Invasion - Verräter (4) - Simon Scarrow - E-Book

Invasion - Verräter (4) E-Book

Simon Scarrow

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die vierte Episode aus "Invasion", dem neuen Roman von Simon Scarrow

Der Kampf um Britannien spitzt sich weiter zu! Der neue König, der Rom hörig ist, ist in höchster Gefahr. Optio Figulus, der die königliche Wachmannschaft unterweist, kann nicht verhindern, dass der König in eine Falle gerät und als Geisel gefangen gehalten wird. Um das drohende Chaos abzuwenden, mischt Figulus sich unter die Feinde Roms …

"Verräter" ist die vierte von fünf "Invasion"-Episoden und umfasst ca. 80 Seiten. Sie erscheint vorab exklusiv als eBook Only.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 186

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



ZUM BUCH

Der Kampf um Britannien spitzt sich weiter zu! Der neue König Trenagasus, der Rom hörig ist, befindet sich in höchster Gefahr. Optio Figulus, der die königliche Wachmannschaft unterweist, kann nicht verhindern, dass der König in eine Falle gerät und als Geisel gefangen gehalten wird. Um das drohende Chaos abzuwenden, mischt Figulus sich unter die Feinde Roms …

Die vierte Episode aus Invasion, dem neuen Roman von Simon Scarrow – vorab als eOnly.

ZUM AUTOR

Simon Scarrow wurde in Nigeria geboren und wuchs in England auf. Nach seinem Studium arbeitete er viele Jahre als Dozent für Geschichte an der Universität von Norfolk, eine Tätigkeit, die er aufgrund des großen Erfolgs seiner Romane nur widerwillig und aus Zeitgründen einstellen musste.

Besuchen Sie Simon Scarrow im Internet unter www.scarrow.co.uk

SIMON SCARROW

T. J. ANDREWS

INVASION

VERRÄTER

Aus dem Englischen von

Martin Ruf

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Originaltitel: INVADER – IMPERIAL AGENT

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte dieses E-Book Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung dieses E-Books verweisen.

Vollständige deutsche Erstausgabe 03/2016

Copyright © 2014 by Simon Scarrow and T. J. Andrews

Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Werner Bauer

Umschlagillustration: Nele Schütz Design

unter Verwendung von shutterstock/nejro Photo

Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

ISBN 978-3-641-16992-3V003

www.heyne.de

DRAMATIS PERSONAE

Römer

Horatius Figulus: Optio der Sechsten Centurie in der Fünften Kohorte der Zweiten Legion und befehlshabender Offizier der dem kaiserlichen Gesandten zugeteilten Einheit.

Titus Terentius Rullus: Der am längsten dienende Legionär der Sechsten Centurie. Er steht in der Befehlskette unmittelbar unter Figulus.

Gaius Arrius Helva: Ein neuer Rekrut aus Kampanien.

Numerius Scylla: Der kaiserliche Gesandte aus Rom, der die Aufgabe hat, Trenagasus’ Herrschaft zu überwachen.

Titus Cosconianus: Präfekt, dem die aus Batavern bestehende Kohorte der Hilfstruppen in der Festung bei Lindinis untersteht.

Vespillo: Ein Centurio bei den Batavern.

Aulus Vitellius: Tribun und Oberbefehlshaber der Zweiten Legion in Calleva.

Briten

Trenagasus: Ein König im Exil, der erst kürzlich mit Roms Unterstützung auf den Thron der Durotriger zurückgekehrt ist.

Ancasta: Die Tochter des Königs.

Bellicanus: Ein Durotriger von adliger Herkunft im Umkreis von Trenagasus und Hauptmann der neuen Leibwache des Königs.

Andocommius: Ein einheimischer Krieger, der für die königliche Leibwache rekrutiert wurde.

Calumus: Der Hohepriester der Druiden des Dunklen Mondes, einer fanatischen Sekte, die Rom erbitterten Widerstand leistet und geschworen hat, die Legionen aus dem Land zu vertreiben.

DIE ORGANISATION DER RÖMISCHEN ARMEE IN BRITANNIEN

Im Jahr 44 n. Chr.

