Klassiker der Erotik 19: Komtesse Marga - Anonymus - E-Book

Klassiker der Erotik 19: Komtesse Marga E-Book

Anonymus

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Beschreibung

Die dämonische, lustvolle Marga hat hohe Ziele - nur die Ehe mit einem Grafen kommt für sie in Frage, will sie doch ein Leben im Luxus führen. Um das zu erreichen, setzt sie schamlos ihre Reize ein. Vitus verfällt der leidenschaftlichen Frau. Doch all ihre Verführungskunst kann ihn nicht halten, als er ihren wahren, teuflischen Charakter erkennt. Adda wird eins ihrer ersten Opfer: Margas Bruder Josef entjungfert sie und zwingt sie so in eine lieblose Ehe voller Erniedrigung. Jahre später rettet Vitus Adda vor Marga und ihren Komplizen. Die beiden entbrennen in heftiger Liebe und leben ihre Lust füreinander ungehemmt aus. Doch Marga übt Rache und lässt Adda auf ihr Anwesen entführen. Hier wird aller Arten von Laster ungeniert gefrönt. Doch Vitus gelingt es mit List und Lust, zu Marga vorzudringen...Ein Klassiker voller knisternder Erotik und Wiener Schmäh.

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Seitenzahl: 272

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Klassiker der Erotik

Anonymous

Komtesse

Marga

Impressum

Hrsg.

Passion Publishing Ltd.

Postfach 11 28

53621 Königswinter

Anonymous

Komtesse Marga

1

Schnaufend und pustend, wie ein Mensch, der sich außer Atem gerannt hat, machte der Personenzug vor dem kleinen Ziegelgebäude der Station Kordowey halt. Ein paar aus dem Schlaf aufgeschreckte Passagiere schauten mit verdrossener Neugierde zum Fenster hinaus, um zu sehen, wer in dem gottverlassenen Nest etwas verloren hätte. Und ebenso verdrossen und verschlafen schlurfte ein Bahnhofswächter herbei, der die Dienste eines Stationschefs und Portiers zugleich versah. Weit aber riß er die kleinen Äuglein auf, als er aus der zweiten Klasse einen jungen Mann klettern sah, der ihn zu sich heranwinkte. Vor lauter Staunen, einmal einen fremden Reisenden in seinem, durch keinen Strom lärmender, räsonierender und anspruchsvoller Fremden entweihten Amtsrayon zu erblicken, vergaß er beinahe, dem Wink zu folgen, glotzte vielmehr den Herrn aus der Feme an, wie wenn er seinen verschlafenen Augen nicht traute.

»Na, Sie, Herr Oberinspektor, ich beiße nicht, geruhen Sie endlich, sich näher zu schleichen!« rief der junge Mann halb ärgerlich, halb belustigt.

Da raffte die aus ihrem Gleichgewicht gerissene Amtsperson sich auf und trat auf den Fremden zu. »Was wollen Sie denn?« fragte er ziemlich mürrisch.

»Ihnen einen guten Morgen wünschen und Sie dann untertänigst bitten, mir mein Gepäck zu besorgen«, antwortete der Reisende und drückte der Amtsperson den Gepäckschein in die Hand.

Der Beamte sah den lachend vor ihm Stehenden mit einem Seitenblick an, als ob er ihn für verrückt hielte, nahm aber doch den Zettel und ließ sich vom Zug den Koffer herunterreichen, dessen mit allen möglichen Hotelvignetten und Stationszetteln beklebte Wände verrieten, daß sein Besitzer schon etwas weiter in der Welt herumgekommen war, als bis nach Kordowey.

Der Zug rollte davon, und die Amtsperson stand vor dem Koffer und warf verzweifelte Blicke um sich.

»Na, was ist denn?« rief der Fremde hinüber.

»Der Koffer ist mir zu schwer.«

»Also kommen Sie, armes Hascherl, ich werde Ihnen helfen.« Und ehe sich’s die Amtsperson versah, riß der junge Mann den Koffer, der wirklich nicht leicht war, mit einer Hand in die Höhe, als ob er nur Federn enthielte.

Sie trugen ihn gemeinsam an die Türe, wo der Passagier der Amtsperson zunächst eine Krone als Entschädigung für die gehabten Aufregungen in die Hand drückte und sich des weiteren erkundigte, ob er sein Gepäck einstweilen auf dem Bahnhof einstellen könnte. Er wolle nämlich nach Kordowey.

»Aufs Gut oder ins Schloß zum Herrn Grafen?« fragte die durch die Krone in heitere Stimmung versetzte Amtsperson.

»Aufs Gut zum Herrn Kreitler. Ist es weit von hier?«

»Gut zwei Stunden Weg durch den Wald, anderthalb übers Feld.«

»Na, dann geh ich durch den Wald. Ist ja noch so früh, sonst treib’ ich die Leute noch aus den Betten heraus. Wie aber krieg’ ich mein Gepäck?«

Die Amtsperson verschwor sich hoch und teuer, sie werde das besorgen. Die Koffer würden eher dort sein, wie der gnädige Herr selber.

