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Seitenzahl: 101
Friedrich Schiller
Kabale und Liebe
Lektüreschlüssel XL für Schülerinnen und Schüler
Von Bernd Völkl
Reclam
Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe:
Friedrich Schiller: Kabale und Liebe. Ein bürgerliches Trauerspiel. Hrsg. von Max Kämper. Stuttgart: Reclam, 2017 [u. ö.]. (Reclam XL. Text und Kontext. 19226.)
Diese Ausgabe des Werktextes ist seiten- und zeilengleich mit der in Reclams Universal-Bibliothek Nr. 33.
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Lektüreschlüssel XL | Nr. 15469
2017 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG,
Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH,
Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen
Made in Germany 2017
RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-15-961259-1
ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015469-4
www.reclam.de
Zwei Tage nach der Mannheimer Erstaufführung im Beisein SchillerUraufführung am 13. April 1784 in Frankfurt am Main wurde das Drama in Anwesenheit Schillers erstmals in Mannheim gezeigt. Andreas Streicher, ein Freund Schillers, hat ihn dabei beobachtet:
»Der zweite Akt wurde sehr lebhaft und vorzüglich der Schluß desselben mit so vielem Feuer und ergreifender Wahrheit dargestellt, daß, nachdem der Vorhang schon niedergelassen war, alle Zuschauer auf eine damals ganz ungewöhnliche Weise sich erhoben und in stürmisches, einmütiges Beifallrufen und Klatschen ausbrachen. Der Dichter wurde so sehr davon überrascht, daß er aufstand und sich gegen das Publikum verbeugte. In seinen Mienen, in der edlen, stolzen Haltung zeigte sich das Bewußtsein, sich selbst genuggetan zu haben, sowie die Zufriedenheit darüber, daß seine Verdienste anerkannt und mit Auszeichnung beehrt würden.«
Schiller hatte mit seinem Stück den Nerv des Theaterpublikums getroffen, er hatte nicht nur die Kritik an der StändegesellschaftStändegesellschaft porträtiert, die am Ende des 18. Jahrhunderts ihre gesellschaftliche Legitimation immer mehr verlor, sondern zugleich eine Liebesgeschichte mit tragischem Ausgang gestaltet, die die Herzen berührte. Beides wird im Titel angedeutet: Die »Kabale«, ein veraltetes Wort für Intrige, weist auf die Adelsgesellschaft hin, die ihre gesellschaftlichen Privilegien mit allen Mitteln verteidigt. Die »Liebe« steht für die private Suche nach dem Glück, das an den starren Regeln und Zwängen der Gesellschaft scheitert. Gerade dieses Scheitern des Liebespaares an den gesellschaftlichen Schranken, gegen die die von der Aufklärung geprägte junge Generation innerlich rebellierte, gibt dem Aufbegehren gegen überholte gesellschaftliche Strukturen ein Gesicht. Fünf Jahre später wurde die Ständeordnung in der Französischen Revolution erst einmal für abgeschafft erklärt.
Schillers kritische Haltung gegenüber der Ständegesellschaft wurde auch in Frankreich wahrgenommen und anerkannt. Ehrung Schillers in der Französischen Revolution1792 wurde er zum Ehrenbürger der Französischen Republik ernannt. Schiller hatte die Entwicklung in Frankreich anfangs durchaus begrüßt und mit Wohlwollen betrachtet. Als aber der Terror 1793 immer stärker um sich griff, ging er auf Distanz.
Es gibt im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts kein Werk, das die gesellschaftliche Situation so realistisch, so authentisch und so gut nachvollziehbar darstellt wie Schillers Drama. Doch trotz aller Zeitgebundenheit hat Kabale und Liebe auch etwas Theaterstück von bleibender BedeutungZeitloses, so dass es trotz der für heutige Menschen etwas altertümelnden Sprache nicht veraltet wirkt. Der Generationskonflikt, das Scheitern einer jungen Liebe an ungerechten gesellschaftlichen Verhältnissen sowie der Gegensatz zwischen individuellen Interessen und gesellschaftlichen Normen schaffen Identifikationsmuster, die das Drama vor allem dann aktuell erscheinen lassen, wenn man in anderen Zeiten und sozialen Verhältnissen etwas grundsätzlich Ähnliches erlebt. Das Interesse an ihm hat in den letzten 200 Jahren nicht nachgelassen, was Die Weltwoche am 22. September 1988 treffend auf den Punkt gebracht hat:
»Gegen Schiller scheint kein Kraut gewachsen. Er wirkt auch nach 200 Jahren immer noch kraftvoll und kühn. Seine Sprache ist unverbraucht, pathetisch und respektlos, die Intrige, klug durchdacht und spannend, funkelnd von bösem Zynismus, und die Charaktere der einzelnen Personen sind so scharf beobachtet, daß das ›bürgerliche Trauerspiel‹ eigentlich nur noch gut gespielt zu werden brauchte, um einen packenden Abend zu garantieren.«
Die Handlung spielt im 18. Jahrhundert in einem kleinen deutschen Fürstentum und umfasst einen Zeitraum von einem, maximal von zwei Tagen.
