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Unmittelbar nach der dramatischen Notlandung im schier undurchdringbaren Dschungel des Amazonas-Gebietes gerät eine kleine Gruppe amerikanischer Geschäftsleute in ein ungewolltes Abenteuer, das keine noch so erschreckende Überraschung auslässt. Nach der Begegnung mit einem furchterregenden Kopfjäger-Stamm erfahren sie durch Zufall von einer alten Inka-Kultstätte. Beseelt von dem Glauben an das Inka-Gold, das dort verborgen liegen soll, lassen Sie sich auf das Wagnis ein, von ihrem Weg in die Heimat abzuweichen, um nach dem Schatz zu suchen... Dieser Roman vermittelt jedem Abenteuer-Fan die anregende und spannungsreiche Unterhaltung, die er erwartet - mehr noch - der Leser gerät in den Bann der Geschichte und vergisst für eine Weile den schnöden Alltag. Während die anderen beiden Romane der Autorin realistischem Boden entspringen, lässt sie hier, nicht ohne gründlich zu recherchieren, ihrer Fantasie freien Lauf. Genau wie die bereits erschienenen Werke der Autorin, ist dieser Roman eines jener Bücher, die man nicht eher aus der Hand legt, bis die letzte Seite umgeblättert ist.
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Seitenzahl: 195
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Bibliografische Informationen der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detailliert Dateien sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar
Impressum:
© 2008 Verlag Kern
2. überarbeitete Auflage 2012
1. digitale Auflage 2013 Zeilenwert GmbH
Herstellung: www.verlag-kern.de
Umschlagdesign und Satz: [email protected]
Bildquelle, Inka Ohrschmuck: www.inkagold-ausstellung.de
ISBN 9783939478485
Evelyne Kern
Inzu und das Gold der Inkas
Cover
Impressum
Titelseite
Inzu und das Gold der Inkas
Klappentext
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Wohlig reckte sich Percy Winters in den Polstern. Das gleichmäßige, tiefe Brummen der Flugzeugmotoren schläferte ihn ein. Genüsslich sog er an seiner Zigarette, versuchte Ringe zu blasen und starrte dem Rauch enttäuscht nach.
„Sagen Sie, Mr. Cooper“, wandte er sich an seinen Nachbarn, „wie haben Sie es eigentlich geschafft, noch eine Chartermaschine zu erwischen?“
„Wissen Sie, mein Lieber, mit guten Worten alleine kann man nicht viel erreichen. Aber mit Geld. Und ich gewann den Eindruck, dass dieser Pilot auf Scheinchen gut zu sprechen ist.Nun, so konnte ich die Maschine mieten. Und der größte Witz, im Mietpreis ist eine Lebensversicherung inbegriffen.“
John Cooper lachte schallend und schlug sich auf die Schenkel.
Er kippte fast aus dem Sessel.
„Hoffentlich sind wir bald in Bogotá, diese Hitze ist schier unerträglich. Miss Landers“, grölte er, „nun gießen Sie mir doch noch einen Gin ein. Aber nicht zu knapp!“
„Sie haben schon die halbe Flasche leergetrunken. Wird das nicht zu viel für Sie, Mister Cooper?“
„Haben Sie eine Ahnung, wie viel ich vertragen kann. Außerdem, Miss Landers, Sie sind eine gute Sekretärin. Wirklich brauchbar. Ich kann mich jedenfalls nicht beklagen. Bis jetzt noch nicht. Ihre Arbeit erledigen Sie mit Fleiß, Ausdauer und Umsicht ...“
„Ich habe von ihnen kein Zeugnis verlangt“, unterbrach ihn das Mädchen. „Wenn ich eines brauche, reiche ich ein schriftliches Gesuch ein. Ihre scheinheilige Lobe können Sie sich also sparen.“
„Ja, nun warten Sie doch. Mein Spruch ist noch nicht zu Ende! Wie gesagt, eine tüchtige Sekretärin sind Sie. Und deshalb gebe ich Ihnen den dienstlichen Befehl, mir einen Gin einzugießen!“
„Also, wenn es unbedingt sein muss, meinetwegen.“
Geschickt angelte sie die Flasche unter dem Sitz hervor und schwenkte sie zu ihm hinüber.
