Jäger der verlorenen Schlagzeile - Das Bild des Journalisten im Spielfilm der 90er Jahre - Uwe Sperlich - kostenlos E-Book

Jäger der verlorenen Schlagzeile - Das Bild des Journalisten im Spielfilm der 90er Jahre E-Book

Uwe Sperlich

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2004
Beschreibung

Magisterarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Journalismus, Publizistik, Note: 2,5, Ludwig-Maximilians-Universität München (Institut für Kommunikationswissenschaft (ZW)), Sprache: Deutsch, Abstract: [...] Daneben beschäftigt sich die Literaturwissenschaft mit der Textualität von Kinofilmen, die Theaterwissenschaft widmet sich der Dramaturgie und Schauspielführung, die Amerikanistik untersucht vorrangig den US-amerikanischen Film im Hinblick auf kulturgeschichtliche Aspekte und in der Musikwissenschaft wird die Funktion und Wirkung der Filmmusik diskutiert. Gerade ein Fach, das sich als interdisziplinäre Sozialwissenschaft versteht und sich häufig soziologischer, psychologischer oder politologischer Aspekte zur Klärung komplexer Fragestellungen bedient6, sollte die Bedeutung des Films nicht unterschätzen. Journalisten tauchen in den unterschiedlichsten Filmgenres auf. Aus Sicht der Kommunikationswissenschaft wird es dann interessant, wenn ein Journalist oder eine Journalistin eine zentrale Rolle in einem Film einnimmt und durch sein/ ihr journalistisches Handeln die Geschichte des Films direkt oder indirekt beeinflusst. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Bild der Journalisten im Spielfilm der 90er Jahre. Im theoretischen Teil wird die Grundlage für die Untersuchung gelegt indem zuerst das Berufsbild „Journalist“, sowie häufig verwendete Begriffe wie „Image“ und „Stereotyp“ kurz umrissen werden. Danach wird der Untersuchungsgegenstand „Film“ eingegrenzt. Daran schließt sich ein kurzer Überblick über die Geschichte des Journalisten im Spielfilm, sowie die nicht zu vernachlässigende Genrediskussion an. Danach werden mehrere mögliche theoretische Herangehensweisen an das Medium Film dargestellt. Im empirischen Teil werden zuerst die Forschungsfragen formuliert, danach das Forschungsdesign erläutert. Nach den Filmanalysen folgt eine Darstellung der Ergebnisse, sowie deren kritische Diskussion. Die Arbeit hat ihren kommunikationswissenschaftlichen Problembezug, denn sie versteht sich als Beitrag zur Journalismusforschung, sowie als eine Fortführung bisheriger Untersuchungen.

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Inhaltsverzeichnis
Abbildung 1: Das Grundmodell der Filmkommunikation
Abbildung 2: Phasenmodell zur Entwicklung von Genres
Abbildung 3: Das Paradigma als Strukturmodell
Abbildung 4: Gegenüberstellung Aristoteles’ Poetik/ Syd Fields Paradigma
Abbildung 5: Abhängigkeit zwischen „Story“ und „Plot“
Abbildung 6: Die Dramaturgie des populären Films
Abbildung 7: Dimensionen der Filmanalyse

Page 1

Page 2

2.1. Beruf: Journalist 4

2.2. Begriffsklärung: Image - Stereotyp - Vorurteil 6

2.3. Die Rolle der Medien bei der Imagebildung 9

2.3.1. Medien-Image und öffentliches Image

2.3.2. Funktionen von Medien-Images

3. Gegenstandseingrenzung Kino - Film - Spielfilm 11

3.1. „Film“, „Movie“ und „Cinéma“ 11 3.2. „Film“ und „Spielfilm“ 12

3.3. Der Film im Kommunikationsprozess - Filmanalyse 14

4. Die Thematisierung des Journalisten im Film 174.1. Der Stummfilm 18 4.2. Die Goldene Ära 20 4.3. Der Niedergang 22 4.4. Die Neue Welle 23 4.5. Zusammenfassung 26

5. Der Journalistenfilm: Genre oder kein Genre? 275.1. Der Begriff „Genre“ 27

5.2. Abgrenzung Journalistenfilme - Filme mit Journalisten 30

5.3. Bisheriger Forschungsstand 36

6. Dramaturgiekonzepte und Narrrationstheorien 40

6.1. Das Paradigma nach Syd Field 40

6.1.1. Modellbeschreibung

6.1.2. Kritik 6.2. Narrationstheorie nach Bordwell 46

6.2.1. Merkmale der „Classical Narration“

6.2.2. Die Bedeutung der Story

Page 3

7.1. Forschungsleitfrage 51

7.2. Weitere Forschungsfragen 51

8. Untersuchungsdesign 52

8.1. Filmkritik vs. Filmanalyse vs. Inhaltsanalyse 52 8.1.1. Filmkritik 53 8.1.2. Inhaltsanalyse 54 8.1.3. Filmanalyse 55

8.2. Methode: Kombinierte Dramaturgie- und Filmanalyse 58 8.3. Vorgehensweise 60 8.4. Untersuchungszeitraum 61

8.4.1. Problematik der Eingrenzung auf Jahrzehnte 61

8.4.2. Gründe für die Beschränkung auf die 90er Jahre 62

8.5. Kriterien für die Filmauswahl 63 8.6. Filmauswahl 65

8.6.1. Dominanz von US-Filmen gegenüber deutschen Produktionen 66

8.6.2. Ausgrenzung von Fernsehfilmen 66

9. Filmanalysen 689.1. Schtonk! (1992) 68 9.2. Hero (1992) 72 9.3. The Paper (1994) 78 9.4. I Love Trouble (1994) 82

9.5. Up Close & Personal (1996) 88

9.6. The People Vs. Larry Flynt (1996) 93 9.7. Mad City (1997) 99

9.8. Welcome To Sarajevo (1997) 105

Page 4

10. Ergebnisdiskussion 137

10.1. Alte Stereotypen in neuem Gewand:I Love Trouble, The Paper, Up Close & PersonalundTrue Crime137

10.2. Medien ohne Moral:Schtonk!, Hero, Mad CityundTomorrow Never Dies138

10.3. Journalisten am Wendepunkt ihres Lebens:The People Vs.

11. Ausblick 141

12. Literaturverzeichnis 143

13. Anhang 16113.1. Filmprotokolle 161

13.2. Stab-/Besetzungslisten der untersuchten Filme 214

Page 5

Abbildungsverzeichnis: Abbildung 1: Das Grundmodell der Filmkommunikation 16 Abbildung 2: Phasenmodell zur Entwicklung von Genres 28 Abbildung 3: Das Paradigma als Strukturmodell 41 Abbildung 4: Gegenüberstellung Aristoteles’ Poetik/ Syd Fields Paradigma 45 Abbildung 5: Abhängigkeit zwischen „Story“ und „Plot“ 47 Abbildung 6: Die Dramaturgie des populären Films 50 Abbildung 7: Dimensionen der Filmanalyse 56 Abbildung 8: Szenenfoto Schtonk! 68 Abbildung 9: Szenenfoto Hero 73 Abbildung 10: Szenenfoto The Paper 78 Abbildung 11: Szenenfoto I Love Trouble 82 Abbildung 12: Szenenfoto The People Vs. Larry Flynt 93 Abbildung 13: Szenenfoto Mad City 99 Abbildung 14: Szenenfoto Tomorrow Never Dies 113 Abbildung 15: Szenenfoto True Crime 118 Abbildung 16: Szenenfoto The Insider 123 Abbildung 17: Szenenfoto Almost Famous 130

