Julia Extra Band 296 - Miranda Lee - E-Book
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Julia Extra Band 296 E-Book

Miranda Lee

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Beschreibung

LIEBE UND BESCHÜTZE MICH! von BROWNING, AMANDA Happy End in den Highlands? Als Gray sie in der wilden Hügellandschaft Schottlands in seine Arme zieht, erfüllt sich Shelbys heimlichster Wunsch. So lange hat sie sich nach Gray gesehnt! Zu spät erkennt sie, dass ein gefährliches Spiel zwischen Liebe und Lüge beginnt … DER KUSS DES SCHEICHS von JORDAN, PENNY Wie im Rausch erlebt Samantha den Kuss des glutäugigen Fremden. Wer ist dieser geheimnisvolle Sohn der Wüste? Kurz darauf wird sie ihm vorgestellt: Er ist Scheich Vere al a'Karim, Herrscher über das Reich Dhurahn. Und sein Blick verrät: Er will mehr von ihr als nur einen Kuss … DU SCHENKST MIR NEUES GLÜCK von LEE, MIRANDA Fünf Jahre Trauer sind genug: Sharni will endlich wieder leben und lieben! Als sie in Sydney dem smarten Adrian begegnet, scheint der ersehnte Moment gekommen. Doch liebt Sharni Adrian wirklich - oder ist sie geblendet von seiner Ähnlichkeit mit ihrem verstorbenen Mann? ROMANZE UNTER PALMEN von DONALD, ROBYN Sommer, Sonne, Herzklopfen! Am weißen Strand der Trauminsel Fala’isi verliebt Giselle sich in den attraktiven Roman Magnati, und eine sinnliche Romanze beginnt. Doch die Zeit wird knapp: Nur drei Tage und drei Nächte bleiben ihnen! Ist dann der süße Traum vorbei?

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Seitenzahl: 685

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Robyn Donald, Amanda Browning, Penny Jordan, Miranda Lee

Julia Extra, Band 296

IMPRESSUM

JULIA EXTRA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Redaktion und Verlag: Brieffach 8500, 20350 Hamburg Telefon: 040/347-25852 Fax: 040/347-25991
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Cheflektorat:Ilse BröhlProduktion:Christel Borges, Bettina SchultGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)Vertrieb:asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-27013

© 2008 by Robyn Donald Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Marianne Wienert

© 2005 by Amanda Browning Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Tatjána Lénárt-Seidnitzer

© 2008 by Penny Jordan Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Emma Luxx

© by Miranda Lee Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Kara Wiendieck

Fotos: RJB Photo Library / FontShop

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 296 - 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Veröffentlicht im ePub Format im 03/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-86295-497-1

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

ROBYN DONALD

Romanze unter Palmen

Hals über Kopf verliebt Giselle sich auf der Trauminsel Fala’isi in den attraktiven Roman Magnati. Erst nach drei leidenschaftlichen Nächten erfährt sie schockiert, wer ihr Geliebter wirklich ist …

AMANDA BROWNING

Liebe und beschütze mich!

Bodyguard Gray Compton hat nur Shelbys Sicherheit im Blick, als er sie nach Schottland bringt. Doch in den romantischen Highlands beginnt für sie beide ein gefährliches Spiel mit dem Feuer…

PENNY JORDAN

Der Kuss des Scheichs

Samantha ist überzeugt: Dieser glutäugige Fremde, der sie heiß geküsst hat, ist der Mann ihres Lebens! Bis sie erfährt, dass er der Scheich von Dhurahn ist: mächtig, stolz – und völlig unerreichbar …

MIRANDA LEE

Miranda Lee

Liebe ich ihn – oder liebe ich ihn nicht? Die Affäre mit Adrian ist wunderschön, aber trotzdem zweifelt Sharni: Begehrt sie Adrian nur, weil er ihrem verstorbenen Mann täuschend ähnlich sieht?

Robyn Donald

Romanze unter Palmen

1. KAPITEL

„Machs gut, meine Liebe, und genieße den Urlaub.“

„Bestimmt, Maura“, versicherte Giselle Foster lächelnd, als sie sich in der Abflughalle im Flughafen von Auckland von ihrer Patentante verabschiedete.

„Ich will, dass du erholt und braun gebrannt zurückkommst. Du hast in letzter Zeit viel zu schwer gearbeitet, sonst wäre aus einer einfachen Erkältung keine Lungenentzündung geworden.“

„Erholt ja, aber nicht braun. Du weißt, ich vertrage keine Sonne. Leola ist der Zwilling mit der goldbraunen Haut. Und das mit dem Arbeiten … Jemand muss sich schließlich um Parirua kümmern. Habe ich auch alles?“ Sie prüfte die Reisedokumente in ihrer Hand. „Flugticket, Pass …“

„Ich weiß, die Farm gehört seit Generationen eurer Familie, aber das heißt nicht, dass sie auch dein Lebenswerk sein muss.“

„Ich tue es gern.“

Maura seufzte. „Trotzdem …Versprich, dass du die nächsten zwei Wochen nicht an Arbeit denken wirst – oder an die Hypothek.“

Giselle nickte gehorsam. „Okay.“ Als ob das so einfach wäre!

„Vielleicht brauchst du eine Weile, bis du dich an den Rummel in Coconut Bay gewöhnst. Das Resort ist sehr beliebt und wahrscheinlich ziemlich überlaufen. Lass dir Zeit, amüsier dich und flirte ein bisschen.“ Sie küsste Giselle auf die Wange. „Und ruh dich aus – jeden Tag einen Mittagsschlaf, hörst du? Ich will, dass du gesund nach Hause kommst.“

Lächelnd umarmte Giselle ihre Patentante. „Das werde ich. Danke für die schöne Reise, Maura. Und für die guten Ratschläge. Verlass dich drauf, ich werde jede Sekunde genießen.“

Drei Tage später hätte Giselle am liebsten die Koffer gepackt, um mit der nächsten Maschine nach Neuseeland zurückzufliegen. Die Pazifikinsel Fala’isi war ein tropisches Paradies, und im Resort wurde alles getan, um die Gäste zu unterhalten. Doch an den meisten Veranstaltungen war Giselle nicht interessiert, und die allgemeine Hochstimmung rund um die Uhr ging ihr auf die Nerven. In der Bar sitzen und Cocktails trinken machte ihr keinen Spaß, und zum Flirten fehlten ihr sowohl die Veranlagung als auch die Stimmung.

Eigentlich blieb ihr nur der Strand. Damit wäre sie auch glücklich, denn sie liebte das Meer. Und es gab genügend schattige Plätzchen, um sich auszuruhen und zu lesen. Nur klappte es damit meistens nicht – anscheinend suchte hier jeder Anschluss. Vielleicht war sie aber einfach nur undankbar und zu sehr an die Einsamkeit gewöhnt.

Um dem Trubel für eine Weile zu entgehen, mietete Giselle schließlich eins der kleinen Boote, welche das Resort seinen Gästen zur Verfügung stellte. Während sie zufrieden auf den Wellen dahinschaukelte, dankte sie im Stillen dem Schulfreund, der ihr vor langer Zeit Segeln beigebracht hatte. Bald darauf erspähte sie in der Nähe des Korallenriffs eine winzige Insel. In dem türkisblauen Wasser kam sie Giselle wie eine kleine grüne Perle vor, und sie hielt darauf zu. Dort wollte sie den Nachmittag verbringen.

Der weiße Sandstrand lag verlassen in der heißen Sonne. Kein Mensch war zu sehen oder zu hören, nur das sanfte Plätschern der Wellen und das Rascheln der Palmen in der leichten Brise unterbrachen die Stille. Mit einem glücklichen Seufzer zog sie das Boot aus dem Wasser und schlenderte, den Picknickkorb in der Hand, weiter landeinwärts, wo dichtes Gebüsch und ein paar Bäume Schatten und Abgeschiedenheit versprachen. Unwillkürlich musste sie lachen – vor wem wollte sie sich verstecken? Niemand war da, die Insel gehörte ihr.

Sie breitete das Badetuch aus und knüpfte den Pareo auf, den sie über dem Bikini trug. Dann holte sie die kleine Digitalkamera – auch eins von Mauras Geschenken – aus dem Korb und machte ein paar Fotos vom Strand, mit den Brechern am Riff als Hintergrund. Weit draußen am Horizont erblickte sie ein weißes Segelboot. Wie klein es von hier aussah, fast wie ein Spielzeug! Vielleicht ist es auf dem Weg nach Tahiti, dachte sie sehnsuchtsvoll.

Als Giselle mit dem Fotografieren fertig war, streckte sie sich genüsslich aus und schlug ihr Buch auf. Lesen war ein seltener Luxus, und prompt verlor sie sich in der Traumwelt des spannenden Romans. Doch nach einer Weile fielen ihr die Augen zu, und sie schlief ein.

Stimmen weckten sie. Überrascht setzte sie sich auf und spähte durch das Gebüsch.

Innerhalb des Korallenriffs ankerte eine weiße Jacht, bei deren Anblick es ihr den Atem verschlug. Und nur ein paar Meter von ihrem Versteck entfernt saßen zwei Personen am Strand, ein braun gebrannter Mann in Badeshorts und offenem Hemd und eine blonde Frau in einem sehr knappen weißen Bikini. Der Mann cremte der Frau gerade den Rücken ein, was ihr ganz offensichtlich gefiel, denn sie schnurrte wie eine Katze.

Giselle verspürte ein eigentümliches Ziehen in der Magengegend. Von ihm würde ich mich auch eincremen lassen, dachte sie.

Mit seinen fast hochmütigen Gesichtszügen, seinem dichten schwarzen Haar und seiner athletischen Gestalt war er mit Abstand der bestaussehende Mann, den sie jemals zu Gesicht bekommen hatte.

