Informatik für Kinder -  - E-Book

Informatik für Kinder E-Book

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Beschreibung

Unser Alltag wird in rasantem Tempo von Informationstechnik durchdrungen und es ist höchste Zeit, auch den jungen Mitgliedern unserer Gesellschaft Informatikbildung anzubieten. Während in osteuropäischen Ländern und England in frühen Schuljahren eine Informatische Bildung integriert wurde, beschränken sich deutsche Schulen eher auf eine Medienbildung. Konzepte aus der Informatik werden zwar schon länger diskutiert, aber erst in letzter Zeit haben bildungspolitische Entscheidungen die hiesigen Aktivitäten für die Klassen 1 bis 7 intensiviert. Seit 2006 werden auf dem Münsteraner Workshop Beiträge zu unterschiedlichen Themen aus dem Gebiet der Schulinformatik diskutiert. Ziel der Veranstaltung ist insbesondere die Förderung des Austauschs zwischen den Schulen und der Hochschule. Der Workshop richtet sich an Informatiklehrerinnen und -lehrer, an Referendarinnen und Referendare, an Fachdidaktiker(innen) und an alle, die sich zur Informatik in der Schule engagieren.

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Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Arbeitsbereich Didaktik der Informatik

Vorwort

Praktisch von der Wiege an wachsen unsere Kinder mit Informatiksystemen in Form von digitalen Medien und digitalisiertem Spielzeug auf. Dieser Entwicklung wurde in England mit dem »National Curriculum: computing programmes of study«1 Rechnung getragen, das Inhalte zu einer informatischen Bildung (Programmieren u. a.) sowie zu einer digitalen Medienkompetenz (z. B. kritisches Nutzerverhalten) umfasst. Osteuropäische Länder haben traditionell Informatik stärker im Schulkanon verankert (auch in frühen Jahrgangsstufen) als dies in westlichen Ländern der Fall ist. Doch auch im Westen (inkl. Übersee) existieren zahlreiche, diskussionswürdige Konzepte.

Politische Entscheidungsträger auf Bundes- und Länderebene haben diese Trends erkannt und erste Projekte für die Primarstufe gestartet, in denen auch informatische Konzepte berücksichtigt werden sollen. Sicherlich können Entwicklungen in anderen Ländern nicht vorbehaltlos auf das deutsche Bildungssystem übertragen werden, aber mit den Möglichkeiten, Chancen und Risiken muss eine Auseinandersetzung erfolgen. Nachdem für beide Sekundarstufen Empfehlungen zu Bildungsstandards der Gesellschaft für Informatik e. V. vorliegen und in Kernlehrpläne integriert wurden, scheint es konsequent zu sein, über Standards für die Primarstufe nachzudenken. Der diesjährige Münsteraner Workshop für Schulinformatik nähert sich von vielen Seiten der Frage, ob und wie im Schulunterricht junge Kinder mit informatischen Grundlagen der Digitaltechnik vertraut gemacht werden können.

Einen Schwerpunkt des Workshops bilden Berichte über praktische Erfahrungen mit Informatikunterricht in der Grundschule, darunter Projekte mit ScratchJr (Robert Garmann, Benjamin Wanous), Physical Computing (Andreas Flemming, Kerstin Strecker). Informatische Inhalte werden oft nicht in dezidiertem Informatikunterricht sondern im Zusammenhang mit Medienbildung vermittelt (Michael Weigend). Weitere Beiträge stellen kooperative Lernaktivitäten zur Informatik mit moderner Medientechnik (Multitouchdisplays) vor und vergleichen verschiedene Informatik-Einstiege miteinander: Hardware-orientiert, Software-orientiert oder unplugged (Nadine Bergner, Thiemo Leonhardt und Ulrik Schroeder). Ein wichtiger Bereich sind curriculare Ansätze zum Informatikunterricht im Primarbereich (Kathrin Haselmeier, Martin Fricke, Ludger Humbert, Dorothee Müller, Philipp Rumm) oder in den frühen Klassen einer weiterführenden Schule (Olga Reisenhauer, Hendrik Büdding).