Wie die Männer sämtlicher römischer Legionen zählten die Krieger der Zweiten zu den besten Soldaten der Antike. Sie waren erstklassig ausgebildet, gut ausgerüstet, diszipliniert und absolvierten ein kräftezehrendes Ausbildungsprogramm, das sich am zutreffendsten als »unblutige Feldschlacht« bezeichnen ließe. Außerdem mussten sie in der Lage sein, Festungen und Feldlager zu errichten, Straßen und Brücken zu bauen sowie in den Provinzen, die sie erobert hatten, zahlreiche Friedensaufgaben übernehmen. Oft verbrachte ein Legionär mehrere Jahre hintereinander in den gefährlichen Grenzgebieten des Römischen Reiches und war zugleich Soldat, Handwerker und Konstrukteur sowie regionaler Verwaltungsbeamter.

Einer der Gründe für den Erfolg der Legionen auf dem Schlachtfeld war ihre effiziente Organisation: Jede Legion bestand aus etwa fünfeinhalbtausend Mann. Am unteren Ende der Hierarchie befand sich die Centurie, die kleinste römische Armee-Einheit aus achtzig Legionären. Sechs Centurien bildeten eine Kohorte, und zehn Kohorten eine Legion, wobei die erste Kohorte aus doppelt so vielen Soldaten bestand. Das Kommando über diese imposante mobile Armee oblag dem Legat – ein Aristokrat, der für ein politisches Amt in Rom vorgesehen war. Unter ihm dienten fünf Stabstribune und ein Obertribun, allesamt adliger Herkunft. Diesen Männern unterstellt waren die Centurionen, mutige Offiziere, die das Kommando über jeweils eine Centurie innehatten und das Rückgrat der Legion bildeten. Jeder von ihnen hatte einen Stellvertreter – den Optio.

KAPITEL 1

Lindinis, A.D. 44,Festung der Zweiten Legion

Die fahle Wintersonne schob sich über die Palisade der Festung, als Optio Figulus und sein Kamerad, der Legionär Rullus, Richtung Exerzierplatz marschierten. Vor ihnen stand eine schweigende Gruppe Durotriger, die in der eisigen Brise schauderten; einige von ihnen traten heftig auf der Stelle, um die lähmende Kälte abzuschütteln. Beaufsichtigt wurden die Rekruten, die die neue Leibwache des Königs bilden sollten, von einer Handvoll Batavern, die den Hilfstruppen der Garnison angehörten und deren Rüstungen und Helme matt im spärlichen Morgenlicht schimmerten. Der Winter hatte Britannien erreicht, und der zentrale Verbindungsweg innerhalb der Festung war von frisch gefallenem Schnee bedeckt.

»Sieh dir nur diesen elenden Haufen Barbaren an«, murmelte Rullus. Der Veteran stieß ein lautes Schnauben aus und schüttelte den Kopf. »Da ist wohl kaum einer dabei, der wirklich etwas taugt. Ich kann immer noch nicht glauben, dass wir sie ausbilden sollen, Herr. Warum wir? Warum die Aufgabe nicht einfach den Batavern überlassen?«

Figulus sah den Legionär an und grinste. Rullus war der älteste Soldat in der kleinen, aus einem halben Dutzend Kämpfern bestehenden Einheit des Optio, die allesamt aus der Zweiten Legion kamen. Figulus und seine Männer waren einige Tage zuvor in Lindinis eingetroffen. Sie waren von der Legion entsendet worden, um dem kaiserlichen Gesandten Numerius Scylla zu dienen. Ihre Aufgabe bestand darin, dem König der Durotriger – einem der kriegerischsten Stämme in Britannien – wieder auf den Thron zu verhelfen. Nachdem Trenagasus einen Mordanschlag überlebt hatte, stand er noch ganz am Anfang bei seinem Versuch, die Macht über seine unruhigen Untertanen zu festigen. Weil die Lage in Lindinis angespannt war und sich so schnell auch kaum bessern würde, hatte der Optio den Befehl erhalten, die neue Leibwache auszubilden, die den König schützen sollte.

