Keeping Secrets - Anna Savas - E-Book

Keeping Secrets E-Book

Anna Savas

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wenn du dir selbst nicht mehr vertrauen kannst, vertraue mir

Schlimm genug, dass Tessa Thorns neuer Film an der Faerfax University - und damit in ihrem Heimatort - spielt. Doch kurz nach ihrer Ankunft erfährt die junge Schauspielerin auch noch, dass ein Journalismus-Student die Dreharbeiten für ein Portrait über sie begleiten soll. Cole Williams ist nicht nur attraktiv und scharfsinnig, er kommt bei der Recherche zu Tessas Vergangenheit auch ihrem tiefsten Geheimnis gefährlich nahe - dabei darf niemand erfahren, was vor acht Jahren bei ihr zu Hause passiert ist! Am allerwenigsten Cole, wenn sie ihn nicht verlieren will, bevor ihre Liebe überhaupt eine Chance hatte ...

"Eine wundervolle Geschichte, die mich von Kapitel zu Kapitel mehr gefesselt hat. Atmosphärisch, romantisch, ein wenig melancholisch. Ich hätte ewig weiterlesen können." AVA REED

Band 1 der New-Adult-Reihe von Anna Savas

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 602

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Leserhinweis

Widmung

Keeping Secrets Playlist

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

Epilog

Danksagung & Nachwort

Die Autorin

Die Romane von Anna Savas bei LYX

Impressum

Anna Savas

Keeping Secrets

Roman

Zu diesem Buch

Als die junge Schauspielerin Tessa Thorn erfährt, dass ihr neuer Film an der Faerfax University – und damit in ihrem Heimatort – spielen wird, ist es für einen Rückzieher bereits zu spät. Wenn sie ihre Karriere nicht aufs Spiel setzen will, darf niemand erfahren, was hier vor acht Jahren geschehen ist. Doch ihr Plan, die Dreharbeiten so schnell und unauffällig wie möglich hinter sich zu bringen, um dem kleinen Ort dann für immer den Rücken kehren zu können, geht gleich an ihrem ersten Tag gehörig schief. Nicht nur zieht sie am Campus alle Aufmerksamkeit auf sich, sie verursacht auch einen Fahrradunfall mit einem Studenten und zerstört dabei dessen Laptop. Cole Williams ist daher – verständlicherweise – wenig begeistert von ihrer Anwesenheit, schon gar nicht, als er erfährt, dass er die Dreharbeiten ihres neuen Films für ein Portrait über sie begleiten soll. Doch Coles Zukunft als Journalist hängt von diesem Artikel ab, und so beginnt er in Tessas Vergangenheit zu graben. Dabei begegnet er einer Seite von ihr, die sie sorgsam vor der Welt verborgen hält – und in die er sich Hals über Kopf verliebt. Aber er kommt auch ihrem großen Geheimnis gefährlich nahe – einem Geheimnis, das ihre Liebe zerstören könnte, bevor sie überhaupt richtig begonnen hat …

Liebe Leser:innen,

dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte.

Deshalb findet ihr hier eine Triggerwarnung.

Achtung: Diese enthält Spoiler für das gesamte Buch!

Wir wünschen uns für euch alle das bestmögliche Leseerlebnis.

Eure Anna und euer LYX-Verlag

Für Elena,

weil du die beste Beste Freundin der Welt bist.

Keeping Secrets Playlist

Please Don’t Go – Joel Adams

Mad World – Jasmine Thompson

As Long as You Love Me – Sleeping At Last

Secrets – Slaves

Control – Zoe Wees

Demons – Imagine Dragons

Salvation – Gabrielle Aplin

Power Over Me – Dermot Kennedy

Walls – Kings of Leon

Daylight – Taylor Swift

Body on Fire – Slaves

My Escape – Ravenscode

I Ran – Hidden Citizens

Still I Fly – Roadtrip Romance

I Think We’re Alone Now – Hidden Citizens

1. KAPITEL

Tessa

Das ist ein Fehler. Ein riesengroßer Fehler. Fehler. FEHLER. Das Wort wurde in meinem Kopf immer lauter. Als würde mich jemand anschreien.

Zitternd atmete ich ein. Es würde alles gut werden. Ich würde das schaffen. Ich war nur für den Job hier. Einige Wochen, höchstens ein paar Monate, dann würde ich wieder verschwinden und vergessen, dass diese Stadt jemals eine Rolle in meinem Leben gespielt hatte.

Warum bist du dann früher hergekommen als nötig? Die Stimme in meinem Kopf war hartnäckig und nervig. Aber sie hatte recht. Was machte ich jetzt schon hier, obwohl die Dreharbeiten erst Anfang nächster Woche beginnen würden?

Ich kannte die Antwort, war allerdings nicht bereit, sie mir auch einzugestehen.

Stattdessen versuchte ich, mich auf meine Umgebung zu konzentrieren. Alles wirkte seltsam vertraut und fremd zugleich. Acht Jahre waren vergangen, seit ich dieser Stadt den Rücken gekehrt hatte. Ich war früher zwar nicht oft in diesem Viertel gewesen, doch Faerfax’ besonderer Charme war fast überall und in beinahe jeder Straße zu spüren.

Das Univiertel von Faerfax wirkte zwar wie eine Kleinstadt, aber in der Ferne hoben sich Hochhäuser vom strahlend blauen Himmel ab. Die Sonne spiegelte sich in den gläsernen Fassaden, das war sogar von hier deutlich zu erkennen. Die Gebäude schrien nach Geld, Macht und Ruhm, als wollten sie der Wall Street Konkurrenz machen.

Hier in der Nähe der Uni waren die Straßen jedoch beschaulich, gesäumt von Bäumen, deren Blätter sich allmählich rot und gelb verfärbten, obwohl es erst Anfang September war. Cafés und Geschäfte reihten sich aneinander. Kleine, niedliche Gebäude in bunten Farben, mit weißen Türen und Fensterläden.

Ich lief den gepflasterten Bürgersteig entlang und bemühte mich krampfhaft, die Bilder der Vergangenheit zu verdrängen, die vor mir aufstiegen. Ich musste mich ablenken. Dringend. Ablenkung war das Einzige, was mich davor bewahrte, in den Erinnerungen zu ertrinken. Erinnerungen, die mich überrollten, seit ich einen Fuß in diese Stadt gesetzt hatte.

Jahrelang hatte ich es geschafft, alles zu verdrängen und jetzt …

Ich stieß einen spitzen Schrei aus, als ich um die nächste Ecke bog und ein Fahrrad haarscharf an mir vorbeibretterte. Fluchend stürzte der Fahrer auf die Straße, das Fahrrad folgte eine Sekunde später mit einem lauten Scheppern. »Scheiße! Alles okay?« Bestürzt kniete ich mich neben den Fahrer und berührte ihn vorsichtig an der Schulter.

»Sag mal, spinnst du?« Er schoss so unvermittelt hoch, dass ich das Gleichgewicht verlor und auf meinem Hintern landete.

»Was?«, stammelte ich perplex und kam wenig elegant wieder auf die Füße.

»Wie blind kann man sein? Das ist ein Radweg!«, fauchte er und schien mich mit seinem wutentbrannten Blick töten zu wollen. Fassungslos starrte ich ihn an. Ich schluckte die Entschuldigung, die mir gerade noch auf der Zunge gelegen hatte, herunter.

Er war etwa einen Kopf größer als ich, hatte dunkelblonde Haare und trug eine eckige Brille, die den Sturz glücklicherweise überlebt hatte. Aber ich war gerade nicht in der Stimmung, um deswegen allzu große Erleichterung zu empfinden. »Du hast doch genauso wenig aufgepasst«, entfuhr es mir. Was bildete er sich eigentlich ein?

»Das ist doch wohl nicht dein Ernst! Du bist um die Ecke –« Er verstummte mitten im Satz und sah sich suchend um. Fast meinte ich, Panik in seinen Augen zu erkennen.

»Scheißescheißescheiße!«, rief er, als sein Blick auf das Fahrrad fiel, das mit verdrehtem Vorderreifen auf der Straße lag. Er stürzte darauf zu und zerrte eine Tasche unter dem Rad hervor.

Mein Herz rutschte mir in die Hose, als er einen Laptop herauszog, der den Sturz, im Gegensatz zu seiner Brille, ganz offensichtlich nicht unbeschadet überstanden hatte. Ein langer Riss zog sich quer über die Oberfläche.

Der Typ stieß einen geschockten Schrei aus, gefolgt von einer langen Reihe unaussprechlicher Flüche. Er wirbelte zu mir herum, sein Gesicht war rot angelaufen, und er bebte vor Zorn.

»Siehst du das? Siehst du, was du angerichtet hast? Wenn meine Daten nicht zu retten sind und ich meine Abgabe verpasse, dann –«

»Dann was?«, unterbrach ich ihn herausfordernd und überraschte mich selbst damit wohl mehr als ihn. Für gewöhnlich ging ich jeder Konfrontation, so gut es ging, aus dem Weg, um nicht mehr Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen als nötig. Doch in diesem Moment vergaß ich mein höfliches, zuvorkommendes Ich, das niemals stritt und erst recht keinen Streit anzettelte. Der Typ hatte irgendwas an sich, das es mir unmöglich machte, einfach klein beizugeben und den Mund zu halten.