Einige Beiträge sprechen grundlegende Aspekte an: Dieter Engbring fordert Evaluationskriterien für eine informatische Frühbildung. Nataša Grgurina, Bert Zwaneveld und Erik Barendsen stellen eine Studie zum „Computational Thinking“ aus den Niederlanden vor. Relevante Hintergrundinformationen liefern Befragungen zu Form und Umfang von Informatikunterricht in verschiedenen Schulformen (Johanna Borsch, Marco Thomas und Angélica Yomayuza) und zum Bild der Informatik in der Schülerschaft sowie vermuteten Schülervorstellungen in der Lehrerschaft (Lars Hendrik Bodenstein, Christian Borowski und Ira Diethelm). Eine Facette bildet das Thema „Lehrerfortbildung“. Kensuke Akao beschreibt eine Studie für ein Blended-Learning-Konzept. Einen Einblick in konkrete Fortbildungsangebote in NRW bieten Nadine Bergner, Michaela Inden und Ulrik Schroeder.

Wir danken allen Autoren für Ihre Beiträge und wünschen einen angenehmen Workshop.

Münster im Mai 2016

Marco Thomas und Michael Weigend

1https://www.gov.uk/government/publications/national-curriculum-in-england-computing-programmes-of-study (04.05.2016)

Inhaltsverzeichnis

Stefan Aufenanger

Zum Verhältnis von Informatik und Medienpädagogik – ein Konzept für digitale Bildung in der Wissensgesellschaft

Michael Weigend

Alle Buchstaben aufstehen! – spielerische Vermittlung informatischer Konzepte in der Medienerziehung

Olga Reisenhauer

Aller Anfang ist schwer – Einstieg in die Informatik

Dieter Engbring

Informatik schon für die Kleinen!? – Einige Anmerkungen zur Evaluation von entsprechenden Projekten

Nadine Bergner / Thiemo Leonhardt / Ulrik Schroeder

Einstiege mittels Software, Hardware und auch unplugged – ein Vergleich

Nadine Bergner / Matthias Ehlenz / Ulrik Schroeder

Kooperatives E-Learning am Multitouch-Display für Grundschulkinder

Hendrik Büdding

Mit Mobile Learning von der realen Welt in die virtuelle 3D Welt – Ein Generationswechsel?

Andreas Flemming / Kerstin Strecker

Physical computing für Kinder

Robert Garmann / Benjamin Wanous

Code for competence – Programmieren für Zweitklässler mit ScratchJR

Nataša Grgurina / Bert Zwaneveld / Erik Barendsen

Computational Thinking in Dutch Secondary Education: Modeling and Simulation

Lars-Hendrik Bodenstein / Christian Borowski / Ira Diethelm

Was Schüler über Informatik fragen und was ihre Lehrkräfte dazu vermuten

Johanna Borsch / Marco Thomas / Angélica Yomayuza Moreno

Informatische Bildung in den frühen Klassen der Sekundarstufe I – eine explorative Studie in den Regierungsbezirken Münster und Detmold

Kathrin Haselmeier / Martin Fricke / Ludger Humbert / Dorothee Müller / Philip Rumm

Informatikunterricht im Primarbereich – ohne qualifizierte Lehrkräfte geht es nicht

Nadine Bergner / Michaela Inden / Ulrik Schroeder

Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften in der Informatik – von der Grundschule bis zum Abitur

Kensuke Akao

Vision einer Lehrerfortbildung zum Informatikunterricht via Blended-Learning – Analyse einer Lehrerumfrage zur Fortbildungsplanung

Zum Verhältnis von Informatik und Medienpädagogik

– Ein Konzept für digitale Bildung in der Wissensgesellschaft –

Eingeladener Vortrag

Stefan Aufenanger2

Jakob-Welder-Weg 12

55128 Mainz

2 Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Institut für Erziehungswissenschaften, [email protected]

„Alle Buchstaben aufstehen!“ – spielerische Vermittlung informatischer Konzepte in der Medienerziehung

Michael Weigend3

Abstract: Im Rahmen des „NRW-Medienpass“ erlernen Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen – neben anderen Aspekten – die Nutzung von Digitaltechnik zur Medienproduktion. Dieser Beitrag untersucht am Beispiel der Erstellung einer Präsentation, welche Grundkonzepte der Informatik beim kompetenten Umgang mit Präsentationssoftware (LibreOffice Impress) und Browser helfen können und wie man diese Konzepte spielerisch in einer „Medien-AG“ vermitteln kann. Vorgeschlagen werden einige metaphorische Rollenspiele, in denen die Schüler/innen auf den informatischen Hintergrund alltäglicher Operationen (Datei speichern, Bilder kopieren, Schriftgröße ändern, etc.) aufmerksam gemacht werden.

Keywords: Medienerziehung, informatische Konzepte, Metapher.

