In der inneren Welt - Hero Leander - E-Book

In der inneren Welt E-Book

Hero Leander

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Beschreibung

Dieser Roman erzählt eine völlig andere Variante unserer Erdgeschichte, wie sie vielleicht gewesen sein könnte. Dabei gibt er unter anderem Aufschlüsse auf antike Reiche wie Lemuria, Atlantis oder Thule. Das Ganze ist eingebunden in eine etwas amüsante Erzählung über einen Besuch in der inneren Erde und die Probleme, die einem dort begegnen können, wenn man seine gewohnten Denkmuster nicht ablegen kann. Lassen Sie sich in eine Welt entführen, die fiktiv oder auch real sein kann. Tauchen Sie in ein Leben ein, wie es in der inneren Erde möglich sein könnte. Lernen Sie dabei eine völlig friedliche Welt kennen und was der Begriff »bedingungslose Liebe« wirklich bedeutet.

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Hero Leander

In der inneren Welt

Eine unfreiwillige Reise nach Posid

Engelsdorfer Verlag

Leipzig

2016

Der Autor wurde 1952 in Leipzig (DDR) geboren. Nach dem Abschluss der Oberschule lernte er den Beruf eines Baumaschinisten. Auch von dem Dienst in der damaligen DDR-Volksarmee blieb er nicht verschont. Gerade durch diese Erfahrung reifte in ihm eine kriegsgegnerische Meinung. Die Freundschaft zu Menschen aus anderen Ländern gehörte zu seinem Lebensalltag.

Während der Zeit des Sozialismus in der DDR arbeitete er als Kraftfahrer oder in seinem Lehrberuf.

Seit dem Zusammenbruch der DDR ist er selbständig und hat darin viele Branchen durchwandert, wie Speditionsverkehr, Umzugsservice und verschiedene Strukturvertriebe.

Nach der Jahrtausendwende verschrieb er sich mehr der geschichtlichen und politischen Aufklärung und hielt darüber Vorträge in mehreren deutschen Städten. Bei dieser Arbeit stieß er auch auf die Spiritualität des Menschen. Mit diesem neuen Wissen erweiterte er seine Vortragsinhalte, so dass er jetzt ein völlig neues Weltbild, gemischt aus der physischen Aufklärung und dem spirituellen Wissen, in seinen Vorträgen entstehen ließ.

Erst 2014 entdeckte er seine schriftstellerische Berufung. In seinen Büchern lässt er zum Teil auch dieses Wissen einfließen, welches Inhalt seiner Vorträge war.

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbiografie; detaillierte bibliografische Daten sind im

Internet über http://dnb.de abrufbar.

Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte beim Autor

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Cover

Titel

Über den Autor

Impressum

Vorwort

Meditation im Sonnenobservatorium

Ankunft in Posid

Die antiken Reiche

Ausflug nach Telos

Die Geschichte unserer Erde

Besuch in Neuschwabenland

Wieder zu Hause

Vorwort

Viele Menschen haben geheime Wünsche, die sie selbst für unrealistisch halten. Der/ die Eine möchte gern Millionär sein. Manche Männer möchten erfolgreicher, unbezwingbarer Ritter sein. Manche Frauen möchten eine schöne, umschwärmte Prinzessin sein. Meine Wünsche unterscheiden sich vielleicht von den häufigen Wünschen anderer. Ich möchte teilweise Dinge, die andere für absurd halten. Ich möchte zum Beispiel gern wenigstens einmal auf einem Delphin, einem Orca und einem Tiger gefahrlos reiten, wobei die Bedingung dazu auf gefahrlos liegt. Und ich möchte auch gern Kontakt mit Außerirdischen haben und die Welt im Erdinneren besuchen. Verrückt? Vielleicht! Aber meine Mutter hat mir als Kind einmal gesagt: Wünschen darf man sich alles! Heute, da ich über sechzig Jahre alt bin, verstehe ich, was sie gemeint hat. Man sollte sich seine kindlichen Wünsche erhalten. Sie machen unseren grauen Alltag farbiger.

Der Wunsch zum Besuch der inneren Erde ist sicher nicht so unsinnig, wie es vielleicht manchem erscheint. Einige Quellen behaupten, dass unsere Erde hohl ist wie ein Globus und an den Polen jeweils eine riesige Öffnung hat. Das klingt sicher unwahrscheinlich, aber es gibt zu dieser Theorie auch Fakten, die man nicht so einfach ignorieren kann.

Die Legende um Agartha, das Reich im Inneren der Erde, ist in Asien seit Jahrtausenden bekannt, so dass darüber auch der Zeichentrickfilm „Reise nach Agartha“ gedreht wurde.

Dieses Wissen ist auch in Europa schon viele Jahre bekannt. Besonders die deutsche Regierung zwischen 1933 und 1945 forschte in diesem Bereich. Auch in der englischen Norwood Revue soll am 10. Mai 1884 Folgendes gestanden haben:

Wir bestätigen nicht, dass das Eis bis hinauf zum Pol geht. Wenn man einmal durch die große Eisbarriere hindurch gebrochen ist, erschließt sich dem Forscher eine neue Welt. Das Klima ist mild wie das Englands und später balsamgleich wie auf den griechischen Inseln.

Ein bekanntes Magazin aus New York veröffentlichte im Jahr 1963 auf der Titelseite ein Bild von der Öffnung im Nordpol. Seltsamerweise ist gerade dieses Exemplar als Einziges im Archiv nicht mehr auffindbar. So ein Zufall! Man möchte meinen, dass es Kräfte gibt, die nicht wollen, dass diese Informationen an die Öffentlichkeit kommen.

1993 berichtet das gleiche Magazin von einem Kontinent unter Island im Inneren der Erde. Man hatte ihn nach einem Atombombenversuch anhand von Bodenschwingungen vermessen können und anschießend errechnet.

Auch das Magazin Zeiten*Schrift befasste sich in ihrer Novemberausgabe 1993 mit diesem Thema.

Selbst namhafte Polarforscher haben folgende Beobachtungen über Anomalien in Polnähe mitgebracht:

einen wärmer werdenden Wind nach dem 76. Breitengrad

Vögel, Füchse und andere Tiere ziehen, obwohl es dort angeblich kälter wird in Richtung Pol

Funde von grauem und buntem Schnee stellten sich nach Auftauen als Vulkanasche und Blütenpollen heraus

ebenso wurden Mammuts entdeckt, deren Fleisch noch frisch und deren Mageninhalt mit frischem Gras gefüllt war

die Forscher sahen stellenweise zwei Sonnen (die innere und äußere – Anm. d. Autors).

