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"Wie machen wir es mit dem Sex?", fragt Talia den umwerfend attraktiven Nick - und bekommt als Antwort einen glühenden Kuss! Dabei war bis jetzt von einer Scheinehe die Rede: Talia will Hattie adoptieren, die kleine Tochter ihrer verstorbenen Freundin. Eine Ehe mit Hatties Vater Nick sichert sie rechtlich ab. Aber das heiße Prickeln bei Nicks Kuss alarmiert Talia! Sie darf sich nicht in ihren eigenen Mann verlieben, der zwar an Leidenschaft, aber nicht an Liebe glaubt. Doch wie um alles in der Welt soll sie ihr Herz davor bewahren, dass es bricht?
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Seitenzahl: 202
IMPRESSUM
BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2018 by Sara Orwig Originaltitel: „Married for His Heir“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 2036 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Maria Fuks
Abbildungen: [email protected] / www.ballenphotography.com / Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 07/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733722005
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Nick Duncan warf seinem Bruder einen ärgerlichen Blick zu. „Denk daran: Neugier ist der Katze Tod.“ Hoffentlich gab Stan nun Ruhe!
Doch Stan verstand den Wink mit dem Zaunpfahl anscheinend nicht. Er schüttelte den Kopf. „Ich bitte dich, Nick! Eine Frau, der du nie zuvor begegnet bist, kommt hierher, um dir etwas über eine Erbschaft zu erzählen, von der du nichts weißt? Natürlich bin ich neugierig!“
Dem hatte Nick nichts entgegenzusetzen.
Er stützte die Hände auf das Geländer der Veranda und ließ den Blick über die ND Ranch und die Landschaft dahinter gleiten, grün durch die regelmäßige Bewässerung. Doch im Moment konnte ihn nichts von der unbekannten Frau ablenken, die mit ihm über eine Erbschaft sprechen wollte.
„Horace hat dir wirklich geraten, diese Unbekannte zu empfangen?“, vergewisserte Stan sich.
„Ja. Anscheinend hat sie, statt mich anzurufen, zunächst einmal den Kontakt zu ihm hergestellt. Keine Ahnung, wie sie herausgefunden hat, dass er unser Familienanwalt ist.“ Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Glaub mir, ich habe mir wirklich den Kopf über diese Talia Barton zerbrochen. Aber ich bin sicher, dass ich sie nie zuvor getroffen habe. Sie hat weder etwas mit dem Ölgeschäft zu tun noch mit der Rinderzucht. Auch auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung oder auf der Party irgendwelcher Freunde bin ich ihr nicht begegnet. Sonst würde ich mich sicher daran erinnern. Seit ich meinen Posten als Geschäftsführer von Duncan Energy niedergelegt habe, bin ich kaum noch in Dallas. Ich würde mich also an die Frau erinnern müssen. Ich führe ein eher zurückgezogenes Leben hier auf der Ranch, habe so gut wie keinen Kontakt zu Frauen, seit ich Witwer geworden bin.“
„Du meinst, dass du keine Frau getroffen hast, an der du interessiert gewesen wärest“, stellte Stan klar. „Kontakt zum schönen Geschlecht hattest du durchaus. Schließlich kommen dauernd Nachbarinnen und andere weibliche Bekannte hierher, um dir etwas Selbstgekochtes zu bringen. Vermutlich könntest du ein Restaurant mit all dem Essen eröffnen.“
„Es stimmt, die Ladies wollen nicht, dass ich hungere. Sie haben die besten Absichten, aber keine von ihnen reizt mich.“ Tatsächlich war er davon überzeugt, dass er nie wieder echtes Interesse an einer Frau haben würde, denn er liebte Regina noch immer. Die Erinnerung an sie überfiel ihn oft und manchmal völlig unerwartet.
Nick nahm seinen Stetson ab und schlug ihn gegen seine in Jeans steckenden Oberschenkel, als könnte er mit der Geste nicht nur den Hut von Staub, sondern auch sich selbst von der Vergangenheit befreien.
Er straffte die Schultern und setzte den Stetson wieder auf. „Ich bin aber nicht bereit, allein wegen dieser Talia Barton nach Dallas zu fahren. Darum kommt sie mich hier auf der Ranch besuchen.“
Er hatte seinen Anwalt mit Fragen gelöchert, allerdings keine Antworten erhalten. Horace hatte lediglich darauf bestanden, dass ein Treffen mit Miss Barton notwendig sei.
