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Bei einer Aufführung des Stücks Schwanensee wird die Tänzerin Mary-Ann Wilson auf offener Bühne entführt! Mitten in ihrem großen Auftritt! Alexandra Berger traut ihren Augen nicht, denn welcher Entführer wählt einen so öffentlichen Ort für sein Verbrechen? In den nächsten Tagen flattern gleich mehrere gefälschte Lösegeldforderungen rein - doch das Ziel der wahren Entführer bleibt unklar. Nicht nur die Polizei, auch Alex tappt mit ihren Ermittlungen im Dunkeln. Kater Brown nimmt die Spur auf. Schließlich riecht er einen faulen Braten schon meilenweit, und an diesem Fall ist nichts, wie es scheint.
"Kater Brown und die Entführung aus dem Schwanensee" ist der neunte Band der erfolgreichen Katzenkrimi-Reihe mit neuem Setting in Südengland!
Die Serie:
Kater Brown, der Kater mit der Spürnase, merkt schnell, wenn etwas faul ist - aber die Menschen verstehen seine Hinweise einfach nicht! Bis auf Alexandra Berger. Seit sie gemeinsam ihren ersten Mordfall aufgeklärt haben, weicht der Kater der Reisejournalistin nicht mehr von der Seite. Für Alexandras Reportagen vom schönen Landleben kommen sie viel herum - und stellen fest, dass das Verbrechen auch in der größten Idylle zu Hause ist. Humorvoll und spannend erzählt entlarvt das Ermittlerduo scheinbar harmlose Todesfälle und macht sich auf die Suche nach dem Mörder.
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Cover
Grußwort des Verlags
Kater Brown – Die Serie
Über diese Folge
Die Protagonisten
Titel
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Epilog
Über den Autor
Impressum
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Kater Brown, der Kater mit der Spürnase, merkt schnell, wenn etwas faul ist – aber die Menschen verstehen seine Hinweise einfach nicht! Bis auf Alexandra Berger. Seit sie gemeinsam ihren ersten Mordfall gelöst haben, weicht Kater Brown der Reisejournalistin nicht mehr von der Seite. Und zusammen können sie Morde aufklären, die auf den ersten Blick gar nicht nach einem Verbrechen aussehen.
Bei einer Aufführung des Stücks Schwanensee wird die Tänzerin Mary-Ann Wilson auf offener Bühne entführt! Mitten in ihrem großen Auftritt! Alexandra Berger traut ihren Augen nicht, denn welcher Entführer wählt einen so öffentlichen Ort für sein Verbrechen?
In den nächsten Tagen flattern gleich mehrere gefälschte Lösegeldforderungen rein – doch das Ziel der wahren Entführer bleibt unklar. Nicht nur die Polizei, auch Alex tappt mit ihren Ermittlungen im Dunkeln. Kater Brown nimmt die Spur auf. Schließlich riecht er einen faulen Braten schon meilenweit, und an diesem Fall ist nichts, wie es scheint.
Kater Brown erinnert mit seinem schwarzen Fell und dem weißen Fleck am Hals an einen Geistlichen – daher, in Anlehnung an Pater Brown, der Name. Er hat einen „siebten Sinn“, wenn es um Verbrechen geht und nimmt mit seiner Spürnase Dinge wahr, die den Menschen entgehen. Seit den Klostermorden in der Eifel hat er entschieden, bei Alexandra zu leben und weicht ihr nicht mehr von der Seite.
Alexandra Berger ist Reisejournalistin und berichtet gerne aus entlegenen, landschaftlich dafür umso schöneren Gegenden. Seit ihrem ersten Mordfall in einem Kloster findet sie großen Gefallen am Ermitteln und am Lösen von Kriminalfällen. Mit ihrer Neugier bringt sie sich allerdings auch öfter mal in Gefahr...
Ralph Sander
Kater Brown und die Entführung aus dem Schwanensee
Kater Brown lag auf der Steinbank gleich neben dem Eingang zum Gästehaus auf Harriman's Hills und genoss die wärmende Oktobersonne. Er liebte diese trägen Momente ebenso sehr wie seine ausgiebigen Streifzüge, wenn er das weitläufige Grundstück erkundete, das seit einer Weile sein neues Reich darstellte.
