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Der Umfang dieses E-Book entspricht 102 Taschenbuchseiten.
Die junge Anwältin Harry Beagle hat einen seltsamen Fall übernommen, bei dem der Angeklagte behauptet, sein Opfer sei vom Teufel besessen gewesen. Zusammen mit dem Journalisten Steve geht sie der Sache näher auf den Grund. Dabei ahnen die beiden aber noch nicht, dass sie schon bald dem Teufel höchstpersönlich gegenüberstehen werden.
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von Ann Murdoch
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author
© der Digitalausgabe 2015 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
Der Umfang dieses E-Book entspricht 102 Taschenbuchseiten.
Die junge Anwältin Harry Beagle hat einen seltsamen Fall übernommen, bei dem der Angeklagte behauptet, sein Opfer sei vom Teufel besessen gewesen. Zusammen mit dem Journalisten Steve geht sie der Sache näher auf den Grund. Dabei ahnen die beiden aber noch nicht, dass sie schon bald dem Teufel höchstpersönlich gegenüberstehen werden.
Harry hatte doch etwas Herzklopfen. Sie wusste nicht, ob sie alles richtig machte, viel zu seltsam war die ganze Sache. Aber sie atmete tief durch, schaute noch einmal in die Runde und reckte dann energisch das Kinn nach vorn.
Es war nur der Crown Court und nicht Old Bailey, das traditionsreiche Gericht, vor dem dieser etwas merkwürdige Prozess stattfand. Angeklagt war David Allister, er sollte versucht haben seinen Partner zu töten, weil dieser einen Pakt mit dem Teufel abgeschlossen hätte. Die Verteidigerin Harry Beagle, die als Barrister vor diesem Gericht zugelassen war, hatte diese Behauptung von Anfang für übertrieben gehalten und versucht, ihren Mandaten auf eine vernünftige Linie zu bringen. Doch Allister hatte darauf bestanden und von ihr verlangt, seinen Namen reinzuwaschen. Er hätte nur das Böse selbst bekämpft. Irgendwann hatte sie seinem Verlangen nachgegeben und sich gefragt, wie sie dem Gericht diese Umstände erklären sollte. Sie war selbst nicht der Meinung, dass ihr das bisher gut gelungen war.
„Euer Ehren, dieser Mann hat völlig absurde Vorstellungen, die er selbst jedoch für absolut wahr hält. Es ist traurig, dass ein anerkannter Psychologe ihm dennoch Normalität attestiert. Ich beantrage ein erneutes psychiatrisches Gutachten, das von einem unabhängigen Experten erstellt werden sollte.“ Staatsanwalt Ronald Greene trug wie alle Beteiligten eines englischen Gerichtshofes den langen schwarzen Talar mit unendlich vielen Falten und eine unglaublich altmodische weiße Perücke aus Rosshaar. Tradition hatte gerade vor Gericht einen hohen Stellenwert, und so gab es strenge Regelungen. Das galt auch dafür, in welcher Position sich der Anwalt befand, der den Angeklagten verteidigte. Ein junger Anwalt hatte nicht das Recht, vor dem Gericht zu erscheinen, er hatte zunächst eine Art Lehrzeit abzuleisten. In diesen Jahren lernte ein Anwalt nicht nur den Umgang mit den Mandanten, auch die korrekte Verhaltensweise vor Gericht und die komplizierten Systeme gingen ihm in Fleisch und Blut über.
Auch Barrister Harriet Beagle hatte vier Jahre Lehrzeit als normale Anwältin hinter sich gebracht, bevor sie hier am Crown Court für ihren Mandanten das Wort ergreifen durfte. Jetzt trat sie näher an das Richterpodium heran. Unter der weißen Perücke leuchteten einige Strähnen ihres blonden Haares hervor, und das Gesicht verzog sich zu einer spöttischen Miene.
„Ich weiß nicht, was dieser sinnlose Antrag soll, Euer Ehren. Mein Mandant wurde als geistig normal eingestuft, und das von einem anerkannten Experten. Also muss ich davon ausgehen, dass an seiner Behauptung, sein Partner Patrick Jones habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, etwas Wahres ist. Der Antrag des ehrenwerten Herrn Staatsanwalts ist nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver, mit dem er seine Unwissenheit deutlich machen will.“
Der Staatsanwalt schenkte ihr einen mitleidsvollen Blick. „Wollen Sie jetzt die Existenz des Teufels auf Erden als Tatsache in den Raum stellen?“, fragte er voller Spott.
„In dem gleichen Maße, in dem die Existenz Gottes als Tatsache gilt“, gab sie zurück.
„Das können Sie doch gar nicht vergleichen, Gott ist ...“
„Was ist Gott?“, fragte sie herausfordernd. „In diesem und jedem anderen Gerichtssaal schwören wir bei Gott, das bedeutet seine Existenz anzuerkennen. Wie können Sie dann die Existenz seines Gegenspielers leugnen?“
„Das können Sie doch gar nicht vergleichen“, fuhr Greene auf.