»Es ist doch nicht meine Schuld, dass dein Laptop kaputt ist! Du bist doch hier langgerast wie ein Irrer!«

»Ich bin … was?!« Empört starrte er mich an.

Ich atmete tief ein und versuchte, mich zu beruhigen. »Hör mal, es tut mir echt leid, dass dein Laptop kaputtgegangen ist«, sagte ich versöhnlich und kramte in meiner Handtasche nach meinem Portemonnaie. Zwar hatte ich nicht besonders viel Bargeld dabei, aber hier würde es mit Sicherheit einen Geldautomaten geben. Vermutlich wäre es am sinnvollsten, unsere Kontaktdaten auszutauschen und diese Angelegenheit über die Versicherung laufen zu lassen. Doch ich würde den Teufel tun und diesem Kerl verraten, wer ich war. »Vielleicht können wir –«

»Willst du mich verarschen? Du willst mir Geldgeben?« Er klang so wütend, dass ich unwillkürlich die Schultern hochzog. »Du willst mir ernsthaft … Kein Scheißgeld der Welt kann diesen Laptop ersetzen!« Einen Augenblick lang schien er zu überlegen, was er mir sonst noch an den Kopf werfen könnte, dann drehte er sich ohne ein weiteres Wort um und griff nach seinem Fahrrad. Ich meinte, ihn etwas murmeln zu hören, das klang wie »Ich hoffe, wir sehen uns nie wieder«, dann schwang er sich auf den Sattel und ließ mich einfach stehen. Sprachlos starrte ich ihm hinterher. Was zur Hölle war das denn gewesen?

Ich brauchte einen Moment, um mich zu fangen, bevor ich meinen Weg fortsetzen konnte. In mir brodelte es.

Ich war für gewöhnlich wirklich niemand, der Streit suchte, aber diese Sache hätte ich gerne ausdiskutiert. Auch wenn das absolut dämlich gewesen wäre.

Ich konnte die Schlagzeile förmlich vor mir sehen, sollte die Presse jemals davon Wind bekommen: Tessa Thorn rastet in der Öffentlichkeit aus – Hat Hollywoods Liebling auch eine dunkleSeite?

Das war überzogen und furchtbar überdramatisiert, nur so war die Regenbogenpresse nun mal. Und selbst ein simpler Streit, wie dieser eben hätte werden können, wäre ein gefundenes Fressen für sie.

Seit Jahren wurde ich auf Schritt und Tritt verfolgt und stand unter ständiger Beobachtung. Ich hatte mir nie auch nur den kleinsten Fehler erlaubt. Kein Alkohol, keine Drogen, keine Affären und keine Zickereien am Set. Sie fanden trotzdem was. Das taten sie immer. Und wenn es nichts zu berichten gab, dachten sie sich eben etwas aus oder interpretierten alles Mögliche in weite Pullis und unglückliche Gesichter hinein. Ich hatte in den letzten Jahren angeblich eine Essstörung und eine Depression gehabt, erst vorigen März hatte es Gerüchte um eine Schwangerschaft und schließlich um eine Abtreibung gegeben. Ich war gerade mal zwanzig und hatte laut der Presse schon mehr Dramen erlebt als andere in ihrem ganzen Leben. Glücklicherweise hatte von den wahren Dramen in meinem Leben keiner auch nur den Hauch einer Ahnung.

Natürlich gab es auch positive Berichte, Interviews, die interessant gewesen waren, und Fotoshootings, die wahnsinnig viel Spaß gemacht hatten. Aber die Vogue war schließlich auch ein anderes Kaliber als das OK! Magazine.

Allmählich gelang es mir, mich wieder mehr auf meine Umgebung zu konzentrieren. Die Straße hatte sich während der letzten Minuten gefüllt, Teenager liefen lachend an mir vorbei. Wahrscheinlich war gerade Schulschluss.

Mein Puls schoss in die Höhe. So war das nicht geplant. Ich hatte mir die Stadt ansehen wollen, bevor alle aus der Schule kamen oder Feierabend hatten, damit ich so wenig Menschen wie möglich begegnete, und so die Gefahr, erkannt zu werden, deutlich geringer war. Ich wollte allein durch die Straßen streifen, ohne weitere Passanten, und mich voll und ganz mit meinen Gefühlen befassen. Und damit, was diese Stadt mit mir machte.

Das war’s dann wohl.

Jetzt musste ich aufpassen und vorsichtiger sein. Instinktiv zog ich mir die Beanie-Mütze etwas tiefer in die Stirn und wünschte, ich hätte einen meiner überdimensionalen Schals dabei, um ihn halb vor mein Gesicht zu ziehen. Hatte ich aber nicht, weil es September und für diese Art von Schals noch viel zu warm war. Also blieb mir nichts anderes übrig, als den Kopf gesenkt zu halten und zu hoffen, dass niemandem auffiel, wer sich da zwischen ihnen die Straße entlangschlängelte.

Ich wollte nur den ersten Tag überstehen, bevor alle in der Stadt erfuhren, dass ich bereits da war, drei Tage zu früh. Nur den ersten Tag.

Alles andere würde ich hinbekommen.

Nur heute nicht.

Der Unfall vorhin nagte noch immer an mir. Es war doch nicht meine Schuld gewesen, dass wir fast zusammengestoßen wären und sein Laptop kaputtgegangen war. Oder? Hatte ich vielleicht tatsächlich nicht richtig aufgepasst?

Nein. Wenn, dann waren wir beide schuld daran. Obwohl er so getan hatte, als hätte er nichts falsch gemacht. Ich schnaubte ungehalten. Idiot.

Doch ich kam nicht dazu, mir weiter Gedanken über diesen Typen und seinen Laptop zu machen, weil ich spürte, wie sich die Atmosphäre um mich herum veränderte. Es war, als würde die Luft sich verdichten, als würde ich plötzlich alles wie unter Wasser hören.

Zunächst war da nur ein leises Tuscheln, eine ungläubige Frage. Ist das wirklich Tessa Thorn? Echt? Dann folgte ein schrilles Quietschen, nachdem das erste Mädchen sich hundertprozentig sicher war, mich erkannt zu haben. Aufgeregte, hohe Stimmen, die in meinen Ohren schmerzten.

Krampfhaft starrte ich geradeaus zum Ende der Straße, als würden sie mich nicht sehen, wenn ich sie nicht direkt anschaute.

Doch es dauerte nicht lange, da ließen sie sich nicht mehr ignorieren.

Nicht nur Teenager glotzten mich ungläubig an. Auch Leute in meinem Alter, vermutlich Studenten der Faerfax University, die Schauplatz meines neuen Films werden würde. Wahrscheinlich waren auch Erwachsene darunter, die in ihrer Mittagspause ein paar Besorgungen machten und jetzt aus den kleinen Lokalen spähten, um herauszufinden, warum alle auf der Straße innegehalten hatten und staunten wie bei einem Weltwunder. Allerdings war ich kein Wunder. Ich war bloß eine Schauspielerin.

Sie alle zeigten auf mich, verstohlen, wie sie glaubten, aber ich spürte es. Ich musste es nicht mal sehen, um es zu wissen. Ich war es gewohnt. Ein paar zogen ihre Handys aus den Taschen und richteten ihre Kameras auf mich.

Eine Stimme in meinem Inneren schrie mir zu, dass ich weglaufen sollte.

Mit aller Macht kämpfte ich gegen sie an.

Ich konnte nicht weglaufen.

Ich durfte nicht weglaufen.

Weglaufen wäre zu auffällig, und ich durfte nicht auffallen. Na ja, nicht mehr als ohnehin schon.

Gib ihnen das Unerwartete. Die Stimme meiner Tante Susan war lauter als meine eigene Angst. Gib ihnen das Unerwartete, Tessa. Das hatte sie früher immer gesagt, wenn ich vor etwas Angst gehabt hatte. Als ich noch am Anfang meiner Karriere gestanden hatte und nicht mehr als ein eingeschüchtertes, vierzehnjähriges Mädchen gewesen war.

Die Leute erwarteten etwas. Immer. Nicht nur von mir. Und die wenigsten kamen damit klar, wenn man etwas tat, womit sie nicht rechneten.

Die meisten um mich herum glaubten wahrscheinlich, dass ich den Blick senken und mich so unauffällig wie möglich zwischen ihnen hindurchmogeln würde, solange mich niemand direkt ansprach. Weil sie dachten, dass ich nicht fotografiert werden wollte – auch wenn sie das nicht davon abhielt, es zu tun. Sie waren neugierig, und sie vergaßen, dass ich im Grunde eine von ihnen war. Bloß eine junge Frau, die durch Faerfax schlenderte und sich die Stadt anschaute.

Es war ein naiver Gedanke, das wusste ich. Aber ich wünschte, jemand würde mich so sehen. Leider würde das nicht passieren, und ich konnte absolut nichts dagegen tun.

Meine Schritte wurden langsamer, bis ich schließlich stehen blieb. Ich reckte das Kinn, das Herz schlug mir bis zum Hals.

Furcht jagte durch meinen Körper, meine Haut kribbelte. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Aber es war egal, was ich mir vorgestellt hatte und was ich mir wünschte. Ich hatte eine Rolle zu spielen. Schließlich war ich Tessa Thorn.

