Kara Ben Nemsi - Neue Abenteuer 08: Das Königsgrab in der Felsenstadt -  - E-Book

Kara Ben Nemsi - Neue Abenteuer 08: Das Königsgrab in der Felsenstadt E-Book

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Beschreibung

Ein heimtückischer Überfall. Ein ewiges Grab. Ein geheimnisvoller Schatz.Kara Ben Nemsi und seine Freunde sind in einem tödlichen Abenteuer aus Habgier und Verrat gefangen, aus dem es kein Entrinnen gibt.Die Printausgabe umfasst 192 Buchseiten.

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Seitenzahl: 208

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Hymer GeorgyDAS KÖNIGSGRAB IN DER FELSENSTADT

In dieser Reihe bisher erschienen

1801 Die Rückkehr des Schut von G. G. Grandt

1802 Die Rache des Schut von Hymer Georgy

1803 Der Fluch des Schut von Hymer Georgy

1804 In der Gewalt des Schut von Hymer Georgy

1805 Das Geheimnis des Schut von Hymer Georgy

1806 Der Krieg des Schut von Hymer Georgy & G. G. Grandt

1807 Die Schatzräuber und die Felsenstadt von R. S. Stone

1808 Das Königsgrab in der Felsenstadt von Hymer Georgy

1809 Das Vermächtnis aus der Felsenstadt von Hymer Georgy

Hymer Georgy

Das Königsgrabin der Felsenstadt

Eine Reiseerzählung nach den Charakterenvon Karl May

Diese Reihe erscheint in der gedruckten Variante als limitierte und exklusive Sammler-Edition!Erhältlich nur beim BLITZ-Verlag, www.blitz-verlag.de, in einer automatischen Belieferung ohne ­Versandkosten und einem Serien-Subskriptionsrabatt bis zu einer Höhe von 23 %.© 2017 BLITZ-Verlag, Hurster Straße 2a, 51570 WindeckRedaktion: Jörg KaegelmannTitelbild: Mark FreierUmschlaggestaltung: Mark FreierSatz: Harald GehlenAlle Rechte vorbehaltenwww.BLITZ-Verlag.deISBN 978-3-95719-118-2

Inhaltsverzeichnis
Personenregister:
Karte der Felsenstadt Petra, um 1873.
Prolog
Kapitel 1 - Widerstand ist zwecklos!
Kapitel 2 - Dem Tode geweiht
Kapitel 3 - Der Wille eines Eidgenossen ist sein Himmelreich
Kapitel 4 - Gefahrvolle Grabung
Kapitel 5 - Ohne jede Spur
Kapitel 6 - Soldiers of Fortune (Geheimnisse)
Kapitel 7 - Am Ziel seiner Träume
Fußnoten
BLITZ-Vorschau
Personenregister:

Kara Ben Nemsi

Hadschi Halef Omar

Omar Ben Sadek

Konstantin Rügli- Ein Schweizer Archäologe und Schatzsucher.

Helena Rügli - Konstantins Schwester.

Abukar el Sayed - Ein einheimischer Vormann des Ausgrabungskorps

Ruben van der Veen - Ein Mitarbeiter Rüglis aus Belgien

Nassar ad Taruk - Ein einheimischer Führer und treuer Begleiter von Helena Rügli.

Ibrahim Nassur - Eine zwielichtige Gestalt.

Malek el Barujd - Ebenfalls ein arger Verbrecher

Yussuf ad Sharek - Ein Medizingelehrter.

Yasmin - Die Frau von Yussuf.

Yüzbaşı Huda, Mülazim Marcelin, Tschausch Tian - Drei Offiziere der osmanischen Armee.

Sir David Lindsay

Handlungszeitraum der Geschichte: Januar 1873

Karte der Felsenstadt Petra, um 1873.

