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ENTFÜHRT IN DEN PALAST DER LEIDENSCHAFT von GRAHAM, LYNNE "Du hast mich entführt!" Saffy ist zutiefst empört, als ihr Exmann Scheich Zahir sie mit einer List in seinen Palast lockt. Doch trotz allem fühlt sie sich plötzlich unwiderstehlich von ihm angezogen VERRAT MIR DEIN SINNLICHES GEHEIMNIS von BAIRD, JACQUELINE Mit ihrem flammendroten Haar und ihren verführerischen Kurven weckt die schöne Beth heißes Begehren in Dante Cavallo. Aber Vorsicht: Sein Instinkt als Anwalt sagt ihm, dass sie etwas vor ihm verbirgt EIN UNMORALISCHES ANGEBOT VOM BOSS von LAWRENCE, KIM "Ich soll Ihre Geliebte werden?" Die Haushälterin Zoe hasst ihren arroganten Boss Isandro Montero für seinen unverschämten Vorschlag! Doch warum klopft ihr Herz dann so sehr, als er sie verlangend küsst? GEFÄHRLICHES SPIEL MIT DEM PLAYBOY von MILBURNE, MELANIE Spontan schlüpft Ally gegenüber dem italienischen Playboymilliardär Vittorio Vassallo in die Rolle ihrer Zwillingsschwester. Ein prickelnd gefährliches Spiel beginnt - bis Vittorio sie jäh durchschaut GLAUB AN MICH UND MEINE LIEBE von CARSON, AIMEE Amber glaubt an die Liebe. Bis heute gehört ihr Herz Parker Robinson, dem Helden ihrer Kindertage. Und auf einmal ist er wieder da: sexy und aufregend wie eh und je, aber auch genauso bindungslos und zynisch
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Seitenzahl: 700
Lynne Graham, Jacqueline Baird, Kim Lawrence, Melanie Milburne, Aimee Carson
JULIA EXTRA BAND 377
IMPRESSUM
JULIA EXTRA erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 377 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg
© 2013 by Lynne Graham Originaltitel: „The Sheikh’s Prize“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Trixi de Vries
© 2013 by Jacqueline Baird Originaltitel: „The Cost of her Innocence“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Trixi de Vries
© 2013 by Kim Lawrence Originaltitel: „Maid for Montero“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Dorothea Ghasemi
© 2008 by Melanie Milburne Originaltitel: „Mistress at the Italian’s Command“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto im Sammelband „Her Mediterranean Playboy“ in der Reihe: Harlequin Presents Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Trixi de Vries
© 2013 by Aimee Carson Originaltitel: „The Wedding Dress Diaries“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN HEAT Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: SAS
Fotos: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733703882
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
„Ich will dich haben!“ Scheich Zahirs Worte lassen Saffy gegen ihren Willen sinnlich erschauern. Dabei hat ihr Exmann sie gerade entführt, um endlich die nie vollzogene Hochzeitsnacht einzufordern …
Warum kommt ihm Beth Lazenby nur so vertraut vor? Als der erfolgreiche Anwalt Dante Cannavaro die gefährliche Wahrheit über die rothaarige Schönheit entdeckt, ist er ihren Reizen bereits verfallen …
Diese Mischung aus Anmut und Sinnlichkeit! Beim Anblick seiner neuen Haushälterin Zoe flammt Verlangen in dem Milliardär Isandro Montero auf. Er muss sie um jeden Preis zu seiner Geliebten machen!
„Erkennst du mich nicht wieder?“ Spontan gibt Ally sich gegenüber dem berüchtigten italienischen Playboy Vittorio Vassallo als ihre Zwillingsschwester aus. Mit ungeahnt sinnlichen Folgen …
Zahir Ra’if Quarishi, Erbkönig des Golfstaates Maraban, fuhr von seinem Chefsessel hoch, als sein jüngerer Bruder Akram ins Büro platzte.
„Was ist passiert?“, herrschte Zahir den Eindringling an. Instinktiv brachte der ehemalige Offizier seinen ein Meter neunzig großen durchtrainierten Körper in Alarmstellung.
Verlegen, weil er in seiner Aufregung nicht auf die Hofetikette geachtet hatte, deutete Akram eine Verbeugung an. „Ich bitte mein unangekündigtes Erscheinen vielmals zu entschuldigen, Eure Majestät …“
„Schon gut, Akram. Du wirst deine Gründe haben.“ Und zwar private Gründe, wenn er den besorgten Gesichtsausdruck seines jüngeren Bruders richtig deutete.
„Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll …“
„Setz dich erst mal hin, und atme tief durch“, riet Zahir, der zu seiner natürlichen Ruhe und Gelassenheit zurückgefunden hatte. Er ging zu einer Sitzgruppe hinüber und forderte Akram auf, ihm gegenüber Platz zu nehmen. „Wir können über alles reden. Von Einschüchterung halte ich nichts! Ich bin nicht wie unser verstorbener Vater.“
Akram wurde bleich, als Zahir seinen tyrannischen, ungeliebten Vorgänger erwähnte, der nicht nur seine Familie, sondern sein ganzes Volk terrorisiert hatte. Da Fareed der Großartige – auf diesem Namen hatte er bestanden – die durch das Ölvorkommen in Maraban erwirtschafteten Milliarden in die eigene Tasche gesteckt hatte, war der Golfstaat zu einem der rückständigsten Länder des Nahen Ostens verkommen. Der immens reiche Herrscher ließ sein Volk wie im Mittelalter leben, verweigerte ihm Schulbildung, moderne Technologien und angemessene medizinische Versorgung.
Sofort nach seiner Thronbesteigung vor drei Jahren hatte Zahir umwälzende Veränderungen auf den Weg gebracht, deren vollständige Umsetzung jedoch noch einiges an Kraft und Zeit benötigen würde. Akram bewunderte seinen Bruder, der fast rund um die Uhr für eine bessere Zukunft seines Volks arbeitete und zauderte erneut, Zahir mitzuteilen, was er gerade erfahren hatte.
Zahir sprach nie über seine erste Ehe. Das Thema war einfach zu brisant. Das war Akram nur zu bewusst. Sein Bruder hatte einen hohen Preis dafür bezahlt, sich gegen seinen Vater zu stellen und eine Ausländerin zu heiraten, die auch noch aus einem völlig anderen Kulturkreis stammte. Leider hatte die Frau sich zudem als seiner unwürdig erwiesen, was die Sache noch schlimmer machte.
„Akram?“ Langsam wurde Zahir ungeduldig. „In einer halben Stunde habe ich eine Besprechung.“
„Es geht um … sie. Die Frau, die du geheiratet hast.“ Akram hatte die Sprache wiedergefunden. „Sie ist in unserer Hauptstadt unterwegs und stellt sich zur Schau.“
Zahir erstarrte. Unter dem honigfarbenen Teint war er blass geworden. Die sinnlichen Lippen waren zusammengepresst. „Was, um alles in der Welt, soll das heißen?“
„Sapphire dreht hier einen Fernsehwerbespot für Kosmetik“, erklärte Akram voller Abscheu. Er fand es unentschuldbar, seinen Bruder so zu beleidigen.
Der König ballte die schlanken kraftvollen Hände zu Fäusten. „Willst du damit sagen, Sapphire filmt hier in Maraban?“, fragte er ungläubig.
„Ich weiß es von Wakil.“ Der Mann hatte einmal als Zahirs Leibwächter gearbeitet. „Er konnte es auch kaum fassen. Im Nachhinein müssen wir unserem Vater wohl sogar noch dankbar sein, dass er deine Ehe vor dem Volk geheim gehalten hat“, fügte Akram erschüttert hinzu.
Seine Exfrau wagte es, in sein Land zu reisen? Das war ja ungeheuerlich! Wütend sprang Zahir auf. Er hatte sich so bemüht, nicht verbittert zu werden und seine gescheiterte Ehe zu vergessen. Kein leichtes Unterfangen, wenn die Ex sich zu einem weltberühmten Supermodel entwickelte, das einem von unzähligen Zeitschriftentiteln und Plakaten zulächelte. Sogar am New Yorker Time Square hatte ein riesiges Werbeplakat gehangen!
Vor fünf Jahren war er leichte Beute für eine so berechnende Frau wie Sapphire Marshall gewesen. Es war der Tyrannei seines Vaters zuzuschreiben, dass Zahir mit seinen damals fünfundzwanzig Jahren sexuell noch völlig unerfahren gewesen war und keine Ahnung von der westlichen Welt und ihren Frauen gehabt hatte. Trotzdem hatte er versucht, das Beste aus seiner Ehe zu machen. Seine Braut dagegen hatte gar nichts unternommen, um ihre Eheprobleme zu lösen. Er hatte um eine Frau gekämpft, die gar nicht seine Frau sein wollte und schon zurückgezuckt war, wenn er sie nur berührte.
Ich war so ein Idiot, dachte Zahir. Inzwischen war er nicht mehr so unschuldig, was Frauen betraf, und konnte sich Sapphires seltsames Verhalten erklären. Sie hatte ihn nur wegen seines unermesslichen Reichtums geheiratet und wegen seines Status als Prinz, nicht weil sie in ihn verliebt war. Es war unverzeihlich, dass sie es offensichtlich nur auf die Abfindung abgesehen hatte, die bei einer Scheidung fällig wurde. Er hatte einen unglaublich hohen Preis bezahlt, während sie völlig ungeschoren davongekommen war, noch dazu mit einer Millionenabfindung!
„Es tut mir so leid, Zahir“, sagte Akram leise. So wütend kannte er seinen sonst so gelassenen Bruder gar nicht. „Aber ich dachte, du solltest wissen, dass sie die Frechheit hat, hier aufzutauchen.“
„Wir sind seit Jahren geschieden. Warum sollte mich interessieren, was sie treibt?“, erkundigte er sich harsch.