Warum die Frau, die alle Alexandra nannten, hierher umgezogen war, wusste Kater Brown nicht, aber es kümmerte ihn auch nicht. Wichtig war nur, dass dies sein neues Zuhause war. Früher hatte er zwischen ein paar Zimmern hin und her gehen können, die selten etwas Neues geboten hatten, ausgenommen natürlich die Küche, die jeden Tag mit interessanten Gerüchen gelockt hatte. Ansonsten hatte er vom Fenster aus beobachten können, was in der Welt da draußen vor sich ging. Hin und wieder hatte er auch den kleinen Garten hinter dem Haus inspizieren können, aber zum Bad in der Sonne hatte sich der kaum geeignet, da die anderen Häuser ringsherum zu hoch gewesen waren und den Hof in Schatten getaucht hatten.
Hier hingegen war das anders. Hier stand ihm ein riesiger Garten zur Verfügung, von dem er bis heute erst einen Teil erkundet hatte. Das dichte Grün bewirkte zwar auch hier, dass viele Stellen im Schatten lagen, aber etliche Bäume hatten inzwischen schon einen Großteil ihres Laubs verloren. Bei den anderen waren die meisten noch verbliebenen Blätter bereits gelb geworden und würden bald abfallen. Die kahlen Bäume hielten die Sonne nicht mehr ab, allerdings wurde es dafür allmählich kälter. Man hatte es als Kater einfach nicht leicht, einen sonnigen Platz zu finden. Immerhin konnte er hier immer noch irgendwo mitten auf einer der vielen Rasenflächen schlafen, die die meiste Zeit des Tages von Schatten verschont blieben.
Wenn er wollte, durfte er sogar das viel größere Haus besuchen, das ebenfalls auf diesem Grundstück stand. Die Leute dort waren alle freundlich zu ihm, und in der Küche fiel immer etwas zu essen für ihn ab. Alles in allem gab es für Kater Brown keinen Grund zur Klage, denn sein neues Zuhause war in jeder Hinsicht besser als das alte.
Aber noch etwas war anders: Kater Brown war seit dem Umzug in das neue Haus nicht mehr allein. Er wurde jetzt von einer kleinen getigerten Katze begleitet, die gerade einmal ein Drittel so groß war wie er. Sie hatte sich ihm und Alexandra angeschlossen, als hätte sie nur darauf gewartet, dass die beiden herkommen und sie zu sich nehmen würden.
Was er von Rasputina halten sollte, wusste Kater Brown noch nicht so recht. Meistens blieb sie in seiner Nähe, und sobald er sich irgendwo hinlegte, um zu dösen, war Rasputina zur Stelle und betrachtete ihn als großes Kissen, auf dem sie es sich ungefragt bequem machte.
Auch heute Mittag war sie ihm aus dem Haus gefolgt, hatte zugesehen, wie er sich auf die von der Sonne vorgewärmte Sitzbank gelegt hatte, und war dann ebenfalls raufgesprungen, um ihm Gesellschaft zu leisten. Nachdem sie eine Weile auf seiner Seite umhergestapft war, als würde sie ein Kissen walken, hatte sie sich quer über ihn gelegt. Es hatte nicht lange gedauert, dann war sie eingeschlafen. Sie hatte sich im Schlaf hin und her gedreht, bis sie ihre Position gefunden hatte. Nun lag sie rücklings, die Beine in alle Richtungen gestreckt, während ihr Kopf so weit nach hinten wegkippte, dass erst Kater Browns Rücken ihm Halt gab.
Kater Brown selbst lag so, dass er über die Vorderkante der Bank auf den Boden davor sehen konnte. Daher entging ihm auch nicht die Elster, die rechts von ihm zwischen zwei Büschen hervorkam und sich der Bank näherte, wobei sie sich zunächst duckte und den Kopf so verdrehte, dass sie unter die Bank spähen konnte, um zu sehen, ob dort irgendwo Spinnen oder anderes Getier zu finden waren.