© Hymer Georgy 2016

Anmerkungen zur Karte:

Die Felsenstadt Petra ist real und heutzutage die touristische Hauptattraktion Jordaniens (früher Bereich des Vilâyet Hiyaz im syrischen Teil des Osmanischen Reiches). In den 1920er und 1930er Jahren erfolgte eine ganze Reihe von Ausgrabungen, die auch weiterhin noch oder wieder fortgesetzt werden. Erneut im Frühjahr des Jahres 2016 etwa wurde durch Luftbilder dort auch der Standort eines bisher nur vermuteten Opferplatzes wiederentdeckt. Petra dürfte also noch viele Geheimnisse bergen, und das heutige Petra weist wesentlich mehr Fundstellen auf, als aus den Aufzeichnungen des Schweizer Orientreisenden Burkhardt oder anderer zu entnehmen ist. Die beschriebenen Orte in dieser Geschichte sind sämtlich real. Die Fundstelle eines Königsgrabes bei der Westflanke des Jabal Madhbah ist allerdings eine reine Erfindung des Autors. Alle historisch fundierten Hintergründe in Bezug auf Nabatäer und Ägypter sind recherchiert und wahrheitsgemäß wiedergegeben, in Bezug auf die Fundstelle jedoch den dramaturgischen Notwendigkeiten angepasst.

Hymer Georgy

Prolog

Am Weihnachtsabend des Jahres 1872 war ich in der Grabeskirche Christi zu Bethlehem überraschend von Konstantin Rügli aus der Schweiz angesprochen worden. Dieser hatte es sich in den Kopf gesetzt, mit einem bunt zusammengewürfelten Ausgrabungskorps die geheimnisvolle Felsenstadt Petra aufzusuchen, in welcher er einen unermesslichen Pharaonenschatz vermutete. Er überredete und überzeugte mich, ihm der Führer dorthin zu sein.

Da Rüglis Schwester Helena, die eigentlich mit an der Reise teilnehmen wollte, mit ihrer Ankunft in Jaffa überfällig war, brachen wir ohne sie auf. Ich gewann unterwegs in dem grobschlächtigen, einheimischen Vormann des Ausgrabungskorps, Abukar El Sayed, einen neuen Freund, und dies, obwohl er zuvor eher unangenehm auffiel und ein Maulheld schien. Doch das täuschte.

Auf der gefahrvollen langen Reise gelang es uns, den Medizingelehrten Yussuf ad Sharek sowie dessen Weib Yasmin vor dem sicheren Tod zu bewahren, zu dem sie ein heimtückischer Führer namens Ibrahim Nassur verdammt hatte, um sich in den Besitz von deren Habseligkeiten zu bringen.

Vor Petra stießen wir wiederum auf Malek el Barujd und seine Beduinenhorde, welche uns als Führer in die Felsenstadt hineinbringen wollten, deren verborgene Eingänge nur den Einheimischen bekannt sind. Doch das war eine heimtückische Falle!

Wir verteidigten uns, so gut wir es vermochten, hatten aber schnell einige Tote zu beklagen. Auch Konstantin Rügli wurde verwundet. Da erhielten wir unerwartet Hilfe von mehreren geheimnisvollen Schützen, welche unsere Widersacher aufs Korn nahmen.

Als ich nun gemeinsam mit Abukar El Sayed mitten im Kampfgetümmel zum verwundeten Konstantin Rügli hinschlich, mein neuer, grober Freund zu den aufragenden Felsen deutete und ich mit einem langen Blick der Geste folgte, gefror mir allerdings das Blut in den Adern ...

Hoffnung 
ist nicht die Überzeugung,
dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit,
dass etwas Sinn hat,
egal wie es ausgeht.

Vaclav Havel

Kapitel 1 - Widerstand ist zwecklos!

Ich erblickte oben im Fels einen bedrohlich wirkenden Beduinen! Nein, eigentlich waren es sogar zwei! Doch das allein war es freilich nicht, was mich derart fassungslos werden ließ, sondern etwas anderes.