„Weil ihr Auftreten hier peinlich ist. Nicht auszudenken, wenn die Medien erfahren, dass sie mal mit dir verheiratet war. Es ist schamlos und unverfroren von ihr, ausgerechnet in Maraban ihren albernen Werbespot zu drehen.“
„Du reagierst viel zu emotional, Akram“, sagte Zahir beruhigend. Insgeheim rührte ihn die Reaktion seines Bruders jedoch. „Vielen Dank für die Information. Aber was erwartest du jetzt von mir?“
„Dass du sie mit ihrer Filmcrew sofort des Landes verweist“, antwortete Akram wie aus der Pistole geschossen.
„Wie jung und impulsiv du bist, Bruderherz.“ Zahir lächelte trocken. „Für die Paparazzi, die meiner Exfrau auf Schritt und Tritt folgen, wäre es natürlich ein gefundenes Fressen, wenn ich das weltberühmte Supermodel deportieren lassen würde. Warum sollte ich für Schlagzeilen sorgen? Die Presse würde doch sofort anfangen herumzuschnüffeln und dabei genau das entdecken, was ich all diese Jahre verborgen gehalten habe.“
Enttäuscht, weil sein Bruder offenbar nicht vorhatte, sich an seiner Ex zu rächen, schlich Akram schließlich von dannen und wäre sehr erstaunt gewesen über die Telefongespräche, die Zahir führte, sowie er wieder allein war.
Zahirs scharfer Verstand stand in ständigem Widerspruch zu seinem leidenschaftlichen Temperament. So war sein Wunsch, Sapphire persönlich wiederzusehen, völlig unlogisch. Aber vielleicht musste er ihr noch einmal begegnen, um einen endgültigen Schlussstrich zu ziehen. Langsam musste Zahir sich nämlich mit dem Gedanken anfreunden, wieder zu heiraten. Vorher wollte er sich jedoch davon überzeugen, dass die Probleme, die damals zwischen ihm und Sapphire gestanden hatten, wirklich darauf zurückzuführen waren, dass sie es tatsächlich nur auf sein Geld abgesehen hatte und dass es nichts Psychisches oder Physisches gewesen war, wie er anfangs vermutet hatte.
Unfassbar, wie viele Bücher er damals gelesen hatte, um dem Problem auf die Spur zu kommen! Sapphires derzeitige Lebensumstände bestärkten seinen Verdacht, es damals mit einer ganz ausgekochten, geldgierigen Person zu tun gehabt zu haben. Inzwischen lebte sie nämlich mit dem preisgekrönten schottischen Tierfilmer Cameron McDonald zusammen. Vermutlich hatte sie keine Probleme, mit ihm ins Bett zu gehen.
Allein die Vorstellung entfachte Flammen des Zorns in Zahir und ließ seine Augen in unnatürlicher Helligkeit erglühen.
Pflichtbewusst hielt Saffy ihr erhitztes Gesicht in den Luftstrom aus der Windmaschine, damit die blonde Mähne dekorativ über die Schultern gepustet wurde. Mit der Selbstbeherrschung eines echten Profis verbarg sie, wie sehr ihr die unerträgliche Hitze zusetzte. Ständig musste ihr Gesicht neu abgepudert werden. Immer wieder wurden die Filmaufnahmen unterbrochen, weil die Sicherheitskräfte der Crew zu enthusiastische Zuschauer zurückdrängen mussten, damit das Team genug Platz zum Arbeiten hatte. Es war ein Riesenfehler, den Werbespot für die Desert Ice Kosmetiklinie an einem Ort zu filmen, an dem die Infrastruktur fehlte, die von der Filmcrew normalerweise vorausgesetzt wurde.
„Zeig mir deinen sexy Blick, Saffy!“ Dylan, der die Aufnahmen machte, verzweifelte langsam. „Was ist denn diese Woche mit dir los?“
Wie elektrisiert riss Saffy sich zusammen und zauberte den gewünschten Ausdruck in ihr Gesicht. Es sollte doch niemand merken, dass sie abgelenkt war. Sie konzentrierte sich auf den Tagtraum, der den viel gepriesenen begehrlichen Blick fast wie von selbst kreierte. Wie paradox, diesen Traum abrufen zu müssen, der sich nie erfüllt hatte, dachte Saffy. Das Schicksal kann so grausam sein! Doch davon durfte sie sich jetzt nicht beirren lassen. Der Kunde zahlte eine Stange Geld dafür, dass sein Produkt perfekt beworben wurde. Sie durfte sich jetzt keine Sentimentalitäten leisten.
Mithilfe ihrer sprichwörtlichen Selbstbeherrschung verdrängte Saffy die verstörenden Erinnerungen und dachte sehnsüchtig an den Mann mit pechschwarzem Haar, breiten Schultern und der unwiderstehlichen animalischen Anziehungskraft seines wie Goldbronze schimmernden Körpers. Dieser Traummann musterte sie begehrlich mit seinen dicht bewimperten glitzernden Augen. So leidenschaftlich, dass es Saffy den Atem raubte. Ihr Körper reagierte sofort auf diese heiße Fantasie. Brennendes Verlangen pulsierte zwischen ihren Schenkeln, die harten Brustwarzen zeichneten sich unter dem dünnen Seidentop ab, das sie trug.
„Perfekt! Bleib so!“, rief Dylan begeistert und fotografierte sie aus jedem erdenklichen Blickwinkel, während Saffy sich lasziv rekelte, wobei sie sich vorstellte, dass der Mann ihrer Träume ihr zuschaute. „Jetzt senk die Lider eine Spur. Wir wollen den Lidschatten sehen. Super machst du das, Schätzchen. Und nun zeigst du mir deinen verführerischen Schmollmund!“
Es dauerte eine Minute oder auch zwei, bevor Saffy aus ihrer Traumwelt zurückkehrte und wieder in der harten Realität landete, die sich aus Hitze, Lärm und neugierigen Zuschauern zusammensetzte. Jetzt war ihren unglaublich großen blauen Augen wieder anzusehen, wie unangenehm ihr die Aufmerksamkeit war, die sie beim Filmen auf sich zog. Zum Glück hatte Dylan jetzt alle Aufnahmen im Kasten und machte Luftsprünge vor Freude. Erschöpft ließ Saffy den Blick über die Menschenmenge gleiten und entdeckte dahinter einen auf einer Düne parkenden Wagen. Daneben stand ein Mann in weißem Gewand. Im gleißenden Sonnenlicht blitzte etwas in seiner Hand auf.
Durch ein Fernglas betrachtete Zahir seine wunderschöne Exfrau. Sie saß auf einem Stapel riesiger Plastikeiswürfel, das lange goldblonde Haar umwehte ihr Gesicht wie kostbar schimmernde Seide. Der Anblick dieser atemberaubenden Schönheit erzürnte Zahir maßlos. Was fiel ihr ein, sich mitten in Maraban nur mit zwei himmelblauen Fetzen bekleidet in aller Öffentlichkeit zur Schau zu stellen? Jeder konnte ihre vollen festen Brüste, die schlanke Taille und die schier endlosen Beine anstarren!
Die Männer der Filmcrew umschwirrten Sapphire wie Motten das Licht, boten ihr kühle Getränke und Snacks an und fummelten an Haar und Gesicht herum. Rasend vor Eifersucht, fragte Zahir sich, welcher der Männer die Freude hatte, ihren wunderschönen Körper zu besitzen. Sie lebte zwar mit Cameron McDonald zusammen, doch in den Gazetten wurde immer wieder über Affären mit anderen Männern spekuliert. Von Treue schien sie demnach nicht viel zu halten.
Es ärgerte Zahir, dass er Sapphire noch immer begehrte, obwohl sie offensichtlich ein Flittchen war. Diese Selbsterkenntnis war so niederschmetternd, dass er wütend die Zähne zusammenbiss. Bereits dieser eine Blick auf Sapphires perfektes Äußeres hatte seinen gesamten Körper in Erregung versetzt und glühende Begierde in ihm entfacht.
Sapphire – der einzige Fehler, den er sich je geleistet hatte. Die Strafe dafür war unvergesslich brutal gewesen. Er hatte Unbeschreibliches ertragen, um wenigstens ein Jahr mit ihr verheiratet zu bleiben. Zwölf Monate lang hatte er ihretwegen Höllenqualen gelitten. Oh ja, Sapphire war ihm definitiv noch etwas schuldig! Zudem hatte sie nach der Scheidung Millionen von ihm kassiert. Dabei war die Ehe eine einzige Farce gewesen.
Vielleicht ist nun endlich die Zeit der Rache gekommen, überlegte Zahir grimmig.
Sapphire hätte mit ihrer Filmcrew ja nicht ausgerechnet nach Maraban kommen müssen, um ihren Werbespot zu drehen. Noch dazu ohne Genehmigung. Jetzt hatte er sie in der Hand.
Das Bild einer ihm hilflos ausgelieferten Saffy hatte etwas ungemein Verführerisches. Langsam ließ Zahir das Fernglas sinken. Er hatte sich geändert, sie beide hatten sich geändert. Dieses Mal würde er Saffy dazu bringen, sich nach ihm zu verzehren!
Je mehr er darüber nachdachte, desto fester wurde Zahirs Entschluss, sich diesen Wunsch zu erfüllen. In seinem bisherigen Leben hatte er nur selten Gelegenheit gehabt, seine privaten Bedürfnisse in den Vordergrund zu stellen. Das sollte sich nun ändern!
