(K)ein stilles Örtchen - Elisabeth G. Schmidt - E-Book

(K)ein stilles Örtchen E-Book

Elisabeth G. Schmidt

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Beschreibung

In diesem Buch erzählt Elisabeth G. Schmidt die Geschichte der Sekretärin Lieschen Müller-Maierfeld, die während ihrer Arbeitszeit nur einmal kurz die Toilette in ihrer Firma aufsuchen wollte. Doch dann ist sie dort gefangen, denn die Kolleginnen geben sich die Klinke in die Hand um sich gegenseitig Geheimnisse, Gemeinheiten, Intrigen und dubiose Begebenheiten anzuvertrauen, die eigentlich nicht für Lieschens Ohren bestimmt sind. Da keiner Lieschen hinter einer der Toilettentüren vermutet, plaudern sie offen und freizügig alles aus.

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Ein Buch über ganz alltägliche Intrigen, Gemeinheiten und dubiose Begebenheiten, wie sie tagtäglich in unzähligen Firmen überall auf der Welt vorkommen.

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und existierenden Firmen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt. Auch die Namen der beschriebenen Protagonisten sind rein zufällig ausgewählt und stimmen nicht mit lebenden Personen überein.

Wenn sich doch wider Erwarten der Ein oder die Andere in der Geschichte wiedererkennt, sollte diese Person eventuell ihr eigenes kollegiales Verhalten neu überdenken.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 1

Mein Name ist Lieschen Müller-Maierfeld und meine Geschichte handelt davon, dass ich auf meiner Arbeitsstelle eigentlich nur einmal kurz die Toilette aufsuchen musste. Ja, und da bekam ich dann allerhand zu hören.

Bei mir zu Hause ist die Toilettenbenutzung überhaupt kein Problem, da ich alleine wohne und meine Toilette mir ganz und gar alleine gehört. Aber das sogenannte stille Örtchen, von dem hier die Rede ist, befindet sich in einem Gebäude, in dem ich und viele andere nette oder weniger nette Menschen arbeiten. Frauen und Männer.

Uns Frauen steht ein Raum zur Verfügung, in dem sich zwei separate Toiletten in zwei separaten Kabinen befinden, die durch eine Trennwand voneinander abgeteilt sind. Diese Trennwand ist so hoch, dass man die Andere, die die Toilette nebenan benutzt, nicht sehen kann, außer man steigt auf die eigene Toilette und schaut hinüber. Aber wer will schon einer Kollegin dabei zusehen, wie sie ihre Notdurft verrichtet?

Ein Waschbecken mit großem Spiegel verschönert den Raum, in dem die Toilettenkabinen stehen, und vor kurzem hatte ein bislang Unbekannter die grandiose Idee, seine oder ihre überzählige Couch in diesem Raum zu entsorgen.

Sehr zum Entzücken von Beatrix, kurz Trixie genannt.

„Ach wie schön,“

jubelte sie,

„jetzt können wir uns dort ein wenig ausruhen."

‚Hallo?‘

dachte ich ein wenig amüsiert.

‚Auf der Toilette ausruhen?‘

Jede Abteilung hat doch ihren eigenen kleinen Aufenthaltsraum, eigentlich eine Küche, aber sehr bequem. Ich muss unwillkürlich an die schlimmen Gerüche denken, die man ab und zu in diesem Raum vorfindet und die einen dazu veranlassen, das Fenster weit zu öffnen oder manchmal sogar, den Raum zu verlassen. Sich dabei zu entspannen kann und will ich mir nun beim besten Willen nicht vorstellen.

