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Ganz schnell brach die Zeit der Masken an. So manchen warf sie aus der Bahn, nicht jeder kam heil aus den pandemischen Wirren. Die Gedichte führen in unser Nachbarland Tschechien, ein Besuch in Prag wird abgestattet. Friedenslinien in Nordirland kommen in Sichtweite. Der Leuchtturmwärter steigt die Stufen hinauf. Ungelebtes Leben rückt an uns heran, die Ablagerungen nach versagten Freiheiten. In den Büchern stehen die Namen von Königen, vom Scheitern wird zu wenig geredet. Rote Listen wachsen, welche Vögel kommen noch einmal zurück? Göttinnen unter sich zelebrieren ihre Auren. Weltenschach wird gespielt. Die Kompassnadel der Weißen Rose stellt Fragen: Was muss heute Orientierung sein? Glückstage schneiden sich ein, sanfte Umarmungen, Küsse. Die Spinnenverstecke finden sich nach dem Winter.
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Seitenzahl: 174
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„In der Katastrophe nimmt sich das Unheil nur selten die Zeit, um für unser Gesicht die rechte Maske zu liefern.“
Jean Giraudoux
Peter Frank
Vor der Insel
Gedenkstein in Husum
Friedenslinien
Östlicher Ort
Mutmachende Moritat vom Scheitern
Galater
Umgehungsstraße
Dürre
Leuchtturmwärter
Evros
Regina Jarisch
sprachreise
kipppunkt
ohne zielangabe
verspielter morgen
auf der richtigen seite
herztasche
fehlgriffe
mögliche empörung
Hanna Fleiss
Leben spüren
Verse, warum sie
Das Ungeschriebene
Die Mutter
Die Großmutter
Wohin, Cecilia
Eline Menke
Gut gerüstet
Abwägung
Carsten Rathgeber
Tausch
Erschöpfter Tag
Atem
Begegnung
Ewig gleich
Stille Wut
Klare Kante
träume in unsrem alten raum
Entbindungen
Danach
Alfred J. Signer
Es war einfach da
Herbstliche Gedanken in der Krise
Befreit
Dirk Tilsner
Vorstellung
und du?
Blickwinkel
die Saite
Frühling
Sommer
Herbst
Winter
Fragen keines dahin-Pesenden
Weitsicht
Zoom
Eva Lübbe
Werte in der Krise
Künstler
Auf der Tagung im Juni 2020
Lachmöwen
30 Jahre nach der friedlichen Revolution
Die Glücksbringer
Hatten wir eine Wahl vor 30 Jahren?
Die Wende
Flüchtlingsströme
Spinnen
Telefone der dritten Generation
Franz-Josef Kaiser
Julinka
Edda Gutsche
Bertrámka
Volker Teodorczyk
Erfüllung
Willkommen
Furcht
Sabine Reyher
spaziergang 2.0
schau nach oben
Magnus Tautz
O-Ton Park
Staub. Keine News?
Vom Sagen
Kindheit. Drei Lagen
Angelika Zöllner
blaue stunde
kleine kapelle
Heike Streithoff
Nachtspaziergang
Im Winter das Leben
Die Rast
Willi Volka
Welten
Brückenbau
Trance
Valerie Travaglini
Sicilia
Blau
Letzte Tage
Stilles Versprechen
Rainer Gellermann
Das Haus
Eingekreist
Brennender Frühling
Cov-21
Tagungstraum
Atem
triage
Kriegswinter Leningrad
Pan Wittgensteins Demie
Tanztee mit Wir
Walthers Winterleid
Ingrid Ostermann
Beerdigung
Gerüchte
Sein
Sternenhimmel
Sturmnacht
Verstehen
Weiße Bälle
Weinachten
Elisabeth Arnold
Masken
Sturm des Alltags
Sommernachtstraum
Peter Paul Wiplinger
Der schwarze Engel
Im Veitsdom zu Prag
Wolfgang Rinn
Am Ende
Marko Ferst
Dünne Landzunge
Stille durch Corona
Kleinstadt im Erzgebirge
Unverortet
Dilemma
Herbstlichter
Blaue Zypresse
Lichtland
Spur nach Tilsit
Dämmerlicht
Herbstbögen
Florian Meurer
Aus der Stille
Winterkrieg
Lukas F. Ziegler
An Eure Eminenz M
.