Figulus zuckte mit seinen breiten Schultern. »Die Aufgabe ist gar nicht so übel. Besser, als sich den Arsch plattzusitzen und den ganzen Tag Würfel zu spielen.«

»Das mag für dich gelten, Herr«, erwiderte Rullus knurrig. »Ich würde mich lieber einem netten Krug Met widmen, anstatt diesen Schwachköpfen beizubringen, wie man ein Schwert hält. Und wo wir gerade beim Thema sind: Wie ich höre, gibt es einen neuen Weinhändler in der Stadt. Wir sollten ihm später einen Besuch abstatten.« Er nickte in Richtung Lindinis, wo sich mehrere Rundhütten ohne erkennbare Ordnung um die größeren Gebäude gruppierten, welche den königlichen Bezirk bildeten; die Siedlung lag weniger als eine Meile entfernt südlich der Festung. »Es wird verdammt noch mal Zeit, dass es in dieser Jauchegrube einen Ort gibt, an dem man etwas Anständiges zu trinken bekommt.«

Nach seiner Rückkehr auf den Thron war es eine der ersten Handlungen des Königs der Durotriger gewesen, die Tore seiner Hauptstadt für römische Kaufleute, Zuhälter und Sklavenhändler zu öffnen, die den Legionen überallhin folgten und es darauf angelegt hatten, die naiven Inselbewohner auszunehmen. Kürzlich waren mehrere Weinhändler in Lindinis eingetroffen, die darauf hofften, sowohl bei den Einheimischen wie bei den gelangweilten Soldaten der Garnison in deren dienstfreier Zeit gute Geschäfte zu machen. Schon bald würden andere Händler folgen, sobald sich die aufsässigen Durotriger in friedliche Verbündete Roms verwandelt hatten.

»Ein andermal vielleicht«, sagte Figulus, der nicht ganz bei der Sache war und das Gelände zu beiden Seiten des zentralen Verbindungsweges aufmerksam musterte. Rullus schüttelte den Kopf.

»Sag mir nicht, dass du immer noch nach deinem Glücksbringer suchst, Herr.«

Figulus nickte und seufzte. Sein Medaillon, das Fortuna darstellte, war vor wenigen Tagen verschwunden. Er hatte jeden Zoll seines Quartiers abgesucht, doch bisher hatte er es noch nicht wiedergefunden.

»Es war ein Geschenk von meinem Vater. Er hat es während seines Dienstes in der Reiterei der Hilfstruppen erworben und mir an dem Tag gegeben, als ich meinen Dienst im Legionärslager in Gesoriacum aufgenommen habe. In keiner einzigen Schlacht habe ich ohne es gekämpft. Ich hatte es noch, als ich das letzte Mal auf dem Exerzierplatz war.«

Rullus schnalzte mit der Zunge. »Ich würde nicht darauf hoffen, es jemals wiederzusehen, besonders nicht, wenn es einer dieser zwielichtigen Eingeborenen in die Finger bekommen hat. Aber wie auch immer, es ist nicht Glück, das einen in der Legion überleben lässt. Was wirklich zählt, sind Geschick und Disziplin. Nicht Glück ist dafür verantwortlich, dass ich zweiundzwanzig Dienstjahre wohlbehalten hinter mich gebracht habe, Herr.«

Figulus sah auf und lächelte seinen Kameraden herzlich an. In wenigen Monaten würde Rullus seinen Dienst bei der Zweiten beenden und in Pension gehen. »Weißt du schon, wo du dich niederlassen willst?«

»Syrien, Judäa, Ägypten …« Rullus zuckte mit den Schultern. »Jedenfalls irgendwo, wo es wärmer ist als in Britannien. Das Essen ist beschissen, ständig fällt dieser verdammte Regen, und was die Frauen angeht …« Er zuckte zusammen. »Sogar die alten Huren in der Subura in Rom sind griechische Göttinnen im Vergleich zu den Einheimischen hier.«