Page 1

1. Einleitung

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts liegen über 100 Jahre Filmgeschichte hinter uns. Vordergründig geht es im Kino ums Geschichtenerzählen. Erst beim zweiten, genaueren Hinsehen erkennt man eventuell auch eine Intention des Regisseurs. In dieser beinahe nicht mehr zu überblickenden Fülle an Geschichten, die uns, unseren Eltern, Großeltern, ja vielleicht sogar unseren Urgroßeltern auf der Leinwand erzählt wurden, war jede nur erdenkliche Berufsgruppe vertreten. Von den ganz alltäglichen Berufen wie Rechtsanwälten, Ärzten, Polizisten, Hausfrauen oder Kellnerinnen, bis hin zu so phantastischen Berufen wie Rittern und Sternenkriegern. Mitunter wird uns auf der Leinwand ein Metier präsentiert, das wir so gar nicht kennen, oder ohne einen dazugehörigen Film nie in unser öffentliches Bewusstsein aufgenommen hätten. 1991 setzte beispielsweise Ron Howard den Feuerwehrmännern in seinem FilmBackdraftein filmisches Denkmal und beförderte sie in einen Heldenstatus. Eine Entsprechung in der Wirklichkeit erfuhren sie erst im Jahr 2001 durch die furchtbaren Terroranschläge des 11. September auf das World Trade Center in New York City und das Pentagon in Washington D.C. Anders verhält es sich mit dem Bild der Journalisten.

Journalisten tauchen in Film und Fernsehen mit guter Regelmäßigkeit auf und sind manchmal so unscheinbar, dass man sie nicht mehr bewusst wahrnimmt. Warum sollte diese Berufsgruppe also eine Besonderheit darstellen? Oft als vierte Macht im Staat beschworen1, prägen Journalisten unser Weltbild durch ihre Berichte, Meinungen und Kommentare in Fernsehen, Hörfunk und Presse. Aber wie verhält es sich, wenn diese Berufsgruppe ihre gewohnte Bühne der Realität2verlässt und sie gegen die Illusion der Leinwand eintauscht?

Im Alltag steht die Nachricht meist im Vordergrund, der Journalist jedoch bleibt im Hintergrund. Auf der Leinwand sind die Vorzeichen vertauscht: Dort steht auf einmal der Journalist im Rampenlicht und kann sich nicht mehr hinter dem Deckmantel seiner Reportage verstecken. Diejenigen, die so oft unseren Alltag beobachten, werden nun selbst zu Beobachteten. Schon Meisterregisseur Alfred Hitchcock gab zu, gerne Voyeur zu sein und zeigte auch schon mal einem Foto-

1Vgl.Pürer, Heinz und Johannes Raabe (1996): Medien in Deutschland. Bd. 1: Presse.

2., korrigierte Auflage. Konstanz: UVK Medien, S. 260.

2Wobei in diesem Zusammenhang die Frage außen vor bleibt, was wir als „Realität“

wahrnehmen und ob die Präsentation von Nachrichten oder Berichten in Fernsehen, Radio oder Zeitung tatsächlich die Realität vermitteln.

Page 2

graphen seine Grenzen auf: Sein FilmRear Window(Das Fenster zum Hof) aus dem Jahre 1954 zeigt, wie das Eindringen in die Privatsphäre anderer Menschen durch das Auge einer Kamera durchaus gefährlich werden kann.3Viele Filme fördern dabei nicht nur die Licht- sondern oft genug auch die Schattenseiten dieses Berufsstands zu Tage. Journalistisches (Fehl-)verhalten, persönliche bzw. innere (Gewissens-)konflikte oder moralisch fragwürdige Recherchemethoden liefern den Stoff vieler Filme.

Journalisten im Spielfilm sind schon eine eigenartige Zunft. Wie werden sie in Filmen dargestellt und charakterisiert? Wie gehen Journalisten im Film mit den Herausforderungen ihres Berufes um? Dies sind nur einige Fragen, die im Verlauf dieser Arbeit untersucht werden sollen.

In der Kommunikationswissenschaft wird das Massenmedium Film gerne mit dem Verweis auf eigene Studiengänge zur Filmwissenschaft und den Filmhochschulen vernachlässigt.4Das Medium Film verlangt jedoch nach einer interdisziplinären Auseinandersetzung, da es sonst gar nicht in all seinen Dimensionen erfasst werden kann. Beispiele hierfür finden sich unter Anderem in der Aufsatzsammlung „Filmanalyse interdisziplinär“: So untersucht beispielsweise die Musikwissenschaftlerin Helga de la Motte-Haber die Musik im Hollywoodfilm.5Daneben beschäftigt sich die Literaturwissenschaft mit der Textualität von Kinofilmen, die Theaterwissenschaft widmet sich der Dramaturgie und Schauspielführung, die Amerikanistik untersucht vorrangig den US-amerikanischen Film im Hinblick auf kulturgeschichtliche Aspekte und in der Musikwissenschaft wird die Funktion und Wirkung der Filmmusik diskutiert. Gerade ein Fach, das sich als interdisziplinäre Sozialwissenschaft versteht und sich häufig soziologischer, psy-

3Vgl.Fründt, Bodo (1986): Alfred Hitchcock und seine Filme. 3. Aufl. München: Heyne,

S.168. und Truffaut, François (1973): Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? 20. Aufl. 1998. München: Heyne, S. 210 ff.

4Auch die ARD/ ZDF Langzeitstudie zur Mediennutzung 1970 - 2000 ignoriert den Film

als Massenmedium, dagegen wird beispielsweise das Medium Internet für das Jahr 2000 zum ersten Mal mit aufgeführt, obwohl der Film nach der Tageszeitung das älteste Massenmedium ist. (Vgl. Van Eimeren, Birgit u. Christa-Maria Ridder: Trends in der Nutzung und Bewertung der Medien 1970 bis 2000. In: Media Perspektiven 11/2001, S. 538 - 553.

5Vgl. Korte, Helmut und Werner Faulstich (Hrsg.) (1988): Filmanalyse interdisziplinär.

Beiträge zu einem Symposium an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Göttingen: Vandenhoeck u. Ruprecht. (Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik: Beiheft; 15), S. 64 - 72.

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chologischer oder politologischer Aspekte zur Klärung komplexer Fragestellungen bedient6, sollte die Bedeutung des Films nicht unterschätzen. Journalisten tauchen in den unterschiedlichsten Filmgenres auf. Aus Sicht der Kommunikationswissenschaft wird es dann interessant, wenn ein Journalist oder eine Journalistin eine zentrale Rolle in einem Film einnimmt und durch sein/ ihr journalistisches Handeln die Geschichte des Films direkt oder indirekt beeinflusst.

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Bild der Journalisten im Spielfilm der 90er Jahre. Im theoretischen Teil wird die Grundlage für die Untersuchung gelegt indem zuerst das Berufsbild „Journalist“, sowie häufig verwendete Begriffe wie „Image“ und „Stereotyp“ kurz umrissen werden. Danach wird der Untersu-chungsgegenstand „Film“ eingegrenzt. Daran schließt sich ein kurzer Überblick über die Geschichte des Journalisten im Spielfilm, sowie die nicht zu vernachlässigende Genrediskussion an. Danach werden mehrere mögliche theoretische Herangehensweisen an das Medium Film dargestellt. Im empirischen Teil werden zuerst die Forschungsfragen formuliert, danach das Forschungsdesign erläutert. Nach den Filmanalysen folgt eine Darstellung der Ergebnisse, sowie deren kritische Diskussion.