Der Sturm
Alte fiese Dorfhexe
Gerhild Wächter
gnadenzeit
rote paprika
schwarze vögel
meer
muscheln
maus
waldglocken
Erich Pfefferlen
hinter der theke
René Oberholzer
Glückstag
Pandemieblues
Mittagessen
Durchatmen
Die Vollendung
Küchenarbeit
Der letzte Wille
Peter Schuhmann
Vereinsamt
Amour fou
An die Dichter
Schlafes Strand
Was bleibt?
Kornblume
Traumflug
Einödhof
Zwischenzeitlich
Herbstlese
Heinz-Helmut Hadwiger
Wortlos
… u. A. w. g
.
Über den Dächern
Sonett für Nix und wieder Nixen
Windsbraut –verwehte!
Maike Tijsterman
Was wäre wenn?
Quarantäne
Elionore C. Weiss
Das Volk von Belarus/Freiheit
Dieter Nell
An kalten Mauern
Winfried Scholten
Auf dem Radhost
Auf Prag zu
Silvester ’94 . Wenzelsplatz
Helga Thomas
Abtauchen
Ufer
Was ist heute?
Frühlingsgruss
Koordinaten
Jan-Erik Grebe
Lyrik
Zartes Blau
Erst fällt der Schnee
Heute: Kinderlachen
Magnolien
Ähnlich
Thomas Maria Wiesenberg
Frühjahr
Netzwerk
Spaziergang
Herta Andresen
Windstille
Hoffnungslos
Kann sein
Am Nachthimmel
Sie erzählte
Jahresanfang
Jetzt
Harlekin
ungewiss
Zauberwald
Die alte Tanne
Blau
Momentan
Maskenball
Eva Joan
zu leicht
Staub
Eishauch
fremd
Kathrin Ganz
Blühender Sommer
Verehrter Januar
Frühlingstonleitern
Mit dem Herzen lächeln
Helga Schumann
Der alte Mann
Höhenflug
Dahinter
René Gröger
(T)raum
Kristin Hogk
Göttinnen unter sich
Siegesgewandt
Lutz Wascher
Station 20/12
Tierchen
Volker Oslender
Der Gezeitenwanderer
Als du gingst
Die Bläue meiner Lippen
Spuren
Als ich erwachte
Nach zehn
Jakob Hagen
Arcades
Wasted
Intersection
Herbert Reiher
Gebt dem Unrecht keinen Raum
Timo Heidl
Vom Berge Pelion
Die alte Scheune
Alte Mainbrücke
Am Kutterhafen
Falk Andreas Funke
ungern reisen
Jutta Niedergesäß
Erinnerung
Altweibersommer
Abschied vom Sommer
Corona-Frühling
Herbstblatt
Impferfolg
Eheliches Zwiegespräch
Mai
Handy
Reinhard Lehmitz
Die weiße Rose
Da war doch einer
Venceremos
Eine rote Rose
Klimaschutz - Appell an die Vernunft
Peter Wurzer
Corona
Hasenbraten ist passé
Sebastian Bluth
Niederspannungsleuchtstoffglühbirne
Grundsteinlegung
Eine Nacht vor Vollmond
Spielregeln
Made in GDR
Bücherbox
Wahlkrampf
Die Arche
Leontin Rau
Hochalpine Existenz
Vermessenheit?