Die beiden Männer lachten, als sie sich den wartenden Stammesangehörigen näherten. Die Durotriger musterten die römischen Soldaten mit wachsamen Blicken, und Figulus kam es seltsam vor, dass die Männer, die er ausbilden würde, noch wenige Monate zuvor verschworene Feinde Roms gewesen waren. Im Sommer des letzten Jahres war die Zweite Legion ins Reich der Durotriger einmarschiert, um dem Widerstand der wilden Krieger und ihrer druidischen Anführer ein für alle Mal ein Ende zu bereiten. Der Feind war gezwungen gewesen, sich in seinen entlegenen Bergfestungen zu verschanzen, wo er von den römischen Streitkräften erbarmungslos niedergemacht wurde. Die Verteidigungsanlagen waren zerstört, und die Krieger in einer gewaltigen Schlacht in die Flucht geschlagen und die Druiden gezwungen worden, sich in ihre Verstecke zurückzuziehen. Doch wenn die Generäle gehofft hatten, dass die Durotriger sich nach dieser Niederlage ruhiger verhalten hätten, so hatte sich das inzwischen als Irrtum erwiesen. In den folgenden Monaten hatten die Einheimischen Rom auch weiterhin erbitterten Widerstand geleistet. Patrouillen waren in Hinterhalte gelockt, Nachschublieferungen angegriffen und militärische Signalanlagen und Außenposten dem Erdboden gleich gemacht worden. Jetzt ruhten die Hoffnungen auf Frieden im Reich dieses Stammes auf König Trenagasus, und alles hing davon ab, ob es ihm gelingen würde, seine Leute auf Linie zu bringen.

Der Garnisonskommandant wandte sich von den Hilfstruppen ab und kam mit energischen Schritten auf Figulus zu. Er wirkte verärgert. Sofort nahm Figulus gegenüber dem höherrangigen Offizier Haltung an. Präfekt Titus Cosconianus nickte knapp.

»Rühren, Optio«, sagte er mit kultivierter Stimme. Genau wie viele andere Männer seines Ranges bei den Hilfstruppen, so war auch Cosconianus mit seinen knapp über dreißig Jahren ein römischer Bürger, der aus dem Ritterstand stammte. Er stellte die gelangweilte Miene und die distanzierte Haltung eines Mannes zur Schau, der wusste, dass seine Zeit in Britannien nur ein kurzes, schlammbespritztes Zwischenspiel in einer ansonsten glänzenden Karriere innerhalb der römischen Politik darstellen würde.

»Deine Rekruten«, fuhr Cosconianus fort und hob den Arm in einer weit ausholenden Geste in Richtung der Einheimischen. »Der kaiserliche Gesandte entsendet dir seine Grüße und lässt ausrichten, dass er damit beschäftigt ist, die Pläne für den neuen Königspalast durchzugehen. Anscheinend genügt es nicht, dass wir ihren König wieder auf den Thron bringen, jetzt sollen wir ihm auch noch ein üppig ausgestattetes Zuhause bauen.« Er lächelte Figulus an, als er fortfuhr. »Der König selbst hat alle diese Männer überprüft, wie man mir versichert hat. Wir werden kein Risiko eingehen, besonders nicht nach dem, was beim Bankett passiert ist.«

Figulus schluckte. Wenige Tage zuvor hatte er, wie er sich in Erinnerung rief, einen Meuchelmörder daran gehindert, den König bei einem Fest, das zu Ehren seiner Rückkehr nach Lindinis veranstaltet wurde, vor Hunderten seiner Gäste umzubringen. Der Mörder hatte enthüllt, dass es im engsten Kreis um den König einen Verräter gab, doch er war gestorben, ohne dass er den Namen noch hätte nennen können.

Cosconianus fuhr fort: »Nach allem, was ich höre, soll Trenagasus nach dem Anschlag auf sein Leben in fast übertriebenem Maße auf seine Sicherheit bedacht sein. Außer seinen engsten Beratern lässt er niemanden in seine Nähe.«

»Da kann ich ihm keinen Vorwurf machen«, murmelte Rullus mit leiser Stimme. »Nicht wenn die Hälfte der Einheimischen scharf auf sein Blut ist.«

Der Präfekt musterte den Legiönar und wandte sich dann wieder an Figulus. »Es steht dir frei, diesen Exerzierplatz zu benutzen, um die Männer auszubilden, aber du bist dafür verantwortlich, dass deine Rekruten meinen Männern nicht in die Quere kommen, wenn diese ihrem Dienst nachgehen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«