Er sagte etwas zu seiner Begleiterin, worauf diese ihn über die Schulter einladend ansah und sich dann an ihn lehnte.

Einen Moment lang verharrte er regungslos, bevor er mit einer geschmeidigen Bewegung aufstand und den Blick über den Strand schweifen ließ. Giselle duckte sich instinktiv. Hatten die beiden etwa vor, intim zu werden? Wenn ja, dann wollte sie ihnen dabei ganz bestimmt nicht zuschauen. Vorsichtig wich sie zurück und trat dabei versehentlich auf einen trockenen Zweig, der mit einem lauten Knacks entzweibrach.

Der Mann hob den Kopf und lauschte angespannt, dann wandte er sich wieder der Frau neben ihm zu.

Giselle wagte kaum zu atmen. Stirnrunzelnd musterte sie das Gesicht der Blondine: Irgendwie kam sie ihr bekannt vor. Jetzt lächelte diese verführerisch zu ihrem Begleiter empor und sagte etwas. Anscheinend fiel seine Antwort nicht nach ihrem Geschmack aus, denn sie zuckte mit den Schultern und stand ebenfalls auf.

Der Mann bückte sich nach dem Badetuch, auf dem sie gesessen hatte, dann sah er sich noch einmal prüfend um. Giselle rührte sich nicht, das Herz schlug ihr bis zum Hals. Hatte er sie gesehen? Erleichtert atmete sie auf, als sich die beiden in die andere Richtung entfernten. Ein wenig neidisch sah sie ihnen nach. Wie es wohl sein mochte, jemandem wie ihm zu begegnen und …

Nichts als Träumereien! Männer wie dieser hatten kein Interesse an Farmersfrauen aus Neuseeland, sie konnten haben, wen sie wollten – Filmstars, Models, die schönsten Frauen der Welt.

Kurz darauf vernahm sie Motorengeräusch und erblickte ein kleines Rennboot, das auf den Strand zusteuerte. Vermutlich, um die beiden abzuholen, ging es ihr durch den Kopf.

Wer waren sie? „Reiche Leute“, murmelte sie. Nur Millionäre konnten sich eine Jacht wie diese leisten.

Wie angenehm das Leben der Reichen doch war! Geld verlieh Unabhängigkeit und ein Selbstvertrauen, das durch nichts zu erschüttern war. Wieder verspürte sie einen Anflug von Neid, und mit schiefem Lächeln hob sie die Kamera ans Auge, um die Jacht, auf der jetzt die Segel gehisst wurden, zu fotografieren.

„Das lassen Sie mal schön bleiben. Geben Sie her!“

Bei dem herrischen Befehl fuhr Giselle herum, und im nächsten Moment wurde ihr der Fotoapparat aus der Hand gerissen.

Schockiert sah sie dem Mann vom Strand ins Gesicht, dann schluckte sie. Er sah noch besser aus, als sie vermutet hatte. Seine Augen waren von einem unglaublich tiefen leuchtenden Blau, und sie funkelten zornig und kalt. Um mindestens einen Kopf überragte er sie, und das offene Hemd enthüllte viel zu viel von seiner gebräunten Brust.

Ein Prickeln lief Giselle über die Haut. Wenn er mich berührt, dachte sie benommen, ist es um mich geschehen.

„G…geben Sie mir die Kamera zurück!“, stammelte sie.

„Nein“, sagte er und sah dabei seelenruhig die gespeicherten Fotos durch.

„Was fällt Ihnen ein!“

„Ich will wissen, was Sie fotografiert haben.“

Er sprach mit einem leichten Akzent, Englisch war anscheinend nicht seine Muttersprache. Nachdem er die Bilder überprüft hatte, steckte er den Apparat in die Brusttasche, wobei er Giselle nicht aus den Augen ließ.

„Dazu hatten Sie kein Recht!“, konterte sie wütend. „Ich habe weder von Ihnen noch von Ihrer Begleiterin Bilder gemacht …“ Sie stockte und wurde rot. Jetzt wusste er, dass sie ihn heimlich beobachtet hatte.

Seine Augen wurden schmal. „Wer sind Sie? Was wollen Sie hier? Und wie sind Sie hergekommen?“, fragte er scharf.

Giselle holte tief Luft. „Ich bin im Coconut Bay zu Gast und kann diese Insel ebenso gut besuchen wie Sie.“

„Sie heißt Motukai und ist in Privatbesitz. Hat man Ihnen das im Hotel nicht gesagt?“

„Nein.“ Sie war ohne festes Ziel losgesegelt und nur zufällig hier gelandet, doch das ging diesen überheblichen Menschen nichts an. Angriffslustig hob sie das Kinn. „Wenn Sie etwas gegen Besucher haben, sollten Sie Schilder mit „Zutritt verboten“ aufstellen.“

„Das ist nicht nötig, es ist allgemein bekannt. Weshalb wollten Sie die Jacht fotografieren?“

„Weil ich sie schön finde.“

Ironisch hob er eine schwarze Braue. „Weiße Jacht in blauer Lagune, im Vordergrund Sandstrand und Palmen … Das typische Urlaubsfoto.“ Er schwieg, dann fragte er mokant: „Möchten Sie an Bord kommen und sich genauer umsehen?“

„Nein, danke. Ihr Verhalten ist nicht gerade vertrauenerweckend.“

Zum ersten Mal lächelte er, und Giselles Puls schlug plötzlich schneller. Trotz ihrer Unerfahrenheit im Umgang mit Männern wusste sie, dieser hier war gefährlich. Und er kannte seine Wirkung auf Frauen. Verdrossen stellte sie fest, dass sie keine Ausnahme bildete. Besser, sie war auf der Hut.

„Ganz wie Sie möchten.“ Er verneigte sich spöttisch. „Darf ich Sie dann zu Ihrem Boot zurückbringen?“

„Bemühen Sie sich nicht“, entgegnete sie kühl. „Ich brauche keine Hilfe.“

Er ignorierte die Abfuhr und bückte sich stattdessen nach Badetuch und Picknickkorb. Ohne sie weiter zu beachten, ging er voran, und da ihr nichts anderes übrig blieb, folgte sie. Am Strand blieb sie verblüfft stehen. Jemand hatte das Segeldingi bereits ins Wasser gezogen und an einem Motorboot befestigt, allerdings nicht demselben, das sie vorhin gesichtet hatte. Die Frau im weißen Bikini war nirgends zu sehen.

„Ich kann allein zurücksegeln“, sagte sie steif.

„Beim Herkommen hatten Sie den Wind im Rücken“, entgegnete er, „jetzt haben Sie ihn gegen sich. Was bedeutend schwieriger ist.“

„Ich weiß, wie man in den Wind segelt, ich bin nicht das erste Mal auf einem Boot.“

Er musterte sie kühl, und Giselle ärgerte sich insgeheim. So ein Angeber! Für wen hielt er sich? Für den lieben Gott?

„Sie sind Neuseeländerin, nicht wahr?“

„Ich wüsste nicht, was Sie das angeht.“

„Warum so kratzbürstig? Ich frage nur deshalb, weil Ihre Landsleute angeblich alle ein Talent für die Seefahrt besitzen.“ Die ironische Bemerkung und sein Ton brachten Giselle noch mehr auf.

„Dessen ungeachtet …“ Er watete durch das seichte Wasser und verstaute ihre Sachen an Bord des Motorboots, bevor er die Hand ausstreckte. „Kommen Sie?“

„Ich habe gesagt, ich brauche keine Hilfe.“

Er lächelte, wenn auch nicht sehr freundlich. „Trotzdem bringe ich Sie ins Hotel. Ich mag keine Schnüffler – oder Schnüfflerinnen. Außerdem will ich wissen, weshalb man Sie nicht informiert hat, dass die Insel privat ist.“

„Sie können mich nicht zwingen.“

Ohne ein Wort hob er sie auf die Arme und beförderte sie unsanft ins Boot, bevor er selbst an Bord sprang.

„Sind Sie verrückt? Was bilden Sie sich eigentlich ein?“ So ein unverschämter Kerl!

Was sie allerdings am meisten beunruhigte, war ihre Reaktion auf seine Nähe. Ein paar Sekunden in seinen Armen, und sie fühlte Schmetterlinge im Bauch.

Er schaltete den Motor ein, und das Boot machte einen Satz, bei dem Giselle das Gleichgewicht verlor und auf den Sitz fiel. Verärgert drehte sie dem Mann den Rücken zu und blickte auf das türkisblaue Meer. Wer war dieser Mensch? Der Besitzer von Coconut Bay?

Ihr Verdacht verstärkte sich, als sie am Anlegesteg des Resorts den Manager, den Angestellten des Bootsverleihs und ein paar neugierige Hotelgäste warten sah. Kein Zweifel, ihr Entführer war ein hohes Tier.

Wie zur Bestätigung verneigte sich der Direktor und fragte besorgt: „Ist alles in Ordnung, Sir?“

„Ja.“ Der Fremde sprang aus dem Boot und streckte Giselle die Hand entgegen, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein. Sie ignorierte ihn und kletterte ohne Hilfe an Land, was er mit einem amüsierten Lächeln quittierte. „Ich bringe lediglich einen Ihrer Gäste zurück.“

„Miss Giselle Foster“, bestätigte der Direktor eifrig.

„Ganz recht – Miss Foster. Ich war überrascht: Niemand hatte ihr mitgeteilt, dass Motukai eine Privatinsel ist.“

„Das muss ein Versehen sein, Hoheit.“

Hoheit? Giselle traute ihren Ohren nicht.