„Kommt Horace mit ihr zusammen her?“, wollte Stan wissen.
„Nein, das wollte ich nicht. Das Treffen wird nicht lange dauern, was auch immer diese Talia Barton beabsichtigt.“ Nick wandte sich seinem Bruder zu. „Warum bleibst du nicht hier? Wenn es wirklich um eine Erbschaft geht, betrifft sie dich vielleicht auch.“
„Hast du vergessen, dass ich gerade ein Pferd gekauft habe? Ich kann es nicht ewig im Transportanhänger lassen. Du kannst mir später erzählen, was die geheimnisvolle Miss Barton wollte. Hast du sie Großmutter gegenüber erwähnt?“
Nick verdrehte die Augen. „Um Himmels willen, nein! Dazu ist später noch genug Zeit.“
„Ich hätte ihr wahrscheinlich auch nichts erzählt“, sagte Stan lachend. „Okay, ich hau ab.“
„Willst du nicht doch bleiben? Um ehrlich zu sein, würde ich das Treffen mit Miss Barton am liebsten absagen.“
„Unsinn – wenn Horace meint, es sei wichtig, dann ist es das auch! Wir haben uns immer auf ihn verlassen können. Er hat noch keinem von uns schlechte Ratschläge erteilt.“
„Das stimmt. Aber es verwirrt mich, dass er mir am Telefon nicht sagen wollte, worum es geht.“
„Bestimmt gab es einen triftigen Grund.“
Mit langen Schritten ging Stan auf den Pick-up mit dem Pferdeanhänger zu.
„Wenn Horace mich schlecht beraten hat, werde ich mir einen neuen Anwalt suchen“, rief Nick seinem Bruder hinterher.
Stan ging ungerührt weiter, kletterte hinters Steuer des schwarz glänzenden Wagens und fuhr los.
Einen Moment lang schaute Nick noch der Staubwolke nach, die Auto und Anhänger aufwirbelten, dann drehte er sich um und ging ins Haus. In seinem Arbeitszimmer ließ er sich in den schweren Lehnstuhl vor dem Schreibtisch sinken. Der bevorstehende Besuch beunruhigte ihn mehr, als er sich eingestehen wollte.
Talia Barton …
Nach Reginas Tod hatte er hin und wieder einen One-Night-Stand gehabt. Keine der Frauen hatte ihm etwas bedeutet, und er war sicher gewesen, dass er für sie ebenso unwichtig war. Er ging nicht auf Dates. Um möglichst wenig an den tragischen Verlust von Frau und Sohn denken zu müssen, hatte er sich in seine Arbeit gestürzt. Wer also war diese Talia Barton?
Eine Viertelstunde später hörte Nick, dass sich ein Auto dem Haus näherte. Er trat ans Fenster und sah, wie ein schwarzer Wagen vor der Haustür anhielt. Die Frau, die daraufhin ausstieg, weckte sogleich Nicks Neugier. Sie war blond und groß. Zu einer weißen Bluse und einem blauen Rock trug sie High Heels, in denen ihre langen, wohlgeformten Beine hervorragend zur Geltung kamen.
Sie könnte ein Model sein, fuhr es ihm durch den Kopf. Zweifellos drehten die Männer sich nach ihr um, wo auch immer sie auftauchte. Möglicherweise hatte Horace ihm allein wegen Talia Bartons Schönheit geraten, sie zu empfangen.
Nick rührte sich nicht vom Fleck. Er hatte Royce, der sich um seinen Haushalt kümmerte und auch die Aufgaben eines Butlers wahrnahm. Royce wusste, dass er Besuch erwartete, und würde Miss Barton daher direkt ins Arbeitszimmer führen. Als Nick beobachtete, wie die junge Frau die Treppe zum Haupteingang hinaufstieg, stockte ihm einen Moment lang der Atem. Sie war einfach umwerfend!
Als sie im Haus verschwand, eilte Nick zur Tür des Arbeitszimmers und öffnete sie. Er hörte, wie Royce mit der Besucherin sprach, dann tauchten die beiden im Flur auf, und Nick trat ihnen entgegen. „Danke, Royce“, sagte er und hielt der jungen Frau die Hand hin. „Guten Tag, Miss Barton, ich bin Nick Duncan.“
Er schloss die Finger um ihre Hand – und spürte ein unerwartetes Kribbeln.
