Kalayoga - Alexander Friedrichsen - E-Book

Kalayoga E-Book

Alexander Friedrichsen

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Beschreibung

Was ist Kalayoga? Im Kern geht es dabei um eine Transformation einer sogenannten normalen Zeitempfindung in die Wahrnehmung einiger oftmals verborgener Dimensionen dieses rätselhaften Phänomens. Besonders das praktische Anwenden dieser Kunst einer harmonischen Lebensorganisation könnte bei der Wiedererlangung des Lebenssinns, der Gesundheit und attraktiver Ausstrahlung behilflich sein. Eine zeitoptimierte Einbettung aller Alltagsaktivitäten, stete bestmögliche Vergabe der Prioritäten, sichere Beseitigung gefährlicher Defizite und entscheidende Erleichterung der Selbstrealisation stellen weiteren Stärken dieses alten Verfahrens dar. Allen aufgeschlossenen Menschen eröffnet sich mit dem Kalayoga eine praktikable Möglichkeit, mehr Würde, Struktur und Fortschritt in das Leben zu integrieren. Denn die allumfassende Rhythmik der Natur ist unbestritten eines der charakteristischsten Attribute des Lebens. Die inneren temporalen und energetischen Zyklen dirigieren das menschliche Verhalten zwar fast unmerklich, dafür aber ständig und wirkungsvoll. Der Mensch verfügt immer seit der Geburt über eine sehr individuelle Periodik, die das Zusammenspiel der zahlreichen Uhren in seinem Inneren definieren soll. Dieses intrinsische Zeitgefüge stellt somit ein Produkt sämtlicher psychosomatischen Prozesse im Organismus dar. Sie hängt von der Intensität des Erlebens ab, deswegen kann auch unsere Zeitwahrnehmung in den einzelnen Lebensperioden sehr unterschiedlich ausfallen. Viele können sich auf das Gefühl einer Unendlichkeit der Zeit und einen grenzenlosen Raum für Eindrücke und Handlungen in den jüngeren Jahren gut erinnern. In der zweiten Lebenshälfte verfliegen die Tage dagegen erschreckend schnell. Das uralte Wissen über die Gesetze der Naturperiodik stammt aus der innerasiatischen Erfahrungsmedizin und stellt eine optimale Einstimmung des Menschen auf die aktuellen Lebensumstände sicher. Es hilft auch bei der Entwicklung eines instinktiven Gespürs für die momentane Lage der tragenden Energiewelle, was dann ein gut zeitlich angepasstes Handeln in der Tat ermöglichen soll. Einige Personen mit den überdurchschnittlichen Ambitionen und weitreichenden Plänen könnten deswegen im besonderen Maße davon profitieren - denn ihren oft wirklich ehrgeizigen Vorhaben steht meistens ein großes Hindernis in Form vom recht überschaubaren Rahmen verfügbarer Zeit gegenüber.

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Was ist Kalayoga? Im Kern geht es dabei um eine Transformation einer sogenannten „normalen“ Zeitempfindung in die Wahrnehmung einiger oftmals verborgener Dimensionen dieses rätselhaften Phänomens. Besonders das praktische Anwenden dieser Kunst einer harmonischen Lebensorganisation könnte bei der Wiedererlangung des Lebenssinns, der Gesundheit und attraktiver Ausstrahlung behilflich sein. Eine zeitoptimierte Einbettung aller Alltagsaktivitäten, stete bestmögliche Vergabe der Prioritäten, sichere Beseitigung gefährlicher Defizite und entscheidende Erleichterung der Selbstrealisation stellen weiteren Stärken dieses alten Verfahrens dar. Allen aufgeschlossenen Menschen eröffnet sich mit dem Kalayoga eine praktikable Möglichkeit, mehr Würde, Struktur und Fortschritt in das Leben zu integrieren.

Denn die allumfassende Rhythmik der Natur ist unbestritten eines der charakteristischsten Attribute des Lebens. Die inneren temporalen und energetischen Zyklen dirigieren das menschliche Verhalten zwar fast unmerklich, dafür aber ständig und wirkungsvoll. Der Mensch verfügt immer seit der Geburt über eine sehr individuelle Periodik, die das Zusammenspiel der zahlreichen „Uhren“ in seinem Inneren definieren soll. Dieses intrinsische Zeitgefüge stellt somit ein Produkt sämtlicher psychosomatischen Prozesse im Organismus dar. Sie hängt von der Intensität des Erlebens ab, deswegen kann auch unsere Zeitwahrnehmung in den einzelnen Lebensperioden sehr unterschiedlich ausfallen. Viele können sich auf das Gefühl einer Unendlichkeit der Zeit und einen grenzenlosen Raum für Eindrücke und Handlungen in den jüngeren Jahren gut erinnern. In der zweiten Lebenshälfte verfliegen die Tage dagegen erschreckend schnell.

Das uralte Wissen über die Gesetze der Naturperiodik stammt aus der innerasiatischen Erfahrungsmedizin und stellt eine optimale Einstimmung des Menschen auf die aktuellen Lebensumstände sicher. Es hilft auch bei der Entwicklung eines instinktiven Gespürs für die momentane Lage der tragenden Energiewelle, was dann ein gut zeitlich angepasstes Handeln in der Tat ermöglichen soll. Einige Personen mit den überdurchschnittlichen Ambitionen und weitreichenden Plänen könnten deswegen im besonderen Maße davon profitieren - denn ihren oft wirklich ehrgeizigen Vorhaben steht meistens ein großes Hindernis in Form vom recht überschaubaren Rahmen verfügbarer Zeit gegenüber.

… tempora mutantur et nos mutamur in illis …

INHALTSVERZEICHNIS:

VORWORT

WEM KÖNNTE DIESES PRAXISBUCH BESONDERS DIENLICH SEIN?

SIND LEBENSRHYTHMEN HERRSCHER DES GESCHEHENS?

WIE DER ACKER, SO DAS BROT – RECHTZEITIG UND ZIELSTREBIG HANDELN

ENTHÄLT DAS ZEITGEFÜGE SINN-CHRONIZITÄTEN?