Fragend wandte sich der Manager an den Mann vom Bootsverleih, worauf dieser ruhig erwiderte: „Ich hatte es vor, aber dann entstand der ganze Aufruhr wegen des kleinen Jungens, und ich kam nicht dazu.“

„Richtig“, bekräftigte der Hoteldirektor. „Eine unserer weiblichen Gäste vermisste ihren Sohn, weshalb wir sofort eine Suchaktion starten mussten. Wir fanden den Kleinen kurz danach mit ein paar Kindern am Strand, aber da war Miss Foster schon unterwegs. Ich bedaure aufrichtig, wenn Ihnen Unannehmlichkeiten entstanden sind.“

Giselle warf dem Manager einen wütenden Blick zu. Unterstellte er ihr, dass sie sich heimlich davongemacht hatte? Mit einem freundlichen Lächeln wandte sie sich an den Bootsverleiher. „Es tut mir sehr leid, dass Sie meinetwegen Schwierigkeiten hatten. Ich hoffe, Sie verzeihen mir.“ Ihr Lächeln verschwand, als sie sich dem Fremden zuwandte. „Vielen Dank, dass Sie mich zurückgebracht haben“, sagte sie kühl. „Wenn ich jetzt bitte meine Kamera haben dürfte …“

„Aber natürlich.“ Er verbeugte sich ironisch und reichte ihr den Apparat.

Wortlos nahm Giselle ihr Eigentum entgegen, dann griff sie nach Picknickkorb und Badetuch, nickte kurz und ging.

In ihrem Zimmer angekommen, ließ sie den Korb achtlos fallen und warf das Handtuch zornig aufs Bett. Dieser schleimige Hoteldirektor! Wie er dem eingebildeten Typen mit seiner Insel um den Bart gestrichen war! Hoheit! Wohl mehr ein Tyrann, der die Bevölkerung drangsalierte.

Immer noch wütend, ging sie ins Bad, duschte und hüllte sich in einen Pareo. Warum regte sie sich überhaupt auf? Der ganze Vorfall war lächerlich. Nicht einmal zu Mittag gegessen hatte sie deswegen. Sie zog das Lunchpaket aus dem Korb und biss appetitlos in ein Sandwich.

Weshalb hatte dieser Prinz – oder was immer er sein mochte – solche Angst, mit seiner Begleiterin fotografiert zu werden? War sie eine heimliche Geliebte, von der seine Frau nichts wissen durfte? Anscheinend hielt er sie, Giselle, für eine dieser aufdringlichen Reporterinnen, die Prominenten nachspionierten. Aber selbst dann war sein Benehmen unverzeihlich gewesen.

„Schluss damit!“, sagte sie laut. Für wen er sie hielt und was er von ihr dachte, konnte ihr gleichgültig sein. Entschlossen nahm sie das Buch und ging auf den Balkon, um zu lesen.

Zehn Minuten später legte sie es beiseite. „Mist.“ Mit der Konzentration klappte es nicht so recht, es musste an der Hitze liegen.

Um sich Abkühlung zu verschaffen – und einen gewissen Jemand aus ihren Gedanken zu vertreiben – kehrte sie an den Strand zurück. Sie schwamm ein Weilchen, dann suchte sie sich einen Liegestuhl im Schatten und probierte es nochmals mit Lesen.

Später gesellten sich zwei junge Frauen zu ihr, von denen eine Terry hieß und die andere auf den seltsamen Namen Bibi hörte. Sie erzählten ihr von der „Nacht auf der Insel“, einer Folklore-Show, die an diesem Abend im Coconut Bay stattfand. Es sollte ein größeres Ereignis werden, mit traditionellen Tänzen und Liedern der neuseeländischen Ureinwohner, präsentiert von Männern und Frauen aus dem Nachbardorf. Danach würde eine einheimische Band heiße Rhythmen spielen. Die beiden überredeten Giselle, zu der Veranstaltung mitzukommen, und schließlich willigte sie ein. Etwas Besseres hatte sie nicht vor, und vielleicht brachte die Show sie auf andere Gedanken.

An Bord seiner Jacht wischte Roman Magnati sich währenddessen den Lippenstift von der Wange, den Bella Adams verunglückter Kussversuch hinterlassen hatte. Die Tür hinter sich zuschlagend, war sie vor ein paar Minuten aus seiner Kabine gestürmt.

Ihr Stern muss im Sinken sein, dachte er zynisch. Tja, wenn man als Supermodel vor dem dreißigsten Geburtstag stand, hatte man Grund, sich Sorgen zu machen. In ihrer Ehe stimmte es anscheinend auch nicht mehr – ihr Mann war kurz entschlossen in die Staaten zurückgeflogen, anstatt auf die Kreuzfahrt nach Fala’isi mitzukommen.

Roman umgab sich gern mit schönen Frauen, solange sie Charme und Intelligenz besaßen. Bella war zweifellos attraktiv, doch mit dem Verstand haperte es. Ihre Interessen beschränkten sich auf Äußerlichkeiten, und sie hörte am liebsten Komplimente über ihr Aussehen.

Zudem war sie verheiratet, und Ehefrauen waren für Roman tabu, genauso wie Jungfrauen. Davon ganz abgesehen zog er es vor, bei seinen zahlreichen Affären der Jäger zu sein, nicht die Beute.

Der Segeltrip nach Motukai war ihre Idee gewesen. Da noch weitere Gäste dabei sein sollten, hatte er zugestimmt. Als diese jedoch kurzerhand absagten, wusste er, woher der Wind wehte, und Bellas Spielchen hatte seine Laune nicht eben verbessert.

Er zog das Handy aus der Tasche, um seinen Freund Luke Chapman anzurufen. Als dieser sich schließlich meldete, entgegnete Roman brüsk: „In Zukunft kümmerst du dich selbst um deine Gäste.“

„Gibt es Schwierigkeiten?“

„Keine, mit denen ich nicht fertig werde. Wie geht es Fleur?“

„Sie ist schwanger“, erwiderte sein Freund stolz.

„Gratuliere.“ Sie sprachen ein Weilchen über das große Ereignis, dann sagte Luke: „Tut mir leid, dass ich dir Bella aufhalsen musste, aber Fleur fühlt sich im Moment nicht besonders.“

„Das geht schon in Ordnung. Sie ist am Packen. Weshalb ich anrufe – könnte ich deinen Hubschrauber ausleihen? Ich muss sie zum Flughafen bringen.“

„Natürlich, ich schicke ihn in einer Stunde ins Coconut Bay.“

„Danke. Grüß Fleur von mir und richte ihr meine besten Glückwünsche aus.“ Er stellte das Handy ab.

Die Flirtversuche des Models machten ihm nichts aus, er wusste, wie man sie entschärfte. Was ihn beunruhigte, war der schwarzhaarige Störenfried vom Nachmittag. Giselle Foster …

Roman krauste die Stirn – zum Glück hatte sie keine Fotos von ihm und Bella gemacht. In Gedanken sah er sie vor sich – die schlanke Figur mit den aufregenden Kurven und den rassigen Beinen, dazu das schwarze Haar und diese ungewöhnlich helle Haut … Auf den Mund gefallen ist sie auch nicht, dachte er schmunzelnd. Und wenn ihn nicht alles täuschte, deuteten die vollen roten Lippen und das verhaltene Feuer in den grünen Augen auf ein leidenschaftliches Temperament hin. Vielleicht wäre es keine schlechte Idee, sie ein wenig näher kennenzulernen.

Eine Falte erschien auf seiner Stirn. Sie erinnerte ihn an jemanden – an wen nur?

Sinnend trat er ans Fenster und schaute hinaus. Er hatte vor, die Abendveranstaltung im Coconut Bay zu besuchen, das Programm war bestimmt sehenswert. Vielleicht würde er ihr dort begegnen und darauf kommen, weshalb ihr Gesicht ihm so bekannt vorkam.

Doch zunächst … Er setzte sich an den Laptop und schrieb eine E-Mail an den Chef seines Sicherheitsdienstes.

2. KAPITEL

„Oho! Wer ist das denn?“ Die rothaarige Terry machte runde Augen. „Der sexy Typ da drüben – der mit den breiten Schultern.“

Giselle folgte Terrys Blick, und das Herz blieb ihr fast stehen. Dort stand er, der Fremde von der Insel, und unterhielt sich mit ein paar Tänzern aus dem Dorf. Im Schein einer brennenden Fackel glänzte sein schwarzes Haar wie Onyx. Ein Prickeln lief ihr über die Haut, und ihre Kehle war plötzlich wie ausgetrocknet. Wäre sie doch nur ihrer Eingebung gefolgt und im Hotel geblieben!

„Er … er ist angeblich ein Prinz“, erwiderte sie. Um ihren inneren Aufruhr zu verbergen, fügte sie beiläufig hinzu: „Ich bin heute Morgen aus Versehen auf seiner Privatinsel gelandet, und er hat mich in seinem Motorboot zurückgebracht.“

„Und du weißt nicht einmal, wie er heißt?“, fragte die blonde Bibi ungläubig. „Hat es dir bei seinem Anblick etwa die Sprache verschlagen?“

„Durchaus nicht.“ So unbeteiligt wie möglich berichtete Giselle den beiden von der Begegnung auf Motukai, ohne die Frau im weißen Bikini zu erwähnen, die übrigens nirgends zu sehen war.

„Wie aufregend!“ Terry seufzte neidisch. „Eine einsame Insel und ein Pirat – wie in einem Abenteuerfilm.“

„Auf meine Rolle hätte ich verzichten können. Er war alles andere als entgegenkommend.“

„Trotzdem muss es sehr romantisch gewesen sein“, meinte Bibi, die sein hochmütiges Gesicht nicht aus den Augen ließ.