Himmel, so etwas hatte er nicht mehr erlebt, seit Regina gestorben war!
Im ersten Moment erschreckte ihn das Gefühl. Dann sah er in Talias blauen Augen, dass auch sie sich der erotischen Spannung zwischen ihnen bewusst war. Das Kribbeln verstärkte sich.
Die junge Frau räusperte sich und entzog ihm ihre Hand. „Guten Tag, Mr. Duncan. Bitte, nennen Sie mich Talia.“
Ihre Stimme klang sanft und doch selbstbewusst. Vermutlich gehörte Talia zu den Frauen, die genau wussten, was sie wollten, und im Allgemeinen ihren Willen durchsetzen konnten. Und sie war ein Mensch, den man nicht so leicht vergaß.
„Kommen Sie herein“, forderte Nick sie auf. „Setzen Sie sich! Ich bin gespannt zu erfahren, was Sie mir mitzuteilen haben.“ Nun, da er sich ganz sicher war, sie nie zuvor gesehen zu haben, verspürte er echtes Interesse an ihr und ihrem Anliegen. „Mein Anwalt hat mich gedrängt, Sie zu empfangen. Es scheint daher um etwas Wichtiges zu gehen?!“
„So ist es.“ Sie trat ins Arbeitszimmer und nahm auf einem der mit Leder bezogenen Lehnstühle Platz.
Nick konnte den Blick nicht von ihren Beinen abwenden, als sie diese übereinanderschlug. Fast schämte er sich seiner heftigen Reaktion auf die Schönheit seiner Besucherin. In den zweieinhalb Jahren seit dem Tod seiner Frau hatte er nie etwas in der Art erlebt. Er schluckte. Im August würde sich der Todestag von Regina und Artie jähren. Aber Nick wollte jetzt nicht an den Flugzeugabsturz denken, durch den er Frau und Kind verloren hatte.
Was hat diese Talia bloß an sich, dass ich mich so heftig zu ihr hingezogen fühle?
Talia schaute in Nicks grüne Augen, in denen goldene Pünktchen zu tanzen schienen, und wusste, dass das vor ihr liegende Gespräch schwieriger werden würde, als sie erwartet hatte. Viel schwieriger … Nick Duncan sah nicht nur extrem gut aus, es herrschte auch eine seltsam beunruhigende Spannung zwischen ihm und ihr.
Obwohl sie einen Privatdetektiv damit beauftragt hatte, ihr so viele Informationen wie möglich über Nick zu verschaffen, war sie nicht darauf vorbereitet gewesen, einem so anziehenden Mann gegenüberzutreten. Sie hatte erfahren, dass er klug und verlässlich war, selbstbewusst und erfolgreich. Es hieß, er sei ein guter Ehemann gewesen und auch ein guter Vater. Diese Auskünfte hatten Talia veranlasst, sich um ein Treffen mit Nick zu bemühen, um ihm ihr Problem darzulegen.
Dass sie sich sexuell zu ihm hingezogen fühlte, war eine Überraschung. Und keineswegs eine angenehme …
Als er ihre Hand genommen hatte, hatte sie ein erregendes Kribbeln verspürt. Und dann, als ihre Blicke sich trafen, war die erotische Spannung zwischen ihnen noch größer geworden. Verflucht!
Sie hatte noch während ihrer Studienzeit geheiratet. Seit ihrer katastrophalen Ehe und der Scheidung hatte sie sich zu niemandem mehr so heftig hingezogen gefühlt. Und gerade jetzt konnte sie sich kein sexuelles Abenteuer leisten. Sie wollte auch keines. Punkt. Also würde sie Nick sagen, was sie zu sagen hatte, die Angelegenheit mit ihm regeln und ihn dann nie wiedersehen.
Sie schluckte. Nichts in ihrem bisherigen Leben – weder die Todesfälle noch die Trennung von ihrem Ex – hatten so wehgetan wie das, was sie nun tun musste. Aber weiß Gott, sie durfte jetzt nicht weinen! Es dauerte einen Moment, bis sie ihre Emotionen unter Kontrolle gebracht hatte. Doch noch immer fand sie nicht die richtigen Worte. Dabei hatte sie Stunden damit zugebracht, sich jeden Satz zurechtzulegen.