»Gut, ich nehme Sie beim Wort, lieber Freund. So, und jetzt beschreiben Sie mir einmal auf möglichst verständliche Weise den Weg.«

Die Amtsperson entpuppte sich als ein höchst vernünftiger Mensch, der dem Fremden wirklich klare Auskunft gab.

»Also Gott befohlen, Herr Oberinspektor, und in zwei Stunden möchte ich meinen Koffer sehen.« Damit nickte der Mann dem Bahnhofswärter zu und wandte sich zum Gehen.

Er war ein hübscher, stattlicher Mensch. Zwar nicht über Mittelgröße, aber breit in den Schultern, und wie er so frisch und energisch ausschritt, sah man, daß er voll Leben und Kraft war. Mit tiefen Atemzügen dehnte er die gewölbte Brust und sog den würzigen Duft in sich hinein, der von den grünen Feldern emporstieg. Es war noch sehr früh, und gerade hob sich die Sonne über die freundlichen Hügel und Berge, um die Tautropfen an den Halmen in ihren goldenen Strahlen funkeln zu lassen. Trillernd schwang sich eine Lerche in die Luft, und aus den Furchen ertönte der Morgengruß der Wachtel.

Ein wunderbares Gefühl der Freude und des Glücks kam über den jungen Mann. Er blieb stehen, reckte die muskulösen Arme und ließ sich einige Minuten lang die Sonne voll ins Gesicht scheinen, als wollte er ihren Glanz trinken, um sich daran zu berauschen. Dann schritt er in den morgendlichen Wald hinein.

Nach zweistündigem Marsch erreichte er das Ende des Waldes und sah die Gebäude des Gutes Kordowey vor sich liegen, die einen stattlichen Komplex bildeten. Inmitten eines hübschen, ziemlich ausgedehnten Parks erhob sich das Herrenhaus, das mit seinem hellen Anstrich freundlich aus dem saftigen Grün der hohen Nuß- und Kastanienbäume hervorgrüßte. Etwas seitlich davon dehnte sich der Wirtschaftshof mit seinen Ställen und Scheunen, in denen soeben das alltägliche Leben erwachte, während im Herrenhause noch alles zu schlafen schien.

Der junge Wanderer schritt zu den Ställen hinunter, wo die Knechte gerade beschäftigt waren, die Pferde anzuschirren und das Rindvieh herauszutreiben. Im Hof stand ein großer, kräftiger Mann in mittleren Jahren, der den Leuten Befehle erteilte, dann auf den Ankömmling zutrat und ihn fragte, ob er vielleicht der Besitzer des Koffers sei, den der Bahnhofswärter vor einer Viertelstunde auf einem Wagen hergebracht habe.

»Ja, der bin ich«, antwortete der junge Mann. »Mein Name ist Vitus Söllner. Vielleicht ist Ihnen bekannt, daß die Familie Kreitler so liebenswürdig war, mich einzuladen.«

»Ob mir das bekannt ist!« rief der andere. »Ich heiße nämlich Kreitler und bin der beneidenswerte Papa des Herrn Husarenleutnants Josef Kreitler.«

Die beiden Männer schüttelten sich die Hände und der Gutspächter fuhr fort:

»Wir haben Sie erst für Mittag erwartet, Herr Söllner, aber ein gern gesehener Gast kommt nie zu früh.«

»Ja, diese fürchterliche Hitze in Wien war mir unerträglich, und so habe ich mich, sobald ich fertig war, auf die Bahn gesetzt und bin hergefahren. Offen gestanden, habe ich ja Angst gehabt, die Herrschaften im schönsten Morgenschlaf zu stören.«

»Na, mich auf keinen Fall. Ich wäre ja ein trauriger Landwirt, wenn ich nicht der erste auf meinem Hof aus den Federn und bei der Arbeit wäre. Die beiden jungen Herrschaften allerdings habe ich, wie Ihr Koffer kam, schleimigst wecken lassen. Aber wenn Sie mich einen Moment entschuldigen wollen, ich gebe den Leuten nur noch ein paar Anweisungen und stehe dann gleich zu Ihrer Verfügung.«

Fünf Minuten später schritten Kreitler und sein junger Gast durch eine kühle Kastanienallee dem Hause zu.

»Das ist nett von Ihnen, daß Sie gekommen sind, Herr Söllner«, plauderte der freundliche Mann. »Sie werden sich bei uns gewiß nicht langweilen. Wir haben hier eine sehr gute Jagd und Fischerei, und im Stall stehen ein paar gute Halbblüter. Dann können Sie auch der Komtesse auf dem Schloß den Hof machen und sogar auf eine Zeitung sind wir abonniert.«

»Jäger und Angler bin ich zwar keiner, aber mit den Halbblütern werde ich schon Bekanntschaft machen, wenn Sie gestatten.«

»Sie sollen ja ein vorzüglicher Reiter sein, hat mir mein Sohn erzählt.«

»Es geht.«

»Der Graf hat eine hübsche Meute. Wir werden Ihnen zu Ehren eine Fuchsjagd veranstalten — aber da ist ja Josef.«

Sie waren vor dem Herrenhaus angekommen, aus dem gerade ein schlanker Offizier trat. Das war Josef Kreitler, Vitus Söllners Freund.