Nein, überlegte Giselle, romantisch war es nicht, eher einschüchternd. Ein kleiner Schauer rieselte ihr über den Rücken. Das war kein Mann zum Flirten. Verstohlen musterte sie die hochgewachsene Gestalt. Trotz der sportlichen Kleidung und des freundlichen Lächelns, das er zur Schau trug, umgab ihn eine Aura von Macht und purer Sinnlichkeit, die ihm fast etwas Bedrohliches verlieh.

„Ich finde ihn umwerfend“, schwärmte Terry. „Und ich bin sicher, dass ich sein Bild schon in einer Zeitschrift gesehen habe.“ Sie krauste die Stirn, während sie angestrengt nachdachte, dann rief sie triumphierend: „Ich hab’s! Er ist einer der Considines. Nein, nicht direkt, aber ein Prinz ist er. Auf irgend so einer Insel.“

„Im Pazifik?“, fragte Giselle erstaunt.

Terry lachte. „Nein, im Mittelmeer. Das ist die Adelsfamilie von Illyria, und mit denen ist er verwandt. In der Illustrierten stand, einer seiner Vorfahren hat vor langer Zeit eine Considine-Prinzessin entführt und auf seinem Schloss gefangen gehalten. Wenn das nicht romantisch ist.“

„Romantisch? Ich finde es eher grausam.“ Kidnappen lag bei ihm anscheinend in der Familie.

„Nun ja, sie war schön und …“

„Gibt es auch hässliche Prinzessinnen?“, warf Giselle spitz ein.

Terry grinste. „Sei nicht so zynisch. Wenn der Vorfahre auch nur halb so gut ausgesehen hat wie er, war die Dame vermutlich im siebten Himmel. Was mich betrifft, so kann mich dein Prinz jederzeit entführen.“

„Ja, den Artikel habe ich auch gelesen“, stimmte Bibi ihr bei.

„Sein Name ist übrigens Roman Magnati. Er ist nicht nur ein Fürst, sondern ein sehr reicher Unternehmer, der reinste Krösus. Und dazu noch schön wie ein griechischer Gott. Wenn ich mir vorstelle, dass du ihn persönlich kennst!“

„Kennen ist übertrieben, wir sind uns nur flüchtig begegnet“, widersprach Giselle. Als Nächstes würden die beiden sie noch bitten, sie mit ihm bekannt zu machen!

Schön war auch nicht das richtige Adjektiv – bezwingend kam der Sache schon näher. Er besaß die natürliche Überlegenheit einer Raubkatze, kraftvoll, geschmeidig und gefährlich. Der ideale Lover, ging es ihr unwillkürlich durch den Kopf. Bei dem Gedanken wurde sie rot.

„Du sagst, er ist Illyrier?“, fragte sie betont gleichgültig.

„Ja“, bestätigte Bibi. „Man nennt ihn „Lord of the Sea Isles“ – Herrscher der Inseln. Sein Vater hatte den gleichen Titel, bevor er von einem Diktator abgesetzt wurde. Seine Mutter war eine russische Großherzogin, eine geborene Romanow, und außerdem eine berühmte Konzertpianistin. Sie starb sehr jung, und sein Vater lebt auch nicht mehr.“ Bibi verstummte, als Trommelschlagen den Beginn des Programms ankündigte.

Die Polynesier, zu denen die Maori von Neuseeland gehören, sind auf ihre Vergangenheit als Krieger noch heute sehr stolz. Mit einer Auswahl von Tänzen demonstrierte die Truppe den Zuschauern jetzt die Geschicklichkeit und den Mut ihrer Vorfahren.

Einer der simulierten Zweikämpfe war besonders beeindruckend. Die beiden Tänzer bedienten sich dabei langer, mit Schnitzereien und einem Busch schwarzer und weißer Federn reich verzierter Holzspeere. Fasziniert verfolgte Giselle, wie sie auf der von Fackeln beleuchteten Bühne aufeinander losgingen, halb tanzend, halb kämpfend, bis einer die Oberhand gewann und der andere sich geschlagen gab.

Als der stürmische Applaus endete, forderten die Tänzer das männliche Publikum auf, es ihnen nachzutun. Zwei mutige junge Männer folgten der Einladung und kamen auf die Bühne. Aus den Augenwinkeln bemerkte Giselle, wie ein weißhaariger Maori zu Roman Magnati trat und auf das Podium zeigte. Lächelnd schüttelte der Prinz den Kopf, worauf der alte Mann eine Bemerkung machte, die der Jüngere lachend erwiderte. Der kurze Austausch war ohne Bedeutung, aber er bewies, dass der Prinz mit einfachen Leuten umzugehen verstand.

Nach dem Finale mischten sich die Mitglieder der Truppe unter die Zuschauer, um sie zum Mittanzen zu animieren. Die meisten ließen sich nicht zweimal bitten und folgten der Aufforderung gut gelaunt. Eine der Tänzerinnen nahm auch Giselle bei der Hand.

„Geh schon, drück dich nicht“, redeten Terry und Bibi ihr zu, als sie zögerte. Im Allgemeinen fiel es ihr nicht schwer, bei solchen Vergnügungen mitzumachen, und sie wusste genau, weshalb es ihr jetzt widerstrebte. Dann schalt sie sich eine dumme Gans und stand auf. Zusammen mit weiteren Freiwilligen folgte sie der Tänzerin in einen improvisierten Umkleideraum hinter der Bühne, wo man sie alle in bunte Sarongs und knappe Tops kleidete, mit Blumengirlanden schmückte und unter gutmütigem Gelächter auf die Bühne schob.

Gehemmt und verunsichert durch das bauchfreie Kostüm versuchte Giselle, sich auf die Schritte zu konzentrieren. Sie waren einfach genug, aber das anmutige Bewegen der Hände oder das sinnliche Schwingen der Hüften würde sie niemals erlernen. Benommen folgte sie den Anweisungen der Vortänzerin, und bis zu einem gewissen Grad schaffte sie es, Roman Magnatis Anwesenheit zu ignorieren. Dennoch war sie erleichtert, als die Trommeln verstummten und das Publikum laut und begeistert applaudierte.

Eine Frau aus dem Dorf nickte ihr zu. „Du tanzt gut“, sagte sie anerkennend. „Es liegt dir im Blut. Wenn du mit uns aufgewachsen wärst, hättest du Hula getanzt, bevor du laufen konntest.“

Giselle lachte, aber sie freute sich über das Kompliment. Und trotz eines gewissen Jemands hatte ihr das Ganze Spaß gemacht.

„Du willst doch nicht etwa schon gehen!“, protestierte Terry, als Giselle sich kurz danach von ihren Begleiterinnen verabschiedete. „Die Band ist gerade eingetroffen, jetzt beginnt der Abend erst richtig.“

„Ich glaube, ich passe. Einsame Inseln erforschen strengt an. Amüsiert euch gut.“

Sie bahnte sich einen Weg durch die Menge, hinunter zum Strand, wo man für diejenigen, die noch ein Glas trinken oder die Nacht durchtanzen wollten, Tische und Stühle aufgestellt hatte. Plötzlich vernahm sie hinter sich eine tiefe, leicht ironische Stimme. „Sieh einer an … Giselle Foster. Sie gehen schon?“

Sie blieb stehen. Ihr Puls beschleunigte sich, und ein Kribbeln lief ihr über die Haut. Langsam drehte sie sich um und sah ihn an. „Ja“, erwiderte sie knapp.

Der Prinz lächelte wissend – seine Wirkung auf Frauen war ihm bestimmt nichts Neues. „Dann wäre es also sinnlos, Sie um einen Tanz zu bitten?“

Giselle blinzelte, dann erwiderte sie höflich, wenn auch ein wenig spitz: „Da man uns nicht miteinander bekannt gemacht hat, muss ich leider ablehnen.“

Er lachte und streckte die Hand aus. „Dazu brauchen wir niemanden. Roman Magnati, aus Illyria. Ihren Namen kenne ich schon, und ich weiß, dass Sie Neuseeländerin sind und eine romantisch veranlagte Mutter haben.“

„Wie bitte?“

„Giselle ist so ein romantischer Name.“

Zögernd nahm sie seine Hand. Sie war angenehm warm und der Druck seiner Finger nicht übertrieben stark. Dennoch zuckte sie zusammen, als habe sie ein glühendes Eisen berührt.

Sofort ließ er sie los. „Ich bitte um Entschuldigung – habe ich Ihnen wehgetan?“

„N…nein“, stammelte sie, dann räusperte sie sich. „Ich bin okay.“

„Vermutlich ein leichter Schwächeanfall. Das kommt von der Hitze.“ Er winkte einem Kellner. „Eine Limonade bitte.“

„Mir fehlt nichts. Und ich bin auch nicht durstig.“

„Mangel an Durst ist das erste Anzeichen von Dehydratation.“ Er nahm ihren Arm und führte sie an einen der runden Tischchen. „Wann haben Sie zuletzt etwas getrunken? Und damit meine ich kein alkoholisches Getränk.“

Hielt er sie für betrunken? „Ich hatte einen Saft. Und ein Glas Wein zum Abendessen“, fügte sie herausfordernd hinzu.

„Und nichts nach dem Tanzen?“ Er schob ihr den Stuhl zurecht, und Giselle blieb nichts anderes übrig, als Platz zu nehmen. „Sie … Sie sind sehr freundlich, aber ich würde lieber gehen. Ich kann auf meinem Zimmer etwas trinken.“

„Sowie Sie etwas Flüssigkeit zu sich genommen haben, bringe ich Sie ins Hotel.“

Er sagte es zuvorkommend, aber sehr bestimmt. Widerspruch war sinnlos, es sei denn, sie ließ es auf eine Szene ankommen. Und das war das Ganze nicht wert. Sie würde die dämliche Limonade trinken, wenn ihm so viel daran lag, und danach gehen.