„Talia?“ Nick musterte sie mit einer gewissen Ungeduld.
Sie musste mit ihm sprechen! Jetzt! Am liebsten wäre sie zurück zum Auto geflohen, aber so eine feige Reaktion würde alles nur noch schlimmer machen. Sie hatte alles getan, um sich zu vergewissern, dass er nicht nur wohlhabend und erfolgreich war, sondern vor allem ein guter Mensch. Sie wusste, dass Nick seine Frau und seinen Sohn bei einem tragischen Unglück verloren hatte und dass er drei Brüder hatte. Sein Vater war der Gründer von Duncan Energy, hatte sich aber inzwischen aus dem Geschäft zurückgezogen.
Ja, sie hatte die richtige Entscheidung getroffen, als sie beschloss, mit Nick zu reden. Sie straffte die Schultern.
Doch bevor sie etwas sagen konnte, fragte Nick: „Wohnen Sie hier in der Nähe?“
„Nein, in Dallas. Ich unterrichte dort an einer Kunstschule.“
Er hatte ihr unabsichtlich geholfen, auf ihr wahres Anliegen zu sprechen zu kommen. Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln. „Mr. Duncan, ich …“
„Nick“, unterbrach er sie. „Nennen Sie mich Nick.“
„Nick … Sie sind bestimmt neugierig darauf, zu erfahren, was mich hergeführt hat. Tatsächlich möchte ich Sie um Hilfe für … für etwas bitten, was Ihnen gehört.“ Himmel, wie idiotisch sich das anhört!
Er beugte sich vor und musterte Talia eingehend. „Etwas, was mir gehört?“, fragte er ungläubig.
„Bitte, haben Sie ein wenig Geduld. Dies hier ist nicht leicht für mich.“ Sie erwiderte seinen Blick. „Es geht um Madeline Prentiss.“
Nick sah verständnislos drein.
„Ich lernte Madeline kennen“, fuhr Talia fort, „als sie in die Straße zog, in der ich wohnte. Wir mochten einander vom ersten Moment an. Und da wir beide keine Familie hatten, wurden wir rasch Freundinnen. Madeline arbeitete als Landschaftsarchitektin. Sie nahm an einem meiner Kurse teil, weil Zeichnen zu ihren Aufgaben gehörte. Das schweißte uns noch mehr zusammen.“
Die Fakten mussten erzählt werden, aber tatsächlich wäre Talia am liebsten aufgesprungen und aus dem Zimmer gerannt. Sie hasste es, jemanden um Hilfe zu bitten. Insbesondere diesen attraktiven Mann. Seine grünen Augen hatten etwas Hypnotisches an sich. Und plötzlich merkte Talia, dass ihr Atem sich beschleunigt hatte. Sie konnte nicht weitersprechen.
Schweigend schaute Nick sie an und erhob sich dann. „Ich hole Ihnen ein Glas Wasser.“
Rücksichtsvoll ist er also auch, dachte sie, als er den Raum verließ.
Da kam er auch schon mit einem Tablett zurück, auf dem ein Krug mit Eiswasser und zwei Gläser standen. Er füllte die Gläser und reichte ihr eines.
Wieder trafen sich ihre Blicke. Talias Herzschlag beschleunigte sich. Einen Moment lang befürchtete sie, ihre Stimme könnte sie erneut im Stich lassen.
Talia trank einen Schluck. „Ich war im Begriff, Ihnen von meiner Freundin Madeline zu erzählen …“
„Wofür es zweifellos einen besonderen Grund gibt.“
„Allerdings.“ Sie nahm all ihren Mut zusammen. „Es ist so: Vor etwa zwei Jahren besuchte Madeline eine Party in Austen. Dort lernte sie einen Mann kennen, mit dem sie eine … romantische Nacht verbrachte. Sie sah ihn nie wieder.“
„Sie sind hier, weil Madeline glaubt, ich sei dieser Mann?“
„Es besteht kein Zweifel daran, dass Sie dieser Mann waren. Madeline hat mir von der Nacht erzählt – und von Ihnen.“ Sie schluckte. Es war so weit. Augen zu und durch. „Die Nacht mit Ihnen blieb nicht ohne Folgen. Madeline wurde schwanger.“
Es war, als hätte ihm jemand einen Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf gegossen. Es dauerte eine Weile, bis er sich so weit gefasst hatte, dass er sagen konnte: „Sie behaupten also, ich hätte mit Ihrer Freundin ein Kind gezeugt? Ich soll der Vater ihres Babys sein? Warum hat Madeline sich dann nie mit mir in Verbindung gesetzt? Warum hat sie bis jetzt gewartet und schickt Sie, statt selbst herzukommen?“ Er war schockiert. Und er wollte Antworten.