IM WANDELZYKLUS DER TENDENZEN – DAS GRUNDPRINZIP ENTSPANNTER EXISTENZ

DYNAMIK IN DER WELT DER SUBTILEN KRÄFTE – EIN BLICK IN DIE SAKRALANATOMIE

ENTSCHLEIERN DES EREIGNISRHYTHMUS UND WELLENREITEN TAG FÜR TAG

KALAYOGA ALS EIN WEG ZUR GELEBTEN NATURRHYTHMIK-HARMONIE

WIE LIEST MAN ZEICHEN ECHTER ZEIT HERAUS?

IM LEIB DIE SPUREN DER LEBENSKRAFT VERFOLGEN

ZEITQUALITÄTEN – WECHSEL UND VERWERTUNG

EMOTIONENMACHT BEHERRSCHEN UND EINSETZEN

VOM ROHRKREPIERER ZUM VOLLTREFFER

PULS DER NATUR ALS QUELL DES LEBENSSINNS

SCHLUSSBETRACHTUNG

RITU-KALENDER

*****

VORWORT

Friedrich von Schiller (1759–1805) sinnierte einmal: „Des Menschen Engel ist die Zeit“ und hat damit einen seit Jahrhunderten bekannten Sachverhalt sehr kurz und prägend formuliert. Man könnte nun diese Sichtweise im Geiste entweder prinzipiell teilen oder auch nicht – die essenzielle Rolle der Zeit im Leben eines Menschen bleibt davon aber weitestgehend unberührt. Einige von uns denken so gut wie nie über dieses geheimnisumwitterte Thema nach, andere wiederum versuchen ständig etwas mehr über die dahinterstehenden Mechanismen der Natur zu erfahren. Selbst die Tatsache, dass Sie gerade dieses Praxisbuch in den Händen halten, könnte als eine Art der karmischen Bindung zur alten Naturrhythmik-Tradition des innerasiatischen Kalayoga ausgelegt werden – und gerade für eine solche Leserschaft ist das vorliegende Manuskript letztendlich auch geschrieben worden.

Wenn die ersten zwei Dutzend Seiten bei Ihnen nicht das Gefühl „Das bringt mir wirklich was“ oder „Da bin ich richtig“ hervorrufen, dann können Sie das Buch getrost wieder zuschlagen und sich anderen (womöglich wichtiger erscheinenden) Tätigkeiten widmen. Denn dieser außergewöhnliche Bereich des Naturwissens sucht sich bereits seit Jahrhunderten seine erlesenen Interessenten durch eine emotionale Affinität zu seinen Herzangelegenheiten (snying thig – „Quintessenz der Wesenheit“) aus. Deswegen könnte man auf diese Weise relativ leicht feststellen, ob die eigene Bereitschaft zu der gelegentlich fordernden, aber immer lohnenden Beschäftigung mit der Tserma-Trulkor-Lehre auch tatsächlich schon vorhanden und sogar ausbaufähig ist.

Wenn ja, dann erwirbt man nun (aufgrund der echten Vorausbestimmung) die praktischen Fähigkeiten in diesem Bereich recht reibungslos und ziemlich schnell. Man wird so auch ein Teil der „Ritumant-Familie“ – einer exklusiven Gemeinschaft der „rechtzeitig agierenden“ Menschen – und erhält dadurch den Zugang zu weiterführenden Stufen der persönlichen Entwicklung. Was heißt das in der täglichen Praxis? Im Kern geht es dabei ums Erlernen der Kunst einer Lebensorganisation in harmonischer Anlehnung an die Rhythmik der uns umgebenden Natur. Sehr erbauend ist, dass mit jedem Schritt auf diesem Wege die Verwaltung eigener (sowieso knapp bemessener) vitaler Kräfte immer effizienter wird und somit viel Luft für diverse weitere Projekte bzw. gewünschte Aktivitäten übriglässt.

Nachfolgend werden die im Buch tangierten Themenkreise kurz zusammengefasst, um rechtzeitig eine ungefähre Vorstellung über seinen Inhalt zu liefern. Eine der zentralen Thesen des Kalayoga lautet: Das Wohlsein aufgrund der Selbstrealisierung setzt intakte innere Energie- und Zeitstrukturen immer voraus. Dieses substanzielle latente Gefüge ermöglicht dann eine Realisation des Lebenssinns, die richtige Ziel- und Prioritätensetzung, würdevolles Leben durch eine Steigerung der Erfolgsquote und weitsichtiges, proaktives Ressourcenmanagement. Eine optimale Einbettung aller Aktivitäten im Alltag, die garantierte Erkennung und zeitnahe Beseitigung gefährlicher Defizite in der Lebensführung, die Erhaltung stabiler Gesundheit und attraktiver Ausstrahlung gehören ebenso mit dazu.

Der Wunsch nach Kenntnis der Zukunft stellt mit Sicherheit einen der ältesten Träume der Menschheit dar. Diese Neugier auf das Kommende kann oftmals durch eine Analyse des periodischen Geschehens um uns herum recht zufriedenstellend gestillt werden. Denn der Atem und zahlreiche Pulse der Natur verraten kundigen Personen viel Verwertbares über alle aufkommenden Tendenzen, ermöglichen eine gezielte Unterstützung von den gewünschten Entwicklungen und erlauben darüber hinaus eine realitätskonforme Planung der eigenen Weiterentfaltung.

Aber das Allerschönste dabei ist: Es gibt auf diesem Wege wirklich nichts neu zu erschaffen oder substanziell zu verbessern. Man muss in der Tat einfach nur das entdecken, was schon immer da war. Vielleicht deswegen hat Hermes Trismegistos (Thot) folgende Feststellung gemacht: „… das Wesen der Welt ist die Ordnung, das Wesen der Zeit ist die Verwandlung …“

Bild 1. Ein Beispiel tibetischer Darstellung der lebensordnenden Urelemente-Zyklen

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WEM KÖNNTE DIESES PRAXISBUCH BESONDERS DIENLICH SEIN?

