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Samâra hasst die Opfergänge, zu denen sie als Priesterin verpflichtet ist. Wieder hat man ihr Kapu, den unbeliebten Bauern aufgebürdet, um das Opfertier für die Drachen von ihm zu holen. Kapu aber denkt gar nicht daran, sein Schwein herzugeben. Er flüchtet lieber mit Sack und Pack hinaus in die Wüste, und lässt Frau und Kind in der Stadt zurück. Seine Flucht wird aber jäh gestoppt und er seiner Strafe wegen Verweigerung des Opfers zugeführt, indem er selbst zum Opfer wird. Doch dies lässt dunkle Geheimnisse an die Oberfläche treten, die lange streng gehütet wurden. Plötzlich ist der gesamte Planet in Gefahr. Kapus Opferung entfesselt eine scheinbar unaufhaltsame Kettenreaktion. Nur wenn sich die Priesterschaft mit ihren Widersachern, den Alchemisten, verbündet, haben alle eine Chance, zu überleben. Wird Samâra es schaffen, den Stolz der Priesterschaft zu überwinden und das Unheil abzuwenden? Und wird Kapus Familie es schaffen, ihm zu verzeihen?
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Seitenzahl: 523
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Mary Elizabeth Habermann
Kemaras
Das Vermächtnis im Sand
1. Auflage 2022
Kemaras
Das Vermächtnis im Sand
Mary Elizabeth Habermann
Impressum
Texte:
© Copyright by Mary Elizabeth HabermannUmschlag:
© Copyright by ArT RefugiuMhttps://www.artrefugium.de
Verlag: M. Avenius, Graben 2, 83730 [email protected]
Druck:
epubli - ein Service der neopubli GmbH, Berlin
Für Ryūki,
denn ohne deine Ermunterung und Unterstützungwürde es dieses Buch nicht geben.&Steffi,
denn ohne deinen Rat hätte ich mich wohl im Dschungel des Selfpublishings verloren.
Tim,es tut mir leid dass du die Veröffentlichung dieses Werkes nicht mehr erleben konntest;
Ich danke dir für alles, du warst ein ganz Großer.
Ich werde dich nie vergessen.Llexandro und Enricound alle meine anderen Betaleser.
Danke für eure Hilfe.
Jede Ähnlichkeit zwischen Personen in diesem Buch und echten Personen, lebendig oder tot, ist reiner Zufall. Jede Ähnlichkeit zwischen Handlungen dieses Buches und realen Begebenheiten ist reiner Zufall.
Prolog
Die kalte Morgenluft vor dem Tempel versuchte Samâra eindrücklich zu vermitteln, wie müde sie immer noch war. Trotzdem versuchte sie, mit verschlafenem Blick die Berge nördlich der Stadt zu fixieren. Ihre feine, weiße Nachtrobe wehte im Morgenwind und sie verschränkte die Arme, in der Hoffnung, ihr würde vielleicht ein klein wenig wärmer werden. Die Kälte kroch jedoch weiter unbarmherzig durch den dünnen Stoff und der aufkommende Wind bepuderte die Haut der jungen Priesterin mit feinem Sandstaub. Ihre Augen kratzten und sie war noch nicht wirklich fähig, diese ganz zu öffnen. Der Schlaf lastete noch schwer auf ihr. Sie unterdrückte ein Gähnen. Sie war viel zu früh aufgewacht und hatte beschlossen, etwas frische Luft zu schnappen, bevor ihr Tag beginnen würde.
Schließlich spürte sie einen warmen Hauch auf ihrem Nachthemd und gleißendes Licht blendete sie. Soeben war der erste Sonnenstrahl über den Horizont hinweg gekrochen und der Tag hatte begonnen. Sie schloss für einen Moment die Augen und genoss die angenehme Wärme, wandte sich dann zum Tempel um und lief zurück, um sich für den morgendlichen Opfergang fertig zu machen, für den sie heute eingeteilt war.
1
Samâra fand es jedes Mal erneut wundervoll, die abgetretenen, mit einfachen Werkzeugen vor unzähligen Generationen aus dem dunklen Untergrundgestein gehauenen Stufen vom Tempel aus hinunter in die Stadt zu steigen. Obwohl es ein gewohnter Anblick war, liebte sie die alten, verfallenden Gassen, die mit ihrem eigenwilligen Charme die Augen derer auf sich zu lenken wussten, die sie passierten. Sie lief vorbei an den weiß, orange und gelb getünchten Lehmhäusern, die noch aus einer Zeit stammten, als es alle paar Monate geregnet hatte. Damals hatte es noch genug Wasser gegeben, um Farbe anzumischen. Heutzutage wurden Neubauten - sofern es überhaupt noch welche gab, denn teure Wasserkredite für Lehmbauten oder deren Anstriche konnte sich kaum jemand aus der durchschnittlichen Bevölkerung leisten - nicht mehr gestrichen. Lediglich im Stadtzentrum, wo noch einige reichere Familien lebten, fanden sich auch farbige Neubauten. Wasser war schlichtweg zu kostbar geworden und in jedem Lebensaspekt wurde darauf geachtet, nichts davon zu verschwenden. Hier und da bestanden einige Häuser auch noch aus mit Mörtel als Bindemittel aufgeschichteten Steinen aus den Steinbrüchen im Gebirge. Diese stammten noch aus der Wasserzeit vor über zweitausend Jahren, so alt, dass sie großteils schon halb verfallen waren. In ihnen lebten die ärmsten der vielen Einwohner Ar-Khâlins. Viele Häuser hatten keine Türen mehr, manche hatten wohl auch nie welche gehabt, denn es gab kaum noch Holz, aus dem man sie hätte machen können. Dafür hingen vielerorts bunte Vorhänge und Teppiche in den Türbögen, welche die Stadtbewohner aus der Wolle oder dem Leder ihrer Tiere herstellten oder herstellen ließen. Manche von ihnen schickten ihre Wolle zum Färben in den Süden. Andere ließen sie so, wie sie war. Diese Dekoration verlieh den sonst so kargen Straßen einen kleinen Tupfer Farbe, der das Auge erfreute.
Um diese Tageszeit waren die Straßen der Stadt voller Leben. Alle nutzten die kühlen Morgenstunden, um ihre täglichen Geschäfte zu erledigen, bevor die Hitze sie dazu zwang, bis in den späten Nachmittag hinein Schutz im Schatten zu suchen. Bauern trieben ihre Tiere an den Stadtrand hinaus, wo diese dann die kargen Wüstengrasbestände abfressen würden, während ihre Besitzer in Mattenzelten bei Tee und Brot darauf warteten, dass der Tag endete.
Händler waren dabei, ihre Stände aufzubauen und die Ware ordentlich zu drapieren. Ein Geruch von Gewürzen und Leder hing in der Luft. Hier und da wurde Samâra freundlich gegrüßt. Die meisten Menschen jedoch hatten es so eilig, dass sie keine Zeit fanden, um auch nur kurz aufzusehen und zu grüßen.
*
Nun aber befand sich die junge Frau in einer schmalen, verlassenen, sandigen Seitengasse. Sie stand vor einem weißen Lehmhaus mit einer uralten, abgeschabten, schon oft - teilweise mit Metall - geflickten, dunklen Holztür. Seitlich an das Haus angebaut befand sich ein dürftiger, ebenso verfallener Bretterverschlag, der vorgab, ein Stall zu sein. Die Latten waren etwa zur Hälfte ebenfalls durch bunt zusammengewürfelte Metallteile verschiedenster Art ersetzt worden. Es war heutzutage üblich, viel mit Metall auszubessern. Es war billig und noch reichlich vorhanden. Die Schmieden und Manufakturen im Süden machten dieser Tage ein gutes Geschäft damit.
Irgendwo in dem Verschlag vor Samâra konnte man eine Ziege leise meckern hören. Während ihr der Geruch von frischem Mist vermischt mit Morgenluft in die Nase stieg, klopfte sie vorsichtig am Wohnhaus. Sie hoffte inständig, dass der Bauer ihr nicht allzu viele Scherereien bereiten würde. Er war bekannt für seinen Dickkopf und sie hatte sich schon oft mit ihm anlegen müssen. Während sie wartete, schüttelte sie den Sand aus ihren Sandalen. Die Hauptverkehrswege in Ar-Khâlin waren für gewöhnlich gepflastert und stets gut gefegt, aber in den spärlich besuchten Seitenstraßen häufte sich immer der Sand und machte einem das Laufen schwer. Der Lärm des Treibens in den Hauptstraßen drang nur noch gedämpft an ihr Ohr.
»Kapu, bist du da? Ich bin Samâra vom Tempel und komme, um dein Schwein zu holen! Du weißt, dass du heute mit der Opfergabe dran bist?« Sie klopfte abermals. Drinnen rührte sich nichts. Hinten im Verschlag meckerte die Ziege weiter vor sich hin. Sie holte tief Luft.
»Mach auf, es hilft dir nichts, du kannst nicht aus«, sagte sie und seufzte. Es blieb einen Moment lang still. Geistesabwesend auf eine Antwort wartend und weiter Sand aus ihren Sandalen schüttelnd beobachtete Samâra die Fliegen, die über einem kleinen Misthäufchen vor der Stalltür tanzten. Trotz Morgensonne war ihr immer noch entsetzlich kalt, sie sehnte sich nach ihrem Bett. Sie bemerkte Tierspuren im Sand und fragte sich, ob der Bauer womöglich gar nicht zu Hause sondern am Stadtrand war. Und das, obwohl er heute an der Reihe war.