Dann blickte ich direkt in ihre Kameras.

Abgesehen von mir gab es nur zwei Menschen, die wussten, dass Tessa Thorn für mich nur eine Rolle von vielen war. Eine Rolle, die ich zwar permanent spielte, aber auch sie war nur eine Figur, die ich mir selbst auf den Leib geschrieben hatte. Seit Ewigkeiten war ich dieses Mädchen, die Schauspielerin mit dem hellen Lachen, der freundlichen Art und einer nicht zu leugnenden Leidenschaft für die emotionalsten Filme Hollywoods. Doch es gab Augenblicke, in denen sie mir entglitt. Tage, an denen es mir schwerfiel, sie zu halten. Heute war so ein Tag.

Allerdings brauchte ich sie jetzt, mit all den Leuten um mich herum, dringender denn je.

Für ein paar Sekunden schloss ich die Augen und atmete tief ein und aus. Und als ich die Augen wieder aufschlug, war ich sie. Ich kleisterte ein strahlendes Lächeln auf mein Gesicht, voller Begeisterung darüber, hier sein zu dürfen, in dieser großartigen Stadt, um meinen neuen Film zu drehen. Es war, als hätte jemand einen Schalter umgelegt, als hätten sie sich alle insgeheim diese Reaktion von mir erhofft. Ein junges Mädchen war die Erste, die sich traute, mich um ein Autogramm und ein Selfie zu bitten. Danach ging alles ganz schnell. Plötzlich war ich umringt von Dutzenden Frauen, Männern und Teenagern, die ein Foto mit mir wollten, und die mich mit Fragen bombardierten. Sie kannten keine Zurückhaltung. Warum auch? Schließlich war ich es gewohnt, in der Öffentlichkeit zu stehen.

Ich ignorierte die Fragen zu meinem Privatleben, erklärte, dass ich noch nichts über den Film verraten durfte, verteilte Komplimente, kritzelte meinen Namen in Notizbücher, auf lose Zettel und Unterarme und strahlte in unzählige Kameras. Und während ich gute Miene zum bösen Spiel machte und lächelte und lächelte und lächelte, begann mein Herz, immer schneller zu schlagen.

Die Panik rollte auf mich zu wie eine turmhohe Welle. Meine Hände begannen zu zittern. Nicht besonders stark – noch nicht –, trotzdem verkrampften sich meine Finger um den Stift, den ich gerade in der Hand hielt.

Ich musste all meine Kraft aufbringen, um weiterzulächeln, um bloß niemandem zu zeigen, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Doch ich wusste, dass ich verloren hatte, als sich meine Brust zusammenschnürte.

Das Atmen fiel mir schwer.

Ich musste weg.

Schnell.

Mit einem bedauernden Lächeln und einer gemurmelten Entschuldigung zwängte ich mich durch die Menge. Zum ersten Mal wünschte ich, ich hätte meinen Bodyguard Simon mitgenommen. Er hätte jeden, der mir im Weg stand, zur Seite geschoben und mich an einen Ort gebracht, wo ich mich wieder sammeln konnte.

Wie sich jedoch herausstellte, brauchte ich Simon gar nicht. Die Leute ließen mich durch, ohne mich aufzuhalten. In L. A. wären mir einige von ihnen jetzt hinterhergelaufen und hätten mich weiter mit Fragen bombardiert. Meistens waren es Touristen, die völlig außer sich waren, wenn sie jemandem gegenüberstanden, den sie sonst nur von ihrem Fernsehbildschirm zu Hause oder von der Kinoleinwand kannten. In Faerfax dagegen blieben die Leute an Ort und Stelle stehen, niemand folgte mir. Sie sahen mir nur hinterher, kichernd und quietschend und viel zu neugierig. Sie wissen es. Sie wissen, was passiert ist. Man kann es dir ansehen.

Kalter Schweiß trat mir auf die Stirn, meine Augen begannen zu brennen, und meine Haut kribbelte. So sehr, dass ich mich am ganzen Körper kratzen wollte.

Ich wollte schreien. Aber nicht hier. Nicht jetzt. Ich musste die Fassung bewahren, bis ich allein war.

Taumelnd fand ich mich schließlich in einer menschenleeren Seitenstraße wieder und lehnte mich keuchend an eine Hauswand. Der kalte Stein in meinem Rücken fühlte sich beruhigend an. Ich schloss die Augen.

Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen. Panikattacken waren nichts Neues für mich, sie hatten lange Zeit zu meinem Leben gehört, und ich hatte sie nur mit sehr viel Mühe in den Griff bekommen. Meine letzte lag fast zwei Jahre zurück. Diese hier traf mich vollkommen unvorbereitet. Es gab keinen Auslöser, nichts, was die Panik erklärte.

Außer der Tatsache, dass ich in Faerfax war.

Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen.

Vielleicht hätte ich den Film absagen und in Los Angeles bleiben sollen. Vielleicht hätte ich mich selbst nicht so herausfordern sollen.

Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen.

Scheiße!

Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen.

Meine Gedanken rasten. Bilder huschten durch meinen Kopf. Ich schlug mir die Hände vors Gesicht, als könnte ich sie dadurch vertreiben.

Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen. Einatmen, ausatmen.

Nein. Ich würde das schaffen. Ich hatte schon ganz andere Dinge geschafft, also würde ich auch ein paar Wochen in Faerfax überstehen. Es waren nur ein paar Wochen. Nur ein paar Wochen.

Ich ließ die Hände sinken. Alles würde gut werden. Ganz sicher. Allmählich verschwand das Engegefühl in meiner Brust, mein Herz beruhigte sich, und ich konnte wieder atmen.

Einatmen, ausatmen. Ein –

»Hey, alles okay?«

Eine sanfte Stimme riss mich so unvermittelt aus meiner Trance, dass ich heftig zusammenzuckte und mit dem Hinterkopf gegen die Mauer knallte.

»Mist«, fluchte ich und rieb mir den Kopf.

Ein rothaariges Mädchen in meinem Alter schob sich in mein Blickfeld, ihre grünen Augen musterten mich besorgt. Sie hatte eine Hand gehoben, als wäre ich ein scheues Reh, das sie nicht vertreiben wollte.

»Tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken. Geht’s dir gut?«

Mein Kopf dröhnte, trotzdem brachte ich ein stummes Nicken zustande. Doch das Mädchen schien nicht überzeugt, sie runzelte die Stirn. Ich musste in keinen Spiegel sehen, um zu wissen, dass ich wie eine lebendige Tote aussah.

»Du bist ganz schön blass. Vielleicht solltest du dich lieber hinsetzen? Möchtest du reinkommen?« Sie deutete auf die Tür hinter sich.

Misstrauisch erwiderte ich ihren Blick. Ich war allein mit einem fremden Mädchen in einer schmalen Gasse in einer Stadt, die ich nicht mehr kannte. Es wäre leichtsinnig und dumm, einfach so mit ihr mitzugehen. Ihr herzförmiges Gesicht strahlte jedoch solch eine Liebenswürdigkeit und Offenheit aus, dass es mir schwerfiel, ihre Einladung nicht anzunehmen. Sie war etwas kleiner als ich, schlank, aber dennoch kurvig. Rote Locken kringelten sich auf ihren Schultern, und auf ihren Wangen tanzten unzählige Sommersprossen. Sie war sehr hübsch, auf eine natürliche, unaufdringliche Art und Weise.

»Das ist der Hintereingang eines Cafés. Siehst du?« Sie deutete auf ein kleines Schild, auf dem in geschwungenen Buchstaben Café Happiness stand. »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich bin keine Serienmörderin.« Sie grinste fröhlich, und ich entspannte mich ein wenig.

Ein schwaches Lächeln huschte über mein Gesicht. Ich war fix und fertig. »Sagen Serienmörder so was nicht immer?«

»Wahrscheinlich, aber meine Schwester reißt mir den Kopf ab, wenn ich in ihrem Café eine Sauerei veranstalte. Also los, komm rein. Du siehst aus, als könntest du einen Tee vertragen.«

Noch immer zögerte ich, doch meine zittrigen Beine nahmen mir die Entscheidung ab. Ich sollte mich tatsächlich einen Moment setzen und ein bisschen zur Ruhe kommen.

»Okay«, sagte ich und folgte ihr.

2. KAPITEL

Cole

»Cole! Cole Williams!« Eine Papierkugel traf mich präzise zwischen den Augenbrauen, und ich zuckte überrascht zusammen. »Schön, dass du auch endlich bei uns angekommen bist.« April schenkte mir ein zuckersüßes Lächeln, und die anderen kicherten.

Ich verzichtete auf eine Antwort und senkte den Blick wieder auf meine Notizen. April hatte mir schon letzte Woche mehrere Aufträge für die nächsten Ausgaben der Faerfax News aufgehalst, und ich hatte nicht vor, mich diese Woche freiwillig für einen weiteren Artikel zu melden. Es gab hier schließlich noch andere Journalisten, oder vielmehr Studenten auf dem Weg dahin.