Aber irgendwie rührte sie seine Fürsorge. Sie war nicht gewohnt, dass man sich um sie sorgte. Ihr Vater war ein verschlossener Mann gewesen, der erwartet hatte, dass sie ohne Hilfe zurechtkam.

Verstohlen betrachtete sie ihr Gegenüber. Dieser Prinz war mit Abstand der attraktivste Mann, dem sie bisher begegnet war. Vielleicht sollte sie einfach das kurze Zusammensein mit ihm genießen. Plaudern, ein Glas trinken, den süßen Jasminduft einatmen … Maura wäre zufrieden, wenn sie sie jetzt sehen könnte.

Wie faszinierend sein Gesicht mit den hohen Wangen und dem markanten Kinn im Kerzenlicht aussah!

Irritiert, aber kühl entgegnete sie: „Hat Ihnen noch niemand gesagt, wie … äh … dominierend Sie sind?“

Ein Lächeln zuckte um seine Lippen. „Doch, das habe ich schon öfter gehört.“

In dem Moment kam der Kellner. Mit einer höflichen Verbeugung stellte er die Getränke auf den Tisch und entfernte sich. Anscheinend war der Prinz ein wohlbekannter Gast im Coconut Bay.

„Wo ist Ihre Freundin?“, sagte Giselle, um das Schweigen zu überbrücken.

„Wer?“

„Die Dame von heute Nachmittag.“

„Sie heißt Bella Adams, und sie ist nicht meine Freundin“, erwiderte er ruhig. „Sie war einer der Gäste auf meiner Jacht.“

Ach, wirklich?, dachte Giselle. Den Eindruck hatte ich nicht. Sie griff nach dem Glas und trank einen Schluck. Das kalte Getränk tat ihr gut, und erstaunt stellte sie fest, dass sie wirklich durstig war.

„Sind Sie auf Kreuzfahrt?“

„Nur für ein paar Tage.“

„Hier scheint man Sie aber gut zu kennen. Kommen Sie öfter?“

Erstaunt hob er die Brauen, und Giselle senkte verlegen den Kopf. Wie konnte sie nur so indiskrete Fragen stellen!

„Ab und zu“, bestätigte er höflich. „Der Besitzer ist einer meiner Bekannten. Wo in Neuseeland sind Sie zu Hause?“

„Auf der Nordinsel.“

„Eine sehr schöne Gegend. Wo auf der Insel? In Whangarei?“

Whangarei, der Hauptort ihres Bezirks, war eine Kleinstadt, von der nur wenige Ausländer gehört hatten. „Eine Fahrstunde nördlich“, erwiderte sie widerstrebend.

„Leben Sie auf einer Farm?“

Sie nippte an der Limonade. „Ja.“ Zweifellos sah man ihr das an.

„Und gefällt es Ihnen, Farmerin zu sein?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Es ist eine Beschäftigung wie jede andere.“

„Langweilig wird es Ihnen gewiss nicht.“ Er hob sein Glas an die Lippen und trank einen Schluck. „Was hat Sie zu Ihrer Berufswahl bewogen?“

Wahl? Erstaunt sah sie ihn an. „Die Umstände haben es mit sich gebracht. Außerdem liebe ich P… mein Zuhause. Einen schöneren Ort kann ich mir nicht vorstellen.“

„Haben Sie Ihr ganzes Leben dort verbracht?“

„Ja, seit der Geburt.“

„Sind Sie die Einzige oder haben Sie noch Geschwister?“

Bei dem Gedanken an Leola runzelte sie die Stirn. Etwas stimmte nicht, sie spürte es seit einem Monat. Ihre Schwester war unglücklich, auch wenn sie es nicht zugab. Giselle hatte vor der Abreise nach Fala’isi mit ihr telefoniert und auf die Frage, was los sei, eine scharfe Abfuhr erhalten.

Sie antwortete mit einer Gegenfrage: „Haben Sie welche?“

„Einen Bruder. Er ist ein paar Jahre jünger.“

„Das erklärt alles.“

Er lachte und zeigte dabei blendend weiße Zähne. „Damit meinen Sie wohl meine Tendenz zum Dominieren. Sie haben recht, ich frage zu viel. Jetzt sind Sie an der Reihe. Was möchten Sie gerne wissen?“ Etwas wie Spott funkelte in seinen Augen.

Giselle spürte, wie sie rot wurde. Aber das war ihm in der Dunkelheit hoffentlich entgangen.

„Wo sind Sie zur Welt gekommen?“

„In einer Klinik in der Schweiz. Meine Eltern waren Exilanten, meine Mutter kam aus Russland und mein Vater von Illyria.“

„Ist er nach dem Tod des Diktators zurückgekehrt?“

„Nein, er wurde vorher ermordet.“

„Ermordet?“ Entsetzt sah sie ihn an. Das männlich schöne Gesicht glich plötzlich einer Maske – kalt, harsch und herrisch.

„Er wurde von den Handlangern des Diktators vergiftet. Leider hat mein Vater das Ende der Diktatur nicht mehr erlebt.“

Erschüttert griff Giselle nach dem Glas. „Das ist furchtbar“, murmelte sie. „Es tut mir so leid.“

„Mir auch. Am meisten bedaure ich, dass ich dem Schurken seine Verbrechen nicht heimzahlen konnte.“

Bei diesen harschen Worten lief es Giselle kalt über den Rücken. Sie atmete auf, als er mit ruhiger Stimme weitersprach. „Zum Glück kann ich wenigstens einen Teil des Schadens, den er angerichtet hat, wiedergutmachen.“ Er lächelte, und die harten Züge entspannten sich.

Wenn Giselle noch den geringsten Zweifel an seiner adligen Herkunft gehabt hatte, so war er jetzt verschwunden. Dieser Mann war ein Herrscher und ein gefährlicher, kompromissloser Gegner. Er kam aus einer ganz anderen Welt als sie. Ebenso gut könnte er von einem anderen Planeten sein, ging es ihr durch den Kopf.

„Wie … wie wollen Sie das erreichen?“, fragte sie schüchtern.

„Mein Cousin Alex hat mich nach Illyria zurückgeholt. Die Inseln vor der Küste waren früher im Besitz meiner Familie, und sie hatten am meisten unter dem Regime des Diktators zu leiden. Jeder dort weiß, dass sich der Boden nur zum Anbau von Olivenhainen und Weinstöcken eignet. Als dann noch der Fischfang untersagt und sämtliche Boote versenkt wurden, konnten die Bewohner nicht einmal mehr nach Italien fliehen. Das Resultat war eine Hungerkatastrophe von erschreckendem Ausmaß. Jetzt versuche ich, mit den Repräsentanten der verschiedenen Inseln diesen Wirtschaftszweig wieder zu beleben und zusätzlich eine Tourismusindustrie aufzubauen.“

„Und um das zu lernen, sind Sie in Fala’isi?“

„Unter anderem. Freunde von mir haben hier erreicht, was mir für meine Heimat vorschwebt. Ohne den Weitblick und die Tatkraft der Chapmans wäre Fala’isi heute vermutlich eine arme, vergessene Insel im Pazifik. Stattdessen blüht das Geschäft. Und die Bewohner haben Arbeit, ohne dass der traditionelle Lebensstil darunter gelitten hat. Etwas Ähnliches möchte ich auf meinen Inseln erleben, bevor ich sterbe.“

Mit anderen Worten, es ging um den Fortbestand seiner Dynastie. Ihr Großvater hätte das gut verstanden, vielleicht auch ihr Vater, der sich stets einen Sohn gewünscht hatte.

Und dass sie nicht mit ihm endete, dafür würde Roman Magnati zweifellos sorgen. An Anwärterinnen für die Rolle einer Prinzessin und Mutter seiner zukünftigen Söhne fehlte es garantiert nicht. Und wenn es Töchter wurden, wie bei ihrem Vater? Nach der Scheidung hatte er kein zweites Mal geheiratet, weil er über den Verlust ihrer Mutter nie hinweggekommen war …

„Finden Sie, was ich sage, abwegig?“, fragte der Prinz, als Giselle weiterhin schwieg.

„Im Gegenteil“, versicherte sie schnell. „Ich finde Ihr Vorhaben bewundernswert.“

Wieder lächelte er, und sie erkannte den erfahrenen Charmeur, der sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst ist und ohne zu zögern davon Gebrauch macht. So wie jetzt. Was sie nicht verstehen konnte, war, weshalb er seine Zeit mit ihr vergeudete.

Sie machte sich über ihr Aussehen keine Illusionen. Sie war schlank und hatte eine gute Figur, doch dort drüben auf der Tanzfläche gab es mindestens zwanzig schönere Frauen mit bedeutend mehr Sex-Appeal. Warum bemühte er sich ausgerechnet um sie?

„Und wie stellen Sie sich die Zukunft vor?“, unterbrach er sie erneut in ihren Grübeleien. „Sind Sie mit einem Leben als Farmerin zufrieden?“

Verwirrt sah sie auf und begegnete dem unergründlichen Blick seiner tiefblauen Augen. „Wer weiß schon, was die Zukunft mit sich bringt“, erwiderte sie leichthin. Um ihre Beklemmung zu verbergen, griff sie nach der Limonade und leerte das Glas in einem Zug, bevor sie es auf den Tisch zurückstellte.

„Ich verstehe. Besser, sich amüsieren und die Nacht durchtanzen. Habe ich recht?“, meinte er geringschätzig.