1 Einleitung

Im Jahr 2010 wurde in Nordrhein-Westfalen der “Medienpass NRW" eingeführt, um die Medienkompetenz der Schülerinnen und Schüler zu verbessern. Der Medienpass ist eine Sammlung von 20 Kompetenzen aus fünf Bereichen [M14]:

1. Digitaltechnik bedienen und anwenden,

2. mit Hilfe von Digitaltechnik informieren und recherchieren,

3. mit Digitaltechnik verantwortungsvoll kommunizieren und kooperieren,

4. mit Digitaltechnik produzieren und präsentieren,

5. das eigene Medienverhalten analysieren und reflektieren.

Gegenwärtig nehmen in NRW etwa 2000 Schulen am Medienpass teil. Die meisten sind Grundschulen. Die Teilnahme ist freiwillig, für die Umsetzung gibt es keinerlei Vorgaben. Sie wird von den Schulen individuell und sehr unterschiedlich vorgenommen. Medienbezogene Kompetenzen werden teilweise im Rahmen des regulären Fachunterrichts, teilweise aber auch in speziellen Unterrichtseinheiten entwickelt. Vom Medienpass gibt es Varianten für vier Altersstufen: Kindergarten, Grundschulen, Klasse 5 und 6, Klasse 7–10. Dieser Betrag konzentriert sich auf die dritte Stufe, Klasse 5 und 6. Wenn auch an einigen Stellen explizit technisches Hintergrundwissen angesprochen wird (beispielsweise umfasst Kompetenz 1.4 Grundkenntnisse zum Internet), so geht es im Medienpass doch vor allem um die verantwortungsvolle Nutzung digitaler Technik.

Dieser Beitrag untersucht am Beispiel der Erstellung einer Präsentation, welche Grundkonzepte der Informatik beim kompetenten Umgang mit Präsentationssoftware (Libre-Office Impress) und Browser helfen können und wie man diese Konzepte spielerisch in einer „Medien-AG“ vermitteln kann.

2 Strukturwissen und Metaphorisierung

Ein besonderes Merkmal des Informatikunterrichts gegenüber einer reinen Bedienungsanleitung ist, dass man von Zeit zu Zeit von der praktischen Arbeit mit dem digitalen Werkzeug zurücktritt und reflektiert, was man gerade tut. Ziel der Reflektion ist der Erwerb strukturellen oder deklarativen Wissens über die Systeme mit denen man arbeitet. Dies wird nicht zwangsläufig bei der „intuitiven Nutzung“ des Werkzeugs gelernt sondern bedarf zusätzlicher Anstrengungen, die sich aber schnell lohnen. Strukturelles Wissen ist u. a. erforderlich für die Kommunikation mit anderen (Begrifflichkeit), Aneignung neuer Techniken (z.B. durch das Lesen von Anleitungen) sowie das Finden und Vermeiden von Fehlern. Die Reflektion des eigenen Tuns ist kurzfristig eine Verlangsamung des Entwicklungsprozesses, eine Unterbrechung des Flows. Unter anderem folgende Dinge ändern sich:

Die Kinder schlüpfen aus der Rolle des Ingenieurs, des Machers in die Rolle des Philosophen, der sich Gedanken macht ohne produktiv zu sein.

An Stelle individueller Entwicklungsarbeit am Computer kommuniziert man in der Gruppe.

Das Produkt (z.B. die Präsentation) tritt in den Hintergrund. An die Stelle der Vorfreude auf das Ergebnis müssen nun andere Motive (soziale Bedürfnisse, Freude an Bewegung etc.) treten.

Der Wechsel fällt nicht leicht und braucht etwas Zeit. Ein innerer Widerstand muss überwunden werden. Beispiele für reflektierende Aktivitäten im Informatikunterricht sind Concept Mapping (vgl. z. B. [W14]), Simulationen und Rollenspiele, die mit körperlicher Bewegung verbunden sind (vgl. z. B. [BWF98]) Bei solchen „unplugged“ Aktivitäten werden oft Metaphern für informatische Konzepte verwendet. Ich verwende den Begriff Metapher im Sinne einer Strukturmetapher [LJ08], einer Übertragung von Wissen aus einem vertrauten, alltagsbezogenen Gebiet auf eine weniger vertraute Domäne. Metaphern werden traditionell im Schulunterricht zur Wissensvermittlung verwendet. Im elementaren Mathematikunterricht beispielsweise werden arithmetische Operationen durch Verschieben von Perlen o.ä. auf dem Tisch dargestellt („Arithmetics is collecting objects“, [LN03]). In der Informatik kommt hinzu, dass Metaphern bewusst zur Entwicklung und Beschreibung von Software eingesetzt werden (Stapel, Schlange etc.). Der kognitionspsychologische Vorteil einer Metapher ist, dass sie als intuitives Modell dienen kann. Komplexe Zusammenhänge können in einer einzigen holistischen Idee zusammengefasst werden. Metaphorisierung – als eine Technik zur Beherrschung von Komplexität – ist eine Facette informatischer Denkweise („Computational Thinking“).