„Und warum nicht? Nur weil es nicht in Ihr Konzept passt?“, fragte sie provozierend.
„Die Anwälte bitte sofort zu mir“, unterbrach der Richter mit Unheil verkündender Stimme. Er sprach leise, als beide Anwälte dicht vor ihm standen.
„Ich werde hier keine theologische Diskussion dulden, ist das klar? Wir sind hier, um über einen Mordversuch zu richten. Es wird keine weitere Untersuchung geben, Herr Staatsanwalt. Ich nehme an, Sie haben Zeugen, mit denen Sie Ihre Anklage untermauern können. Die Existenz von übergeordneten Kräften auf Erden steht hier nicht zur Diskussion, das gilt auch für Sie, Frau Anwältin. Fahren Sie bitte fort.“ Dem ehrenwerten Richter war klar, dass er diese Diskussion nicht ganz unterbinden konnte, dafür war dieser Fall einfach zu absurd. Doch an diesem Montag, dem zweiten Tag der Verhandlung, war es noch üblich, mit endlosen Anträgen die Grenzen abzustecken.
David Allister, der Angeklagte, saß ruhig und fast teilnahmslos auf seinem Stuhl, neben ihm befand sich einer der Anwälte, der Harry Beagle die ganze Vorarbeit abgenommen hatte. Auch im englischen Recht war Schuld nicht gleich schuldig, und aufgrund der komplizierten Rechtsprechung konnte ein kluger Anwalt selbst bei klarer Beweislage mildernde Umstände herausholen.
Harry war gut, sie wusste das, und der Staatsanwalt wusste das auch.
Der Prozess nahm seinen formellen Fortgang, und wäre da nicht diese absolut verrückte Behauptung des Angeklagten gewesen, wäre die Sache von der Öffentlichkeit wohl kaum beachtet worden.
Im Saal bei den Pressevertretern befand sich auch Steven Dunbar, ein Reporter von der Weekly News, der für drei Monate aus Edinburgh ausgeliehen war. Dunbar würde später einmal seinem Vater folgen, dem in Edinburgh eine Zeitung gehörte. Bis dahin wollte er jedoch so viele Erfahrungen wie möglich sammeln, und dazu gehörte auch ein Praktikum in London. Er liebte die Arbeit als Journalist, aber hier vor Gericht war er sonst nicht zu finden. Doch ein Kollege war krank geworden, und Steven hatte sich bereit erklärt einzuspringen. Er hielt den ganzen Fall für absurd, aber die bildhübsche Harry hatte es ihm auf den ersten Blick angetan.
Steven verfolgte die ermüdenden Formalitäten und war froh, als der Richter endlich den Abschluss dieses Gerichtstages bekannt gab. Er drängte sich durch die Zuschauer und anderen Pressevertreter, um Harry noch zu erreichen, bevor sie in einem der vielen Büros verschwand.
„Miss Beagle, auf ein Wort, bitte.“
Sie drehte sich um, als sie den Ruf hörte, musterte dann abweisend die Kamera und das Aufnahmegerät, bevor sie eine ergebene Miene aufsetzte. Sie wusste, dass sie die Medien brauchte, sonst wurde ihr Mandant schon vor dem Urteil von der Öffentlichkeit zerrissen.
„Ich bin nicht bereit, Interviews über die Beweggründe meines Mandanten zu geben“, erklärte sie kühl.
„Wirklich nicht? Ich denke, wenn die Beweggründe Ihres Mandanten verständlich dargelegt werden, könnte es auch einem breiteren Publikum begreiflich gemacht werden, warum er so und nicht anders gehandelt hat.“
„Und Sie können das?“ Der Spott in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
„Ich kann es wenigstens versuchen“, gab er zurück und verschlang sie förmlich mit seinen Blicken. „Miss Beagle, ich habe die Berichterstattung meiner Kollegen gelesen, und ich wundere mich nur, dass die Bilder von Täter und Opfer nicht schon mit Hörnern und Pferdefuß geschmückt wurden.“
Sie stutzte, dann lachte sie auf, und für Steven ging zum zweiten Mal an diesem Tag die Sonne auf. Harry war allerdings auch ein Augenschmaus. Ihre schlanke sportliche Gestalt kam auch in dem weiten Talar noch immer zu Geltung, ihr schmales ausdrucksvolles Gesicht wurde von goldblonden Haaren umrahmt, die bis auf die Schultern fielen, wenn die Perücke sie nicht verdeckte. Leuchtend blaue Augen brachten die Gefühle deutlich zum Ausdruck, und im Augenblick war sie amüsiert, aber auch misstrauisch.
