Inspiration 4/2021 - Verlag Echter - E-Book

Inspiration 4/2021 E-Book

Verlag Echter

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Beschreibung

Im letzten Heft des Jahrgangs 2021 widmen wir uns – gewissermaßen als letztem Teil der Serie über den Menschen – dem Leib. Der Mensch ist, so lesen wir es in der Bibel, ein leibliches Wesen. Ohne diesen ist zumindest auf Erden weder Kommunikation noch Distanz, weder Erkenntnis noch Lüge möglich. In und durch den Leib drückt sich der Mensch aus und verleiht seinem Sein Substanz. Theresa von Avila wird gerne zitiert mit dem Satz: "Tu deinem Körper etwas Gutes, damit sein Geist sich in ihm wohlfühlen kann." Was bedeutet das jenseits von Spa und Wellness? Was sagt es über den Menschen aus, dass dem Leib Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, wo er doch das einzig sinnlich direkt Wahrnehmbare am Menschen ist? Wie gehen wir mit dem Körper um, was kann er und was kann er nicht? Welche Bedeutung hat der Leib für unsere Spiritualität? Die Zugänge zu diesem Thema sind so vielfältig, wie es Menschen gibt und gab – denn der eigene Leib ist immer dem anderen unzugänglich und – wenn wir ehrlich sind – meistens auch uns selbst. In dieser Ausgabe haben wir verschiedene, oft recht persönliche Beiträge, in denen die Autor:innen uns Fenster zu verschiedenen Zugängen zum Leib öffnen.

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Seitenzahl: 69

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Impressum

47. Jahrgang – Heft 4, November 2021

ISSN 2366–2034

Die Zeitschrift »inspiration« erschien bis zum 41. Jahrgang 2015 unter dem Titel »meditation« mit der ISSN 0171–3841

Verlag:Echter Verlag GmbH, Dominikanerplatz 8, 97070 WürzburgTelefon (09 31) 6 60 68–0, Telefax (09 31) 6 60 68–23, Internet: www.echter.de

Satz: Crossmediabureau, Jürgen Georg Lang, Gerolzhofen

Druck und Bindung: Pressel, Remshalden

Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.

Redaktion:Maria Gondolf, E-Mail: [email protected], Tel.: 0 22 26/8 90 05 29;Clarissa Vilain, E-Mail: [email protected]

inspiration erscheint viermal im Jahr

Bezugspreis: jährlich: 30,00 €, Einzelheft 8,50 € zuzüglich Versandkosten

Auch als digitale Ausgabe erhältlich.Informationen unter www.echter.de/zeitschriften/inspiration

Abonnementskündigungen nur zum Ende des jeweiligen Jahrgangs

Auslieferung: Brockhaus, Kommissionsgeschäft GmbH, Kreidlerstraße 9, 70806 Kornwestheim

Bildnachweis:Titelmotiv: Panka Chirer-Geyer – www.panka.info

Diesem Heft liegt folgender Prospekt bei:

„… träume ich von Flügeln“, Echter Verlag

Wir bitten um Beachtung.

Inhalt

inspiration

Heft 4.21 · Leib

Editorial

Georg Lauscher

Leibhaftige Begleitung

Geistliche Begleitung

Winfried Semmler-Koddenbrock

Plötzlich ernsthaft krank – Die spirituelle Dimension in der Krankheit

Simon Gierlich

Denken-Fühlen-Sein

Junge Stimmen

Marion Lammering

Wachsen und Staunen

Christoph Stanzel und Klaus Thranberend

Sportexerzitien

Claude Bachmann

Tattoos

Mein Körper. Mein Tagebuch. Mein Glaube.

Editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

im letzten Heft des Jahrgangs 2021 widmen wir uns – gewissermaßen als letztem Teil der Serie über den Menschen – dem Leib. Der Mensch ist, so lesen wir es in der Bibel, ein leibliches Wesen. Ohne diesen ist zumindest auf Erden weder Kommunikation noch Distanz, weder Erkenntnis noch Lüge möglich. In und durch den Leib drückt sich der Mensch aus und verleiht seinem Sein Substanz.