Figulus nickte entschieden. »Ja, Herr.«

»Gut.« Cosconianus runzelte die Stirn und sah zum Exerzierplatz. »Du wirst für die Ausbildung einige Utensilien benötigen. Im Lager gibt es von allem genug. Es versteht sich von selbst, dass du verantwortlich dafür bist, wenn einer aus diesem Haufen etwas kaputt macht. Was mir jetzt gerade noch fehlt, wäre irgendein pedantischer Idiot aus dem kaiserlichen Stab, der mir in Rechnung stellt, was diese Schwachköpfe zu Bruch gehen lassen.«

»Wo sollen wir die Männer unterbingen, Herr?«

»Sie können eine der leeren Mannschaftsunterkünfte benutzen. Es ist ja nicht gerade so, als hätten wir keinen Platz.«

Figulus nickte. Die Festung in Lindinis war ursprünglich für eine viel größere Garnison vorgesehen, welche die umliegende Gegend überwachen sollte. Doch da die Ressourcen der Legion stark beansprucht wurden, hatte man inzwischen die meisten Soldaten an anderen Orten in der Provinz stationiert. Jetzt gab es hier nur noch eine einzige Kohorte Hilfstruppen, und auch deren Reihen waren deutlich geschrumpft. Sie bestand im Augenblick aus knapp über dreihundert Batavern. Die leeren Mannschaftsunterkünfte in der Festung waren eine düstere Erinnerung an Roms ständig gefährdete Position in diesem von Dauerregen heimgesuchten Land.

Cosconianus räusperte sich und gab einem der Rekruten das Zeichen vorzutreten. Ein großer, breitschultriger Mann trat auf die Römer zu. Er trug einen dunklen Wollumhang, der mit einer reich verzierten Goldbrosche geschlossen war. Sein Haar war kurz und sein Gesicht so glatt rasiert wie bei einem Römer, was einen deutlichen Kontrast zu den wild wuchernden Bärten und den langen Mähnen seiner Kameraden darstellte. Er lächelte Figulus zu, und dieser konnte seine kleinen, fleckigen Zähne sehen.

»Das ist Bellicanus«, erklärte Cosconianus. »Er gehört zum engsten Kreis um den König. Trenagasus hat ihn zum Hauptmann der Leibwache ernannt. Er wird dich bei der Ausbildung der Männer unterstützen.«

Bellicanus deutete Figulus gegenüber eine Verbeugung an. »Es ist mir eine Ehre, dir zu begegnen, Optio«, sagte er in gutem Latein. »Denn ich wollte unbedingt den Mann kennenlernen, der meinem König das Leben gerettet hat.«

Figulus wand sich verlegen. »Ich erinnere mich nicht, dich im Gefolge des Königs gesehen zu haben.«

Bellicanus lächelte. »Das liegt daran, dass ich erst vor ein paar Tagen nach Lindinis zurückgekehrt bin, Römer. Während der letzten Jahre habe ich in Durnovaria gelebt. Aber ich wurde hier geboren. Mein Vater hat dem König im Kronrat gedient. Genau genommen war er sogar der Berater, dem der König am meisten vertraut hat.«

»War?«

Der adlige Durotriger nickte. »Als die Druiden des Dunklen Mondes die Macht an sich gerissen und meinen König ins Exil getrieben haben, wurden alle Mitglieder des Kronrates zusammengetrieben und hingerichtet. Ich konnte fliehen, bevor es den Druiden gelang, auch mich umzubringen. Als ich schließlich erfahren habe, dass Trenagasus die Absicht hatte, den Thron wieder in Besitz zu nehmen, bin auch ich so schnell wie möglich zurückgekehrt.« Unüberhörbar erfüllte Stolz seine Stimme, als er hinzufügte: »Jetzt bin ich hier, um wie mein Vater vor mir meinem König zu dienen.«

Cosconianus reckte sich und nickte knapp. »Wenn das alles ist, werde ich mich jetzt zurückziehen. Wende dich an meine Ordonnanz, wenn es irgendwelche Probleme gibt.« Und damit drehte er sich abrupt um und marschierte, von den Soldaten der Hilfstruppen begleitet, über den zentralen Verbindungsweg der Festung zurück.