Giselle stand auf und sagte mit eisiger Stimme: „Dann wünsche ich Ihnen viel Vergnügen dabei. Darf ich mich jetzt verabschieden?“

Zu ihrer Überraschung erhob er sich auch, und obgleich sie nicht klein war, kam sie sich plötzlich so vor.

„Ich bringe Sie ins Hotel.“

„Das ist nicht nötig.“

„Nichtsdestoweniger begleite ich Sie.“

Erbittert atmete sie tief durch. Das Wort Nein bekam er wohl nicht oft zu hören – wenn überhaupt.

„Gehen wir!“, sagte sie irritiert. „Anscheinend bleibt mir keine andere Wahl.“

Schweigend machten sie sich auf den Weg. Der Strand war still und verlassen, und nach und nach wurde die Musik von der Tanzfläche leiser, bis man nur noch das ferne Donnern der Wellen hörte, die draußen am Riff zerschellten. Und ob sie es wollte oder nicht, nahm der Zauber der tropischen Nacht Giselle gefangen. Die Luft war weich wie Seide, und über ihr funkelten die Sterne wie Diamanten am samtschwarzen Himmel. Sie schienen so nah zu sein, dass Giselle das Gefühl hatte, nach ihnen greifen zu können, hätte sie nur den Mut dazu gehabt …

Doch nach den Sternen zu greifen entsprach nicht ihrem Temperament. Maura würde betrübt den Kopf schütteln, wenn sie jetzt hier wäre. Anstatt ihr einsames Hotelzimmer aufzusuchen, könnte sie, Giselle, in Prinz Roman Magnatis Armen liegen und tanzen. Mit ihm flirten. Sich vielleicht sogar von ihm küssen lassen. Wenn sie nur ein wenig mutiger wäre …

Nein, das wäre kein Mut, sondern Dummheit! Selbst davon zu träumen war eine Dummheit und obendrein gefährlich. Er hielt ihre Hand, und der Kontakt seiner Finger weckte die verwirrendsten Empfindungen in ihr. Sie durfte den Kopf jetzt nicht verlieren, bis zum Resort war es nicht mehr weit …

Um sich abzulenken, versuchte sie, sich die Frauen, mit denen er verkehrte, vorzustellen. Wie diese Bella Adams waren sie garantiert alle weltgewandt und sehr sexy und stets nach der letzten Mode gekleidet. Da konnte sie in dem einfachen grünen Pareo und den flachen Sandalen nicht mithalten, selbst wenn sie es darauf anlegen würde. Und das war nicht der Fall. Dieser Ort und seine Magie waren schuld – die Sterne, das Meer, die verführerische Süße der Tropen brachten sie aus dem Gleichgewicht.

Als sie das Hotel erreichten, blieb Giselle an der Treppe stehen. „Vielen Dank für die Begleitung.“

„Ich bringe Sie bis zu Ihrem Zimmer“, sagte er mit einem leichten Lächeln. Er wusste, er ging ihr auf die Nerven, doch er bezweifelte, dass sie den Grund seiner Hartnäckigkeit erriet. Er wollte sich davon überzeugen, dass sie wirklich diejenige war, für die sie sich ausgab. Sein Sicherheitsdienst versicherte, dass sie nicht für eine Zeitung arbeitete, und eigentlich glaubte er das auch nicht mehr. Weshalb benahm sie sich dann, als hätte sie etwas zu verbergen?

„Das ist wirklich nicht nötig.“

„Ich möchte es aber. Heute Nachmittag war ich Ihnen gegenüber ziemlich grob, und das tut mir leid.“

„Schon gut. Wahrscheinlich hatten Sie Ihre Gründe.“ Sie wandte sich ab und stieg die Treppe hinauf. Roman folgte ihr.

Er wartete, während sie die Tür aufschloss, dann sagte er brüsk: „Sind Sie immer so vertrauensselig? Sie kennen mich doch gar nicht.“

„Leider konnte ich Sie nicht loswerden, ohne Großalarm zu schlagen“, erwiderte sie spitz. „Wie dem auch sei, eine Bekannte von mir, die regelmäßig Frauenzeitschriften liest, versichert, dass Sie wirklich Roman Magnati sind. Somit nehme ich an, dass ich nichts zu befürchten habe.“

„Sind Sie sicher? Nicht jeder Prinz ist ein Gentleman.“

„Möglich. Aber wenn Sie wirklich unlautere Absichten haben, würden Sie dann erst eine halbe Stunde lang in aller Öffentlichkeit mit mir am Tisch sitzen? Der Kellner kann bezeugen, dass ich zuletzt mit Ihnen zusammen war.“

Die herablassende Ironie, mit der sie ihm Kontra gab, reizte ihn zum Widerspruch. „Meine liebe Miss Foster … Wissen Sie wirklich nicht, wie bestechlich Kellner sein können?“

Giselle öffnete die Tür. „Gute Nacht, Hoheit“, sagte sie kühl.

Ein Muskel pochte an Romans Schläfe. Was war es, das ihn an dieser Frau so faszinierte? Vom ersten Moment an hatte er das Verlangen verspürt, die vollen roten Lippen zu küssen. Es ging eine so verhaltene Sinnlichkeit von ihr aus, die Bella Adams Verführungskünste schal und berechnend wirken ließen.

Nichts an ihr war affektiert. Sie bewegte sich mit einer natürlichen Anmut, die sich nicht erlernen ließ. Sie nahm ihn auf ihre Art gefangen, ob es ihm gefiel oder nicht.

Und das irritierte ihn. Die Welt wimmelte von schönen Frauen, die ihm bei der kleinsten Ermutigung um den Hals fielen. Nur Giselle war anders. Sie war abweisend und schroff und ironisch bis zum Sarkasmus – überhaupt nicht sein Stil.

Vielleicht war er ganz einfach übersättigt, und diese offen erteilte Abfuhr reizte ihn. Andererseits kämpfte er grundsätzlich nicht um eine Frau. Seine Geliebten kannten die Spielregeln und richteten sich danach.

Doch als Giselle jetzt die Tür hinter sich zuziehen wollte, schob er einen Fuß in die Öffnung.

Aus grünen Augen blitzte sie ihn an. „Ich hoffe, diese Begegnung artet nicht in einen würdelosen Zweikampf aus“, sagte sie knapp.

„Das hoffe ich auch.“ Damit zog er sie in die Arme und küsste sie.

3. KAPITEL

Giselle versuchte, ihn von sich zu stoßen, doch Roman küsste wie ein Eroberer, herrisch und siegesbewusst. Mit seinem Kuss weckte er ein unbekanntes, heißes Verlangen in ihr, gegen das sie machtlos war, und nach dem ersten halbherzigen Versuch gab sie jeden Widerstand auf. Sie klammerte sich an seine Schultern, sog den erregenden männlichen Duft ein und küsste ihn ebenso leidenschaftlich wie er sie. Eine innere Glut verzehrte sie, und sie presste sich an ihn, um seine Nähe noch intensiver zu fühlen.

Roman murmelte etwas, das sie nicht verstand. Mit einer geschmeidigen Bewegung verlagerte er sein Gewicht, sodass sie seine Erregung deutlich spürte – eine Wahrnehmung so neu und erotisch, dass Giselle alle Hemmungen und Zweifel vergaß.

Wie stark seine Arme waren, wie mitreißend der durchtrainierte Körper! Er appellierte an Instinkte, die sie ängstigten und gleichzeitig anfeuerten. Der Kuss wurde drängender und unwillkürlich seufzte sie leise. Plötzlich hob er den Kopf, wie um zu lauschen. „Jemand kommt“, murmelte er rau. „Entweder wir gehen in dein Zimmer oder wir hören auf.“

Verstört sah sie ihn an, dann vernahm auch sie undeutlich Stimmen und Gelächter am Fuß der Treppe. Schamröte stieg ihr in die Wangen, und sie stammelte: „Ich … Gehen Sie!“

Roman betrachtete sie schweigend, dann verneigte er sich und trat einen Schritt zurück. Zutiefst gedemütigt schlug Giselle die Tür zu.

Zitternd und fassungslos fiel sie gegen die Wand. Hatte sie den Verstand verloren? Es sah ganz danach aus. Von ihm konnte man das ganz und gar nicht behaupten. Im Gegensatz zu ihr hatte er einen klaren Kopf bewahrt und beim ersten Geräusch reagiert. Für ihn war dieser Kuss ja auch nichts Besonderes. So etwas gehörte mit dazu, wenn man eine Frau nach Hause begleitete.

Leicht genug hatte sie es ihm weiß Gott gemacht. In seinen Armen hatte sie alles um sich herum vergessen. Vermutlich amüsierte er sich insgeheim immer noch über ihre Naivität und war jetzt auf dem Weg zurück zur Tanzfläche, wo eine bereitwilligere, erfahrene Partnerin für die Nacht auf ihn wartete.

Immerhin, ein Prinz hat mich geküsst, dachte sie voll Selbstironie. Wie viele Frauen konnten das schon von sich behaupten? Wahrscheinlich mehr, als sie ahnte, was diesen Prinzen betraf. Auf dem Gebiet war er ein Profi.

Kraftlos durchquerte sie das Zimmer und ließ sich aufs Bett sinken. Weshalb hatte er ausgerechnet sie geküsst? Um ihr zu zeigen, dass sie ihm ebenso wenig widerstehen konnte wie seine übrigen Eroberungen?

Während sie schlaflos zur Zimmerdecke hinaufstarrte, tröstete sie sich mit der Gewissheit, dass sich dergleichen nicht wiederholen würde. Sollten sie sich, aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz, noch einmal begegnen, würde er ihr geflissentlich aus dem Weg gehen – wenn er sich überhaupt an sie erinnerte.