Ach ja, ich hatte total vergessen zu erwähnen, dass Trixie zwar hübsch, jung und blond ist, aber leider von der Natur nicht mit großartigen geistigen Fähigkeiten ausgestattet wurde. Nun mag man mir vorhalten, ich sei mit Vorurteilen wegen ihrer Haarfarbe belastet, aber das ist nicht der Fall. Ich bin selbst blond. Trixie ist blond und Trixie ist lieb, immer freundlich und nett und, naja, sie ist trotzdem blond. Außerdem ist Trixie verlobt und will in Kürze heiraten. Ihr Lieblingsthema, an dem sie alle anderen Kollegen und Kolleginnen gerne teilnehmen lässt. Leider lässt ihr Verlobter sie noch zappeln, denn er will sich noch nicht binden, und Kinder will er auch noch nicht. Trixie hingegen träumt von einer ganzen Fußballmannschaft, die sie ihm gebären will.

‚Ach Trixie,’

denke ich,

‚über die Fußballmannschaft reden wir noch einmal nach deiner ersten Geburt.’

Trixie ist immer hübsch gekleidet, und da sie eine wirklich gute Figur hat, kann sie die Miniröcke, die sie ab und zu zur Schau stellt, wirklich gut tragen. Das ist jetzt nicht sarkastisch von mir gedacht. Ich meine es wirklich ehrlich. Außerdem hat sie die Gabe, ihre Kleider, sofern man die Länge überhaupt als Kleid und nicht als Streifen bezeichnen kann, mit den passenden Accessoires zu dekorieren, wie Schals, Ketten und Bänder in den passenden Farben. Natürlich trägt Trixie auch Hosen, die ihr genauso gut stehen, wie die kurzen Kleider und Röcke. Ich muss wohl nicht extra betonen, dass selbstverständlich die Hosen, die Trixie ab und zu trägt, ihr auf den Körper geschnitten sind. Wie sie damit den ganzen Tag am Schreibtisch sitzen kann, ist mir ein Rätsel. Meine Beine wären in so engen Behältnissen in kürzester Zeit abgestorben oder eingeschlafen

Trixie besitzt auch eine große beste Freundin. Sie heißt Julia und arbeitet in einer anderen Abteilung unserer Firma, nämlich der Marketingabteilung, und sie war es, die vor ungefähr zwei Jahren die Einstellung ihrer kleinen besten Freundin durchgesetzt hatte. Diese Freundin ist das genaue Gegenteil von Trixie. Eher etwas altbacken und dicklich. Trixie versuchte bisher vergeblich, ihrer besten Freundin die moderne Mode von heute schmackhaft zu machen. Die beste Freundin wehrt sich standhaft. Was ich nun wiederum beim besten Willen nicht verstehen kann. Nicht, dass ich mir Trixies beste Freundin in einem Minirock vorstellen könnte, das auf keinen Fall, aber ein bisschen modischer, sagen wir mal moderner, würde ihr bestimmt nicht schaden.

Julia, Trixies beste Freundin, arbeitet ganz alleine in einem Büro, das die meiste Zeit verschlossen ist. Wenn man etwas von ihr will, muss man laut klopfen, damit sie es öffnet. Das Telefon in ihrem Büro ist fast immer auf die Zentrale umgestellt, und daher ist es schier unmöglich, sie einmal persönlich zu erreichen. Sie ist ein paar Jahre älter als Trixie, doch nur bei ihr geht sie etwas aus sich heraus. Zumeist ist Julia sehr zurückhaltend. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder, die tagsüber auf sich alleine gestellt sind, denn auch ihr Mann arbeitet. Julia ist eine etwas korpulente Person, die, wie schon zuvor angemerkt, Trixies Bemühungen, ihr Äußeres zu verbessern, bisher konsequent widerstanden hat. Durch viel zu weite Kleidung versucht sie, ihre Korpulenz zu kaschieren, aber sie wirkt deshalb noch dicker, als sie es wirklich ist. Julia spricht ihren lokalen Akzent, kann aber, wenn nötig, ins perfekte Hochdeutsch wechseln. Selten sieht man sie lächeln, meistens ist sie sehr ernst. Trixie und Julia mögen sich sehr, und sie zeigen es immer wieder durch kleine Umarmungen und Küsse, wann immer sie sich im Gebäude treffen.