»Servus, altes Haus!« rief er ihm entgegen. »Das nenne ich pünktlich!«

Nachdem die jungen Leute sich begrüßt hatten, ließen sie sich alle in einer Laube nieder, in der ein sauber gedeckter Frühstückstisch ihrer wartete.

»Wo ist Marga?« fragte Papa Kreitler.

»Sie erholt sich noch von dem Schrecken, den du ihr eingejagt hast. Und wenn sie soweit ist, wird sie sich in ihren schönsten Staat werfen, um den hohen Gast gebührend zu empfangen. Inzwischen werde ich dir die Honneurs machen, was dir hoffentlich nicht den Appetit verderben wird, teuerster Kriegsbruder.«

»Ich hoffe nicht«, entgegnete Vitus lachend und griff ungeniert zu.

Nach dem Frühstück zündeten Vater und Sohn sich ihre Morgenzigarren an, während Vitus sich die geliebte Pfeife stopfte. Sie plauderten eine Zeitlang fröhlich miteinander, bis sich der Hausherr verabschiedete, um seinen täglichen Geschäften nachzugehen. Vitus ließ sich von Josef in sein Zimmer führen, um sich vom Reisestaub zu reinigen und in seinen Reitanzug zu werfen, da man gleich einen Spazierritt unternehmen wollte. Als er nachher gestiefelt und gespornt die Treppe hinunter stieg, begegnete ihm eine junge Dame, in der er Josefs Schwester Marga vermutete. Einen Moment lang war er von ihrer Schönheit ganz überrascht. Groß und schlank wie ihr Bruder hatte sie eine wunderschöne Gestalt, deren volle Formen unter dem knapp anliegenden Reitrock und der feinen Batistbluse, in der sie gekleidet war, plastisch hervortraten. Auf dem reichen, goldblonden Haar trug sie einen kleinen schwarzen Girardihut, der ihr vorzüglich stand, und in der Hand eine zierliche Reitpeitsche, mit der sie dem sich langsam von seiner Überraschung erholenden Vitus fröhlich zuwinkte.

»Also Sie sind der berühmte Mann mit dem seltsamen Vornamen und den schrecklichen Muskeln, von dem mein Bruder so viel erzählt hat?« rief sie, während ihre blauen Augen ihn anlachten. »Sie sehen eigentlich nicht so schrecklich aus, wie ich mir Sie vorgestellt habe.«

»Darf ich mir die Frage erlauben, wie Sie sich mein bescheidenes Ich vorstellten, gnädiges Fräulein?« ’

»Oh, das traue ich mich gar nicht zu sagen. Es kann Ihnen genügen, daß ich aufs Angenehmste enttäuscht bin. Sie haben ja sogar tadellose Breeches an.«

»Na, Sie müssen ja nette Begriffe von mir gehabt haben, gnädiges Fräulein«, lachte Vitus.

»Nennen Sie mich doch nicht so gespreizt gnädiges Fräulein. Ich heiße Margarete oder kürzer Marga. Wir wollen doch ebenso gute Freunde werden wie Sie und Josef?«

Damit reichte sie ihm ihre kleine Hand hin, die er mit mehr Inbrunst küßte, als gerade für ein erstes Zusammentreffen nötig.

Da tönte Josefs Stimme von draußen herauf: »Na, wenn ihr euch Schönheiten genug gesagt habt, dann könnt ihr ja vielleicht herunter kommen; die Pferde stehen sich schon die Beine in den Leib.«

Er war selbst schon auf gesessen; ein Diener hielt zwei Pferde am Zügel, von denen das eine einen englischen Damensattel trug. Es waren prächtige irische Hunter mit großen, mutigen Augen. Vitus half Marga in den Sattel, wobei er für einen Augenblick ihren vollen, runden Schenkel in seinem Arm spürte. Köstlich war ihm diese Berührung, und wie durch einen elektrisehen Strom aufgepeitscht, strömte all sein Blut nach dem Herzen. Und doch wieder war sie ihm peinlich, denn er fürchtete, das junge Mädchen würde annehmen, er habe es absichtlich so angegriffen.

Aber Marga lachte mit dem harmlosesten Gesicht zu ihm hinunter, während sie sich auf dem Rücken ihres Pferdes zurechtrückte. Vollkommen beruhigt sprang er nun in den Sattel; Josef schnalzte leicht mit der Zunge, und in flottem Galopp ging’s die Allee hinunter, die durch den Park hindurch in den Wald hinausführte.

Während sie so lachend und plaudernd dahin ritten, warf Vitus von Zeit zu Zeit verstohlene Seitenblicke auf die neben ihm reitende Marga und konnte sich nicht satt sehen an dem wunderschönen Mädchen. Bald irrten seine trunkenen Blicke über ihre vollen und doch dezent gewölbten Brüste, bald über ihre, unter dem straffen Rock verlockend hervortretenden Hüften, bald über ihre üppig gerundete Croupe, die sich rhythmisch nach dem Gang des Pferdes wiegte. Vitus war kein keuscher Josef und dachte sich mehr als einmal: Herrgott, dieses Weib nackt in den Armen zu haben! Aber ebenso oft sagte er sich, daß dieser Wunsch wohl niemals in Erfüllung gehen konnte. Sie war doch die Schwester seines Freundes, ein reines, unschuldiges Geschöpf, das ihm heilig sein mußte!