Eigentlich sollte sie darüber froh sein. Warum füllten sich dann ihre Augen mit Tränen?

Das kam davon, wenn man mit vierundzwanzig zum ersten Mal richtig geküsst wurde! Deprimiert betrachtete sie den sternenklaren Himmel durch das offene Fenster und dachte an die paar Dates aus ihrer Internatszeit und die ungeschickten Zärtlichkeiten, die sie mit Jungen, kaum älter als sie, getauscht hatte. An die zwei oder drei jungen Männer, mit denen sie in den Jahren auf Parirua ausgegangen war. Keiner hatte in ihr das Verlangen nach Sex geweckt, und sie war zu der Überzeugung gelangt, dass ihr nichts daran lag.

Nun, sie war um eine Erfahrung reicher geworden. Ihr Verlangen nach Liebe und Leidenschaft war geweckt worden. War das der Grund, weshalb ihre Mutter Mann und Kinder verlassen hatte und mit ihrem Liebhaber auf und davon gegangen war? Weil sie geglaubt hatte, ohne ihn nicht leben zu können? War physische Leidenschaft so stark, dass man ihretwegen alles andere vergaß?

Wenn ja, dann will ich damit nichts zu tun zu haben, dachte Giselle.

Denn dieser Preis war zu hoch, und ihre Mutter hatte ihn letztendlich gezahlt. Drei Jahre später, als ihnen das Geld ausging, verschwand der Liebhaber mit einer anderen Frau, und Mom – verlassen, verzweifelt und ohne einen Cent – nahm sich in einem billigen Hotelzimmer, weit weg von Neuseeland, mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben.

Am nächsten Morgen erwachte Giselle mit Kopfschmerzen und dem festen Entschluss, Roman Magnati zu vergessen. Männern seines Kalibers war sie nicht gewachsen.

Sie bezweifelte, dass er nach dem Vorfall von gestern noch einmal ins Resort kommen würde. Sollte er das dennoch tun, wäre es nicht allzu schwer, ihm aus dem Weg zu gehen. Swimmingpool oder Bar zu meiden, machte ihr nichts aus, und in die Disco ging sie sowieso nicht. Sie war hier, um sich zu erholen. Dazu gehörten schwimmen – im Meer, nicht im Pool –, vernünftig essen und Siestas halten, sonst nichts!

Später, als sie vom Strand zurückkam, lief sie Bibi in die Arme. „Na? Wie war’s?“, fragte diese neugierig. „Wir haben gesehen, wie du mit dem Prinzen verschwunden bist … Übrigens, falls es dich interessiert, in der Hotelboutique gibt es ein Magazin mit einer Fotoreportage über ihn. Die Bilder sind fabelhaft. Wie könnte es auch anders sein? So, wie er aussieht …“

„Er ist attraktiv, das lässt sich nicht bestreiten“, erwiderte Giselle gespielt gleichgültig. „Und seine Manieren sind vorbildlich. Er hat darauf bestanden, mich ins Hotel zurückzubringen.“ Damit ließ sie Bibi stehen und ging auf ihr Zimmer, von zahlreichen verstohlenen Blicken gefolgt. Anscheinend war Bibi nicht die Einzige, die den Prinzen und sie zusammen gesehen hatte.

Doch nach dem Mittagessen konnte Giselle der Versuchung nicht widerstehen. Unzufrieden mit sich selbst, unternahm sie einen Abstecher in die Boutique und kehrte mit dem besagten Magazin auf ihr Zimmer zurück. Begierig las sie den Artikel, in dem von Roman Magnatis Plänen und Hoffnungen für das illyrische Inselreich die Rede war, ebenso von der Rolle, die er in der internationalen Geschäftswelt spielte. Sein Privatleben wurde mit keiner Silbe erwähnt.

Giselle betrachtete die Bilder und gab zu, dass er fotogen war. Sie zeigten ihn mit verschiedenen Begleiterinnen, die eins gemeinsam hatten – alle sahen fantastisch aus, waren nach dem letzten Schrei gekleidet und trugen kostbare Juwelen. Dann krauste sie die Stirn. Eine der Frauen hätte ihre Schwester sein können. Auf dem Foto drehte sie der Kamera den Rücken zu, doch Größe, Figur und das lange blonde Haar stimmten mit Leolas überein. Verblüfft studierte sie den Schnappschuss genauer, dann schüttelte sie den Kopf. Leola würde niemals ein mit Pailletten besetztes Cocktailkleid tragen, ihr Stil war eigenwilliger, dramatischer. Außerdem verkehrte sie nicht in Kreisen der oberen Zehntausend, in denen diese Fotos ganz offensichtlich aufgenommen worden waren.

Verdrossen warf Giselle das Magazin in den Papierkorb. Warum hatte sie es gekauft? Es war schade ums Geld. Mit Badetuch und Buch bewaffnet, kehrte sie zurück an den Strand, um sich auf andere Gedanken zu bringen. Doch sie konnte sich auf keinen Satz konzentrieren, und nach einer Weile ließ sie das Buch sinken. Roman Magnati ging ihr nicht aus dem Sinn.

Das änderte sich auch in den folgenden Tagen nicht. Um sich abzulenken, beteiligte sie sich an Schnorchelausflügen und unternahm eine Expedition hinaus zum Korallenriff. Sogar in die Disco ging sie und tanzte jeden Abend bis spät in die Nacht. Danach war sie erschöpft genug, um sofort einzuschlafen. An die verwirrenden Träume, die sie plagten, konnte sie sich am nächsten Morgen zum Glück nur vage erinnern.

Fünf Tage vor der Abreise – Giselle verbrachte den Nachmittag auf ihrem Zimmer, um einem hartnäckigen Verehrer aus dem Weg zu gehen – klingelte das Telefon. Ihr Herz machte einen kleinen Sprung – vielleicht war es … „Dumme Gans!“, sagte sie laut, bevor sie abhob. Sie verspürte ein ungutes Gefühl in der Magengegend, als sie die Stimme von Joe erkannte, der sich während ihrer Abwesenheit um Parirua kümmerte.

„Joe! Stimmt etwas nicht?“

Ein Räuspern erklang. „Sie sagten doch, ich soll Sie benachrichtigen, wenn etwas Unerwartetes eintritt.“

„Was ist passiert“

„In der Post von heute kam ein Brief vom Finanzamt. Er ist an Ihren Vater adressiert.“

„An Dad?“ Giselle runzelte die Stirn. Ihr Vater hatte die Farm in einem finanziellen Chaos hinterlassen, aber sie war überzeugt, dass mit den Steuerbehörden alles geregelt war. Warum schrieben sie ihm jetzt einen Brief?

„Am besten, Sie lesen mir vor, was sie von ihm wollen.“

„Okay.“

Während Joe den Umschlag aufmachte, teilte er ihr mit, dass auf der Farm alles in Ordnung sei, abgesehen vom Wetter. „Wenn es nicht bald regnet, gibt es Probleme mit den Brunnen. So, ich bin so weit …“ Er begann vorzulesen, hielt nach dem ersten Satz jedoch inne. „Ich … Das …“

„Lesen Sie weiter.“

Als er geendet hatte, schluckte Giselle schwer. Es war, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen weggezogen. „Das … das bedeutet, ich muss Parirua verkaufen. Wo soll ich einen derartigen Betrag auftreiben? Noch dazu in drei Wochen …“

„Ich weiß“, sagte Joe bedrückt. „Das ist mehr, als die Farm bei den gegenwärtigen Grundstückspreisen wert ist. Ich verstehe das einfach nicht … Was meinen sie mit dieser Trust-Geschichte?“

„Davon war mir nichts bekannt, im Testament wurde sie nicht erwähnt. Dad muss im Ausland ein Treuhandkonto eröffnet und Beträge überwiesen haben, ohne sie zu deklarieren.

Jetzt fordert das Finanzamt nicht nur die ausstehenden Steuern ein, sondern auch die angefallenen Zinsen.“ Zitternd holte sie Atem. „Ich … ich glaube, Sie und Rangi sehen sich besser nach einer neuen Stelle um.“

„Rangi kann tun, was er will. Ich bleibe, bis Sie einen Käufer gefunden haben“, erwiderte Joe entschieden. „Allein können Sie Parirua nicht bewirtschaften.“ Er zögerte. „Wie konnte Ihr Vater nur so gedankenlos sein!“

„Dem Brief nach handelt es sich um Betrug.“

„Er war der ehrlichste Mann auf der Welt.“

„Das weiß ich.“ Unwillkürlich schluchzte Giselle auf, dann fasste sie sich wieder. „Wahrscheinlich hat er das Ganze nicht richtig durchdacht. Grandpa kümmerte sich um die Bücher, und als er starb, wollte Dad keinen neuen Buchhalter einstellen.“ Ein entsetzlicher Verdacht streifte sie und ließ sie nicht mehr los. „Joe … In dem Brief ist von einer Steuerprüfung die Rede, von der mein Vater angeblich wusste. Sie glauben doch nicht, dass er … dass der Autounfall gar kein Unfall war, oder?“

Der Aufseher schwieg. „Ich weiß nicht, Ellie“, sagte er schließlich. „Aber ich kann mir nicht denken, dass er Sie bewusst in eine solche Situation gebracht hätte.“

„Ich komme mit dem nächsten Flug zurück.“

„Das werden Sie nicht! Sie waren krank und brauchen den Urlaub. Es bleiben sowieso nur noch vier Tage, und die Steuer gibt Ihnen drei Wochen Aufschub.“

„Ja …“ Joe hatte recht. Und das Flugdatum kurzfristig zu ändern, war nicht billig.