Es tut mir jedes Mal weh, diese Zärtlichkeiten mit ansehen zu müssen, denn auch meine kleine, ehemals beste Freundin arbeitet hier. Sie heißt Martha, ist jedoch das genaue Gegenteil von Trixies großer Freundin, nämlich hinterhältig und falsch. Zudem sehr introvertiert und wenn Sie einmal eine Person anlächelt, kann man seinen Kopf darauf wetten, dass es entweder die Geschäftsführer, deren Sekretärin, also die Chefsekretärin oder ein Mitglied des Aufsichtsrates sind. Alle anderen übersieht sie ganz einfach, schaut über sie hinweg oder durch sie hindurch, was sie perfekt beherrscht. Leider habe ich das aber erst viel zu spät erkannt. Doch dann machte ich einen Schlussstrich unter unsere Freundschaft, und seither ist sie halt meine ehemals beste kleine Freundin.

Wenn meine ehemals beste Freundin, eben jene Martha, an ihrem Schreibtisch sitzt, zieht sie jedes Mal ihre Schultern so hoch und ihren Kopf so ein, dass man glaubt, sie hätte einen Buckel. Den sie natürlich nicht hat. Auch beim Autofahren zieht sie die Schultern hoch und streckt ihren Kopf weit vor und ähnelt so einer Schildkröte.

Als wir noch beste Freundinnen waren, hatte ich sie einmal auf die Ähnlichkeit mit der Schildkröte hingewiesen, aber sie hatte nur ungläubig ihren Kopf geschüttelt. Ihre Haltung änderte sie nicht, und daher sieht sie heute noch so aus, wie sie manchmal halt aussieht, nämlich wie eine Schildkröte.

Selbst heute kann ich immer noch nicht begreifen, welche Verwandlung Martha durchgemacht hat. Sie, die ehemalige Übermutter, die andere Mütter verurteilte, wenn sie arbeiteten und ihre Kinder anderen Menschen überließen, gab nun selbst ihre beiden Kinder zu fremden Menschen, um Karriere zu machen. Sie, die jammerte als ihr Mann es nicht schaffte, bei der letzten Wahl in den Dorfgemeinderat gewählt zu werden, und deren Ehe seit geraumer Zeit gescheitert ist, wie hinter vorgehaltener Hand gemunkelt wird. Wundert es mich? Nein, auf keinen Fall. Ich kann mir gut vorstellen, was in einem Ehemann vor sich geht, wenn er erkennt, dass die Frau, die er einmal geliebt und deshalb schließlich auch geheiratet hat, nicht mehr die Frau ist, die sie früher einmal gewesen war. Auch Martha, etwas jünger als Julia, ist in ihrer Kleidung sehr konservativ und man könnte meinen, sie würde in einem Kloster arbeiten und nicht in einer internationalen Firma.

Ich selbst habe die Wandlung von Martha hautnah erfahren. Schon nach knapp einem Jahr, nachdem ich ihr zu ihrer Einstellung in unserer Firma verholfen hatte, hatte sie sich hinterhältig meine Stelle ergattert und ließ mich ihrer eigenen Karriere zuliebe einfach fallen.

Die Erkenntnis darüber und der Schmerz danach halten bis heute noch bei mir an. Immer wenn ich ihr begegne ist es, als ob ich von tausenden von Pfeilen direkt in mein Herz getroffen werde. Sie hat für mich nur noch ein müdes, überhebliches und arrogantes Lächeln übrig. Ich hatte mich immer als ihre Beschützerin gesehen und ihr auch deshalb bei ihrer Stellungssuche geholfen. Auch bei ihren ersten schwierigen Schritten in der Firma hatte ich ihr geholfen und ihr so manchen Stolperstein aus den Füßen geräumt. Aber wenn ich jetzt sehe, wie sie selbst ältere Kollegen, die schon Jahre lang in unserer Firma arbeiten, für ihre Zwecke ausnutzt um sie anschließend, genau wie mich, fallen zu lassen und nicht mehr zu kennen, würde ich ihr am liebsten zurufen:

„Martha, was machst du da? Komm wieder auf den Boden zurück. Kennst du nicht das Sprichwort: Wer hoch steigt, fällt tief?“

Aber ich bin still. Es würde doch nichts nützen. Sie würde mich doch nur in ihrer unnachahmlich arroganten Art ansehen und einfach stehen lassen.