Er hatte sich bereits über Sapphires Reisepläne informiert und wusste daher, dass sie Maraban bereits in einigen Stunden wieder verlassen wollte. Zahir überlegte sich genau, wie er vorgehen würde. Mit der gleichen, nahezu selbstmörderischen Entschlossenheit hatte er damals eine Ausländerin geheiratet, ohne seinen despotischen Vater zuvor um Erlaubnis zu bitten …
Erleichtert, nicht mehr in der sengenden Hitze posieren zu müssen, zog Saffy sich in den Trailer der Filmcrew zurück, um sich umzuziehen. Bandeau-Top und hoch geschlitzter Rock machten weißer Leinenhose und hellblauem T-Shirt Platz. Den Nabelschmuck hatte sie auch abgelegt. Noch zwei Stunden, dann konnte sie Maraban wieder den Rücken kehren. Niemals wäre sie auf die Idee gekommen, ausgerechnet hierherzukommen, doch die Crew war gezwungen gewesen, kurzfristig einen neuen Drehort zu finden, weil im Nachbarstaat Unruhen ausgebrochen waren. Auf Sapphires Einwände hatte niemand gehört. Natürlich hatte sie geheim gehalten, früher einmal mit dem König des Golfstaates verheiratet gewesen zu sein. Ihre Karriere hatte ja erst nach der Scheidung begonnen.
Interessant, dass Zahir den Thron bestiegen hatte, obwohl er doch ein erklärter Gegner der korrupten Monarchie in seinem Land gewesen war. Die Zeitungen hatten allerdings berichtet, die Bevölkerung von Maraban hätte nicht gewusst, was sie mit dem Angebot einer demokratischen Regierung anfangen sollte und hätten sich um ihren ausgesprochen populären Prinzen geschart, der die Armee hinter sich versammelt und zum Wohl seines Volkes die Diktatur seines grausamen Vaters abgeschafft hatte. Überall hingen Bilder von Zahir. Unter dem Porträt im Hotelfoyer stand eine Vase mit frischen Blumen auf dem Tisch. Fast wie ein Heiligenschrein, dachte Saffy und lächelte verbittert. Zahir war ein durch und durch anständiger Mann, der sich sehr für Gerechtigkeit einsetzte und wahrscheinlich ein ausgezeichneter König war. Es war unfair, ihm etwas übel zu nehmen, wofür er nichts konnte.
Ihre Ehe war eine Katastrophe gewesen. Noch heute verdrängte Saffy sofort jeden aufkeimenden Gedanken an diese Zeit. Zahir hatte ihr das Herz gebrochen und sie fallen lassen, als sie versagt hatte. Es war unfair, ihn dafür zu hassen. Zumal sie ihn selbst monatelang um die Scheidung gebeten hatte. Das Leben bestand leider nicht nur aus Happy Ends.
Eigentlich kann ich mich nicht beklagen, dachte Saffy, als sie, flankiert von Sicherheitskräften, durch die jubelnde Menge zur wartenden Limousine ging, die sie zum Flughafen bringen sollte. Verträumt berührte sie sacht ein seidiges Blütenblatt des wunderschönen Blumenstraußes, der im Fond des Wagens in einer Hängevase dekoriert war, und freute sich, weil nun drei freie Tage vor ihr lagen.
Wenn sie wieder in London war, wollte sie sich zuerst mit ihren Schwestern in Verbindung setzen. Eine war schwanger, eine versuchte verzweifelt, schwanger zu werden, und eine ging noch zur Schule.
Ihre älteste Schwester Kat war sechsunddreißig Jahre alt, hatte kürzlich einen russischen Milliardär geheiratet und spielte mit dem Gedanken, sich einer Hormonbehandlung zu unterziehen. Saffy war nicht besonders gut auf ihren Schwager Mikhail zu sprechen, denn er hatte sie entrüstet zur Rede gestellt, weil sie Kat nicht geholfen hatte, als diese in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt hatte. Dabei wusste ich gar nichts von den Schulden, dachte Saffy wütend. Und selbst wenn, eine so große Summe hätte sie gar nicht so schnell aufbringen können. Gleich zu Beginn ihrer Karriere hatte sie angefangen, sich in Afrika zu engagieren und unterstützte regelmäßig eine Schule für Aids-Waisen. Dafür verzichtete sie gern auf ein Leben im Luxus.
Saffys Zwillingsschwester Emmie erwartete ein Baby – ohne den werdenden Vater an ihrer Seite, was Saffy allerdings nicht wunderte. Leider wusste sie aus eigener Erfahrung nur zu gut, dass ihr Zwilling niemandem verzieh, der sie verletzt oder beleidigt hatte. Vermutlich hatte der Vater des Kindes diesen Fehler gemacht. Als Kinder waren Emmie und sie durch dick und dünn gegangen. Das hatte sich in der Pubertät geändert. Sie waren in schlechte Gesellschaft geraten, und durch Saffys unbedachtes Verhalten war Emmie bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt worden. Es hatte Jahre gedauert, bis sie sich davon erholt hatte. Es gibt eben Dinge, die unverzeihlich sind, dachte Saffy traurig.
Mikhail und Kat würden schon dafür sorgen, dass es Emmie und dem Baby an nichts fehlte. Hilfe von ihr würde Emmie sowieso ablehnen. Warum sie wohl so ein großes Geheimnis um die Identität des werdenden Vaters macht? Na ja, ich bin auch nicht viel besser, musste Saffy sich eingestehen. Bis heute hatte sie keiner ihrer Schwestern die demütigende Wahrheit über ihre gescheiterte Ehe gestanden. Kat hatte sie damals noch gewarnt, nichts zu übereilen. Aber wenn man achtzehn Jahre alt und schwer verliebt war, wollte man keine Ratschläge hören. Also hatten Zahir und sie nach zwei Monaten geheiratet, ohne überhaupt je zusammengelebt zu haben. Natürlich war das völlig verrückt gewesen!
Saffy, die damals noch sehr unreif und idealistisch gewesen war und noch nie auf eigenen Füßen gestanden hatte, hatte sich nur schwer in ihre Rolle als Ehefrau hineingefunden. Zumal sie plötzlich auch noch in einem völlig anderen Kulturkreis lebte. Während sie sich bemühte, sich einigermaßen zurechtzufinden, wurde Zahir ihr immer fremder. Wochenlang ließ er sie allein, weil er Wehrübungen machen musste. Ausgerechnet dann, wenn sie ihn am meisten brauchte. Sicher hatte sie Fehler gemacht, aber Zahir war auch nicht unschuldig am Scheitern ihrer Ehe.
Zufrieden mit dieser Erkenntnis, durch die sie die Schuld für vergangene Fehler gerecht auf beide Seiten verteilt hatte, kam Saffy wieder in der Gegenwart an. Erstaunt bemerkte sie, dass sie auf einer schnurgeraden breiten Straße unterwegs waren, die an eine Landebahn mitten in der Wüste erinnerte. Die Gegend wirkte vollkommen verlassen. Doch die Route zum Flughafen führte eigentlich durch die belebte Innenstadt. Hier gab es nur Wüstensand, Felsen, erloschene Vulkanformationen und kaum Vegetation.
Saffy hatte Zahirs Heimat nie etwas abgewinnen können. Hitze und karge Wüstenlandschaft waren nicht ihr Ding. Wo, um alles in der Welt, sind wir hier? überlegte sie fieberhaft. Vielleicht auf einer Umgehungsstraße, um dem dichten Stadtverkehr auszuweichen? Verunsichert klopfte sie an die Trennscheibe, um den Chauffeur auf sich aufmerksam zu machen. Der sah nur kurz in den Rückspiegel, ignorierte sie jedoch gleich wieder. Verärgert klopfte sie heftiger gegen das Glas und forderte ihn auf, sofort anzuhalten. Was hatte der Mann vor? Sie würde noch ihr Flugzeug verpassen!
Als sie frustriert die Hand zurückzog, streifte sie den Blumenstrauß in der Vase und bemerkte einen Umschlag. Hastig griff sie danach, riss ihn auf und las die Karte: Es ist mir eine große Freude, meinen Gast für dieses Wochenende begrüßen zudürfen!
Das durfte doch nicht wahr sein! Fassungslos starrte Saffy die Einladungskarte an. Sie war nicht unterschrieben. Hatte ein lüsterner Scheich die Dreharbeiten verfolgt und Gefallen an der leicht bekleideten Hauptdarstellerin gefunden? Wahrscheinlich der Typ, der sie durchs Fernglas beobachtet hatte. Wofür hält der mich? Saffy dachte gar nicht daran, ihr freies Wochenende zu opfern, um das Ego eines reichen Mannes zu streicheln, der sich einbildete, sie wäre käuflich! Durch ihren Vertrag mit Desert Ice war sie gezwungen, VIP-Veranstaltungen zu besuchen. Die Kosmetikfirma verlangte eben, dass das Gesicht der Werbekampagne sich unter den Reichen und Schönen präsentierte. Leider dichtete die Boulevardpresse ihr nach jeder Veranstaltung einen neuen Lover an. Saffy eilte also ein gewisser Ruf voraus, der es ihr erschwerte, sich aufdringliche Männer vom Leib zu halten.
Wütend suchte sie in ihrer Handtasche nach dem Handy, um einen Kollegen um Hilfe zu bitten. Sie konnte es nicht finden. Erst als sie den Inhalt der Handtasche auf den Sitz gekippt hatte, sah Saffy, dass ihr Handy nicht da war. Zuletzt hatte sie es in der Hand gehabt, bevor sie sich umgezogen hatte. Verflixt, sie hatte es im Trailer liegen lassen! Was nun? Die Tür neben ihr ließ sich natürlich auch nicht öffnen. Bei diesem Tempo wäre Saffy allerdings sowieso nicht aus dem Wagen gesprungen. Das fehlte noch, wegen eines lüsternen Scheichs ihr Leben zu riskieren!