Abb. 1: Zweiter Akt, Szene 1–3: Der Wandel der Lady Milford
Erste Szene: Der Sohn des Präsidenten von Walter macht Luise, der Tochter des Musikers Miller, den Hof. Spannungen zwischen den Eltern wegen LuiseMillers Frau freut sich über dessen Briefe und Geschenke, doch der Vater macht sich Vorwürfe, nicht schon längst energisch dagegen eingeschritten zu sein. Ihm ist bewusst, dass Luise ihren adeligen Verehrer wegen des Standesunterschieds niemals heiraten kann. Deswegen will er unbedingt verhindern, dass sie durch einen leichtfertigen adeligen Verführer ihren guten Ruf verliert und sich eine Zukunft als ehrbare bürgerliche Ehefrau verbaut.
Zweite Szene: Wurm tritt auf: Er ist der Sekretär des Präsidenten und möchte Luise heiraten. Wurm wird einmütig als Schwiegersohn abgelehntLuises Mutter gibt ihm deutlich zu verstehen, dass ihre Tochter mit Ferdinand von Walter nun eine viel bessere Partie in Aussicht habe. Ihr Mann weist sie dafür scharf zurecht, will aber Wurm ebenfalls nicht als Schwiegersohn haben. Er lehnt ihn schon deswegen ab, weil er Luise mithilfe des Vaters gewinnen möchte, findet ihn aber auch unsympathisch.
Dritte Szene: Nach dem Abgang Wurms kommt Ferdinand und Luise – bis über beide Ohren verliebtLuise aus der Kirche zurück. Wegen ihrer Liebe zu Ferdinand ist sie innerlich ganz aufgewühlt, weiß aber zugleich, dass die Standesschranken ihrer Liebe entgegenstehen.
Vierte Szene: Ferdinands Besuch bei Luise zeigt, dass er genauso schwärmerisch verliebt ist wie sie. Dabei ist er fest entschlossen, sich über die gesellschaftlichen Grenzen hinwegzusetzen und Luise zu seiner Frau zu machen.
Fünfte Szene: Der Ort wechselt von der Wohnung Millers in den »Saal beim Präsidenten«. Wurm will seine Stellung als Sekretär des Präsidenten nutzen, um Luise und Ferdinand auseinanderzubringen. Der Präsident kann anfangs nicht glauben, dass Ferdinand ernste Absichten hat. Er durchschaut, dass Wurm mit seiner Hilfe einen unerwünschten Nebenbuhler loswerden möchte. Allerdings käme ihm eine ernsthafte Beziehung Ferdinands mit einem bürgerlichen Mädchen sehr ungelegen. Der Herzog heiratet und muss seiner bisherigen Favoritin Ferdinand soll Lady Milford heiratenLady Milford zum Schein den Abschied geben. Ferdinand soll sie heiraten, um den Einfluss des Vaters am Hof zu sichern. Wurm glaubt jedoch fest, dass Ferdinand nicht nur eine Ehe mit der Milford, sondern sogar mit der untadeligsten Dame des Landes ablehnen wird.
Sechste Szene: Der Besuch des Hofmarschalls von Kalb kommt dem Präsidenten sehr entgegen, er macht ihn zu einem nichts ahnenden Werkzeug einer Intrige, die seinen Sohn zur Ehe zwingen soll. Der Hofmarschall soll in der ganzen Residenz verkünden, dass Ferdinand die Lady Milford heiraten wird.
Siebente Szene: Der Präsident lässt nun seinen Sohn rufen, der sich ihm gegenüber sehr distanziert verhält. Die Aussage des Vaters, er habe die Verbrechen, die ihn an die Spitze des Fürstentums brachten, nur begangen, um seinem Sohn zu einer Karriere zu verhelfen, weist dieser entsetzt zurück. Der Plan des Vaters, dass er die Milford heiraten und mit dem Fürsten teilen solle, ruft bei ihm ebenfalls entschiedene Ablehnung hervor. Darauf schlägt der Präsident zum Schein eine untadelige Dame von Stand als Ehepartnerin vor. Als Ferdinand auch auf diesen Vorschlag nicht eingeht, weiß der Präsident, dass Wurm recht hatte. Er will seine Heiratspläne aber nicht von seinem störrischen Sohn zunichtemachen lassen, zumal sie schon öffentlich bekannt sind. Also zwingt er ihn durch massive Drohungen, der Lady Milford einen Besuch abzustatten.