Die Abteilung, in der meine ehemals beste Freundin arbeitet, ist sehr klein und besteht fast ausschließlich aus ihr. Manchmal kommt eine Aushilfe, die aber nur stundenweise im Monat dort arbeitet. Sie heißt Lydia und ist sehr verschlossen. Zwar lächelt sie immer schüchtern, wenn man ihr begegnet, aber huscht jedes Mal schnell davon, aus Angst, angesprochen zu werden.

Vor einigen Monaten hatte ich sie einmal morgens vor dem Bürogebäude, in dem wir arbeiten, getroffen. Sie stand gegen die Hauswand gelehnt, und sie schien zu weinen.

„Was ist los, Lydia?“

Fragte ich sie erschrocken. Doch sie schüttelte nur den Kopf. Als weitere Autos vorfuhren, eilte sie ins Gebäude. Ich folgte ihr, denn ich hatte bemerkt, dass sie blaue Flecken an den Armen und im Gesicht hatte. Bevor die anderen Mitarbeiter ins Gebäude hereinkamen, zog ich sie schnell in eines der Büros, das zurzeit leer stand. Fragend sah ich Lydia an, und da fing sie plötzlich bitterlich an zu weinen. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Zeit und wusste, dass ich eventuell in Schwierigkeiten geraten könnte, wenn ich zu spät im Büro erschien, aber das war mir jetzt sowas von egal.

„Lydia, was ist los?“

Dieses Mal stellte ich meine Frage etwas energischer und ich hatte damit Erfolg. Lydia, deren Tränen wie kleine Rinnsale ihren Wangen herunter liefen, fing an zu erzählen.

„Mein Mann!“,

schluchzte sie,

„Mein Mann hat mich gestern Abend geschlagen und gesagt, dass er mich umbringen wird. Vor meinem Kind hat er das gesagt.“

Ihr Schluchzen wurde lauter und ihr ganzer Körper zitterte. Sie tat mir so leid und eine ungeheure Wut auf ihren Mann stieg in mir hoch. Hatte ich doch das Gleiche vor Jahren mit meinem eigenen Mann erlebt und wusste daher, wie elendig sich eine Frau danach fühlt.

„Du musst zur Polizei gehen, Lydia. Du musst ihn unbedingt anzeigen.“

Doch sie schüttelte verzweifelt ihren Kopf.

„Er sagt, er nimmt mir die Kleine weg, wenn ich das tue.“

„Nein, Lydia, nein. Genau das Gegenteil wird passieren. Dir wird geholfen und du und dein Kind werden vor ihm beschützt. In einem Frauenhaus zum Beispiel, da findet er dich bestimmt nicht.“

Doch woher nehme ich diese Zuversicht, woher nehme ich mir das Recht, Lydia solche Dinge zu sagen, wo ich doch am eigenen Leib erfahren habe, dass es nicht unbedingt stimmen muss, dass ein brutaler Ehemann seine Kinder bei einer Scheidung nicht bekommt? Meine Kinder mussten bei ihrem gewalttätigen Vater bleiben und waren dann seinen Launen und aggressiven Ausbrüchen hilflos ausgeliefert. Aber das sagte ich ihr in diesem Moment natürlich nicht.

„Er findet mich überall hat er gesagt.“

Wieder ein lautes Aufschluchzen dieser verzweifelten Frau. Ihre Augen, die mich nun ansahen, waren so voller Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, dass ich am liebsten mit ihr geweint hätte. Aber ich konnte und wollte sie nicht wieder diesem Mann ausliefern. Endlich willigte sie ein, mit mir zur Polizei zu gehen, um eine Anzeige aufzugeben. Auch zum Arzt fuhr ich danach mit ihr, um ihre Verletzungen bescheinigen zu lassen, so wie die Polizei es ihr geraten hatte. Anschließend fuhr ich sie zu ihrer Mutter, die, während Lydia arbeitete, auf ihre kleine Tochter aufpasste. Als Lydias Mutter ihre Tochter sah, begann auch sie zu weinen.