Ein ewiges Dilemma plagt seit Anbeginn der Zeiten alle Menschen, die etwas Großes in ihrem Leben planen. Ganz besonders, wenn sie einige dauerhafte Spuren innerhalb ihres Betätigungsfeldes hinterlassen möchten. Denn diesem ehrgeizigen Vorhaben steht meistens ein gewaltiges Hindernis in Form eines sehr überschaubaren Rahmens verfügbarer Zeit gegenüber. Lässt sich denn dieses essenzielle „Achillesfersen“-Problem (viele ehrenhafte Absichten und wenig Realisation in der Praxis) überhaupt vernünftig lösen? Oder kann es zumindest etwas entschärft werden? Dies stellt in der Tat eine spannende Frage dar. Das vorliegende Buch möchte deswegen versuchen, einen wirklich gangbaren Weg zur realen Vermehrung der verwertbaren Zeit im Alltag aufzuzeigen.

Die subjektive Lebensrealität schließt ein persönliches Zeitempfinden als ihre wichtigste, aber leider meistens wenig beachtete Basiskomponente (khams) mit ein. Die oftmals von vielen Menschen erwünschten Zeitreserven lassen sich nur dann tatsächlich aufspüren, wenn die zwei in diesem Sinne entscheidenden Faktoren eine stete und gezielte Berücksichtigung finden können – denn die „Vorsorge verhütet Nachsorge“. Einen davon stellt die bereits fest im Alltag etablierte Struktur des individuellen Zeitverbrauchs dar. Anders gesagt, es ist einfach eine ehrliche Antwort auf die Frage, wie stark nun welche momentanen Aktivitäten (’tsho tshul) die vorhandene eigene Zeit zu verzehren vermögen.

Der zweite Faktor wird durch den aktuell erreichten Organisationsgrad im inneren Energie- und Zeitgefüge eines Menschen dargestellt. Er dürfte dabei ebenso die momentan erklommene Stufe in der harmonischen Einstimmung auf die rhythmische Atmung und den Puls der Natur widerspiegeln. Hier soll es also um die bereits vorhandene, real existierende Schwingungsresonanz einer Einzelperson mit ihrer nahen und ebenso ihrer fernen Umgebung gehen. Denn ein „Sein im Einklang mit allem“ gehört zu den allerwichtigsten Geboten der im asiatischen Raum seit Jahrhunderten empfohlenen alttibetischen „königlichen Lebenshaltung“ (auch „fehlerloses Benehmen dem Lotus gleich“ genannt).

Fast die ganze individuelle Zeit im Leben eines Menschen wird entgegen der landläufigen Meinung für eine ständige Beschäftigung mit den eigenen und auch fremdinitiierten Egregoren (oder „subtilsten Wesen“ – shin tu phra ba) verbraucht. Egregore1 in diesem Sinne stellen an sich die sehr zahlreichen infoenergetischen Entitäten dar (Ideen, Begriffe, Trends usw.), die von den Menschen erschaffen werden und dann durch die verschiedenartigsten Rituale, Lehren, gemeinsamen Aktivitäten etc. genährt oder weiter ausgebaut werden können. Ihre Vielfalt ist wahrhaft groß – von komplizierten und vielschichtigen Aggregaten wie „das Universum“, „die Geschichte“, „die Natur“, „die Politik“, „das Geld“, „die Nation“, „die Firma“ bis zu den fast alltäglich gebräuchlichen und einfach erscheinenden geistigen Kategorien wie z. B. „die Freunde“, „die Familie“, „die Arbeit“, „der Verein“, „das Vergnügen“ und natürlich „das Ich“.

Nicht selten fungieren sie dabei auch als eine Art unbewusstes kollektives Gedächtnis (akasha), denn ohne dieses ist eine Definition der Zukunft, der Gegenwart und der Vergangenheit prinzipiell kaum möglich. Man könnte sie ebenso als eine Grundlage der eigenen Weltanschauung bzw. des alltäglichen Verhaltens verstehen, wobei hier eine gegenseitige Beeinflussung zwischen ihnen und dem Menschen in beide Richtungen möglich ist. Somit stellen alle Egregore an sich (da oftmals wirklich sehr umfassend und recht langlebig) ebenso die notwendigen ontogenetischen (verhaltensgebundenen) Erfahrungsspeicher für die gegenwärtige Evolutionsprozesse dar. Das tatsächliche Verstehen (und die vernunftmäßig gebotene dauerhafte Verinnerlichung) dieses substanziellen Sachverhalts erweist sich deswegen oftmals als überdurchschnittlich wichtig. Denn wie die einzelnen Personen interagieren auch die unterschiedlichsten Menschengruppen intensiv mit ungleichartigen Egregoren – bedauerlicherweise verläuft dieser Prozess oftmals ohne die bewusste Wahrnehmung der besagten Tatsache.

In diesem ewigen Spiel (rol pa) entscheidet dann fast allein das persönliche Zugegensein und seine momentane Intensität (rtsal, tivra), ob man dabei von der aufgesammelten Energie eines Egregors profitieren kann oder doch eher umgekehrt. Hier gilt die alte Regel aus der Chandogya-Upanishad: Man wird unweigerlich (avaivartikatva) zu dem, womit man sich dauerhaft identifiziert. Die meisten kennen das aus ihrer eigenen Erfahrung – denn das äußere Erscheinungsbild im Spiegel passt sich im Laufe der Zeit immer mehr der inneren Vorstellung über das „Ich“ an. Wer also viel Wert nicht nur auf ein hübsches Aussehen, sondern gleichermaßen auf seine schöpferische Freiheit und sofortige Verfügbarkeit eigener Zeitreserven legen sollte, der muss dann auch die allgemein übliche Haftung an sämtlichen aktiven Egregoren jederzeit und eigenmächtig auflösen können. Ebenso lässt sich eine eventuell angestrebte höhere Stufe der eigenen Selbstrealisation (Erkennen und zufriedenstellendes Erfüllen des individuellen Lebenssinns) definitiv nur durch eine weitgehende Unabhängigkeit von der Macht solcher infoenergetischen Aggregate erreichen. Man sollte dabei aber nicht vergessen, dass derartigen geistigen Koaleszenzen (oder informell-energetischen Zusammenballungen) den strengen Regeln einer zyklisch geformten, oftmals ausgeprägt wellenartigen (’phel ’grib) Stabilitätsordnung in der real wahrnehmbaren Umgebung unterworfen sind.