Unten am Fluss
Ode an Bianca
Perdido en el siglo
Heike Lange
Zueinander
Allerheiligentor
Monika Braun
Jahrtausendereignisse
Jubilate
An Robin
Reine Stimmung
Mai-Kantate
Im Garten der Worte
Grete Ruile
Aufschlussreiche Gedanken
Peter Hort
Schneeberg
Illumminati
Einsam
Romy Leininger
Blicke
Traumblueten verwehen
Traummosaik
Traumschatten
Im Nachtblau
Sehnsuchtsbaum
Frühlingsimpressionen
Traumreise
Helga Schumann
Ignoranz
Urlaub im Ich
Die lärmende Elster
Fünf Minuten Quer-Beet im Frühling
Ronja Laura Wagner
Übersetzung
Tränentinte
Kreidefarben
Blindes Lachen
Feuer
Klagelaut
Kleinformat
Atem
Baumgeäst
Raureifkuss
Blinder Passagier
Schwarzes Schaf
Luisa Claire Brambeer
Bunte Kartons
Lieben ohne zu blühen
Nikolaus Luttenfeldner
Mondnacht
Florian Birnmeyer
du und ich
(Gem)einsam
Alles ist möglich
Freundschaft
Du bist
Mairi Besau
Versammlung der Katzen
Mit dir nachts unter dem Sternenhimmel zu tanzen
Könnt‘ ich frei sein
Eileen Egeter
Losgelöst
Zeit
Tatjana Gregoritsch
Ihr – Wir
Sprachbares Land
Nicht aus Duino, aus Wien stamme ich
Ralf Becker
Dichter an den Freund
Poeten-Lamento
Gärung
Hitzewelle
Kleine Zeitphilosophie
Brecht
(Aus-) Gebremst?
Klage des Fortschritts
Wetter-Macher
Kultur und Sprache - Sprachkultur - Kultursprache
Freiheit des Künstlers
Arbeit und Leben
Geschichte der Arbeit
Halb voll - halb leer
Dichters Anregungen
Valentinstag
Meine Sonne
Exzentriker
Seitensprung (Ehe-Stabilisierung)
Sternen-Flug
Abgang
Poeten-Zweifel 2
Drei göttliche Dinge
Erbitten
Überlastung
Über Leben und Tod
Wissenschaft?
Meine Liebe
Drüber stehn
Sehnsucht 2
Nach dem Streit
Ratschlag
Gerard J. Duerschke
Dichterruf
Gedicht ohne Dichter
Nichts als die Ewigkeit
Zur Heimat
Das Ödland
Unitas Oppositorum – Im Schatten meines Schattens
Gedanken über den Ausweg
Nachsinnen am Grabmal Lorenzo de Medici
Preludien der Lyrik
Totenrede der Corona
Im Kontext der Bewegung
Mirko Schlicht
Flucht mit gebrochenen Beinen
Sonntembertag
Lustgewinn im Wasserglas
Tochtergold
Viertel vor zwei a.M
.
Kamineffekt
Joanna Masseli
Marlene
HEF
21 Rue Saint-Guillaume
Amelia Earhart
Paul Busch
Träume
Prüfungstag
Weltenschach
Joe Bennick
Fassade
Ohne Titel
Zu hundert schweigen Bäume
Erika Sonnenburg
Farbenspiel
Das Missverständnis
Inhalt
Autorinnen und Autoren stellen vor
Vor der Insel
Nach Rio die Fahrt.
Genever die Fracht.
Fremd die Küste,
die Kennung,
der Prismenkorb,
regenschwarz
umrauscht.
Keine Wiederkehr.
Ein letztes Quartier
in der Bake der Nacht.
Manchmal,
im Mahlsand der Zeit,
schimmert die Salzglasur,
der Knochenzug eines
Steinzeugkrugs.
Gedenkstein in Husum
Stein,
die Schrift tragend
durch Jahrhunderte.
Bruder der Moose,
der Flechten,
gelehnt
in die
rote Dämmerung des
alten Gymnasiums,
versunken
zwischen den schwarzen
Adern der Wurzeln.
Stieleiche,
in den Wind gedreht,
Ringe,
Menschen überdauernd,
felsige Furchen,
arid.
Äste,
armgleich ausgestreckt,
sturmgewohnte Finger,
tastend,
als suchten sie einen
Griffel
in der
Lade der Luft,
zu schreiben eine
weitere Stunde
in die Chronik der
Schatten.
Friedenslinien
Im Souvenirshop von
Sinn Féin
blickt
Bobby Sands
aus Postern & Tassen.
Im Geschichtsmuseum
hängen Gewehre,
die Gaddafi
einst lieferte.
Mauern,
versteinerte Echos,
überwältigt von
Gemälden,
Graffiti,
windumtost.