Außerdem musste ich erst mal meine alten Artikel retten, ehe ich etwas Neues schreiben konnte, nachdem mein Laptop heute Morgen einen unerwarteten Tod gestorben war. Die letzten Versionen meiner Texte hatte ich nämlich nicht mehr in die Cloud geladen, bevor ich mich auf den Weg zur Uni gemacht hatte.

Wütend knirschte ich mit den Zähnen, als ich an den Unfall und das Mädchen dachte, mit dem ich beinah zusammengestoßen wäre. Es war definitiv ihre Schuld gewesen, dass ich mich langgelegt hatte. Und dass ich jetzt einen neuen Laptop brauchte.

»Cole! Kannst du jetzt bitte mal zuhören?«

Ich seufzte. »Was ist denn los, Schwesterchen?«

Aprils Augen formten sich zu Schlitzen, und sie funkelte mich wütend an. Vielleicht hätte ich mir den Spruch lieber verkneifen sollen. Sie hasste es, wenn ich sie vor den anderen so nannte. Was ich sogar verstehen konnte, schließlich war sie die Chefredakteurin der Unizeitung und ich nur ihr jüngerer Bruder. Leider neigte ich dazu, mich in den unpassendsten Augenblicken unmöglich zu benehmen.

April schenkte mir ein schmallippiges Lächeln. »Herzlichen Glückwunsch, du darfst den Artikel schreiben.«

Ich erstarrte, während hinter mir ein empörtes Schnauben zu hören war, welches ich jedoch geflissentlich ignorierte. »Was für einen Artikel?«, fragte ich gedehnt.

»Kannst du nicht einmal zuhören?«, fauchte Kirsten und verzog abfällig das Gesicht. Sie strich sich eine Strähne ihres glatten, hellbraunen Haars hinters Ohr und presste ihre rot geschminkten Lippen fest aufeinander, als müsste sie sich davon abhalten, mir irgendetwas wenig Schmeichelhaftes an den Kopf zu werfen. Sie hasste mich seit meinem ersten Tag hier bei der Zeitung. Keine Ahnung, warum, aber ich hatte mich auch nie bemüht, es herauszufinden.

»Alter, du hast gerade den Jackpot geknackt.« Marc, der bei der Zeitung hauptsächlich für die Berichte über unsere Sportteams verantwortlich war, klopfte mir so fest auf die Schulter, dass ich fast vornüberkippte. In seinen Augen lag eine Mischung aus Neid und Aufregung.

»Ach, hab ich das?« Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, worum es eigentlich ging. Vielleicht sollte ich zukünftig doch zwischendurch mal zuhören.

Marc nickte. »Tessa Thorn ist echt scharf«, merkte er an, als wäre es das Wichtigste auf der Welt, wie scharf jemand war.

Nur mit Mühe verkniff ich mir einen sarkastischen Kommentar. »Und sie dreht hier einen Film! An unserer Uni! Ist das zu glauben?« Er konnte unser Glück anscheinend kaum fassen.

Mit einem Schnauben wandte ich mich meiner Schwester zu. »Ganz toll. Ein Film wird an der Uni gedreht. Wie absolut aufregend.« Ich verdrehte die Augen und konnte spüren, wie Kirsten hinter mir zu kochen begann. Sie ließ sich viel zu leicht auf die Palme bringen. Beinahe hätte ich gegrinst, doch im gleichen Augenblick überkam mich eine dunkle Vorahnung.

»Und was genau hab ich jetzt mit der Sache zu tun?«, wollte ich wissen, betont gelangweilt, um Kirsten noch ein bisschen mehr anzustacheln. Im Gegensatz zu mir schien sie sich brennend für diesen dämlichen Filmdreh zu interessieren. Vermutlich war ich ein schlechter Mensch, weil ich es witzig fand, sie zu ärgern. Tja, Pech.

April hatte die Arme vor der Brust verschränkt, ihr Gesicht war ausdruckslos, doch ihre Augen funkelten belustigt. Meine Schwester war knallhart, ganz gleich, wie lieb und unschuldig sie mit ihren langen, blonden Locken und den strahlend blauen Augen auch wirken mochte. Manchmal glaubte ich, sie nutzte ihr Aussehen absichtlich, um andere zu manipulieren.

Sie setzte zu einer Antwort an, kam aber nicht dazu. Kirsten schob sich an mir vorbei und baute sich vor meiner Schwester auf.

»April, lass mich den Artikel schreiben, bitte! Cole weiß diese Chance überhaupt nicht zu schätzen!«, platzte es aus ihr heraus, und ich sah, wie Melissa und Amy sich einen genervten Blick zuwarfen. Während Kirsten und ich quasi über alles schrieben, was Berichtenswertes in der Stadt und an der Uni passierte, war Melissa ausschließlich für die Buchbesprechungen zuständig und Amy für die Theateraufführungen. Die beiden waren keine Fans von Kirsten, das hatte ich im letzten Semester schon bemerkt. Und so, wie Kirsten sich meistens benahm, konnte ich das vollkommen nachvollziehen.

Meine Lippen zuckten, und ich war drauf und dran, eine äußerst unpassende Antwort zu geben, doch ein warnender Blick meiner Schwester hielt mich davon ab.

Flehentlich sah Kirsten April an, doch sie schüttelte energisch den Kopf. »Nein, es bleibt dabei. Cole schreibt den Artikel.«

Ich stand auf und packte mein Tablet in den Rucksack.

»Schön.« Breit grinsend sah ich in die Runde. »Sagt ihr mir jetzt noch, wer Tessa Thorn ist?«

»Das ist nicht dein Ernst!« Kirstens Stimme war nur noch ein schrilles Kreischen. Sie war kurz davor zu platzen. »Du weißt nicht, wer Tessa Thorn ist?« Sie klang so entsetzt, dass ich fast gelacht hätte.

Stattdessen zuckte ich mit den Schultern. »Nein, keine Ahnung.« Das war gelogen. Natürlich hatte ich schon von Tessa Thorn gehört, dem strahlenden Stern am Hollywoodhimmel. Dass sie hier in Faerfax ihren neuesten Film drehen würde, war seit Wochen Gesprächsthema Nummer eins in der Stadt. Eigentlich hatte die ganze Sache geheim bleiben sollen, bis die Dreharbeiten starteten, aber jemand von der Filmcrew hatte die Info an die Presse durchsickern lassen, und seitdem herrschte in Faerfax Ausnahmezustand. Es war zum Kotzen.

Melissa und Amy kicherten, Marc feixte, und unser Fotograf Chris unterdrückte nur mit Mühe ein Lächeln, als Kirsten herumwirbelte und wutschnaubend aus der Redaktion stürmte. Es war erst die zweite Woche des neuen Semesters, noch war unser Team nicht vollzählig. In den nächsten Tagen und Wochen würden die Erstsemester dazustoßen. Neulinge, die sich bewerben konnten, und die, wenn sie Glück hatten, bei uns lernen würden, wie eine Zeitung funktionierte.

»Cole, in mein Büro! Sofort!« April wartete nicht auf mich, sondern war schon durch die Tür.

Der Raum war so klein, dass er allerhöchstens eine Abstellkammer gewesen sein konnte, bevor meine Schwester ihn für sich entdeckt hatte. Wenigstens gab es ein Fenster.

Unsere Redaktion war nicht besonders groß. Es war gerade genug Platz für sechs Schreibtische, was der Hauptgrund dafür war, dass ich meine Arbeit meistens zu Hause erledigte. Ein weiterer Grund für meine ständige Abwesenheit in der Redaktion war Kirsten, die mir hier nicht nur meine Konzentration, sondern auch den letzten Nerv raubte.

Wahrscheinlich nicht nur mir.

Deshalb konnte ich verstehen, dass April sich in diesen Schuhkarton von einem Büro zurückzog. Immerhin gab es eine Tür, und sie konnte ungestört arbeiten, egal, wie winzig der Raum war.

Seufzend folgte ich ihr. Ich wusste genau, welche Predigt mich gleich erwarten würde.

»Musst du sie immer so provozieren?«, fragte sie, noch bevor ich die Tür hinter mir geschlossen hatte.

»Ach, komm schon, April. Kirsten zu ärgern ist so was von witzig.« Grinsend ließ ich mich auf den Stuhl vor ihrem Schreibtisch fallen, während April sich auf die Tischkante setzte. »Tu nicht so, als fändest du es nicht wenigstens ein bisschen lustig.«

»Eines Tages wirst du mit deinen Späßen richtig auf die Nase fallen.« Sie runzelte die Stirn, Sorge blitzte in ihren Augen auf.