Eine Fähigkeit zur faktischen Kontrolle der sehr unterschiedlichen Egregore könnte sich deswegen des Öfteren als wahrhaft essenziell erweisen. Denn sie kann eine unterschwellige Implementierung der eigenen lebenswichtigen Intentionen (wenn diese sich mit den lokalen Strebungen des allgemeinen Gewahrseins als konform erweisen) in alle bevorstehenden Skripte des möglichen Geschehens erlauben. Gleichermaßen werden auch latente steuernde Eingriffe ins Verhalten anderer Personen (vergleiche mit den diversen Praxeologie-Methoden) im nahen und fernen Lebensfeld prinzipiell möglich. Dies geschieht durch eine gründliche Analyse ihres üblichen Verhaltens und ein darauffolgendes Koppeln der ersehnten Handlungen an die für diese Menschen wirklich bedeutenden Sachverhalte egregorialer Natur.

Auch einige der ältesten Therapieformen aus der geheim gehaltenen Schatzkammer östlicher Erfahrungsmedizin basieren auf solchen Korrekturen an den subtilen existenziellen Ebenen eines Individuums. In diversen überlieferten Texten traditioneller tibetisch-mongolischer Medizin (TTMM, gso rig) z. B. nimmt die aktive Beschäftigung mit zahlreichen Egregoren (sprul ba2 oder zer ma) in Form der dort sehr zahlreich vertretenen Gottheiten Lha (lha, yul lha, deva) und ebenso den Dämonen3 Dre (’dre, gye ’brog, sa bdag – „Erdherren“; mong. tengri) einen überaus gewichtigen Platz ein. Einige von ihnen gehören dabei zur Klasse der mit dem Menschen „zusammen geborenen“ (lhan cig skyes) subtilen Wesenheiten an, die anderen aber repräsentieren dort symbolisch die wahrnehmbaren Beeinflussungsfaktoren einer konkreten Umgebung.

Selbst die älteste bekannte Abhandlung über Heilungsmethoden (Atharva-Veda) betrachtet die meisten Ursachen der verschiedenen Gesundheitsstörungen als ein Ergebnis dämonischer Einflüsse (bhuta-vidya, kaumarabhutja etc.). Besonders das veränderte Verhalten der betroffenen Personen weist auf eine entsprechende Diagnose (zusammen mit spezieller Pulsuntersuchung – gdon rtsa) hin. Im Grundwerk der tibetischen Medizin Gyüshi sind fünf Kapitel (von 77 bis 81) allein für die Gdon- Dämonen (gdon – „böser Geist“ oder „ausgestrahlte Wirkung“) reserviert, obwohl bei näherer Betrachtung im ganzen Werk diese Thematik überpräsent ist. Ein Verzicht auf den „Ego“-Glauben gilt als ein radikales Mittel für die Befreiung von den meisten derartigen Dämonen, da diese immer ein Produkt der menschlichen Emotionen darstellen.

In Tibet verehrte man z. B. acht spezielle weibliche Gottheiten der Medizin, eine davon war Dudsima („Mutter des Nektars“), besser bekannt in ihrer zornigen Emanation als Dorje-Phamo (Vajravarahi – die oft geheim gehaltene „Schweinekopf-Diamant-Mutter“). In Zusammenarbeit mit ihrem „schwarzen pferdeköpfigen“ Gatten Tamdrin (oder Hayagriva – die zornige Emanation des Medizin-Buddhas selbst) bewirken sie dann eine wirkungsvolle Vereinigung intuitiver Weisheit und geschickter Methoden gegen sämtliche bösen Geister und transformieren dabei ihre zerstörerischen Kräfte in die rettende Energie der allumfassenden Heilung.

Solche uralten Ansichten stellten dann die substanzielle Grundlage sogenannter „von den heilenden Gottheiten überlieferten geheimen Sparten“ dieser uralten erfahrungsmedizinischen Tradition (gso dpyad ’bum ba) dar. Laut einigen Autoritäten in diesem speziellen Bereich (z. B. Mipham Namgyel Gyatso) basiert die besagte Heilungskunst auf dem Prinzip der Synchronizität, also einer steten feinstofflichen (instantanen) Verbundenheit aller Prozesse und Phänomene im Universum. Deswegen ist eine therapeutische Einwirkung durch die richtige Wahl von Farben, Schall, Formen, Egregoren und diversen rituellen Handlungen möglich. Im heutigen China z. B. hat sich derartige „dämonische“ Heilkunde (mit ihrem Konzept diverser oft unvermeidlicher Harmoniestörungen im kosmischen Ordnungssystem als eine veritable Krankheitsursache) sogar bis in unsere Zeit gerettet.

Der Alltag unzähliger Menschen im zentralasiatischen oder transbaikalischen Raum wird bis heute durch regelmäßige Interaktionen mit einigen alten Artefakten egregorialer Natur bestimmt. Als Beispiel dafür könnte hier die „Große Herrscherin über die drei Zeiten“4 oder die im tibetisch-mongolischen Pantheon einzige weibliche „Große Beschützerin“5 alter buddhistischen Lehren Baldan Lhamo6 genannt werden. Sie selbst und einige der Gottheiten in ihrem illustren Gefolge7 werden traditionell mit den speziellen magischen Spiegeln8 in einer Hand abgebildet (Kalachakras zornige Emanation Vajravega und der Titanen-König Asuraraja im alten Indien übrigens auch). Dieser oft rituell genutzte Gegenstand dürfte dann ihre immanent vorhandene göttliche Fähigkeit zur ungetrübten Wahrnehmung der Realität und auch die daraus resultierende Macht über die kommenden Ereignisse (also die intuitive oder präkognitive Vorahnung der Zukunft) symbolisieren.