Der größere der beiden hielt nämlich eine Frau fest im Griff und hatte selbiger zugleich einen Krummdolch an die Kehle gesetzt. Eine Europäerin, unverkennbar! Der andere, ebenfalls in einen weißen Umhang gehüllte Mann stand daneben und zielte mit einer alten Pistole in der Hand seines ausgestreckten Armes auf deren Kopf. Alle drei waren mir unbekannt, doch stand in Anbetracht der ganzen Situation fest, dass die beiden Beduinen zu Malek gehörten. Die Frau, das mochte vielleicht aber auch eine Sinnestäuschung sein, erinnerte mich an das Gesicht in einer Fotografie, die mir Konstantin Rügli anfangs unserer Reise nach Petra gezeigt hatte. Möglicherweise handelte es sich tatsächlich um Helena, seine Schwester, die ihn in Jaffa verpasste und auf die wir auch in Jerusalem vergeblich warteten. Doch wie kam sie dann hierher? Ich bemerkte auf die Entfernung, dass sie sich eine Wunde an der Stirn zugezogen hatte, die leicht blutete, aber nicht weiter gefährlich aussah. Offenbar hatten die beiden Beduinen dort oben sie irgendwie überrumpelt. Wann? Wo? Ich hatte keine Vorstellung! Aber Abukar El Sayed brachte mir immerhin so etwas wie eine Bestätigung.

„Das kann nur die Schwester von Rügli Effendi sein!“, stieß er entsetzt hervor. Auch er hatte demnach die Fotografie bereits einmal gesehen.

Diejenigen auf dem Grat ließen uns allerdings keine Zeit, oder auch mir, meine Gedanken zu ordnen. Denn schon schallte es laut von dort herunter: „Legt die Waffen nieder, sonst töten wir sie!“ Das rief der Selbige mit der Pistole, den ich erst später namentlich als Ibrahim Nassur kennenlernen sollte.

Abukar El Sayed wollte seine Flinte heben, um dem Rufer die seiner Meinung nach einzig passende Antwort auf dessen Forderung zu geben. Aber ich bedeutete ihm mit einer Hand, die Waffe zu senken. Er blickte mich verständnislos an und raunte mir mahnend zu: „Wenn wir jetzt gehorchen, Sajid, bringen sie uns alle um. Ich kenne solche Leute und weiß, wie sie vorgehen. Die machen keine Gefangenen. Wir dürfen uns nicht ergeben!“

„Uns bleibt keine Wahl“, sagte ich jedoch ruhig. „Wenn wir Widerstand leisten, bringen sie die Frau um. Das will ich auf jeden Fall verhindern.“

„Dann müssen wir kämpfen! Wenn wir aufgeben, tötet man erst sie und dann uns. Damit wäre nichts gewonnen.“

„Das glaube ich nicht. Wenn man uns gleich töten wollte, hätte man uns aus einem Hinterhalt von dort oben aus einfach abknallen können. Ich denke, man wusste, dass wir hierher kommen würden. Weil Rügli Sajid verletzt ist! Die da wollen uns lebendig!“

„Lebendig? – Zu welchem Zweck, Effendi?“

„Vielleicht sind wir lebendig doch für Malek von höherem Wert als tot.“

„Danach haben die Beduinen bisher auch nicht gefragt. Was sollte deren Meinung geändert haben?“

Bevor ich antworten konnte, feuerte Nassur, der oben bei der Frau auf dem schmalen Absatz im Felsen stand. Ich erschrak, doch er hatte nicht auf die Frau geschossen, sondern in die Luft, um der vorherigen Forderung Nachdruck zu verleihen. Eine Patrone weniger, aber ich konnte nicht genau erkennen, wie viele noch darinnen sein würden. Offenbar dauerte den beiden unsere Entscheidungsfindung zu lange. Daher legte ich meinen Stutzen ab, und Abukar tat es mir mit seiner Flinte widerwillig nach. Im nächsten Moment wurde es uns bewusst, dass weiterer Widerstand wirklich zwecklos gewesen wäre. Denn im Nu waren wir von einer Horde weiterer bewaffneter Beduinen umringt, die rechts und links in den Felsen versteckt gewesen waren und nun ihre Flintenläufe auf uns richteten. Meinem Begleiter blieb nichts anderes übrig, er musste sich ebenfalls ergeben. Unsere geheimnisvollen Unterstützer ließen sich gegenwärtig nicht in dieser Ecke blicken. Sie hatten sich wohl zurückgezogen, nachdem einige Beduinen das Feuer massiv auch auf sie erwiderten.

Man packte uns, dann wurden wir in Fesseln gelegt und zu dem Wagen gebracht, neben dem der verletzte ­Konstantin Rügli lag. Er hatte das Bewusstsein nicht verloren, war aber nicht recht ansprechbar und krümmte sich vor Schmerz. Wir konnten nichts tun, die Fesseln und unsere Wachen hinderten uns.