»Verschwindet! Ihr kriegt mein Vieh nicht für Euren Aberglauben! Wann versteht Ihr es endlich?«, kam schließlich eine kratzige, aufgebrachte Stimme von drinnen und riss Samâra aus ihren Gedanken.
Kapu hatte direkt hinter dem Mauerstück zwischen Tür und Fenster Stellung bezogen. Er hatte erst einen Moment lang geschwiegen, in der naiven Hoffnung, die Priesterin würde wieder umdrehen und ihn am Stadtrand suchen gehen. Um diese Hoffnung auch für sich selbst zu bestärken, hatte er vorhin zusätzlich seine Ziege kurz die Straße hinunter und wieder hinauf geführt, um Spuren zu hinterlassen. Samâra musste einen Moment lang schmunzeln. Er versuchte es tatsächlich wieder mit seinen alten Tricks.
»Das seh ich anders. Du weißt ja, wie die Regeln lauten und was passiert, falls du dich weigern solltest, deine Abgabe zu leisten«, gab sie leicht gelangweilt zurück.
Diesen Satz benutzte sie jedes Mal, um den Bauern zu überzeugen, aber bis jetzt hatte er noch nie etwas gebracht. Sie schien sich lediglich zu wiederholen. Außerdem verstand sie nicht, warum er sich so sträubte. Immerhin bekamen die Bauern als Ausgleich für das Opfer das Gewicht des Tieres in Wasser erstattet.
»Meine Tiere werden nicht für Euren Schwachsinn sterben, und ich erst recht nicht! Alles Irrsinn, es gibt keine Götter! Ich sag' es Euch gerne so oft, wie Ihr es hören wollt! Und jetzt macht, dass Ihr von meiner Haustür wegkommt! Ich will nicht, dass das Metall vor Schreck anfängt, zu rosten!«, polterte der Bauer weiter. Samâra holte noch einmal tief Luft. Sie hasste diese ewig langen Überredungslitaneien, die sie jedes Mal, wenn sie hierher kam, führen musste. Noch mehr hasste sie die Beleidigungen, die Kapu ihr jedes Mal an den Kopf knallte. Der Großteil der Stadtbewohner hatte viel zu viel Respekt vor den Priestern, um überhaupt das Wort gegen sie zu erheben. Kapu gehörte jedoch offensichtlich nicht zum höflichen Teil der Bevölkerung Ar-Khâlins.
»Überleg es dir gut. Wenn du dich weiter stur stellst, weißt du, was dir blüht und deine Tiere werden beschlagnahmt. Entweder ein Schwein und deine Freiheit oder aber dein Leben und alle deine Tiere. Denk auch an deine Familie. Lass dein Gewissen entscheiden, falls du eines hast.«
»Gewissen? Wisst Ihr da oben in Eurem feinen Palast denn überhaupt, was das ist?«, schimpfte Kapu weiter. Samâra gab die Diskussion auf und atmete ein paar mal tief durch, bevor sie ernsthaft wütend wurde. Es lohnte sich nicht, wegen diesem Sturkopf schlechte Laune zu bekommen. »Nun gut, du lässt mir keine Wahl. Ich werde mit Verstärkung wiederkommen.«
»Versucht's nur. Mich kriegt Ihr nicht!«, kam es als Antwort von hinter der Mauer.
Samâra schüttelte resignierend den Kopf und machte sich, ihre Sandalen immer weiter schüttelnd, bis sie auf sandfreiem Terrain war, auf den Weg zurück zum Tempel. Es war jedes Mal dasselbe mit Kapu Bidwi, dem störrischen Bauern. Bis jetzt hatte er noch immer nachgegeben, doch diesmal schien er beschlossen zu haben, endgültigen Widerstand zu leisten.
Wundersamerweise wollte sich auch jedes Mal wieder niemand im Tempel seiner annehmen, sobald die Zeit gekommen war, von ihm Vieh zu holen. Diese Aufgabe wurde jedes Mal an Samâra abgetreten mit der Begründung, sie könne am besten mit dem Sturkopf umgehen. Wütend trat sie auf ihrem Rückweg kleine Steinchen zur Seite, undeutliche Worte vor sich hin murmelnd.
2
Kaum war die Priesterin außer Sicht, begann Kapu, hastig seine Wüstentasche mit allem, was er brauchte, um ein paar Tage draußen zu überleben, zu packen. Sie war ein Erbstück der Familie, das er hütete wie seinen Augapfel. Seine Urgroßmutter hatte sie von Hand gefertigt und an ihre Nachkommen weitergereicht. Vorsichtig zog er sie aus der alten Truhe am Fußende seines Bettes.
Die Tasche bestand aus hellbraunem Ziegenleder. An ihr waren unzählige Fransen in türkis und purpur angebracht, welche bei jedem Schritt hin und her baumelten. Die Farben hatten selbst nach all den Jahren nichts an Leuchtkraft verloren. Verschlossen wurde die Tasche durch ein silbernes Schloss, das zwar schon sehr abgenutzt aussah, aber immer noch seinen Zweck erfüllte. Kapus Plan war es, nach Râya zu laufen, einer kleinen Stadt, die zwei Tagesreisen von Ar-Khâlin entfernt im Osten lag. Dort wohnte sein Bruder Keri, der ihn sicher aufnehmen würde, da er die Priesterschaft ebenfalls verabscheute. Er hatte endgültig genug davon, hier unter der Zwangsherrschaft der Priester zu leben. So hatte er sich das nicht vorgestellt, als er vor vielen Jahren hierher gezogen war. In Râya gab es keinen Tempel und somit auch keine Opfergaben.
Aus dem Augenwinkel bemerkte Kapu, wie jemand in den Durchgang zum Schlafzimmer trat.
»Kapu! Was soll das Theater?«
»Ich mach mich aus dem Staub! So sieht's aus!« »Du lässt uns also am Ende tatsächlich im Stich? Wer soll denn unser Essen beschaffen? Bleib hier und gib ihnen das Schwein, du alter Trottel! Das Wasser ist auch fast leer, wir brauchen den Opferausgleich! Aber natürlich geht dir dein eigenes Wohl über das deiner Familie!«, schrie ihn seine Frau wütend an, während er weiter in der Kiste wühlte.
Das stimmte so nicht. Kapu war nichts wichtiger als seine Frau und ihre kleine Tochter. Aber in diesem Moment hatte das Adrenalin in seinem Körper die Oberhand und er wollte nur eines: ein Exempel statuieren. Einer musste schließlich anfangen. Er war blind vor Rage. Die Welt war ihm egal, er wollte beweisen, dass das Volk stärker sein konnte als seine Unterdrücker. Er dachte sich: Wenn ich nicht anfange, tut es keiner, und vergrub sich noch tiefer in der alten Truhe.
»Nichts! Diese Schlangenanbeter bekommen weder mein Schwein noch mich! Ich mach mich davon! Sollen sie mich doch suchen! Ich komm zurück, wenn die Luft rein ist, macht euch keine Sorgen. Ah, da ist er ja.« Mit diesen Worten tauchte Kapu aus der Truhe auf und begann damit, sich den Tâmask, ein etwa zwanzig Fuß langes und eineinhalb Fuß breites Tuch aus leichter Baumwolle, um den Kopf zu wickeln, um sich so vor der Sonne zu schützen. Das Endstück fädelte er so geschickt ein, dass es fast sein komplettes Gesicht verdeckte und nichts mehr weiter als seine dunklen, störrisch blitzenden Augen zu sehen waren.
»Bleib hier, du verfluchter Holzkopf, die Priester sind überall, du kannst ihnen nicht entkommen! Sie werden dich finden und was dir dann blüht, weißt du selbst gut genug! Ich ... ich verlasse dich, wenn du gehst!«, drohte sie schließlich aus Verzweiflung. Sie wollte ihn nicht verlieren. Doch alles Flehen half nichts, Kapu packte seinen Wanderstock, der schon seinem Urgroßvater gehört hatte, überprüfte ihn mit einem kritischen Blick und sah seine Frau dann an, mit dem Stock auf sie zeigend.
»Das tust du sowieso nicht, und das weißt du«, antwortete er auf die vorangegangene Drohung. Er wusste, sie würde keinen anderen Ort finden, an dem sie bleiben konnte, da sie eine Ausgestoßene war. »So, und nun lass mich raus.« Er drängte sich an ihr vorbei ins Freie und lief in Richtung Osten davon. »Mich kriegen die nie im Leben, dreckiges Pack! Zuvor zerfall' ich in der Wüste zu Staub, jawohl!«, hörte man ihn noch fluchen, während er davon schlurfte.
»Oh ihr Götter, steht ihm bei«, seufzte Kapus Frau und vergrub das Gesicht in den Händen. Sie sah ihm noch lange nach, bevor sie sich umwandte und im Haus verschwand, das Schlimmste erwartend und das Beste hoffend.
3
Noch bevor Kapu den Stadtrand erreicht hatte, war Samâra schon mit zwei Kriegern im Schlepptau auf dem Weg zurück zu seinem Haus. Sie hatte sich beeilt, denn sie wusste, jede Minute zählte, wenn ein Opfer zum Berg gebracht werden musste.
Als sie die Stadtmitte erreicht hatten, kam ihnen ein fast glatzköpfiger, etwas untersetzter Mann mittleren Alters entgegen gehetzt. Er trug eine graue Kutte, die ihn als Steinmetz auswies. Sein Name war Ere Aridi, ein ehemaliger guter Freund und Nachbar von Kapu.