„Da, bitte, gießen Sie sich selbst ein. Bin doch keine Stewardess!“
„So was, bekommt der Chef von seiner Sekretärin nicht einmal einen Gin eingegossen! Ist denn das möglich?“
„Lieber Mr. Cooper. Erstens bin ich nicht so ein junges Ding, mit dem Sie umspringen können, wie Sie wollen. Schließlich werde ich nächsten Monat 26. Zweitens sind nicht Sie mein Chef, sondern Mr. Winters. Für Sie arbeite ich nur gelegentlich - wenn Mr. Winters für mich nichts zu tun hat. Und das kommt, wie Sie auch wissen, höchst selten vor. Und nun merken Sie sich das bitte endlich!“
„Haben Sie Eis?“
„Da halte ich Ihnen eine Standpauke und Sie fragen nach Eis. Mr. Cooper, ganz ernsthaft, Sie sind ein unmöglicher Mensch.“
„Haben Sie nun Eis oder nicht?“
„Eis habe ich nicht. Überhaupt haben Sie Ideen. Wie soll ich denn hier, tausend Meter über dem Amazonas-Urwald, Eis beschaffen? Das ist keine Luxusmaschine, sondern ein uralter Kasten!“
„Tja, dann eben kein Eis!“
Ruckartig setzte er das Glas an den Mund und kippte die klare Flüssigkeit in einem Zug hinunter. Tief schnappte er nach Luft und lehnte sich dann seufzend zurück. Neben ihm schlief Percy Winters. Er hatte sein Gesicht dem runden Fenster zugewandt. Auf der fettig, glänzenden Stirn perlten kleine Schweißtropfen. Dann und wann strich er sich mit dem Handrücken wie automatisch über das Gesicht. Den oberen Kragenknopf hatte er geöffnet und die rote, fleckige Krawatte fiel schlapp auf seinen Bauch.
Er war erfolgreich im Leben dieser Winters. Nicht gerade besonders - aber immerhin. Er hatte es zu einer ordentlichen Kaffeerösterei gebracht, zu einer schönen Villa im Prominentenviertel von Saó Paulo, zu einem Chevrolet, zu einer hübschen Frau und zwei Töchtern. Dabei sah er so unscheinbar aus. Niemand vermutete in ihm einen geschickten Geschäftsmann. Auch Mr. Cooper hatte sich geirrt.
Sie lernten sich in einem kleinen Café auf der Rambla Cassina, einer palmenumsäumten Einkaufsstraße kennen. Durch Zufall kamen sie ins Gespräch und stellten fest, dass sie beide aus New York stammten. Sie unterhielten sich über das Wetter, über Fußball, über Frauen. Und als sie merkten, dass ihr Geschmack in jeder Beziehung gleich war, sprachen sie über Geld.
Cooper hatte etwas von einer Tante geerbt, die er nie gesehen hatte. Tanten konnte er nicht leiden. Er hatte etwas gegen verwandtschaftliche Bindungen. Aber jetzt mochte er diese Tante, liebte sie beinahe. Die Summe war nicht erheblich, aber man konnte mit dem Geld schon etwas anfangen. Und dann einigten sich die beiden Männer irgendwann.
Winters machte Cooper zu seinem Teilhaber. Von dem Geld wurden neue Maschinen für die Rösterei gekauft. Ein Drittel des Gewinnes gab Winters ab sofort an seinen neuen Teilhaber ab. Ihre Kaffeebohnen bezogen sie aus Kolumbien und heute Abend wollten sie den neuen amerikanischen Besitzer der großen Plantage treffen, um mit ihm über die neue Ernte zu verhandeln.
Percy Winters blinzelte. Die Sonne stach ihm in die Augen. Schräg vor sich sah er eine Tragfläche. Man konnte durch die Flügelblätter wie durch eine silbrige, durchsichtige Scheibe sehen.
Mr. Winters schaute nach unten. Ein grünes Meer von Wäldern, dichten, undurchdringlichen Wäldern. Und über allem lastete diese flimmernde, lähmende Hitze. Amazonas-Hitze.