Die Arbeit hat ihren kommunikationswissenschaftlichen Problembezug, denn sie versteht sich als Beitrag zur Journalismusforschung, sowie als eine Fortführung bisheriger Untersuchungen.

6Vgl. Pürer, Heinz (1993): Einführung in die Publizistikwissenschaft. 5., überarbeitete

Auflage. München: Ölschläger, S. 69 ff.

Page 4

Theoretischer Teil

2. Beruf: Journalist - Image, Stereotypen und Vorurteile

In der öffentlichen Diskussion und im Zusammenhang mit Filmbesprechungen spielen immer wieder Begriffe wie „Image“, „Stereotyp“ und „Vorurteil“ eine Rolle wenn es darum geht, sich eine Vorstellung von bestimmten Personen oder Gruppen zu machen und diese zu charakterisieren, oder deren Handeln zu deuten. Im Film gilt beispielsweise der Westernheld als wortkarger Outlaw, der sich meist auf beiden Seiten des Gesetzes bewegt, Marilyn Monroe wurde Zeit ihres Lebens das Image der ‚dummen Blondine’ nicht los, während dagegen der Detektiv im Film Noir meist das Stereotyp eines zynischen, desillusionierten und unsicheren Einzelgängers inne hatte.7Auch Journalisten -gleich ob auf der Lein-wand oder in der Realität- sind mit gewissen, vorgefassten Meinungen oder Einstellungen behaftet. Um diese Feststellung im weiteren Verlauf untersuchen zu können, wird zunächst das Berufsbild umrissen.

2.1. Beruf: Journalist

Da die Berufsbezeichnung „Journalist“ in Deutschland unter keinem besonderen Schutz steht, kann sich folglich jeder in Berufung auf Artikel 5 des Grundgesetzes auf freie Meinungsäußerung als „Journalist“ bezeichnen.8Und dennoch gibt es in der Literatur eindeutige Aussagen darüber, wer als Journalist gelten kann. In der Kommunikationswissenschaft wird die Vielfalt journalistischer Betätigungsfelder allgemein unter dem Begriff „Kommunikator“ zusammengefasst. Dieser Überbegriff verhindert zum einen, dass man den Blick nur auf bestimmte Gesichtspunkte publizistischer Arbeit lenkt, man versteht zum anderen unter diesem Begriff sowohl die Einzelperson, als auch gesamte journalistische Gruppen oder Organisationen und sogar bestimmte Rollenmuster.9

7Vgl. dazu unterschiedliche Themenartikel in: Microsoft Cinemania 1992 - 97. CD-ROM.

Redmond: Microsoft Electronic Publishing, 1993- 97. s.v. „Western“, „film noir“ und „Marilyn Monroe“.

8Vgl. Donsbach, Wolfgang (1996): Journalist. In: Noelle-Neumann, Elisabeth, Winfried

Schulz, Jürgen Wilke (Hrsg.): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. S.64

- 91, S. 64.

9Vgl. Weischenberg, Siegfried (1995): Journalistik. Theorie und Praxis aktueller

Medienkommunikation. Band 2: Medientechnik, Medienfunktionen, Medienakteure. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 376.

Page 5

Das Fischer Lexikon Publizistik/ Massenkommunikation verweist in seiner Begriffsbestimmung auf die Vorgaben des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) und definiert als Journalist „wer hauptberuflich an der Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung durch Massenmedien beteiligt ist.“10Pürer geht in seiner Auslegung des Begriffs noch detaillierter vor und definiert Kommunikatoren als

„Journalisten und Medienmitarbeiter bei Presse, Rundfunk (=Hörfunk

und Fernsehen), Film, usw., die direkt oder indirekt, offen oder ver-

deckt an der Entstehung, Be- und Verarbeitung, Selektion, Präsenta-

tion und Publikation journalistischer Aussagen -oder besser: der über

die Medien vermittelten Inhalte, welcher Art auch immer -beteiligt sind.“11

Er schließt hierdurch explizit die Bereiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit mit ein.12Weischenberg jedoch grenzt Journalisten als Medienakteure funktional von den Akteuren im Bereich Öffentlichkeitsarbeit ab.13Neben diesen beiden Deutungen existieren eine Vielzahl an Definitionsversuchen, die bis in die Anfänge der Journalismusforschung zurückreichen.14Weischenberg plädiert dagegen für eine vielschichtigere Sichtweise des Journalismusbegriffs, vor allem aufgrund der zunehmenden Kommerzialisierung und Technisierung in der Medienbranche.15Für Weischenberg liefert die Systemtheorie diesen Ansatz, denn sie versteht „den Journalismus als Handlungszusammenhang, der in soziale Prozesse ein-gebunden ist.“16Die Journalisten als Medienakteure bilden hierbei jedoch nur ein Teil der Betrachtung, sie sind eingebunden in ein komplexes System, das sich aus verschiedenen Kontextebenen zusammensetzt. Dies sind zum einen der Normenkontext (das Mediensystem) und der Strukturkontext (die Medieninstituti-

10Zit.b.: Donsbach, W. (1996): a.a.O., S. 64.

11Pürer, H. (1993): a.a.O., S. 32.

12Vgl. ebd.

13Vgl. Weischenberg, Siegfried (1995): Journalistik. Theorie und Praxis aktueller

Medienkommunikation. Band 2: Medientechnik, Medienfunktionen, Medienakteure. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 375.

14Vgl. dazu die Gegenüberstellung verschiedenster Definitionsversuche des

Journalismusbegriffs, angefangen mit Robert E. Prutz über Emil Dovifat, Elisabeth Noelle-Neumann bis hin zu Manfred Rühl und Kurt Koszyk in: Weischenberg, Siegfried (1992): Journalistik. Theorie und Praxis aktueller Medienkommunikation. Band 1: Mediensysteme, Medienethik, Medieninstitutionen. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 38 - 40.

15Vgl. ebd., S.41.

16Ebd.