Die Stadt,
noch immer nackt,
gleich den Gitterkäfigen
hinter den Häusern der
Bombay Street.
An der
meistbombardierten Bar
der Welt
trinken sie
Guinness,
schwarz
wie die Erde des
City Cemetery,
wo eine
unterirdische Wand
die Toten trennt,
weiß
wie die Wolken über
Belfast.
Östlicher Ort
Hier,
unter den großen Sternen,
wo Namen
für immer bleiben,
die Linde
tausendjährig rauscht.
Die hier
in ihren Tagen leben,
der Langsamkeit verwandt,
sprechen nur,
wenn sie etwas zu sagen haben,
lauschen
den Geschichten des Windes.
Wer schrieb sie
in die Weite der Felder?
Vielleicht
wusste es die Melkerin,
die vor langer Zeit über
die Hügel davon ging,
an ihren Händen
den Duft der Frühe.
Mutmachende Moritat vom Scheitern
Am
31. Mai 1811
standen Tausende am
Ufer der Donau.
Sogar
der König von Württemberg
wartete auf die Sensation.
In einem
selbst gebauten Hängegleiter
wollte
Albrecht Ludwig Berblinger
von der Adlerbastei
über den Fluss fliegen.
Lebend
zogen sie den Schneidermeister
aus dem Wasser.
Spott und Alkohol
stürzten ihn ins
Armengrab.
1891
glitt Otto Lilienthal
schwerelos dahin.
1952,
in einem Fachaufsatz über Thermik,
schrieb jemand,
dass es an der Stadtbefestigung von Ulm
keinen Aufwind gibt.
Galater
Begraben
Hals & Armring,
Schwert & Schild.
Unerbittlich der
Sandwind.
Zerschlagen
der Tempel,
die Drehmühle.
Das Mehl,
fortgetragen im
Fell der Ratten.
Versunken
im Grabhügel
der Streitwagen.
Rostbrüchig
der Eisenpflug.
Argwöhnisch die
Krähen.
Gehöft.
Die Hunde
verhungert.
Erloschen
die Herdfeuer,
die Halbmonde der
Sensen.
Hart die Grannen.
Geronnen das Blut
abgeschlagener
Hände.
Verwaist
der Markt.
Vereist
der Kessel.
Leer hängt die Waage.
Die Münzen
Fabel der Moore.
Umgehungsstraße
Der alte Asphalt
wurde brüchig.
Delirien der Disteln.
Leere Bierkästen,
Speisekarten,
ein Ford Transit,
aufgebockt
auf grauen Mauersteinen,
an denen grüne Flammen lecken.
Manchmal
hält ein älteres Paar,
von Erinnerung gelenkt,
blickt in die Fenster des
Gasthofs,
schmale Schattenhand,
braune Stille der Stuhlbeine.
Eine Weile stehen sie noch
in der Umarmung des Windes,
der vom Meer kommt & die
Ähren schwenkt.
Dürre
Sieben Jahre
brannte Durst in den
Mäulern,
die alte Zunge der
Sonne,
versandet
die Schlachtbank,
die Schreie versiegt.
Damals
schlitterten sie in Zinkwannen
über blanke Wiesen,
jetzt blicken die Fischer
auf silberne Flossen in
algiger Brühe.
Was noch lebt,
werfen sie in den Fluss,
stapeln Karpfen, Brassen,
den Gestank der Hechte
ins Kreischen der Kormorane.
Sieben Jahre
lastete die Glut auf
Ästen, Zweigen, Blättern,
Totholz wie Knochen,
bleiche, rissige Trift,
leer der Himmel,
der Messtopf.
Leuchtturmwärter
Die Petroleumkanister
schleppte er 315 Stufen
hinauf.
Wenn die Asche des Tages
über der weißen Dünung wehte,
nahm er die Leinenlaken
von den Laternen &
zündete die Lampe an.
Er lebte hier oben
wie in einer Uhr,
putzte Linsen, Prismen,
das Räderwerk der Sterne,
las Barometer, Gedichte,
zog Schiffe in Flaschen groß,
legte sich in kalte Mauerrund.
Manchmal im Herbst
fielen Krammetsvögel,
die von Kristall nichts wussten,
lichtsüchtig, nebelschwer,
ins Kuppelgrab.
