mittel der Wahl bei unklaren Symptomen ist selbstverständlich die Eigenrecherche mittels Suchmaschinen. Egal, was Sie haben: Machen Sie das nicht! Zum Mitklatschen: „Machen! Sie! Das! Nicht!“ Oder positiv formuliert: Lassen Sie das! Wie ich eingangs schrieb: Ich bin Betroffener und kein Experte. Allerdings bin ich Experte in Sachen Suchmaschinen. Egal, mit welchem Symptom Sie anfangen, Sie werden auf jeden Fall in irgendeinem noch in Stein gehauenen Diskussionsforum aus den Anfängen des Internets von 1999 jemanden finden, der genau Ihre Symptome schildert und danach elendig an einer Art Krebs, tropischer Fieberkrankheit, Pest, Herpes, Gonorrhö oder einer Infektion durch einen unentdeckt eingewachsenen Zehennagel, elendig vor sich hin verendet ist, finden. Das könnte ich Ihnen fast schon garantieren, aber ich garantiere hier nichts.Sie werden aber auch das andere Extrem, nämlich einen,der jahrelang durch durch die Gegend geirrt ist und zufällig bei einem Wunderheiler einen Trank aus geriebener Krokodilhaut, tausendjährigem Gletscherwasser und sonstiger kruder Zutaten gefunden hat, der ihn schlagartiggeheilt hat, finden. Bringt Ihnen leider auch nichts, weil Sie diesen einen Menschen, der Sie wie durch ein Wunder heilt, im echten Leben vermutlich nicht finden werden. Und hier sind wir auch schon bei meinem Fehler Nummer 2: Durch die Recherche in Suchmaschinen könnten Sie feststellen (noch mal: Lassen Sie das! Ich hab das schon für Sie getestet!), dass man die erste erhaltene Diagnose durchaus für sich selbst plausibel recherchieren kann. Und darin steckt eine große Gefahr.Sie erinnern sich an meinen Hausarzt, der aufgrund einer Standard-Untersuchung ein durchaus komplexes Symptom wie Schwindel auf das Psycho-Gleis gehievt hat? Genau auf diesem Gleis sind wir gerade unterwegs und beladen den Zug mit vielen vermeintlichen Fakten, welche die Diagnose offenbar untermauern. Ein kleines Beispiel: In irgendeinem Diskussionsforum fand ich einen Beitrag, der zufällig ein ähnliches Phänomen beschrieb, wie das Schwindelgefühl, welches ich mit mir herumschleppe. Der Ersteller beschreibt dieses Gefühl zwar ähnlich, aber mittels anderer Wortwahl. Er erwähnt, dass es sich für ihn so anfühlt, als würde er auf Wolken laufen. Und Zack – ich kann das bestätigen. Ein schöner Ausdruck für das, was ich empfinde. Ich fühle mich nicht nur duselig im Kopf und unsicher auf den Beinen, es fühlt sich auch an, als würde ich auf Watte laufen. Oder eben auf Wolken (Was Blödsinn ist. Auf Wolken kann man gar nicht laufen.). Schon hat man für sich die nächsten Suchbegriffe definiert: „Schwindel gehen wie auf Wolken“. Die Suchmaschinenspirale dreht sich weiter und zieht weiter nach unten. Unbewusst hat man nun eine Abzweigung genommen. Eine Abzweigung, von der man nicht die geringste Ahnung hat, wo diese hinführt. Ärgerlicherweise hat sich nämlich der Ersteller des Forenbeitrags nie wieder dazu geäußert, woher seine Probleme kamen. DAS hätte eventuell und nur ganz vielleicht ein kleiner Hinweis sein können, in welche Richtung man mit einem Arzt weiter ermitteln könnte. In der Regel führt das aber ebenfalls zu nichts. Sie können sich merken: Wenn Ihre Symptome so unspezifisch oder so selten sind, dass die Ärzte nichts finden und Sie das Bedürfnis haben, sich an die Armeen der Internet-Weisen zu wenden, haben Sie wahrscheinlich ein Problem, welches das Internet nicht lösen kann. Das ist mitunter auch ein Grund für mich, dieses Buch zu schreiben. Meine Geschichte zu Ende erzählen und den Irrweg zu beschreiben, den ich hinter mir habe.Aus meiner