»Aber bis es so weit ist –«

»Ich meine es ernst, Cole! Du musst dich langsam mal zusammenreißen«, unterbrach sie mich schroff. »Ich habe dir den Artikel nicht einfach so gegeben, weil ich gerade Lust dazu hatte.«

»Warum hast du es dann getan? Ich wollte den Mist gar nicht haben.«

»Genau das ist der Punkt! Du wolltest den Auftrag nicht haben. Eine der begehrtesten Schauspielerinnen unserer Zeit dreht ausgerechnet hier bei uns an der Uni ihren nächsten Film, und du willst darüber nicht schreiben. Du solltest es aber wollen! Was glaubst du, würde Richard sagen, wenn er wüsste, dass du dich nicht mal darum bemüht hast.«

Genervt stöhnte ich auf. »Also hast du mir diesen Mist nur wegen Onkel Richard aufs Auge gedrückt?«

»Nein, verdammt! Cole, wenn du ernsthaft und erfolgreich schreiben willst, dann musst du auch hin und wieder über Themen schreiben, die dich vielleicht nicht brennend interessieren. Du musst deine Gefühle dabei außen vor lassen. Weißt du, was für eine Chance das ist? Wir sind die einzige Zeitung, die Exklusivinfos zum Dreh bekommt, okay? Du bist der Einzige, der mit ans Set und beobachten darf. Das Ganze ist ein riesengroßes Ding. Der Film ist noch nicht mal gedreht, und es wird schon spekuliert, ob er Tessa Thorns erfolgreichster sein wird. Niemand weiß bisher, worum genau es geht, aus allem wird ein großes Geheimnis gemacht.« Hektische, rote Flecken kletterten Aprils Hals hinauf.

Ich zog die Augenbrauen hoch. »Wie kommt’s überhaupt, dass wir was schreiben dürfen, wenn das Ganze so supergeheim ist?«

»Weil der Film auf einem Buch basiert, das ein paar Wochen früher erscheinen wird. Die Autorin ist sehr erfolgreich, aber das ist ihre erste Romanverfilmung. Sie hat hier studiert, deswegen wird hier auch direkt gedreht. Das war wohl eine ihrer Bedingungen oder so. Jedenfalls war Direktor Winston während seiner Studienzeit bei der Unizeitung – die Schriftstellerin übrigens auch –, und er hat das irgendwie angeleiert. Mehr weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, dass das eine unfassbare Chance für uns ist. Nicht mal die Faerfax Times darf mehr über den Dreh schreiben als das, was öffentlich einsehbar ist«, erklärte sie, griff nach einem Stift und begann, ihn zwischen den Fingern zu drehen. Das hatte sie schon als Kind gemacht, wenn sie nervös gewesen war.

Mit zusammengekniffenen Augen betrachtete ich sie. Da steckte doch noch mehr dahinter. »Also, das ist alles? Ich soll einen Artikel über die Dreharbeiten schreiben.«

April schenkte mir ihr einnehmendstes Lächeln. »Nicht ganz. Du bekommst einen Einblick hinter die Kulissen und darfst über alles schreiben, aber Faerfax und die Uni sollen auch im Fokus stehen. Und«, sie atmete tief durch, »es soll dazu noch ein Porträt über Tessa Thorn geben.«

Entsetzt riss ich die Augen auf. »Das soll ein Witz sein, oder? Ich muss ein Hollywoodsternchen interviewen?«

»Nicht nur interviewen, Cole. Es soll ein Porträt werden. Du erinnerst dich daran, was ein Porträt ist, oder?« Sie hatte jetzt ihren typisch belehrenden Blick aufgesetzt und war voll und ganz Chefredakteurin. Meine große Schwester war verschwunden. »Du sollst über Tessa Thorn schreiben, die wahre Tessa zum Vorschein bringen. Was sie fühlt, was sie denkt. Das ist es, was die Leute wirklich lesen wollen. Tessa Thorn ist berühmt geworden, weil sie Gefühle so greifbar machen kann, dass jeder Zuschauer genau dasselbe empfindet wie sie beziehungsweise ihre Figuren. Versuch, das in deinem Text einzufangen.«

»Aber warum? Warum muss ich das machen?« Es war mir egal, dass ich wie ein trotziger Fünfjähriger klang. »Kirsten hätte dir wahrscheinlich ihre ewige Liebe geschworen, wenn du ihr den Job gegeben hättest.«

»Weil ich das sage. Diese Artikel müssen gut werden. Sie müssen brillant werden! Und du hast recht: Kirsten würde total ausflippen, wenn sie den Job bekommen würde, und du weißt, wie sie drauf ist, wenn sie aufgeregt ist. Die Sache würde ein riesengroßes Drama werden. Sie könnte absolut nichts für sich behalten. Melissa und Amy würden es gut hinbekommen, aber du bist besser als die beiden. Und Marc kann diesen Artikel nicht schreiben. Er würde mehr Zeit darauf verschwenden, das arme Mädchen ins Bett zu kriegen, als den Text zu schreiben, den ich haben will.«

Eindringlich sah sie mich an, sie lehnte sich zu mir herüber, ihr Gesicht glühte. »Cole, denk doch mal nach. Wenn du das gut hinkriegst, dann gibt Onkel Richard dir vielleicht einen Job bei der Times. Möglicherweise werden deine Texte später sogar dort veröffentlicht, wenn der Film erschienen ist. Du kannst diese Chance nicht einfach sausen lassen!«

Unwillig verzog ich das Gesicht. Ich brauchte ihre Hilfe nicht. Ich würde es auch ohne sie und diesen dämlichen Filmdreh schaffen, dass Richard endlich meine Existenz bemerkte. Es war schließlich nicht so, als würde er mich nicht bereits seit meiner Geburt kennen.

Stirnrunzelnd musterte ich April. Ich sah ihr an, dass das immer noch nicht alles war. »Warum machst du es dann nicht selbst? Wenn das so eine große Chance ist?«

»Ich habe keine Zeit. Und ich darf offen gestanden auch nicht.« Sie wurde rot. Verblüfft richtete ich mich auf. April wurde nie rot. »Richard hat mir vor ein paar Wochen angeboten, einige Artikel für die Faerfax Times zu schreiben. Ich kann nicht studieren, die Unizeitung leiten und für zwei Zeitungen gleichzeitig arbeiten. Und die Tatsache, dass ich einen Vertrag bei der Times habe, schließt mich automatisch für diese Sache aus.«

»Das ist nicht dein Ernst.« Fassungslos starrte ich sie an, während mein Körper sich augenblicklich verkrampfte. April hatte es geschafft.

Verlegen rieb sie sich die Nase. »Ich hätte es dir früher sagen sollen, ich weiß. Aber ich hatte das Gefühl –«

Sie verstummte, als ich aufstand, um den Tisch herumging und sie fest umarmte. »Ich bin stolz auf dich«, murmelte ich und ignorierte, dass mein Magen sich schmerzhaft verknotete.

Sie hatte es geschafft. Sie war drin.

»Danke.« Sachte schob April mich von sich und wuschelte mir durch die Haare, so wie sie es schon immer getan hatte. »Wenn du diesen Job gut machst, wirst du auch deine Chance bekommen. Du bist gut, Cole! Vergiss das nicht«, sagte sie, als ahnte sie, was in mir vorging. Ich wusste, dass ich gut war. Bisher war ich nur nicht gut genug gewesen, und das nagte mehr an mir, als ich je zugeben würde.

»Also komme ich aus dieser Nummer nicht wieder raus?«

April schüttelte den Kopf. »Nein. Ich nutze jetzt mal meine Macht als Chefredakteurin. Du wirst das machen, Cole.« Seufzend gab ich nach. »Weiß Tessa Thorn denn schon von ihrem Glück mit dem Porträt? Oder muss ich sie erst noch anbetteln, damit ich über sie schreiben darf?«

Ihr typisches, strahlendes Lächeln kehrte auf Aprils Gesicht zurück. »Ich habe heute Morgen mit ihrer Agentin gesprochen. Ich maile dir gleich alles, was du brauchst.«

»Will ich wissen, wie du an die Nummer der Agentin gekommen bist?«

»Selbst wenn, würde ich es dir nicht verraten. Ich schütze meine Quellen.« Ein schelmisches Funkeln trat in ihre Augen. »Außerdem braucht jedes Mädchen seine Geheimnisse.«

Ich maile dir gleich alles, was du brauchst. Aprils Worte schwirrten mir durch den Kopf, während ich eine halbe Stunde nach unserem Gespräch ungläubig die Mail anstarrte, die sie mir geschrieben hatte. Ich hatte mit zwei, drei Zeilen gerechnet, nicht mit einem halben Roman.

Hey Cole,

anbei alle Infos, die du für den Artikel über den Film und das Porträt von Tessa Thorn benötigst. Im Anhang findest du die Termine, an denen du das Set besuchen darfst. Die Dreharbeiten beginnen am Montag, die Filmcrew wird aber wohl schon am Wochenende anreisen.

IchhabediraucheineListemitallenKontaktdatenangehängt.UmeinenTerminmitTessaThornkümmerstdudichbitteselbst,ihreMailadressefindestduebenfallsinderListe.

Ich habe heute Morgen mit ihrer Agentin Mallory Highsmith telefoniert. Sie wollte Tessa über alles informieren. Wie schon erwähnt, sind beide Artikel für die Unizeitung geplant, sollen aber auch auf unserem Blog erscheinen. Für beide Medien ist das eine riesige Chance, wir können so endlich mehr Reichweite bekommen.

ÜberdenFilmselbstweißichnochnichtvielmehralsdenTitel:»BlueDreams«.ErscheinensollernächstesJahrimHerbst.DeswegengibtesnochkeinenTerminfürdeineArtikel,wahrscheinlichsollensiepünktlichzumErscheinungstermindesFilmsveröffentlichtwerden.DazuwerdeichmichabernocheinmalabstimmenunddireineInfogeben,sobaldichNäheresweiß.