„Immer wieder sage ich ihr, sie soll ihn verlassen, sie soll weg gehen von ihm, aber sie hört nicht auf mich.“

„Er sagt, dass er mich und die Kleine umbringt, wenn ich das tue.“

Bricht es aus Lydia heraus.

„Ich habe solche Angst.“

„Ich passe auf Lydia auf, gehen Sie ruhig, Sie müssen doch bestimmt arbeiten. Und vielen Dank für Ihre Hilfe.“

Lydias Mutter geleitet mich zur Tür. Es ist lange her, seit ich mich das letzte Mal so hilflos gefühlt hatte, aber Lydias Mutter hatte recht. Ich musste zurück zu meiner Arbeitsstelle.

Natürlich war mein ehemaliger Chef wütend und meine damals noch kleine, beste Freundin tat alles, um in seinen Augen als die verantwortungsvollere Arbeitnehmerin da zu stehen. Schließlich hatte sie ihren Arbeitsplatz nicht unerlaubt verlassen, sondern ich. Dass ich sie darum gebeten hatte, mich bei ihm zu entschuldigen und mich während meiner Abwesenheit zu vertreten, hatte sie wohl vergessen ihm zu sagen. Dass es genau in ihren Plan passte, mir meine Stelle weg zu nehmen, ahnte ich damals ja noch nicht. Erst später wurden mir die Zusammenhänge klar.

Die einzigen Male, an denen ich Lydia seitdem gesehen habe, waren tatsächlich auf der Toilette. Ich meine natürlich, in dem Raum vor den Toiletten. Ich käme doch niemals auf die Idee mich auf eine der Toiletten zu stellen und über die Trennwand zu schauen.

Lydia kommt aus einem fernen Land und lebt erst seit ungefähr drei Jahren in Deutschland. Man kann es an ihrer Sprache erkennen, obwohl sie sich große Mühe gibt, unser schwieriges Deutsch perfekt auszusprechen. Ein sehr harter Akzent verhindert das jedoch. Ich mag an ihr, dass sie immer freundlich grüßt und einen dabei scheu anlächelt. Manchmal denke ich, dass sich Lydias Lage nicht verbessert hat, aber da sie nicht zu mir kommt, um mit mir zu sprechen, frage ich sie auch nicht weiter. Sie ist nicht glücklich, denn sonst wäre sie nicht so traurig.

Trixies Arbeitskollegin, ihr Name ist Sandra, und sie selbst teilen sich gemeinsam ein Büro. Sandra ist nicht blond. Doch leider steht sie in keiner Weise Trixie in ihren geistigen Fähigkeiten nach. Im Gegenteil, sie ist brünett, schlank und manchmal nett und immer dumm. Außerdem spricht sie kein Wort Hochdeutsch, was dazu führt, dass sie viele Kunden, die sie kontaktieren muss, mit ihrem Plattdeutsch völlig überfordert, sodass andere Kollegen sie bei vielen dienstlichen Besprechungen unterstützen und ihr Plattdeutsch für sie ins Hochdeutsch übersetzen müssen. Sehr zu meinem Erstaunen wird es von der Geschäftsleitung toleriert, aber insgeheim belächelt. Auch Sandra ist verheiratet. Sie hat zwei Kinder und lebt mit ihnen und ihrem Mann in ihrem Elternhaus. Sandra legt großen Wert darauf, jeden Tag pünktlich nach Hause zu kommen und verabscheut es, wenn man sie kurz vor ihrem Feierabend noch mit Fragen belästigt. Sie kann sehr freundlich, nett und hilfsbereit sein. Wie gesagt, sie kann, muss aber nicht. Und es ist viel zu oft der Fall, dass sie nicht muss. Sie besucht unser stilles Örtchen nur ab und zu, da sie nur halbtags arbeitet. Sandras Mode ist nicht sonderlich modern aber auch nicht altbacken. Durch ihre schlanke Figur kann sie alles tragen, und es steht ihr. Nach meiner Meinung könnte sie etwas mehr Farbe in ihre Kleidung bringen, aber wer fragt mich?