Der US-Amerikanische Polarforscher Admiral Richard Evelyn Byrd beschreibt in seinem Tagebuch, dass er im Februar 1947 während der Operation High Jump sich mit einem Flugzeug in die innere Erde verirrt hatte und von dort mit einer Botschaft von den im Inneren lebenden Völkern an den US-Präsidenten Harry S. Truman zurückkam. Ein Schweigebefehl des Präsidenten verhinderte, dass sich R. E. Byrd an die Öffentlichkeit wenden konnte. Deshalb schrieb er sein Erlebniss heimlich in einem Tagebuch nieder, welches sein Sohn nach dem Tod des Vaters fand und später veröffentlichte.

Da vermutlich viele Informationen bewusst vertuscht werden, können wir nur durch ständiges Hinterfragen zur Wahrheit finden. Haben wir offene Fragen, dann lassen sie uns meistens nicht los, bis wir eine glaubwürdige Antwort gefunden haben. Egal, ob das im privaten, politischen oder wissenschaftlichen Bereich ist. So können wir die Treue unseres Partners hinterfragen, wenn wir Grund dazu haben. Genau so können wir aber auch die Geschichte, die Politik oder die Naturwissenschaften hinterfragen. Tun wir das, so erkennen wir recht bald, dass in den offiziellen Versionen manche „Ungereimtheit“ steckt, die mit dem restlichen Wissen nicht zusammen passen will. Besonders in unserer Geschichte finden wir solche Phänomene, die uns sagen, dass nicht alles so gewesen sein kann, wie es behauptet wird.

Hält die offizielle Geschichte, welche eine Innenwelt verneint, einem Hinterfragen stand? Hinterfragt man sie, wird man sehr schnell auf eben diese „Ungereimtheiten“ stoßen. Voltaire (1694–1778), der französische Philosoph, Schriftsteller und Freund vom Preußenkönig Friedrich II., sagte einmal: „Geschichte ist die Lüge, auf die man sich geeinigt hat!“ Und in diesem Ausspruch liegt viel mehr Wahrheit, als wir uns vorstellen können. Man muss die offizielle „Wahrheit“ nur hinterfragen (wollen). Auch wenn sich meine Auffassung der Geschichte und Gegenwart um das Erdinnere sehr fantastisch anhört, gibt sie uns dennoch Antworten auf Fragen, die uns die Wissenschaft schuldig bleibt.

Bemerkung: Ich habe nach Beendigung dieses Romans festgestellt, dass er einige Parallelen zu dem Film „Avatar“ aufweist. Doch diese sind rein zufällig und nicht gewollt.

Hero Leander – Februar 2016

Meditation im Sonnenobservatorium

Leipzig ist eine fast tausendjährige Stadt und liegt im sächsischen Mitteldeutschland. Sie sollte auch ein spiritueller Ort sein, hatte Wolfgang Nebsi von einem Bekannten aus dem Saarland gehört. Obwohl Wolfgang ein gebürtiger Leipziger war, wusste er davon nichts. Ingolf aus dem Saarland meinte, dass diese Spiritualität an den vielen Linden in Leipzig liegen könnte, die im Stadtgebiet wachsen. Die Linden kannte Wolfgang natürlich. Ständig lagen ihre Blüten, Samen oder Blätter auf seinem Auto. Und er wusste selbstverständlich auch, dass der Name Leipzig von dem slawischen Wort Lipa für Linde abgeleitet sein sollte. Das hatte er mal vor vielen Jahren in der Schule gelernt. Dass daraus eine besondere Spiritualität herauszulesen war, konnte sich Wolfgang beim besten Willen nicht vorstellen. Er war inzwischen 35 Jahre alt und recht bodenständig. So ging er seiner Arbeit nach und lebte mehr im Jetzt.

Seine letzte Beziehung hatte sich vor ein paar Wochen in Luft aufgelöst und Wolfgang war nun sechseinhalb Jahre nach der Jahrtausendwende wieder einmal allein. Sein geplanter Urlaub an der Ostsee mit Sybille fiel damit auch ins Wasser. Es war ja ihre Ferienwohnung, in der sie den Urlaub verbringen wollten.

Nach einigem Überlegen entschied sich Wolfgang in diesem Jahr einen Wanderurlaub mit dem Rucksack zu machen, da er vielleicht nicht so schnell wieder Gelegenheit dazu bekam, allein, ohne Rücksicht auf eine Partnerin, Ferien zu machen. Schon als Kind hatte er den großen Wunsch gehabt, einmal völlig allein durch die Natur zu wandern. Doch damals scheiterte es am Verbot seiner Eltern, später an der fehlenden Ausrüstung und als Erwachsener dann an dem Ablehnen solch eines Vorhabens durch seine jeweilige Partnerin. Dieses Mal aber war die Situation so günstig und er wollte sich nun endlich seinen Kindheitstraum erfüllen.

Am 16. Juli 2007, es war ein Montag, wollte Wolfgang seine Wanderung durch die Natur beginnen. Nach einem umfangreichen Frühstück zu Hause brach er auf.

Zuerst fuhr er mit dem Zug bis Weißenfels. Im Waggon saß ihm ein älterer Mann gegenüber, der immer wieder seinen großen Rucksack und dann ihn selbst musterte.

„Ist irgendetwas mit mir oder dem Rucksack nicht in Ordnung?“, fragte Wolfgang leicht gereizt.

„Niet! Nein! Ich mich wundern. Sie reisen mit große Sack“, sagte der Fremde mit starkem slawischen Akzent.

„Sie sind Russe?“, fragte Wolfgang zurück. „Das Niet war doch russisch?“

Der Mitreisende lächelte verlegen und entgegnete: „Da. Ich bin in Nähe von Moskau geboren.“ Dann fügte er schnell hinzu: „Aber ich besuchen nur Freunde hier in Deutschland.“

Nun musste Wolfgang etwas lächeln. Er schüttelte leicht mit dem Kopf und entgegnete: „Ich habe kein Problem mit Ausländern. Wer unsere Kultur akzeptiert ist mir willkommen. Wenn ich in einem anderen Land bin, muss ich doch deren Kultur und Gesetze auch achten.“

„Da!“, sagte sein Gegenüber bedeutungsvoll nickend.