Es dauerte eine Weile, bis auch die beiden Beduinen von dem Felsen mit der Frau in ihrer Gewalt zu uns stießen. Unterdessen war etwas entfernt weiterer Kampfeslärm zu hören. Schüsse krachten ohne Unterlass, während wir tatenlos zur Kenntnis nehmen mussten, dass wir das Gefecht verloren hatten. Schreie waren zu hören, Schreie der Verletzung und des Todes. Diejenigen, die uns zuvor beigestanden hatten, mischten anscheinend dort wieder kräftig mit, und so gab es auch aufseiten des räuberischen Beduinenstammes zahlreiche Opfer. Doch dann mussten die geheimnisvollen Helfer sich, offenbar selbst in arge Bedrängnis geraten, abermals zurückziehen. Das Schießen wurde geringer.

Maleks Männern gelang es nun, das Ausgrabungskorps zu überwältigen. Wer sich nicht ergab, wurde niedergeschossen. Er ließ mit wütenden Worten nach den geheimnisvollen Schützen suchen, doch dies blieb vergeblich.

Am Ende war traurige Bilanz zu ziehen. Von ursprünglich dreiundzwanzig Männern auf unserer Seite lebten nur noch vierzehn, Abukar und mich eingeschlossen. Unter den Toten waren auch der Koch Hyazinth sowie zwei Europäer, deren Aufgabe es gewesen wäre, Vermessungen zur Suche nach dem Königsgrab durchzuführen. Von den Überlebenden waren mehr als die Hälfte verletzt. Rügli und einen der Chinesen hatte es am Schlimmsten erwischt. Ruben van der Veen, der bei dem Schweizer gewacht hatte, war mit heiler Haut davongekommen. Den Beduinen schien der Grad unserer Verletzungen gleichgültig. Alle wurden gefesselt, auch Helena. Bei ihr war man so gnädig und fesselte ihr lediglich die Hände nach vorn, sodass sie sich zumindest ein wenig um ihren Bruder zu kümmern vermochte. Nur mit Konstantin Rügli, den es ziemlich getroffen hatte, machte man sich die Mühe nicht. Abukar, Ruben van der Veen, die Frau und ich saßen schließlich bei ihm, alle anderen hatte man etwas abseits, jedoch keineswegs außer Sichtweite platziert. Der Kampf war zu Ende, und unsere Gegner genossen sichtlich jubelnd den Triumph.

Malek el Barujd baute sich vor uns auf und sprach den zu Bewusstsein gelangten Rügli direkt an, während er für uns andere nur einen abwertenden Blick übrig hatte. „Na, du Hund! Bereust du es jetzt, uns für unsere Führerdienste ganze lumpige fünfhundert Piaster geboten zu haben, wo wir doch ohnehin nur tausend verlangten?“, fragte er zornig und spuckte anschließend aus.

Rügli war eigentlich zu schwach, eine angemessene Erwiderung zu geben, dennoch gelang es ihm, was meine Hochachtung für den Mann steigen ließ.

„Hätte das etwas geändert?“, fragte er stöhnend. Er tat es in langsamen Worten, nicht stotternd, aber gerade so, wie es ihm die Kraft dazu überhaupt erlaubte. „Ihr hättet uns doch sowieso überfallen! Hinterhältige Mordsbande!“

Malek el Barujd lachte höhnisch. Dann gab er von sich: „Schon möglich. Aber hättest du uns die tausend gewährt, anstelle uns mit einem Trinkgeld abspeisen zu wollen, dann hätten wir euch für Ehrenleute gehalten und einen schnellen Tod beschert. Da ihr aber geizig wart und jetzt sogar einige der Meinen auf dem Gewissen habt, werdet ihr alle eines langsamen Todes sterben.“

Nun lachte der Schweizer kurz und erbittert auf, obwohl ihn dies schmerzte. Dann gab er trocken zurück: „Ich bin doch schon so gut wie tot!“ Die Wunde an der Hüfte, unter der er litt, sah in der Tat nicht sehr gut aus.