Wie er sie so einmal mit seinen versteckt-lüsternen Blikken anschaute, begegnete er ihren Augen, die gleichfalls prüfend auf ihm ruhten. Dem ehrlichen Burschen stieg das Blut in die Wangen, um ihre Lippen huschte aber ein Lächeln.

Da vernahmen sie plötzlich den Hufschlag eines rasch näherkommenden Pferdes.

»Das wird Adda sein. Die jagt natürlich ventre ä terre daher«, rief Marga und ließ ihren Hunter Galopp nehmen.

Aber schon bog eine kühne Reiterin um die Ecke, die der Weg da machte, und parierte ihr Pferd so kurz vor den ihr Entgegenkommenden, daß es sich fast auf die Hinterfüße setzte. Zum zweiten Mal machte Vitus an diesem Tag die Bekanntschaft eines schönen Weibes. Die junge Komtesse war allerdings von andersartiger Schönheit wie ihre Freundin. Wie diese blond, so war sie schwarz. Auch sie schien bei aller Eleganz voll, beinahe üppig; während aber Margas Schönheit eine ruhige Wärme ausstrahlte, funkelte aus Addas abgrundtiefen Augen ein glühendes Temperament, und ihre etwas aufgeworfenen Lippen sprachen für eine begehrliche Sinnlichkeit.

Zwischen den beiden kann einem die Wahl weh tun, dachte Vitus, während er ihr vorgestellt wurde. Wenn einer die zwei Weiber im Arm hätte, könnte er ruhig auf Mohammeds Paradies pfeifen. Aber er hatte entschieden Unglück im Glück, der gute Vitus. Die zweite Frucht war ihm ebenso verboten wie die erste. Denn auf den ersten Blick sah er, daß sein Freund Josef lichterloh für Adda brannte und daß diese für die Verehrung des jungen Husaren nicht unempfindlich war. Nachdem sie ein paar höfliche Phrasen mit Vitus gewechselt hatte, winkte sie Josef an ihre Seite und ritt mit ihm in den Wald hinein, ohne sich nach den beiden anderen umzusehen. Die lenkten natürlich ihre Pferde nach.

»Nun, wie gefällt Ihnen meine Freundin?« fragte Marga nach einer Weile.

»Sie ist ebenso schön wie Sie, Fräulein Marga.«

»Ach, Sie spielen den galantuomo! Ich weiß wohl, daß ich ganz hübsch bin, aber neben Adda kann ich nicht bestehen.«

»Wollen Sie wetten, daß Komtesse Adda dasselbe, natürlich umgekehrt, denkt? Sie sehen also, die Wahl fällt einem da verzweifelt schwer.«

»So? Und wer gefällt Ihnen besser?«

Uff! Vitus fiel vor Überraschung fast vom Pferde. War das die Sprache eines unschuldigen Mädchens? Oder war das nicht vielmehr die Herausforderung einer Erzkokette, die darauf ausgeht, Eroberungen zu machen? Er wollte sich dessen vergewissern und schlug deshalb einen leichteren Ton an.

»Warum stellen Sie, Fräulein Marga, solche Gewissensfragen an mich? Wollen Sie mir vielleicht gleich am ersten Tage den Kopf verdrehen?«

»Vielleicht«, lachte sie und blickte ihm keck in die Augen. »Ich muß doch bei Ihrem Besuch auf meine Kosten kommen!«

Na, wenn die so unschuldig ist, wie sie aussieht, dachte Vitus, dann will ich das Pferd unter mir mit Haut, Haaren und Hufeisen fressen. Man könnte also andere Seiten aufziehen.

»Wenn dem so ist«, erwiderte er, sein Pferd ganz dicht an sie heran treibend, »dann will ich Ihnen ein Geständnis machen.«

»Schon? Das geht rasch.«

»Was kann man da machen! Sie haben mir bereits den Kopf verdreht.«

»Pah, wenn die Eroberung so leicht war, dann ist nicht viel Ehre dabei!«

»Sie irren, Fräulein Marga. Nehmen Sie an, ich bin eine Festung.«

»Schöne Festung, die sich vor dem ersten Schwertstreich ergibt.«

»Wenn ein schwacher Feind, der wenig Hilfskräfte hat, diese Festung belagert, wird er sie nie erobern; wenn aber eine übermächtige Armee dagegen zu Felde zieht, dann rennt sie die arme Festung einfach über den Haufen.«

»Ich bin also so übermächtig?«

»Ja, das sind Sie! Sie sind so schön,daß Gott selber sich darum beneidet, Sie geschaffen zu haben. Sie sind so schön,daß,wenn Sie den heiligen Antonius versucht hätten, dieser fromme Kirchengreis sicher seine gesamte Seligkeit für einen Kuß von Ihren roten Lippen verkauft haben würde.«