Ein glückliches Lächeln huschte über Wolfgangs Gesicht. Er fühlte sich verstanden. Nun reichte er dem Russen die Hand und meinte: „Ich heiße Wolfgang.“

„Ich Wassili. Du verstehen Russisch?“

„Nur sehr wenig. Wir hatten zwar sechs Jahre Russisch in der Schule, aber keiner hat diese Sprache gern gelernt. Das hatte aber nichts mit dem russischen Volk zu tun! Es war der Zwang, die Sprache zu lernen. Heute habe ich mit Russisch kein Problem mehr. Dafür stört mich jetzt das Englisch, was wir bei jeder Gelegenheit aufgedrückt bekommen. Unsere Sprache wird von Englisch regelrecht unterwandert.“

Wassili nickte. „Ich kennen Problem. Überall viel Englisch. Aber wozu großen Sack?“

„Was für ein Sack? Ach, den Rucksack! Den brauche ich, denn ich will einen Wanderurlaub machen. Einfach so durch die Natur laufen und ansehen, was es Sehenswertes gibt.“

„Wo du willst beginnen?“

„Ich steige in Weißenfels aus und will an der Saale entlang erst einmal bis Naumburg und dann weiter nach Jena. Mal sehen, wie weit ich in den drei Wochen komme.“

„Oh, dann du besuchen Goseck. Das ist spiritueller Ort. Ähnlich wie Stonehenge in Britannien, aber viel älter.“

„Was? So etwas gibt es hier?“

„Da! Wieso du nicht wissen? Du leben hier!“

„Ich habe noch nie etwas davon gehört“, gestand Wolfgang. „Wo liegt dieses Goseck?“

„Du haben Karta?“

Wolfgang griff in seine Jackentasche und breitete eine Karte aus. Wassili suchte darauf, aber er fand sich nicht zurecht. „Wo Weißenfels?“

Wolfgang zeigte es ihm. „Hier ist Weißenfels und so will ich wandern.“ Dabei fuhr er mit dem Finger von Weißenfels immer auf der Saale entlang bis nach Naumburg und weiter. Da erhellte sich Wassilis Gesicht. Er tippte auf eine Stelle in der Mitte zwischen diesen beiden Städten leicht abseits der Saale. „Hier Goseck. Du müssen unbedingt sehen. Und du müssen fühlen! Starke Schwingung. Heute Montag. Wenn du haben Glück, dann du vielleicht ganz allein dort. Du müssen genießen. Wenn du allein, dann meditieren im Mittelpunkt von Kreis. Du dich wundern!“

Wolfgang sah Wassili durchdringend an. Jetzt fiel ihm ein, dass ihm mal eine Bekannte aus Petersburg gesagt hatte, dass jeder zweite bis dritte Russe spirituell sei. Offensichtlich war es Wassili auch.

„Und worüber werde ich mich wundern?“, fragte Wolfgang skeptisch zurück.

Da lächelte Wassili und meinte: „Genaues ich können nicht sagen. Wir am Wochenende dort und nicht allein. Aber Tochter spüren in Mitte etwas. Irgendwann ich werden in Woche dort hinfahren, um die Schwingung besser empfangen.“

„Du glaubst, dass man da etwas spüren kann, wenn man allein ist?“ Wolfgang hatte das ‚Sie‘ längst beiseitegeschoben. Redete Wassili ihn doch auch mit ‚du‘ an.

„Ganz sicher! Ich leider nicht so … sensibel. Aber Tochter spüren, auch wenn Touristen mit im Kreis. Du müssen unbedingt testen.“

„Du fühlst Schwingungen?“

„Da, da! Du nicht?“

Wolfgang schüttelte den Kopf.

„Du werden fühlen. Müssen Geduld haben. Ich mich setzen in Mitte von Observatorium und in mich gehen, wenn ich allein. Dort sehr starke Schwingung, sagen Tochter. Ich vor einem Jahr dort.“

Da lächelte Wolfgang und sah seinen Gegenüber etwas spitzbübisch an. „Ich denke, du besuchst hier nur Freunde in Deutschland?“

Verlegen sah Wassili nach unten und erklärte: „Mein Dotsch … Tochter wohnen in Naumburg. Ich wohnen bei Sohn in Wurzen. Ich nicht wissen, wie du denken. Ich Ausländer!“

Etwas ängstlich sah Wassili jetzt Wolfgang an. „Wassili! Ich habe nichts gegen Ausländer. Doch ich muss jetzt gleich aussteigen. Bitte besuche mich, wenn du mal in Leipzig bist. Ich möchte gern mehr über diese Schwingungen wissen. Vielleicht spüre ich sie auch. Ich hoffe es. Hier ist meine Adresse.“ Er gab Wassili eine Visitenkarte von sich, packte die Wanderkarte ein und stand auf. Wassili stand ebenfalls auf, umarmte ihn und sagte. „Do swidanija! Ich bestimmt kommen.“

Im Weißenfelser Bahnhof verließ er den Zug und grüßte Wassili noch einmal, als dieser hinter der Scheibe stark gestikulierend an ihm vorüber fuhr. Immer noch schwang diese Ankündigung von den merkwürdigen Schwingungen in dem Observatorium in seinem Kopf. Ob da wirklich etwas dran ist? Na, ich werde es ja bald wissen, dachte Wolfgang. Für ihn stand es jetzt fest, dass er dieses Sonnenobservatorium erst verlassen wollte, wenn er eine Antwort auf diese Frage gefunden hatte. Goseck lag ja fast an seinem Weg und Zeit hatte er in Hülle und Fülle. Wolfgang wollte schon wissen, ob an dem, was Wassili sagte, wirklich etwas dran war.

Nachdem er die Saale erreicht hatte, ging er am nördlichen Flussufer stromaufwärts in Richtung Naumburg. Es war wunderschön an diesem sonnigen Tag die Natur zu genießen. Auf seinem Weg zwischen dem Fluss und den angrenzenden Feldern begegnete er kaum Menschen. Nach etwa zehn Kilometern sah Wolfgang schon von Weitem ein Schloss auf einem Berg stehen. Nach seiner Karte musste es das Schloss Goseck sein, was er da in der Ferne sah. Also verließ er das Saaleufer und bog in Richtung Schloss ab. Wassili hatte ihm doch erzählt, dass hier das älteste Sonnenobservatorium der Welt sein sollte, was da auf ihn wartete. Das aber konnte sich Wolfgang beim besten Willen nicht vorstellen. Davon hätte er doch bestimmt schon etwas gehört. Nun, jetzt war er hier und konnte der Sache auf den Grund gehen.