Unter dem beunruhigten Blick des Fahrers im Rückspiegel hob Saffy scheinbar ungerührt den Kopf. Sie konnte sich nicht vorstellen, in einem traditionsbewussten Staat wie Maraban mit seinen gesetzestreuen Bürgern entführt zu werden. Außerdem würde kein Araber einen Gast gegen seinen Willen einladen. In diesem Kulturkreis galt es quasi als Todsünde, wenn man nicht dafür sorgte, dass sich die Gäste wohlfühlten. Sie musste also nur höflich erklären, dass sie bedauerlicherweise bereits einen Termin hatte, dann würde man sie sofort zum Flughafen fahren. Ihren Flieger würde sie dann allerdings trotzdem verpassen.
Einige Minuten später hielt der Fahrer am Straßenrand und entriegelte die Türen. Saffy stieg aus und überlegte, ob sie wegrennen sollte. Aber wohin? Sie befand sich mitten in der Wüste. In dieser Gluthitze würde sie sich in kürzester Zeit einen fürchterlichen Sonnenbrand holen. Ratlos sah sie sich um. In diesem Moment näherte sich ein Geländewagen aus der anderen Richtung und hielt an.
Nun stieg der Chauffeur der Limousine aus und bedeutete Saffy gestenreich, in den Geländewagen zu klettern. Hatte sie eine Wahl? Wie sollte sie sich dagegen wehren? Ihr Blick fiel auf die Glasvase im Fond. Als hätte sie etwas auf dem Sitz vergessen, beugte Saffy sich zurück in die Limousine, zerschlug die Vase an der eingebauten Minibar und griff vorsichtig nach einer gezackten Glasscherbe. Dann richtete Saffy sich wieder auf, überquerte die Straße und kletterte in den Geländewagen. Sofort wurde die Tür hinter ihr zugeschlagen.
Saffy konnte einfach nicht beurteilen, wie ernst ihre Lage wirklich war. Jedenfalls würde sie ihrem Gastgeber sofort unmissverständlich zu verstehen geben, dass sie umgehend zum Flughafen musste. Und falls irgendjemand versuchen würde, sie auch nur anzufassen, würde sie die Glasscherbe als Waffe benutzen.
Der Wagen wurde gewendet, überholte die Limousine und bog auf einen Schotterweg, der direkt in die Wüste führte. Entsetzt stellte Saffy fest, dass sie bald völlig von hohen Sanddünen umgeben waren. Die Fahrt wurde immer holpriger. Schaukelnd erklomm der Wagen eine Düne und fuhr auf der anderen Seite wieder hinunter. Dann noch eine und noch eine. Außerdem war es unerträglich heiß, denn über eine Klimaanlage schien der Jeep nicht zu verfügen. Als Saffy schließlich völlig durchgeschüttelt war, ging es mit heulendem Motor eine besonders hohe Düne hinauf. Vom Kamm aus fiel Saffys Blick auf eine mittelalterliche Festung. Eine Nobelherberge sieht anders aus, dachte Saffy schaudernd. Wieso wurde sie in diese verlassene Gegend verschleppt? Bis auf ein paar Ziegen schien es hier nichts Lebendiges zu geben!
Der Wagen fuhr direkt auf die Festung zu, deren schwarze Tore langsam aufschwangen und den Blick freigaben auf einen überraschend üppig bewachsenen Innenhof. Das satte Grün war ein willkommener Anblick für Saffy, deren Augen von der Helligkeit der Sandwüste schon ganz erschöpft waren. Langsam atmete sie tief ein und aus, um ihre Nerven zu beruhigen, als der Fahrer vor einem Portal hielt, vor dem Personal bereitstand. Vielleicht handelte es sich ja doch um ein Hotel!
Die Leute verneigten sich tief, als Saffy ausstieg, sprachen sie aber nicht an. Sie folgte einem älteren Mann und atmete auf, weil es drinnen angenehm kühl war. Dann blieb sie staunend stehen, denn die Halle, die sie gerade betreten hatte, schien sich bis in die Unendlichkeit zu erstrecken. Weißer Marmor, vergoldete Säulen, prunkvolle Spiegel, so weit das Auge reichte. So eine Opulenz hatte Saffy inmitten der Wüste nicht vermutet. Als sie den Blick auf die hohe Decke richtete, entdeckte sie eine bezaubernde Malerei von einem blauen Himmel, erfüllt von exotischen Vögeln.
Ein paar Schritte vor ihr wartete ihr Führer ungeduldig darauf, dass sie weiterging. Saffy presste die Lippen zusammen, folgte dem Mann eine Treppe hinunter, durch vergoldete Türen hindurch in einen großen lichtdurchfluteten Raum, der orientalisch mit niedrigen Diwanen und wunderschönen Teppichen eingerichtet war. Auch eine Vorrichtung zur Kaffeezubereitung war vorhanden, wie Saffy sie auch schon in Zelten gesehen hatte. Ihr geheimnisvoller Gastgeber schien sehr traditionsbewusst zu sein. Ganz sicher würde solch ein Mensch niemals gegen die Gastfreundschaft verstoßen! Saffy schob die Glasscherbe in ihre Handtasche.
„Qu’est-ce que vous desirez, madame?“
Erschrocken wandte Saffy sich um und entdeckte ein junges Dienstmädchen, das beflissen nach ihren Wünschen fragte. Oje, in Maraban wurde ja eher Französisch als Englisch gesprochen. Damit hatte sie sich vor fünf Jahren schon abgequält.
„Bring Erfrischungen!“, ordnete eine sonore Männerstimme an. „Und in Zukunft sprichst du Englisch mit Miss Marshall.“
Beim Klang der vertrauten Stimme stellten sich Saffys Nackenhaare auf. Mit weit aufgerissenen Augen schaute sie fassungslos den Mann an der Tür an, während das Dienstmädchen sich entschuldigte, ehrerbietig verneigte und durch eine andere Tür verschwand.
„Zahir?“, hauchte Saffy. Sie glaubte ihren Augen nicht zu trauen.
„Wer sonst?“, fragte Zahir aalglatt, als sie langsam zurückwich.
Panik schnürte ihr die Kehle zu. Zahir, der König von Maraban! Ihr Exmann steckte also hinter der Entführung! Er war der geheimnisvolle Gastgeber, der sich freute, das Wochenende mit ihr zu verbringen!
Doch wozu? Er hatte sich vor vielen Jahren von ihr scheiden lassen und über ihre Beziehung war nie etwas an die Öffentlichkeit gedrungen.
Und jetzt stand er plötzlich vor ihr in seiner maßgeschneiderten schwarzen Freizeitkleidung und sah einfach blendend aus! Trotz ihrer hohen Absätze musste sie zu ihm aufsehen und ihre viel gerühmte Selbstbeherrschung hatte sie plötzlich vollkommen verlassen. Dabei hatte Saffy sich geschworen, sich nie wieder so von diesem unwiderstehlichen Mann beeindrucken zu lassen wie damals im zarten Alter von achtzehn Jahren. Dieses wunderschön blauschwarz schimmernde Haar, das ausdrucksvolle Gesicht mit den hohen Wangenknochen, dem energischen Kinn, den traumhaft sinnlichen Lippen. Dazu der athletische Körper eines griechischen Gottes, und die aufregenden Augen einer Raubkatze. Wer sich mit diesem Mann einließ, brachte sich unweigerlich in Gefahr!
Mit ihren achtzehn Jahren damals war Saffy noch zu naiv gewesen, und doch bereits gestört, und zwar viel schlimmer, als es Zahir oder ihr je bewusst geworden war. Diese aufwühlenden Erinnerungen drängten jetzt wieder an die Oberfläche. Gleichzeitig flatterten Schmetterlinge in Saffys Bauch. Schockiert stellte sie fest, dass Zahirs Ausstrahlung noch immer diese Wirkung auf sie hatte.
Trotz dieser Erkenntnis warf Saffy den Kopf zurück, dass die blonde Mähne nur so flog. „Dann hast du mich also herbringen lassen?“ Ihre Stimme bebte verräterisch. „Warum, um alles in der Welt?“
Mit ihren himmelblauen Augen blickte sie forschend auf zu Zahir, der sie mit glühenden Augen betrachtete. Für ein Supermodel hatte Saffy einen ungewöhnlich kurvigen Körper. Die harten Knospen der hoch angesetzten festen Brüste entgingen seiner Musterung nicht. Auch nicht die herrlich weiblich geschwungenen Hüften unter der winzigen Taille …Die zarten Fußknöchel …
Entschlossen ignorierte Zahir das lustvolle Pulsieren in seinen Lenden und biss die Zähne zusammen. Er hatte sich eingeredet, Saffy hätte ihren Zauber verloren. Jetzt stand er ihr gegenüber und musste sich eingestehen, dass sie sogar noch bezaubernder war als damals.
Es ärgerte ihn, dass sie noch immer diese Wirkung auf ihn ausübte. Frustriert räusperte er sich. „Seit unserer Trennung hast du mich mehr als fünf Millionen Pfund gekostet“, warf er ihr vor. „Vielleicht wollte ich einfach wissen, was du mit dem Geld gemacht hast. Vielleicht habe ich auch an eine Art Gegenleistung gedacht.“
So eine Unverfrorenheit, dachte Saffy empört. „Stopp! Du hast wohl den Verstand verloren. Woher nimmst du das Recht, mich gegen meinen Willen herbringen zu lassen?“, fuhr sie ihn an.
„Ich wollte mit dir reden.“
„Ich wüsste nicht, worüber“, entgegnete Saffy scharf. „Außerdem hätte ich nicht damit gerechnet, dich in diesem Leben wiederzusehen. Ich will nicht mit dir reden, auch nicht über die fünf Millionen, die du mir angeblich gezahlt hast. Ich habe nie auch nur einen Penny von dir erhalten.“
„Du lügst“, behauptete er betont ruhig.
„Nein. Ich habe nie Geld von dir bekommen.“ Verzweifelt versuchte Saffy, sich zu beruhigen.
„Du kannst nicht abstreiten, dass ich beträchtliche Unterhaltszahlungen an dich geleistet habe, seit du Maraban verlassen hast“, erwiderte er verächtlich.