»Hochwürden, Hochwürden!«, wedelte er aufgeregt mit den Armen und versuchte, den Tross aufzuhalten.
»Ere, bitte verzeih, wir haben es eilig, deswegen habe ich nur einen kurzen Moment für dich. Was kann ich für dich tun?«, fragte Samâra und hielt die Krieger für einen Moment an. Ere verbeugte sich.
»Spart Euch den Weg, Hochwürden. Kapu ist abgehauen, hinaus in die Wüste! Ich hab gesehen, wie er mit Sack und Pack in Richtung Stadtrand lief.«
Sie seufzte. »Weißt du, wo er hin wollen könnte?«
Ere überlegte einen Moment, antwortete aber dann: »Er will sicher nach Râya, zu seinem Bruder. Das ist jedenfalls das Einzige, was mir gerade einfällt. Ich wusste, eines Tages würde es so weit sein, dass er sie nicht mehr alle beisammen hat. Dabei waren wir mal so gute Freunde. Aber seit er vor einem halben Jahr von diesem Alchemisten missioniert wurde, ist er nicht mehr derselbe. Bitte, ich hoffe, Ihr könnt seinen Schädel wieder hinbiegen.«
Kapu hatte seine Drohung also in die Tat umgesetzt. Dass er ein Überläufer war, stellte schon lange kein Geheimnis mehr dar. Alchemisten trieben seit einiger Zeit ihr Unwesen in der Stadt, immer mehr Anhänger um sich scharend. Vor allem in den Gasthäusern fanden sie bei einem guten Becher Kakhûl und deftigem Essen immer Gesellschaft, die gerne zuhörte und noch viel lieber eingeladen wurde. Den Alchemisten fehlte es nicht an Geld und die arme Bevölkerung Ar-Khâlins ließ sich deshalb nur zu gerne aushalten. Die Priesterschaft war machtlos dagegen, sie durften das Friedensabkommen nicht gefährden, indem sie Streit anfingen. Also hatten sie, nach einer hitzigen Ratssitzung, die eine ganze Nacht lang und bis in den nächsten Nachmittag gedauert hatte, beschlossen, die Entwicklung erst einmal zu beobachten.
»Danke Ere, wir werden ein Fluggerät losschicken, um ihn zu suchen. Was danach passiert, liegt nicht in meiner Hand.« Sie wandte sich zu den Kriegern um. »Geht ihr zurück zum Tempel und startet die Suche nach Kapu, ich gehe das Schwein holen. Soweit ich weiß, hat er eine Frau, die weniger störrisch ist als er selbst.« Die Krieger nickten und machen sich auf den Weg zurück hinauf zum Tempel, um mit dem Fluggerät aufzusteigen. Ere verbeugte sich hastig noch einmal und verschwand dann ebenso schnell, wie er gekommen war. Samâra sah ihm mit gerunzelter Stirn nach. Sie mochte Leute nicht, die andere verpetzten. Aber Ere hatte nur seine Bürgerpflicht getan, das wusste sie ebenfalls.
Etwas traurig aufgrund der sich nun ergebenden Situation lief sie weiter, zurück zu Kapus Haus. Sie wusste mit Sicherheit, dass er eine Frau hatte. Samâra hatte sie schon einmal kurz gesehen, als sie das letzte Mal Vieh geholt hatte. Generell schien sie sich aber eher im Verborgenen zu halten. Samâra fragte sich, was wohl der Grund dafür sein mochte.
Vorsichtig klopfte sie erneut an die verfallene Haustür.
»Wer ist da?«, kam eine rauchige Stimme von drinnen.
»Samâra vom Tempel, kann ich mit jemandem sprechen?« Sie wollte gerade aus Neugierde zum Fenster hinein sehen, um herauszufinden, wer da mit ihr geredet hatte, da öffnete sich die Tür. Eine müde wirkende Frau stand der Priesterin nun gegenüber. Sie war einen Kopf kleiner als Samâra. Ihr dunkles, halblanges Haar war notdürftig mit einer Lederschnur zu einem Pferdeschwanz gebunden. Der Rest, der zu kurz dafür war, steckte hinter den Ohren oder fiel ihr in Fransen ins von harter Arbeit gezeichnete Gesicht. Ihre Augen waren von einem warmen Braun.
»Guten Tag, Hochwürden!«, wurde Samâra von der Frau begrüßt, die sich vor ihr verneigte. »Wenn Ihr meinen Mann sucht, dem war sein eigenes Leben wichtiger als seine Familie. Er hat sich aus dem Staub gemacht. Holt bitte das Vieh aus dem Stall, mit mir habt Ihr keine Scherereien. Ich bitte Euch nur, solltet Ihr den alten Schuft finden, lasst ihn am Leben. Wir brauchen einen Ernährer, wir haben sonst nichts.« Samâra wollte gerade antworten, da drängte sich ein kleines Mädchen zwischen die Frau und den Türrahmen.
»Mama, wer ist da?«, fragte sie. Die Kleine hatte rote Augen, ein Zeichen der Blutlinien. Ihr dunkelbraunes, hüftlanges Haar war zu einem Zopf geflochten. Verblüfft sah Samâra nun die beiden an. Sie hatte bis zu diesem Moment nicht gewusst, dass Kapu eine Tochter hatte. Sie schienen sie immer gut verborgen zu haben. Also stimmte es, was man erzählte: dass unter dem gewöhnlichen Volk auch unentdeckte Abkömmlinge der Blutlinien zu finden waren. Normalerweise kamen diese aber großteils in höher gestellten Schichten vor und wurden stets in den Tempeln ausgebildet. Hier jedoch schien etwas vorgefallen zu sein, das beides verhindert hatte. Vor allem da die Mutter des kleinen Mädchens keine Blutlinienmerkmale zeigte. Die Gedanken in Samâras Kopf rasten, auf der Suche nach einer schlüssigen Antwort, doch sie konnte keine finden.
»Das ist eine Priesterin, die deinen Vater sucht, weil sie mit ihm etwas zu besprechen hat, Schätzchen.« Das Mädchen sah Samâra eindringlich an, traute sich aber nicht, etwas zu sagen.
»Bitte verzeiht, das ist meine Tochter Âini«, stellte die Frau das Mädchen schließlich vor und strich der Kleinen liebevoll über den Kopf. Man sah jedoch die Angst in ihren Augen, denn nun wussten die Priester, dass sie eine Tochter hatte, die noch dazu ein Blutlinienkind war.
»Hallo Âini, ich bin Samâra.« Sie ging in die Hocke, um auf Augenhöhe mit dem Kind zu sein und hielt ihr die Hand zur Begrüßung hin. Die Kleine jedoch erwiderte den Gruß nicht. Es stimmte, sie hatte tiefrote Augen. Sie schien ein wenig von der großen Gestalt in der Robe eingeschüchtert zu sein, weshalb Samâra sich erhob und wieder Kapus Frau zuwandte: »In Ordnung, ich werde das Schwein aus dem Stall holen und es zum Tempel bringen. Die Krieger müssten mittlerweile schon auf dem Weg sein, um Kapu zu suchen. Ich werde versuchen, ein gutes Wort für ihn einzulegen, kann aber leider nichts versprechen, da die Entscheidung nicht die meine ist. Da er aber Familie hat, hoffe ich, dass das mildernde Umstände zur Folge haben wird. Ich werde natürlich auch dafür sorgen, dass ihr trotz Kapus Sturschädel den Opferausgleich bekommt.« Ganz sicher war sie sich dessen jedoch nicht, aber das verschwieg sie lieber, um der armen Bauersfrau nicht noch mehr Angst zu machen. Sie hatte schon jetzt genug Mitleid mit ihr aufgrund der Dinge, die später wegen dem störrischen Familienoberhaupt noch auf die beiden zukommen würden.
»In Ordnung, ich danke Euch und bitte Euch gleichzeitig um das Leben meines Mannes.« Die Frau verbeugte sich abermals und verschwand wieder im Haus.
Samâra öffnete vorsichtig die Tür des Bretterverschlages, in dem sich Kapus Tiere befanden. Nun erfuhr sie den Grund für das konstante Meckern der Ziege: Bei ihr lag ein Junges, welches gerade an einer Zitze sein Frühstück zu sich nahm. Samâra ging in die Hocke und streichelte Mutter und Kind.
»Lasst euch nicht von mir stören, ja?« Als Antwort bekam sie lediglich ein weiteres, leises Meckern. Während sie noch vor den Ziegen hockte, sah sie sich um und entdeckte schließlich das Schwein, angebunden in einer Ecke vor einem Häufchen, wohl extra für diesen Tag gekauftem, Heu. Sie machte es los und zog es hinter sich her, hinaus auf die Straße.
Sie führte es mit sich zurück über die Treppen, die vom Stadtrand aus und durch enge Gassen, zwischen an und in den Berg hinein gebauten Häusern, zum Tempel hinauf führten. Immer wieder blieb das Tier von einer Sekunde auf die nächste stehen und schnüffelte an der einen oder anderen Ecke, als wolle es sich Zeit verschaffen, bis ihm ein Weg einfiel, um zu fliehen.