Abb. 2: Zweiter Akt, Szene 4–7: Handlungsschema
Erste Szene: Der Anfang des zweiten Akts spielt in den Räumen der Lady Milford liebt FerdinandLady Milford, die ungeduldig auf Ferdinand wartet. Dabei verrät sie ihrer Kammerdienerin, dass ihr die verlogene Welt des Hofes zuwider ist. Sie selbst hat die Heiratspläne geschickt eingefädelt, weil sie Ferdinand liebt, sie möchte mit ihm das Land verlassen und ein neues Leben anfangen.
Zweite Szene: Ein alter Kammerdiener überbringt der Lady im Auftrag des Herzogs ein Hochzeitsgeschenk. Als sie erfährt, dass diese kostbaren Brillanten durch den Verkauf von Landeskindern nach Amerika finanziert sind, reagiert sie entsetzt. Ihr war nicht bekannt, dass der Landesherr junge Männer als Soldaten an England verkauft, damit diese in den nordamerikanischen Kolonien gewaltsam Unabhängigkeitsbestrebungen unterdrücken. Sie veranlasst, dass die Edelsteine verkauft werden. Der Erlös soll den Einwohnern einer Stadt, die durch einen Brand ruiniert wurden, aus der Not helfen.
Dritte Szene: Nun erscheint Ferdinand von Walter, der anfangs sehr frostig und beleidigend auftritt, um die Lady von ihren Heiratsplänen abzubringen. Als er aber erfährt, wie unglücklich die Die Lady ist anders als ihr Bild in der ÖffentlichkeitLady in ihrer Rolle ist und dass sie für das Land als Wohltäterin gewirkt hat, wandelt sich sein Bild von ihr. Um sein Verhalten zu entschuldigen, gesteht er ihr seine Liebe zu einem bürgerlichen Mädchen. Damit gewinnt der dramatische Konflikt an Fahrt, denn die Lady will Ferdinand trotzdem zur Ehe zwingen, um sich nicht in der Öffentlichkeit zu blamieren. Schiller erwähnt es zwar nicht, aber man muss davon ausgehen, dass die Lady den Präsidenten gleich davon informiert hat, dass Ferdinand zu der schon öffentlich bekannt gemachten Heirat nicht bereit ist.
Vierte Szene: Nach einem Ortswechsel erfährt der Leser, dass inzwischen im Hause Miller große Aufregung herrscht, weil Schwierigkeiten mit der staatlichen Macht zu befürchten sind.
Fünfte Szene: Als Ferdinand auftritt, erzählt er von der geplanten Heirat mit der Lady Milford und von seiner seelischen Erschütterung. Obwohl er sich klar zu Luise bekennt, muss er sich von Luises Vater als Verführer beschimpfen lassen. Anfangs wirkt Ferdinand noch verunsichert, doch dann wird seine Position immer fester und klarer. Schon bevor sein Vater die Szene betritt, argumentiert Ferdinand so, als ob der Vater schon da wäre und zuhören würde.
Sechste Szene: Als der Zusammenstoß des Präsidenten mit dem VaterPräsident dann erscheint, versucht er, seine Ziele mit Macht und Gewalt durchzusetzen. Zu seiner Strategie gehört es, Luise, die ohnehin schon innerlich erschüttert ist, als Hure zu beschimpfen und in ihrer Ehre anzugreifen. Das lässt sich Miller nicht bieten. Obwohl er große Angst vor dem Präsidenten hat, tritt er ihm mutig entgegen und vertritt nicht nur sein Hausrecht, sondern auch die bürgerliche Moral gegenüber der sittlichen Verworfenheit des Hofes.
Siebente Szene: Als der Präsident Luise abführen lassen will, stellt sich Ferdinand schützend vor sie und treibt die Auseinandersetzung mit seinem Vater Schritt um Schritt weiter. Schließlich Ferdinand erzwingt die Freilassung Luiseserzwingt er Luises Freilassung, indem er droht, die Verbrechen seines Vaters öffentlich bekannt zu machen. Im offenen Schlagabtausch unterliegt die verlogene Welt des Hofes, weil sie das Licht der Öffentlichkeit scheuen muss.
Abb. 3: Dritter Akt: Höhepunkt und Umschwung der Handlung
Erste Szene: Den Sieg kann die Welt des Hofes nur erringen, wenn sie den Weg der Wurm plant eine teuflische Intrige