In diesem Buch sollte nun eine aus den unermesslichen Weiten der Mongolei und des südsibirischen kulturellen Raums überlieferte Interpretation einiger wichtigsten (hinter dieser Interaktionsart stehenden) Mechanismen tatsächlicher Realitätsbildung vorgestellt werden. Wie bereits oben erwähnt, der zweite wichtige Faktor im Erschließen der verborgenen Zeitreserven einzelner Menschen ist die sinnvolle selbstinitiierte9 Organisation und Transformation des persönlichen Zeit- und Energiegefüges. Wenn seine Skalierung in Richtung Optimum nun erfolgreich verlaufen sollte, dann wird sie nicht nur die obligatorischen Effekte einer Resonanz und Kohärenz in einem uns stets umgebenden Frequenzspektrum, sondern auch die ständige Selbstjustierung oszillatorischer Ordnung im Körper selbst aktivieren. Gemeint damit ist eine sich allmählich durchsetzende Harmonie mit den lokalen Schwingungspattern der Natur. Diese spontane Optimierung des Gesamtsystems könnte dann unter Umständen auch ein kleines Wunder passieren lassen – denn die unbewussten Erwartungen an das Kommende10 beginnen sich nun immer öfter tatsächlich zu verwirklichen.

Das ähnelt den uns sehr gut vertrauten Abläufen in der Musikwahrnehmung. Nur dann, wenn die hörbaren Töne eine sinnvolle Abfolge bilden, vermag unser Verstand in den selbigen eine Melodie zu erkennen. So kann er auch in die Lage versetzt werden, ihre weitere Entwicklung recht leicht und fast fehlerlos vorauszusagen. Genauso erhalten die Ereignisse im menschlichen Leben ihren Sinn und die reale Möglichkeit zur inneren Vollendung durch eine gezielt herbeigeführte Harmonie mit dem ewigen Atem (Bild 1) und den verborgenen subtilen Pulsen der wahren Natur.

*****

1 „Wächter“, Erscheinungsformen der präkognitiven Archetypen, die vermutliche Grundlage des „kollektiven Unbewussten“

2 Emanationen, dauerhafte Phantome, emotional geladene Verkörperungen ideeller Vorstellungen

3 Gemeint sind die Störungen (nyer ’tshe) und die fünf Arten der widerstrebenden oder schädlichen Dämonen (gdon bgegs): brog (gye’brog), vighna (Gek, bgegs), graha (gden), pishaca (’dre) und mara (bdud), die periodisch aktiv sind.

4 Zornvolle Emanation von Saraswati, der „Mutter aller Buddhas“

5 Maha Dharmapala, Sungma (srung ma) oder Choköng (chos skyong)

6 Oder Palden Lhamo, dpal ldan lha mo, sri devi, mong. ökin tengri

7 Kundagma (kun grags ma), Pelgiyum (dpal gyi yum), Lumo (klu mo) etc.

8 Adarsha, Darpana, Melong oder Toli – als Attribut in der Hand (phags mtshan) repräsentieren diese oft die symbolische weiße Lichtwelle der „spiegelgleichen Weisheit“ (me long lta buy’i ye shes), vergleiche mit Katoptromantie.

9 Dagjed (bdag skyed)

10 Protention und Retention. Die Begriffe wurden eingeführt durch Edmund Husserl (Phänomenologie der Zeitlichkeit).

SIND LEBENSRHYTHMEN HERRSCHER DES GESCHEHENS?

Diese Abhandlung ist als eine kurze, aber dennoch hinreichende Einführung in die praktische Arbeit mit diversen Thesen und Gesetzen der Naturrhythmik gedacht. Sie soll deswegen auch einige durch die asiatische Tradition (brgyud pa oder lugs) überlieferte und bis dato weitestgehend geheim11 gehaltene Kerninformationen der alten innerasiatischen Erfahrungsheilkunde enthalten. Manches davon wurde nach Geboten der (in geschlossenen Gemeinschaften geltenden) Übermittlungs-Regeln nur als eine ins Ohr12 geflüsterte Lehre an die sorgfältig ausgesuchten und dann als geeignet zu ihrem Empfang eingestuften Personen weitergegeben (z. B. Karnatantra, gang zag snyan khud du brgyud pa, paramparya krama). Diese althergebrachte und bereits tausendfach bewährte Vorgehensweise hat eine sehr lange Zeit zufriedenstellend funktioniert, scheint aber mittlerweile (dank der nun fortschreitenden informationellen Revolution) leider unwiederbringlich überholt zu sein. Eine vermeintlich absolut unbegrenzte und rasche Verfügbarkeit jedes beliebigen Wissens in der schönen digitalen Neuzeit hat offensichtlich seinen gefühlten intrinsischen Wert in noch nie dagewesene geistige Tiefen verfrachtet.

Die unentbehrliche Arbeit zur Bildung einer individuellen Weltanschauung hat nun vielfach ihren Platz einer (natürlich weit weniger anstrengenden) Anpassung an die üblichen Schablonen aus dem Internet oder aus den anderen leicht zugänglichen Quellen überlassen. Der früher allgemein weit verbreitete Glaube an die Knappheit der Information als alleiniger Ursache von substanziellem Nichtwissen hat sich somit als total falsch herausgestellt. Gerade deswegen scheint die vorliegende Veröffentlichung alter überlieferter Ansichten und diverser praktischer Anweisungen nun keine wirkliche Gefahr für die substanziellen zeitbezogenen Erkenntnisse13 unserer Vorfahren darzustellen. Paradoxerweise senkt sich oft die Bereitschaft zur Beschäftigung mit diesem speziellen Wissen über die reale Natur der Dinge (ji lta ba mkhyen pa) allein dank eines unkomplizierten Zugangs bei vielen Interessenten recht dramatisch ab.