Unermüdlich drehte sich der Propeller. Über der Tragfläche zerstieben kleine, dunkle Rauchwölkchen. Wie Krakenarme schoben sie sich über das glitzernde Metall.
„Rauchwölkchen über der Tragfläche?“
Mr. Winters stutzte. Plötzlich saß er kerzengerade im Sitz. Aufgeregt stieß er mit dem Ellenbogen seinen Nachbarn in die Seite.
„He, was soll das?“
„Mr. Cooper, können Sie sich erklären, wie eine Tragfläche zu rauchen beginnt?“
„Noch nie so etwas gehört, Tragflächen rauchen nicht“, meinte er zwischen zwei Zügen aus seinem Glas. Seine Stimme lallte etwas, sie klang irgendwie so, als würde seine Zunge an den Zähnen kleben.
„Schauen Sie doch selbst hin - die hier raucht aber!“
John Cooper legte seinen Oberkörper über die Knie von Winters. Dicht presste er das Gesicht ans Fenster und starrte auf den Propeller. Der Rauch wurde dunkler, wie eine schwarze Fahne flatterte er hinter der Tragfläche.
„Verdammt, die raucht wirklich. Mensch, die raucht nicht nur - der Propeller brennt! Der Pilot, der Pilot, hat der denn noch nichts gemerkt? Schläft wohl, das Rindvieh!“
Cooper war plötzlich stocknüchtern. Winters keuchte. Aufgeregt ruderte er mit den Armen. Aus der Hosentasche zog er ein Taschentuch. Mit zitternden Händen faltete er es auseinander und wischte sich über die Stirn.
Miss Landers presste die Hände auf ihren Mund. Mit großen, erschrockenen Augen blickte sie auf Mr. Cooper.
„Tun Sie doch etwas!“ stöhnte sie verzweifelt.
Cooper sprang hoch und zerrte an dem Plastikvorhang, der zur Kanzel führte.
„Der Propeller brennt, Mensch, der Propeller brennt! Haben Sie gehört, Mr. Cramer, es brennt! Können Sie in diesem Kasten nichts dagegen tun?“
„Schreien Sie nicht so, ich bin nicht schwerhörig! Setzen Sie sich wieder und schnallen Sie sich an. Ist halb so schlimm. Wir werden in dieser gottverlassenen Gegend eben notlanden. Und nun halten Sie Ihren Mund, ich habe Wichtigeres zu tun, als zu quatschen!“
Winters wankte heran und versetzte Cooper einen Stoß. Überrascht torkelte dieser zurück.
„Hilfe, es brennt“, brüllte nun auch Winters hysterisch. Seine Finger verkrampften sich in dem dünnen, braunen Khakihemd des Piloten. Cramer drehte sein Gesicht Cooper zu. Die Hände ließ er nicht vom Steuerknüppel.
„Mr. Cooper, bringen Sie diesen Menschen hier zur Ordnung!“
Winters trommelte mit den Fäusten gegen den Pilotensessel.
„Aufhören, Sie Idiot!“ brüllte Cramer.
Cooper kam heran. Er ballte die Faust und versetzte Winters einen Schlag gegen die Schläfe. Wie ein Toter plumpste der zu Boden.
„Was haben Sie getan? Sie haben Mr. Winters geschlagen, Sie brutaler Mensch, Sie“, rief Miss Landers weinerlich.
„Seien Sie ruhig, es ist ihm nichts passiert! Helfen Sie mir lieber!“
Gemeinsam schleiften sie den Ohnmächtigen zu seinem Sessel. Cooper hob ihn in die Polster. Mit nervösen Fingern legte ihm Miss Landers die Sicherheitsgurte an. Dann setzte sie sich auf ihren eigenen Platz. Ängstlich schaute sie aus dem Fenster. Die Tragfläche konnte sie von hier nicht sehen. Nur den Rauch, dicken, schwarzen, widerlichen Rauch.
„Wo wollen Sie landen?“ fragte Mr. Cooper den Piloten und guckte über seine Schulter angestrengt nach unten auf den Urwald.