„Wie würden Sie ihn denn beschreiben? Als heiligen Georg, der einen Drachen erschlägt?“
Er wurde unvermittelt ernst. „Nein, ich möchte die Wahrheit hinter dieser Sache ans Tageslicht bringen. Selbst wir beide nehmen in diesem Gespräch das Ganze nicht ernst, wie soll erst der unbeteiligte Leser darüber denken? Deshalb möchte ich gern mehr wissen. Ich verspreche Ihnen, dass ich keine Story hinter der Story zusätzlich erfinden werde. Falls Sie es wünschen, werde ich Ihnen den Artikel vor dem Abdruck zur Begutachtung vorlegen.“ Er war hartnäckig, ohne unhöflich oder gar schmierig zu werden, dass gefiel Harry. Außerdem kämpfte sie selbst gegen die Vorurteile, die das mysteriöse Motiv ihres Mandanten unweigerlich hervorrief. Steven Dunbar machte einen ehrlichen sympathischen Eindruck, er hob sich von den übrigen Reportern wohl tuend ab.
Spontan beschloss sie, einen Versuch mit ihm zu machen. Sie dachte daran, wie überrascht sie selbst bei dem Gespräch mit Allister gewesen war. Mehrmals hatte sie versucht, das Gespräch auf eine vernünftige Grundlage zu bringen und den Mann dazu zu bewegen, seine Aussage auf eine erklärbare Grundlage zu stellen, aber er hatte darauf beharrt, dass es genau so und nicht anders gewesen war. Allister war entweder ein Fanatiker oder Lügner, doch eigentlich hatte er in seinem bisherigen Leben als ausgesprochen clever und ehrlich gegolten, also musste Harry annehmen, dass er aus seiner Sicht die Wahrheit sagte. Es war ihre Aufgabe, dem Gericht klarzumachen, dass ihr Mandant zwar im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war, aber dennoch im Kampf gegen den vermeintlichen Teufel selbst im besten Glauben gehandelt hatte.
Vielleicht konnte eine gute Presse dabei ein wenig helfen.
„Kommen Sie in zwei Stunden in mein Büro“, bot sie an, aber Steven lächelte dreist.
„Gehen Sie mit mir essen, dabei spricht es sich besser und klingt nicht so schrecklich förmlich. Bitte. Sieben Uhr im Passions? Soll ich Sie abholen?“
Verblüfft hielt sie inne, so eine Frechheit war ihr lange nicht untergekommen. Doch sein Blick war treuherzig, sein Lächeln unwiderstehlich.
„Um sieben Uhr im Passions, den Weg finde ich schon noch allein“, gab sie spontan seiner Bitte nach.
„Dann werden wir auf Teufel komm heraus der Sache auf den Grund gehen.“
„Sie sollten damit nicht scherzen, Mister ...“
„Dunbar, Steven Dunbar von der Weekly News - zumindest für drei Monate, dann kehre ich nach Edinburgh zurück.“
„Edinburgh?“
„Dort bin ich zu Hause, ich arbeite für den Scots Guardian.“
„Eine konservative, aber renommierte Zeitung. Also muss Ihnen London dazu im Vergleich wie ein Tollhaus vorkommen.“
Er lachte auf. „Sie haben nie meinen Vater erlebt, wenn er sämtliche Redakteure strammstehen lässt. Dagegen ist die Arbeit hier in London die reine Freude.“
„Ihrem Vater gehört der Guardian?“
„Nur noch zu achtzig Prozent, er hat vor einigen Jahren einen Teil verkaufen müssen, um alles zu modernisieren, und das ärgert ihn heute noch. Aber er herrscht dennoch wie ein Despot. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich liebe und verehre meinen Vater, aber ich bin nicht blind gegenüber seinen Fehlern.“
„Dann wollen wir hoffen, dass Sie genauso offen an die Fehler meines Mandanten herangehen. Bis heute Abend.“ Sie ließ ihn einfach stehen und ging davon.
Von hinten schlug ihm jemand krachend auf die Schulter. „Na, hast du eine Eroberung gemacht? Sieh dich nur vor, diese Frau ist kälter als ein Eisberg. Sie wird dich benutzen und dann fallen lassen.“ Dan McClure vom Mirror lachte laut.
„Hast du es bei ihr schon versucht?“, fragte Steven.
„Alle haben es versucht, aber sie hat jeden abblitzen lassen. Es grenzt an ein Wunder, dass sie überhaupt so lange mit dir gesprochen hat.“
Steven sagte nicht, dass er mit Harry sogar zum Essen gehen würde. Journalisten waren Klatschtanten, auch im privaten Bereich, und diese Neuigkeit würde mit der Geschwindigkeit eines Buschfeuers die Runde machen. Er freute sich im Stillen und blieb eine Weile unauffällig an der Wand stehen, um anderen Kollegen zuzuhören, die eifrig über den Fall diskutierten. Die einhellige Meinung war klar, Allister wurde für verrückt oder besessen gehalten. Nun, vielleicht würde er schon bald mehr darüber wissen.