Page 6

onen), zum anderen der Funktionskontext (die eigentlichen Medienaussagen) und der Rollenkontext (die Medienakteure).17

Da sich diese Definition jedoch mehr auf das Handlungssystem „Journalismus“ und nicht so sehr auf den Kommunikator konzentriert, wird ihr für den Bereich dieser Arbeit keine weitere Bedeutung beigemessen. Bei einem Vergleich von deutschen und US-amerikanischen Studien im Bezug auf die journalistische Berufsgruppe stellt Weischenberg folgendes fest: „Der ‚typische nordamerikanische Journalist’ weist (...) große Ähnlichkeiten zum ‚typischen deutschen Journalisten’ auf.“18Diese Feststellung ist insbesondere von Bedeutung, wenn man bei der Untersuchung von US-Filmen von einer deutschen Definition des Journalistenbegriffs ausgeht. Daher kann die Definition des Kom-munikators nach Pürer für den Rahmen dieser Untersuchung als ausreichend angesehen werden. Der einzige Unterschied zum deutschen Journalisten besteht darin, dass der US-Journalist eher in einem festem Arbeitsverhältnis steht und meist bei den etablierten Nachrichtenmedien wie Tages- oder Wochenzeitungen, Hörfunk und Fernsehen arbeitet.19

2.2. Begriffsklärung: Image - Stereotyp - Vorurteil

Für die nachfolgende Begriffsklärung muss ein kurzer Exkurs in die Psychologie, insbesondere der Sozial- bzw. Medienpsychologie unternommen werden.20Es wird dabei immer wieder darauf hingewiesen, dass die Bezeichnungen „Vorurteil“, „Image“ und „Stereotyp“ lange Zeit substituierbar verwendet wurden.21Der Begriff „Stereotyp“ wurde erstmals 1922 von Lippmann geprägt und hat seitdem Einzug in verschiedene Forschungsdisziplinen gehalten. Aus diesem Grund existieren auch unterschiedliche Definitionsversuche. Lippmanns ursprünglich wertfreie Sichtweise des Begriffs „Stereotyp“ versteht darunter „verfestigte, schematische, objektiv weitgehend unrichtige kognitive Formeln, die zentral ent-

17Vgl.dazu eine ausführlichere Darstellung des Modells in Weischenberg, S. (1992).

a.a.O., S. 68 ff.

18Weischenberg, S. (1995): a.a.O., S. 455.

19Vgl. ebd.

20Wobei die nachfolgenden Ausführungen lediglich der Begriffsbestimmung für diese

Arbeit dienen können. Eine umfassende Darstellung der Stereotypen- bzw. Imageforschung kann an dieser Stelle nicht geleistet werden.

21Vgl. u.a. bei: Dröge, Franz W. (1967): Publizistik und Vorurteil. Münster: Verlag

Regensberg., S. 122. und Schäfer, Roland (1988): Leben und sterben für den Scoop. Der Journalist im US-Spielfilm. München: unveröffentlichte Diplomarbeit zur Erlangung des Grades eines Diplom-Journalisten der LMU München, S. 11 f.

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scheidungserleichternde Funktion in Prozessen der Um- und Mitweltbewältigung haben.“22In der Sozialpsychologie wird dieser Begriff aufgefasst als „eine sozial erworbene und kulturell verankerte Stellungnahme kognitiver und affektiver Art, verbunden mit der Erwartung von Verhaltensweisen, die zwischen Makrosystemen und Gesamtgesellschaften differenzieren.“23Im speziellen Hinblick auf den Kinofilm definiert Schäfer das Filmstereotyp als

„Abbildung des Mitglieds einer sozialen Gruppe durch audiovisuelle

Mittel in einer Kommunikationssituation, die bei Rezipienten über die

konkrete Situation hinaus visuelle Bewußtseinsinhalte latent oder

dauerhaft bewirken oder beeinflussen kann. Diese Inhalte werden auf

die gesamte soziale Gruppe des Mitglieds oder Teile von ihr verall-

gemeinert und bestimmen die Erwartungshaltung des Rezipienten der sozialen Gruppe gegenüber.“24

In der Medienpsychologie werden eher Begriffe wie „soziale Einstellungen“ und „Vorurteile“ thematisiert, als die Begriffe „Image“ und „Stereotyp“, obwohl sie in einem klaren Bedeutungszusammenhang stehen. Der Begriff „Vorurteil“ wird dabei heute nicht mehr nur negativ im Bezug auf Verhaltensweisen gesehen, sondern eher im Hinblick auf den Ablauf der Wahrnehmung von Objekten.25So ermöglichen Vorurteile eine einfache Einordnung von Objekten nach Kategorien (z.B. das ‚Schubladendenken’ hinsichtlich Personen einer bestimmten Gruppe), wobei die Bewertung der Objekte an soziale Normen geknüpft ist und die sog. Fremdgruppe meist negativer beurteilt wird.26Besonders herauszustellen ist dabei, dass Vorurteile, im Gegensatz zu Einstellungen „mehr durchindirekteals durch direkte Erfahrungen mit den Umweltobjekten erworben“27werden. Dies spricht dafür, dass den Medien eine gewisse Mitverantwortung an bestimmten vermittelten Vorurteilen zugesprochen werden kann. Außerdem sind Vorurteile nur äußerst schwer zu entkräften oder gar zu verändern, selbst wenn gegensätzliche Informationen vorhanden sind.28

22Bergler, Reinhold und Bernd Six (1972): Stereotype und Vorurteile. In: Gottschaldt, K.,

u.a. (Hrsg.): Handbuch der Psychologie in 12 Bänden. 2. Halbband: Sozialpsychologie

- Forschungsbereiche. Göttingen: Verlag für Psychologie. S. 1371 - 1432, S. 1371.

23Witte, Erich H. (1989): Sozialpsychologie: ein Lehrbuch. München: Psychologie- Verl.

Union, S. 261.

24Schäfer, R. (1988): a.a.O., S. 17.

25Vgl. Six, Ulrike (1982): Einstellungen und Vorurteile. In: Kagelmann, H. Jürgen und

Gerd Wenninger (Hrsg.): Medienpsychologie. S. 18 - 25, S. 20.

26Vgl. ebd.

27Ebd.

28Vgl. ebd.

Page 8

Der Begriff „Image“ wird lexikalisch vor allem in der Markt- und Werbepsychologie festgemacht, welches ein mit bestimmten Erwartungen verknüpftes Vorstellungsbild bezeichnet, das man von einem Markenartikel oder einer Persönlichkeit hat.29Wurde der Begriff früher mit dem Begriff „Stereotyp“ weitgehend gleichgesetzt und nur im Bezug auf die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt gesehen30, so lässt sich heute folgende grundlegende Unterscheidung treffen, die Dröge bereits in Ansätzen erkannte, denn „den images (sic!) [fehlt, Anm. d. Verf.] der Sinn der ‚dauernden Form’, des Langlebigen.“31Infolgedessen ist ein „Image“ wandelbar, d.h. es kann sich verändern, sowohl in positiver, wie in negativer Weise, während das Stereotyp ähnlich wie das Vorurteil nahezu unveränderbar ist. Es ist daher auch anzunehmen, dass aufgrund des gesellschaftlichen Wandels gewisse Stereotypen entweder ganz verschwinden oder durch andere, neue Stereotypen ersetzt werden.

Doch wie entsteht nun ein Image? Es lassen sich nach Bergler vier ineinander greifende Vorgänge unterscheiden, die bei der Imagebildung eine Rolle spielen:32

1. Vereinfachung der Realität durch Einordnung der Umweltwahrnehmung in bestimmte Gruppen (Typologisierung)

2. Verallgemeinerung individueller Erfahrungen

3. Überverdeutlichung eines bestimmten Merkmals, d.h. bestimmte Eigenschaften eines Gegenstands, über den man sich ein Image bildet, werden herausgestellt und besonders betont.

4. Positive oder negative Bewertung des gewonnenen Bildes.

Auf die Bedeutsamkeit von Images innerhalb der öffentlichen Kommunikation hat bereits Maletzke in seinem Feldschema der Massenkommunikation hingewiesen. In seinem Modell spielen sowohl das ‚Bild vom Rezipienten beim Kommunikator’, als auch das ‚Bild vom Kommunikator beim Rezipienten’ eine wichtige Rolle.33

29Vgl. LexiROM 4.0 Edition 2000 (1999). CD-ROM. 1995-1999 Microsoft Corporation und

Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus AG. s.v. „Image“.