El Barujds Blick fiel nun auf Helena, die mit Tränen in den Augen neben ihrem daliegenden Bruder saß und ihm helfen wollte, aber es nicht wirklich vermochte. Er schien eine neue Teufelei zu ersinnen. „Du schon!“, sagte er bestimmt und mit einem höhnischen Unterton. „Das Weib da allerdings nicht, das uns Allah in die Hände gegeben hat. Sie behauptete, sie sei deine Schwester.“ Rügli sagte nichts, daher fuhr Barujd fort: „Es wird sich bestimmt ein reicher Sheik finden, der mir einen guten Preis für sie bezahlt!“ Dann lachte er gemein.

Da geschah Unglaubliches! Der doch so verletzte Eidgenosse spannte die Beine an und trat von unten her el Barujd gegen die Knie, sodass dieser aufschrie und nach vorn stürzte. Er kam auf Rügli zu liegen. El Barujd zog sein Messer und war versucht, dem Schweizer sofort die Kehle durchzuschneiden. Das hatte er offenbar provozieren wollen, da er sich selbst ohnehin keine lange Lebenserwartung mehr gab und den schnellen Tod einem langsamen vorzog.

Doch ich wollte dies nicht zulassen! Noch fühlte ich uns nicht gänzlich verloren! Unsere geheimnisvollen Helfer waren zwar verschwunden, doch hoffte und rechnete ich durchaus damit, dass sie zu passender Gelegenheit zurückkehren würden. Ich richtete mich daher trotz meiner Fesseln, die mir die Hände auf dem Rücken hielten, etwas auf und sprang el Barujd von der Seite her an. Er kippte von seinem Opfer herunter. Ich kam ebenso wie er schnell auf die Beine und trat ihm heftig genau an empfindlichster Stelle zwischen die Seinigen, sodass er sein Messer fallen ließ und sich die getroffene Stelle aufbrüllend mit beiden Händen hielt. Dabei legte er ein schmerzverzerrtes Gesicht an den Tag und schrie. Zu einem zweiten Tritte kam ich nicht mehr, denn sofort waren drei seiner Leute herbeigesprungen und rangen mich zu Boden.

Nachdem der Anführer der Beduinen den Schmerz überwunden hatte, kam er auf mich zu und versetzte mir seinerseits einige heftige Tritte in den Bauch und gegen die Brust. Ich konnte gerade eben so meine sich aufdrängenden Schreie unterdrücken und stöhnte lediglich dumpf auf. Malek wandte sich kurz ab, dann drehte er sich noch einmal um und trat ein letztes Mal heftig zu. Zudem spuckte er mich von oben herab an. Bevor er sich mit einem bösartigen Funkeln in seinen Augen von mir abwandte, sagte er mit drohender Stimme zu mir: „Du wirst sterben, Hund! Ihr alle werdet sterben! Und die Art und Weise, wie es geschieht, wird euch noch denken lassen, dass ihr alle lieber von uns erschossen worden wäret.“

*

Hadschi Halef Omar, Omar Ben Sadek und Nassar ad ­Taruk hatten sich zurückgezogen, als der Kampf aussichtslos wurde. Denn natürlich waren sie es gewesen, die mir und uns Beistand geleistet hatten, was ich allerdings zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste. Als sie jedoch zu dem Platze kamen, an welchem sie Helena Rügli zurückgelassen hatten, stockte ihnen der Atem! Der Platz war leer! Sie suchten hastig in der Umgebung hinter dem einen oder anderen Felsvorsprung. Doch mochten sie das nicht zu sehr ausdehnen, da ihnen nun Verfolger auf den Fersen waren. Glücklicherweise konnten sie sich allerdings verstecken, indem sie eine der Felshöhlen aufsuchten, während sie ihre Pferde sicher in einiger Entfernung zum Geschehen wussten. Die Beduinen zogen sehr nahe an ihnen vorüber, ohne sie allerdings dabei zu entdecken. Das Kampfgetümmel schien nun kurz noch einmal lauter zu werden, dann wurde es ringsherum fast völlig still. Lediglich das sanfte Pfeifen des Windes, der um die hohen Felsen strich, war zu hören. Omar sah die beiden anderen nacheinander nachdenklich an.