Hoch zum Schloss ging eine steile schmale Straße. Da sie für Fahrzeuge gesperrt war, begegnete Wolfgang auch hier niemand. Oben im Schloss von Goseck fand er im Schlosshof gleich links ein kleines unscheinbares Museum, in welchem die Geschichte des Sonnenobservatoriums sehr gut dokumentiert wurde. In diesem Museum hörte er von einem jungen Mann, dass das Sonnenobservatorium von Goseck das älteste bekannte Observatorium der Welt sei. Es wäre wohl über 3.000 Jahre älter als das bekannte Bauwerk von Stonehenge und es soll für die damaligen Menschen eine Art automatischer Kalender gewesen sein. Damit bestätigte dieser Wassilis Aussage. Das hatte Wolfgang nicht erwartet. Noch mehr versetzte es ihn in Erstaunen, als der junge Mann davon sprach, dass man direkt in der Mitte des Sonnenobservatoriums die Erdschwingungen spüren kann, wenn man genug Geduld hatte und allein in der Anlage war. „Und wenn dann noch im Graben um die Palisaden des Observatoriums Wasser steht, sind die Schwingungen besonders stark“, ergänzte der junge Mann begeistert. Wassili hatte also nicht übertrieben, dachte Wolfgang anerkennend.

Der junge Mann vom Museum erklärte Wolfgang nun auch, wie er am besten zum Sonnenobservatorium kam. „Da gehen Sie hier aus dem Schlosshof raus und bleiben immer auf dieser Straße. Am anderen Ende von Goseck sehen Sie dann rechts einen Parkplatz und links einen Weg, der direkt zur Anlage führt. Sie können es gar nicht verfehlen! Goseck ist nicht groß.“

Da Wolfgang aber immer noch sehr skeptisch war, nahm er sich fest vor zu testen, ob diese angeblichen Schwingungen echt waren oder nur ein Wunschdenken von diesen spirituellen Leuten. Zeit hatte er ja genug.

Am Nordrand des Dorfes fand Wolfgang den Weg, der zur Anlage führte. Sie stand auf einem ehemaligen Feld. Inzwischen war es schon Abend, als er vor den drei Hinweistafeln stand, die sich am Zugang zum Observatorium befanden. Im Hintergrund sah er auch schon den kreisrunden Erdwall, in dem ein Palisadenkreis stand. Das war also die fast siebentausendjährige jungsteinzeitliche Kreisgrabenanlage. Wolfgang wusste natürlich von dem informativen Gespräch im Museum, dass sie erst nach dem Jahr 2000 nachkonstruiert wurde.

Nun betrat er das Sonnenobservatorium und sah sich erst einmal alles genau an. Dabei verpflegte er sich aus seinem Rucksack mit zwei Brötchen und einer Wurst. Es war Abend und er hatte Hunger. Es störte ihn auch nicht, dass außer ihm noch drei andere Besucher in dem Observatorium waren.

Die Anlage bestand aus einem großen Palisadenkreis in dem sich ein zweiter kleinerer Palisadenkreis befand. Der Innere hatte bestimmt einen Durchmesser von siebzig Metern. Der äußere Kreis war vom Inneren vielleicht vier Meter entfernt. Außerhalb des äußeren Palisadenkreises schloss sich ein Graben an, der wiederum von einem Erdwall eingeschlossen wurde, den Wolfgang schon von Weitem bemerkt hatte. Zu seiner Begeisterung bemerkte er, dass im Graben, der das Observatorium umschloss, Wasser stand. Dann woll’n wir mal sehen, ob mich diese merkwürdigen Schwingungen auch erreichen, dachte Wolfgang. Aber vorher wollte er sich die Anlage genauer ansehen.

Im Observatorium erkannte Wolfang mehrere Unterbrechungen der Palisadenkreise. Das waren also die Messpunkte, durch die die Sonne an ganz bestimmten Tagen von der Mitte des Kreises bei Sonnenauf- oder untergang zu sehen war. Leider gab es Mitte Juli keine Messpunkte. Also lohnte es sich nicht bis zum Sonnenuntergang zu warten. Wolfgang hätte gewartet, denn es war nicht mehr viel Zeit bis die Sonne unterging.

Inzwischen war er ganz allein in der Anlage. Nun wollte er die Akustik testen, die es in der Anlage laut Wassili und dem jungen Mann vom Museum geben sollte. Er klatschte laut in die Hände und es klang wirklich wie in einem guten Konzertsaal. Wolfgang war überrascht. Das hatte er nicht erwartet, denn die Anlage war ja nach oben offen! Dann versuchte er es auch mit rufen. Wieder hörte er einen ungewöhnlichen Hall. Irgendwie hatte diese Anlage eine tolle Akustik, stellte Wolfgang fest und schüttelte mit dem Kopf. Wie war das nur möglich?

Nachdem er sich nun alles genau angesehen hatte, beschloss er in der Mitte zu meditieren, wie ihm das Wassili empfohlen hatte. Wer weiß, ob er noch einmal eine so günstige Gelegenheit finden würde.

Direkt in der Mitte des inneren Palisadenkreises war eine quadratische Metallplatte, auf dem die Sonnenmesspunkte des Observatoriums erklärt wurden. Auf diese Metallplatte setzte sich jetzt Wolfgang und versuchte irgendwelche Schwingungen zu spüren. Dabei kam ihm sein schwerer Rucksack zu gute, den er auch noch im Sitzen auf dem Rücken trug. In dieser sitzenden Stellung diente er ihm hervorragend als Rückenlehne. Wolfgang lauschte gespannt mit geschlossenen Augen, aber außer einem ungewöhnlichen Kribbeln bemerkte er nichts. Von irgendwelchen Schwingungen war nichts zu spüren. Aber er erinnerte sich auch, dass Wassili immer betonte, dass er auch Geduld haben müsse. Also blieb er in dieser sitzenden Stellung und horchte auf die Vögel, deren Gesang vom nahen Wald herüber klang. Das beruhigte ihn so sehr, dass er einschlief.

Plötzlich erwachte Wolfgang. Es war inzwischen schon stockdunkel. Er stand auf und sah sich um. Von den hölzernen Palisaden war nichts mehr zu erkennen. Dafür sah er die Silhouette eines Gebäudes vom Dorf, welche sich deutlich vom Himmel abhob. Hoffentlich komme ich jetzt noch in der Herberge unter, die unten im Schloss war, fragte er sich angstvoll. Und er lief schnell in die Richtung, in der er am Nachmittag das Schloss mit der Herberge gesehen hatte.