DuhastalsonochetwasZeit –aberwageesnicht,rumzutrödeln.Ichkennedich,Cole.FangbessersofrühwiemöglichmitdeinerRecherchefürdasPorträtan.Undbitte,wennduamSetbist,benimmdich.Ichweiß,dubistkeinFanvonHollywoodundallem,wasdazugehört.AberdubistnunmalderBeste,undichmöchte,dassduauchdeinBestesgibst,nichtdassesspäterheißt,ichhättedirdenJobnurgegeben,weildumeinkleinerBruderbist.Wirwissenbeide,wiegutdubist.DenArtikelüberdieDreharbeitenwirstduproblemloshinbekommen,dabinichmirsicher.

Was das Porträt angeht: Schreib nicht das, was alle anderen schon geschrieben haben. Schreibe über den Menschen Tessa Thorn. Eine junge Frau, die die unterschiedlichsten und schwierigsten Rollen der letzten Jahre gespielt hat. Lass uns Tessa kennenlernen, ihre Beweggründe verstehen und das Mädchen hinter der Schauspielerin sehen.

Wenn du das schaffst, wirst du alles schaffen, was du dir vornimmst.

Ich glaube an dich!

April

Seufzend schloss ich Aprils Mail, öffnete den Browser und gab Tessas Namen in die Suchmaschine ein.

Recherche ist das A und O eines guten Porträts, und ich war mir sicher, April würde es wie auch immer herausfinden, wenn ich nicht sofort damit anfing, alles über Tessa Thorn in Erfahrung zu bringen.

Das Internet wusste deutlich mehr über sie als ich. Blogs und Zeitschriften überschlugen sich fast, wenn es um ihr Talent und ihr Aussehen ging. Sie galt offenbar als die Neuentdeckung der letzten Jahre.

Mit vierzehn war sie quasi über Nacht berühmt geworden, mit sechzehn dann das erste Mal für den Teen Choice Award nominiert worden. Inzwischen war sie zwanzig und hatte in so vielen Filmen mitgespielt, dass ich mich fragte, ob sie noch ein Leben außerhalb des Sets hatte.

Ich klickte mich von Seite zu Seite, ließ die Klatschseiten außen vor und konzentrierte mich auf die Artikel, in denen es nicht um eine neue Beziehung, ihr Gewicht oder sonst eine nebensächliche Kleinigkeit ging, die viel zu sehr aufgebauscht wurde. Als die Buchstaben vor meinen Augen verschwammen, machte ich mit Videos von Interviews zu ihren Filmen weiter.

Und während ich mir ein Video nach dem anderen ansah, stellte ich fest, dass Marc unrecht hatte. Tessa war nicht scharf. Sie war schön.

Ihr Gesicht war schmal, mit scharf geschnittenen Wangenknochen und vollen Lippen. Beherrscht wurde es von geschwungenen, dunklen Augenbrauen, die ihrem Blick etwas Undurchdringliches verliehen. Sie hatte lange, leicht gewellte Haare, die genauso dunkelbraun waren wie ihre großen Augen.

Irgendwoher kannte ich sie, aber ich kam grad nicht drauf, an wen sie mich erinnerte.

»Bist du auf der Suche nach einer neuen Freundin, oder was machst du da?« Julians spöttische Stimme ließ mich ertappt zusammenzucken. Ich drehte mich um und entdeckte meinen besten Freund und Mitbewohner direkt hinter mir. Er sah mich nicht an, sondern starrte wie gebannt auf meinen Computerbildschirm.

Ich saß selten am Schreibtisch, meistens arbeitete ich vom Sofa aus. Aber da mein Laptop mir gerade nicht zur Verfügung stand, blieb mir nichts anderes übrig.

»Ich befürchte, sie spielt nicht ganz in deiner Liga, Cole.«

»Was du nicht sagst«, brummte ich, während Julian zum Sofa schlenderte und sich mit einem erschöpften Seufzen fallen ließ. Belustigt musterte ich ihn. Die Uni hatte erst vor zwei Wochen angefangen. Bis die Klausuren und Projektarbeiten anstanden, dauerte es noch ewig. Es war noch nicht so viel passiert, was seine Müdigkeit um diese Uhrzeit rechtfertigte. Es sei denn, er war schon wieder die halbe Nacht wachgehalten worden.

»Also, warum googelst du eine Schauspielerin, deren Filme du nicht einmal guckst?«, erkundigte Julian sich, bevor ich ihn nach seiner neuesten Eroberung fragen konnte.

»Wie du vielleicht mitbekommen hast, wird ihr neuer Film hier in der Stadt gedreht, und ich habe jetzt das große Glück, darüber schreiben zu dürfen.« Der ätzende Unterton in meiner Stimme war nicht zu überhören.

»Du sollst über Tessa Thorn schreiben?« Er klang dermaßen ungläubig, dass ich in jeder anderen Situation beleidigt gewesen wäre. Gut, ich hatte mich auch nie in der Rolle des Filmreporters gesehen, die mir von April aufgedrängt worden war.

Genervt fuhr ich mir mit einer Hand durch die Haare. »Warum benutzt eigentlich jeder ihren vollen Namen? Tessa Thorn. Das klingt, als wäre sie –«

»Was? Eine Berühmtheit? Eine der schönsten Frauen auf diesem Planeten?«

Ich stöhnte auf und verdrehte die Augen. »Ja, so ungefähr.« »Und du sollst über sie und ihren neuen Film schreiben?« Julian grinste breit, als ich nickte. »Hat Marc sich schon überlegt, wie er dich aus dem Weg räumt, damit er den Artikel schreiben und sich mit ihr treffen kann?«

»Ich glaube, Kirsten hat da mehr Ambitionen als Marc«, entgegnete ich trocken.

Julians Lachanfall hielt auch noch an, als ich mich zu ihm aufs Sofa setzte, nachdem ich mich von meinem Schreibtischstuhl erhoben hatte, in den angrenzenden Küchenbereich gegangen war und zwei Flaschen Cola aus dem Kühlschrank geholt hatte.

»Also, warum sollst ausgerechnet du diesen Artikel schreiben?« Julians grüne Augen blitzten neugierig auf. Er lehnte sich entspannt zurück, trank einen Schluck von seiner Cola und sah mich abwartend an.

»Weil ich der Einzige war, der es nicht machen wollte«, nuschelte ich. Fast wünschte ich, ich hätte den Job doch haben wollen, damit ich das nächste Mal, wenn mir jemand diese Frage stellte, nicht ganz so dumm dastehen würde.

»Das ist so typisch. Du bist garantiert der einzige Journalist der Welt, der nicht über sie schreiben will.«

»Ich möchte ernsthaften Journalismus betreiben und keinen Klatsch verbreiten. Die Geschichte einer Schauspielerin interessiert mich halt nicht.« Ich zuckte mit den Schultern, und Julian stieß ein verächtliches Schnauben aus.

»Hör mit dem Scheiß auf, Cole. Du hast keine Ahnung, worüber du eigentlich schreiben willst, das ist das Problem.« Er prostete mir mit seiner Flasche zu, doch ich sparte mir eine Antwort.

Julian hatte recht. Ich wusste tatsächlich nicht, worüber genau ich schreiben wollte. Allerdings interessierte mich echt nicht, was Tessa Thorn wohl zu sagen hatte. Die Filme, die sie drehte, würde ich mir freiwillig nie ansehen – zu viel emotionales Drama, zu wenig Action –, ich hatte keine Ahnung von Mode oder so einem Scheiß, und ich glaubte nicht, dass sie irgendwas erzählen würde, was ich auch nur ansatzweise berichtenswert fand. Ihr neuer Film war da keine Ausnahme. Es gab schlicht und ergreifend Wichtigeres. Die meisten Schauspieler in Hollywood waren absolut überbezahlt, dafür dass sie so taten, als wären sie jemand anderes, um ein Millionenpublikum zu begeistern.

Es war nicht so, als könnte ich das nicht verstehen. Wir Menschen wollten uns unterhalten lassen, ablenken von dem, was auf der Welt passierte, von unseren eigenen Problemen und Gefühlen. Deswegen ließen wir uns von Serien und Filmen berieseln. Das war nichts Verwerfliches. Mir ging es ja nicht anders als allen anderen.

Trotzdem könnte man mit dem Geld, das jeder Schauspieler für einen einzigen Film bekam, so viel Gutes tun.

Aber meine Ansichten, die garantiert nicht jedermanns Zustimmung fanden, spielten da jetzt keine Rolle. Ich seufzte schwer.

»Vielen Dank, ich kenne mein Problem«, entgegnete ich trocken. »Ich hab eh keine Wahl. April bringt mich um, wenn ich das Porträt nicht so schreibe, wie sie will.«

»Und was will sie?« Julian knibbelte am Etikett seiner Flasche herum und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

»Dass wir die echte Tessa kennenlernen und bla, bla, bla. Du kennst doch April.« Ich zuckte mit den Schultern. »Können wir jetzt bitte das Thema wechseln?«, fragte ich, doch bevor Julian zu einer Antwort ansetzen konnte, flog die Tür zu unserer Wohnheimwohnung auf und knallte so heftig gegen die Wand, dass wir zusammenzuckten.