»Komm schon, liebes Schweinchen, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit«, seufzte Samâra leicht genervt, während sie am Strick zog, um es wieder in Bewegung zu setzen. Das Schwein blieb, wo es war und schnüffelte weiter an einem Häufchen Sand, das in einer Ecke aufgeweht worden war. Das war auch immer so eine Sache, die Samâra hasste. Die Tiere gingen selten freiwillig mit hinauf zum Tempel. Ganz so, als ahnten sie, was ihnen bevorstand. Aus einigen Fenstern bekam sie neugierige Blicke zugeworfen. Auch wenn die Leute nicht sichtbar waren, Samâra spürte ihre Blicke im Nacken. Niemand traute sich jedoch, hinauszugehen und Hilfe mit dem störrischen Tier anzubieten. Die Leute hatten allgemein viel zu viel Angst vor den Priestern und zogen es - bis auf einige wenige, die gerne ihre Nachbarn verpetzten - vor, ihnen nicht über den Weg zu laufen. Wenn jemand doch einmal den Weg eines Priesters kreuzte, konnte man in dessen Gesicht die Angst sehen, die derjenige stets mit Freundlichkeit zu überspielen versuchte. Ganz genau so wie bei den Leuten, denen Samâra heute Morgen begegnet war.
Kurz bevor sie den Tempel erreichte, flog das Afrâu-Mêdri - ein kastenförmiges, graues Fluggerät mit abgerundeter Schnauze, dessen Name kleiner Vogel bedeutete, und das viele nur kurz als Am bezeichneten - mit einem sirrenden Geräusch über Samâras Kopf hinweg, hinaus in die Wüste. In ihm die beiden Krieger, die den entflohenen Bauern aufsammeln würden. Das Am wirbelte eine gewaltige Sand- und Staubwolke auf. Samâra sah ihm nach, bis es am Horizont verschwunden war und führte das Schwein dann über den Vorplatz, hinein in den Tempel und auf dessen Innenhof.
Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass Schweine erst »sauberes Futter« erhalten mussten, bevor man sie zum Berg brachte. Es hatte sich eines Tages plötzlich herausgestellt, dass die Tiere von den Drachen verschmäht wurden, wenn sie vorher nichts als Abfälle zu fressen bekommen hatten. Auch wenn die Tiere zuvor Heu bekommen hatten, wurden sie abgelehnt. Niemand wusste wieso, aber man konnte und wollte nur aufgrund dieser Entdeckung nicht auf Schweine als Opfertiere verzichten. So entbehrte man fortan lieber ein wenig Obst oder andere Leckereien aus der Tempelküche, damit die Drachen die Tiere annahmen. War ein Opfer abgelehnt worden, folgte meistens tags darauf ein Erdbeben, das ganz Ar-Khâlin erzittern ließ. Erst vor einigen Tagen war deshalb die Hauptwasserleitung zu Bruch gegangen. Diese führte von einem unterirdischen Speicher aus zum Tempel und hinunter in die Stadt. Sie lag tief unter der Erde und war durch eine Gesteinsverschiebung abgerissen worden, weshalb man sie nun mühselig reparieren musste. Man hatte, nachdem sich die Erschütterungen gelegt hatten, umgehend eine Nachricht nach Saldâr tief im Süden geschickt, mit der Bitte um eine Wasserlieferung. Die Amaniti, wie sich die dort lebenden Wasserschöpfer nannten, würden daraufhin ein Afrâu-Imrâr, einen großen Vogel und kurz Ai, zum Tempel schicken, beladen mit Wasserbehältern. Amaniti waren eine eigenständige Volksgruppe, die ihr Wissen von Generation zu Generation weiterreichte. Wasser war diesen Menschen heilig. Ihre Arbeiter hüteten und verwalteten die Quellen, von denen es in der Südpolregion noch reichlich gab.
Samâra hatte das Schwein inzwischen gewogen und an einer der Säulen im Innenhof festgemacht. Dann war sie hinunter in die Küche gegangen und hatte sich dort vom Koch Obst geben lassen. Nun beobachtete sie das Tier, wie es genüsslich grunzend seine Nase in den Futterberg steckte und diesen zu verschlingen begann.
»Wenn du nur wüsstest, was auf dich wartet«, seufzte sie, während sie sich neben dem Borstentier niederließ und es streichelte. »Und außerdem nervt es mich gewaltig, dass Kapu immer an mich abgetreten wird! Als ob ich besser mit ihm umgehen könnte! Gerade das Gegenteil ist der Fall. Ich bin diejenige, die er am schnellsten klein kriegt. Aber was erzähl ich dir das. Du hast sicher gerade andere Sorgen.« Sie erhob sich, klopfte sich den Staub von der Robe und ging sich eine Kleinigkeit zu Essen besorgen, da sie von dem Obsthaufen neben sich nun ebenfalls hungrig geworden war.
4
Wenig Ruhe fand Kapu draußen vor der Stadt. Er war erst beinahe eine Meile weit gekommen, da hörte er das Surren von Triebwerken über sich. Hastig drehte er sich um und sah das Am auf sich zukommen.
»Na wartet, euch werd ich's zeigen«, murmelte er und streifte seine Tasche von der Schulter, um sie im Sand einzugraben. Als nächstes folgte der Stock, und dann er selbst. Sich selbst im Sand zu vergraben war eine alte Verteidigungsmethode seiner Vorfahren gewesen. Deshalb, so dachte Kapu, würde sie bestimmt heute auch noch funktionieren.
Augen und Mund geschlossen, die Luft anhaltend, um sich bloß nicht durch irgendwelche noch so winzigen Bewegungen preiszugeben, kauerte Kapu nun unter einem in der sonst flachen Ebene seltsam deplatziert wirkenden Sandhuckel. Er hoffte, dass das Am umdrehen würde, hörte es aber immer weiter auf sich zu kommen. Was er nicht wusste war, dass das Fluggerät über Wärmesensoren verfügte, die Verborgenes am Boden aufspüren konnten. Und noch funktionierten diese, da die Sonne den Sand noch nicht zu sehr aufgeheizt hatte. Es wurde still.
Schließlich vernahm er Schritte.
»Na, wer spielt denn da verstecken? Ist das nicht eher was für Kinder?«, hörte der Bauer schließlich eine Stimme neben sich sagen. Trotzdem bewegte er sich nicht. Selbst als Sâmir ihn ausgrub, rührte er sich nicht von der Stelle. »Du kannst aufhören, dich tot zu stellen, wir haben dich gefunden! Jetzt bist du mit Suchen dran!«
Das entlockte Kapu ein trotziges »Pah! Eure Spielchen könnt Ihr mit jemand anders spielen. Lasst mir meine Ruhe!« Woraufhin die Krieger ihn an den Armen packten und nach oben hievten. Was sie nicht bemerkt hatten, war, dass Kapu zur Vorsicht seinen Stock in Griffweite vergraben hatte und diesen nun packte, um ihn gegen Sâmirs Schienbein zu schmettern. Dieser heulte vor Schmerz zunächst auf, stellte dem Bauern dann jedoch geschickt ein Bein, woraufhin dieser Kopf voraus im Sand landete.
»So, keine Mätzchen mehr, den hier nehm ich dir ab.« Er schnappte Kapu seinen Stock weg und fuhr dann fort: »Arêm wird deine Tasche mitnehmen. Jetzt steigen wir schön brav ins Am, ja?« Doch Kapu dachte trotz allem immer noch nicht daran, den Rückzug anzutreten. Auch wenn es ihn insgeheim sehr interessierte, wie es sich anfühlte, zu fliegen. Mit verschränkten Armen setzte er sich im Schneidersitz in den Sand und funkelte die beiden Krieger böse an. Sein Gesicht war immer noch verhüllt. Der Tâmask war jedoch mittlerweile, ebenso wie der Rest seiner Kleider, voller Sand, aber das schien Kapu nicht zu stören.
»Nö, ich habe einen Besuch zu tätigen, also lasst mich weiter, sonst komm ich zu spät!«
Sâmir seufzte. »Deine Märchen kannst du jemand anderem erzählen. Arêm?« Sein Begleiter nickte. Kurz darauf packten sie den Bauern mit sanfter, aber bestimmter Gewalt an beiden Armen und zerrten ihn unter lautem Gezeter ins Fluggerät, um mit ihm zurück zum Tempel zu fliegen.
5
In Samâras Kopf kreisten unterdessen die Gedanken, während sie ihr Frühstück am großen Tisch in der Vorhalle verzehrte. Sie hatte noch ein wenig Zeit, bis das Schwein fertig gefressen hatte und hoffte, mit etwas im Magen wacher zu werden und nicht mehr zu frieren. Plötzlich jedoch sprang sie auf und lief in Richtung des Arbeitszimmers der Hohepriesterin. Sie hatte gerade in einem Geistesblitz beschlossen, ihren Groll wegen Kapu nicht länger auf sich beruhen zu lassen, sondern ihm endlich Luft zu machen. Sie wusste, dass sie sich mit dem Opfergang langsam aber sicher sputen musste. Dieses Problem hier konnte jedoch nicht länger warten. Nicht mehr. Genug war genug. Jetzt oder nie. Mit unter ihren Schritten wallender und raschelnder Robe lief sie den Flur entlang, an dessen Ende sich das Arbeitszimmer der Hohepriesterin befand. Vorsichtig klopfte sie an die Tür.
»Ja bitte?«, war von drinnen zu hören. Die junge Priesterin öffnete die Tür. Der Geruch von gealtertem Papier und Staub wehte ihr entgegen, als sie den Raum betrat.
