Kartographie des Inneren - Stephen Graham Jones - E-Book

Kartographie des Inneren E-Book

Stephen Graham Jones

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Beschreibung

Kartographie des Inneren ist eine schreckenerregende, nach innen gewandte Geschichte von Stephen Graham Jones, die Paul Tremblay als »emotional roh, verstörend, gruselig und brillant« bezeichnet. Blackfeet-Autor Stephen Graham Jones bietet seinen Lesern eine packende Horror-Geschichte über Amerikanische Ureinwohner. Eines Nachts sieht ein Fünfzehnjähriger eine Gestalt. Sie erinnert ihn an seinen längst verstorbenen Vater, der auf mysteriöse Weise ums Leben kam, bevor seine Familie das Reservat verließ. Als er der Gestalt durch das Haus folgt, entdeckt er, dass dieses größer ist, als ihm bewusst war. Es ist einer dieser Orte, in dem man sich verlieren kann und gleichzeitig Dinge findet, die man lieber nicht hätte finden sollen. Im Laufe einiger Nächte versucht der Junge, sein Haus zu kartographieren, was seinen kleinen Bruder in Lebensgefahr bringt und ihn selbst gleichzeitig in die Lage, sie beide zu retten … zu einem schrecklichen Preis. The New York Times: »Brillant.« Richard Kadrey: »Stephen Graham Jones' schauriges Kartographie des Inneren ist wie eine verdrehte YA-Geschichte für Erwachsene, teils von S.E. Hinton, teils von Shirley Jackson. Es geht darum, jung und pleite zu sein, und um den Moment, in dem man sich zum ersten Mal fragt, wer seine Eltern wirklich sind. Die Antworten sind da draußen, aber sie werden dich für immer verfolgen.« Paul Tremblay: »Stephen Graham Jones' Kartographie des Inneren ist ein Triumph. Emotional so roh, verstörend, gruselig und brillant. Sie werden nicht ungerührt sein. Sie werden nicht unberührt bleiben. Es ist eine Geistergeschichte im wahrsten, dunkelsten und melancholischsten Sinne. Stephen weiß, dass wir von unseren Eltern, unseren Familien und unserer gemeinsamen Vergangenheit ebenso heimgesucht werden wie von uns selbst; heimgesucht von dem, was wir waren, wer wir werden und wer wir hätten sein können.«

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Seitenzahl: 118

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KARTOGRAPHIE DES INNEREN

von

Stephen Graham Jones

Illustriert von

Daniele Serra

Aus dem Amerikanischen von

Iris Bachmeier

Grimma

Buchheim Verlag

2022

Deutsche Erstausgabe

ISBN: 978-3-946330-30-1

ISBN E-Book: 978-3-946330-31-8

ISBN Schuberausgabe: 978-3-946330-32-5

© 2022 Buchheim Verlag, Olaf Buchheim, Grimma

Alle Rechte vorbehalten

Cover & Illustrationen: Daniele Serra

Lektorat: Dr. Frank Weinreich

Satz im Verlag

www.buchheim-verlag.de

www.cemeterydancegermany.com

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

MAPPING THE INTERIOR

Copyright © 2017 by Stephen Graham Jones

published in agreement with the author,

c/o The Marsh Agency Ltd., London and

B. J. Robbins Literary Agency, N. Hollywood

KARTOGRAPHIE DES INNEREN

Für Kelly O’Connor: danke.

INHALT

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

DANKSAGUNG

AUTOR

ILLUSTRATOR

Ich war zwölf, als ich meinen toten Vater zum ersten Mal von der Küchentür in den Flur hinübergehen sah, der zur Waschküche führte.

Soweit ich das später nachvollziehen konnte, war das um 2:49 Uhr morgens.

Ich stand neben dem staubigen Vorhang, der vor das Wohnzimmerfenster gezogen war. Dass ich dort stand, war keine Absicht. Ich hatte nur meine Unterhose an. Es brannte kein Licht.

Am ehesten würde ich vermuten, dass ich Augenblicke zuvor noch aus dem Vorderfenster in das Gestrüpp und das Nichts geschaut hatte, das sich vor unserem Haus ausbreitete. Der Grund dafür, dass ich das glaube, ist, dass ich den Geschmack von Staub im Rachen hatte und das Fenster mit einer feinen Staubschicht überzogen war. Wahrscheinlich. Ich hatte ihn durch die Nase eingeatmet, weil Schlafwandler zielorientiert sind, sich nicht mit Details oder Konsequenzen beschäftigen.

Würden sich Schlafwandler um solche Sachen scheren, hätte ich wenigstens meine Turnhose angehabt und – hätte ich tatsächlich versucht, draußen etwas zu erkennen – sicher auch meine Brille getragen.