Theresa von Avila wird gerne zitiert mit dem Satz: „Tu deinem Körper etwas Gutes, damit sein Geist sich in ihm wohlfühlen kann.“ Was bedeutet das jenseits von Spa und Wellness? Was sagt es über den Menschen aus, dass dem Leib Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, wo er doch das einzig sinnlich direkt Wahrnehmbare am Menschen ist? Wie gehen wir mit dem Körper um, was kann er und was kann er nicht? Welche Bedeutung hat der Leib für unsere Spiritualität?

Die Zugänge zu diesem Thema sind so vielfältig, wie es Menschen gibt und gab – denn der eigene Leib ist immer dem anderen unzugänglich und – wenn wir ehrlich sind – meistens auch uns selbst. In dieser Ausgabe haben wir verschiedene, oft recht persönliche Beiträge, in denen die Autor:innen uns Fenster zu verschiedenen Zugängen zum Leib öffnen.

Eine inspirierende Zeit mit dieser Ausgabe wünschen Ihnen,

Maria Gondolf

Clarissa Vilain

Georg Lauscher

Leibhaftige Begleitung

Geistliche Begleitung

In den vorangehenden Beiträgen zur geistlichen Begleitung ging es zuerst darum, sich als unverwechselbaren einzelnen Menschen zu erkennen; im zweiten darum, wahrzunehmen, was sich in dieser Reduktion als wahr erweist und drittens darum, dass dies nur in Beziehungen geschehen kann. Und es geschieht – die Bewegung geht wieder zurück auf uns selbst – nie ohne unsern Leib. Dieser leibliche Aspekt geistlicher Begleitung stellt Georg Lauscher nun in den Mittelpunkt.

Der Leib in Bibel und Mystik

Den biblischen Schriften zufolge ist der Mensch als Leib von Gott geschaffen: die vom Ackerboden genommene Erde wird von göttlichem Lebensatem, göttlichem Geist beatmet. In seinem Leib erfährt sich der Mensch als Bedürftiger und Angewiesener. Zugleich erfährt er in seinem Leib Heilung und Heil. Bedürftigkeit und Verwundbarkeit des menschlichen Leibes werden in der Bibel sehr ernstgenommen. Insbesondere die Heilungen Jesu weisen darauf hin, wie das Nahekommen des Gottesreiches den Menschen ganz real in seinem Leib erlöst. Sie betreffen seinen personalen Leib wie auch seinen »sozialen Leib«, in dem die Geheilten durch die Befreiung von Behinderung und Aussatz sich wieder zu Hause fühlen können. Schließlich provozieren die neutestamentlichen Schriften mit der Lehre von der Auferstehung des Leibes. Wenn der wirkliche und ganze Mensch erlöst und nach seinem Tod auferweckt wird, dann kann dies nur leibhaftig gemeint sein. »Einen Gegensatz von Körper und Seele thematisieren die Evangelien nicht.«1 Vom Auferstandenen wird mehrfach betont, dass er der leibhaftige Jesus von Nazareth ist. Nachdrücklich weist er auf seine verwundeten Hände und seine verwundete Seite zum Zeugnis seiner Echtheit und Ganzheit hin (Joh 20,20). Und als Christi sozialen (Auferstehungs-)Leib versteht Paulus die Gemeinde in ihren unterschiedlich begabten Gliedern.

Mystiker*innen erfahren, dass der Mensch in seinem Leib nicht allein mit sich ist. Für sie ist der menschliche Leib ein »sakraler Raum«2. In ihrem Leib und über ihren Leib hinaus erahnen sie die Einheit mit dem göttlichen Grund. So gegründet tauchen sie wieder auf zu einem geklärten Einsatz im »sozialen Raum« der Welt.

Biblisch finden wir diese Spur besonders bei den neutestamentlichen Mystikern Johannes und Paulus. Sie sprechen häufig vom wechselseitigen Inne-Sein göttlichen und menschlichen Lebens, von dem uns eingehauchten Gottesgeist bzw. dem in uns und mit uns lebenden, leidenden und auferstehenden Christus.