»Samâra! Was kann ich für dich tun?« Die Hohepriesterin sah von den Papieren auf, die sie gerade studiert hatte. Sie hatte ihre langen, blonden Haare zurückgebunden und ihre roten Augen wirkten unausgeschlafen. Mit fragendem Blick sah sie nun die Priesterin vor sich an. Samâra beschlich ein plötzliches, flaues Gefühl. Sie musste den Impuls, umzudrehen und den Raum zu verlassen, unterdrücken. Sie fühlte sich ein wenig wie ein Kind, das etwas ausgefressen hatte und wusste, dass es gleich bestraft werden würde, obwohl es im Recht war, sich aber nichts gegen die Eltern zu sagen traute. Oder wie ein Arbeiter, der zum ersten Mal die Stimme gegen seinen Vorgesetzten erhebt. Sie wusste, sie konnte ihrer Vorgesetzten vertrauen und ihr ihre Sorgen vortragen. Trotzdem war ihr jedes Mal wieder flau im Magen.
Samâra nahm auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch der Hohepriesterin Platz und all ihren Mut zusammen: »Die Sache ist die. Ich weiß nicht, wie ich es formulieren soll, ohne dass es vorwurfsvoll klingt, aber ich werde es dennoch versuchen. Ich beobachte nun schon seit geraumer Zeit, dass jedes Mal, wenn es so weit ist, von Kapu Bidwi Vieh zu holen, alle im Tempel einen Rückzieher machen oder irgendwelche Entschuldigungen finden, um mir die Aufgabe zuzuschieben. Ich finde das nicht in Ordnung und wollte mich deshalb beschweren. Es kann nicht sein dass, nur weil er eben unbequem geworden ist, außer mir sich keiner mit ihm abgeben möchte. Ich muss betonen, dass ich das auch nicht freiwillig mache.« Sie holte einmal tief Luft. Die Tempelvorsteherin dachte einen Moment lang nach. Sie verstand Samâras Ärger durchaus und fand es nicht in Ordnung, was die anderen Priester sich herausnahmen.
»Ich werde sehen, was ich daran ändern kann. Normalerweise stünde ja heute Arâia auf dem Plan, nicht wahr?« Samâra nickte. »Dabei erzählen mir alle, dass du so gut mit Kapu zurechtkommst«, versuchte die Vorsteherin, die Stimmung mit einem Zwinkern und ein wenig Ironie aufzulockern. Auch ihr waren schon diverse Ausreden zu Ohren gekommen, als sie die ein oder andere Priesterin dabei erwischt hatte, wie sie herumsaß und nicht wie eingeteilt Vieh von Kapu holen gegangen war. Sie erntete für ihre Worte jedoch nur einen dunklen, verneinenden Blick von Samâra, welche die Ironie offenbar überhaupt nicht lustig fand. »Mach dir keine Sorgen. Ich werde nachher, wenn du auf dem Berg bist, alle zusammenrufen und fragen, was das soll. Jeder steht zu bestimmten Zeiten im Plan und der soll auch eingehalten werden. Ich dachte, wir sind hier alle erwachsen, aber offenbar habe ich mich geirrt. Danke, dass du gekommen bist.«
Samâra war schon aufgestanden und wollte gerade gehen, sie hatte die Hand bereits auf der Türklinke, da fiel ihr das kleine Mädchen von vorhin ein. »Da wäre noch etwas Anderes, das ich gerne klären würde, bevor ich auf den Berg gehe.«
Die Hohepriesterin setzte sich wieder. »Sprich. Aber beeil dich. Du weißt, es muss morgens immer schnell gehen.«
»Ja, ich werde mich deshalb auch so kurz wie möglich fassen«, begann Samâra, »Als ich heute unten in der Stadt war, traf ich an der Haustür erst einmal Kapus Frau an. Soweit nichts Ungewöhnliches, ich kenne sie ja schon. Dann aber kam ein kleines Mädchen zum Vorschein. Scheinbar hat sie eine Tochter, von der wir nichts wussten. Sie muss das Kind wohl auch vor der Volkszählung verborgen haben. Die Kleine entstammt eindeutig der roten Blutlinie. Ich wollte, dass Ihr das wisst, vielleicht können wir sie hier ausbilden.«
Ihr Gegenüber sah Samâra nun verblüfft an und legte ihren Stift zur Seite. Dieses Thema war die Verzögerung beim Opfergang in jedem Falle wert.
»Blutlinie sagst du? Ich habe Ârani schon mal gesehen, sie weist keinerlei Merkmale der roten Linien auf und auch Kapu nicht. Ich frage mich, woher das Kind kommt. Allerdings habe ich eine Ahnung, warum das so sein könnte. Aber dazu später. Ich werde überlegen, was wir mit der Kleinen machen, wenn überhaupt. Sieh du nun zu, dass du auf den Berg kommst und mach dir keine Gedanken mehr. Danke für diese Neuigkeiten.« Samâra nickte, verließ den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.
Die Hohepriesterin hatte in der Tat eine Vermutung, weshalb Âini ein Blutlinienkind war und ihre Eltern nicht. Oder besser: warum sie nicht den Anschein erweckten. Das Kinn auf die Hände gestützt, begannen ihre Gedanken zu kreisen. Ârani konnte möglicherweise ein Abkömmling von Sha Hâtti, oder Sündern, wie sie auch genannt wurden, sein, einer verbotenen Verbindung zwischen den blauen und den roten Blutlinien. Kapu, da war sie sicher, war von niederer Herkunft. Denn weder sein Vor- noch sein Nachname wiesen die in den höheren Schichten übliche Schreibweise auf.
Es gab auf Kemaras zwei hohe Blutlinien. Die Khezêi genannte mit blauen Augen, unterteilt in die Familien Azerrîd und Elmâna. Und die Hekhêr genannte mit roten Augen, unterteilt in die Familien Amâdal, Edêkhi und Sarîa. Die Rote Linie war mit drei Familien stärker vertreten als die Blaue. Warum das so war, wusste niemand. Man konnte nur rätseln.
Beide waren alten Legenden nach einst von den Drachen als Sklavenrasse geschaffen worden. Der übrige, größere Teil der Bevölkerung Kemaras' entsprang den Büchern nach Urvölkern, welche den Planeten schon vor dem Erscheinen der Drachen besiedelt hatten. Dies sprach außerdem dafür, dass diese Drachenwesen von einem anderen Planeten kommen mussten, weil sie in der Geschichtsschreibung urplötzlich von einem Moment auf den anderen auftauchten. Niemand sprach das jedoch gerne aus. Man fürchtete sich vor Dingen, die man nicht kannte.
Man legte gewöhnlich viel Wert darauf, beide Blutlinien rein zu halten. Sprösslinge aus unzulässigen Verbindungen wiesen - so hatten es die Alchemisten vor langer Zeit herausgefunden - aufgrund einer biologischen Eigenheit keinerlei äußere Charakteristika der Blutlinien auf. Üblicherweise wurden solche Kinder verfolgt und getötet, sobald man herausfand, dass sie existierten. Das hatte den Grund, dass sie unter der gewöhnlichen Bevölkerung schwer bis gar nicht ausfindig zu machen waren, wenn man sie einmal aus den Augen verloren hatte. Sie waren dann als Arbeiter verloren. Lange sagte man ihnen auch nach, sie hätten den Geist der Rebellion in sich, das sie gefährlich machte, weil die Priesterschaft schon immer Aufstände fürchtete. Ikh'îb, wie man sie nannte, waren in den Augen der Blutlinien eine Schande, eine Beschmutzung ihrer so sorgsam gepflegten Reinheit. Doch heutzutage kontrollierte man diesen Brauch kaum noch, vor allem aus Mangel an Personal, das dafür hätte abgestellt werden müssen. Zum Anderen auch, weil es aufgrund der Ressourcenknappheit auf dem Planeten niemand mehr wagte, einen Krieg anzufangen, den keine Seite gewinnen würde, auch wenn er noch so klein wäre. Auch die vermeintlichen Rebellen wussten das. Des Weiteren sah man heutzutage in diesen Menschen keine Bedrohung mehr, sondern vielmehr Hoffnung für die Rettung der Blutlinien. Deshalb überlebten inzwischen viele von ihnen. Andererseits gab es aber immer noch vereinzelt Familien, die in solchen »Mischlingen« eine Schande für ihre Ehre sahen und auch alles taten, um dies zur Schau zu stellen.
Wenn nun ein solcher Mischling eine Beziehung mit jemandem einging, der reinen Blutes war, so traten die Blutlinienmerkmale in dem Kind, das aus dieser Verbindung entstand, wieder hervor. Und genau hier kam die kleine Âini ins Spiel.
Die Hohepriesterin plante, Ârani selbst einmal zu ihrer Geschichte zu befragen. Sie ging davon aus, dass diese äußerst interessant sein musste. Sie hoffte sehr, dass die Bauersfrau zustimmen würde, ihre Tochter ausbilden zu lassen. Aber nach allem, was die Vorsteherin nun, dank dessen Sturheit und der Vorschriften, mit Kapu im Sinn hatte, sah sie vorerst keine Möglichkeit, ihr Vorhaben, das Kind in den Tempel zu holen, in die Tat umzusetzen. Es war schon zu spät, um sich von ihren Plänen abzuwenden. Die Strafe für Kapu musste sein. Seufzend wandte sie sich wieder den Unterlagen vor sich zu.
6
Samâra war mittlerweile auf dem Weg in ihre Kammer, um sich für den Opfergang umzuziehen und ihre Guba zu holen, den Wasserschlauch aus Ziegenleder, ohne den keine Priesterin auf den Berg stieg. Als sie am hinteren Tor vorbei kam, stand das Schwein immer noch, munter vor sich hin schmatzend, dort. Der Obstberg war jedoch deutlich geschrumpft.