„Wir haben getan, was wir konnten!“, sagte er mit einem Unterton der Resignation in der Stimme. „Es sind einfach zu viele!“

„Ja, Omar. Leider! Vielleicht ist es ja meinem Sihdi gegönnt gewesen, zu entkommen. Als ich ihn das letzte Mal sah, wurde er zwar von Schützen bedrängt, aber es gelang mir, diese in die Dschehenna zu schicken, wo sie hingehören.“

„Möglicherweise. Aber wo ist Helena Rügli, die fa’ransi?“

„Wahrscheinlich hat sie es nicht abwarten können und ist ihrem Bruder selbst zur Hilfe geeilt.“

„Sie ist eine Frau. Hatte sie eine Pistole? Und kann sie denn mit Waffen überhaupt umgehen?“

„Vielleicht. Eine Frau, die sich mit nur einem Führer allein in solch eine Gegend wagt, ist sicher keine ­gewöhnliche Frau. Sie kann Reiten wie eine arab, und ich möchte nicht darum einen Einsatz wagen, der mir etwas bedeutet, ob sie sich nicht auch auf das Schießen versteht.“

„Doch wo ist sie hin?“

„Ich weiß es nicht. Lasst uns daher hier noch eine Weile verharren und warten. Vielleicht kommt sie zurück. Zumindest sollten wir hier abwarten, bis die Dunkelheit hereinbricht. Es kann nicht mehr lange dauern. Die Sonne sinkt früh und schnell um diese Jahreszeit! Vorher können wir nichts tun.“

Wenn auch mit einem mulmigen Gefühl, waren alle drei derselben Meinung.

*

Aufgrund des uns doch sehr überraschenden Feuergefechtes, das wir beim Erreichen des Zugangs zur Felsenstadt ausgekämpft hatten, war uns ein längerer Blick auf deren Schönheit freilich verwehrt geblieben. Doch nun, in der Abenddämmerung mit ihrem beinahe kalten Januar-Sonnenlicht, das sich rötlich über die Szenerie ergoss, schillerte uns erhaben jenes wundervolle Khazne al-Faun1entgegen: Das Schatzhaus des Pharao, wie es die Beduinen nannten. Man konnte gar nicht anders, als dorthin zu sehen. Schließlich hatte man uns nur die Hände gefesselt, nicht aber die Augen verbunden.

Die gesamte Fassade wirkte in unserer Betrachtung wie an die Felswand angelehnt. Sie war mit fast vierzig Metern Höhe und fünfundzwanzig Metern Breite ein eindrucksvolles Beispiel hellenistischer Baukunst. Über dem ­Portikus2 aus sechs Korinther-Säulen befand sich ein kleiner, durch zwei halbe Giebel flankierter Rundbau, ein sogenannter Tholos, und obenauf eine vielleicht mannshohe steinerne Urne. Natürlich hatten die Beduinen längst festgestellt, dass sich in der sogenannten Urne nichts Wertvolles befand. Ganz in Gegenteil, war diese aus massivem Fels gehauen. Ein paar Einschusslöcher gab es darinnen, nur schwer zu erkennen, und ich war mir nicht ganz sicher, ob diese nicht doch neueren Ursprungs waren und von unserer Schießerei herrührten. Das wäre dann wohl Frevel! Möglicherweise mochten es aber eben auch nur Beduinen zu einem früheren Zeitpunkt versucht haben, jene frei stehende Urne mit aller Gewalt aufzubrechen. Ich beruhigte mich mit dem simplen Gedanken.