3 Metaphorische Rollenspiele

In den folgenden Beispielen werden Routineoperationen am Computer nachgespielt. Es werden Aktivitäten simuliert, die im Zusammenhang mit der Erstellung einer Präsentation anfallen und die die Schüler durch Fragen. Beobachten, Ausprobieren oder mit Hilfe von Anleitungen gelernt haben. In den Übungen wird also kein neues prozedurales Wissen zur Computernutzung erworben, sondern es geht um Reflektion und die Aneignung Struktur-bezogener informatischer Konzepte (deklaratives Wissen).

3.1 Verzeichnisbaum und Dateimanagement

Eine Kompetenz, die im NRW-Medienpass erwähnt wird, ist die Kenntnis von Betriebssystemfunktionen. Eine wichtige Aufgabe des Betriebssystems ist das Dateimanagement. Bei Desktop-Computern bieten Dateimanager-Programme den Zugriff auf einen Verzeichnisbaum. Zu beachten ist, dass man bei der Nutzung mobiler Geräte (Handys, Tablets) oft keinen Verzeichnisbaum sieht. Daten gehören zu Applikationen und können an andere Applikationen gesendet (bzw. „geteilt“) werden. Im Zusammenhang mit Medienpass-Projekten müssen die Schüler folgende Funktionen eines Desktop-Computers beherrschen, die mit dem Verzeichnisbaum zu tun haben: im Verzeichnisbaum navigieren, Dateien im Verzeichnisbaum finden, einen Projektordner anlegen, Daten (Bilder, Präsentationen) in einem Verzeichnis an einer bestimmten Stelle des Verzeichnisbaums speichern. Fachbegriffe im Zusammenhang mit der Navigation im Verzeichnisbaum sind: Pfad, Verlauf, im Verlauf der Navigation vorwärts und rückwärts gehen, im Baum (eine Hierarchieebene) höher gehen. Letzteres bedeutet auf dem Pfad zurück zu gehen (also sich der Wurzel nähern), was nicht das gleiche ist, wie im Verlauf zurückgehen. Die Begriffe Verzeichnis (directory) und Ordner (folder) bezeichnen eigentlich nicht genau dasselbe. Streng genommen bezieht sich „Ordner“ auf einen Behälter (oder Ort) für Daten, während ein „Verzeichnis“ nur eine Auflistung des Inhalts eines Ordners ist. In der Praxis werden meist beide Wörter synonym zur Bezeichnung des Behälterkonzeptes verwendet. Junge Computernutzer denken oft nicht darüber nach, wo sie ihre Daten speichern und haben oft Schwierigkeiten sie wieder zu finden.

Abb. 1: Im Dateimanager PCManFM von Hon Jen Yee (Bestandteil der Raspbian Distribution für den Raspbery Pi) wird der Begriff Verzeichnisbaum explizit verwendet.

In der folgenden Übung werden sie für diesen Punkt sensibilisiert. Benutzungsoberflächen von Dateimanagern unterstützen nur teilweise die oben skizzierte Begrifflichkeit. Die Wörter „Verzeichnis“ und „Verzeichnisbaum“ erscheinen gelegentlich, Pfad und Verlauf werden in den Navigationspfeilen (zurück, vorwärts und hoch) verwendet.