„Aber das stimmt nicht.“ Wütend funkelte sie ihn an. Sie war sehr stolz auf ihre finanzielle Unabhängigkeit und darauf, dass sie Zahirs sagenhaften Reichtum nie ausgenutzt hatte. Es wäre ihr unfair vorgekommen, Unterhalt für die kurze, erfolglose Ehe zu verlangen. „Du lügst, Zahir. Ich habe Geld von dir bekommen, als ich abgereist bin. Von irgendetwas musste ich ja leben, bis ich anfangen konnte, selbst Geld zu verdienen. Aber ich habe nie Unterhalt von dir gewollt. Das habe ich meinem Anwalt auch gesagt. Der muss dich doch darüber informiert haben.“
„Nein. Seit deiner Abreise sind monatliche Zahlungen in einen Treuhandfonds geleistet worden. Das Geld wurde nie zurücküberwiesen“, erklärte Zahir sachlich. „Aber lassen wir das. Du hast jetzt ganz andere Probleme.“
Saffy biss die Zähne zusammen. Sie war schockiert und wütend, dass sie die Beherrschung verloren hatte. Noch immer gelang es Zahir, sie bis zur Weißglut zu reizen. „Was für Probleme sollen das sein?“, erkundigte sie sich höhnisch.
„Ihr habt keine Drehgenehmigung für euren Werbefilm eingeholt.“
„Davon ist mir nichts bekannt. Mit den rechtlichen Aspekten des Drehs habe ich nichts zu tun. Ich bin nur das Model und bin zur rechten Zeit am rechten Ort. Offen gestanden hätte ich liebend gern darauf verzichtet, ausgerechnet in Maraban zu drehen.“
„Wieso? Maraban ist doch ein wunderschönes Land.“
„Das ist ja wohl Ansichtssache. Immerhin besteht Maraban zu achtzig Prozent aus Wüste.“
Zahirs Augen blitzten wütend auf. „Wärst du noch meine Frau, ich würde mich für deine Engstirnigkeit schämen.“
Saffy lachte verächtlich. „Zum Glück bin ich es aber nicht mehr.“
Jetzt war Zahir endgültig beleidigt. „Zum Glück für uns beide“, stieß er abfällig hervor.
Verletzt zuckte Saffy zusammen, hatte sich jedoch gleich wieder in der Gewalt und lenkte schnell vom Thema ab. „Wir haben also ohne Genehmigung gedreht. Und was bedeutet das jetzt im Klartext?“
„Der Film ist noch im Hotel konfisziert worden“, antwortete Zahir zufrieden.
„Wie bitte?“ Saffy war entsetzt. „Das kannst du doch nicht machen!“
„Oh doch! Wer sich in Maraban nicht an gesetzliche Bestimmungen hält, muss mit Konsequenzen rechnen.“
„Könntest du nicht darüber hinwegsehen? Das Team hat doch nicht absichtlich gegen Gesetze verstoßen. Wahrscheinlich ist es in der Hektik übersehen worden, eine Drehgenehmigung einzuholen. Der Drehort wurde nämlich kurzfristig geändert“, erklärte sie. „Wolltest du darüber mit mir reden?“
„Nein. Ich wollte dich wiedersehen“, gab Zahir kühl zu.
Seine Ehrlichkeit schockierte sie. Dabei hatte sie diesen Charakterzug immer besonders geschätzt. „Warum?“, fragte sie leise.
„Schau mal in den Spiegel! Dann weißt du, warum.“ Mit heißem Blick musterte er sie. „Ich begehre dich. Nur ein einziges Mal möchte ich das haben, was mir bei unserer Heirat zugestanden hätte, und was du seitdem anderen Männern geschenkt hast.“
Der Schock überkam Saffy wie eine Flutwelle. Instinktiv wich sie einige Schritte zurück. Er will … Sex?!
„Es sei denn, du findest mich abstoßend“, schränkte Zahir leise ein.
Sie wich einen weiteren Schritt zurück. Auf der ganzen Welt gab es sicher keine einzige Frau, die Zahir abstoßend gefunden hätte, am allerwenigsten sie selbst. Ob er diesen Eindruck gewonnen hatte, als sie davongelaufen war? Schuldbewusst senkte sie den Blick. Auch Zahir wäre es damals nicht gelungen, ihre Probleme zu lösen. Erst durch jahrelange Therapie war Saffy schließlich auf die Ursache gestoßen und hatte gelernt, damit klarzukommen.
„Wenn du mich überzeugen kannst, dass es so ist, dann lasse ich dich gehen“, versprach Zahir rau und kam auf sie zu, als wäre sie seine Beute.
Saffy glaubte, gerade ein Déjà-vu zu erleben. Schon während ihrer Ehe hatte sie ihm nicht geben können, wonach er sich sehnte. Natürlich fühlte sie sich sofort wieder unzulänglich, und natürlich war Zahir immer noch verbittert. Aber das war noch lange kein Grund, sich jetzt so kindisch aufzuführen. „Du hast mich entführt“, stieß sie heiser hervor.
„Ich habe dir Blumen und eine voll klimatisierte Limousine geschickt“, konterte er. „Kein Kidnapper würde sich so verhalten.“
„Du musst verrückt sein, Zahir! Hast du mal darüber nachgedacht, was du hier gerade veranstaltest?“ Saffy wich weiter zurück, stieß gegen ein Möbelstück, wich aus und versuchte weiter, Zahirs Fängen zu entkommen.
„Wenn es um dich geht, setzt mein Verstand aus“, räumte Zahir ein.
„Du bist der König von Maraban. Monarchen tun so etwas nicht“, entgegnete sie und löste damit einen Lachanfall aus.
„Ach, Sapphire. Mein Vater unterhielt einen Harem mit hundert Konkubinen. Bis vor Kurzem hat der Adel hier getan und gelassen, was er wollte und moralische Ansprüche mit Füßen getreten.“
„Dein Vater hatte einen Harem?“, fragte Saffy verblüfft. Sie mochte gar nicht darüber nachdenken, was dieser widerwärtige alte Mann mit den armen Frauen angestellt hatte. Unfassbar! Obwohl sie geahnt hatte, dass ihr Schwiegervater ein unersättlicher Lüstling gewesen war.
„Keine Panik! Ich habe weder einen Harem noch eine Ehefrau“, merkte Zahir an.
„Sind das die einzigen Punkte, die für dich sprechen?“ Ihre Stimme klang schon wieder schrill. Saffy konnte den Blick nicht von seinen magischen bernsteinfarbenen Augen lösen. Schon mit achtzehn war sie vollkommen überwältigt gewesen, als sie in einem überfüllten Kaufhaus zum ersten Mal in diese faszinierenden Augen geschaut hatte. „Bleib, wo du bist!“, keuchte sie jetzt heiser.
„Nein, die Zeiten sind endgültig vorbei.“ Behutsam strich er ihr über die Wange. Instinktiv schmiegte Saffy sich in seine Hand und fing seinen Blick auf. Ihr wurde schwindlig. Sie bekam kaum noch Luft, die Welt schien stillzustehen. In seiner Nähe verlor Saffy jedes Gefühl für Zeit und Raum. Zahirs Körperwärme schien sie einzuhüllen, dabei streichelte er lediglich ihre Wange. „Zahir …“
Er neigte den Kopf. Gleich küsst er mich, dachte Saffy verwirrt. Im nächsten Moment spürte sie seine sinnlichen Lippen auf ihren. Spürte, wie der Kuss leidenschaftlicher wurde. Selbstvergessen öffnete sie den Mund und empfing seine Zunge. Es war die erotischste Liebkosung, die Saffy je erlebt hatte. Heißes Begehren pulsierte in ihrem Schoß, die vor Erregung harten Brustknospen rieben am Stoff des T-Shirts. Wie lange hatte sie sich diese berauschende Reaktion ihres Körpers gewünscht! Aber doch nicht ausgelöst von diesem Mann!
Lösen mochte sie sich allerdings auch nicht von ihm. Es fühlte sich so sexy an, wie seine Zunge mit ihrer tanzte, wie er schmeckte, wie er die Fingerspitzen zärtlich über ihren Hals spielen ließ. Plötzlich schien ihr Körper erwacht zu sein. Sie spürte das heiße Pulsieren im Schoß, das süße Ziehen in den Brüsten. Es kostete Saffy unglaubliche Willenskraft, diesem erregenden Spiel ein Ende zu machen, doch sie stieß Zahir tatsächlich zurück. „Nein … nein … ich will das nicht!“
„Das merke ich.“ Süffisant lächelnd betrachtete er ihre verräterisch geröteten Wangen. „Warum gibst du nicht zu, dass dir meine Küsse schon immer gefallen haben?“
Schnell schloss Saffy die Augen, um Zahir auszublenden und zu versuchen, wieder klar zu denken. Zahir konnte küssen wie der Teufel. Insofern hatte die Chemie zwischen ihnen gestimmt und sie zu dem Schluss verleitet, ihre Beziehung müsste fantastisch funktionieren. In diesem Moment hasste Saffy ihn geradezu, weil er die Vergangenheit hatte aufleben lassen, und Saffy schmerzlich an das erinnerte, was sie in den Armen eines anderen Mannes zu spüren hoffte. Frustriert fragte sie sich, warum er unbedingt dort weitermachen wollte, wo sie damals gescheitert waren. Was sollte sich denn inzwischen geändert haben? Er konnte doch nicht wissen, dass sie Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt hatte, um geheilt zu werden. Genug davon, dachte Saffy energisch und konzentrierte sich auf die Gegenwart.
„Ich will umgehend zum Flughafen gebracht werden und den konfiszierten Film mitnehmen.“ Herausfordernd hielt sie seinem Blick stand.