30Vgl. Dröge, F. (1967): a.a.O., S. 123.

31Ebd.

32Vgl. die Darstellung in Bentele, Günter (1992): Images und Medien-Images. In:

Faulstich, Werner (Hrsg.) : Image, Imageanalyse, Imagegestaltung. S. 152 - 176, S. 154.

33Vgl. ebd., S.155. Auf Maletzkes Feldschema kann an dieser Stelle nicht näher

eingegangen werden. Es ist neben der Erstveröffentlichung in Maletzke, Gerhard (1963): Psychologie der Massenkommunikation. Theorie und Systematik. Hamburg: Hans-Bredow-Instiut, unter anderem dargestellt in: Pürer, H. (1993): a.a.O., S. 151.

Page 9

Während in der Marktforschung zwischen „Brand-Image“, „Corporate-Image“ und „Advertising Image“ unterschieden wird, lassen sich ganz allgemein zwei Imagetypen unterscheiden, nämlich das „Selbstimage“ und das „Fremdimage“. Das Bild, das eine Organisation oder eine Person von sich selbst hat, bezeichnet man demzufolge als Selbstimage, während die Vorstellung, die andere von einem selbst haben als Fremdimage bezeichnet wird.34

Welchen Einfluss die Medien bei diesem Vorgang haben, soll im nachfolgenden Abschnitt geklärt werden.

2.3. Die Rolle der Medien bei der Imagebildung

Alle Informationen, die wir nicht direkt aus der sozialen Wirklichkeit aufnehmen können, werden uns über die Medien vermittelt. Dies gilt sowohl für die Nachrichten in Zeitung und Hörfunk, als auch für die Lektüre eines Buches oder die Rezeption eines Films um nur einige Beispiele zu nennen.35Aufgrund der Tatsache, dass die Mehrheit der rezipierten Information über eine Kette von gesellschaftlichen Informationsträgern, meist in medialer Form, in Umlauf gebracht wird, werden folglich auch Images von Personen oder Organisationen als ein Teil des Informationsflusses mitgeliefert. Das Publikum, das diese medialen Informationen aufnimmt und für sich aufbereitet, erhält so automatisch, quasi als ein Nebenprodukt, die von den Medien vermittelten Images mitgeliefert.36Hierfür ver-antwortlich sind zum einen die Image-Produzenten, die ein bestimmtes Objekt, sei es eine Person, eine Institution oder einen bestimmten Sachverhalt mit einem Image belegen möchten. Zum anderen müssen auch Image-Rezipienten vorhanden sein, die es bewusst oder unbewusst aufnehmen und bewerten. Ermöglicht wird dieser Transfer durch die medialen Formen, bzw. die Medienrealität.37

2.3.1. Medien-Image und öffentliches Image

Bentele erachtet es als notwendig, zwischen ‚öffentlichem Image’ und ‚Medien-Image’ zu unterscheiden. Das öffentliche Image umfasst dabei „Images von Personen, Institutionen oder Objekten/ Sachverhalten, die in der Öffentlichkeit entstehen bzw. produziert werden und über die Medien vermittelt vom Publikum

34Vgl. Bentele, G. (1992): a.a.O., S. 156.

35Vgl. ebd., S. 160.

36Vgl. ebd., S. 161.

37Vgl. ebd.

Page 10

aufgenommen werden.“38Images entstehen dabei entweder als Nebenprodukt der öffentlichen Informationsvermittlung oder aber bewusst gesteuert durch Public Relations oder journalistische Kommunikatoren.39Medien-Images sind als ein Teil von öffentlichen Images zu sehen, wobei sich diese speziell auf die Medieninstitutionen beziehen. Medien-Images entstehen durch die Rezeption von Medienrealität beim Zuschauer, wobei sich dieses Image sowohl auf den Medienbetrieb an sich, als auch einzelne dort beschäftigte Personen beziehen kann.40Medien-Images entstehen jedoch „immer in Abhängigkeitsbeziehung von und mit den Rezipienten.“41Folglich sind Images, die aufgrund einer bestimmten Darstellung von Journalisten im Film entstehen, als ein Bestandteil von Medien-Images zu sehen.

2.3.2. Funktionen von Medien-Images

Es lassen sich nach Bentele drei Grundfunktionen von Medien-Images differenzieren:42

1. Kognitionsökonomische Funktion 2. Kommunikative Funktion 3. Ökonomische Funktion

Unter der kognitionsökonomischen Funktion versteht man einen Vereinfachungsprozess für das Verständnis von Zusammenhängen der sich beim Entstehen von Medien-Images herausbildet. Vor allem aufgrund einer gewissen Zeitknappheit entsteht dieser Zwang zur Vereinfachung.43Die gleichzeitige Ausprägung und Verbreitung von Medien-Images während des ‚regulären’ Kommunikationsvorgangs ist als deren kommunikative Funktion zu sehen. Da sie entweder wertend oder nicht-wertend angelegt sind, „steuern sie auch das kommunikative Verständnis, die Interpretation und die Rezeption insgesamt.“44

Die ökonomische Funktion der Medien-Images ist die offensichtlichste, denn sie beeinflussen und steuern die Mediennutzung und -rezeption und sind somit zu einem gewissen Grad mitverantwortlich für Reichweiten, Einschaltquoten und

38Ebd., S. 161 f.

39Vgl. ebd., S. 162.

40Vgl. ebd.

41Ebd., S. 163.

42Vgl. ebd., S. 163 ff.

43Vgl. ebd., S. 165.

44Ebd.

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Marktanteile von bestimmten Medien. Daraus erwächst für konkurrierende Medienunternehmen die Notwendigkeit, Imageanalysen durchzuführen und ggf. Korrekturen am Selbstimage mittels zusätzlicher PR-Aktionen zu veranlassen.45Das Image der Berufsgruppe „Journalist“ beispielsweise rangiert nach wie vor im unteren Bereich der Beliebtheitsskala in der Bevölkerung. Der Allensbacher Berufsprestige-Skala 2001 zufolge, verzeichnete der Journalistenberuf im Vergleich zum Jahr 1999 zwar einen Zuwachs von vier Prozent auf 18 Prozent, aber er bewegt sich damit noch immer im unteren Drittel.46Für Weischenberg ist dies vor allem historisch begründet: „Traditionell ist das Sozialprestige der journalistischen Berufsgruppe nicht besonders hoch; dies führen nicht nur zahlreiche literarische Darstellungen vor.“47Folglich haben also auch Filme, die Journalisten entweder in einem negativen oder positiven Licht darstellen, einen gewissen Einfluss auf das Image der Berufsgruppe insgesamt. Und obwohl zu Beginn des 20. Jahrhunderts die mangelnde Professionalisierung innerhalb der Berufsgruppe verantwortlich für diesen schlechten Ruf war, hat sich bis heute trotz der zunehmenden Professionalisierung nicht allzu viel an diesem Image geändert.48

Wenn wir in der heute vorherrschenden Pluralität der Massenmedien von einem „Film“ sprechen, so ist es nicht immer ganz eindeutig, was damit eigentlich gemeint ist. Ein Film kann Vieles sein: Ein Dokumentarfilm, ein Fernsehspiel, ein Urlaubsvideo, ein filmisches Essay, ein Experimentalfilm, ein Videoclip, usw. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen und deutet nur annähernd an, wie unpräzise der Begriff „Film“ gefasst ist.49In den USA unterscheidet man dagegen häufig zwischen „movies“ und „films“. Mit „movies“ bezeichnet man nicht nur das filmische Werk an sich, sondern bezieht auch den ökonomischen Faktor mit ein und

45Vgl. ebd., S. 166.