»Sie werden frivol, mein Lieber.«

»Ich wollte, ich könnt’s!«

»Und was täten Sie da?«

»Ich würde Ihnen sofort meine ewige Seligkeit anbieten.«

Das Gespräch erregte ihn merkwürdig. Am liebsten hätte er das schöne Weib in seine Arme gerissen und in einen verschwiegenen Waldwinkel entführt, wo er sich ungeniert an ihren göttlichen Reizen berauschen konnte. Aber da das nicht gut ging, begnügte er sich damit, ihr seine brennenden Blicke in die Augen zu bohren. Die Bedenken, die er im Anfang gehegt, hatte er schon längst über Bord geworfen. Hätte er sich doch für den größten Narren halten müssen, wollte er sich den Weg, den sie ihm bot, selber verrammeln!

Eine Minute hielt sie seinem Blick stand, dann gab sie plötzlich ihrem Pferd einen leichten Peitschenhieb, so daß es sich erschreckt aufbäumte und in wilden Sätzen dem vorderen Paar nachstürmte. Vitus hinterher.

»Josef«, rief Marga, bei ihrem Bruder angekommen, »einen netten Freund hast du dir da eingeladen! Kaum ist er zwei Stunden mit mir bekannt, macht er mir schon auf Tod und Leben die Kur.«

»Man tut, was man kann«, verteidigte sich Vitus.

Die vier hielten nun auf einer kleinen, von Bäumen freien Lichtung, von der aus sie die Umgegend überblicken konnten. Zur Rediten sahen sie das Gut, das sich an den Wald lehnte und nach der anderen Seite in die blühenden Felder überging. Zur Linken erhob sich an einem kleinen See, inmitten eines köstlichen Rosengartens das gräßliche Schloß mit seinen zwei stolzen Türmen und seiner monumentalen, prunkvollen Freistiege.

»Ich habe eine glänzende Idee«, rief Adda. »Wir reiten hinunter und ihr bleibt bei uns zu Tisch. Zu Papa Kreitler schicken wir einen Reitknecht hinüber.«

Da Josef und Marga ohne Zögern die Einladung annahmen, konnte sich auch Vitus nicht lange zieren. So jagten sie denn die Serpentine, die zum Schloß führte, hinunter und ritten fast den Grafen und die Gräfin zusammen, die sich an dem prächtigen Schmiedeeisentor von dem Pfarrer des Dorfes verabschiedeten.

Graf Richard Penckheim war ein Mann von fünfzig Jahren, ein eleganter Aristokrat vom Scheitel bis zur Sohle mit einem klugen, feinen, aber stark verlebten Gesicht. Die Gräfin war augenscheinlich um zehn Jahre jünger als ihr Gemahl und als Mutter der schönen Adda nicht zu verkennen. Heute hatte sie noch eine Figur, so schlank und ebenmäßig wie ihre Tochter und auch in ihren schwarzen Augen loderte ein heimliches Feuer.

Vitus wurde von beiden aufs Herzlichste aufgenommen und war selbstverständlich von dieser neuen Bekanntschaft ebenso erfreut wie von den zwei anderen, die er bereits gemacht hatte.

Die Zeit bis zum Diner verlief riesig angenehm. Vitus wurde, ohne daß er wußte wie, der Mittelpunkt der kleinen Gesellschaft. Er war viel gereist, hatte mancherlei gesehen und erlebt, was er nun in seiner humorvollen und natürlichen Art zum Besten gab. Auf Margas Bitten mußte er auch erzählen, wie er in Nubien den Löwen und im indischen Dschungel den Tiger gejagt hatte. Wie er mit den wilden Cowboys Kaliforniens Pferdediebe gefangen hatte. Und zum Schluß wie er mit den Sioux den grimmigen Grizzly gehetzt hatte. Er tat es ohne die geringste Prahlerei und seine Person dabei ganz in den Hintergrund stellend.

Punkt eins erschien ein Diener und meldete, daß serviert sei. Sofort sprang Josef auf, um der Gräfin den Arm zu reichen, während der Graf Marga zu seiner Dame erwählte, so daß #Vitus der Komtesse zufiel. In dieser Ordnung saß man auch bei Tisch, und Vitus machte da die für ihn überraschende Entdeckung, daß Josef sich um die schöne Gräfin in mehr als auffallender Weise bemühte. Und als er sich einmal nach der heruntergefallenen Serviette unter den Tisch bückte, sah er, wie die Gräfin ihr Bein zwischen die Knie Josefs preßte.

Aber er sah noch etwas, was ihn geradezu verblüffte. Er sah, wie der alte Wüstling, der Graf, seine Hand auf Margas Schenkel liegen hatte und daran herumdrückte und herumzwickte, daß es nur so eine Art hatte.