Man glaubt wohl, dies auch irgendwann später problemlos nachholen zu können – was sich des Öfteren als eine reine Selbsttäuschung herausstellen kann. Denn eine erfolgreiche Praxis der alten naturrhythmischen Thesen erfordert fast immer ein tiefes Eintauchen in die entsprechende Materie. Auf diese Weise werden dann die eher zufällig in Berührung mit diesem Stoff gekommenen Personen in den meisten Fällen einfach von sich selbst heraussortiert. Dafür werden aber die Chancen der diesbezüglich ernsthaft gesinnten Zeitgenossen14 oder lernwilligen Menschen (slob ma, shishya) auf den Erhalt von wertvollen praktischen Hinweisen und extrem rar gesäten Informationen vielleicht etwas verbessert. Dieses Manual sollte demzufolge am meisten denjenigen Lesern helfen, die bereits über einige persönliche Erfahrungen15 mit der selbsterregten Periodik im Leben verfügen und deswegen auch wesentlich mehr über die Hintergründe bzw. über die verborgenen Mechanismen (’khrul ’khor) der Naturrhythmik wissen wollen. Gleichermaßen können therapeutisch tätige Personen hier allerhand interessante und wahrhaft seltene Anregungen für ihre tägliche Arbeit finden.

Die zyklische und limitierende Wesensart der Zeit16 (navagraha) spiegelt sich bekanntlich in allen Facetten des irdischen Daseins wider. „Atmend ruht das Leben und ist doch schnellen Ganges, sich regend und doch fest inmitten der Flüsse.“ (Rig-Veda, 1.164.30) „… die Zeit erschafft die Lebewesen.“ (Atharva-Veda, sinngleiche Aussagen findet man auch z. B. in Kurma-Purana17 oder Mahabharata.) Der große Nagarjuna (Ludup, klu sgrub18) schrieb seinerzeit in „Bodhicitta-Vivarana“ (Vers 60): „Dieses Rad der zwölf Glieder abhängigen Entstehens rollt den Weg des Existenzkreislaufs entlang. Dass Lebewesen anderweitig Wirkungen von Handlungen erleben, akzeptieren wir nicht.“

Alle universal geltenden Gesetze periodischer Resonanz auf den physikalischen, energetischen und informellen Ebenen wirken somit überall und jederzeit – denn das stellt eine der fundamentalen Eigenschaften unserer Realität dar. Die absolute Natur (bdag nyid, parinispanna) ist in der Tat sehr schwer vorstellbar ohne all die Rhythmen, Zyklen oder wiederkehrenden Tendenzen, die ihren ewigen Gang synchronisieren und harmonisch formen. Dies liegt daran, dass die Materie prinzipiell nicht gesondert von der Zeit betrachtet und begriffen werden kann. Denn alle Arten ihrer Bewegung (’gyu ba) sind immer nur im Kontext eines konkreten Zeitraums vorstellbar.

Ein regelmäßiger Abgleich dieser offensichtlich objektiv existierenden Periodik mit einer eigenen inneren Zeitordnung könnte schon allein deswegen eine überaus wichtige Rolle im alltäglichen Leben eines konkreten Menschen spielen. Bis heute wird sich in einigen traditionell orientierten Kulturkreisen in vielen routinemäßigen Tätigkeiten danach gerichtet.19 Selbst marginale Aktivitäten wie das Abbrennen von Räucherstäbchen und diverser anderer Duftsubstanzen werden dort des Öfteren in einem bestimmten zeitlichen Rahmen durchgeführt.

Das Praktizieren einer naturkonformen Gliederung der inneren oder impliziten Zeit muss heutzutage immer noch auf einigen althergebrachten Thesen (phyogs chos oder dam bca’, paksha dharma) aus den unermesslichen Weiten Asiens und Sibiriens basieren. Denn derartige ontogenetisch20 orientierten Mechanismen21 der umgebenden Faktizität werden heutzutage von den meisten Menschen entweder als längst überholt, zu rätselhaft oder einfach als nicht existent angesehen. Es bedarf selbst nach einer optimistischen Einschätzung noch weiterer jahrzehntelanger Forschungen und Reflexionen für ihre endgültige Klärung und eine wesentlich breitere Akzeptanz.

Im Laufe vieler Jahrhunderte haben schon unsere Vorfahren eine merkwürdige permanente Tendenz zur steten Rekapitulation diverser substanzieller Ereignisneigungen erkannt und diese dann bestmöglich analysiert bzw. ausgewertet. Offensichtlich bereits im alten Mesopotamien wurde eine unterschwellige Verbindung (Protogematrie,22 hermetische Interpretation der Wortsemantik und auch Zahlensymbolik) zwischen den Zahlen und gewissen ordnenden Strukturen im Universum entdeckt. Man sah, dass sich das ganze Geschehen um den Menschen herum aufgrund seiner teils latenten, kaum zu bemerkenden, teils aber sehr auffälligen Periodizität oftmals auch voraussagen lässt.

Ebenso wurde eine schwer zu übersehende Beziehung zwischen der periodischen Kraftentfaltung an einigen bekannten sakralen Orten und diversen zeitbezogenen Faktoren (z. B. sich wiederholenden Himmelskörper-Konstellationen) oft und recht zweifelsfrei festgestellt. Dieses schon damals als sehr speziell (um nicht zu sagen esoterisch) erscheinende Wissen wurde dann augenscheinlich einem langwierigen Prozess der Ansammlung bzw. Neubewertung unterzogen und danach als gut geeignet zur späteren Modellbildung von Zeitstrukturen unserer wellenartig geprägten Realität eingestuft.

Ideogramme einiger wiederkehrenden Schwingungen23 im Aufbauplan des Universums könnten bereits in der altindischen vedischen24 bzw. Offenbarungsliteratur25 in großer Anzahl gefunden werden – die immerhin als einige der ältesten der bis heute erhaltenen Welterklärungs-Schriften (ab 1500 v. Chr.) der Menschheitsgeschichte gelten. Es gab bereits damals zahlreiche ideelle Konstruktionen und auch einige spezielle Gottheiten, die mit der Zeit und ihrer strukturbezogenen Semantik in einer innigen Verbindung gestanden haben sollen.