Einmal bat ein Kollege Sandra, es war Sebastian aus der Telefonzentrale, ihm einen Brief im Computer zu schreiben. Ich wusste nichts davon, erfuhr es aber, als er betreten vor meinem Schreibtisch stand und mir seinen handgeschriebenen Zettel hinhielt.

„Lieschen,“

meinte er bescheiden.

„hast du vielleicht heute oder morgen Zeit, mir diesen Brief zu tippen? Ich war oben bei Sandra, aber selbst nach zwei Wochen war sie nicht in der Lage dazu.“

Ich nahm den Zettel, las ihn kurz und fing an zu tippen

„Nein,“

stotterte er etwas hilflos.

„es muss ja nicht sofort sein, ich meinte doch nur, wenn du Zeit hast.“

Ich lächelte ihn an, tippte die restlichen Buchstaben und druckte seinen wirklich kurzen Brief aus.

„Lese ihn kurz durch, ob ich vielleicht einen Fehler getippt habe.“

„Schon fertig? Du bist schon fertig?“

Sein Mund blieb vor Staunen offen stehen, während er das Getippte las.

„Alles in Ordnung, das kannst du so lassen.“

Also druckte ich es ihm auf das Papier mit dem offiziellen Firmenlogo, ließ ihn den Brief unterschreiben, machte eine Kopie für ihn und legte das Original in das Fach ‚Postausgang‘ neben meinem Schreibtisch.

Er stand immer noch da und starrte mich an.

„Sonst noch etwas?“

Ich lächelte ihn an.

„Nein, nein. Aber das kann ich nicht verstehen. Du hast das in ein paar Minuten gemacht, und Sandra war überhaupt nicht dazu in der Lage. Das verstehe ich nicht.“

„Ist schon gut,“

lächelte ich ihm zu.

„Das nächste Mal kommst du gleich zu mir.“

„Ja, danke, Lieschen, vielen Dank.“

Leicht kopfschüttelnd verließ er mein Büro und erzählte allen, was er gerade erlebt hatte. Ich freute mich, ihm behilflich gewesen zu sein, denn er hatte schon oft schnell und unbürokratisch bei Problemen mit dem Telefon geholfen.

Natürlich gehört in so einen Betrieb auch eine Chefsekretärin. Nun gibt es bestimmt Chefsekretärinnen, die ihren Titel rechtfertigen. Die charmant und klug ihren Dienst verrichten und auch Mitarbeiterinnen, die so einen großen Titel nicht besitzen, nett und zuvorkommend behandeln. Diese Chefsekretärin, die in meiner Geschichte vorkommt, kann das auch, nur leider viel zu selten. Meistens ist sie schlecht gelaunt und zeigt es deutlich. Auch ein ernstes, internes Gespräch zwischen ihr und dem Personalchef änderte bis heute nicht viel daran. Unsere Chefsekretärin heißt Barbara. Sie ist verheiratet und liebt Tiere. Kinder liebt sie weniger, und deshalb will sie auch niemals Kinder haben. Gut für die Kinder. Barbara muss schon alleine der Stellung wegen, die sie innehält, immer elegant gekleidet sein, was ihr auch zumeist gelingt. Meistens ja, aber leider nicht immer. Ihre Lieblingsfarbe ist grau. Wenn ich jetzt sagen würde, sie ist eine graue Maus, dann wäre das bestimmt falsch. Denn manches Mal trägt sie auch grün, oder blau. Ja, in rot habe ich sie auch schon ein einziges Mal gesehen. Wie gesagt, eine graue Maus ist sie auf keinen Fall.

Jedes Mal, wenn mich die Geschäftsleitung wieder einmal beauftragt hat, englische Korrespondenz in unsere Sprache zu übersetzten oder um