„Madeline hatte sich entschlossen, Sie nicht über die Schwangerschaft zu informieren, weil Sie in jener Nacht lange darüber gesprochen hatten, wie sehr Sie Ihre verstorbene Frau noch immer liebten und wie schmerzhaft der Verlust ihres kleinen Sohnes für Sie war. Madeline wusste Ihre Ehrlichkeit zu schätzen und machte sich keine Illusionen: Ihr war klar, dass Sie nicht bereit für eine neue Beziehung waren.“
Ein kalter Schauer überlief ihn. „Sie sprechen von ihr in der Vergangenheitsform.“
„Ja.“ Talia nickte traurig, ging jedoch vorerst nicht weiter auf seine Feststellung ein. „Madeline war eine talentierte Sängerin. Sie hatte das Glück, entdeckt zu werden. Und bald schon verdiente sie mit ihrem Gesang mehr als in ihrem Beruf als Landschaftsarchitektin.“
Talias Worte riefen ihm eine junge Frau in Erinnerung. Madeline hatte eine beeindruckende Stimme gehabt.
„Sie erinnern sich an sie“, stellte Talia fest.
Es überraschte ihn, dass sie ihn so leicht durchschaute.
„Ja“, sagte er ernst. „Sie hat damals für die Partygäste gesungen. Sie war wirklich sehr gut. Und hübsch.“
„Sie war auf dem besten Weg, berühmt zu werden. Doch leider … Sie kam bei einem Autounfall ums Leben“, stieß Talia gepresst aus. „Da sie noch so jung war, hatte sie nie daran gedacht, ein Testament zu machen. Als Madelines beste Freundin habe ich also die Fürsorge für ihr Kind übernommen. Ich liebe es wie mein eigenes Kind. Doch nun hat sich das Jugendamt eingeschaltet. Man will mir das Kind wegnehmen. Ich habe mich von einem Anwalt beraten lassen und alles getan, was in meiner Macht steht, um die Vormundschaft zu bekommen. Leider scheine ich als unverheiratete Frau keine Chance zu haben. Da Madeline keine Verwandten hatte, gibt es niemanden aus ihrer Familie, der das Kind zu sich nehmen oder mich in meinem Kampf unterstützen könnte.“ Talia holte tief Luft. „Sie allerdings sind der leibliche Vater des Kindes.“
Sein Herz klopfte plötzlich zum Zerspringen. Und in seinen Ohren rauschte das Blut so laut, dass er kaum hörte, was Talia weiter sagte.
Ich bin der Vater eines kleinen Kindes.
Der Vater eines Kindes, an dessen Mutter er sich nur schwach erinnern konnte.
„Bitte, geben Sie mir einen Moment. Das … das ist alles ein wenig viel zu verarbeiten“, stieß er hervor. Er griff nach seinem Glas und trank einen großen Schluck. Statt des Wassers hätte er gerade ein Glas Brandy bevorzugt.
Es dauerte eine Weile, bis er sich gefasst hatte. „Als ich erfuhr, dass Sie mich sprechen wollten, habe ich nicht im Traum daran gedacht, dass es um ein Kind gehen könnte. Um ein Waisenkind …“
„Nun“, korrigierte Talia ihn, „es ist nicht wirklich ein Waisenkind. Schließlich lebt der Vater – leben Sie – noch. Ich habe Sie von einem Privatdetektiv überprüfen lassen. Sie scheinen ein guter Mensch zu sein. Deshalb …“, sie machte eine Pause, „… deshalb habe ich mich entschlossen, Sie um Hilfe zu bitten.“
Nick war noch immer zu schockiert, um klar denken zu können. Urplötzlich war er zum zweiten Mal Vater geworden. „Ich soll Ihnen helfen?“, fragte er verständnislos. „Wobei?“
„Ich könnte es nicht ertragen, wenn der Staat mir die Kleine wegnehmen würde.“
„Die Kleine? Es ist also ein Mädchen? Ich habe nicht die geringste Ahnung von kleinen Mädchen!“
„Zweifellos hat es auch einmal eine Zeit gegeben, in der Sie keine Ahnung hatten, wie man eine Ranch führt oder wie man sich um einen kleinen Jungen kümmert.“
Sie starrten einander an.