2

Die zweite Entdeckung überraschte ihn nicht nur, sondern schmerzte ihn auch. War er doch auf dem besten Wege gewesen, sich in die blonde Marga zu verlieben, die er zwar für kokett und leichtblütig, aber durchaus nicht für völlig verdorben gehalten hatte. Und nun saß sie da an einem Tisch mit der Frau des Mannes, von dem sie sich abgreifen ließ, wie es ein Weib nur gestattet, wenn es im geheimen Beisammensein noch mehr erlaubt ist. Wenn der Graf mit ihr allein ist, hat er die Hand sicher nicht auf, sondern unter ihren Röcken, sagte sich Vitus.

Um Gottes willen — liebte sie ihn denn? Sie, dieses junge blühende Geschöpf den verwelkten Mann, der doch bei aller seiner Liebenswürdigkeit nur ein Greis war? Oder hatte sie sich ihm aus purer Langeweile hingegeben? In Ermangelung von etwas Besserem?

Vitus konnte sich über seine Entdeckung nicht fassen und dankte Gott, als das Diner vorüber war. Die kleine Gesellschaft zerstreute sich nun in alle Windrichtungen; jeder verschwand unter irgendeiner Ausrede. Vitus, überzeugt, daß die verschiedenen Liebespaare jetzt so schnell als möglich zusammenzukommen suchen würden, beschloß, Marga zu beobachten und womöglich bei ihrem Schäferstündchen mit dem Grafen zu belauschen.

Er verbarg sich hinter einem großen Wandschirm in der Halle, und richtig — nach einer Viertelstunde sah er den Grafen die Stiege hinunter kommen und mit dem harmlosesten Gesicht von der Welt in den Garten hinausschlendern. Nicht lange darauf erschien Marga und verschwand gleichfalls in den Garten. Wie ein Indianer auf dem Kriegspfad schlich sich Vitus ihr nach. Sie trug nicht mehr den langen Reitrock und die glänzenden Lackstiefel wie auf dem Morgenritt, sondern einen weißen Tennisrock und leichte gelbe Schuhe, die sie sicher von Adda ausgeliehen hatte.

Solange sie in Sicht des Schlosses war, ging sie ganz langsam, pflückte sich bald hier eine Rose, bald dort, kurz, tat, als ob sie sich auf weiß Gott was für einer unschuldigen Promenade befände. Kaum aber war sie hinter den dichten Taxushecken geborgen, so beschleunigte sie ihre Schritte und eilte einem kleinen Pavillon zu, der am unteren Ende des Sees stand. Einen Moment lauschte sie davor nach allen Richtungen, dann huschte sie hinein und schloß die Türe hinter sich zu.

Vorsichtig schlich Vitus näher und entdeckte an der Rückwand des Häuschens eine etwas altersmorsche Jalousie, deren Sprossen er geräuschlos so weit auseinander schob, daß er das Innere des Pavillons frei überblicken konnte. Viel Mobiliar stand nicht drin, ein altmodischer Tisch, zwei, drei Stühle und eine moderne, bequeme Chaiselongue, die der Graf augenscheinlich für seine Zwecke hatte herschaffen lassen.

Auf dieser Chaiselongue saß er jetzt und hielt Marga auf seinen Knien. Und wie Vitus es richtig geahnt, hatte er die Hand unter ihren Röcken und war augenscheinlich mit den Fingern an der Arbeit, denn an dem Wogen des Busens merkte Vitus, daß das Mädchen schon ziemlich aufgeregt war. Zu seiner großen Genugtuung — warum, wußte er selber nicht — sah er, daß sie sich trotzdem eigentlich passiv verhielt. Sie ließ sich küssen und abgreifen, so viel ihr alter Amant Lust hatte, sie selbst aber rührte keinen Finger, um ihm eine Liebkosung zu erweisen.

»Zieh’ doch bitte deine Bluse aus«, bat der Graf.

»Wir haben ja nicht so viel Zeit.«

»An zwei Stunden, süßes Schätzchen. Meine Frau schläft nach Tisch immer so lange, dein Bruder wird sicher mit Adda in einem versteckten Wald hocken, und der interessante Herr Welt reisende wird uns doch schon gar nicht stören. Ich bitte dich, mach’ doch schnell — schau, ich bin ja so aufgeregt.«

Und um sie von der Wahrheit seiner Worte zu überzeugen, öffnete er das Verließ seiner Hose und holte sein Liebeswerk- zeug hervor. Na, viel Staat kann er nicht damit machen, meinte der Mann hinter der Jalousie, da ist das Prachtmädel schon einer anderen Verehrung würdig. Dunkelbraun und ganz faltig war das Glied des alten Ekels, halb weich und kraftlos.

»Nimm ihn doch ein bißchen in die Hand«, flüsterte er, »dann wird er gleich ganz steif sein. Weißt du, dann kann ich’s dir wieder so zwischen die Schenkel machen wie neulich. Ah so — kitzel ihn oben ein bißchen so — so ach, wenn du ihn nur einmal in den Mund nehmen würdest…«

»Nein«, sagte das Mädchen, »das tue ich nicht. Das weißt du ganz gut. Wenn du damit nicht zufrieden bist, was ich dir geben kann, dann will ich lieber gehen.«

Und sie machte Miene, die Bluse, die sie bereits abgelegt hatte, wieder anzuziehen. Der Alte bekam’s vor Schrecken schier mit dem Weinen.