Ein Ausschnitt aus dem Verzeichnisbaum eines Desktop-Computers in einem Schulnetz wird mit Tischen (oder anderen Gegenständen) und Schnüren nachgebaut. Anschließend spielt man das Navigieren und das Einrichten eines Projektverzeichnisses durch. Das kann z. B. so ablaufen: Jeder Schüler repräsentiert ein Dateimanager-Fenster. Bei einem realen Computer kann es auch mehrere Dateimanager-Instanzen geben. Sie greifen aber alle auf ein und denselben Verzeichnisbaum zu. Genauso wie bei der Simulation im Klassenraum. Alles beginnt auf dem Desktop. Ein Tisch wird zum Desktop erklärt. Auf dem Tisch sind einige „Verzeichnis-Icons“ aus Papier mit Kreppklebeband festgeklebt. Darunter das Icon „Dieser PC“. Vom Verzeichnis-Icon führt eine Schnur zu einem Tisch, der (klein) an der Kante ein Schild „Dieser PC“ trägt. Eine andere Schnur führt in gleicher Weise zu einem anderen Tisch. Ein kleiner Ausschnitt aus der Struktur wird vor der Stunde vorbereitet. Einen weiteren Teil konstruiert man mit den Schülern. Dann spielt man Aktivitäten durch, die die Schüler schon einmal am Computer gemacht haben:

Einen Projektordner im eigenen Benutzerverzeichnis einrichten.

Aus einem öffentlichen Ordner (Leserecht für alle) eine Datei kopieren und im eigenen Projektordner speichern.

Mit wie vielen Klicks kann man im Verzeichnisbaum von A nach B navigieren?

Die Übung kann man im Computer-Labor machen. Noch schöner ist es im Sommer eigentlich draußen auf dem Schulhof oder im „grünen Klassenzimmer“, wenn die Schule so etwas hat. An Stelle von Tischen nimmt man andere vorgefundene Gegenstände, die den Charakter von Containern bzw. Speicherorten haben (Klettergerüst, Tischtennisplatte, Treppe, Baumstumpf etc.).

3.2 Schreiben und Texte formatieren

Bei einer Präsentation schreibt man Texte nicht einfach auf die Folie sondern in Textfeldern. Wenn kein Textfeld auf der Folie ist, muss man es erst erzeugen. Texte kann man auf verschiedene Weise formatieren: a) Man markiert mit der Maus einen oder mehrere Buchstaben und weist ihnen neue Eigenschaften aus. b) Man wählt (durch Klick auf den Rahmen) das Textfeld aus und weist dann Eigenschaften allen Buchstaben innerhalb des Textfeldes die gewünschten Eigenschaften zu. „Heimtückisch“ ist für Anfänger, dass Textfelder meist unsichtbar sind. Erst wenn man enthaltene Elemente anklickt, wird der Rahmen des Textfeldes als hellblaue Linie sichtbar (LibreOffice). Wenn man dann auf den Rahmen (Boundingbox) klickt, sieht man auch acht quadratische Markierungspunkte (Ecken, Eckpunkte).

In der Simulation kann die ganze Gruppe beschäftigt werden. Als Materialien benötigt man einige DIN A4 Blätter, auf denen jeweils ein Buchstabe des Alphabets abgebildet ist. Es gibt auch ein leeres Blatt für ein Leerzeichen. Acht Personen spielen die Markierungspunkte des Textfeldes (bei einer kleinen Gruppen nur vier Personen für die Eckpunkte), ein Schüler spielt den Mauszeiger, die übrigen Schüler sind Buchstaben. Auf einer großen, freien Fläche postieren sich die acht „Markierungspunkte“ des Textfeldes. Die anderen Schüler suchen sich gemeinsam geeignete Buchstabenkarten und stellen sich in das Textfeld, um ein oder zwei Worte zu bilden. Mit diesem Arrangement kann man verschiedene Aktionen durchspielen. Dabei werden Teile der Visualisierung ad hoc während der Simulation mit den Schülern entwickelt. Falls nicht schon die Kursteilnehmer spontane Vorschläge machen, kann die Lehrperson zwischendurch die Frage aufwerfen „Wie kann man das visualisieren?“. Hier sind einige Beispiele:

Das Textfeld auswählen: Der Rahmen des Textfeldes ist normalerweise unsichtbar. Das kann man dadurch darstellen, dass die „Markierungspunkte“ in die Hocke gehen. Das Textfeld wird in zwei Schritten ausgewählt. Zuerst „klickt“ der „Mauszeiger“ auf einen „Buchstaben“. Jetzt wird der Rahmen sichtbar, aber man sieht noch nicht die Markierungspunkte. Wie kann man das visualisieren? Die „Markierungspunkte“ könnten die Arme ausstrecken um die Linie anzudeuten. Der „Mauszeiger“ „klickt“ auf einen „Markierungspunkt“. Alle „Markierungspunkte“ stehen auf und „werden sichtbar“. Das Textfeld ist ausgewählt.