»Leute!« Jamies Stimme klang atemlos. »Habt ihr schon gehört?«

Er warf mir sein Smartphone zu, das ich reflexartig auffing. Mein Blick fiel sofort auf das Display, von dem mir das Foto eines Mädchens entgegenleuchtete. Ein dunkelhaariges Mädchen, in Jeans und Sweatshirt, eine dunkelgrüne Beanie-Mütze auf dem Kopf. Mit einem selbstbewussten Lächeln blickte sie direkt in die Kamera. Sie stand mitten in der Innenstadt von Faerfax vor einem kleinen Restaurant. Der Herbstwind ließ ihre langen Haare um ihr Gesicht wirbeln, was dem Bild eine seltsame Dramatik verlieh.

Sie war das Mädchen, das ich heute Morgen fast umgefahren hatte.

Und den Bruchteil einer Sekunde später erkannte ich, wer sie wirklich war.

Tessa Thorn.

Scheiße.

3. KAPITEL

Tessa

Das Café Happiness verschlug mir fast den Atem, und für einen Moment vergaß ich, wo ich war. Ich vergaß den Film, ich vergaß, dass in ein paar Tagen die gesamte Crew hier auftauchen und dass ich dann würde arbeiten müssen. Ich vergaß den Druck, der wegen dieses Films auf mir lastete, weil alle Hoffnungen auf dieser Geschichte lagen. Und auf mir. Ich vergaß sogar die Panikattacke.

Das Happiness war kein besonders großes Café, es gab vielleicht acht oder neun Tische. Zwei große, die für mehr Leute bestimmt waren, an den restlichen fanden höchstens vier Gäste Platz. Und man hätte auch keine Stühle vom Nachbartisch herüberziehen können, damit sich noch zwei, drei weitere Personen daransetzen konnten. Es gab nämlich keine Stühle.

Um die Tische herum hingen Holzschaukeln von der Decke herab. Manche mit einer hölzernen Lehne, die meisten allerdings ohne. Die Vorstellung, auf einer Schaukel zu sitzen und Kaffee zu trinken, ohne etwas zu verschütten, erschien absurd. Aber es saßen tatsächlich einige Gäste an den Tischen, und keiner von ihnen schien dieses Problem zu haben.

»So reagieren die meisten, wenn sie das erste Mal herkommen.« Das Mädchen kicherte. Erst jetzt fiel mir auf, dass wir uns gar nicht vorgestellt hatten. Allerdings hatte ich auch kein Bedürfnis danach, ihr zu sagen, wer ich war. Für den Moment gab ich mich damit zufrieden, ihren Namen ebenfalls nicht zu kennen.

Während ich mich weiter staunend umsah, schob sie mich sanft, aber bestimmt zu einem freien Tisch hinten in der Ecke.

»Setz dich, ich bin gleich wieder da«, sagte sie und verschwand, bevor ich protestieren konnte. Vorsichtig ließ ich mich auf die Schaukel sinken und stellte überrascht fest, dass sie sich nur minimal bewegte. Bevor ich mir darüber Gedanken machen konnte, warum die Schaukeln so stabil waren, kam sie zurück und stellte eine Tasse vor mir auf den Tisch, aus der ein herrlicher Duft nach Orangen und Ingwer aufstieg.

Seufzend atmete ich ein. Meine Muskeln entspannten sich, ich hatte gar nicht gemerkt, wie sehr ich mich verkrampft hatte, und ein Gefühl des Friedens durchflutete mich.

»Besser?« Das Mädchen schenkte mir ein Lächeln, als wüsste sie, dass allein der Geruch von diesem Tee alles besser machte, und strich sich eine rote Locke hinters Ohr.

Ich nickte. »Danke.« Meine Stimme klang seltsam rau.

Dann reichte sie mir ihre Hand. »Ich bin übrigens Ella.«

»Tessa«, erwiderte ich.

Ich straffte mich, wartete auf hektisches Luftschnappen oder ein aufgeregtes Quietschen, weil es ihr wie Schuppen von den Augen fiel.

Aber Ella legte nur den Kopf zu einer Seite und musterte mich so intensiv, dass alles in mir danach schrie, wegzulaufen. Doch ich konnte nicht weglaufen. Ich musste die panische Tessa in meinem Inneren bezwingen und die Schauspielerin Tessa wieder das Kommando übernehmen lassen. Doch dieses Mal ließ ich mich selbst im Stich.

Ich brachte kein Wort heraus, obwohl ich daran gewöhnt war zu reden, wenn es jemandem die Sprache verschlug, wenn er mich erkannte. Dabei war ich nichts Besonderes. Niemand, der andere vor Ehrfurcht erstarren ließ. So sollte das nicht sein. Ich war nur ein Mädchen, das vor sich selbst davonlief. Mein Herz schlug wie wild. Sag was, sag was, sag was. Ich wusste in diesem Moment nicht, ob ich Ella oder mich selbst meinte.

»Ich weiß«, sagte Ella schließlich. Wieder lächelte sie, ihre Augen blitzten aufmunternd. »Ich hab dich draußen schon erkannt.«

Ihre Antwort verschlug mir jetzt für einen Augenblick die Sprache, und eine unangenehme Stille breitete sich zwischen uns aus. Obwohl sie nur mir unangenehm zu sein schien, Ella wirkte sehr entspannt.

»Aber warum …«, stammelte ich und wusste auf einmal nicht weiter. Heute war so was von nicht mein Tag.

»Warum ich dir dann eine Tasse Tee angeboten habe, anstatt dich nach einem Selfie zu fragen und völlig auszuflippen?« Ihre Augen funkelten, und ihre Mundwinkel zuckten.

»Das ist arrogant, oder?« Ich stöhnte auf. »Ja, das ist total arrogant.«

Ella grinste breit, wodurch die Sommersprossen auf ihrer Nase zu tanzen schienen. »Nein, du bist dran gewöhnt, das ist alles.«

»Macht es das irgendwie besser?«, fragte ich zweifelnd und versuchte krampfhaft, mich wieder in den Griff zu kriegen. Aber ich schaffte es nicht, und schließlich gab ich auf.

»Ein bisschen.« Sie lachte. Ein helles, melodisches Lachen.

Ich trank einen Schluck von meinem Tee, um Zeit zu gewinnen, mir eine Antwort zu überlegen, die nicht bescheuert klang. Das Gespräch war so normal. Und ich war superschlecht darin, eine gewöhnliche Unterhaltung zu führen. Ich hatte keine Freunde, die einzigen beiden Menschen, mit denen ich über etwas anderes sprach als über den Job, waren meine Tante und meine Therapeutin. Ich hatte Ewigkeiten nicht mehr mit jemandem geredet, der in meinem Alter war und nichts von mir wollte. Kurz kam mir Logan in den Sinn, aber auch mit ihm hatte ich nicht normal geredet. Er war wie ich. Ein aufstrebendes Talent in Hollywood.

»Danke.« Das Wort rutschte mir einfach so heraus. Es war ehrlich gemeint, trotzdem hätte ich es am liebsten sofort zurückgenommen. Ich wusste nicht, warum, doch Ella hatte etwas an sich, das es mir schwer machte, mich zu verstellen und in die Rolle zu schlüpfen, die ich tagtäglich spielte. Eine Erinnerung schob sich in meinen Kopf, ein kleines rothaariges Mädchen, mit dem ich als Kind gespielt hatte. Bevor alles schiefgelaufen war.

Auf einmal fragte ich mich, ob Ella dieses Mädchen sein könnte. Und ob wir uns in meinem anderen Leben gekannt hatten.

»Wofür bedankst du dich?« Ella neigte den Kopf, ihr Blick war sanft.

Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Einfach danke.«

»Na dann … immer gerne.« Sie lächelte, trank einen Schluck aus ihrer eigenen Tasse und sah mich dann sorgenvoll an. Ihre Wangen verfärbten sich rot. »Ich weiß, es geht mich nichts an, und wahrscheinlich hast du hundert Leute, mit denen du eher darüber sprichst als mit mir … Aber geht’s dir gut?«

Ihre Frage ließ mich erstarren. Lügen. Du musst lügen. Spiel ihr was vor. So wie immer.

Ich hatte jedoch keine Kraft mehr zu lügen. Ich wusste nicht, ob es an Faerfax lag und an meiner Vergangenheit, die nur wenige Meilen entfernt auf mich wartete. Vielleicht war auch die Panikattacke schuld. Vielleicht war gerade alles zu viel für mich.

»Nein. Aber das wird schon. Was du da draußen gesehen hast –«

»Ist nie passiert«, unterbrach Ella mich. »Ich werde es niemandem erzählen, versprochen. Ich wollte nur wissen, ob es dir gut geht.«

Ich glaubte ihr, warum auch immer. Sie würde niemandem was von meinem Zusammenbruch erzählen. Ella würde mein Geheimnis für sich behalten. Dankbar lächelte ich sie an und stand auf. »Das ist lieb von dir. Leider muss ich jetzt los.«

Ella erhob sich ebenfalls und strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »War schön, dich kennenzulernen. Vielleicht sieht man sich ja mal wieder.«

»Die Dreharbeiten werden eine Weile dauern. Und ich weiß jetzt, wo ich wahnsinnig guten Tee bekomme. Wahrscheinlich sehen wir uns wirklich wieder«, erwiderte ich mit einem Lächeln und wandte mich Richtung Tür.