„Weiß ich noch nicht. Ich weiß nur, dass wir bald runter müssen, sonst fliegt uns der Kasten um die Ohren. Wenn Sie eine Lichtung entdecken, sagen Sie es mir!“
„Ich sehe nichts. Nur Bäume, Bäume, Bäume. Da glitzert was, ist das geeignet?“
„Nein, das ist ein Fluss.“
„Können Sie keine Wasserlandung machen?“
„Könnte ich schon. Nur wäre die Mühe vergeblich. Ans Ufer würden wir wahrscheinlich nicht lebend kommen. Die Piranhas nagen einem Menschen das Fleisch bis auf die Knochen ab. In fünf Minuten! Und mit Ihrem blanken Skelett können Sie keinen Staat mehr machen, oder? Niedliche Fische sind das, sage ich Ihnen. Nein, nein, mit Wasserlandung ist hierzulande nichts zu machen!“
„Kann man die Maschine noch lange so halten?“
„Auf keinen Fall, wir müssen so schnell wie möglich unten sein! Die Benzinleitung ist gebrochen. Sehen Sie hier, die Zeiger pendeln schon an der Nullmarke! Und dann der brennende Motor! Kann jeden Augenblick explodieren! Verflixt noch mal, ist denn nirgends ein kleines Stückchen freier Boden? In den Baumwipfeln möchte ich nicht landen. Ist unangenehm. Man geht dabei so leicht hops!“
„Da, sehen Sie doch! Dort drüben!“ Aufgeregt zeigte Mr. Cooper auf eine kleine Lichtung.
„Ich versuche es. Setzen Sie sich und schnallen Sie sich an! Schnell!“
In einer steilen Kurve zog Cramer die Maschine nach links. Bei diesem Manöver half ihm der brennende Motor. Den Propeller hatte Cramer in Segelstellung gebracht. Dadurch lag die Maschine sowieso schräg. Nun die Kurve. Laut heulte der zweite Motor auf. Diese Belastung war für ihn ungewohnt.
Immer tiefer senkte sich der Bug der Maschine. Cramer ließ die rechte Hand kurz vom Steuerknüppel und wischte sich die schweißgebadete Handfläche am Hosenbein ab. Dann die linke Hand. Auf seiner Oberlippe standen kleine Schweißperlen.
„Anschnallen, Füße gegen die vorderen Sitze stemmen und Hände über dem Kopf zusammenfalten!“ brüllte Cramer.
Die Passagiere befolgten sofort die Befehle des Piloten. Miss Landers weinte. Sie dachte an ihre kranke Mutter und was aus ihr werden würde, wenn....
Der Motor heulte. Dichter Qualm erschwerte den Ausblick durch das Fenster. Immer näher kamen die Bäume. Es schien, als ob die Kronen das Fahrwerk der Maschine streiften. Und dort vorne lag eine Grasfläche. Nur ein einzelnes, kleines Bäumchen neigte sich im lauen Wind. Klein war die kahle Stelle, winzig geradezu.
Miss Landers horchte auf. Ungläubig lugte sie durch das Fenster. Die Maschine machte einen gewaltigen Satz und gewann wieder an Höhe.
„Hat nicht ganz geklappt!“ rief Mr. Cramer aus der Kanzel. „Ich versuche es noch mal. Bleiben Sie ruhig sitzen.“
Er ließ die Maschine in einem engen Bogen drehen und wieder niedriger gehen.
Mr. Cooper versuchte den Oberkörper seines Geschäftspartners in den Sessel zu drücken. Nur von den Gurten gehalten, baumelte Mr. Winters vornüber. Missmutig gab Cooper sein Vorhaben nach mehreren Versuchen schließlich auf.
Zum zweiten Mal flog Cramer die winzige Lichtung an. Würde es jetzt klappen? Cramer neigte seinen Kopf etwas vornüber und lauschte. Was war das?
„Nein“, murmelte er. „Nein, noch nicht, nur jetzt noch nicht.“
Verzweifelt blickte er auf die Kontrolluhren. Das Benzin war fast alle. Nur noch wenige Tropfen befanden sich in den Leitungen.
Was war das? Die Passagiere lauschten. Der intakte Motor stotterte. Ein paar Mal knallten Fehlzündungen. Dann lief er wieder an. Langsam, zögernd. Die Maschine verlor rapide an Höhe. Wieder kamen die Bäume näher, immer näher.