Im Dunkeln kam ihm die Gegend fremd vor. Nichts erinnerte an das, was er noch vor Stunden gesehen hatte. Das beunruhigte ihn aber nicht, denn er hatte schon öfters erlebt, dass manche Gegenden im Dunkeln ganz anders wirkten als im Hellen.

Trotz der fehlenden Orientierung fand er fast wie durch ein Wunder die Herberge, die er aber auch anders in Erinnerung hatte.

Eine ältere freundliche Dame öffnete ihm die Tür. „Ist es möglich, dass ich diese Nacht hier schlafen kann?“, fragte Wolfgang besorgt.

Die Dame antwortete lächelnd mit leichtem Akzent in der Stimme: „Ja, wenn Sie wollen.“

„Und ob ich will!“

Die Dame führte ihn durch das Gebäude und erklärte dabei: „Bei uns schlafen mehrere Personen in einem großen Raum. Da gehen wir jetzt hin. Aber bitte sehr leise sein und kein Licht machen. Die anderen schlafen schon.“ Wolfgang nickte und sagte ihr, dass er niemanden stören wolle und es so machen wolle, wie sie sagte.

Sie zeigte ihm in dem Raum gleich gegenüber von der Tür ein freies Bett und ging. Wolfgang konnte in dem fast dunklen Raum im Hintergrund noch weitere Betten erkennen; aber mehr nicht. Da er trotz der angeschlafenen Meditation im Sonnenobservatorium todmüde war, zog er sich aus und legte sich gleich in Unterhose ins Bett. Er schlief sofort ein.

Ankunft in Posid

Durch leises Wispern wurde Wolfgang am nächsten Morgen munter. Als er die Augen aufschlug blendete ihn das volle Tageslicht im Raum. Da blinzelte er durch die fast geschlossenen Augen und sah vor seinem Bett sieben junge Mädchen und Frauen kauern. Er schätzte sie im Alter zwischen fünfzehn und dreißig Jahren und sie waren allesamt blond. Sie trugen alle ein merkwürdiges weißes Gewand, so ähnlich, wie es Wolfgang aus der Geschichte von den alten Griechen oder den Römern von Bildern her kannte. Merkwürdige Mode, dachte er.

Doch dann wurde ihm mit einem male bewusst, dass die jungen Frauen wegen ihm da kauerten. Er riss jetzt die Augen auf und fragte sie, was sie an seinem Bett wollen. Dies wäre ja ein Männerschlafraum. Dabei erinnerte er sich besorgt daran, dass er ja nur in seiner Unterhose im Bett lag.

Da antwortete eine von ihnen: „Ja, das ist unser Schlafraum. Wir wundern uns nur, weil du noch schläfst.“

Wolfgang machte ein Gesicht, als ob er in eine Zitrone gebissen hätte. „Wie … euer Schlafraum. Ihr schlaft hier? Das ist ein Frauenschlafraum?“ Sie sahen erst sich und dann ihn an. Anschließend nickten sie. Aus ihren fragenden Gesichtern las Wolfgang, dass sie irgendetwas nicht richtig verstanden hatten. Erst jetzt wurde ihm so richtig die Tragweite der Situation bewusst.

„Bitte verzeihen Sie mir, aber mir ist dieses Bett gestern Abend hier von der verantwortlichen Frau zugewiesen worden. Ich werde das sofort klären. Wenn ich … na ja … wenn ich aufgestanden bin.“

Eine der jungen Frauen fragte: „Was ist ein Männerschlafraum und was ein Frauenschlafraum?“

„Na, ein Schlafraum für … was soll das?“, fragte Wolfgang verärgert. Solche billigen Scherze mochte er jetzt nicht.

Doch als die Frauen ihn ehrlich fragend mit großen Augen ansahen, wurde er unsicher und betrachtete sie mit zusammengezogenen Augenbrauen. Immer noch etwas ärgerlich bemerkte er: „Ihr wollt mir doch nicht erzählen, dass ihr das nicht wisst. Ich kann wirklich nichts dafür, dass ich dieses Bett zugewiesen bekam. Woher sollte ich wissen, dass ihr in diesem Raum schlaft?“

Bis auf eine gingen die jungen Frauen lachend und kopfschüttelnd aus dem Zimmer. Wolfgang benutzte die Gelegenheit und sah sich flüchtig im Zimmer um. Hier standen vielleicht fünfzehn Betten und er fragte sich, wo die anderen seien, die hier geschlafen haben. Dann überlegte er, wie er möglichst günstig aus dieser peinlichen Lage herauskommen könnte. So fragte er die Zurückgebliebene: „Sie wollen nicht mit den anderen mitgehen?“

„Nein, wenn du hier neu bist, kennst du dich doch nicht aus. Ich werde dir alles zeigen, wenn du möchtest. Mein Name ist Diane.“

„Diane? Hm! Ich heiße Wolfgang“, entgegnete er nickend. Aber dann stammelte er: „Aber … äh … hm … ich bin nicht komplett angezogen und … na ja … ich würde jetzt gern aufstehen.“ Dabei lächelte er sie an.

„Ja, dann tu es doch!“, kam prompt die Antwort aus ihrem strahlenden Gesicht.

Auch das noch, dachte er. Das kann ja heiter werden.

Umständlich stieg er aus dem Bett und sprang schnell in seine Jeans. Jetzt war ihm schon etwas wohler. Die junge Frau lächelte etwas naiv und fragte: „Wünschst du, dass ich dir den Waschraum zeige?“

Ganz spontan sagte er „Ja!“ und war froh, dass es aus diesem Frauenraum rausgehen sollte. Erst jetzt betrachtete er seine Begleiterin etwas genauer. Sie war deutlich größer als er, was bei seinen 1,71 Meter auch keine große Kunst war. Doch sie strahlte eine harmonische Wärme aus, die Vertrauen signalisierte. Das irritierte Wolfgang etwas. Sie benahm sich, als würden sie sich schon lange kennen. Dabei sah er diese Diane heute zum ersten Mal.