„Kommt nicht infrage.“
„Was verlangst du dafür, mich gehen zu lassen?“, fragte sie pragmatisch. Mit Pragmatismus war sie bisher immer ans Ziel gekommen. „Geht es dir um das Geld, das du mir angeblich überwiesen hast? Ich habe es nie erhalten. Aber ich verspreche dir, der Sache nachzugehen, sowie ich wieder in London bin.“
„Schön und gut. Aber das Wichtigste hast du außer Acht gelassen: Ich will dich haben, Sapphire.“
Ihr wurde heiß, als er so lässig an der Wand lehnte und nicht zu übersehen war, wie erregt er war. Saffy wandte sich schnell ab und stellte fest, dass brennendes Verlangen durch ihren Körper pulsierte. Zum ersten Mal fühlte sie sich durch Zahirs Erektion nicht bedroht! Aber trotzdem … „Wir bekommen nicht immer unseren Willen, Zahir“, erklärte sie leise. Es fiel ihr schwer, ihm die Unbeteiligte vorzuspielen. „Dein Verhalten ist irrational. Was soll denn dein Volk davon halten, dass du mich mal eben so einfach entführt hast?“
„Wieso? Ich bin Single und kein Eunuch.“
„Und du bist intelligent und fair. Jedenfalls habe ich dich so in Erinnerung.“
„Dann wirst du verstehen, dass ich Gerechtigkeit will.“
„Du glaubst also, du könntest die Zeit zurückdrehen und doch noch deine Hochzeitsnacht mit deiner Traumfrau erleben?“, fragte Saffy sarkastisch.
„Ich will nicht das Mädchen von vor fünf Jahren haben, sondern die Frau, zu der du dich inzwischen entwickelt hast.“
„Aber diese Frau lebt mit einem anderen Mann zusammen“, gab sie zu bedenken. Dieses Argument brachte sie nur vor, wenn es wirklich nicht mehr anders ging.
„Er hat doch offensichtlich nichts dagegen, dich mit anderen Männern zu teilen, mit denen du ins Bett hüpfst“, konterte Zahir unbeeindruckt.
Saffy zuckte fast unmerklich zusammen. Zahir hatte also die albernen Berichte über sie in der Boulevardpresse gelesen und sie für bare Münze genommen. Glaubte er wirklich, sie würde mit jedem in die Kiste springen, an dessen Seite sie ein Haus verließ? Unter ihren Bekannten befanden sich nun mal einige wirklich gute Freunde, die sie hin und wieder besuchte. Zuerst hatte sie sich über die haltlosen Behauptungen in der Presse aufgeregt. Inzwischen lachte sie über den Blödsinn, der über sie geschrieben wurde. Jeder Prominente musste damit leben.
„So ein Unsinn! Cameron und ich sind die besten Freunde.“ Herausfordernd funkelte sie Zahir an.
„Dann ist ja alles gut. Ich möchte ihm keine Konkurrenz als bester Freund machen, sondern dein Lover sein.“
Sie wurde bleich. „Wir wissen doch beide, was vor fünf Jahren dabei herausgekommen ist“, sagte sie ausdruckslos. „Lass mich gehen, Zahir. Es ist rücksichtslos und unlogisch, mich hier festzuhalten!“
Ein amüsiertes Lächeln umspielte seinen schönen Mund. „Vielleicht ist das gerade der Reiz daran.“
Langsam war sie mit ihrem Latein am Ende. Zahir war absolut uneinsichtig. „Das ist nicht dein Ernst!“
„Im Gegenteil, mir war noch nie etwas so ernst.“
Hinter Saffy lagen anstrengende Stunden in der drückenden Hitze, und nun beabsichtigte Zahir auch noch, den Albtraum von damals wieder aufleben zu lassen! Sie hatte endgültig genug. „Du kannst mich doch nicht wirklich gegen meinen Willen hier festhalten, Zahir!“
„Ich tue nichts, was dir schaden könnte.“
„Doch! Es schadet mir, hier sein zu müssen“, rief sie schrill. „Was fällt dir ein, mir so etwas anzutun?“
„Ich tue es, weil ich es kann. Deine Kollegen denken, du hättest eine Einladung angenommen, noch einige Tage in Maraban zu verbringen. Niemand wird dich vermissen“, erklärte Zahir triumphierend.
„Das ist ja nicht zu fassen!“ Seine Selbstzufriedenheit brachte sie noch mehr auf. „Du wirst schon sehen, was du davon hast! Zwischen uns wird sich nichts abspielen. Du verschwendest nur deine Zeit.“
„Aber ich würde mir nie verzeihen, es nicht wenigstens probiert zu haben.“
Sein heißer Blick brachte erneut die Schmetterlinge in ihrem Bauch zum Flattern. Energisch unterdrückte Saffy das erregende Gefühl. „Wieso begreifst du nicht, dass ich nicht hier sein will? Ich lasse mich von niemandem zu etwas zwingen. Schon gar nicht dazu, mit dir zu schlafen. Das kannst du dir aus dem Kopf schlagen. Je eher, desto besser!“
„Fadith wird dich jetzt zu deinem Zimmer bringen.“ Ungerührt drückte Zahir auf einen Knopf.
Außer sich, dass sie bei ihm auf taube Ohren stieß, griff Saffy nach einer Porzellanvase, die auf einem Tischchen stand und warf sie nach Zahir. Die Vase verfehlte ihn, kollidierte mit einer Ecke der Feuerstelle und zerschellte in hundert Scherben.
Zahir drehte sich um und lächelte amüsiert. „Das erinnert mich an unsere gemeinsame Vergangenheit. Schon vor fünf Jahren hast du Sachen nach mir geworfen, wenn du mal wieder einen deiner Wutausbrüche hattest. Wir sehen uns beim Abendessen.“
Gelassen und völlig Herr der Situation verließ Zahir das Zimmer und ließ Saffy in ihrer ohnmächtigen Wut einfach stehen. Das wird er mir büßen, schwor sie sich und atmete einige Male tief durch, um sich wieder zu beruhigen.
Fadith holte Saffy ab und führte sie eine helle Marmortreppe hinauf, einen Korridor entlang und hielt ihr dann höflich die Tür zu einem ebenfalls in traditionellem Stil eingerichteten Zimmer auf. Die Ebenholzmöbel waren mit Perlmuttintarsien verziert. Beim Anblick des Himmelbetts mit Seidenvorhängen stockte Saffy der Atem. Im Nebenraum befand sich das Badezimmer mit einem Marmorbad und allem erdenklichen Luxus. Als sie ins Schlafzimmer zurückkehrte, nahm Fadith gerade ein Tablett aus den Händen eines anderen Dienstmädchens entgegen und setzte es auf einem Tisch ab.
Saffy bedankte sich leise und trank einen Schluck des aromatischen Pfefferminztees, den sie schon bei ihrem Aufenthalt in Maraban vor fünf Jahren gern getrunken hatte. Maraban – das Land, in dem die Zeit stehen geblieben ist, dachte sie frustriert. Dann bat sie um Wasser.
Fadith zeigte ihr einen in einem Schrank eingebauten Kühlschrank. Saffy nahm sich eine Flasche heraus und öffnete sie.
„Darf ich Ihnen ein Bad einlassen?“, fragte das Dienstmädchen beflissen.
Saffy hielt sich eine Hand vor den Mund und gab vor, ein Gähnen zu unterdrücken. Sie wollte Fadith möglichst schnell loswerden. „Später vielleicht. Erst möchte ich mich hinlegen und etwas ausruhen. Es ist sehr warm.“
Eilig ließ Fadith die Jalousien herunter, schlug die Bettdecke zurück und verließ leise das Zimmer.
Sicherheitshalber ließ Saffy einige Minuten verstreichen, bevor sie auf Erkundungstour ging. Da sie nicht beabsichtigte, bei Zahir zu bleiben und niemand ihr hier helfen würde, musste sie eben selbst eine Möglichkeit zur Flucht finden. Leise schlich sie hinaus auf den Flur, vorbei an unzähligen geschlossenen Türen und sah hinaus auf den Innenhof, bevor sie schließlich auf Zehenspitzen die Treppe bis hinunter ins Souterrain ging. Hier befanden sich Rollwagen mit Reinigungsmitteln. Offensichtlich war hier unten das Personal untergebracht.
Aus der einen Richtung drang das Klirren von Geschirr an ihr Ohr. Das musste die Küche sein. Saffy machte einen weiten Bogen darum. Durch eine einladend offen stehende Hintertür entdeckte sie eine Reihe staubiger Fahrzeuge auf dem Hof und fragte sich, ob einer der Fahrer vielleicht den Zündschlüssel hatte stecken lassen. Sie brauchte auf jeden Fall einen Wagen, zu Fuß hatte sie in der Wüste keine Überlebenschance.
Kurz entschlossen lief sie hinaus und entdeckte am anderen Ende des Innenhofs einen Jeep voller Soldaten. Erschrocken ging sie schnell in Deckung. Vermutlich handelte es sich um Zahirs Leibgarde. Gebückt schlich sie um den ersten Wagen herum und riskierte einen Blick hinein. Kein Zündschlüssel. Auch im danebenstehenden Jeep steckte der Schlüssel nicht.
Inzwischen waren die Soldaten im Gebäude verschwunden, und Saffy setzte ihre Suche nach einem Wagen fort, den sie ‚ausleihen‘ konnte. Sie musste sich wieder schnell ducken, denn aus der Küche näherten sich zwei Angestellte, die sich laut unterhielten. Der jüngere Mann warf seine Tasche in den Pritschenwagen und setzte sich ans Steuer. Offensichtlich wollte er nach Hause, also vermutlich in die Stadt. Saffy überlegte blitzschnell, was sie tun sollte. Wenn sie selbst am Steuer eines Wagens sitzen würde, käme sie nur bis zum Tor. Spätestens dort würden die Wachen sie aufhalten und zurückbringen. Sie musste sich also in einem Wagen verstecken, der von einem der Angestellten gefahren wurde. Bevor sie der Mut verließ, kletterte Saffy auf die Ladefläche und versteckte sich unter der Plane.