»Ah, wie du mich quälst! Du bist so grausam! Zieh doch nicht die vertrackte Bluse wieder an. Laß’ mich doch deine Brüste küssen — so — ah — ah…«

Er schob ihr das Hemd über die schneeweißen, runden Schultern herunter und entblößte ihren Busen, der schön war, wie Vitus nicht oft einen gesehen hatte. Voll und reif waren die Halbkugeln entwickelt, und ihre roten Knospen richteten die Spitzchen herausfordernd in die Höhe. Vitus lief das Wasser im Munde zusammen, als er diese Leckerbissen erblickte, und vor Neid hätte er den Grafen erwürgen mögen, der sich nun mit der Zunge darüber hermachte. Diese Liebkosung schien Marga schon eher zu behagen: ihre blauen Augen umschleierten sich, kleine wollüstige Seufzer kamen über ihre Lippen, und immer mehr und mehr ließ sie sich auf die Chaiselongue sinken.

Mit einem Mal lag sie der Länge nach darauf, und mit heiserem Schrei riß ihr der Graf die Röcke in die Höhe. Der arme Vitus mußte sich krampfhaft anhalten, als er sah, welches Panorama ihm da enthüllt wurde — so packte ihn die Aufregung. Ein paar runde, feingeformte Waden sah er, zwei Schenkel, die weiß wie Cararamarmor und verführerisch geschwellt waren, einen seidenweichen, glatten Bauch, auf dem verlockend und süß unten ein goldenes Mädchendreieck glänzte.

Das Allerheiligste konnte er allerdings nicht erspähen, denn der beatus possidens dieser Schätze schob sich schleunigst mit dem Kopf zwischen die herrlichen, willig sich öffnenden Schenkel und begann da mit der Zunge das Werk seiner Hände fortzusetzen. Er brachte es sogar zu einem glücklichen Ende, denn Vitus sah, wie Marga plötzlich die Beine um den Hals ihres Liebhabers warf und unter Ächzen und Stöhnen und Girren einen Czardas anhob, daß die Chaiselongue nur so mittanzte. Herrgott, wenn die so einen richtigen Bolzen drin hat, was muß sie dann erst treiben, dachte Vitus und griff unwillkürlich nach dem seinen, der so wild war, daß er die Wände hätte damit einrennen können.

Inzwischen war Marga unter dem augenscheinlich sehr geübten Wirbel des Grafen in das Land der hunderttausend Wonnen gelangt und lag nun mit geschlossenen Augen regungslos da. Ihr Liebhaber hielt es nun aber für an der Zeit, an sein eigenes Vergnügen zu denken. Vorsichtig drehte er sie auf den Bauch, so daß sich sein Zuschauer auch an dem üppigen, diabolischen Popo des Mädchens erquicken konnte, legte sich drauf und schob ihr seine schwächliche Affaire zwischen das köstliche Fleisch der Schenkel. Worauf er im Schweiße seines Angesichts zu arbeiten begann.

Aber er plagte und mühte sich und kam nicht zu Ende. Marga lag apathisch, mit halb geschlossenen Augen und rührte sich nicht.

»So hilf mir doch ein bißchen«, ächzte der arme Wanderer, der nicht ans Ziel kommen konnte.

Da begann sie mit der Inbrunst eines Automaten den runden Popo zu heben und zu senken, aber es half doch. So impotent war der alte Freund doch noch nicht, daß er auf solchen Polstern der Wollust nicht fertig geworden wäre, und röchelnd lud er seine paar Tropfen zwischen Margas Schenkeln ab.

»Liebst du mich, du Einzige, du Süße — liebst du mich?« stammelte er dabei.

Sie hatte den Kopf schief auf den weißen Armen liegen und murmelte ein schwaches »Ja«.

Aber das Lächeln, das dabei um den hübschen Mund spielte — das sah der Graf nicht. Vitus aber bemerkte es und hätte jubeln mögen darüber. Zerbrach sich auch nicht weiter den Kopf, warum sie sich dem welken Greis hingab — bah, sie wird es ihm schon sagen, wenn sie erst einmal seinen Priap im Leib hat.

Denn das stand bei ihm fest, das mußte geschehen. Freund hin, Freund her — einem solchen Mädchen gegenüber brauchte man nicht ängstlich zu sein. Es wäre ihm zwar lieber gewesen, er hätte in ihr die reine Jungfrau gefunden, die er anfänglich vermutete, aber wer weiß, vielleicht hätte er sie heiraten müssen, um zwischen ihre schönen Schenkel zu kommen — wenn es jetzt so leicht war, sollte er es deshalb nicht tun? Eine Affaire, bei der das Herz auf jeden Fall im vornherein ausgeschaltet blieb, war doch das Schönste und Angenehmste.

Vitus war nicht der Mann dazu, eine Sache auf die lange Bank zu schieben. Sobald sich die Gelegenheit bot, wollte er sie am Schopf packen.