Nick senkte als Erster den Blick.
Er war der Vater einer Tochter, die er nie gesehen hatte. Auf etwas anderes konnte er sich nicht konzentrieren. „Wie alt ist sie?“, fragte er schließlich.
„Vierzehn Monate.“
„Mein kleiner Junge wäre jetzt zwei Jahre und neun Monate.“ Tränen traten ihm in die Augen. Ganz deutlich sah er einen Moment lang Reginas Bild vor sich, wie sie den kleinen Artie auf dem Arm hielt. Dann zwang er sich, in die Gegenwart zurückzukehren. „Sie verstehen wohl, dass ich keine Erfahrung als Vater habe. Regina und ich haben uns eine Familie gewünscht. Ich wollte für meinen Sohn da sein. Aber er ist nur zwei Monate alt geworden … Ich weiß nichts über Babys und ihre Bedürfnisse.“
Seine Hand zitterte, als er noch einmal nach dem Wasserglas griff. Er trank einen Schluck – und plötzlich wurde ihm klar, dass er die wichtigste Frage noch gar nicht gestellt hatte. „Wie können Sie sich sicher sein, dass ich der Vater des Kindes bin?“
Talia erwiderte vollkommen ruhig: „Madeline hatte nicht den geringsten Zweifel daran. Natürlich können Sie einen DNA-Test machen lassen. Die Kleine heißt Hattie.“
„Hattie“, wiederholte er. Der Name gefiel ihm.
„Ich verstehe, dass Sie einen Beweis wollen. Der DNA-Test wird zeigen, dass Hattie Ihre Tochter ist.“
Schweigen senkte sich über den Raum. Nick schaute aus dem Fenster. War es wirklich möglich, dass er eine kleine Tochter hatte? Ein Kind, das vor Kurzem ein Jahr alt geworden war? Er konnte es nicht fassen.
Schließlich sah er wieder Talia an. Wie unglaublich blau ihre Augen waren – und wie bewundernswert ihre Selbstbeherrschung! Ihm wurde bewusst, dass sie es war, die das Gespräch lenkte. Das erstaunte ihn, denn so etwas passierte ihm praktisch nie. Höchstens vielleicht, wenn er mit seiner Großmutter zusammen war.
„Sie haben sich seit Madelines Tod um das Baby gekümmert?“
„Ja, ich kannte Hattie vom ersten Tag an. Nach dem Tod ihrer Mutter habe ich sie zu mir genommen. Sie hatte ja niemanden sonst. Da ich berufstätig bin, muss ich sie stundenweise in einer Krippe unterbringen. Nach dem Unterricht hole ich sie ab und nehme sie mit nach Hause. In ein paar Wochen ist das Frühjahrssemester zu Ende. Während des Sommers habe ich unterrichtsfrei. Ich könnte Hattie den ganzen Tag bei mir haben …“ Wenn man sie mir nicht vorher fortnimmt …
Nick nickte langsam. Noch wusste er nicht, was er tun sollte.
„Ich will einen Vaterschaftstest“, sagte er schließlich. „Ehe ich keine Beweise habe, werde ich gar nichts unternehmen.“
„Das verstehe ich. Doch die Zeit ist ein wichtiger Faktor. Deshalb bitte ich Sie, mir zu gestatten, das Jugendamt darüber zu informieren, dass Sie beabsichtigen, die Verantwortung für Ihre Tochter zu übernehmen. Man wird sich gedulden, bis der DNA-Test vorliegt.“
„Wenn nicht, werde ich meinen Anwalt einschalten.“
Talia öffnete ihre Handtasche und zog einen Umschlag heraus. „Die Adresse und die Telefonnummer eines Labors, das DNA-Tests macht. Außerdem eine Locke von Hatties Haar. Bald werden Sie den Beweis haben, dass Sie Hatties Vater sind.“
Nick nahm den Umschlag, öffnete ihn aber nicht.