Das Textfeld verschieben: Das Textfeld wird ausgewählt, d. h. die „Markierungspunkte“ stehen. Der Mauszeiger bewegt sich zwischen zwei „Markierungspunkte“. Wenn man jetzt links klickt, hat der Mauszeiger die Form eines Doppelpfeilkreuzes. Wie kann man das visualisieren? Der „Mauszeiger“ könnte z. B. die Arme verschränken. In diesem Zustand kann das Textfeld verschoben werden. Wenn der „Mauszeiger“ sich bewegt, folgen alle anderen Akteure, so dass das Textfeld durch den Raum wandert.

Textfeld formatieren: Die „Buchstaben“ stehen. Das soll eine Buchstabengröße von 20pt darstellen. Nun soll die gesamte Schrift (nicht nur einzelne Buchstaben) kleiner werden, z. B. 10pt. Wie kann man das visualisieren? Die „Buchstaben“ könnten in die Hocke gehen und dicht zusammen rücken. Kursive Schrift wird durch schräge Körperhaltung oder geneigten Kopf (in Leserichtung), fette Schrift durch aufgeblasene Backen dargestellt. Wie ist der Ablauf einer Formatierung? Das Textfeld wird ausgewählt, die „Markierungspunkte“ stehen. Der Mauszeiger sagt ganz leise einem „Markierungspunkt“ die neue Schriftgröße oder Schriftart. Der sagt dann laut den „Buchstaben“, was zu tun ist.

Eine einzelne Textstelle formatieren: Der „Mauszeiger“ berührt einen „Buchstaben“ und wird dadurch zu einem Text-Cursor, der aussieht wie ein Strich. (Der Rollenspieler kann sich selbst eine Visualisierung für diesen Zustand überlegen.) Sie oder er berührt nun einige Buchstaben (z.B. das erste Wort) und wählt sie dadurch aus. Wie kann man den Zustand „ausgewählt“ visualisieren? Zum Beispiel könnten die ausgewählten „Buchstaben“ zittern (vibrieren). Dann sagt der „Mauszeiger“ laut, was die ausgewählten Buchstaben tun sollen (z.B. „Werdet fett“)

3.3 Datentransfer und Kontextmenüs

In eine Präsentation soll ein Bild aus dem Internet eingefügt werden. Wie das geht, kann mit einer kleinen Geschichte veranschaulicht werden. Wir verwenden als Metapher einen Einkauf. Ein Schüler oder eine Schülerin spielt eine Person (sagen wir sie heißt Tina), die an einer Präsentation arbeitet. Die Lehrperson erzählt eine Geschichte und die Schauspielerin folgt den enthaltenen Handlungsanweisungen. Manchmal gibt es Zwischenfragen an das Publikum und man überlegt gemeinsam wie es weitergeht. Die Geschichte beginnt so:

Tina arbeitet an einer Präsentation über Pferde. (Der Tisch stellt eine Folie der Präsentation dar.) Auf der Folie sind schon einige Elemente, eine Überschrift und ein Textfeld (L. legt ein Schulbuch als Überschrift und ein Klassenbuch als Textfeld auf den Tisch). Nun sucht Tina im World Wide Web nach Bildern. Das ist ähnlich wie Shoppen gehen. Sie besucht verschiedene Webseiten so wie man verschiedene Geschäfte besucht. (Auf einem Tisch liegen einige Bilder.) Tina findet ein Bild, das ihr gefällt und drückt die rechte Maustaste. Was passiert? Es erscheint ein Kontextmenü. (L. hält eine große Karte mit Anweisungen des passenden Kontextmenüs hoch.) Welchen Befehl wählt Tina? (Sie klickt auf Bild kopieren.) Das ist so als ob man eine Kopie des Bildes in die Einkaufstasche steckt. (L. gibt der Schülerin eine Tasche und sie steckt das Bild ein.) Dann geht sie zurück zu ihrer Präsentation. Wie kann sie das Bild einfügen?

Im weiteren Verlauf werden folgende Punkte diskutiert und szenisch dargestellt: Der Zielort, an dem das Bild abgelegt werden soll ist nicht beliebig. Zum Beispiel darf ein Bild nicht in ein Textfeld (repräsentiert durch das Klassenbuch) gelegt werden. Man sieht dann nur den Link und nicht das Bild. Auf der Folie des Präsentationsprogramms (Tisch in der Mitte) sind im Kontextmenü andere Befehle verfügbar als im Browserfernster. (anderer Tisch). Am Ende der kleinen Simulation, die nur wenige Minuten dauert, diskutiert man, was das Einfügen von Bildern vom richtigen Einkaufen unterscheidet: Beim Einfügen von Bildern nimmt man immer nur Kopien und man kann immer nur ein einziges Bild im Zwischenspeicher (Tasche) lagern.