Sie ging voran und zeigte ihm einen großen Waschraum. Links und rechts waren Waschbecken aus Marmor und in der Mitte standen zwei lange Holzbänke aus irgendeinem edlen Holz. Die waren sicher da, um die Sachen abzulegen, wenn man duschen wollte. Weiter hinten gab es einen großen Raum mit mindestens zehn Duschmöglichkeiten. Der vordere und der hintere Raum waren durchweg mit wertvollen Materialien ausgestattet, aber trotzdem schlicht und zweckmäßig. Irgendwie passte das alles in Wolfgangs Kopf nicht so richtig zusammen. Na ja, so dachte er, in den Betrieben aus seinen vergangenen Arbeitsverhältnissen gab es ja auch solche gemeinschaftlichen Wasch- und Duschräume, nur nicht so extrem sauber und modern wie hier.

Jetzt wartete Wolfgang, dass Diane sich entfernen würde. Doch sie ging nicht!

„Willst du nicht duschen?“, fragte sie verwundert.

„Duschen?“ Dabei blickte er sie skeptisch an und vermutete, dass sie den Waschraum nicht verlassen wollte. „Nein, ich wasche mich nur kurz ab. Aber …“ Erschrocken blickte er um sich. „Na ja … ist das auch der Männerwaschraum?“, bemerkte er nun etwas misstrauisch.

„Was ist ein Männerwaschraum? Hier gibt es nur diesen und der ist für alle.“

Jetzt riss Wolfgang die Augen auf und fragte entsetzt: „Was denn, ihr … Ach so, ihr habt bestimmte Zeiten für Männer und für Frauen. Wären denn da zwei kleinere Waschräume nicht besser?“

In ihrem Gesicht las Wolfgang Unverständnis. „Hast du ein Problem mit einem Waschraum für alle?“, meinte sie verständnisvoll.

„Hm.“ Er zuckte mit den Schultern. Eigentlich nicht, dachte er. Trotzdem ist das eine merkwürdige Herberge hier in Goseck. Ob das mit den Schwingungen zusammenhing, von denen schon Wassili und auch der junge Mann im Museum berichtet hatten?

Mit diesen Gedanken im Kopf wusch er sich eben nur obenrum und putzte anschließend seine Zähne. Dabei bemerkte Wolfgang, wie interessiert ihn Diane zusah. Sie benimmt sich, als ob sie noch nie gesehen hätte, wie sich jemand die Zähne putzt, dachte er kopfschüttelnd.

Danach gingen sie wieder zurück zum Zimmer. Inzwischen war ihm alles recht. Er legte sein Waschzeug ab und zog sich komplett an.

„Sind meine Sachen hier überhaupt völlig sicher? Vergreift sich hier auch keiner dran?“

Verständnislos sah ihn Diane an. „Was meinst du mit sicher? Glaubst du denn, dass irgendjemand an deine Sachen geht?“

„Das kann man doch nicht wissen, wenn niemand im Zimmer ist.“

Da traf ihn ein ganz merkwürdiger Blick seiner Begleiterin. Trotzdem behielt sie ihre sanfte Art und führte Wolfgang jetzt in den Speiseraum. Der Raum war leer, aber dort standen viele Schalen mit Obst. Vieles davon kannte Wolfgang nicht. Brot oder Aufschnitt war nicht zu sehen. Wozu diesen Aufwand mit dem exotischen Obst, dachte er für sich. Was wird hier eigentlich gespielt? Doch beim probieren des Obstes vergaß er alles und stellte fest, dass auch die wenigen bekannten Sorten vorzüglich schmeckten. Nichts so halbreif, wie es der Handel oft anbot.

Beim Essen schielte er von Diane unbemerkt auf sein Handy. Was denn, erst 6.47 Uhr. Wann stehen die denn hier auf? Und Netz habe ich hier auch keins! Wenn das Handy hier ständig auf Netzsuche ist, dann ist ja der Akku schnell leer. Widerwillig schaltete er sein Handy aus, um Strom zu sparen. Da fragte seine große Begleiterin, ob er anschließend mit ihr zur Schule gehen möchte, oder ob er vielleicht anderes vorhabe. Wolfgang vergaß plötzlich weiterzuessen und starrte sie erstaunt an. „Zur Schule? Sie gehen noch zur Schule? Sind wir dafür nicht etwas zu alt?“ Er lächelte kopfschüttelnd.

Nun lächelte sie ebenfalls großherzig zurück und meinte strahlend in ihrer sanften Art: „Aber nein. Es ist sehr interessant. Wir lernen hier zum Beispiel in verschiedenen Sprachen zu kommunizieren und noch vieles andere mehr.“

„Ach so, Fremdsprachen?“ Das machte Wolfgang neugierig. „Gut, ich komme mit. Vielleicht kann ich bei euch noch einiges lernen.“ Dabei sah er Diane lange an. Ihm gefiel diese junge Frau, die sich so um ihn bemühte und doch so merkwürdig war. Nur dass sie ihn ständig mit ‚du‘ ansprach, irritierte ihn schon.

Und so gingen sie rüber in den Schulsaal, der auch mit zum Gebäude gehörte, in dem die Herberge war. Eigentlich sehr praktisch, dachte Wolfgang. So erspart man sich viele unnütze Wege.

Als sie im Klassenzimmer ankamen, lief der Unterricht schon. Ein Blick in die Klasse genügte und Wolfgang bereute seinen Entschluss mitzugehen schon wieder. Alle trugen hier diese merkwürdigen weißen Gewänder wie auch Diane. Selbst die Männer trugen sie. Ebenso war auch die Lehrerin so bekleidet. Nur war in ihrem Gewand ein oranger Streifen. Wolfgang hingegen stand in Jeans und kariertem Hemd da. Er kam sich wie ein Papagei vor.

Diane stellte ihn mit den Worten „Das ist Wolfgang!“ vor und nahm ihn anschließend mit zu zwei freien nebeneinander liegenden Sitzplätzen. Dabei überflog er die Klasse und stellte fest, dass sie nur aus etwa zehn Schülern bestand, die bis zu dreißig Jahre alt waren. Er erkannte auch einige von den jungen Frauen, die morgens mit an seinem Bett kauerten. Sie lächelten ihn aufgeschlossen an. Die Lehrerin, eine Frau in seinem Alter, lächelte ihm ebenfalls zu und nickte. Nun wurde es Wolfgang doch etwas unheimlich. Wo bist du hier eigentlich und was machst du hier?, durchfuhr es ihn.

Nachdem sie sich gesetzt hatten, sprach die Lehrerin ihn auch gleich an. Auch das noch, dachte er.

„Du hast einen typisch deutschen Namen. Dann bist du sicher auch Deutscher. Wir freuen uns, dass du zu uns gefunden hast“, begrüßte sie ihn mit einem leichten Akzent in der Sprache.