„Jetzt aufpassen“, rief der Pilot, „wenn wir unten sind, dann nichts als raus!“
Miss Landers weinte. Ihre Tränen vermischten sich mit dem kalten, eisigen Angstschweiß. Vor ihr baumelte immer noch der ohnmächtige Winters in den Gurten. Neben ihm machte sich Cooper zur Landung fertig, eilig vergrub er seinen Kopf in den Armen.
Der Motor stotterte wieder. Cramer sah die Bäume wie rasend auf sich zuschießen. Und da vorn war die Lichtung. Verzweifelt starrte er auf das winzige Stückchen rettende Erde. Immer wieder wandte er seinen Kopf den Kontrolluhren zu. Jetzt dürfte auch der letzte Tropfen Treibstoff aus der gebrochenen Leitung geflossen sein.
Am Rumpf der Maschine knallte es. Ein Zweig hatte ihn gestreift. Cramer drückte sich krampfhaft in die Polster zurück. Gleich musste der Aufprall kommen. Hoffentlich ist der Boden nicht zu uneben, von hier konnte man das nicht erkennen. Unter diesen Umständen kann es passieren, dass sich die Maschine überschlägt.
Die Räder berührten schon den Boden. Die Maschine war unten. Ein dumpfer Knall, das Flugzeug legte sich auf die Seite. Das Fahrwerk war vom Aufprall regelrecht abgerissen worden. Die Maschine schlitterte auf dem Rumpf weiter.
Sirrende Metallsplitter schwirrten durch die Maschine. Vor Angst schrie Miss Landers laut auf. Sie hörte nicht auf, sie wurde nicht still, sie schrie und schrie.
Von Cooper konnte man nichts sehen. Er hatte sich in seinem Sessel vergraben. Winters war noch immer nicht zu sich gekommen.
Und dann war es soweit. Wie von einer Titanenfaust gepackt wurde das kleine Flugzeug hin und her gerissen. Mit einem ohrenbetäubenden Kreischen wurde eine Tragfläche rasiert. Scheiben zerbarsten mit einem lauten Knall, Sand und Grasfetzen wurden in die Luft geschleudert. Stöhnend schob sich Metall übereinander. Die Maschine machte noch einen Satz und schon bohrte sich die Schnauze in den Sand.
Plötzlich Stille. Nur das Schluchzen von Miss Landers war noch zu hören. Benommen machte sie die Gurte los. Cramer sprang auf. Aus einer Platzwunde an seiner Stirn sickerte Blut, rann ihm über die Wange.
„Raus, schnell raus!“ brüllte er, lief durch den kurzen schmalen Gang und warf sich gegen den Ausstieg. Die Türe klemmte. Cramer rammte die Schulter gegen das Metall. Es half nicht. Beißender Rauch breitete sich in der Maschine aus.
Schluchzend drückte Susan Landers die Hände gegen die Türe. Ihre Tränen vermischten sich mit Ruß und verschmierten das Gesicht. Ihre feine, weiße Baumwollbluse war zerrissen und neugierig lugte ihr weißer Spitzenbüstenhalter hervor. Dann verließen sie die Kräfte. Mit beiden Händen rutschte sie am Metall herunter und verlor vollends den Halt.
Mr. Cooper torkelte heran. Hustend packte er die Sekretärin an den Füßen und zog sie beiseite.
„Schnell, schnell“, keuchte Cramer. Sein Khakihemd war nass von Blut und Schweiß.
Gemeinsam warfen sie sich gegen die Türe. Dumpf knallten die Schultern gegen das Blech. Die Hitze wurde immer unerträglicher. Der Rauch dichter und dichter.
„Der Kasten brennt!“ stöhnte Cooper. „Verdammt, so habe ich mir meinen Tod nicht vorgestellt!“
„Quatschen Sie keine Opern, sparen Sie Ihre Kräfte“, keuchte Cramer.
Immer wieder warfen sie sich gegen den Ausstieg. Plötzlich lockerte sich das Metall und kopfüber verschwand Cooper.
„Okay?“ fragte Cramer. „Ich werfe Ihnen Miss Landers hinunter, fangen Sie das Mädchen auf!“
„Machen Sie zu!“ antwortete Cooper.