3.4 Animationen

Mit Präsentationssoftware kann man eine Vielfalt von Animationen definieren. Wir beschränken uns hier auf den Standardfall, dass die animierten Elemente – eins nach dem anderen, z. B. nach Mausklicks – auf der Folie erscheinen. Die Animation einer Folie besteht aus zwei Teilen:

Eine Reihenfolge, in der die Elemente erscheinen. Die Reihenfolge ist auch sichtbar. Man sieht Bezeichnungen der Elemente in einer Reihenfolge.

Für jedes animierte Element der Folie ist ein Animationstyp festgelegt (z.B. einfaches Erscheinen oder Einfliegen).

Eine kognitive Herausforderung ist die Tatsache, dass ein und dasselbe Objekt in mehreren Sequenzen vertreten sein kann: einer Sichtbarkeitsreihenfolge (hinten, vorne) und einer Animationsreihenfolge (früher, später). Wir simulieren die Animation einer Folie wie in Abbildung 2. Zu Beginn sieht man die Überschrift, dann fliegt das Pferd ein, dann die Sprechblase.

Abb. 2: Folie mit zwei animierten Elementen.

Für die Simulation brauchen wir drei Akteure: Der Animationsmanager ist verantwortlich für die Animationsreihenfolge, ein Schüler übernimmt das Pferd, ein weiterer die Sprechblase. Sie halten Bilder mit einem Pferd bzw. einer Sprechblase in der Hand. An der Tafel steht die (nicht animierte) Überschrift. In der Gruppe überlegt man sich Animationstypen („Von links ins Bild gehen“, von rechts ins Bild hüpfen“ „ins Bild tanzen“ etc.) und schreibt sie auf Karten. Der Animationsmanager schreibt die Elemente (Pferd, Sprechblase) untereinander an die Tafel. „Pferd“ und „Sprechblase“ ziehen eine Karte mit einem Animationstyp. Sie begeben sich auf die Startplätze. Die Simulation beginnt. Unter der Regie des Animationsmanagers bewegen sich die Akteure (im Stil des zufällig gezogenen Animationstyps) auf die Bühne, die eine Folie einer Präsentation darstellt.

4 Zusammenfassung

Die Beispiele illustrieren, welche Lerneffekte sich mit einer metaphorischen Simulation erzielen lassen:

Nuancen der Benutzungsoberfläche werden ins Bewusstsein gerufen (Form des Mauszeigers, Zustände interaktiver Elemente wie die Ecken einer Bounding Box)

Die Grenzen von metaphorischen Modellen werden verdeutlicht und Fehlvorstellungen aufgedeckt.

Implizite d.h. nicht unmittelbar sichtbare informatische Konzepte (z.B. Verzeichnisbaum, Eigenschaften von Objekten) werden expliziert.

Bei der praktischen Umsetzung reflektierender Unterrichtsphasen mit metaphorischen Simulationen sind vor allem drei Punkte zu beachten:

Während eines Medienprojekts sitzen die Schüler meist allein am Computer und arbeiten individuell. Interaktion mit anderen (auch der Lehrperson) passiert nur dann, wenn es ein Problem gibt, das die Entwicklung des Produkt behindert. Mit einer Reflektion wird der Flow unterbrochen. Das „Umschalten“ fällt nicht leicht. Am einfachsten ist es deshalb, wenn eine Übung dieser Art an „Eckpunkten“ etwa zu Beginn oder am Ende des Unterrichts oder vor einer Pause durchgeführt wird.

Übungen zur Reflektion von Digitaltechnik sind keine Selbstläufer. Sie bedürfen einer erfahrenen Lehrperson, die über den theoretischen Hintergrund verfügt. Denn der Reiz liegt darin und ad hoc Metaphern erfunden und Unterschiede zwischen Modell und Realität diskutiert werden.

Die Aktivität muss so gestaltet sein, dass sie zumindest für zehn Minuten Spaß macht. Sie kann ihren Reiz aus interessanten Metaphern, der Freude an Bewegung und dem sozialen Bedürfnis nach gemeinsamem Tun mit Gleichaltrigen entwickeln. Man kann bei jungen Kindern nicht unbedingt ein intellektuelles Bedürfnis nach vertieftem Verständnis informatischer Konzepte voraussetzen.