Aha, Ausländerin, dachte Wolfgang. Warum auch nicht? Sie scheint ja nett zu sein.

Diane klärte die Lehrerin auf. „Wolfgang versteht unsere Sprache nicht. Können wir, damit er uns verstehen kann, auch weiterhin nur deutsch sprechen?“

Auf Wolfgangs Stirn bildeten sich Falten. Fragend sah er Diane an. Doch die Lehrerin lenkte ihn gleich wieder ab. Sie war ebenfalls sehr freundlich und strahlte eine mütterliche Sympathie aus, obwohl sie sicher nicht älter als Wolfgang war. „Das ist eine gute Übung für uns alle. Dein Vorschlag gefällt mir.“ In die Klasse hinein sagte sie jetzt: „Dann wollen wir unserem Gast mal zeigen, dass wir die deutsche Sprache beherrschen.“ Danach wendete sie sich wieder Wolfgang zu. „Bist du schon lange hier?“

Er verstand noch immer nicht, aber die Lehrerin ließ ihm keine Zeit, um zu überlegen. Und so antwortete er wahrheitsgemäß: „Nein. Ich bin heute … nein gestern …“

„Er hat mit bei uns im Raum geschlafen“, rief eine von den jungen Frauen. „Er war heute am Morgen sehr lustig.“

Wolfgang spürte, wie sein Gesicht sich immer rötlicher färbte. Wäre ich bloß nicht mit in diese Schule gegangen, dachte er und bereute seinen so schnellen Entschluss zutiefst.

„Dann warst du das, von dem die Mädchen und Jungs erzählt haben? – Ist dir warm?“, fragte die Frau vor der Klasse besorgt.

„Ja, mir ist irgendwie … Die ganze Sache ist mir irgendwie peinlich“, versuchte Wolfgang sich zu entschuldigen.

„Warum?“, fragte die Lehrerin und die ganze Klasse sah gespannt auf ihn. „Hast du schlecht geschlafen? Waren die Mädchen und Jungs zu laut? Das kann ich mir gar nicht vorstellen?“ Dabei sah sie ihn wieder mütterlich lächelnd an.

Alle aus der Klasse blickten nun erwartungsvoll auf Wolfgang. Mädchen und Jungs? Dabei sind doch die ältesten bestimmt Ende zwanzig, dachte er verwundert. Doch dann antwortete er der Lehrerin: „Ich versichere Ihnen, dass ich nicht wusste, dass es ein Frauenzimmer war. Mir ist das Bett dort zugewiesen worden. Ganz sicher! Ich war selbst wirklich völlig ahnungslos“, versuchte er sich zu verteidigen. „Das können Sie mir glauben!“

„Wovon sprichst du eigentlich und was meinst du mit Frauenzimmer?“

„Er sprach schon heute Früh so merkwürdig, so voller Rätsel. Verstehst du das?“, fragte eine junge Frau aus dem Schlafsaal die Lehrerin.

Diese kam jetzt auf Wolfgang zu und begann mit ihrem leichten Akzent: „Warum versuchst du dich zu verteidigen? Und weshalb sprichst du mich mit ‚Sie‘ an? Niemand wirft dir etwas vor.“

„Hier sagen alle ‚du‘ zueinander?“, fragte er erstaunt.

„Ja!“

„Gut, dann eben ‚du‘!“ Merkwürdig, dachte er und hob seine Schultern.

Die Lehrerin nickte freundlich und der Rest der Klasse sah nun voller Spannung auf Wolfgang. Sie wollten nichts von dem Gespräch verpassen. Er war so anders als sie.

„Ist es hier normal, dass Männer und Frauen in einem Raum schlafen?“, fragte Wolfgang jetzt etwas ironisch.

Die Lehrerin antwortete prompt: „Aber ja! Weshalb nicht?“

Ein „Waaas?“ konnte Wolfgang nicht unterdrücken. „Wie … wie geht denn das? Gibt es denn da keine Probleme? Das kann doch gar nicht funktionieren!“, stammelte er.

„Woher kommst du eigentlich, dass du so merkwürdig fragst?“

„Ich? – Aus Leipzig.“

„Leipzig? Davon habe ich noch nie gehört.“ Dabei sah sie ihn durchdringend aber immer noch freundlich an.

„Waaas? Das ist doch gar nicht weit von hier!“

Plötzlich riss die Lehrerin die Augen auf und ließ ihm keine Zeit zum Denken. Sie fragte weiter: „Schlafen die Menschen bei euch nur getrennt?“

„Männer und Frauen, ja. Nur wenn sie miteinander verheiratet sind nicht, sonst immer. Hier nicht? Ist es da nicht riskant für die Frauen und Mädchen? Ich meine, haben sie denn keine Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft?“, fragte Wolfgang ungläubig.

Nun schüttelte die Lehrerin lächelnd den Kopf und meinte: „Aber Frauen bekommen ihre Kinder, wenn überhaupt, im Normalfall erst nachdem sie über achtzig Jahre alt sind und ungewollt bekommt bei uns niemand ein Kind.“

„Die Frauen nehmen hier … Was haben Sie gesagt? Über achtzig? Sie meinen achtzehn?“

„Nein, über achtzig“, bestätigte sie lächelnd. „Hier ist das so.“

Wolfgang rutschte förmlich auf seinem Stuhl zusammen, riss die Augen auf und starrte die Lehrerin an, als ob sie ein Geist wäre.

Die Frau kam jetzt erschrocken noch näher und wollte ihm helfen. „Fehlt dir etwas? Brauchst du Hilfe?“, fragte sie fürsorglich.

„Wo … wo bin ich?“, hauchte er.

Sie antwortete ihm immer noch besorgt: „In Posid.“

„Nicht in Goseck?“

„Wo ist Goseck?“, fragte sie ihn darauf.

„Sie kennen Goseck nicht?“

Die Lehrerin schüttelte freundlich den Kopf. „Außerdem waren wir beim Du! Ich bin Sharula.“

Wolfgang stierte sie an. Viele Gedanken stiegen jetzt in ihm hoch und er wiederholte: „Wo … wo sind wir hier?“

„In Posid. Du kennst Posid nicht?“

Wolfgang schüttelte den Kopf und Sharula sah ihn wieder so durchdringend an, als ob sie in ihn hineinsehen wollte. Kurz darauf riss sie die Augen weit auf und sagte erstaunt: „Du bist … von außen!“

Ein Raunen ging durch die Klasse. Diane starrte Wolfgang jetzt wie eine Fata Morgana an. Nur die Lehrerin hatte sich schnell wieder gefasst und lächelte erneut.