Papst Franziskus nimmt die vernachlässigte, biblische Tradition einer Mystik des sozialen Leibbewusstseins wieder auf: Es gibt »da kein Leben, wo man den Anspruch stellt, nur sich selbst zu gehören und als Inseln zu leben … Wir können von unten, bei einer Sache beginnen und für das kämpfen, was ganz konkret und naheliegend ist, bis zum letzten Winkel des eigenen Landes und der ganzen Welt weitgehen …«3

Im Leib wohnen

Mündige Entscheidungen kann ich nur treffen, wenn ich in meinem Leib präsent bin.

Ich bin mir hier als Mensch gegeben und aufgegeben – in meiner Leiblichkeit. Ich kann mich in meinem Leib aufsuchen durch bewusstes Aufmerken und Hin-Spüren. »Ich soll sein wollen, der ich bin; wirklich ich sein wollen, und nur ich. Ich soll mich in mein Selbst stellen, wie es ist, und die Aufgabe übernehmen, die mir dadurch in der Welt zugewiesen ist.«4 Dies ist nur möglich in leibhaftiger Präsenz, in der Wachheit des Geistes im Leib und seinen Sinnen. Je nach konstitutioneller und lebensgeschichtlicher Prägung ist dies keineswegs selbstverständlich. Mündige Entscheidungen kann ich nur treffen, wenn ich in meinem Leib präsent bin. Es bedarf nicht selten eines intensiven Prozesses, nicht zuletzt in geistlicher Begleitung, das eigene Leben in diesem mir gegebenen Leib mit seinen Gaben und Grenzen zu »adoptieren«. »Wir können unser Dasein eigentlich erst im Nachhinein adoptieren«,5 war Klaus Hemmerle überzeugt. Diese wahrhaftige Adoption des mir aufgegebenen Lebens in diesem meinem Leib ist für den Dienst geistlicher Begleitung elementar und unverzichtbar. Diese geistliche Adoption gilt es immer wieder zu vollziehen, besonders in einer Zeit von Digitalisierung, Körperund Gesundheitskult.

Hilfreich ist hier die Unterscheidung der »dreierlei Leibgewissen«, die Karlfried Graf Dürckheim vorschlägt: »Das erste Leibgewissen meint ›Selbsterhaltung‹. Es ist bezogen auf Gesundheit, auf Funktionstüchtigkeit … Das zweite Leibgewissen ist orientiert an der Schönheit, am Ebenmaß und an der Vollendung unserer Gestalt in jeglichem Tun … Das dritte Leibgewissen aber meint die große Durchlässigkeit, die Transparenz für die uns innewohnende Transzendenz. In diesem Sinne kann ein Mensch in ›olympischer Form‹ sein … in der Vollkraft seines Körpers, auch schön, und doch fern von aller Transparenz; und ein dem Tod Geweihter noch auch in seinem Leib in höchstem Maß in Ordnung sein, durchlässig für das auf ihn zukommende und ihn im Tode verwandelnde LEBEN.«6 Diese freundliche Adoption eigener Leiblichkeit ist nicht leicht zu leben. Für einen geistlichen Menschen und erst recht für die geistliche begleitende Person jedoch grundlegend wichtig.

Ein »Das ist mein Leib«-Leben

Zentral ist dem christlichen Glauben die göttliche Präsenz im Leib und Leben des Jesus von Nazareth. Sein menschlicher Leib ist Dreh- und Angelpunkt, vermittelnde Mitte und somit göttlich-menschlicher Resonanzraum.

In der katholischen Theologie kommt der leibhaftigen Präsenz Christi in der Materie (von Brot und Wein) zentrale Bedeutung zu. Wenn Jesus uns beim Abendmahl aufträgt »Tut dies zu meinem Gedächtnis!«, so meint er dies nicht bloß im engen Sinn von »Feiert diese heilige Handlung in der Liturgie!«. »Tut dies zu meinem Gedächtnis!« meint viel mehr noch: Lebt so, wie ich gelebt habe: »Das ist mein Leib für … !« Entsprechend lautet sein Auftrag bei der johanneischen »Eucharistie« der Fußwaschung: »Ich habe euch ein Beispiel gegeben,