Schlafwandeln heißt in Besitz genommen zu werden, ja, aber nicht so sehr von etwas Fremdem. Wovon du in Besitz genommen wirst, was deinen einen Fuß vor den anderen treibt, bist du selbst. Es ergibt keinen Sinn, aber ich glaube, dass es einem solchen Zwang letztendlich gar nicht unterliegt. Wenn überhaupt, sagt dir diese Inbesitznahme durch dich selbst, dass es da ein wahres Ich gibt, das sich tief in dir dreht und windet, den ganzen Tag versucht, an die Oberfläche zu kommen und hinauszuschauen. Aber das schafft es nur, wenn dein Widerstand geschwächt ist. Wenn du schläfst.

Am nächsten Morgen – das war meine übliche Prozedur nach einer Nacht, in der ich völlig weggetreten herumgeschlurft war – fand ich mich draußen in der Sonne wieder, in das verkümmerte Gras und die festgestampfte Erde vertieft, fünfundzwanzig, dreißig Meter vom Vorderfenster entfernt. Mom war bei der Arbeit und mein kleiner Bruder Dino würde wie gebannt vor seinen Zeichentrickfilmen hocken, also war niemand da, der mich von der Veranda aus rief und mich fragte, was ich da eigentlich tat.

Hätte ich eine Antwort darauf geben müssen, hätte ich gesagt, ich sei auf der Suche nach dem, was auch immer ich die ganze letzte Nacht gesucht hatte. Ich hoffte darauf, dass mein erwachendes Ich irgendeine regelmäßige Kontur in der verdichteten Erde entdeckte oder den Griff an einer vertrockneten alten Sperrholzklappe fand, die sich öffnen würde hin zu … was? Das war mir egal. Einfach irgendwas. Alles. Ein alter Vorrat Feuerwerkskörper, eine verscharrte Leiche, ein versiegelter Brunnen – es spielte keine Rolle.

Der Tag, an dem ich etwas fand, würde bedeuten, dass meine nächtlichen Wanderungen einem Zweck dienten.

Andernfalls hatte ich einfach einen Dachschaden, richtig? Andernfalls war ich bloß ein Spielzeug, das in der Nacht erwachte und gegen Wände knallte.

An diesem nächsten Morgen förderten meine forschenden Finger allerdings nichts zutage, was irgendwie von Bedeutung gewesen wäre. Nur den üblichen Müll – kleine Glasfläschchen, ein paar Schrauben mit am Gewinde festgerosteten Muttern und Unterlegscheiben, ein Stück von einem Hundehalsband, außerdem das halb versunkene Rad eines Autos, das längst verschwunden war, oder das noch befestigte Rad eines Autos, das kopfüber vergraben war.

Natürlich wünschte ich mir Letzteres, aber um diese Möglichkeit zuzulassen, musste ich dagegen ankämpfen, um die Ränder jenes Rades herum zu graben.

Als ich mich zum Vorderfenster unseres Fertighauses umschaute, rechnete ich halb damit, wieder die Gestalt meines toten Vaters am Fenster stehen zu sehen. Wie er mich beobachtete.

Doch das Fenster war bloß das Fenster und der Vorhang zugezogen, um die Hitze draußen zu halten, wie Mom sagte.

Ich behielt es trotzdem im Auge.

Dass ich aus einer Hauslänge Entfernung gewusst hätte, dass er es war, lag nicht daran, dass ich sein Gesicht oder seine Statur wiedererkannt hätte. Er war gestorben, als ich vier war und selbst fast an einer Lungenentzündung verreckt wäre; als Dino ein Jahr alt war und bei einer Tante wohnte, damit er sich nicht auch eine Lungenentzündung einfing, als Mom noch bloß eine Schicht arbeitete. So ziemlich alles, woran ich mich im Zusammenhang mit seinem Aussehen halten konnte, waren Schnappschüsse und ein, zwei verschwommene Erinnerungen.

Nein, woran ich ihn in der Nacht zuvor erkannt hatte, als er von der Küchentür nach hinten zur Waschküche ging, das war seine Silhouette. Aus seinem Kreuz ragten Stacheln, die Oberseiten seiner Waden wölbten sich unnatürlich weit vor, und sein Kopf war überproportional groß und pendelte irgendwie hin und her, sodass er sich würde ducken müssen, um es in die Waschküche zu schaffen.

Aber – trotz all dem, was er anhatte, machte er nicht das geringste Geräusch. Null Geraschel, wie man es normalerweise bei einem Fancy Dancer hört, wenn er drauf und dran ist loszulegen oder seinen Tanz gerade beendet hat.

Der springende Punkt? Mein Vater hat nie getanzt. Er ging nicht zu den Powwows, um um Geld zu wetteifern. Eins der wenigen Dinge über ihn, an die ich mich erinnere, ist, dass er die Traditionalisten unten an der Wasserpumpe oder dem IGA-Supermarkt nicht »Ewiggestrige« nannte, wie einige behaupteten. Ihm gerieten die Worte im Mund immer durcheinander – Dino hat das auch –, sodass bei ihm »Rückzügler« herauskam.