An welcher Stelle allerdings nun der in den Aufzeichnungen Anton Rüglis beschriebene gesuchte Schatz zu finden sein mochte, das blieb vorerst das Geheimnis seines Nachfahren Konstantin. Denn bei dem angeblichen Schatzhaus hier handelte es sich freilich in Wahrheit um eines von zahlreichen Felsengräbern. Es wurde ziemlich sicher für den Nabatäerkönig Aretas IV. im ersten Jahrhundert vor Christus angelegt, wobei andere Historiker, die später als ich nun dort waren, behaupteten, es sei das Grab von Kaiser Hadrian3 gewesen. Längst war von irgendwelchen Leichnamen nichts mehr übrig geblieben. Das hatten bereits Forscher vor uns herausgefunden, wenngleich es noch keine ausgedehnteren Grabungsexpeditionen gegeben hatte. Rügli erwähnte es allerdings eingangs, als er mich zu dieser Expedition überredete, dass Jean Louis Burckhardt im Sommer des Jahres 1812 dieses kleine antike Weltwunder wiederentdeckt und sich naturgegebenermaßen auch intensiver dem Schatzhaus gewidmet hatte. Scheich Ibrahim Ibn Abdallah – ich schmunzelte unwillkürlich, als ich daran dachte, dass Burckhardt selbst sich einst diesen hochtrabenden Titel und Namen gab, unter dem er dann auch nach seinem Tode beigesetzt wurde.

Sofort musste ich mich allerdings zwingen, meine Gedanken in die Richtung dessen zu lenken, was dringender zu sein hatte als geschichtliche oder völkerkundliche Betrachtungen über jenen sagenumwobenen Ort, der nunmehr unser aller Grab zu werden drohte.

Nach und nach verstummten die letzten unterdrückten Schmerzenslaute in der Umgebung, sei es, weil diejenigen in Schlaf fielen, oder sich auch ärgeres zutrug. Freund und Feind hatte es gleichermaßen getroffen. Auf unserer Seite entdeckte ich bei den Überlebenden immerhin Juan und Marcos Santos, die beiden brasilianischen Pferdewrangler der Truppe, welche alles gänzlich unverletzt überstanden zu haben schienen.

Die Nacht war schließlich vollends hereingebrochen, ohne dass sich freilich an unserer prekären Situation etwas geändert hätte. Die Beduinen hatten ihr Lager an Ort und Stelle aufgeschlagen. Mehrere Fackeln und zwei Lagerfeuer brannten. Ständig hielten mindestens sechs der Männer rundherum Wache, einer davon allein bei uns gefesselten fünfen. Ich hielt die Bande nicht unbedingt für B’doul, also für jenes Stammes zugehörig, der seit drei Jahrhunderten hier in der Gegend niedergelassen, das heißt eben einigermaßen sesshaft geworden war. Denn diese galten bei früheren Besuchern und Reisenden, welche sich hierher begaben und Kontakte knüpften, eigentlich als friedlich und nicht räuberisch. Es musste sich um einen jener mörderischen Stämme handeln, die verbrecherisch durch die Lande zogen, und gegen welche die Armee des Padischah machtlos war. Denn die Räuber und Mörder kannten die Wüste und die gefährlichen Gegenden des Landes sehr genau, waren somit kaum zu verfolgen und den Soldaten somit stets einen Schritt voraus.

Ich sah mich im flackernden Lichte um, welches ein unheimliches Schattenspiel zwischen den eindrucksvollen Fassaden Petras erzeugte. Konstantin Rügli hatte erneut das Bewusstsein verloren, und ich hörte das Schluchzen seiner Schwester, welche direkt neben ihm kniete und trotz gefesselter Hände mit einem Spitzentaschentuch seine Stirn wischte.

„Helena Rügli? Ihr seid Helena Rügli, nicht wahr?“, wandte ich mich leise an sie, obwohl ich mir inzwischen bereits sicher sein konnte. Sie unterbrach ihre Handlung und ihr Schluchzen.

„Ja. Die bin ich. Und Ihr müsst der sein, den man hierzulande Kara Ben Nemsi nennt!“, hörte ich sie gleich darauf flüstern.

„Ihr wisst, wer ich bin?“, entgegnete ich leise mit Erstaunen.

„Ja.“

„Woher?“

„Wir sind unterwegs Männern begegnet. Arabern. Genauer gesagt, haben diese mich gerettet. Mich und meinen guten Führer Nassar ad Taruk. Wir waren in einen Sandsturm geraten. Es sind dieselben Männer, die –“

Sie konnte nicht weitersprechen, denn einer der Wachtposten war aufmerksam geworden und gebot ihr mit großen Augen, grimmigen Worten und eindeutiger Gestik, zu schweigen. Obwohl Helena Rügli kein Wort dessen verstand, was der Mann im Einzelnen sagte, so begriff sie doch, was er von ihr verlangte. Daher beugte sie sich stumm wieder hinab zu ihrem Bruder.