Cramer packte das bewusstlose Mädchen und ließ es langsam aus dem Ausstieg gleiten.
„Ich habe sie!“ rief Cooper.
Cramer sprang hinaus. Unten lag das Mädchen. Cooper sah er über den Rasen rennen und sich in eine Mulde werfen. Susan Landers hatte er liegen lassen.
„Dieses Schwein“, murmelte Cramer wütend.
Verstört öffnete das Mädchen die Augen.
„Sind Sie klar?“ fragte Cramer.
Langsam nickte sie mit dem Kopf.
„Dann nichts wie ab!“ meinte der Pilot, nahm Miss Landers an die Hand und lief mit ihr auf die Mulde zu. Sie stolperte, raffte sich wieder hoch. Cramer zog sie weiter.
„Machen Sie Platz!“ rief er Cooper zu, der sich in der Mulde breit gemacht hatte. Cooper rückte beiseite.
Cramer sprang mit Miss Landers an der Hand in die Mulde.
„Das hätten wir geschafft“, meinte Cramer und sprang sofort wieder auf.
„Mr. Winters!“ schrie Susan erschrocken auf. „Wo ist mein Chef?“
„Ich bin ja schon unterwegs!“ rief Cramer sich noch umdrehend.
Miss Landers bemerkte ihre zerfetzte Bluse. Krampfhaft zog sie den Stoff über dem Büstenhalter zusammen. Cooper grinste.
„Man kann ihn doch nicht einfach in der Maschine lassen!“ rief das Mädchen.
„Wenn Cramer so verrückt ist, ihn da rauszuholen, dann soll er, ich bin jedenfalls nicht lebensmüde. Da sehen Sie doch, die Maschine brennt! Da, am Heck!“
Gelblich rote Flammenzungen leckten über das glühende Metall des Flugzeuges.
„Im Heck sind die Ölbehälter“, rief Cramer, „da kann es jeden Augenblick explodieren!“
„Und Mister Winters? Soll er verbrennen? Er hat Frau und Kinder! Mr. Cramer bitte unternehmen Sie etwas!“ schluchzte das Mädchen.
„Beruhigen Sie sich, ich hole ihn raus,“ rief der Pilot.
„Mensch, sind Sie wahnsinnig? Sie gehen dabei drauf. Wir brauchen Sie hier!“ schrie Cooper.
Cramer gab keine Antwort und kletterte auch schon in die Maschine.
„Sie wollen nur verduften! Sie wollen uns hier nur alleine lassen!“ rief Cooper hysterisch, merkte aber sogleich, dass er Unsinn redete und war still.
Cramer zog sich am Ausstieg hoch und verschwand im Dunkel. Die Maschine war voller Rauch. Es stank nach Öl und verbranntem Gummi. Cramer tastete sich den kurzen Gang mit den fünf Sesselreihen entlang. Hinter ihm im Heck knisterte das Feuer. Er presste sich ein Taschentuch vor den Mund. Die Augen tränten. Dann hatte er den ohnmächtigen Winters erreicht. Bewegungslos hing dieser immer noch in den Gurten. Hastig schnallte Cramer ihn los. Er packte den Ohnmächtigen unter den Achseln und schleifte ihn zum Ausstieg. Keuchend ließ er ihn ins Freie gleiten. Schließlich sprang er selbst hinterher. Cramer lud den schwergewichtigen Mann auf die Schulter und lief mit ihm auf die Mulde zu.
„Lebt er?“ rief ihm Miss Landers zu.
„Weiß ich nicht!“ antwortete Cramer, lud den dicken Winters ab und rannte ein zweites Mal zum brennenden Wrack.
„Was wollen Sie, was haben Sie vor?“ rief ihm das Mädchen zu.