»Warte. Du kannst wieder hinten rausgehen. Vorne ist um die Uhrzeit immer viel los.«

Ella lotste mich zurück zur Hintertür, und ich wollte das Café gerade verlassen, als ich innehielt und mich noch einmal umdrehte. Tu es nicht. Das ist dumm und gefährlich.

Tu das nicht!

»Hast du morgen schon was vor?«, fragte ich.

Die Suite, die ich während der Dreharbeiten bewohnen würde, wirkte kühl und im Vergleich zu der Gemütlichkeit im Happiness trostlos, als ich sie betrat. Vollkommen unpersönlich, wie Hotelzimmer nun mal waren. Das Bett stand neben einem großen Fenster, es gab ein Sofa, einen runden Tisch, um den vier Stühle standen, und einen begehbaren Kleiderschrank, der nicht ansatzweise gefüllt war. Einen Großteil meiner Klamotten hatte ich in L. A. gelassen, ich hatte hauptsächlich Jeans, Pullis und kuschelige Strickkleider eingepackt. Mehr brauchte ich nicht, und ich legte auch nicht besonders viel Wert auf eine extravagante Garderobe. Nicht in Faerfax.

Mein Blick huschte zu den cremefarbenen Wänden der Suite, dann zu der weißen Bettwäsche und den geblümten Vorhängen, die wohl Freundlichkeit vortäuschen sollten.

Plötzlich sehnte ich mich mit einer Heftigkeit nach einem richtigen Zuhause, dass es mir für einen Moment den Atem raubte. Nicht nach der Villa in Los Angeles, in der ich nur dann wohnte, wenn ich nicht drehte. Das war nicht mein Zuhause und würde es auch nie sein.

Die Villa war vom Stil her sehr modern und entsprach eher Tante Susans Geschmack als meinem, schließlich hatte sie die Villa eingerichtet. Obwohl ich auch nicht hätte sagen können, was meinem Geschmack überhaupt entsprechen würde.

Ich hatte während der letzten Jahre so wenig darüber nachgedacht, was ich wollte, dass ich es vermutlich nicht einmal dann gewusst hätte, wenn ich mir tatsächlich Gedanken darüber gemacht hätte.

Inzwischen wusste ich nicht einmal mehr, wer ich war. Und noch weniger, wer ich sein wollte.

Die einzige Sache, die ich bewusst wollte, war, zu vergessen. Alles zu vergessen.

Erschrocken zuckte ich zusammen, als mein Handy klingelte und mich unsanft aus meinen Gedanken riss. Susans Name blinkte mir entgegen, und ich atmete zischend aus.

Ich wartete einen kurzen Augenblick, bis sich mein Herzschlag endgültig normalisiert hatte, dann nahm ich ab. »Hey, Suzie«, sagte ich und hoffte, dass meine Stimme fröhlich genug klang, damit sie mir abnahm, dass alles in Ordnung war. Susan war der einzige Mensch auf der Welt, der mich wirklich kannte. Sie war die Einzige, die alles über mich wusste. Abgesehen von Dr. Philipps.

»Tessa, geht’s dir gut?« Der besorgte Unterton in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Ich hätte mich doch direkt nach meiner Ankunft bei ihr melden sollen.

»Ja, alles gut. Der erste Tag war gut. Richtig gut.« Beim dritten »gut« merkte ich selbst, dass es einen Tick zu viel war.

Susan seufzte mitfühlend. »Was ist passiert?«

Es würde nichts nützen, wenn ich ihr verschwieg, wie der Tag gelaufen war. Sie würde so lange nachbohren, bis ich ihr alles erzählt hatte. Also tat ich es, um einer unnötig langen Diskussion zu entgehen.

Sie seufzte erneut. »Willst du Dr. Philipps anrufen?«

»Nein, ich bekomme das hin«, erwiderte ich leise. Tränen brannten in meinen Augen, und ich musste mich zwingen, sie runterzuschlucken. Ich würde jetzt nicht weinen.

»Bist du sicher?«

»Ja, bin ich. Ich muss das tun. Und was soll ich denn sonst machen? Den Film absagen? Mallory bringt mich um.«

»Denk jetzt nicht an Mallory, Tessa.« Susan klang wütend. »Sie ist deine Agentin, und sie hat viel Geld an dir verdient. Aber deine Gesundheit ist wichtiger!«

»Ich weiß«, versuchte ich sie zu beschwichtigen. »Und wenn ich merke, dass ich mit der Situation nicht klarkomme, werde ich Dr. Philipps anrufen, versprochen. Aber ich muss das machen, okay? Ich kann den Film nicht ohne jegliche Erklärung absagen. Jeder reißt sich um die Rolle. Wie würde es aussehen, wenn ich jetzt einfach abspringe? Und mit welcher Begründung? Ich bin in Faerfax aufgewachsen und kann dort nicht drehen, weil –«

»Schon gut«, unterbrach Susan mich sanft. »Ich verstehe dich ja. Ich mache mir bloß Sorgen. Du bist so ein liebenswertes Mädchen, Tessa.«

Ich hörte den Schmerz in ihrer Stimme, konnte fast vor mir sehen, wie sich ein dunkler Schatten über ihr Gesicht schob. Und ich wusste, an wen sie dachte. Für ein paar Sekunden schwiegen wir beide. Dann räusperte Susan sich und wechselte das Thema. »Mallory hat mich heute übrigens gebeten, dir auszurichten, dass du zwischendurch deine Mails checken sollst. Sie hat irgendwas von einem Zeitungsartikel gesagt. Ich habe keine Ahnung, worum es geht, aber vielleicht siehst du dir die Sache mal an. Es klang dringend.«

Nur mit Mühe gelang es mir, ein genervtes Stöhnen zu unterdrücken. Mallory Highsmith war seit fünf Jahren meine Agentin. Sie war diejenige, die mich auf der Bühne meiner Schule entdeckt und nach Hollywood geholt hatte, nachdem ich zu meiner Tante nach Los Angeles gezogen war. Ihr hatte ich alles zu verdanken. Sie war die energischste Frau, die ich kannte, und bekam grundsätzlich immer ihren Willen.

Ich mochte Mallory. Sie gehörte zur Familie. Irgendwie. Ich vertraute ihr bedingungslos, und ich wusste, dass sie nur das Beste für mich wollte. Wenn es allerdings um meine Person in den öffentlichen Medien ging, waren wir selten einer Meinung.

»Tessa?«, fragte Susan, als ich nicht antwortete.

»Ja, ich schau gleich nach«, entgegnete ich hastig. »Wir telefonieren dann morgen wieder, okay?« Plötzlich wollte ich nur noch meine Ruhe. Nicht mehr reden. Einfach ins Bett krabbeln, mir einen Film ansehen und die Welt um mich herum vergessen.

»Na gut. Dann bis morgen. Pass auf dich auf. Und denk dran: Ich hab dich lieb.«

Ich nickte, erwiderte die Worte jedoch nicht. Susan wusste, wie sehr ich sie liebte. Aber ich konnte es nicht sagen. Ich brachte die Worte nicht über die Lippen, obwohl es doch eigentlich so leicht sein müsste. Drei Worte. Mehr nicht. Doch jedes Mal, wenn ich es probierte, fühlte es sich an, als würden sie mir im Hals stecken bleiben. Es tat weh. »Bis morgen«, sagte ich, legte auf und warf das Handy nicht gerade vorsichtig Richtung Bett. Es landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem weißen Stoff der Decke.

Kurz war ich versucht, einfach zu ignorieren, dass Mallory mir eine Mail geschrieben hatte. Aber ich wusste, sie würde mich spätestens in zwei Stunden anrufen, wenn ich mich nicht bei ihr meldete.

Also setzte ich mich auf das Bett, nahm meinen Laptop vom Nachttisch, fuhr ihn hoch und rief das Mailprogramm auf. Ungeduldig, weil ich die Sache so schnell wie möglich hinter mich bringen wollte, öffnete ich die Mail. Während ich sie las, spürte ich, wie mir der Mund aufklappte. Ob vor Entsetzen oder Verblüffung konnte ich nicht sagen.

Meine liebe Tessa,

ich mache es kurz und knapp, weil ich weiß, dass du nicht viel davon halten wirst. Die Unizeitung der Faerfax University wird einen Artikel über deinen neuen Film schreiben – die Autorin und der Direktor haben beide während ihres Studiums dort gearbeitet.

Ich habe heute Morgen mit April Williams, der Chefredakteurin der Unizeitung, darüber gesprochen – ein ganz reizendes Mädchen, wirklich. Ein Journalist der Unizeitung wird die Dreharbeiten begleiten und darüber einen Artikel schreiben. Außerdem möchten sie neben diesem Artikel auch ein Porträt über dich veröffentlichen …

Die restlichen Worte verschwammen vor meinen Augen. Mallory neigte dazu, sehr lange Mails zu schreiben, egal wie kurz und knapp sie es anfangs immer machen wollte.

Wieder und wieder las ich ihre Mail, während ich wie erstarrt dasaß und mir das Herz bis zum Hals schlug. Das konnte unmöglich ihr Ernst sein!