So z. B. die furchteinflößende Figur der Durga26 („Zerstörerin“, „Unergründliche“), der großen Muttergöttin – sie verschlingt27 die Zeit (Kala) und die Zeit als allmächtige Energie verschlingt dann zur Wandlung und Neugeburt alles andere in dieser Welt. Sie besitzt außerdem auch einen friedvollen Aspekt und kann als Adya Prakriti erscheinen – eine ewig junge Mutter der Liebe und der Zuneigung. Ebenso sah man in einer ihrer weiteren Emanationen – der zornvollen Göttin Kali mit der langen feuerroten Zunge (Djavalamukhi oder „Verschlingerin“) – eine symbolische Verkörperung der Zeitwandlungsgesetze.

Die zeitbezogenen (chronotopologischen) Aufbauprinzipien des Seins wurden offensichtlich schon im grauen Altertum als einige überaus starke Attraktoren für die Entwicklung diverser naturkonformer Modelle unserer Realität angesehen. Die vergleichbaren strukturellen Denkansätze lassen sich somit in den überlieferten chinesischen und tibetischen Schriften über die Fundamente einer sich stets selbst offenbarenden Weltordnung, über die uralte erfahrungsbasierte Heilkunst28 und auch die entsprechenden Naturgrundlagen soziokultureller Sitten nachweisen.

Das Entstehen geistiger Regungen beim Menschen wurde dort gleichermaßen auf ein rhythmisches Wechselspiel einzelner Prana-Wellen im unbegreiflichen, hellstrahlenden (vibhraj) „Urgrund29 des spontanen Zugegenseins“ oder die sogenannte „selbstvollkommene ursprüngliche Potenzialität30“ zurückgeführt. Laut traditioneller Überlieferung beziehen sich derartige fundamentale prärationale Vorstellungen primär auf einige uralte, bereits in der Vorzeit existierende Konzepte. Als Beispiel könnte hier die „Große goldene Schildkröte“ (maha gser gyi rus sbal srid) des Arya Manjushri angeführt werden, die den Zwecken einer Berechnung von 84.000 Kalkulationen (oder „Toren“) des Lebens, des Todes, des Heiratens und der Geomantik diente.

Ebenso findet man in den alten tibetischen Sakraltexten (z. B. in diversen Manualen zur Ausführung alltäglicher buddhistischer Rituale31cho ga – „Solchit“ bzw. „Serjem“) oder in einigen Lehren der stark regional geprägten alten Erfahrungsmedizin32 (wie z. B. im „Mamoi Tuhkang – ma mo’i khrugs skong, „Anleitung zur Milde-Stimmung der Mamo-Gottheiten“ – die durch ihren erweckten Zorn verschiedene Krankheiten hervorrufen können) dann gleich mehrere interessante Hinweise auf die real gestaltende Macht der allumfassenden Naturperiodik. Es wurde dort z. B. oftmals von den sogenannten Kaptse (gab rtse, geheimnisvollen „Zipfelchen des Versteckten“ oder den „verdeckten Punkten“) gesprochen. Diese sich in der Regel scharf abzeichnenden und bei ausreichender Übung auch gut wahrnehmbaren „Wellengipfel“ der still agierenden Strukturen der inneren (impliziten oder homöorhesischen) Zeit markieren immer diverse wichtige Perioden bzw. Wendepunkte im Leben eines einzelnen Menschen.

Einige der darauf spezialisierten Astrologen Tsipa (rtsis pa) oder Tsikhen (rtsis mkhan) und gleichermaßen einzelne hoch realisierte Vertreter der mongolischen Lama-Sterndeuter Zurchaitchi (ebenso sogenannte „Steppen-Heiler“ – Sogpo-Manpa, Gurtum – „Schwertlamas“ (sku rtem), Badartchins – innerasiatische Wandermönche), haben wohl die Rolle der wichtigsten Bewahrer dieses sehr seltenen Wissensschatzes übernommen. Nicht umsonst wurde diese spezielle Sorte von Astrologen in Innerasien, der Mongolei und Burjatien dann oftmals auch als „Verwalter der Daseins-Ordnung“ (skos shes rtsis mkhan) bezeichnet. Ihr Werkzeug basierte einerseits auf Djungtsi (’byung rtsis) oder Nagtsi33 (nag rtsis) – einer Astrologie der Ur-Elemente chinesischen Ursprungs – und andererseits auf Kartsi (skar rtsis oder grya rtsis) – der alten indischen „weißen Astrologie“, die sich vordergründig auf eine ständige Beobachtung der aktuellen Sternekonstellationen konzentriert.

Es gab aber noch Nantongtsi (snang mthong rtsis) – die „Berechnung der sichtbaren Ereignisse“ oder „Astrologie des Seins“ und auch einige andere Arten dieser uralten Kunst. Einen „geheimen“ Teil des Kartsi bildete Yangchar (dbyang char) – „Entfaltung durch die Vokale“ ab, dessen yogische Praktiken im Svarodhaya-Tantra34 und Kalachakra-Tantra (dus ’khor, mong. cay-un kürdün) gefunden werden können. Es kann als sicher angenommen werden, dass solche recht aufwendigen Verfahren insgesamt (kraft ihrer soteriologischen und strukturellen Besonderheiten) keineswegs breit bekannt waren, sondern vielmehr nur in den seltensten Ausnahmefällen angewendet wurden (da oft zu kompliziert und dazu noch auf Berechnung spezieller Daten angewiesen).

Ein Eintritt ins Leben z. B. findet laut dem Kalayoga im Normalfall 189 Tage (27 Wochen) vor der Geburt statt – es wird in der Tserma-Trulkor-Lehre das „Lebensanfangs-Datum“ (LAD) genannt. Fast alle Berechnungen in diesem Buch bezüglich des „Lebensspiegel“-Diagramms werden vom LAD (also etwas mehr als ein halbes Jahr vor dem eigentlichen Geburtsdatum) durchgeführt. Man muss dabei auch stets bedenken, dass früher im zentralasiatischen Raum bei Weitem nicht alle Menschen (ganz anders als z. B. in China) ihr genaues Geburtsdatum kannten – selbst heute stellt es in Tibet eine übliche Sitte dar, das eigene Alter erst am Neujahr einfach um ein zusätzliches Jahr zu erhöhen.