Cramer antwortete nicht. Wieder verschwand er in dem brennenden Flugzeug. Die Flammen schlugen höher, der Rumpf wurde von fettigem Rauch eingehüllt. Noch einmal taumelte Cramer durch den stickigen Gang. Er riss den schmorenden Plastikvorhang herunter und verschwand in der Kanzel. Aus einem Schränkchen holte er einen Revolver, griff sich ein Munitionsschächtelchen und ließ beides in der Hosentasche verschwinden. Hinter sich hörte er die Flammen prasseln. Eilig wandte er sich einem anderen Schrank zu und entnahm aus einer Lade zwei Päckchen Kekse und zwei Wasserschläuche. Ein letztes Mal blickte er sich um und machte sich dann auf den Rückweg. Das hintere Ende des Ganges brannte bereits. Die Flammen spiegelten sich in Cramers triefendem Gesicht. Er sprang aus dem Ausstieg ins Freie. Beim Sprung verlor er eine Packung Kekse. Gehetzt blickte Cramer um sich und sah dann das Päckchen. Es lag dicht neben einer Öllache. Kleine Flammen züngelten auf dem Öl. Erst zögernd, und dann mit einem leisen Zischen breit und hoch. Hastig griff Cramer nach den Keksen. Dann schnellte er hoch und lief davon.
Ängstlich sah Miss Landers ihn kommen. Und dann hüllte eine brüllende Stichflamme das Flugzeug ein. Mit einem tiefen Grollen flogen Metallfetzen durch die Luft.
Cramer warf sich zu Boden. Die Hände verschränkte er im Nacken. Sein Gesicht bohrte er in den Sand. Er sprang wieder auf. Mit den Wasserschläuchen und Keksen unter dem Arm hetzte er weiter.
Die zweite Detonation. Cramer schmiss sich flach in den Sand. Aluminiumsplitter und Glas bohrten sich dicht neben ihm in die Erde. In seinem linken Oberarm fühlte er plötzlich einen stechenden Schmerz. Dunkles Blut sickerte in den Sand. Der Wind trug ihm eine Dunstwolke aus verbranntem Öl und Gummi zu. Cramer schüttelte sich.
Er stolperte wieder auf, rannte weiter. Die Augen brannten wie Feuer, Tränen liefen seine Wangen hinunter.
„Hierher!“ hörte er Miss Landers rufen.
Cramer folgte dem Ruf. Mit letzter Kraft ließ er sich keuchend in die Mulde fallen.
„Wie geht es ihm?“ fragte er und deutete auf Winters. „Er wird bald zu sich kommen“, antwortete das Mädchen, „kommen Sie, ich werde Sie verarzten, Sie bluten ja fürchterlich. Aber wo soll ich Verbandsstoff herbekommen?“ Zögernd griff sie nach ihrer Bluse.
„Lassen Sie Ihre Bluse an, zerreißen Sie mein Unterhemd. Das brauche ich nicht.“
Cramer zog sich sein Unterhemd aus und streifte sich sein Khakihemd wieder über. Das Unterhemd zerriss er in Streifen.
„Zeigen Sie mal Ihren Arm her. Was haben Sie denn da?“
„Ein Metallsplitter hat mich gestreift, halb so schlimm!“
Miss Landers beugte sich vor, um die Wunde in Augenschein zu nehmen. Mit einem Zipfel Ihrer Bluse wischte sie das Blut ab. Cramer sah ihre weiße, samtene Haut, sah ihren zarten Brustansatz.
Cooper beobachtete ihn mit einem spöttischen Grinsen. Insgeheim aber bewunderte er den Mut des Piloten, den er selbst sicher niemals aufgebracht hätte.
Eifrig verband Susan Landers den Arm des Piloten.
„So, das hätten wir“, sagte sie zufrieden und betrachtete ihr Werk. „Sie sind aber noch an der Stirn verletzt, tut es weh?“
„Nein, bestimmt nicht. Das hat ja schon zu bluten aufgehört.“
Miss Landers drückte Cramers Kopf gegen ihren Busen und betupfte die Stirnwunde. Dann wischte sie ihm das angetrocknete Blut aus dem Gesicht.
„So sehen Sie schon viel besser aus“, meinte sie und lächelte Cramer an.
„Ich danke Ihnen, nett von Ihnen, wirklich nett.“
Kritisch betrachtete er Mr. Cooper, der noch immer grinste.
„Haben sie auch etwas abbekommen?“ fragte Cramer.