In der Eisenpfanne,
buttergebräunt,
schmeckten sie ihm gut.
Evros
Nur
der Fluss,
Forensiker,
kennt
die Namen der
Toten,
die
er täglich ins
Schilf legt,
blau, gedunsen,
Blätter, Larven
in den Kehlen,
eine
letzte Anschrift,
denen er lässt,
was
der Schlamm
verschmäht,
eine Uhr,
ein Amulett,
eine Gebetskette,
eine
achtstellige Nummer
in einem Kühlfach.
Niemand
sucht die Gräber
unter den Dornen.
Blicke, Münder,
die Dörfer,
still wie Tabak.
sprachreise
worte wandeln sich
mischen im zeitraum
sprachgespinste
geistgebilde
ins jenseits
verschoben verrauscht
sprachräume
verlieren sich
aus der zeittiefe
tauchen kopien auf
verkürzt die zeit
knappst
wir kopieren weiter
kipppunkt
schlaflos wandern schwer müde
fällt die zeit aus den himmeln
wasser steigen der atem geht flach
das leben pausiert im tunnel
niemand hört das gern am tisch der
geselligkeit zählt nur die lächelnde
zuversicht erzählt in geschichten
die wie fettaugen über dem tag
schwimmen wir mit halber lunge
zum roten sonnenuntergang
fahren ins dunkel ins ahnen
die masken fallen
zerschlissen die haut gefangen
im welken tasten wir nach baldrian
vergessen das fallen das steigen
in verschwiegener angst am rand
stirbt die täuschung
ohne zielangabe
hochgestapelte versprechen
verstolperte verheißungen
züge ohne zielangabe
verpassen den bahnhof
ich suche den fahrplan
finde das schwarzbuch deutsch:
schlamassel und seelenkunde
neben sonntagsfahrverbot
im sessel plüschgedanken
ohne stoff und grund
gedanken und visionen
fallen aus der linken hand
die rechte umkrampft den löffel
das chaos dampft im kopf
der klare überblick
lässt sich nicht halten
verspielter morgen
über sofakissen gefallen
aus erwartungen
den strick gedreht
knie knicken
das kissen fängt
schmerzen bleiben aus
im spiegelblind
tage ticken
wünscheverstrickt
die weisheit verspielt
in kissen schlachten
federn nebeln
nur das theater
erlaubt helden
die utopie
auf der richtigen seite
nicht kurzfristig zu klären
wer die worte und sätze
errichtet und schichtet
ich verantworte meine deutung
laufe das koordinatensystem ab
in alle möglichen richtungen
lese verlese verliere mich in der
halbwertzeit kurzbeiniger werte
decke ich die zwiefalt der worte auf
im gerede schieben sie den sätzen
die schuld zu die taten fressen
die sprache auf
mir schwindelt
herztasche
unterm kirschbaum schaukelt das kind
im hofviereck
hält ein birnbaum das indianerzelt
eine reife birne auf der wiese
daneben ein becher malzkaffee
kinderwelt unterm federschmuck
die weite
im erwachsensein verlassen
im umzäunten land
gehören die indiander ins kino
in begrenzter sicht verwelken träume
vor dem blühen fallen blätter
unbeschrieben auf den tisch
gedeckt mit brot äpfel und butter
vergessen die gelbe birne
in der dämmerung flüstert der mond
ins kleine fenster und
unterm bett spuken gespenster
ins nachtschwarz
ruft der ferne kirschbaum
über alle zäune hinweg unsichtbar
kitzeln die federn im bunten traumland
packt das herz aus
fehlgriffe
hände halten auf abstand
abgewehrt die fremde erwartung
nur die eigene
wuchert weiter in den vier wänden
aus der tür tritt
unerfülltes verlangen
züngelt mit worten
zündelt mit satzschlingen bis
die haut an den händen
brennt
im dickicht der irrtümer
steigt rauch auf
mögliche empörung
zukunft
bleib mir ewige
gegenwart greif uns
was zu greifen ist saug auf
was wir nicht loslassen
wollen ist eine frage
in auflösung
zahlen und räume
verlieren sich und
vergänglich liegt
die zukunft
Leben spüren
Leben immer nur Traum,
hin zu den Meeren, den Bergen
im Schnee, zum stillen See
in verschwiegener Landschaft,
in die Ebenen weit.