Sie wollte soeben die Tür zu ihrem Zimmer öffnen, da hörte man vom Eingang her Schritte und lautes Gezeter durch das Erdgeschoss hallen. Auf dem Vorplatz stand ein Am und Sâmir und Arêm schleppten Kapu an beiden Armen in den Tempel. Im Gegenlicht erschienen sie wie ein sich schnell bewegendes Gespinst aus Schatten.
»Lasst mich los! Ihr habt mein Schwein, was wollt Ihr noch? Elende Tyrannen, mögen Eure Drachen Euch holen kommen! Unsere Anführer werden mich rächen, verlasst Euch drauf!«, schrie der alte Mann, der jetzt sehr ungepflegt wirkte. Seine Worte hallten von den Wänden wider. Erschrocken drehten sich einige Priester um.
In Kapus schon leicht ergrautem Schnauzbart hingen Sandkörner und seine dunklen Augen funkelten vor Zorn. Der schwarze Tâmask hatte sich aufgewickelt und das Tuch hing nun wie ein langer Schal um seinen Hals. Wenn er von seinen Anführern sprach, so wusste Samâra, meinte er die hohen Alchemisten. Die konnten durchaus zornig werden, wenn die Priesterschaft Hand an ihre Anhänger legte. Die beiden Krieger hielten den Bauern immer noch fest, wussten nun aber nicht, wohin mit ihm. Sie hatten noch keine Anweisungen von der Hohepriesterin erhalten, was sein weiteres Schicksal betraf. Fragend sahen sie Samâra an, hoffend, den anstrengenden Zeitgenossen bald loswerden zu können.
»Samâra, was passiert jetzt mit dem hier?«, fragte Sâmir schließlich, versuchend, das Gezeter und Gefluche des Bauern zu übertönen, und deutete mit seinem Blick auf Kapu.
»Werft ihn vorerst in den Kerker«, antwortete sie, »Ich werde mit der Hohepriesterin sprechen.« Die Krieger nickten und wandten sich zum Flur in Richtung Kriegerhaus um. Von dort führte eine Treppe in den Kerker. In Kapus Ohren klang das Wort Kerker wie ein sicheres Todesurteil.
»Was? Ich will nicht sterben! Was hab ich verbrochen? Was soll das? Ihr verfluchten Diktatoren! Lasst mich los, lasst mir mein Leben! Hilfe!«, brüllte er und versuchte, sich zu befreien, während die Krieger ihn abführten. Panik und blankes Entsetzen stiegen in ihm hoch.
*
Abermals klopfte es an der Tür der Hohepriesterin.
»Ja bitte? Ach Samâra. Solltest du nicht am Berg sein?«
Beschämt sah diese zu Boden. »Tut mir leid. Ich war gerade am Gehen, als die Krieger mit Kapu zurückkamen und ich dachte, ich sage Euch Bescheid. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen ihn erst einmal in den Kerker werfen. Was habt Ihr nun mit ihm vor?«
Die Hohepriesterin legte einen Stapel Papiere zur Seite. Einen Moment lang herrschte eine bedrückende Stille im Raum.
»Wir werden ihn morgen früh opfern.« Ungläubig starrte Samâra ihre Vorgesetzte an, die auf ihren Blick nur erwiderte: »Tut mir leid, ich muss ein Exempel statuieren. Es gibt schon wieder zu viele, die denken, sie können es sich erlauben, gegen uns zu rebellieren. Außerdem habe ich keine Wahl, denn so steht es im Register. Was wäre ich für eine Hohepriesterin, wenn ich mich nicht daran halten würde?«
»Ja, aber ... Ich möchte nicht respektlos erscheinen, aber ich habe Ârani versprochen, ein gutes Wort für ihn einzulegen. Er hat Familie, deswegen hatte ich auf mildernde Umstände gehofft«, schluckte Samâra. Manchmal, fand sie, war die Hohepriesterin ein wenig zu hartherzig. Vor allem angesichts der Tatsache, dass Kapu Frau und Kind hinterlassen würde, die dann niemanden mehr hatten, der für sie sorgte. Eine unterschwellige Angst machte sich in Samâra breit. Sie wusste genau, woher diese kam, traute sich aber nicht, etwas zu sagen.
»Es tut mir leid, es geht nicht anders. So, und nun geh. Bring das Schwein zum Berg, bevor die Drachen uns wieder Ärger machen.«
»Jawohl.« Samâra merkte, dass auch der Hohepriesterin scheinbar nicht ganz wohl dabei war, den Bauern zu opfern. Aber sie ging davon aus, dass diese schlichtweg ihre Machtposition verteidigen musste, welche in letzter Zeit öfter infrage gestellt worden war. Kapu hatte sich einfach nur einen schlechten Zeitpunkt für seine Rebellion ausgesucht.
Zurück im Innenhof band Samâra das Schwein los, während sie mit dem anderen Arm versuchte, die Guba daran zu hindern, ihr von der Schulter zu rutschen. »So, wir machen jetzt einen kleinen Ausflug, nur du und ich. Wie gefällt dir das?«, sprach sie zu dem Schwein, während sie es durch die große Halle zurück hinaus auf den Vorhof führte, von dessen linker Seite eine mit einer weiß gestrichenen Lehmmauer eingefasste, aus dem Stein gehauene Treppe Richtung Berge führte. Eine leichte Brise wehte etwas Sand umher und nach dem Gespräch mit der Hohepriesterin wirkte die Säule im Zentrum des Vorhofes auf Samâra irgendwie bedrohlich. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit. Sie schluckte die Angst hinunter und wollte gerade los, da zuckte sie zusammen, als jemand nach ihr rief.
»Warte, Samâra! Sag mal, du weißt doch, dass du nicht alleine zum Berg gehen sollst!«, kam es vom Haupteingang. Es waren Sâmir und Erâm. Sie sollten die Priesterin begleiten, hatten sie aber beinahe verpasst, weil diese ihnen nicht Bescheid gegeben hatte, wie sie es sonst immer tat.
Beide trugen jeweils die weite, sandfarbene Robe der Krieger, aus leichtem Stoff, der es der Luft erlaubte, zu zirkulieren und jeweils einen schwarzen Tâmask, der sie vor der Sonne schützte. Ihre Roben wurden von Gürteln aus dunklem Leder zusammengehalten, deren Metallverzierungen klimperten, wenn sie sich bewegten. Die weiten Ärmel hatten sie zurückgeschlagen. Zu früheren Zeiten waren Krieger noch in voller Rüstung zum Berg gegangen. Es hatte jedoch seit Jahrhunderten keine Angriffe von Drachen mehr gegeben, deshalb war man mit der Bewehrung nachlässiger geworden. Alles was sie nun zum Berg trugen, waren Roben, Tâmask, ein Schwert und eine Guba.
Samâra hatte die beiden in ihrer Ohnmacht über die Entscheidung der Hohepriesterin komplett vergessen. »Tut mir leid, ich war so in Gedanken vertieft, dass ich nicht mehr an euch gedacht habe!«
Sâmir, der einen Speer in seiner rechten Hand hielt, blieb neben Samâra stehen und betrachtete das Schwein, das am Boden herumschnüffelte. »So, und das ist also das heutige Drachenfrühstück, ja? Dann wollen wir mal gehen, bevor sie zu hungrig werden und uns wieder auf die Füße treten.« Samâra nickte und begann, gefolgt von den beiden Kriegern, die Treppen ins Gebirge hinaufzusteigen.
Sie konzentrierte sich nicht allzu sehr auf das Schwein, das sowieso nur eine Möglichkeit hatte, nämlich die, ihr zu folgen. Stattdessen ließ sie den Blick über Ar-Khâlin schweifen, das man von hier aus gut überschauen konnte, da der Tempel erhöht über dem Westende der Stadt stand. Sie wollte sich ablenken und die dunklen Gedanken der Vergangenheit aus ihrem Kopf vertreiben, welche sich heute an die Oberfläche gegraben hatten, als sie das Schwein bei Ârani geholt hatte.
Östlich der Stadt erstreckte sich eine weite Dünenlandschaft, der Erg Âdu, dessen Grenzen man nicht ausmachen konnte. Hier und da fanden sich - klein und aus dieser Entfernung fast nicht auszumachen - Felsdolmen, die aus den Sandmassen empor ragten. Diese Dolmen erwiesen sich bei näherer Betrachtung als alte, durch Sand und Wind erodierte Vulkanschlote. Dazwischen fanden sich hier und da bizarre Skulpturen aus Sandstein, die ebenfalls vom Zahn der Zeit geschaffen worden waren. Die westliche Begrenzung dieser Ebene bildete das scharf gezackte Gebirge, in welches sie nun hinauf stiegen. In einem seiner Ausläufer, einem alten, erloschenen Vulkankrater, befand sich der Tempel.
Die Stadt selbst befand sich in einem großen Kessel ebenfalls vulkanischem Ursprungs, der nur am Ostende, zur Wüste hinaus, offen war. Im Süden erhoben sich noch ein paar niedrige Ausläufer des Gebirges. Diese flachten noch einmal ein paar Meilen weiter südlich ab und verloren sich schließlich im Sand.