Auf einmal stutzte die Elster, legte den Kopf schräg und betrachtete interessiert Rasputinas Schwanz, der von der Bank herunterhing. Dem Vogel war offenbar nicht klar, dass das Objekt seiner Neugier zu einer Katze gehörte und dass diese Katze in Begleitung eines fast dreimal so großen Katers war. Ansonsten hätte er sich wohl kaum vor die Bank gestellt und zugesehen, wie der Schwanz hin und her pendelte.
Kater Brown betrachtete den Vogel gelangweilt. Er hatte erst vor einer halben Stunde gemeinsam mit Rasputina einen Teller voll Rührei mit Speck runtergeschlungen, der vermutlich nicht für sie beide gedacht gewesen war, weil der Teller in der Küche auf dem Tresen neben dem Herd gestanden hatte statt an dem Platz, an dem ihr Futter normalerweise serviert wurde. Da aber niemand sonst in der Nähe gewesen war, der das Rührei für sich hätte reklamieren können, waren er und Rasputina darüber hergefallen und hatten den Teller blitzblank leergeputzt, bis von der Portion nichts mehr übrig gewesen war und man dem Teller nicht mal mehr hatte ansehen können, dass er benutzt worden war.
Wegen seines vollen Magens übte der schwarzweiße Vogel keinen Reiz auf den Kater aus, nicht mal, um ihn zu verjagen. Gut möglich, dass Kater Browns halb geschlossene Augen und Rasputinas lautes Schnarchen der Elster verrieten, dass von ihnen beiden keine unmittelbare Gefahr ausging.
Plötzlich machte die Elster einen Satz und schnappte nach Rasputinas Schwanzspitze. Die Katze wurde aus dem Schlaf gerissen und tat mit einer Mischung aus schrillem Miauen und Fauchen ihren Unmut darüber kund, dass jemand ihr wehtat. Da sie gleichzeitig versuchte, aufzuspringen, um den Täter zu stellen, dabei aber das Gleichgewicht verlor, purzelte sie von Kater Browns Rücken und landete hinter ihm auf der Sitzbank. Die Elster ergriff überstürzt die Flucht und schoss pfeilschnell nach oben, um sich auf die Regenrinne hoch über den beiden Katzen zu retten, von wo aus sie aus sicherer Entfernung laut zeternd die Lage beobachten konnte. Andere Elstern, die sich irgendwo auf dem Grundstück aufhielten, übernahmen den Alarmruf, um alle Artgenossen in der Umgebung vor einer möglichen Gefahr zu warnen. Sofort stimmten auch noch die Amseln in das aufgeregte Gezeter mit ein, bei dem offenbar jeder den anderen zu übertönen versuchte. Minutenlang herrschte ein ohrenbetäubender Lärm, dann kehrte ganz plötzlich Stille ein.
Kater Brown sah hinter sich zu Rasputina, die das Ganze wohl nur für einen schlechten Traum gehalten hatte, da sie zusammengerollt und an seinen Rücken geschmiegt auf der Bank lag und schon wieder eingeschlafen war.
Kater Brown stieß einen leisen Seufzer aus, ließ den Kopf auf die warme Steinplatte sinken und machte die Augen wieder zu.
Alexandra Berger stand in der Küche, starrte auf den leeren Teller und wunderte sich, was aus dem Rührei geworden war, das sie vorhin erst zubereitet hatte. Der Teller sah aus wie gespült, und lediglich die benutzte Pfanne war ein Beweis dafür, dass sie nicht bloß geträumt hatte, sondern dass es das Rührei sehr wohl gegeben hatte.
Sie wollte schon ins Schlafzimmer zurückkehren und nachsehen, ob sie auf dem Weg aus der Küche dorthin womöglich so in Gedanken gewesen war, dass sie den Teller mitgenommen und im Schlafzimmer irgendwo hingestellt und dann vergessen hatte. Es wäre nicht das erste Mal, dass etwas in dieser Art passierte, allerdings wäre es das erste Mal, dass sie tatsächlich ihr Mittagessen verlegte.
Bevor sie jedoch die Küche verlassen konnte, meldete ihr Laptop einen eingehenden Skype-Anruf. Sie ging zum Tisch, sah auf den Bildschirm, zog erstaunt die Augenbrauen hoch und nahm den Anruf an.