Erfahrung kann ich Ihnen folgenden Rat geben: Gehen Sie den Ärzten so lange auf den Sack, bis Sie eine vernünftige Antwort haben, die sich schwarz auf weiß beweisen lässt. Auch wenn ein Arzt auf Ihren Überweisungsschein hinter die Diagnose ein „g“ für gesichert schreibt, heißt das noch lange nicht, dass der Arzt Recht hat! Für Sie getestet! Ich habe ganz oft auf Überweisungsscheinen ein „g“ hinter der Diagnose gehabt und muss heute sagen, dass damit inflationär um sich geworfen wurde. Warum meine Ärzte das gemacht haben? Keine Ahnung. Ich kann es nicht beantworten. Aber noch mal: Gehen Sie den Ärzten so lange auf den Sack, bis Sie eine vernünftige Antwort erhalten! Wenn die erste Diagnose direkt in Richtung Psyche geht, kann man das ruhig mal hinterfragen.Sie spielen immer noch mit dem Gedanken, man könne seine Symptome in eine Suchmaschine hämmern, oder? Sie brauchen mehr Abschreckung? Klar. Kommt sofort.Nun habe ich ja jemanden gefunden, der bestimmt genau das Gleiche hat wie ich. Ich weiß nicht viel über ihn, außer, dass ihm schwindelig ist und er wie auf Wolken läuft. Ich könnte in dem Forum fragen. Ob der Ersteller auf einen Beitrag, der mehrere Jahre alt ist und in einem Forum steht, welches nur noch eine Archiv-Funktion bietet, antwortet? Wohl eher nicht. Also weitersuchen.Dieses Mal greife ich ganz tief in die Güllegrube und lerne virtuell jemanden kennen, bei dem sich die Schwindelgefühle als Tumor im Gehörsystem herausgestellt haben. Ganz üble Kiste. Das Kopfkino wirft den Turbo an und entwickelt sehr schnell ganz ekelhafte Gedanken. Ich könnte mir einreden, dass der Neurologe einen Tumor hätte finden müssen, aber aus der Angstspirale komme ich kaum mehr raus.Natürlich habe ich vorher schon darüber nachgedacht, dass dieses Symptom auch bedeuten könnte, dass etwas in meinemKopf ist, was da nicht hingehört. Jetzt steht das da. Jemand mit ähnlichen Symptomen hat das gehabt.Sie merken: Die Spirale wird immer schneller und saugt unerbittlich weiter nach unten. Mit jedem Suchbegriff, jedem Forenbeitrag und jedem Artikel, den man über das Thema liest, werden die potentiellen Diagnosen umfangreicher und immer schlimmer. Die Möglichkeit, dass das Ganze vielleicht doch recht harmlos ist, verschwindet hinter den eigenen Recherchen.Machen Sie sich bewusst: Egal, wie oft Sie sich im Internet herumtreiben, Sie kratzen nur an der Oberfläche. Es gibt Milliarden von Webseiten. Egal welches Symptom Sie eingeben und recherchieren, Sie werden eine Geschichte finden – ob wahr oder erfunden – die tödlich endet und Ihr Kopfkino den leidvollsten Film abspielen lässt, den Sie sich vorstellen können. Und diesen werden Sie unter Umständen auf sich adaptieren. Sie werden nur ganz selten jemanden finden, der auf der Suche nach seiner persönlichen Lösung noch einmal zum Ursprung seiner Suche zurückkehrt und diese auch für die anderen User präsentiert.Ich habe einen sehr ernst gemeinten Rat für Sie: Nutzen Sie die Suchmaschinen, um herauszufinden, welcher Facharzt Ihnen helfen kann. Oder suchen Sie sich die Konzerte Ihrer Lieblingsband in Ihrer Nähe. Bestellen Sie online Pizza.Aber recherchieren Sie niemals Ihre Symptome! Sie kommen so rasend schnell von einem einfachen Kribbeln im kleinen Finger auf eine Horrordiagnose, dass Sie kaum noch dazu kommen, logisch zu denken. Das Kribbeln in Ihrem kleinen Finger könnte ein eingeklemmter Nerv sein, eine Verspannung, oder Sie landen einen Suchmaschinen-Volltreffer und diagnostizieren bei sich selbst Multiple Sklerose. Alles im Rahmen des Möglichen. Verschonen Sie sich selbst davor.