Mein Vater war weder ein Ewiggestriger noch ein Rückzügler. Er sprach die Sprache nicht, kannte die Legenden nicht und scherte sich nicht darum, dass er es nicht tat. Ein-, zweimal im Jahr meldete er sich freiwillig, um irgendeinen Brand zu löschen, der sich gerade abspielte, aber nicht um irgendwelches Land seiner Vorfahren zu beschützen. Es lag daran, dass sie einen mit diesen grünen Wollhosen ausrüsteten, wenn man sich meldete. Die verkaufte er im Herbst an die Jäger. Mom erzählte mir, dass er normalerweise einmal im Jahr in seinen Boxershorts nach Hause kam, einen klein gefalteten Zwanziger in der Hand, damit ihn ihm keiner von den Reservatshunden stibitzen konnte.

Das ist mein Dad, so wie ich ihn kenne.

Aber ein oder zwei Jahre nachdem er entweder ertrunken oder ertränkt worden war – es gibt Geschichten über beides, und jede ist schlüssig –, als wir noch im Reservat wohnten. Als seine Schwestern noch an manchen Tagen auf uns aufpassten, erzählten sie uns von Dad, wie er in unserem Alter gewesen war und seine Augen noch groß und voller Träume.

Er habe sich total für Pfeil und Bogen und Stirnbänder begeistert, sagten sie, die Spielsachen aus dem Handelsposten. Ich stelle mir vor, dass man auf Sättel, Stiefel und Seile abfährt, wenn man in einem Cowboygebiet aufwächst. Wenn du im Indianerland aufwächst, sagt dir das Fernsehen, wie du ein Indianer wirst. Und das fängt mit Pfeil und Bogen und Stirnbändern an. Sie sind der aufregende Teil deines Erbes. Außerdem kannst du das Zeug jederzeit im Geschenkeladen finden.

Damals saß Dad bei den Powwows immer auf der Tribüne, erzählten mir seine Schwestern – na ja, mir und Dino, aber Dino war ein, zwei Jahre alt, daher glaube ich, dass die Geschichten so ziemlich an ihm vorbeigegangen sind.

Was mich angeht, hatte ich ihn sozusagen direkt vor Augen, meinen Dad, wie er jene Tänzer voller Aufmerksamkeit beobachtete, das Stirnband eng über sein Haar gespannt. Als ob er versuchte, all das in sich aufzusaugen, damit es ihn ausfüllen konnte. Damit er dazu werden konnte.

Wer würde nicht gern ins Kostüm eines Fancy Dancers schlüpfen? Das war doch der nächstliegende Schritt.

Der Federschmuck, die Armbänder, die Perlenstickerei, die coolen kniehohen Mokassins – und die Kriegsbemalung. Damit siehst du aus wie die Killer-Aliens in den Weltraumfilmen. Mit so einem schwarz-weißen Gesicht kneifst du automatisch die Augen zusammen wie ein Revolverheld, als würdest du Amerika niederstarren, über die Jahrhunderte hinweg.

Ich kann meinen Dad vor mir sehen, wie er all die Jahre zuvor auf der Tribüne seine Augen zusammenkneift. Was er da macht, ist, so zu tun, als ob. Was er da macht, ist warten.

»Er wäre der beste Tänzer von uns allen geworden, wenn er sich bloß wieder in den Griff gekriegt hätte«, hatte mir eine seiner Schwestern gesagt. Sie selbst war keine Tänzerin, aber wenn ich mir alles noch mal durch den Kopf gehen lasse, glaube ich, dass sie von allen Indianern im gesamten Reservat sprach, vielleicht sogar auf dem ganzen Powwow-Circuit. Ich glaube, sie wollte damit sagen, dass mein Dad nicht aufzuhalten gewesen wäre, hätte er nur die gleiche Energie und Sorgfalt in sein zeremonielles Gewand und seine Nummer gesteckt wie in die Schwierigkeiten, in die er geraten konnte, sobald die Sonne unterging.

Aber so spricht man über Tote, besonders über tote Indianer. Es geht nur um vergeudetes Potenzial, nicht um tatsächliche Leistungen.

Mein Vater, mein Dad, hätte der beste Tänzer von uns allen werden können.

Und daran erkannte ich ihn in jener ersten Nacht, als er vom Wohnzimmer durch die Küche ging.

Seine Stiefel, sein Federschmuck. Seine Fancy-Dancer-Silhouette.

Im Tod war er zu dem geworden, was er im Leben nie hatte sein können.

Und jetzt war er wieder da.

Oder war es zumindest ein paar Schritte lang gewesen.