Auf dem Bildschirm tauchte das Gesicht ihrer Freundin Stephanie auf, die so aussah, als hätte sie in den letzten Tagen sehr wenig geschlafen. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, die Haare hatte sie nachlässig nach hinten gestrichen. Ein Haarreif verhinderte, dass sie ihr wieder ins Gesicht fallen konnten.
»Hey, Stephanie«, sagte Alexandra grinsend. »Was macht die Weltreise? Wo bist du? Australien? Argentinien? Liechtenstein?«
Stephanie schüttelte den Kopf. »In Düsseldorf. Aber wo bist du?«
»Du bist zurück?«, fragte Alexandra erstaunt. »Dann bist du aber drei Monate zu früh dran.«
»Oder zwei Monate zu spät, wenn es stimmt, was deine Nachbarin sagt«, gab ihre Freundin zurück. »Wo bist du?«
»In einem idyllischen Städtchen an der englischen Südküste«, antwortete Alexandra. »Greyman's Hollow.«
»Noch nie gehört.« Stephanie runzelte die Stirn. »Wie bist du da hingekommen?«
»Auf die übliche Weise. Traveltime hat mich hier hingeschickt, damit ich über die Gegend berichte.«
»Normalerweise bist du dann aber nach vier oder fünf Tagen wieder zu Hause«, wandte Stephanie ein.
»Normalerweise rettet Kater Brown ja auch keinen Scheich vor einem Mordversuch, der ihn anschließend aus Dankbarkeit zu seinem Leibwächter befördert und mich als die Hüterin dieses Leibwächters einstellt.«
»Ein echter Scheich?«, vergewisserte sich ihre Freundin ungläubig.
»Ja, mit allem, was dazugehört.«
»Und was machst du jetzt den ganzen Tag? Mit dem Kater auf dem Arm hinter dem Scheich herlaufen, damit der Kater Alarm schlagen kann, wenn Gefahr droht?«
»Normalerweise führe ich den ganzen Tag einen kleinen Buchladen mit einer Ecke für Bücher und Zeitschriften und einer anderen Ecke für Bürobedarf«, berichtete Alexandra grinsend.
Stephanie kratzte sich an der Schläfe. »Kann es sein, dass ich dir gerade nicht folgen kann? Wieso führst du einen Buchladen in einem Kaff irgendwo an der englischen Südküste?«
»Na ja, der Scheich ist die meiste Zeit des Jahres gar nicht auf seinem Landsitz«, erklärte sie. »Ich muss nur mit Kater Brown zur Stelle sein, wenn er im Land ist. Und da ich keine Lust habe, wochenlang einfach nur dazusitzen, und weil hier gerade die einzige Buchhandlung am Ort zum Verkauf stand, habe ich mich mit einer jungen Frau zusammengetan, die das Geld allein nicht aufbringen konnte. Seitdem gehört mir ein halber Buchladen.«
»Meinen Glückwunsch. Aber was ist mit Traveltime?«, wollte Stephanie wissen. »Hast du deinen Job hingeschmissen?«
»Ja und nein. Weißt du, ich hatte eigentlich schon länger keine Lust mehr, dauernd auf Reisen zu sein und mir überall die neuesten Trends anzutun, nur um den Lesern erzählen zu können, was gerade angesagt ist. Der Buchladen ist das, was mir wirklich Spaß macht. Darum habe ich mit meinem Chef vereinbart, dass ich dem Magazin zwar erhalten bleibe, aber nur als England-Korrespondentin.«
»Das heißt, du bekommst nur Gehalt, wenn du was schreibst?«, fragte ihre Freundin.
»Ja, und das ist auch okay. Ich bekomme ja vom Scheich ein Gehalt dafür, dass ich mit Kater Brown für ihn bereitstehe. Und den Chef freut es, weil sich die Reisekosten natürlich ganz erheblich reduzieren, da ich nur die gefahrenen Kilometer berechne und eventuell mal ein oder zwei Übernachtungen, wenn ich nach Schottland fahren muss.«
»Und es fehlt dir noch gar nicht, immer auf Tour zu sein?«, hakte Stephanie nach. »Das hat dir doch vorher solchen Spaß gemacht.«
»Die Betonung liegt auf hat«, erwiderte Alexandra. »In der letzten Zeit hatte ich das Gefühl, dass sich diese Urlaubsorte immer mehr gegenseitig übertrumpfen wollen. Überall werden wer weiß was für sportliche Aktivitäten angeboten. Ich hatte keine Lust mehr, das alles mitzumachen, nur um dann schreiben zu müssen, wie toll und aufregend das alles ist, obwohl es mich persönlich nur noch langweilt.«
»Vor den Aktivitäten bist du aber doch weiterhin nicht sicher, auch wenn du nur auf der Insel unterwegs bist«, hielt Stephanie dagegen.