46Vgl. Institut für Demoskopie Allensbach (2001): Ärzte und Pfarrer weiterhin vorn. Die

Allensbacher Berufsprestige-Skala 2001. Allensbacher Berichte Nr. 16/ 2001. Online abrufbar unterhttp://www.ifd-allensbach.de

47Weischenberg, S. (1995): a.a.O., S. 435.

48Vgl. ebd.

49Vgl. Monaco, James (2000a): Film verstehen. Kunst, Technik, Sprache, Geschichte

und Theorie des Films und der Medien. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 230.

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erweitert den Begriff so um die gesamte Industrie.50Im Deutschen wäre der Begriff „Kino“ die am ehesten treffende Entsprechung. Für das französische Wort „cinéma“, das die Ästhetik und innere Struktur der Kinokunst bezeichnet, gibt es hingegen keine deutsche Übersetzung.51

Hickethier ordnet dem Begriff „Film“ ebenfalls mehrere Bedeutungsebenen zu: Zum einen wird der Begriff im Alltag mit der Film- und Medienwirtschaft gleichgesetzt, aber auch sowohl mit dem einzelnen Produkt, als auch mit dessen Gesamtheit. Hinzu kommt für Hickethier allerdings auch noch die Seite des Zuschauers und dessen Umgang mit einem filmischen Werk, die Rezeption.52Opl reduziert den Filmbegriff dagegen radikal. Für ihn setzt sich der „Film“ alleinig zusammen aus „den technisch vermittelten, (re)produzierten Bildern und Tönen von etwas real Existierendem.“53Nach dieser Definition ist ein Film also bereits mit dem Monitorbild einer Überwachungskamera existent und umfasst im Prinzip alle audiovisuellen Darstellungsformen. „Film“ wird damit als übergeordneter Begriff für „diese spezifische Form der optischen und akustischen Vermittlung“54angesehen.

3.2. „Film“ und „Spielfilm“

Wie lassen sich nun die Begriffe „Film“ und „Spielfilm“ voneinander abgrenzen? Faulstich liefert hierfür ein eindeutiges Unterscheidungsmerkmal: Film ist genauso wie das Radio, die Zeitung oder das Fernsehen ein Medium, das über seinen Vermittlungskanal entweder fiktionale oder nicht-fiktionale Inhalte übermittelt. In allen Mediengattungen kommt diese Unterscheidung vor. Ein Lehrfilm für Kfz-Mechaniker über den Austausch eines Reifens ist demnach zwar ein Film, jedoch noch kein Spielfilm.55Jeder Spielfilm vermittelt „Fiktion im Sinne fiktionaler Litera-

50Wobeinoch hinzuzufügen wäre, dass auch die privaten deutschen Fernsehsender

immer häufiger den Begriff „Movie“ für ihre Eigenproduktionen verwenden und ihn so quasi „eindeutschen“, ohne sich aber dessen Bedeutung wirklich bewusst zu sein. Im Printbereich fällt dies ebenfalls durch Zeitschriftentitel wie zum Beispiel „TV-Movie“ auf.

51Vgl. Monaco, J. (2000a): a.a.O., S. 230.

52Vgl. Hickethier, Knut (2001): Film- und Fernsehanalyse, 3., überarb. Auflage. Stuttgart

& Weimar: Metzler, S. 5.

53Opl, Eberhard (1990): Das filmische Zeichen als kommunikationswissenschaftliches

Phänomen. München: Ölschläger, S. 20.

54Ebd.

55Vgl. Faulstich, Werner (1988): Die Filminterpretation. Göttingen: Vandenhoeck u.

Ruprecht, S. 8 f.

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tur.“56Dies beschränkt sich nicht nur auf die sogenannte Literaturverfilmung, der beispielsweise eine Kurzgeschichte als Vorlage diente. Ein Originalsdrehbuch ist -selbst wenn es auf einer wahren Begebenheit beruht- demnach ebenso fiktionale Literatur wie die Adaption eines Shakespeare-Stückes für die Leinwand.57Monaco liefert in der Auseinandersetzung um den Begriff „Film“ den wohl momentan praktikabelsten Lösungsansatz, der hier deshalb in voller Länge wiedergegeben werden soll:

„In dieser gegenwärtigen Ära erscheint der Film am ehesten als Teil

des weitgefächerten Angebots der Unterhaltungs- und Kommunikati-

onsmedien, die eindeutig durch das Fernsehen in all seinen Formen

dominiert werden. (...) Zwar dient das Kino immer noch als Prestige-Modell für diese anderen Medien, doch zunehmend muß der Film in

diesem weiteren Zusammenhang verstanden werden. Die Herstel-

lung von Kinofilmen ist lediglich eine der zahlreichen Facetten dieser

neuen Medienwelt. Tatsächlich brauchen wir heute einen neuen Beg-riff, durch den allgemein die Produktion audiovisueller Kommunikation

und Unterhaltung bezeichnet wird. Ob diese noch unbenannte, doch

allgegenwärtige Form auf Filmmaterial produziert wird, auf Magnet-

band oder auf Platte (...), ob sie durch Kino, Rundfunk, Kabel, Platte

oder Band zu uns gelangt- unser Erlebnis läuft im Grunde auf das-

selbe hinaus. Wenn wir also hier über movies/ film/ cinéma sprechen,

so schließen wir meist auch die anderen Medienformen mit ein. Den

Film heute kann man als Synthese all jener Kräfte verstehen, die zu anderen Zeiten jeweils zu dominieren schienen.“58

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich daher ausschließlich mit dem immer noch marktbeherrschenden narrativen Spielfilm.59Dieser wurde zunächst primär für die Aufführung im Kino konzipiert, ist jedoch seit dem Boom des Videomarktes in den 80er und 90er Jahren und durch das ständig wachsende Programmangebot des Fernsehens mittlerweile durch eine lange Verwertungskette gekennzeichnet.60Sie klammert dabei bewusst den Fernsehfilm aus, nicht nur aufgrund des

56Ebd., S.9.

57Vgl. ebd.

58Monaco, J. (2000a): a.a.O., S. 233.

59Im Gegensatz zum Dokumentar- oder Kunstfilm. Vgl. ebd., S. 230.

60Diese Verwertungskette ist wie folgt gekennzeichnet: Sechs Monate nach Kinostart

erscheint ein Film i.d.R. als Verleihvideo, nach weiteren sechs Monaten erscheint das Kaufvideo, bzw. neuerdings die DVD. Nach insgesamt 18 Monaten erfolgt dann die Ausstrahlung im Pay-TV und frühestens 24 Monaten nach Kinostart kann ein Film dann im öffentlich-rechtlichen bzw. im privaten Fernsehen gezeigt werden. Allerdings kommt es neuerdings bei vielen Filmen zu einer sog. Direktvermarktung bereits sechs Monate nach Kinostart, d.h. es erscheint ohne vorherigen exklusiven Videothekenverleih gleich eine Kaufkassette oder DVD. Vgl. hierzu auch: Uka, Walter (2000): Video. In: Faulstich, Werner (Hrsg.): Grundwissen Medien. S. 392 - 412. S. 401 f.