Überhaupt schienen die Beduinen sehr bedacht darauf zu sein, dass wir uns nicht miteinander unterhielten. Wenn wir sie selbst einmal ansprachen, um Wasser zu erbitten, wurden uns bestenfalls Flüche oder Fußtritte zuteil. Nein, zimperlich ging man gerade nicht mit uns um. So fasste ich schließlich den Entschluss, mich gänzlich im Sande niederzulegen und wenigstens so zu tun, als ob ich schliefe.

Die anderen aus unserer Truppe musste dann aber doch irgendwann die Müdigkeit übermannt haben. Ruben van der Veen lag unweit von mir auf der Seite und schnarchte tatsächlich etwas. Helena Rügli war mit dem Kopf auf den Beinen ihres Bruders liegend ebenfalls eingeschlafen. Lediglich bei Abukar hatte ich mich wohl getäuscht, denn ich vernahm seine flüsternde Stimme, und ich flüsterte jeweils noch weniger laut zurück.

„Sind die Wachen in der Nähe, Effendi?“, kam es zuerst fragend von ihm. Offenbar dachte er seinerseits ebenfalls zu Recht, dass bei mir an Schlaf in der aktuell äußerst prekären Lage nicht zu denken war.

„Nur eine. In sechs Schritt Entfernung“, entgegnete ich. Die Schemen des Mannes zeichneten sich deutlich gegen das fahle Mondlicht ab.

„Gut!“

„Wieso?“

„Weil wir es jetzt wagen sollten.“

„Was wagen? Zu fliehen?“ Der kräftige Kerl an meiner Seite war wirklich sehr wagemutig!

„Was denn sonst?“, fragte er, allerdings sehr bestimmt.

„Du vergisst die Fesseln, Freund!“

„Ich habe ein Messer, Sajid!“

„Ein Messer? Haben dir die Beduinen nicht alle Waffen abgenommen?“

„Doch, schon. Es ist das Messer, mit dem Malek el ­Barujd Rügli Effendi töten wollte.“

„Er hat es nicht wieder eingesteckt?“, hakte ich skeptisch nach, doch Abukar bestätigte meine Gedanken, die sich mir bereits dazu aufdrängten.

„Nein. Das tat er nicht. Er wandte sich ja direkt an euch, als ihr ihn davon abhieltet, und hat es dann in seinem Zorn anschließend vergessen. Ich habe es bemerkt und sogleich an mich gebracht.“

„Da hast du sehr gut daran getan!“, lobte ich ihn. „Aber ein Messer gegen fünfundzwanzig oder mehr mit Gewehren und Pistolen bewaffnete Kerle, die zu allem bereit sind? Das ist nicht viel!“, wandte ich dann jedoch ein. Es war keine Feigheit, die mich zu diesen warnenden Worten veranlasste, sondern die Vorsicht. Wenn wir zu fliehen versuchten, dann musste es auf Anhieb gelingen, denn eine zweite Chance bekamen wir sicher nicht, falls es nicht klappte.

„Ich will damit ja nicht gegen sie alle kämpfen. Aber wir werden immerhin schon mal die Fesseln damit los!“

Wir unterbrachen unsere leise Unterhaltung für einen Moment und stellten uns beide abermals schlafend, als die einzelne Wache näher trat und sich genau darüber informierte. Nachdem diese einige Schritte in die andere Richtung fortgegangen war, wandten wir uns wieder einander zu.

„Kannst du dir die Fesseln mit dem Messer durchschneiden?“, fragte ich.

„Mir nicht. Aber dir vielleicht, Sajid.“

Während die uns zugeteilte Wache mehr die Umgebung im Auge behielt als die Gefangenen, kamen Abukar und ich uns Rücken an Rücken schnell näher. Es gelang ihm, mit seinen gefesselten Händen den meinigen nahezukommen und das Messer so zu führen, dass ich meine Riemen an der Klinge schnell loswurde. Die Wache bemerkte nichts. Ich nahm das Messer entgegen und durchschnitt das, was Abukar band. Wir hatten nun beide die Hände frei, aber noch war nicht wirklich etwas gewonnen.