Bange Minuten vergingen, denn statt loszufahren, stieg der Fahrer wieder aus, als jemand ihm etwas zurief. Ängstlich versuchte Saffy, dem Gespräch zu folgen, war jedoch überfordert, weil es in rasantem Arabisch geführt wurde. Dazu reichten ihre Sprachkenntnisse nicht aus. Schließlich entfernten sich Schritte, und sie hörte, wie der Fahrer sich wieder ans Steuer setzte und den Motor anließ.
Erleichtert atmete sie auf, als der Wagen sich endlich in Bewegung setzte. Natürlich wurde Saffy auf dem holprigen Weg kräftig durchgeschüttelt. Doch einige Prellungen konnte sie wohl verschmerzen. Hauptsache, sie war Zahirs Fängen entkommen.
Was war nur in ihren Exmann gefahren? Die Ehe war eine Katastrophe gewesen. Wollte er so etwas wirklich noch einmal erleben?
Die Antwort lag auf der Hand: Fehler waren Zahir ein Gräuel. Sein herzloser Vater hatte Bestleistungen von ihm verlangt und ihn für jeden Misserfolg bestraft. Offensichtlich beabsichtigte Zahir, einen Fehler aus der Vergangenheit zu korrigieren. Wieso sah er nicht, dass dies ein Ding der Unmöglichkeit war? Menschen veränderten sich, entwickelten sich weiter …
Nur du nicht, erinnerte sie ihre innere Stimme. Tatsächlich war Saffy immer noch Jungfrau. Da lag sie nun auf der rostigen Ladefläche eines schaukelnden Wagens und dachte wehmütig an ihre erste Begegnung mit Zahir …
Damals arbeitete sie in der Kosmetikabteilung eines Kaufhauses. Statt zu studieren wie ihre Zwillingsschwester, wollte Saffy nach dem Schulabschluss gleich Geld verdienen. Achtzehn Jahre alt war sie gewesen, als Zahir seine Schwester nach London begleitet hatte. Hayats Hochzeit stand bevor, und eine Brautausstattung musste her. Saffy erinnerte sich noch genau, wie ihr fast das Herz stehen geblieben war, als Zahir sie zum ersten Mal mit seinem hypnotisierenden Blick angeschaut hatte. Golden schimmernde, von dichten schwarzen Wimpern umkränzte Augen, die sie sofort in ihren Bann gezogen hatten. Während Hayat sich mit Kosmetika eindeckte, starrten Zahir und Saffy einander reglos an. Die gegenseitige Anziehungskraft war erregend und beängstigend zugleich. Weder vorher, noch nachher hatte Saffy je wieder so starke Gefühle für einen anderen Menschen empfunden.
„Ich hole dich nach Feierabend hier ab“, hatte Zahir ihr zugeraunt.
Er hatte sich als Heeresoffizier aus Maraban vorgestellt, seine aristokratische Herkunft jedoch für sich behalten. Von Maraban hatte Saffy noch nie etwas gehört und recherchierte zu Hause erst mal im Internet.
Ihre Mutter Odette, bei der sie damals vorübergehend wohnte, hatte nur abfällig gelacht. „Die Mühe kannst du dir sparen. In ein paar Tagen ist der sowieso wieder fort, und du siehst ihn nie wieder.“
Natürlich hatte Saffy das auch befürchtet. Schon nach zwei Dates wusste sie, dass sie sich unsterblich verliebt hatte. Daher war sie überglücklich, als Zahir berichtete, er wäre in vier Wochen wieder in England, weil er an einem Offizierslehrgang an der Militärakademie von Sandhurst teilnehmen werde. Sehr romantisch hatten sie damals unter einem blühenden Kirschbaum im Park gesessen. Zärtlich hatte Zahir eine rosa Blüte aus ihrem Haar gezupft. Später hielten sie beim Kaffeetrinken Händchen, lachten über eine Straßenpantomime. Von Anfang an hatte sie sich geborgen bei Zahir gefühlt, zumal er sie nicht gleich betatschte und mit ihr schlafen wollte. Gleichzeitig reagierte er sehr zurückhaltend, als Saffy erzählte, sie würde manchmal als Model arbeiten. Auch als sie ihm versicherte, nicht nackt oder in Dessous zu posieren, blieb er skeptisch. Er war eben sehr altmodisch. Doch darüber sah sie hinweg, denn sie bewunderte seine Ernsthaftigkeit, seine Intelligenz und seine unerschütterliche Liebe zu seiner Heimat Maraban.
Lange vor Ende des Lehrgangs bat Zahir sie, ihn zu heiraten und gab seine wahre Identität preis. Die Aussicht, bald mit einem Prinzen verheiratet zu sein, war natürlich märchenhaft. Saffy stellte sich ihre gemeinsame Zukunft in den schillerndsten Farben vor.
Wie naiv ich damals war, dachte sie nun.
Die kurze Trauungszeremonie fand in der Botschaft von Maraban in London statt – ohne Familie und ohne Erlaubnis seines Vaters. Es war wirklich sehr mutig von Zahir gewesen, ohne Zustimmung seines Vaters zu heiraten. Der König hätte einer Ehe mit einer Ausländerin niemals zugestimmt. Doch sie hatten im siebten Himmel geschwebt, und niemand sollte ihr Glück stören. Die Realität holte sie erst in Maraban ein. Die Hochzeitsnacht war eine Katastrophe gewesen, denn Saffy geriet in Panik und musste sich übergeben. Und ihr Leben in Maraban ähnelte einem Gefängnisaufenthalt. Die Ehe entwickelte sich auch ganz anders als in Saffys romantischen Träumen. Zahir und sie litten darunter, dass Saffy unfähig war, mit ihm zu schlafen. Schon bald blieben auch harmlose Zärtlichkeiten aus, und Zahir war ständig abwesend …
Der Pritschenwagen kam abrupt zum Stehen. Eine Tür wurde zugeworfen, und laute Stimmen ertönten. Als sie leiser wurden, lugte Saffy vorsichtig unter der Plane hervor und kletterte dann von der Ladefläche. Inzwischen war es dunkel geworden. Daran hatte Saffy bei ihrer Flucht nicht gedacht. Auch hatte sie nicht damit gerechnet, dass der Fahrer mitten in der Wüste in einem großen Zelt verschwinden würde, um seine Familie zu besuchen. Konsterniert blickte Saffy um sich. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war. Was nun? Ratlos griff sie nach ihrer Wasserflasche. In diesem Moment tauchte ein in eine beigefarbene Robe gehüllter Mann am Zelteingang auf. „Es ist kalt“, sagte er. „Komm rein!“
Fassungslos sah Saffy auf, als sie die vertraute Stimme hörte. „Zahir? Was tust du denn hier?“
Er zog sich die mit einer gold-schwarzen Kordel befestigte Kufiya vom Kopf und strich sich das schwarze Haar zurück, das ihm in der leichten Brise sofort ins Gesicht wehte. In der Dunkelheit leuchteten seine Augen wie Sterne. „Ich habe dich hergefahren.“
„Du hast … was?“ Ungläubig starrte sie ihn an.
„Die Festung ist mit einem hochmodernen Überwachungssystem ausgestattet“, erklärte Zahir. „Auf dem Monitor war deutlich zu sehen, wie du auf die Ladefläche des Pritschenwagens kletterst. Da habe ich mich entschlossen, dein Fahrer zu sein.“
„Ich habe über eine Stunde lang unter der Plane gelegen und bin so durchgeschüttelt worden, dass ich mich kaum noch bewegen kann!“ Entrüstet funkelte Saffy ihn an.
Zahirs Mitleid hielt sich in Grenzen. „Du hast es ja nicht anders gewollt.“
„Du bist so gemein.“ Inzwischen war ihr so kalt, dass sie Mühe hatte zu sprechen.
„Ich dachte, es tut dir vielleicht gut, etwas durchgerüttelt zu werden. Wie kannst du nur so dumm sein, zu einem Wildfremden ins Auto zu steigen? Du wusstest ja nicht mal, wohin die Fahrt gehen würde.“
Saffy platzte fast vor Wut. „Ich bin nicht dumm“, zischte sie.
Zahir dachte gar nicht daran, nachzugeben. „Es war sogar sehr dumm, so ein Risiko einzugehen“, konterte er.
Sie ballte die Hände zu Fäusten. „Wenn du mich nicht entführt hättest, wäre ich dazu auch nicht gezwungen gewesen.“
„In meiner Obhut bist du vollkommen sicher. Dafür garantiere ich, bis du wieder in London bist. Ich schlage vor, dass du jetzt ins Zelt kommst. Du kannst dich frisch machen, dann essen wir zu Abend. Ich jedenfalls habe Hunger.“
„Plötzlich kommt also der Pragmatiker in dir zum Vorschein.“ Frustriert musterte sie ihn. Zahir ließ sich einfach nicht aus der Ruhe bringen. „Wie kannst du mir nur so etwas antun, du Mistkerl? Ich hasse dich!“, stieß sie zornig hervor.
Zischend stieß Zahir die Luft aus. „Also gut. Du kannst ja nachkommen, wenn du dich wieder beruhigt hast.“ Er ließ sie einfach stehen und verschwand lautlos wieder im spärlich beleuchteten Zelt.