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oben genannten Prestige-Charakters eines Spielfilms61, sondern weil der Kinofilm quasi als „Urform“ audiovisuellen Erzählens im 20. Jahrhundert anzusehen ist. Auch Eder weist auf die besondere Bedeutung des Spielfilms hin: „Er ist der Fa-vorit der Primetime; eine Erzählform, die ‚amphibisch’ zwischen den Dispositiven Fernsehen, Kino und Video wechseln kann.“62

Wie auch schon in Eders Untersuchung, beschränkt sich die vorliegende Arbeit auf „fiktionale Filme des europäisch-amerikanischen Kulturkreises, und zwar auf solche der ‚abendfüllenden’ Länge von 90 bis 180 Minuten.“63

3.3. Der Film im Kommunikationsprozess - Filmanalyse

Jeder Film vermittelt ähnlich wie andere Kommunikationsprodukte Meinungen, Ansichten und Kommentare seiner Macher zu einer bestimmten Thematik. Oft werden die Intentionen nicht explizit gezeigt, sondern eher durch das Handeln der Personen impliziert, meist ist es der Protagonist, seltener der Antagonist. Die Wirkung die das Medium Film haben kann, sind dabei nicht zu unterschätzen. Zum einen wäre da die heute belächelte Reaktion des Publikums auf die ersten Filmvorführungen zu nennen: Da die Zuseher das Medium nicht kannten, verließen viele fluchtartig die Vorführung des FilmsL’arrivée d’un train en gareder Lumière-Brüder im Jahr 1895, weil sie glaubten, dass der im Film gezeigte Zug auf sie zufährt.64

Zum anderen denke man auch an die Propagandafilme des Dritten Reichs, die durch gezielte negative Darstellung von Juden bestimmte Ansichten beim Zuseher hervorrufen sollten und eine Einstellungsänderung bzw. Motivation der Bevölkerung zum Ziel hatten. Wie lässt sich nun der Film einordnen? Schaaf liefert folgende Erklärung: „Der Film wird als Medium innerhalb eines Kommunikationsprozesses verstanden - er ist das Kommunikat einer Institution (oder als Son-

61Manstelle sich dafür beispielsweise nur Premieren von Filmen wieStar Wars, Harry

PotteroderLord of the Ringsim Fernsehen vor, die nicht annähernd an den Ereignischarakter einer Aufführung im Kino heranreichen könnten.

62Eder, Jens (1999): Dramaturgie des populären Films: Drehbuchpraxis und Filmtheorie.

Hamburg: LIT Verlag, S. 5. Eder weist in Anmerkung 2 darauf hin, dass der Begriff des „amphibischen Films“ auf Günther Rohrbach zurückgeht. Er liefert darüber hinaus einige Daten und Fakten zur Dominanz des Spielfilms in den verschiedenen Medien.

63Ebd. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es beispielsweise in asiatischen Produktionen

keine Journalistenfiguren gibt. Vgl. hierzu auch die Filmografie im Anhang.

64Vgl. Rabenalt, Peter (1999): Filmdramaturgie. Berlin: VISTAS, S. 15

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derfall: eines Filmemachers) für eine bestimmte Gruppe von Rezipienten.“65In diesem Zusammenhang wird von Schaaf auch das Feldschema der Massenkommunikation von Maletzke angeführt, um die Elemente dieses Kommunikationsprozesses identifizieren zu können.66Auf eine genaue Darstellung des Feldschemas im Bezug auf den Film wird an dieser Stelle allerdings verzichtet.67Für das Kino und mit ihm dem Film als Massenkommunikation treffen jedoch die von Maletzke aufgestellten Merkmale nahezu vollständig zu: Eine Filmvorführung im Kino erfolgt fast immeröffentlichund ist generell für jeden zugänglich.68Sie findet auch immerindirektstatt, da zwischen Aufführung und Produktion eines Films normalerweise mehrere Monate vergehen. Zudem ist ein Kinobesuch immereinseitiggestaltet, denn der Zuschauer hat keine Möglichkeit auf die dargestellte Handlung eines Films direkten Einfluss zu nehmen.69Weiterhin ist für die Film-vorführung immer eintechnisches Mediumvonnöten, zum einen das Filmmaterial selbst, auf dem die Informationen gespeichert sind, zum anderen der Kinopro-jektor, durch den die auf der Filmkopie gespeicherten Informationen erst wiedergegeben werden können. Auch richtet sich eine Filmvorführung an eindisperses Publikum,denn ein Film kann zeitgleich oder zeitversetzt an verschiedenen Orten aufgeführt werden. Die Existenzgrundlage für das Medium „Film“ konstituiert sich jedoch laut Opl nicht durch die soeben genannten Faktoren, „sondern aus seiner Medialität, d.h. daraus, daß er ‚Wirklichkeit’ in einer bestimmten Weise abbilden kann oder aber -anders gesehen- daß er ‚Wirklichkeit’ in ein autonomes Kommunikationssystem transformiert und jene durch dieses ‚mitteilen’ kann.“70Werner Faulstich hat bereits 1976 aus verschiedenen Modellen der Massenkommunikation und dem Grundmodell der Kommunikation seine Überlegungen in ein Grundmodell der Filmkommunikation übertragen. Obwohl sich dieses Mo-

65Schaaf,Michael (1980): Theorie und Praxis der Filmanalyse. In: Silbermann, Alphons,

u.a. (Hrsg.): Filmanalyse. S.33 - 140, S.39.

66Vgl. ebd., S.40.

67Das Feldschema ist unter anderem dargestellt in: Pürer, H. (1993): a.a.O., S. 151.

68Einzige Ausnahme sind Filme, die nur unter einer bestimmten Altersfreigabe durch die

Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) von einem bestimmten Personenkreis gesehen werden dürfen, sofern sie die vorgeschriebene Altersgrenze überschritten haben.

69Projekte für einen interaktiven Film (Mr.Payback: An Interactive Movie[1995]), der

einen direkten Einfluss durch den Zuschauer ermöglicht, sind bereits im Ansatz gescheitert, da die meisten Zuschauer diese Möglichkeit der Interaktion überhaupt nicht wünschen.

70Opl, E.(1990): a.a.O., S. 19.

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dell nicht sehr vom allgemeinen Grundmodell der Kommunikation unterscheidet71, sei es hier dennoch kurz vorgestellt:

Abbildung 1: Das Grundmodell der Filmkommunikation

Aus: Faulstich, Werner (1976): Einführung in die Filmanalyse. Tübingen: TBL, S. 17.

Der Filmemacher tritt hierbei in die Rolle des Kommunikators (K), der den Inhalt seines Films aus seinem Zeichenvorrat (ZK) formuliert und mittels des Mediums Film dem Zuschauer (R) übermittelt. Der Zuschauer versucht ihn mit Hilfe seines Zeichenvorrats (ZR) zu verstehen.