„Nur eine Beule, weiter nichts. Fühle mich pudelwohl. Nur der Gin fehlt mir.“
„Was machen wir denn jetzt?“ fragte das Mädchen. „Wo sind wir hier überhaupt? Gibt es hier in der Nähe Siedlungen?“
„Zuerst müssen wir abwarten, bis Mr. Winters zu sich kommt. Äußerlich scheint er nicht verletzt zu sein. Kann jedenfalls außer dem Kratzer am Arm nichts sehen. Nein, Miss Landers, Siedlungen gibt es hier keine. Nicht, dass ich wüsste. Indianerstämme leben hier in der Gegend. Aber Weiße?“
Achselzuckend ließ er seine Stimme verklingen.
„Aber es muss hier doch auch Städte geben!?“ erkundigte sich Miss Landers bei Cramer.
„Richtige Städte gibt es hier sowieso nicht. Höchstens Dörfer. Sehen Sie, ich wollte in Manicoré zwischenlanden und tanken. Die Sierra Parecis, das gebirgige Hochland, haben wir hinter uns. Wir müssen also zwischen Santo Antonio und Manicoré stecken. Santo Antonio ist auch nur ein kleines Städtchen. Ich nehme an, dass von uns aus jede dieser Siedlungen etwa 200 Kilometer entfernt sind. Luftlinie. Diese Strecke zu Fuß zu gehen, ist unmöglich denke ich. Wir müssten durch den Busch. Und sie können sich keine Vorstellung vom brasilianischen Urwald machen! Nein, das ist unmöglich.“
„Mr. Cramer“, warf Cooper ein, der schweigend zugehört hatte, „wovon sollen wir leben?“
„Ich habe ein paar Kekse und zwei Wasserschläuche. Beeren, Früchte und Tiere gibt es hier in Hülle und Fülle, das ist nicht unser Problem.“
„Wilde Tiere auch?“ fragte das Mädchen und sah sich unruhig um.
„Ja, auch wilde Tiere“, lachte Cramer, „aber die trauen sich nicht in die Nähe von Menschen!“
„Können Sie das garantieren?“
„Nein, Miss Landers, garantieren natürlich nicht. Aber Sie brauchen sich nicht zu fürchten.“
„Nein, Miss Landers, haben Sie keine Angst“, unterbrach ihn Cooper, „unser tapferer Pilot wird Sie beschützen!“
Cooper warf Cramer einen giftigen Blick zu. Cramer wollte etwas sagen, doch...
Ein Stöhnen kam ihm zuvor. Ein halb tierisches, halb menschliches Stöhnen. Niemand konnte sagen, woher es kam. Da, wieder, ein dumpfes, gurgelndes Röcheln...
Angestrengt lauschten die drei. Miss Landers sah vorsichtig zu Cramer. Noch einmal dieses entsetzliche, nervenaufreibende Stöhnen. Susan Landers zuckte zusammen, als Cramer plötzlich laut lachte.
„Hallo“, rief er, „Hallo, Mr. Winters, wie geht es Ihnen?“
„Einen verdammten Brummschädel habe ich“, murmelte der und spuckte in den Sand.
Erschöpft und erleichtert ließ sich Miss Landers zurückfallen und legte ihren Kopf auf einen Grasflecken. Beruhigend streichelte Cramer ihr Knie.
Cooper grinste. Dann wandte er sich an Winters.
„Na, alter Junge“, meinte er aufgeräumt, „wie fühlen Sie sich denn? Vom Brummschädel abgesehen?“
„Gliederschmerzen habe ich. Fühle mich wie gerädert. Aber warum liegen wir hier eigentlich im Sand? Ein Ausflug ins Grüne war - wenn ich mich nicht irre - doch gar nicht geplant!“
Miss Landers fuhr hoch.
„Wissen Sie denn nichts?“
„Was soll ich wissen?“
„Mr. Cooper hat Sie niedergeschlagen!“
„Nun mal langsam“, mischte sich Cramer ein und lächelte. Das ist schon richtig, Miss Landers, aber den Grund dafür sollten Sie Ihrem Chef nicht vorenthalten.“
„Also, es war so...“
Und dann schilderte das Mädchen mit bewegten Worten, was sich zugetragen hatte.
„...und jetzt liegen wir hier“, endete sie.
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