Die traditionelle Astrologie besagt, dass der Charakter und die temporalen Perspektiven eines Menschen immer von den Umständen seiner Niederkunft abhängig seien. Sämtliche zur Geburt lokal vorherrschende Qualitäten der Zeit35 beeinflussen die in diesem Moment noch offenen Strukturen individueller Veranlagung36 intensiv (tivra) und nachhaltig (als sogenanntes „Imprinting“). Diese These stellt somit einen wichtigen Bestandteil der überlieferten Tserma-Trulkor37- Lehre dar und erklärt dann auch einige eher unterschwellig wirkende Mechanismen der allgemeinen Naturrhythmik.

Die tibetische Astrologie Zuglag (gtsug lag) war schon damals laut den historischen Quellen als eine der elf traditionellen buddhistischen „Wissenschaften“38 allgemein breit anerkannt. Sie konnte bereits mehrere Sparten in ihrem Inneren vorweisen, etwa: Astrologie der Verstorbenen – Shintsi (gshin rtsis), der Eheschließung – Bagtsi (bag rtsis), der Geburt – Kyetsi (skyes rtsis), der Medizin – Netsi (nad rtsis), der vergangenen Leben – Tserab Letsi (tshe rabs las rtsis). Im Unterschied zu der westlichen Astrologie werden hier auch die einigen Varianten einer zukünftigen Entwicklung von ermittelten Charaktereigenschaften konkreter Personen etwas genauer untersucht und festgehalten. Sämtliche auf diesen altehrwürdigen Theorieansätzen basierten Interventionen in die acht traditionell beschriebenen Grundbereiche des Lebens (phyag rgya bzhi, Ritual der „vier Handlungen“) schlossen somit regelmäßig präventive,39 reaktiv-kurative,40 prospektive41 und manipulativ-destruktive42 (byin sreg, malefecium) Aktionsaspekte mit ein.

Doch ihre wichtigsten Arten (in Bezug auf die konkrete Inhalte der Naturrhythmik) stellten hier die auf einer unterschwelligen Harmonie der intuitiven Zahlenlehre gegründeten Prädiktionen (sogenannten präemptiven bzw. präkognitiven Voraussagen) für die wahrscheinlichen Konstellationen im Laufe des Jahres (skag rtsis) und auch der einzelnen Tage (zhag rtsis) dar. Für eine Initiation des Prozesses innerer Prospektion oder intuitiver Vorausahnung der Ereignisse benutzte man dann gleichermaßen die anhand der traditionellen Lebensrad-Darstellungen („Sipa Khorlo“) und astrologisch-mathematischen Tabellen (mong. zurchain sambar) erstellten individuellen Prognosen.

Fast alle uns derzeit bekannten mantischen Techniken präkognitiver Prospektion basieren auf einer Integration aktuellen Zeitqualitäten in die Prozesse der möglichen Zukunftsbestimmung. Man benutzt dafür oft die scheinbar absolut „zufällige“ Verteilung der verschiedenen Ergebnisse im jeweiligen Prozedere der konkreten Vorausbestimmung und analysiert dann diese anschließend nach den speziellen Regeln sorgfältig. Im chinesischen „Buch der Wandlung“ („I Ging“) z. B. sind das die 18 Teilungszyklen der Stäbe mit einem Handschlag in zwei Gruppen oder die Ergebnisse von mehreren Münzenwürfen auf einen Tisch. So erreicht man dort das Ziel einer Abbildung aktueller „Schlüsselfaktoren“ der Wandlung (i) in Form einer tiefen Introspektion (de, als Dao-Manifestation), um eine optimale Strategie anstehender Handlungen in der näheren Zukunft bestimmen zu können.

Im alten Indien wurde bereits in der Rig-Veda von einer ordnungsstiftenden pulsierenden Kraft43 (rtsal) namens Rita44 erzählt, die im ganzen Universum für die diversen eng aufeinander abgestimmten Abläufe sorgen sollte. Der Sanskrit-Begriff „Rita“ wurde dort oft als ein universelles Gliederungs- oder Wahrheitsprinzip verstanden (hergestellt und hochgehalten durch den Gott Varuna; „ritam“ könnte auch die „unveränderliche Wahrheit“ bedeuten). Dementsprechend konnten dann sämtliche wahrnehmbaren Phänomene (ji snyed pa), die sich dem richtigen Lauf der Dinge entgegenstellten, im Sanskrit unter dem dazu konträr positionierten Begriff „Anrita“45 („Dunkelheit (dhvanta) stiftend“, „chaotisch“, „unwahr“) gesammelt werden.

Die Zeit an sich ist demzufolge als ewiger „Halte-Punkt“ (acjata-kshana) der wahre Grund der Zerstörung allgemeiner Verblendungen des Menschen und soll darüber hinaus gleichzeitig das höchste Wissen (paramakshara jnana) über die Realität darstellen. Deswegen wird sie z. B. in Surya-Siddhanta46 (einem Grundwerk des 10 Jh. vedischer Astrologie47) durch die sich zyklisch wiederholenden Bewegungsabläufe aller beobachtbaren Himmelskörper definiert. Diese traditionelle Sichtweise (lta ba) auf das Zeitphänomen wurde dann Jahrhunderte später z. B. im Kalachakra-Tantra („Dükyi Khorlo“) erneut theoretisch aufgegriffen und ebenso im Svarodhaya-Tantra („Yangchar Gyi Gyü“ oder „Yuddhajaya-Tantra“ – das „Tantra des Sieges in der Schlacht“) weiterentwickelt und praktisch weiter verfeinert.

Das Kalachakra-Tantra selbst entstand als ein kompletter Wissensbereich laut der traditionellen Überlieferung schon im Jahre 878 vor unserer Zeit. Ihre bis zum heutigen Tag erhaltene Kurzversion Laghu-Tantra (bsdus rgyud