Literaturverzeichnis

[BWF98]

Bell, Timothy C., Ian H. Witten, and Mike Fellows. Computer Science Unplugged: Off-line activities and games for all ages. Computer Science Unplugged, 1998.

[LJ08]

Lakoff, George., & Johnson, M.: Metaphors we live by. University of Chicago press 2008.

[LN03]

Lakoff, George, and Rafael Núñez. "Where mathematics comes from." Santa Fe Institute, 2003.

[M14]

Medienberatung NRW (Hrsg.): Leitfaden zum Medienpass NRW. Düsseldorf/Münster 2014. Online verfügbar unter:

http://www.lehrplankompass.nrw.de/Medienberatung-NRW/Publikationen/Leitfaden_Medeinpass_Final.pdf

(24.04.2016)

[W14]

Weigend, Michael: A Formula is an Orange Juice Squeezer -Understanding Spreadsheet Calculation Through Metaphors. Informatics in Schools. Teaching and Learning Perspectives - 7th International Conference on Informatics in Schools: Situation, Evolution, and Perspectives, ISSEP 2014, Istanbul, Turkey, September 22–25, 2014.

3 Holzkamp Gesamtschule, Willy-Brandt-Str. 2, 58453 Witten, [email protected]

Aller Anfang ist schwer – Einstieg in die Informatik

Olga Reisenhauer4

Abstract: Viele Schulen bieten in der Sekundarstufe I das Fach Informatik an. Inhaltlich geht es meistens um die Vermittlung von Anwenderwissen für die Nutzung bekannter Softwareprogramme. Die Sekundarschule Wadersloh hat sich für ein anders Konzept entschieden. Schon ab der Jahrgangstufe 5 will sie zum Aufbau des exakten informations-technischen Denkens anregen, indem sie von Beginn an dem Prinzip der Wissenschaftsorientierung Rechnung trägt. Dafür wurde ein geeigneter didaktischer Grundriss entwickelt. Im folgenden Beitrag werden Beispiele genannt, wie diesen Ansprüchen kindes- bzw. altersgerecht entsprochen werden kann.

Keywords: Unterstufe; informatische Bildung; Unterrichtsbeispiele.

1 Aller Anfang ist schwer – Einstieg in die Informatik

Bei der Gründung der Sekundarschule Wadersloh im Jahre 2013 wurde entschieden, das Fach Informatik ab Jahrgangstufe 7 als Wahlpflichtfach anzubieten. Aufgrund einer mangelhaften Vorstellung vieler Schülerinnen und Schüler von dem Fach wurde ein Konzept erarbeitet, mit dessen Umsetzung mehrere Ziele verfolgt wurden. In erster Linie möchte man das exakte informations-technische Denken bei Kindern anregen. Ein anderer Gedanke war, den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, dieses zukünftige Fach näher kennenzulernen, um später eine bewusste Entscheidung bei der Wahl des Faches treffen zu können.

Die Umsetzung des Konzeptes geschieht in zwei Phasen:

Jahrgangstufe 5 im Rahmen des VA (Vertiefendes Arbeiten) „

Jahrgangstufe 6 im Rahmen des Profilkurses.

In diesem Vortrag möchte ich einen didaktischen Grundriss für die Jahrgangstufe 5 vorstellen. Dieser Grundriss beinhaltet sowohl didaktische als auch methodische Überlegungen und Umsetzungsmöglichkeiten im gegebenen Rahmen.

2 Didaktische Umsetzung

Das Unterrichten des Faches in der Jahrgangstufe 5 an der Sekundarschule Wadersloh findet im Rahmen eines Vertiefenden Arbeitens (VA) statt. Die Klassen werden in Gruppen unterteilt, sodass jede Gruppe (12–13 Schüler) für ca. 7–8 Wochen den Kurs besucht. Der Unterricht wird immer als Doppelstunde erteilt und ist nicht lehrplangebunden, da es zurzeit keinen Kernlehrplan in der Sekundarstufe I für die 5. und 6. Jahrgangsstufe gibt. Als Grundlage für einen geeigneten internen Lehrplan können die „Grundsätze und Standards für die Informatik in der Schule“ genommen werden, welche im Jahr 2008 von Gesellschaft für Informatik (GI) e.V. veröffentlicht wurden. Einige Elemente dieser Grundsätze wurden auch in unserem internen Kernlehrplan berücksichtigt.