Mein Herz hämmerte in der Brust, vor etwas, das ich Angst nennen wollte, was aber, wie ich jetzt weiß, eigentlich Hoffnung war.

Wie gesagt, unser Haus war ein Fertigbau.

Du kannst das Reservat verlassen, aber bei deinem Einkommen landest du trotzdem wieder in einer Reservatsbehausung, oder? Das hatte ich meine Mutter mal am Telefon sagen hören, und es hatte sich dermaßen in meinem Kopf festgesetzt, dass ich wusste, ich würde wahrscheinlich für den Rest meines Lebens zu diesem Teil meines Schädelinneren rüberschielen.

Ich habe mal gelesen, dass ein Elefantenbaby nicht die Verdauungsenzyme hat, die es zum Leben braucht, aber es kann sie sich holen – und tut es auch –, indem es den Kot seiner Mutter frisst.

Dort ist das eine alte Indianerlegende.

Jedenfalls hatte das Haus, das wir mieteten, ein bisschen mehr als hundert Quadratmeter. Das wusste ich von einem Aufkleber auf der Rückseite des Schranks unter der Spüle.

Quadratmeter sagen aber nichts aus.

Zu Lieferzwecken war unser Haus knapp sechs Meter breit und fast dreimal so lang, ungefähr. Bei meinen Messungen musste Dino allerdings alle dreieinhalb Meter das Maßband für mich festhalten, während in seiner linken Faust ein rotes Eis am Stiel dahinschmolz. Also könnten ein paar Zentimeter fehlen.

Sechs Meter breit klingt nach einem Mobilhaus, ich weiß, und in so einem haben wir auch mal gewohnt. Aber der Unterschied zwischen einem Mobilhaus und einem Fertighaus ist, dass ein Fertighaus geliefert wird und dann mehr oder weniger an seinem Platz bleibt, während an einem Mobilhaus die Räder und die Zugdeichsel dranbleiben, sodass es bei Bedarf immer noch bewegt werden kann. Beide haben aber eine Sockelverkleidung, die nie den Winter übersteht, und mit den Fassadenblenden ist es so ziemlich dasselbe, und wenn du zwei davon hast, kannst du sie quasi aneinanderrubbeln wie Cheetos Puffs und ein größeres, komplexeres Haus bauen.

Ich erzähle das alles, weil ich in der Woche, nachdem ich meinen Dad im Haus gesehen hatte, jeden einzelnen Zentimeter dieser hundert Quadratmeter nach Beweisen dafür abgesucht habe, dass er durchgegangen war.

Was ich wollte, war eine einzige verlorene Perle, nur eine einzige verirrte hellblaue Feder. Bloß einen wachsartigen Fleck an einem Türpfosten, den er vielleicht berührt haben könnte, nachdem er sich an der juckenden Wange gekratzt hatte.

Er war zurück und beobachtete uns, das wusste ich.

Das brachte mich dazu, Dino gegenüber strenger zu sein, um zu beweisen, was für ein guter großer Bruder ich doch während Dads Abwesenheit war. Dass ich die Lücke füllte.

Es führte auch dazu, dass ich Mom Fragen über Dad stellte, so raffiniert, wie es mir möglich war. Was war sein erstes Auto gewesen? Welches das letzte? Wo hatte sie ihn kennengelernt? Was hatte er gearbeitet? Hatte er mir meinen Namen gegeben oder sie? Was war die beste Schlägerei, in die er je verwickelt war? Wie viel Gewicht konnte er heben, wenn er musste?

Das sind Fragen, die ein Neunjähriger stellen würde, ich weiß, kein Sechstklässler. Aber ich glaube, wenn man über seinen Dad spricht, geht man irgendwie in der Zeit zurück – je mehr man zum Kind wird, desto mehr wird er zum Dad, richtig?

Also aßen wir bei den Gameshows zur Abendessenszeit knusprige Fischstäbchen, und Mom zuckte die Achseln und kaute und erzählte mir ein paar Geschichten. Nicht die, nach denen ich gefragt hatte, sondern die, an die sie sich aus der Zeit erinnerte, als er in der Oberstufe war und sie im zweiten Highschool-Jahr. Dass Dad mal mit kahl geschorenem Kopf in die Schule kam, um einem Lehrer irgendwas zu beweisen. Oder dass sie einmal gesehen hatte, wie er am See stand und einen Müllsack voller Schuhe ins Wasser warf, einen nach dem anderen.

Er hatte es nicht bis zum Abschluss geschafft – wer tut das schon? –, aber er war trotzdem da gewesen, und er hatte lauter geklatscht als alle anderen und jeden bejubelt, der auf die Bühne kam, und Mom glaubte, dass das wohl entweder das erste oder das zweite Wochenende gewesen war, das er im Gefängnis verbringen musste.