Hier das Häusergrau,
die Hektik des Straßenverkehrs,
das Pseudodasein im Großraumbüro,
die ehernen Marktgesetze,
seltsam fremd fühlst du dich.
Du trittst neben dich,
begreifst das Irrationale des Heute,
dein ungelebtes Leben, bohrend
der Verdacht, dass die Welt
dir etwas vorenthält.
Du vergräbst dich in die Suche,
ahnst etwas von der Größe und der
Kleinheit des Lebens, grübelst
und kommst zu keinem
Ergebnis.
Erst der Schatten
eines herbstlichen Ahornwalds
belehrt dich, und schmerzhaft
erinnerst du dich der Abendsonne, rot
wie deine Sehnsucht ins Freie.
Verse, warum sie
Lasst die Wörter fliehen
aus den Gedichten, zu müde die Welt,
zu traurig, Verse ertragen zu können,
wir wollen nicht Glanz noch
Licht auf allen Dingen.
In großem Dunkel
betreten wir die großen Winter,
wir sind Realisten, wohlwollende
Statisten, unerklärlich die Welt, und wir
als Beipack mittendrin.
Wir sind unser eigenes
Stillleben in marmornen Särgen,
wenn die Zeit kommt, kommt Rat
für Erkennen und Klagen -
so man uns lässt.
Das Ungeschriebene
Ein Durst oftmals,
das Gedicht zu schreiben, das dem
Wesen der Welt ins Innere blickt.
Mich von Schmerzen befreien,
die mir den Leib umgraben
wie der Pflug die Erde.
Ja, ich weiß, der Hunger
nach Wahrheit ist variabel verteilt.
Und wer gäbe sich nicht lieber mit den
kleinen oder großen Lügen zufrieden,
wenn‘s ans Bezahlen ginge, sobald er
sie kenntlich machte?
Ich, wissend darum,
schaue dem Wolkenmeer nach,
das geruhsam hinterm Dächergrau
verschwindet.
Die Mutter
Ich kam aus ihr, ungelegen,
die geerbten Gesten verraten mich,
was ich meinen Verstand nenne,
das halbe Glück im Unglück.
Woher der Gedanke an sie,
so anlasslos, fern vom Grab.
Ich höre ihre Stimme noch,
sehe sie sitzen, breit, mich musternd
mit schwachen Augen, als käme ich
fremd in ihre Welt, als stelle
sie mir ungern die Frage
nach dem Woher.
Ohne Zutun die Zeit vergangen,
versteint die Lust an Welt, an Leben,
ich sah die tauben alten Hände.
Wortlos ging sie, wie selbstverständlich,
es gehörte sich so, ein Seufzer.
Da war nichts mehr offen.
Die Großmutter
Als sie dem Alten, deinem Otto,
endlich Arbeit gaben nach
sieben Hungerjahren, zog kleines Glück ein
in die Arme-Leute-Stube.
Da gab es wieder einen Happen im Magen,
sonntags auch Kuchen mit Sahne, mal rausfahren
an den Wannsee, Damenwahl beim Ball verkehrt,
das neue Nadelstrichkostüm, die Bluse
mit Rüschen.
Durch die Arbeiterstraßen marschierten
Proleten in braunen Uniformen.
Dir taten sie nichts zuleide, du
warst keine wie die Goldsteins von nebenan,
du warst ja eine von ihnen, von
deutscher Rasse, von deutschem Blut.
Im neuen Radio bellte der Führer.
Du fragtest dich nichts,
deine Welt war in Ordnung.
Und der Alte, immer noch
mit seiner Drückebergerstelle bei Borsig,
brachte Geld ins Haus.
Es hätte so schön sein können.
Wäre da nur nicht
der Krieg, der verfluchte Krieg! gewesen.
Und als sie euch den Brief schickten,
der Sohn gefallen an der Ostfront,
weintest du nicht, du warst
eine stolze Mutter.