„Ich habe auch meine Telefonnummer notiert.“ Talia schenkte ihm ein Lächeln. „Melden Sie sich, wenn Sie Hattie kennenlernen wollen.“
Er zögerte. „Angenommen, Hattie ist wirklich meine Tochter. Dann wird man mir das Sorgerecht zuerkennen. Was wird dann aus Ihnen? Sie haben sich bisher um die Kleine gekümmert. Und sie scheint Ihnen wirklich am Herzen zu liegen.“
Talias Augen wurden feucht. „Ich liebe Hattie. Aber ich weiß, dass ich mich von ihr trennen muss. Und bei Ihnen ist sie viel besser aufgehoben als in einem Waisenhaus oder in einer Pflegefamilie. Deshalb habe ich mich ja an Sie gewandt.“ Sie fuhr sich mit den Fingern über die Augen.
Nick dachte an das Baby, das er verloren hatte. Artie war nur zwei Monate lang Teil seines Lebens gewesen. Doch mit jedem Tag war die Liebe zu dem Kind gewachsen. Er konnte Talias Kummer verstehen. Sie hatte Hattie vierzehn Monate lang geliebt.
„Ist es nicht erstaunlich, wie schnell Babys unser Herz erobern?“, sagte er. „Wir werden sicherlich eine Regelung finden, damit Sie Hattie hin und wieder besuchen können. Lassen Sie uns darüber sprechen, wenn der DNA-Test vorliegt.“
„Danke.“ Talias blaue Augen schienen bis in sein Innerstes sehen zu können.
„Sind Sie wirklich sicher, dass Madeline Ihnen kein Märchen erzählt hat? Sie hätte fast zwei Jahre Zeit gehabt, mich zu informieren.“
„Ich habe sie dazu ermutigt. Doch anfangs fürchtete Madeline, Sie würden ihr das Baby womöglich wegnehmen wollen. Dann bekam sie die ersten guten Angebote als Sängerin und plante, Texas zu verlassen, um in New York oder Nashville zu arbeiten.“
Dann hätte ich nie von Hatties Existenz erfahren.
Wieder schien Talia seine Gedanken zu lesen. „Wenn Sie Hattie sehen würden, wüssten Sie, warum ich so sicher bin, dass sie Ihre Tochter ist. Aber natürlich kann Ihnen nur der Vaterschaftstest Gewissheit geben.“
Ihre Worte rissen ihn aus der Trance, in die der Blick in ihre Augen ihn versetzt hatte. „Hattie sieht mir ähnlich?“
„Entscheiden Sie das selbst, wenn Sie sie kennenlernen.“
Talias Lächeln konnte die Trauer in ihrem Blick nicht verbergen. Sie wollte das Kind, das sie so sehr liebte, nicht aufgeben.
Es ist an der Zeit, das Treffen zu beenden. Nick erhob sich. Sogleich stand auch Talia auf. Er begleitete sie zur Tür.
Diese Frau hat innerhalb von Minuten mein Leben total durcheinandergebracht. Und sie wird es noch weiter komplizieren, sofern Hattie wirklich meine Tochter ist.
Gleichzeitig mit Talia streckte er die Hand nach der Türklinke aus. Ihre Hände berührten sich. Und da war es wieder, dieses elektrische Kribbeln! Nicks Herzschlag beschleunigte sich.
Talia öffnete ein wenig die Lippen.
Nicks Blick blieb an ihrem Mund hängen. Es war ein fein geschwungener Mund, rot und sexy. Ein Mund, der geküsst werden wollte …
Dann riss Talias Stimme ihn aus seinen Gedanken. „Bitte“, sagte sie sehr leise, „wenn Hattie Ihre Tochter ist, dann schließen Sie sie in Ihr Herz und seien Sie ihr ein guter Vater. Lassen Sie nicht zu, dass man sie irgendwo in einem Heim oder in einer Pflegefamilie unterbringt.“
Erschrocken stellte er fest, dass wieder Tränen in ihren Augen standen. „Ich verspreche, dass ich die Verantwortung für Hattie übernehmen werde, wenn sie mein Kind ist“, sagte er ernst und wunderte sich selbst, dass er so bereitwillig eine solche Verpflichtung einging.
„Sie werden es nicht bereuen. Hattie ist ein bezauberndes kleines Mädchen.“ Damit wandte Talia sich endgültig zum Gehen.