Faulstichs Argumentation zufolge wird Filmkommunikation als Massenkommunikation verstanden und erfordert daher eine filmanalytische Betrachtungsweise.72Dabei lassen sich vier Bereiche der Filmanalyse feststellen: Erstens kann derFilm als Konsumartikelbetrachtet werden, man konzentriert sich bei dieser Herangehensweise auf die Rezeption und vergleicht den Stellenwert gegenüber anderen Konsumgütern. Zweitens kann im Gegensatz dazu derFilm als Kulturproduktaufgefasst werden, der als künstlerisches Produkt den Anspruch auf Fortbestand erhebt. Drittens kann derFilm als Bildungsmittelan Schulen und Universitäten dienen. Der vierte Bereich sieht denFilm als Vermittlungsforman, welches auch der derzeit vorherrschende Ansatz ist.73

71Vgl. Faulstich, Werner (1976): Einführung in die Filmanalyse. Tübingen: TBL, S. 12.

72Auf die Methode der Filmanalyse wird im Kapitel 8.1.3 im Rahmen des

Untersuchungsdesigns ausführlicher eingegangen.

73Vgl. Schaaf, M. (1980): a.a.O., S. 44 ff.

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4. Die Thematisierung des Journalisten im Film74

Roland Schäfer deutet an, dass die Geschichte Hollywoods sehr eng mit der Geschichte des Journalismus in den USA zusammenhängt, denn „beide basierten auf der Sensation und deren Vermarktung, beide gaben der Emotion den Vorrang vor der Information. Stand ‚die Wahrheit’ dem Kassenerfolg im Wege, so wurde sie unter Umgehung der realistischen Darstellung eines Tatbestandes zur reinen ‚Story’ modifiziert.“75

Journalisten eignen sich als Filmfigur besonders, da ihre berufsbedingte Neugier eine einfache und durchaus logische Begründung für die Beschäftigung mit beinahe jedem Sujet in einem Film liefert. „Der Reiz der Darstellung von Journalisten liegt unter anderem darin, daß ihre Bemühungen von Erfolg gekrönt sein könnten“76, befand 1989 Tilman P. Gangloff, jedoch nicht nur der reine Erfolg zählt, vielmehr was er bewirken kann: „Erfolge, die manchmal sogar Einfluß auf das filmische Weltgeschehen haben.“77Wie ernst es dem Film mit der journalistischen Betätigung wirklich ist, kann jedoch erst anhand des einzelnen Films überprüft werden und ist meist ein Indiz für die Intentionen seiner Macher. Darüber hinaus bieten Journalisten dem Zuschauer den plausibelsten und direktesten Zugang zu einem Thema. Sie eignen sich auch viel eher als Identifikationsfigur für den Zuseher, da ihnen der Beruf vertrauter zu sein scheint, als beispielsweise der eines Detektivs oder eines Polizisten. Journalisten bieten auch die Möglichkeit eines gewissen Gegenpols zu den oft gezeigten Helden, obwohl sie mitunter deren Aufgaben übernehmen. All diese Umstände wussten sich die Autoren seit Anbeginn der Filmgeschichte zu Nutze zu machen.

74Die nachfolgende filmgeschichtliche Darstellung folgt in ihrem zeitlichen Rahmen und

bei der Abgrenzung der Epochen James Monacos Aufteilung der Filmgeschichte in acht Perioden, wobei einige Abschnitte aus thematischen wie ökonomischen Gründen zusammengefasst wurden. Vgl. dazu Monaco, J. (2000a): a.a.O., S.232. Bordwell gliedert seine filmgeschichtliche Abhandlung eher stilistisch, so unterscheidet er z.B. zwischen dem deutschen Expressionismus (1919-1926), französischen Impressionismus/ Surrealismus (1918-1930) und der sowjetischen Montagetechnik (1924-1930). Vgl. Bordwell, D. (1997): a.a.O., S. 441 - 471.

75Schäfer, R. (1988): a.a.O., S: 21. Diese etwas polemische Aussage verkennt jedoch

die grundsätzliche Notwendigkeit zur Modifikation eines Sachverhalts zu einer Story, damit dieser überhaupt erst kinotauglich wird. Selbst Dokumentarfilme, die vorgeben nichtfiktional zu sein, besitzen eine gewisse Dramaturgie um ihre Geschichte zu erzählen. Vgl. Bordwell, D. (1997): a.a.O., S.89 f.

76Gangloff, Tilmann P. (1989): Freibeuter der Sensationen. Die Darstellung des

Journalisten im Kino-Film. In: medium 4/89, S. 70 - 73., S. 72.

77Ebd.

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4.1. Der Stummfilm78

In vielen Schilderungen zur Geschichte von Journalistendarstellungen im Film wird die Stummfilmzeit mit Verweis auf die geringe Anzahl an verwertbaren Filmen vernachlässigt. So sieht beispielsweise Alex Barris die Stummfilmzeit als wenig untersuchenswert an: „If there was ever any great (or even reasonably entertaining) silent newspaper movie it fails to come to mind.“79Barris erachtet die Erfindung des Tonfilms und die damit verbundene Möglichkeit, Dialoge zu reproduzieren, als wichtigsten Bestandteil für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Films insgesamt, aber auch im Detail für die Entstehung von Journalistenfilmen.80Folglich wurde bisher davon ausgegangen, dass es bis zur Bühnenfassung von Ben HechtsThe Front Pageim Jahr 1928 und der ersten Filmfassung 1931 kein wiedererkennbares Charakterbild eines Journalisten im Film gegeben habe.81Doch Ness weist nach, dass es nicht nur bereits sehr früh erkennbare Figurenmuster gegeben hat, sondern gewissermaßen alle wichtigen Themen und Handlungen späterer Filme in dieser Zeit etabliert wurden. Dabei spielt der heutige Bekanntheitsgrad dieser Filme nur eine untergeordnete Rolle. Vom Kämpfer für eine gute Sache, über den Ausbeuter und Ermittler bis hin zum Kriegsberichterstatter oder Auslandskorrespondenten waren alle Rollentypen vertreten. Auch einige stereotypische Charakterzüge von Journalisten etwa der des Schürzenjägers oder des Trinkers etablierten sich schon in der Stummfilmzeit.82Auch im Bezug auf die Rolle der Frau im Journalismus markiert die Stummfilmzeit eine bedeutende Ära, denn für Frauen stellte der Journalismus eine der wenigen möglichen Karrierechancen außerhalb des häuslichen Umfelds dar.83

78Die Jahre 1913 bis 1927 markieren die Eckpunkte dieser Periode. In den Jahren zuvor

wuchs das Kino erst allmählich von einer Jahrmarktsattraktion zu einer eigenständigen Kunstform heran, was sich vor allem durch das Entstehen des langen Spielfilms geäußert hat. Vgl. dazu auch Monaco, J. (2000a): a.a.O., S. 232.

79Barris, Alex (1976): Stop the Presses! The Newspaperman in American Films. South

Brunswick und New York: A.S. Barnes and Co., S. 12.

80Vgl. Ebd., S. 11 f. Diese Annahme mag aus heutiger Sicht vielleicht gerechtfertigt sein,

jedoch verkennt sie damit eigentlich alle Pionierleistungen, die in der Stummfilmzeit vollbracht wurden. So war z.B. auch Alfred Hitchcock zu Beginn vom Tonfilm keineswegs überzeugt; er erachtete den Stummfilm als die 'reinste' Form des Kinos. Der Tonfilm führte seiner Meinung nach dagegen zu einer Abkehr vom reinen Kino. Vgl. Truffaut, F. (1973): a.a.O., S. 53.

81Vgl. Ness, Richard (1997): From headline hunter to superman. A journalism

filmography. Lanham, Md. & London: Scarecrow Press, S. 7.

82Vgl. ebd.

83Vgl. ebd.