Die Sonne stieg allmählich Richtung Zenith. Sie hatte es aber noch nicht geschafft, bis in alle Ritzen und Fugen des wie ein Mosaik aus kleinen, bunten Steinchen anmutenden Gewirrs aus Häusern, das die Stadt bildete, vorzudringen. Trotzdem erhöhte sich die Lufttemperatur mit jeder Minute. Samâra musste sich beeilen. Sie hatte in ihrer Bestürztheit ihre Kopfbedeckung in ihrem Zimmer zurückgelassen und wollte sich keinen Sonnenstich einfangen.
Es machte die Situation auch nicht besser dass sie zwischendurch immer wieder Halt machen mussten, da das Schwein in Richtung Stadt zurückzog und sie so nur schwer vorwärtskamen.
»Jetzt komm schon, bitte, liebes Schweinchen. Wenn du noch länger trödelst, gibt das für uns alle großen Ärger. Und ich glaube, das willst du nicht, oder?« Sie zog an dem Strick und das Tier setzte sich von Neuem in Bewegung. Für die nächsten paar Fuß, bevor es wieder stehen blieb und an einem Sandhäufchen schnupperte, das sich in einer Ecke angesammelt hatte. Samâra stieß ein genervtes Schnauben aus.
»Schweine und Esel, die störrischsten Tiere, die ich kenne. Ich verstehe, warum die keiner gerne zum Berg bringt, man braucht Stunden dafür! Gelobt sei deine Geduld, Samâra«, seufzte Sâmir und schüttelte den haarlosen Kopf. Er gab es zwar nicht zu, aber auch ihn nervte die Bockerei des Tieres langsam ein wenig.
»Sehe ich aus, als wäre ich geduldig?«, antwortete Samâra und zog abermals am Strick. Ganz zu schweigen davon, dass es ihr auch langsam durch die steigende Umgebungstemperatur und die Anstrengung, das Schwein den Berg hoch zu zerren, zu warm wurde.
»Nun komm endlich! Es ist ja nicht mehr weit.« Womit sie recht behielt. Sie waren, trotz des widerspenstigen Opfertieres, gut vorangekommen und befanden sich nun bereits an einem großen Basaltfelsen, um den der Weg einen Bogen machte. Dahinter lag der Aufgang zur Opferhöhle. Vorsichtig kletterte Samâra um den Steinbrocken herum, darauf bedacht, das Seil, an dem das Schwein hing, nicht loszulassen. Das hier war eine gefährliche Stelle, an der sie schon so manches Mal beinahe ausgerutscht war, da die Treppe hier plötzlich steil anstieg.
Als sie sich schließlich oben vor dem Eingang zur Opferhöhle kurz umsah, musste Samâra feststellen, dass die heißen Quellen und Löcher, die sich hier in der Erde befanden, stärker qualmten als üblich. Das bereitete ihr Sorgen. Auch spürte sie leichte Vibrationen unter ihren Füßen, schwache Erdbeben. Vielleicht hatte sie doch zu lange im Tempel herumgetrödelt und die Drachen waren nun wütend. Der Geruch, den die Fumarolen verströmten, war der nach faulen Eiern, vermischt mit Abwasser. Schwefel. Samâra wurde regelmäßig übel davon. Der Boden um sie herum war von Ablagerungen gelb bis orange verfärbt.
Sie hielt nun einen Moment inne. Trotz all ihrer Sorge um die dampfenden Löcher war heute der richtige Zeitpunkt, um einen lange ausgeheckten Plan in die Tat umzusetzen, fand sie. Es würde Kapu das Leben zwar nicht retten, aber Samâra sah in ihrem Vorhaben eine Trotzreaktion, die sie nun für durchaus angebracht hielt. Sie hatte oft und gründlich überlegt, ob sie es wirklich tun sollte. Seit Langem plante Samâra, einmal einem Tier das Leben zu schenken und es, anstatt es in der Opferhöhle im Berg festzubinden, freizulassen. Das war jedoch nicht einfach, weil man mit einer Priesterin zur Sicherheit grundsätzlich immer zwei Krieger schickte. Irgendwie würde sie Sâmir und Erâm aber loswerden, das hatte sie sich vorgenommen. Da der Weg zurück zum Tempel nicht allzu weit war, war sie sicher, sie unter einem Vorwand wegschicken zu können. Dieser kam ihr auch, dank ihrer Gedankenlosigkeit von vorhin, prompt in den Sinn.
Sie drehte sich zu den Kriegern um, die sich besorgt umsahen.
»Da fällt mir etwas ein. Jungs, ich bleibe hier nur widerwillig alleine, aber würdet ihr bitte zum Tempel zurückgehen und meinen Tâmask aus meinem Zimmer holen? Ich hab ihn vorhin in meiner Gedankenlosigkeit dort liegen lassen, und nun Angst, dass ich mir auf dem Heimweg einen Sonnenstich hole. Ich würde ungern ohne Kopfbedeckung zum Tempel zurücklaufen. Mir ist jetzt schon viel zu heiß dank diesem störrischen Schwein.« Erste Zweifel keimten in ihr auf. Vor allem stellte sie sich die Frage: Warum hatten die Krieger eigentlich nicht gesehen, dass sie keine Kopfbedeckung trug? So etwas hätte ihnen doch auffallen müssen.
Die beiden Krieger sahen sich an, beinahe entsetzt über Samâras plötzliche Forderung. Für einen Moment erfüllte die Priesterin Panik, sie war sich nicht sicher, wie überzeugend ihre schauspielerischen Fähigkeiten waren. Sie fürchtete, gleich zu Beginn ertappt zu werden.
»Aber Samâra, du weißt doch, wir dürfen dich nicht alleine lassen!«
Diese seufzte und gab dann gespielt gereizt zurück: »Ihr wollt also allen Ernstes riskieren, dass ich einen Sonnenstich bekomme? Warum habt ihr eigentlich vorhin nicht gesehen, dass ich meinen Tâmask vergessen habe? Ihr habt auf dem Weg zum und vom Berg für meine Sicherheit und mein Wohlbefinden zu sorgen, ich hoffe das wisst ihr.« Schweigen. Na gut, das war jetzt vielleicht ein wenig harsch gewesen, aber diese Regel entsprach den Tatsachen.
Die Krieger haderten mit sich selbst. »Was meinst du, Erâm«, wandte sich Sâmir schließlich an seinen Begleiter. »Nun, sie sieht nicht aus, als könne sie sich nicht wehren.«, meinte Erâm nur, um sich dann Samâra zuzuwenden und sie zunächst kritisch zu mustern. »Wir lassen dir ein Schwert da, in Ordnung?« Sie nickte und spielte die Hilflose, während sie Erâms Schwert entgegennahm und es sich um die Hüften gürtete.
»Ich hatte einige Stunden Schwertkampfunterricht, im Notfall weiß ich mich zu wehren, danke. Ich warte hier oben auf euch.«
»Finde ich keine gute Idee. Es ist gefährlich hier oben, so oder so. Allein wegen dem Qualm solltest du nicht zu lange bleiben. Es ist besser, du kommst uns entgegen. Das Bisschen schaffst du schon«, wurde sie von Sâmir belehrt.
»Nun gut. Bis nachher also.« Die beiden Krieger nickten und zogen davon.
Samâra blieb lange stehen und lauschte auf ein Geräusch. Sie wollte sichergehen, dass die beiden auch wirklich verschwunden waren, um sich nicht großen Ärger einzuhandeln. Als sie schließlich sicher war, dass Sâmir und Erâm fort waren, tat sie so, als würde sie die Opferzeremonie vorbereiten und Richtung Höhle gehen. Dabei sah sie sich immer wieder sorgfältig um, dennoch ein ungutes Gefühl im Nacken. Sie fragte sich auch, warum die Krieger zu zweit gegangen waren und keiner auch nur einen Moment überlegt hatte, hierzubleiben, damit wenigstens einer da war, um sie im Notfall zu schützen. Mit einem Mal fühlte sie sich hilflos.
Was Samâra nicht wusste, war, dass Sâmir und Erâm hinter dem großen Felsbrocken weiter unten Stellung bezogen hatten und alles genau beobachteten. Das Verhalten ihrer Priesterfreundin war ihnen seltsam vorgekommen und sie fragten sich, was diese wohl vorhatte. Darum hatten sie beschlossen, diese erst einmal zu beobachten. Aber damit sie überführt werden konnte, hatten sie beide gehen müssen. Sie hofften, dass es Samâra nicht seltsam vorgekommen war.
»Los komm, du siehst doch, sie bereitet schon die Zeremonie vor. Lass uns gehen, damit wir zurück sind, wenn sie fertig ist«, flüsterte Erâm.
»Gut, du hast recht, lass uns gehen.« Die Krieger hatten allerdings noch keine fünf Schritte getan, da hörten sie anstatt der üblichen, zeremoniellen Worte nur ein: »So und jetzt lauf, lauf und lass dich nicht mehr blicken, ja?«
Verdutzt sahen die beiden sich an. »Deine Vermutung war richtig. Los, schnell zum Tempel und dann wieder her, damit sie nichts merkt!«, flüsterte Sâmir. Sie machten sich, so schnell sie konnten, aus dem Staub, über einen Nebenweg, der von der Treppe her nicht einsehbar war, hinunter zum Tempel. Sâmir fühlte sich nicht wohl dabei, Samâra zu verraten, aber er war sich klar darüber, dass, wenn er es nicht tat, dies womöglich schwere Folgen für alle haben würde.