»Theoretisch stimmt das«, räumte sie ein, während von draußen ein lautes Miauen zu hören war, gefolgt vom anhaltenden Gezeter eines ganzen Schwarms Elstern. »Aber erstens ist England höchstens in jeder zweiten Ausgabe vertreten, und zweitens bin ich ja vor Ort und kann andere Themen aufstöbern, über die ich berichten will. Die gängigen Seebad-Geschichten werde ich umgehen können, wenn ich genügend andere Vorschläge mache, die nicht so ausgelutscht sind.«
»Nicht schlecht«, fand ihre Freundin. »Aber dass du gleich dahin auswanderst ...«
»Stephanie, glaub mir, ich hätte das gern mit dir besprochen und auch deine Meinung dazu gehört«, versicherte Alexandra ihrer Freundin. »Aber zum einen konnte ich dich nicht erreichen, weil es am Amazonas nicht so viele Funkmasten gibt, und zum anderen musste ich das schnell entscheiden. Darüber bin ich im Rückblick auch froh, denn ich weiß nicht, ob ich mich anders entschieden hätte, wenn ich drei Wochen lang darüber hätte nachdenken können.« Sie zwinkerte Stephanie zu. »Außerdem habe ich das alles nur für dich getan, damit du ein Dach über dem Kopf hast, wenn du nach so langer Zeit in der Fremde deine eigene Adresse vergessen hast.«
Beiläufig nahm Alexandra wahr, dass draußen wieder Ruhe eingekehrt war. Sie stutzte, als ihre Freundin keine Miene verzog. Stattdessen kniff Stephanie fast schon argwöhnisch die Augen zusammen. »Woher weißt du das?«, fragte sie in einem Tonfall, der sich irgendwo zwischen vorwurfsvoll und verständnislos bewegte.
Beides ergab für Alexandra keinen Sinn. »Woher weiß ich was?«, konterte sie.
»Dass ich mir eine Wohnung suchen muss«, gab ihre Freundin mürrisch zurück.
»Stephanie, das war ein Scherz«, sagte Alexandra ein wenig verärgert. »Sag mir bitte nicht, dass du irgendwo bei Timbuktu deinen Sinn für Humor verloren und ihn nicht mehr wiedergefunden hast.«
»Ich habe nicht meinen Sinn für Humor verloren, sondern meine Wohnung«, stellte ihre Freundin klar.
»O Gott, was ist denn passiert?«, rief Alexandra erschrocken.
»Mein Vermieter ist passiert«, knurrte Stephanie. »Der hat das Haus verkauft. Der neue Eigentümer hat wohl versucht, mich zu erreichen, aber ich konnte natürlich nicht aufmachen, weil ich ja gerade in China unterwegs war. Irgendjemand soll ihm dann erzählt haben, ich sei tot, woraufhin er meine Wohnung hat räumen lassen. Dann hat er sie im Eiltempo modernisiert und für den doppelten Preis neu vermietet.«
»Wie bitte?« Mehr brachte Alexandra nicht heraus; ihr hatte es die Sprache verschlagen.
»Und dann hat er auch noch die Frechheit besessen, mir vorzuschlagen, ich solle doch einfach die dreifache Miete zahlen, dann würde er meine Nachmieter bis nächste Woche vor die Tür setzen.«
Alexandra schüttelte den Kopf. »Das ist ja unglaublich. Warst du beim Anwalt? Was ist mit deinen Sachen?«
»A: finde ich auch. B: war ich. C: Ich habe vor Antritt der Weltreise alle Wertsachen und alle Dokumente und alles, was mir irgendwie wichtig ist, in dieses Lagerhaus in Oberbilk gebracht. Ich dachte mir, wenn jemand das Haus abfackelt oder mir der Dauerduscher von oben die ganze Wohnung unter Wasser setzt, dann ist wenigstens alles in Sicherheit, was wichtig ist. Möbel kann man neu kaufen, Jeans und Schuhe auch.«
»Heißt das, deine Sachen sind alle auf dem Müll gelandet?«, fragte Alexandra.