Figulus sah dem Präfekten noch einen Augenblick lang nach, bevor er sich an Bellicanus wandte. Er deutete mit dem Daumen auf die Rekruten, bei denen es sich, alles in allem, um etwa dreißig Mann handelte.

»Wie viele von ihnen haben Kampferfahrung?«

Bellicanus runzelte die Stirn. »Mit mir zusammen sind wir sechs Mann, die allesamt der Kriegerkaste angehören. Wir sind einigermaßen fit und seit unserer Kindheit den Umgang mit Waffen gewohnt.«

Figulus nickte. »Und der Rest?«

»Hauptsächlich Bauern, vielleicht eine Handvoll Jäger. Die besten Männer unseres Stammes fielen letztes Jahr im Kampf gegen Rom«, sagte er feierlich. »Diese Männer mögen den römischen Soldaten nicht gewachsen sein, doch sie sind so mutig, wie man es sich nur wünschen kann.«

»Ihr Mut war ihnen keine große Hilfe, als wir sie letzten Sommer in den Arsch getreten haben, oder?«, warf Rullus ein.

Der Krieger der Durotriger starrte den Veteranen der Legion wütend an und trat einen Schritt auf ihn zu, bevor Figulus dazwischenging.

»Na schön. Dann wollen wir uns diesen Haufen mal ansehen.«

Figulus befahl den Männern in ihrer Muttersprache, Aufstellung zu nehmen. Er beherrschte den lokalen Dialekt recht gut, denn dieser ähnelte sehr stark dem Keltischen, das er als Kind in Lutetia gesprochen hatte; darüber hinaus hatte er in Britannien genügend Worte aufgeschnappt, um sich problemlos verständlich machen zu können. Auf seinen Befehl hin traten die Rekruten hintereinander in zwei recht lose gebildeten Reihen an. Fast erschrocken musste Figulus feststellen, in welch schlechter Verfassung viele der Durotriger waren; die meisten sahen schmächtig und hager aus, andere hatten ihre beste Zeit längst hinter sich. Viele blickten mürrisch drein und starrten Figulus mit unverhohlener Feindseligkeit an. Zum Teil lag dies daran, dass man sie gedrängt hatte, in der Leibwache zu dienen, doch der Hauptgrund dafür bestand einfach darin, dass sie einen Römer vor sich hatten. Es lag auf der Hand, dass es nicht leicht werden würde, den Respekt dieser Männer zu erwerben. Er holte tief Luft, bevor er sich mit einer kurzen Rede an die Durotriger wandte.

»Mein Name ist Horatius Figulus«, sagte er laut und deutlich. »Ich bin Optio in der Zweiten Legion, der härtesten Legion im Reich. Römische Legionäre sind die am besten ausgebildeten Soldaten der bekannten Welt, und ihr werdet auf dieselbe Art und Weise ausgebildet werden wie sie. Das bedeutet zunächst, dass ihr mich von nun an mit ›Herr‹ oder ›Optio‹ ansprechen werdet. Ist das klar?«

Kaltes Schweigen erfüllte den Exerzierplatz. Die Rekruten starrten Figulus mit einer Mischung aus Beklommenheit und Ablehnung an.

»Ich habe gefragt, ob das klar ist«, schrie er.

»Ja, Herr«, erwiderten die Rekruten matt.

»ICH WILL ETWAS HÖREN, VERDAMMT NOCH MAL!«

»JA, HERR!«

Figulus nickte. »Schon besser.« Er hielt kurz inne und gestattete sich die Andeutung eines Lächelns. »Nun, es gibt einen guten Grund, warum die Legionen mehr Schlachten gewinnen als irgendjemand sonst. Möchte mir irgendjemand sagen, warum das so ist?«

Die Rekruten sahen einander mit ausdrucksloser Miene an. Einige starrten mit zuckenden Lidern zu Figulus hinüber; ihr Gesichtsausdruck erinnerte an den eines verwirrten Ochsen.