Manchmal fragte die Enkelin
nach dem Vater. Das ging vorüber.
Sein Foto mit Stahlhelm und Hakenkreuz
stand auf dem Vertiko – der Held
der Familie.
Und während der Alte schlief,
wühltest du dich aus dem Bett, fielst auf die Knie,
rangst die Hände: Der Junge, mein Gott!
Womit hattest du DAS verdient?
Wohin, Cecilia
Brot und Rosen,
Arbeit und Brot. Wohin, Cecilia,
zogen die Wolken? Wie flog
dein Haar.
Kalt wehte es in den Straßen.
Es kam die Nacht, die alles verschlang,
den Mann, die Kinder, das Brot
und die Rosen. Kalt blitzten
die Bajonette.
Sie legten
die Rose dir aufs Grab, die eine,
die blutige Rose. Wohin, Cecilia,
zogen die Wolken?
Gut gerüstet
Lautstark puste ich
einen freien Streifen
in meine Gedanken.
Der Laubbläser des Nachbarn
liegt gut in der Hand.
Wo nichts wächst
bringe ich Luft zwischen
die Worte. Das Lektorat hat
mir spontan einen
Vertikutierer geliehen.
Den Wildwuchs
der Verse halte ich mit
einem Kantenschneider
in Schach. Eine Anschaffung
aus dem letzten Jahr.
Abwägung
Am Kirschbaum
Blüten wie Schlagrahm
aber die Tage sind nicht süß
sie krähen wie Hähne.
Mit scharfem Schnitt
trenne ich Hühnerhälse
klimpere mit Messern
auf dem Küchenklavier.
Abends grase ich
in der Ferne
stelle Milchkannen
auf die Waage der Zeit.
Tausch
Im zedernartigen Kahn
Liegen grünliche Taschen
Mit Brot, Wein, Metallen
Nah zur dunklen Nacht
Löst ein Mann den Kahn vom Steg
Treibt zur See
Rudert durch dunkle Wälder
Hört Vögel zur ersten Sicht
Kehrt zurück mit Frau und Kind
Und Fischen in den Taschen
Erschöpfter Tag
Den erschöpften Tag
Ausgestreckt auf dem Sofa
Tröstet die Nacht
Bedeckt ihn mit Wörtern
Silbrigen Adjektiven
Atem
Spät sah ich dich kommen
Allein zum gelben Haus
Keiner wird uns kennen
Hinter den alten Türen
Entlang der weißen Wände
Bedenke ich hier dein Sein
Stumm bleiben meine Fragen
Du kennst das Verborgene
Könnt ich doch hörn dein Wort
Verstehn die Geschichten
Es brechen in der Stille
Im Flur meine Sätze
Begegnung
Ein Fenster flattert
Im Takt der Musik
Du öffnest die Tür
Lächelst verlegen
Zu Bildern der See
Vom Meer erzählen
Bei Kaffee und Tee
Knarrende Möbel
Ein zärtlicher Blick
Die Tür, sie klappert
Ewig gleich
Durch die Tür kommt die Katze
Schaut in alle Richtungen
Schnuppert in Flur und Küche
Leckt ihr Fell, auch die Pfoten
Und geht stolz zurück zur Welt
Ich wähle das grüne Rad
Überprüfe den Luftdruck
Lege Decken in den Korb
Auch Handtücher, Obst und Brot
Fahre durch Wiesen zum Meer
Ein Drachen steigt zum Himmel
Ewig möchte er fliegen
Am Horizont eine Jacht
Mücken tanzen mit dem Licht
Zeitlos dösen die Tage
Stille Wut
Leichte Luft strömt im Licht
Am Meer entlang durch Dünen
Auch die Gräser wissen
Dänemark ist ein Gedicht
Nachts träume ich helles Blut
Es tropft in meiner Angst
Wird dunkel, kalt und fest
Begehrt auf in seiner Wut
Tags darauf stürmt das Meer
Bricht laut in die stille Schlei
Schaumbedeckt das Leben
Ermattet voller Schuld
Schweigsam, so demütig
In sich schuldlos verkehrt
Klare Kante
An einem Sonntag beim Regen
Sortiere ich mein Dienen und Meinen