»Angeblich ja, aber Nachbarn von gegenüber, die sich ein bisschen mehr für ihre Mitmenschen interessieren als die Leute im eigenen Haus, haben einen Möbelwagen gesehen, der der Beschreibung nach mit meinen Sachen weggefahren ist. Vielleicht zum Einlagern, vielleicht auch für Möbellager für Bedürftige. Für den Sperrmüll war das alles noch zu schade. Aber darum kümmert sich jetzt mein Anwalt.«
»Das heißt, du hast kein Zuhause mehr«, stellte Alexandra fest. »Aber woher wusstest du, wo ich bin? Deine Post ...«
»Die Post habe ich lagern lassen«, erklärte Stephanie. »Vor ein paar Minuten habe ich alles abgeholt und dabei deinen Brief entdeckt.«
»Okay.« Alexandra nickte nachdenklich. »Dann pass auf. Ich rufe jetzt meine Ex-Nachbarin an, Frau Mehlers. Die kennst du auch.«
Stephanie gab einen zustimmenden Laut von sich.
»Ich werde ihr sagen, dass sie dir den Wohnungsschlüssel geben soll, und dann ziehst du erst mal bei mir ein, bis das alles geregelt ist.«
»Das kann dauern«, warnte Stephanie sie.
»Macht nichts, ich lebe ja jetzt hier«, sagte Alexandra. »Sag deinem Anwalt, er soll einen Vertrag für eine Untervermietung vorbereiten, damit du ganz regulär in meiner Wohnung bist.«
»Ist das überhaupt nötig?«, fragte Stephanie.
»Ich weiß nicht, ob irgendeine Versicherung sich plötzlich querstellt, wenn du mit dem Besenstiel eine Fensterscheibe zerschlägst. Ich weiß auch nicht, ob mein Vermieter was sagen kann, wenn du da wohnst, aber nicht gemeldet bist.«
»Du sagst immer mein Vermieter«, warf Stephanie ein. »Wieso ist er eigentlich immer noch dein Vermieter, wenn du doch längst nicht mehr da wohnst?«
Alexandra zuckte mit den Schultern. »So richtig kann ich dir das nicht erklären, aber ich hatte das seltsame Gefühl, dass ich noch nicht kündigen und die Wohnung auflösen sollte.«
»Waren das vielleicht Zweifel, ob England die richtige Entscheidung ist?«, gab Stephanie zu bedenken.
»Genau das war es eben nicht«, erwiderte sie. »Dass ich mich richtig entschieden habe, wusste ich im gleichen Augenblick. Aber die Wohnung ... wie gesagt: Ich kann's dir nicht erklären. Ist ja auch egal. Jetzt ist der Fall eingetreten, dass sie noch gebraucht wird. Und wenn du die Wohnung dauerhaft übernehmen willst, dann können wir uns bestimmt mit dem Vermieter einigen.«
»Von so was kann ich nur träumen«, sagte Stephanie betrübt. »Mein neuer Vermieter lebt in Spanien und hat eine Hausverwaltung mit Sitz in der Schweiz engagiert. Ich sehe mich tatsächlich schon als deine Nachmieterin.«
»Meiner Wohnung würde das gefallen, und die Nachbarn wären bestimmt auch alle dafür«, meinte Alexandra gut gelaunt. »Und mein Vermieter sicher auch. Also, ich rufe Frau Mehlers an, und dann sage ich dir Bescheid, wann du den Schlüssel bei ihr abholen kannst, okay?«
»Okay«, erwiderte Stephanie so erleichtert, dass sie sichtlich mit den Tränen kämpfen musste. »Danke, Alexandra. Du hast was gut bei mir.«
»Ist doch selbstverständlich«, erwiderte sie. »Halt mich auf dem Laufenden, ja?«