Frustriert stampfte Saffy mit dem Fuß auf und wäre in ihrer ohnmächtigen Wut am liebsten mit den Fäusten auf den Wagen losgegangen. Sie kam sich so blöd vor! Da hatte Zahir doch tatsächlich ihren Fluchtversuch beobachtet und sich den Spaß gemacht, ihn gründlich zu vereiteln! Sie wusste überhaupt nicht, wohin mit ihrer Wut. Normalerweise war sie eher ruhig und ausgeglichen. Nur Zahir mit seiner unerschütterlichen dominanten Art gelang es mal wieder, sie zur Weißglut zu bringen! Saffy biss die Zähne zusammen und lehnte sich zitternd vor Kälte an den Wagen. So eisig hatte sie sich die Wüstennächte nicht vorgestellt. Das dünne T-Shirt bot überhaupt keinen Schutz vor der Kälte. Verzweifelt rieb Saffy sich die Arme, um die Durchblutung wieder in Gang zu setzen.
Schließlich war sie so durchgefroren, dass ihr keine andere Möglichkeit blieb, als sich im Zelt aufzuwärmen. Es war größer, als sie gedacht hatte, verfügte über mehrere Räume und war mit kostbaren Kelims und sogar Sofas ausgestattet. An der Feuerstelle kniete ein alter Mann vor Zahir und reichte ihm Kaffee.
„Wo sind wir hier eigentlich?“, fragte Saffy knapp.
„In einem Camp, wo ich mich regelmäßig mit den Stammesfürsten treffe. Ich weiß, dass dir niemals im Traum einfallen würde, unter einer Zeltplane zu nächtigen, aber es ist komfortabler als du denkst. Das Badezimmer findest du hinter der zweiten Tür“, antwortete er mit unbewegter Miene.
Verlegen senkte Saffy den Blick. Musste Zahir sie unbedingt daran erinnern, was sie ihm vor fünf Jahren an den Kopf geworfen hatte? Taktlos hatte sie erklärt, Zelte und die Tradition der Nomaden wären nichts für sie. „Auf eine heiße Dusche werde ich hier wohl verzichten müssen“, murmelte sie vor sich hin.
„Musst du nicht. Frische Kleidung liegt auch für dich bereit.“
Unbehaglich sah sie auf und setzte sich dann in Bewegung. Hinter der von einem Wandbehang verhüllten Tür verbarg sich tatsächlich ein Badezimmer, das mit allem erdenklichen Luxus ausgestattet war. Sie zog sich schnell aus. Ihre weiße Jeans hatte die Fahrt auf der rostigen Liegefläche nicht gut überstanden. Na ja, es gibt Schlimmeres, dachte Saffy, stellte sich unter die heiße Dusche und wusch sich mit vertrauten Markenprodukten. Als sie sich wieder sauber fühlte, wickelte sie sich in ein flauschiges Badetuch, kämmte das nasse Haar aus und föhnte es trocken. Hätte sie vor fünf Jahren gewusst, wie komfortabel so ein Wüstenzelt sein konnte, wäre sie begeistert auf Zahirs Vorschlag eingegangen, ihn kurz nach der Hochzeit auf einen Ausflug in die Wüste zu begleiten. Nein, vermutlich hätte sie doch abgelehnt, weil sie Angst vor zu viel Nähe hatte …
Sie schlüpfte in den bereitliegenden Seidenkaftan und in schlichte Pantoffeln und überlegte, ob sie am nächsten Morgen wieder die schmutzigen Sachen tragen müsste. Und wo soll ich heute Nacht schlafen? Mindestens zwei weitere Räume gingen vom Hauptraum ab. Ich werde mich nachher mal umsehen, dachte Saffy.
„Möchtest du jetzt etwas essen?“, fragte Zahir hinter ihr.
Sie wandte sich um und bemerkte erstaunt, dass auch er geduscht und sich umgezogen hatte. Sein Haar war noch feucht, er trug Jeans und sah so unwiderstehlich aus, dass ihr Puls sofort anfing zu rasen, als wäre sie noch immer ein verknallter Teenager. Dabei führte sie seit Jahren ein selbstbestimmtes Leben, war sehr erfolgreich in ihrem Beruf und eigentlich gelassen, weltgewandt und stets beherrscht.
„Hier sitzt man traditionell auf dem Boden“, erzählte Zahir und ließ sich geschmeidig auf Sitzkissen nieder.
„Kein Problem.“
Sowie auch Saffy sich gesetzt hatte, wurde das Essen aufgetragen.
„Du hast hier sogar eine eigene Küche?“, fragte sie erstaunt.
„Natürlich, ich bewirte hier oft Gäste.“
Ach ja, er hatte die Stammesfürsten erwähnt. Ob ihn auch Frauen hier besuchten? Sicher hatte Zahir nach der Scheidung Affären gehabt. Gelegentlich waren Fotos von ihm mit der einen oder anderen bildhübschen Frau am Arm in Hochglanzmagazinen aufgetaucht. Nach dem Sturz seines Vaters führte Zahir als neuer König von Maraban zwar nicht gerade ein Jetsetleben, ließ sich aber häufiger bei internationalen Veranstaltungen blicken. Es zerriss Saffy jedes Mal das Herz, wenn sie ihn mit einer anderen Frau zusammen sah. Sie wusste, dass diese Frau das Bett mit Zahir teilte und ihm alles gab, wozu sie selbst nicht imstande gewesen war. Scheidung war nicht gleichbedeutend mit dem Erlöschen von Gefühlen. Das wusste Saffy leider nur zu gut.
Unauffällig beobachtete Zahir sie und bewunderte ihr natürliches Aussehen. So hatte sie ihm immer am besten gefallen. Sapphires Schönheit kam ohne kunstvolles Make-up aus. Als sie geistesabwesend mit einer goldblonden Haarsträhne spielte, erinnerte er sich, wie seidig ihr Haar sich auf seinem Körper angefühlt hatte und spürte sofort heiße Erregung. Entschlossen verdrängte er die erotischen Gedanken und machte sich bewusst, dass sich hinter dem bildhübschen Äußeren ein eiskalt kalkulierender Geist verbarg. Es überraschte ihn daher auch nicht, dass sie keine einleuchtende Erklärung für den Verbleib der verschwundenen fünf Millionen gegeben hatte. Für seine Familie bedeutete es keinen großen Verlust, aber es ärgerte ihn, dass Saffy das Geld genommen hatte, ohne dafür je eine Gegenleistung erbracht zu haben.
Saffy balancierte einen Teller voller Köstlichkeiten auf dem Schoß und ließ es sich schmecken. Inzwischen war sie nämlich halb verhungert. Immer wieder warf sie Zahir verstohlene Blicke zu. Sie konnte sich kaum sattsehen an seinem schönen markanten Gesicht. Seine unglaublich männliche Ausstrahlung zog sie noch immer in ihren Bann. Begehrlich verhärteten sich ihre Brustwarzen und zeichneten sich unter dem dünnen Seidenstoff ab. Widerstrebend widmete Saffy sich wieder dem Essen auf dem Teller, während sich vor ihrem geistigen Auge erotische Szenen abspielten. Die Ehe hatte damals zwar nicht vollzogen werden können, aber Saffy hatte gelernt, Zahir auf andere Weise Freude zu bereiten. Bei der Erinnerung pulsierte es heiß in ihrem Schoß. Zwar hatte Zahir nicht verstanden, was mit ihr los gewesen war, hatte sich aber sehr bemüht, Geduld mit ihr zu haben und versucht, ihr die Angst zu nehmen. Leider waren die Ängste fest in ihrem Unterbewusstsein verankert gewesen und hatten sich nicht beherrschen lassen …
Ihr war schleierhafter denn je, warum Zahir sie wieder in sein Leben geholt hatte, nachdem ihre Ehe die Hölle auf Erden gewesen war – für ihn und für sie selbst.
„Warum, um alles in der Welt, wolltest du mich unbedingt wiedersehen?“, fragte Saffy plötzlich.
Zahir sah ihr unverwandt in die Augen. „Die meisten Männer erinnern sich ein Leben lang an ihre erste Liebe.“
Ein tiefer Schmerz durchzuckte Saffy. Es stimmte, sie hatten einander sehr geliebt. Doch dann hatte die Liebe sich klammheimlich davongeschlichen.
Die leeren Teller wurden abgeräumt, Kaffee und Gebäck wurde gereicht. Saffy griff zu, um die Leere in ihrem Innern zu füllen, obwohl sie wusste, dass der Versuch misslingen musste. Sie wagte nicht, Zahir noch einmal anzuschauen. Dieser Versuchung musste sie unbedingt widerstehen.
„Ich wollte dich noch einmal sehen, bevor ich wieder heirate“, erklärte Zahir knapp. Sobald er verheiratet war, durfte er Sapphire nicht wiedersehen, das war ihm nur zu bewusst.
Sofort sah sie auf und musterte ihn schockiert mit ihren ausdrucksvollen blauen Augen. „Du willst wieder heiraten?“
Interessante Reaktion, dachte Zahir und zog eine schwarze Braue hoch. „Ich habe noch keine passende Braut, aber mein Volk erwartet von mir, bald eine Frau an meiner Seite zu präsentieren.“
Saffy entspannte sich wieder. Natürlich musste er heiraten, schon um die Thronfolge zu sichern. Was ging sie das eigentlich an? Sie war nicht mehr mit ihm verheiratet. Wieso reagierte sie so sensibel auf das Thema Heirat? Wurde sie denn nie erwachsen? Plötzlich fühlte sie sich unglaublich erschöpft. Kein Wunder, ein langer, anstrengender und ausgesprochen nervenaufreibender Tag lag hinter ihr. Sie gähnte und stand auf. „Ich bin wahnsinnig müde …“
Zahir sprang auf und umschloss ihre Schultern. Wie hypnotisiert verlor Saffy sich im Blick seiner unglaublich schönen Augen.
„Das glaube ich dir aufs Wort“, sagte er leise. „Ich werde dich nicht anrühren.“
Sie erschauerte bei der Vorstellung, mit ihm im Bett zu liegen. Seltsamerweise fürchtete sie sich aber nicht mehr davor.