*
Samâra sah dem Schwein nach. Dann fuhr sie herum. Für einen Moment meinte sie, das Klimpern der Gürtel der beiden Krieger vernommen zu haben. Hatten sie sie beobachtet? Mit einem Mal plagten sie grauenvolle Gewissensbisse. Sie wollte dem Tier nachlaufen, doch es war schon um die Ecke verschwunden. Weiter durfte sie nicht gehen. Es war verboten, weiter als bis zur Opferhöhle zu gehen, außer man wollte ebenfalls zum Drachenopfer werden. Vor Angst wie angewurzelt, fiel es ihr unsäglich schwer, den Rückweg anzutreten. Aber sie musste sich beeilen, ehe die Krieger zurückkamen und etwas merkten. Das verstärkte ihre innere Panik nur. Schließlich löste sie sich aus ihrer Erstarrung und lief in Richtung Felsbrocken. Jeder Schritt fühlte sich an, als wären ihre Füße aus Blei. Das Gewicht des Schwertes an ihrer Seite behinderte sie zusätzlich. Der Berg über ihr wirkte plötzlich dunkler und bedrohlicher als er sowieso schon war. Übelkeit stieg in ihr hoch, und das lag nicht nur an den Schwefeldämpfen. Sie wusste, dass sie eine harte Strafe erwartete, sollte jemand gesehen haben, was sie eben getan hatte. Ebenso sehr fürchtete sie sich auch vor der Wut der Drachen. Doch nun gab es kein Zurück mehr, was geschehen war, war geschehen.
*
Samâra befand sich schon kurz vor der Biegung zum Tempelvorplatz, da gefror ihr förmlich das Blut in den Adern, als sie hinter sich etwas grunzen hörte. Abrupt blieb sie stehen und drehte sich vorsichtig um. Da stand das Schwein, noch mit dem Seil um den Hals, an einem weiteren Sandhäufchen schnuppernd.
»Oh nein, du dummes, dummes Tier! Was soll das?« Sie fischte nach dem Strick und stieg zurück auf den Berg, das Schwein hinter sich her zerrend und sich umsehend, in Panik davor, gesehen zu werden. »Jetzt muss ich dich doch in der Höhle festmachen. Warum machst du das? Du schadest dir damit nur selbst! Aber wahrscheinlich meinst du es nicht so. Da du mir nachläufst, kann ich mir gut vorstellen dass du mal ein Hausschwein gewesen sein musst. Wahrscheinlich hat das kleine Mädchen auf deinem Rücken gesessen und du hast es durch die Gegend getragen, stimmt's?«, versuchte Samâra, sich zu beruhigen, indem sie ihre Schuldgefühle mit Worten zur Seite schob. Wie zur Antwort begann das Schwein zu grunzen. »Psst, sei leise! Ich hab wegen dir nun schon genug Scherereien, also sei bitte still.« Dabei wusste sie sehr genau, dass sie selbst die Ursache ihrer Probleme war, und nicht das Schwein.
Samâra war die Opferpraxis zuwider. Ihr tat es in der Seele weh, dass jeden Tag Tiere sterben mussten für etwas, das nicht einmal bewiesen war. Ebenso schlimm fand sie es, dass dafür unschuldige Stadtbewohner jedes Mal eines weiteren Teiles ihrer Lebensgrundlage beraubt wurden. Na gut, sie bekamen zwar einen Ausgleich dafür, doch man konnte, so sehr man es auch versuchte, eine anständige Mahlzeit nicht mit Wasser aufwiegen. Sie hatte sich geschworen, wenn sie eines Tages Hohepriesterin war, würde sie einen Weg finden, die Drachen auch ohne Opfer in Schach zu halten. Sie wusste nur noch nicht genau, wie. Sie arbeitete dafür unermüdlich daran, ihre Stellung im Tempel weiter zu erhöhen. Immerhin hatte sie es inzwischen geschafft, eine Anwärterin zur nächsten Hohepriesterin zu werden. Mit viel Glück würde das Volk sie in einigen Jahren wählen, und dann würde sie endlich Dinge verändern können. Doch bis dahin war es noch ein langer Weg.
Zurück am Feuerberg schienen die Löcher dort nun noch heftiger zu qualmen, als sie es zuvor schon getan hatten. Trockene Angst stieg in Samâra hoch. Sie wusste, dass ihre Dummheit im Ernstfall ganz Ar-Khâlin auslöschen konnte. Das hatte sie in ihrem Übermut vorhin komplett vergessen und scholt sich jetzt einen Dummkopf dafür. Behutsam arbeitete sie sich durch die Dämpfe vor, in Richtung Höhle.
Die Opferhöhle hatten Priester vor vielen Generationen von kundigen Steinmetzen in den Vulkan meißeln lassen. Man war es leid geworden, die Opfer davor festzumachen. Schon damals hatte es an diesem Ort keine Möglichkeit gegeben, ein Tier anzubinden, weil hier weder Bäume noch Sträucher wuchsen. Die austretenden Dämpfe ließen alles absterben. Außerdem hatten sich viele Tiere immer wieder losgerissen. Dies hatte meist zur Folge gehabt, dass Priester mehrmals hatten gehen müssen, bis die Opfertiere endlich fest vertäut waren und nicht mehr flüchten konnten. Dementsprechend groß war oft der Zorn der Drachen gewesen.
Im Laufe der Jahrhunderte hatten sich die vulkanischen Aktivitäten aber auch durch Spalten im Boden der Opferhöhle gefressen. Das bedeutete für Samâra, dass sie Acht geben musste, wohin sie ihre Füße setzte.
Sie sah sich um. In den Dämpfen war die Felsnadel, an der die Tiere festgemacht wurden, nur schwer zu erkennen. Schließlich tauchte sie direkt vor der Priesterin auf. Beinahe wäre sie dagegen gelaufen. Seufzend wandte sie sich an das Schwein: »So, da wären wir. Es tut mir leid, dass ich dir das antun muss.«, versuchte sie, das nun sichtlich verängstigte Tier zu beruhigen, während sie es an dem bei den Felsarbeiten übrig gelassenen Dolmen in der Mitte der Opferhöhle festband. Schon viele andere Opfertiere hatten hier ihre letzten Minuten erlebt. Es lagen haufenweise Knochen um die mannshohe Felsnadel. Einige wiesen Bissspuren auf, was darauf schließen ließ, dass sich wilde Tiere hier hinein geschlichen haben mussten. Oder aber die Drachen selbst waren die Urheber dieser Zahnabdrücke.
Samâra konnte nicht lange bleiben. Es war gefährlich, sich hier länger aufzuhalten. Sie strich dem Schwein noch einmal über den Kopf, sah sich noch einmal um und erhob dann ihre Hände, um die uralten, rituellen Worte zu sprechen:
»Aras s'êpsu i na Shâdu,Be lî Kemaras,Gê a kâlum n'adu,E rêsu nadu u bâra el êndurì«
Ihre Worte hallten in der Höhle wider. Nun schien auch das Schwein zu begreifen, dass das Ende seiner Zeit nahte, denn es begann, leise zu quieken. Das Gequieke des Schweines vermischte sich mit den Geräuschen der austretenden Dämpfe und des kochenden Wassers zu einer beängstigenden Kakophonie. Selbst Samâra war jetzt nicht mehr wohl, sie fühlte eine unsichtbare Gefahr auf sich zu kommen und wollte diesen Ort deshalb schnellstmöglich verlassen. Wehmütig sah sie ein letztes Mal zu dem Tier zurück, bevor sie nach draußen verschwand, um tief Luft zu holen. Sorgenvoll sah sie sich um. Wenn der Berg weiter so qualmte, würde man die Höhle bald nicht mehr nutzen können, da hier Gefahr für Leib und Leben aller bestand.
Letztendlich doch noch reinen, aber dennoch schlechten Gewissens, machte Samâra sich erneut auf den Rückweg. Sie hatte ihre Schuldigkeit für heute getan. Das arme Tier würde sicherlich bald ersticken und somit erlöst werden. Im Laufschritt eilte sie zurück zum Tempel und hoffte, dass ihre lange Abwesenheit nicht zu sehr aufgefallen war. Sie beeilte sich auch deshalb, weil sie spürte, dass irgendetwas sie zu verfolgen schien. Oder sie es sich zumindest einbildete. Sie traute sich jedoch nicht, sich umzudrehen und nachzusehen.
Kurz vor Erreichen des Vorplatzes prallte sie mit Sâmir zusammen.
»Na, wovor läufst du denn weg, wenn ich fragen darf?«, wunderte sich dieser und zog eine Augenbraue hoch.
»Ich weiß nicht, ich hatte das Gefühl, verfolgt zu werden.«
»Hier. Ich glaube, den brauchst du nun doch nicht mehr, oder?«, meinte der Krieger dann leicht säuerlich und drückte Samâra den Tâmask in die Hand.
»Danke. Ich bin so schnell gelaufen, dass ich mir um einen Sonnenstich vermutlich keine Sorgen machen muss. Ich fühle mich trotzdem nicht gut. Ich denke ich werde mir von Anêra etwas geben lassen und mich danach ein wenig hinlegen.« Sâmir nickte. Er fand, dass Samâra durchaus ein bisschen grün um die Nase aussah. Er vertrat jedoch auch die Meinung, dass das nur eine gerechte Strafe für ihre Freveltat darstellte. Er und Erâm wollten aber erst zur Hohepriesterin gehen, wenn Samâra sich hingelegt hatte. So war die Gefahr geringer, dass sie ihr über den Weg liefen und unnötigen Fragen gegenüber standen.
*