„Sie können ja vom Hotel aus telefonisch die ersten Schritte unternehmen. Soviel ich weiß, hat Ihnen ein ausländisches Unternehmen vor einem Monat ein Angebot für die Farm gemacht. Jemand mit Mega oder so ähnlich.“

„MegaCorp“, erwiderte Giselle automatisch. Sie war auf das Angebot nicht eingegangen, weil sie geglaubt hatte, Parirua halten zu können. „Das ist aber nicht der richtige Name, es war nur so eine Erfindung von mir. Sie wissen doch, was ich von internationalen Konzernen halte, die daherkommen und glauben, sie können unser Land aufkaufen. In Wirklichkeit heißen sie …“

„Ja, ja“, fiel Joe ihr ungeduldig ins Wort. „Der Mann, der damals angerufen hat, ist ein Mr. Joseph Smith, von einer großen Immobilienfirma in Auckland. Mit dem sollten Sie reden.“

Sie brachte keinen Ton hervor, ihre Kehle war wie zugeschnürt.

„Giselle? Sind Sie noch da?“, fragte Joe beunruhigt.

„J…ja“, brachte sie mühsam hervor. „Ich werde Mr. Smith anrufen. Es tut mir so leid, Joe.“

„Unsinn! Sie können doch nichts dafür. Und kommen Sie ja nicht früher, sonst schicke ich Sie zurück! Genießen Sie die paar Tage noch. Der Makler soll seine Arbeit tun.“

„Danke, Joe. Auch für den Anruf.“ Dann legte sie auf.

Drei Wochen, um ein Vermögen aufzutreiben! Sie fühlte sich wie ein Boxer nach einem K.o.-Schlag. Ihr Leben auf Parirua war zu Ende, doch im Moment spielte das keine Rolle. Joe und Rangi waren wichtiger. Auch für sie war die Farm das Zuhause. Und sie waren Familienväter – die Arbeit zu verlieren, wäre eine Katastrophe.

Das durfte nicht geschehen! Giselle nahm Block und Bleistift zur Hand und machte sich daran, eine Liste der wichtigsten Anrufe zu erstellen. Als Erstes musste sie mit dem Makler sprechen, dann mit dem Mann von der Steuerbehörde, danach …

Zwei Stunden später trat sie mit einem Glas Wasser auf den Balkon. Müde schweifte ihr Blick über den türkisblauen Ozean.

Der Steuerinspektor war höflich und voll Mitgefühl gewesen. Er hatte ihr mitgeteilt, dass sie gegen die Zahlung Einspruch erheben könne, allerdings ohne viel Aussicht auf Erfolg.

Was den Makler betraf, so war er nur allzu bereit, mit MegaCorp oder wie der Konzern auch heißen mochte, Kontakt aufzunehmen. Giselle hoffte, das Unternehmen war noch immer an der Farm interessiert.

Was auch geschah, Parirua gehörte ihnen nicht mehr. Leola und sie hatten kein Zuhause mehr.

Leola … Sie musste sie anrufen und ihr mitteilen, wie die Dinge lagen. Aber in London, wo sie für ein bekanntes Modehaus arbeitete, war jetzt Nacht. Warum sollte sie sie aus dem Schlaf reißen? Tun konnte sie auch nichts. Und obwohl sie schockiert sein würde, war der Verlust von Parirua für ihre Schwester nicht so tragisch wie für sie selbst. Leola lebte in einer anderen Welt. Eines Tages würde sie eine berühmte Designerin sein, mit ihrem eigenen Label und Boutiquen in allen wichtigen Metropolen.

Da Giselle es in ihrem Zimmer nicht mehr aushielt, nahm sie ihr Buch – ob sie den Roman jemals zu Ende lesen würde? – und ging zum Swimmingpool hinab. Sie fand einen Liegestuhl im Schatten und streckte sich aus, dann schloss sie die Augen.

Was sie dazu bewegte, sie nach einer Weile zu öffnen, wusste sie nicht. Eine Intuition, ein innerer Zwang? Aber dort stand er, auf der gegenüberliegenden Seite des Schwimmbeckens – eine hochgewachsene schlanke Silhouette im Glanz der untergehenden Sonne. Und er sah zu ihr herüber.

Ein Schauer der Erregung lief ihr über den Rücken, und das Blut rauschte plötzlich in ihren Adern. In vier Tagen flog sie nach Parirua zurück, auf die Farm, die ihr nicht mehr gehörte, einer ungewissen Zukunft entgegen. Was hatte sie zu verlieren? Sie war vierundzwanzig und immer noch Jungfrau, und dort stand der Mann, den sie stärker begehrte als jemals zuvor etwas in ihrem Leben. So viele Frauen hatten One-Night-Stands, warum nicht auch sie? Sie war anders als ihre Mutter, sie würde Lust nicht mit Liebe verwechseln. Aber ein Mal wollte sie das Leben genießen, es bis zur Neige ausschöpfen. Was danach kommen würde, nahm sie in Kauf.

Wenn er – falls er sie immer noch wollte, dann war sie einverstanden.

Unter halb geschlossenen Lidern beobachtete Giselle, wie Roman auf sie zukam. Keiner der Blicke, die ihm folgten, entging ihr, weder die neidischen der männlichen noch die sehnsüchtigen der weiblichen Gäste. Ein Prickeln lief ihr über die Haut, und ihre Kehle wurde trocken. Ihr war, als habe sie ihr ganzes Leben lang auf ihn gewartet. Was, wenn er nur zufällig im Resort war, wenn er jetzt nur Guten Tag sagen wollte? Nein, er war ihretwegen hier, das fühlte sie.

Dann stand er neben ihr. „Hallo, Giselle.“

Sie sah zu ihm auf. „Sie haben sich aber Zeit gelassen.“

Er setzte sich auf das Fußende der Liege und betrachtete sie nachdenklich. „Ich war beschäftigt.“

Giselle schwieg.

„So einfach ist das also.“

„Ja.“ Verwegen fuhr sie fort: „Warum sollte es kompliziert sein?“

Er zog die Brauen hoch. „Eine etwas ungewöhnliche Einstellung. Aber …“, seine Stimme wurde tiefer, „… Sie sind ja auch eine ungewöhnliche Frau. Haben Sie mich vermisst?“

„So wie Sie mich, nehme ich an.“

Geheimnisvoll lächelnd berührte er ihr Knie. Diese Geste dauerte nur ein, zwei Sekunden, doch sie ging Giselle durch und durch.

„Möchten Sie auf meine Jacht kommen? Dort sind wir unter uns.“

Einen Moment lang zögerte sie. Sie kannte ihn kaum, fühlte jedoch instinktiv, dass sie ihm vertrauen konnte.

Anscheinend erriet er ihre Gedanken, denn er fuhr fort: „Ich habe noch nie eine Frau zu etwas gezwungen. Dennoch, ich verstehe Ihre Bedenken. Könnten Sie sich vorstellen, das Hotel zu wechseln? Ich kenne ein Resort, nicht weit von hier. Dort sind Sie ebenso sicher wie hier, wir wären aber ungestört.“

Giselle sah das Glitzern in seinen Augen und wusste, er begehrte sie ebenso sehr wie sie ihn. Und noch etwas wusste sie – dass er aufrichtig mit ihr war. Er versprach weder Liebe noch Gefühle, lediglich die Befriedigung eines Verlangens, das sie beide verzehrte.

Um sicherzugehen, dass sie sich nicht täuschte, fragte sie kühl: „Was genau haben Sie im Sinn?“

„Das Gleiche wie Sie.“

Sah man ihr das so deutlich an? „W…wohin wollen Sie mich entführen?“

„Nach Flying Fish.“

Giselle blieb vor Überraschung der Mund offen stehen. Flying Fish war das Resort der Superreichen, die nicht nur Luxus, sondern auch völlige Abgeschiedenheit suchten.

Roman stand auf. „Dann verständige ich jetzt die Hotelleitung, damit man sich um Ihr Gepäck kümmert. Ich werde hinterlassen, wo Sie zu erreichen sind, sollte einer Ihrer Angehörigen anrufen. Das ist nur vernünftig, finden Sie nicht?“

Sie lächelte ironisch. „Ich finde, bei dem, was wir vorhaben, kann von Vernunft keine Rede sein.“

Wusste sie, wie aufreizend sie war? Was auch immer der Grund sein mochte, sein Verlangen nach ihr war mehr als der Wunsch jedes virilen Mannes nach einer attraktiven Frau. Was machte sie so außergewöhnlich? Sie war schön und könnte noch schöner sein, wenn sie es darauf anlegte. Aber das tat sie anscheinend nicht. Dieser Badeanzug zum Beispiel – er war eher praktisch als modisch, und doch betonte er die schlanke Gestalt mit den festen runden Brüsten, der schmalen Taille und den langen Schenkeln besser als der knappste Bikini. Dazu die Alabasterhaut und das rabenschwarze Haar, der volle rote Mund, nicht zu vergessen ihre natürliche Anmut und Schlagfertigkeit … Ja, Giselle Foster war die personifizierte Versuchung.

„Vernunft ist nicht immer der Weisheit letzter Schluss“, sagte er. „Gehen wir?“

4. KAPITEL

Eine Stunde später, als die letzten Sonnenstrahlen den Himmel in allen Schattierungen von Orange, Rot und Violett färbten, landete das kleine Wasserflugzeug auf dem glasklaren Wasser einer Lagune. Die Insel war klein, ihr Zentrum hügelig und mit dichtem Dschungel bewachsen. Kokospalmen säumten den märchenhaften weißen Strand.

Und wie in einem Märchen kam Giselle sich auch vor – in einer Traumwelt, die mit der Wirklichkeit nichts zu tun hatte. Heute Nacht würde sie in Romans Armen liegen und alles vergessen. Sogar Parirua.