»Exerzieren!«, rief Figulus mit donnernder Stimme. »In den Legionen gehen wir härter ran als jeder andere. Endloses Üben ist der Grund dafür, warum Rom seine Kriege gewinnt, und das ist auch das Mittel, um aus euch eine Leibwache zu machen, die diesen Namen verdient.«

Wieder hielt er inne. Er dachte an den erbarmungslosen Drill, den er in Gesoriacum erlebt hatte. Am ersten Tag seiner Grundausbildung hatte der verantwortliche Centurio ihn die volle Wucht seines Stockes spüren lassen, weil Figulus nicht in der vorgeschriebenen Weise angetreten war. Nach dieser schmerzhaften Einführung in das Thema Disziplin hatte Figulus sich rasch den hohen Standard zu eigen machen müssen, der in den Legionen herrschte. Es gab Zeiten, in denen der ausbildende Centurio an der Unbeholfenheit und der schlampigen Erscheinung des großen Galliers mit den ungebändigten Haaren fast verzweifelt war. Doch Figulus hatte hart gearbeitet und sich geweigert aufzugeben. Jetzt war er ein stolzer Soldat Roms, ein junger Offizier im zarten Alter von neunzehn Jahren, der darauf hoffen durfte, zum Centurio befördert zu werden. Doch zunächst musste er seine Pflicht im Dienst des kaiserlichen Gesandten erfüllen. Figulus wandte sich von den Rekruten ab und sah zu Bellicanus.

»Am besten, wir fangen gleich damit an. Wir beginnen mit ein paar Runden um die Festung. Sorg dafür, dass die Männer sich gut aufwärmen.«

Bellicanus runzelte die Stirn. »Laufen? Sollten wir uns nicht eher mit dem Umgang mit Waffen beschäftigen, als zu lernen, wie man im Kreis rennt?«

»Ihr werdet lernen, wie man kämpft, wenn ihr genug Ausdauer habt, um zu kämpfen.« Figulus schob sein Gesicht näher an das des Briten heran und senkte seine Stimme. »Und noch etwas. Du wirst mich so ansprechen, wie es sich gehört. Nämlich genau so, wie jeder andere aus der königlichen Leibwache auch.«

Für einen kurzen Augenblick verriet die Miene des adligen Durotrigers, wie überrascht er war, und er öffnete den Mund, um zu protestieren. Doch dann besann er sich, kniff die Lippen zusammen und nickte. »Entschuldige … Herr.«

»Schon besser.« Figulus blähte seine Brust und wandte sich an einen noch sehr jung aussehenden Legionär, der in der Nähe stand. »Helva!«

»Ja, Herr?« Gaius Arrius Helva nahm sofort Haltung an.

Helva gehörte zu dem Legionärskontingent, das neu aus Gesoriacum eingetroffen war. Nur ein Jahr lag zwischen Figulus und dem sehr selbstsicher wirkenden jungen Legionär, doch der Optio fühlte sich sehr viel älter. Zwei harte Feldzüge gegen die angsteinflößenden, mit Waid bemalten Einheimischen veränderten einen Soldaten, doch er konnte kaum glauben, dass er einst so sorglos gewesen war wie der junge Helva.

»Übernimm diesen Haufen für einen Lauf um die Festung. Zwanzig Runden«, befahl Figulus. »Bei gleichbleibendem Tempo. Nicht zu schnell. Ich will nicht, dass sie völlig fertig zu Boden gehen.« Er grinste. »Jedenfalls jetzt noch nicht.«

»Ja, Herr!«

Figulus rief den Durotrigern mit bellender Stimme seine Befehle zu. Einen Augenblick später setzten sie sich in einem leichten Trab hinter dem Legionär in Bewegung, der einem einfachen, von Schnee und Eis befreiten Pfad folgte. Es dauerte nicht lange, und die schwer atmenden und keuchenden Briten hatten Mühe, mit Helva Schritt zu halten, und fielen immer weiter zurück. Figulus wirkte besorgt, als er sah, wie die Rekruten stolpernd die Festung umrundeten.

»Das wird nicht leicht werden«, sagte er mit zusammengebissenen Zähnen.

Rullus nickte. »Wann ist es das schon, Herr? Fest steht jedenfalls, dass wir bei ihnen mit den allereinfachsten Grundlagen anfangen müssen.« Der Veteran schnalzte mit der Zunge und knurrte:

»Beschissene Briten.«

KAPITEL 2

W