„Nein, ich komme nicht von draußen. Ich habe in der Herberge übernachtet und bin gleich mit Diane hierher gekommen. Vielleicht war das gar keine so gute Idee und ich gehe besser wieder“, klärte er diese Sharula auf und sah sie dabei unsicher an.

„Oh, nein. Bitte bleib. Ich sagte von außen, nicht von draußen. Du bist jetzt in der inneren Erde und nicht mehr auf der äußeren Welt. Bitte verzeih mir, wenn ich deinen Gedanken gelauscht habe.“

„Ich bin wooo?“, fragte Wolfgang gedehnt und riss dabei die Augen auf. Er starrte erst die Lehrerin, anschließend die Schüler der Klasse und dann auch Diane an, als ob sie alle Geister wären. Danach fasste er sich plötzlich wieder und dachte, Gedanken lesen, dass hätte sie sicher gern.

„Du bist im Reich Agartha in der inneren Erde.“

Jetzt lehnte sich Wolfgang zurück, lächelte ebenfalls und schüttelte den Kopf. „In der Erde? Ganz sicher! Da herrschen weit über tausend Grad!“

„Dieses Märchen lehrt man also immer noch bei euch in den Schulen? Dabei wissen eure Politiker und Wissenschaftler schon seit über fünfzig Jahren, dass es uns hier in der inneren Erde gibt. Vor sechzig Jahren hat uns ein hoher Militär aus einem Land, was ihr USA nennt, besucht. Er hieß Richard Byrd. Hast du von ihm noch nie gehört?“

„Doch, doch. Das ist doch der mit dem Tagebuch. Dann ist es wohl wahr, was in seinem angeblichen Tagebuch steht. Er war wirklich hier?“

Sharula nickte. „Nicht direkt bei uns. Die Deutschen haben ihn zu ihrem Oberhaupt eskortiert. Dort sprach er mit Teletron, einem Meister der Deutschen."

„Moment mal! Was für Deutsche haben ihn eskortiert? Hier bei euch leben auch Deutsche?“

„Ja, seit fast achtzig Jahren. Sie haben hier die Kolonie Neuschwabenland gegründet. Wusstest du das denn nicht? Von ihnen haben wir eure Sprache gelernt.“

Wolfgang schüttelte den Kopf. „Gehört habe ich schon davon, aber über diese Legende wird bei uns nur gelächelt. Dieses Neuschwabenland gibt es wirklich?“

„Hast du nicht selbst gesagt, dass du das Tagebuch von diesem Richard Byrd gelesen hast? Ich habe es auch gelesen. Darin stand, dass er von Flugobjekten mit interessanten Symbolen begleitet wurde. Byrd hat die Swastika erkannt, welche die Deutschen auf ihren Fluggeräten als Symbol haben.“

„Die Swastika? Was soll denn das sein?“, fragte Wolfgang skeptisch.

„Sie ist das Symbol, welches bis 1945 auf der deutschen Fahne war. Du kennst es nicht?“

„Ach so, das meinen Sie? Dieses Symbol zu verwenden ist heute bei Strafe verboten.“

Jetzt wurde sie zum ersten Mal ernst. „Ja, ich habe davon gehört. Aber nur bei euch ist es verboten. In allen anderen Ländern der Erde darf die Swastika benutzt werden. Besonders in dem Gebiet, was ihr Asien nennt, benutzt man sie immer noch häufig und das schon seit Tausenden von Jahren. Sie ist das Symbol der Zentralsonne unserer Galaxis.“

„Und die Deutschen hier in Neuschwabenland benutzen dieses Symbol immer noch?“

„Ja. Weshalb nicht? Vielleicht solltest du sie einmal besuchen, wenn du schon hier bist.“

Wolfgang sah sie erstaunt an und hob seine Schultern. Doch nach kurzer Überlegung schüttelte er mit dem Kopf. „Aber hat denn der Meister nicht zu Admiral Byrd gesagt, dass in der inneren Erde eine absolut friedliche Zone ist. Wie können dann Deutsche von damals hier sein?“

„Du musst noch viel lernen“, antwortete Sharula besonnen lächelnd. „Aber eines ist richtig. Hier in unserer Welt gibt es keine aggressiven Menschen. Auch du kannst keiner sein, sonst wärst du nicht hier.“

„Ich habe keine Ahnung, wie ich hierher gekommen bin.“

„So? Aber du bist hier. Wie kamst du denn hierher?“, fragte Sharula.

Da erzählte Wolfgang seine Geschichte, von der Idee mit dem Wanderurlaub, von Wassili, von Goseck und dem Sonnenobservatorium und dem Aufwachen früh in der Herberge.

Sharula wiegte ehrfurchtsvoll mit dem Kopf. „Dann ist dieses Goseck ein sehr spiritueller Ort. Durch deine lange Meditation hast du vermutlich Kräfte aktiviert, die dir bei der Teleportation hierher geholfen haben. Anders kann ich es mir einfach nicht erklären. Uns ist kein ähnlicher Fall bekannt, bei der eine Person so wie du in die innere Erde gekommen ist.“

„Ich habe keine Ahnung, wie ich hierhergekommen bin und wie ich wieder zurückkommen kann.“

Jetzt lächelte die Lehrerin wieder und versuchte ihn zu beruhigen. „Mach dir darüber keine Sorgen. Das kriegen wir schon hin. Erzähle uns lieber von deiner Welt und von deiner Stadt, in der du lebst. Die Klasse und ich hatten noch nie die Möglichkeit jemandem von der äußeren Erde direkt zuzuhören.“

„Gut. Leipzig liegt mitten in Deutschland. Es ist eine schöne Stadt, die fast tausend Jahre alt ist. In ihr leben so etwa 600.000 Einwohner. Früher zu DDR-Zeiten waren es deutlich mehr. Man sagt auch, Leipzig wäre eine spirituelle Stadt. Aber das ist sicher Unsinn.“

„Nun, es gibt sehr spirituelle Gegenden auf der äußeren Erde und das ist kein Unsinn! Warum lehnst du alles ab, was spirituell ist?“

„Aber das gibt es doch nicht wirklich!“

„Glaubst du? Von Lemuria und Atlantis hast du doch sicher schon einmal gehört.“