Inzwischen machte sich das belauschte Liebespaar an die Trennung. Der Graf schleppte höchst eigenhändig ein kleines Lavoir und ein Handtuch herbei, die in einem Winkel versteckt waren; Marga setzte sich mit weit ausgebreiteten Schenkeln auf eine Ecke der Chaiselongue, und er wusch den Tanzboden seiner Gelüste sauber ab. Dabei konnte Vitus die schmale purpurrote Furche sehen, die den Eingang zum Tal der Wonnen bildet. Sie war eng und fest geschlossen wie bei einer Jungfrau.

»Ich werde jetzt gehen«, sagte der Graf. »Du bleibst noch ein paar Minuten hier und machst dann einen kleinen Umweg durch den Obstgarten, damit man glauben kann, du seiest dort gewesen. Wann sehe ich dich wieder?«

»Sobald sich die Gelegenheit dazu bietet«, antwortete das Mädchen gleichmütig. Dann hielt sie ihm die Wange zum Kuß hin, er preßte schmatzend seine Lippen darauf, griff ihr noch einmal an die Brust und wollte gehen.

Da hielt sie ihn zurück.

»Nun, hast du mit deiner Frau gesprochen?« fragte sie lauernd und scharf.

»Ja, offen gestanden, ist sie nicht sehr begeistert von der Idee, dich nach Wien mitzunehmen, aber verlaß’ dich auf mich, Marga, ich halte mein Versprechen — du wirst den Winter als Gast meines Hauses in Wien verleben. Jetzt will ich dich aber etwas fragen: Wann wirst du mich da hineinlassen?« Und er tippte mit dem Finger auf die gewisse Stelle.

»Du kennst unsere Abmachung — am Tage nach meiner Hochzeit«, erwiderte sie kalt. »Es ist also dein eigenes Interesse, mich so bald als möglich zu verheiraten.«

»Muß es denn ein Graf sein?« fragte er mit halb komischer Verzweiflung. »Und wenn ich keinen finde?«

»Du wirst schon einen finden. Nun aber geh!« Damit schob sie ihn zur Tür hinaus.

Vitus hatte genug gehört, um alles zu verstehen. Nicht aus Liebe, nicht einmal aus zügelloser Sinnlichkeit, nein, aus purer Berechnung gab dieses Mädchen dem alten Wüstling seinen köstlichen Leib. Er sollte ihr den Weg ebnen, den ihr Ehrgeiz einzuschlagen beabsichtigte. Eine grenzenlose Verachtung stieg in ihm für das Mädchen herauf, das aussah wie ein Engel und eine kalte, herzlose Schlange war. Aber diese Verachtung hinderte ihn nicht daran, sie jetzt erst recht besitzen zu wollen. Nun reizte ihn neben ihrer Schönheit auch noch ihre Lasterhaftigkeit.

Als sie nach einer Weile aus dem Pavillon trat, meinte sie vor Schrecken umsinken zu müssen. Da saß keine fünf Schritte entfernt Vitus auf einer Bank und rauchte seine Pfeife. Wie lange saß er dort? Unmöglich lange, denn sonst hätte ihn ja der Graf mit sich gezogen, um ihr freien Weg zu sichern. Er konnte also eben erst gekommen sein.

Während diese Gedanken blitzschnell ihr Gehirn durchkreuzten, trat sie mit ihrem süßesten Lächeln auf ihn zu.

»Herr Söllner, wie haben Sie sich daher verirrt?« fragte sie, indem sie ihm die Hand hinstreckte.

»Soll ich Ihnen die Wahrheit sagen? Ich habe Sie gesucht! Waren Sie denn in dem Pavillon da?«

»Ja, das ist mein Lieblingsplatzerl. Ich komme immer her, wenn ich auf dem Schloß bin. Warum haben Sie denn nicht hineingeschaut, dann hätten Sie mich drinnen auf der Chaiselongue liegen sehen können.«

Ihre Frechheit imponierte ihm geradezu. Und er beschloß, sie mit einem Schlag niederzudrücken.

»Wer sagt Ihnen, daß ich es nicht getan habe?« fragte er und lächelte sie dabei freundlich an.

Sie wurde totenbleich und schwankte, so daß er aufsprang und sie stützte. Wie ein krankes Kind ließ er sie auf die Bank neben sich niedergleiten.

»Ich kam ahnungslos an den Pavillon gebummelt und wollte hinein«, erzählte er ihr seelenruhig, während sie wie in Fieberschauern erzitterte. »Die Tür war zu, also ging ich herum und schaute durch so eine alte Jalousie hinein. Mein Gott, ein bißchen neugierig ist ja ein jeder Mensch. Und ich konnte ja nicht ahnen, daß dieser alte Kasten solche Schätze barg.«

Sie schlug die Hände vors Gesicht und stöhnte tief.

Da empfand er etwas wie Mitleid für sie. »Für was für einen Menschen halten Sie mich, Marga?« fragte er sie, indem er ihre Hand zwischen die seinen nahm. »Für einen anständigen oder einen unanständigen?«

Sie sah ihn scheu von der Seite an. »Ich halte Sie vor allem für einen gefährlichen Menschen«, sagte sie leise. Sie war keinen Moment im Unklaren darüber, welchen Preis sie für seine Diskretion zahlen mußte.

»Kommen Sie, wir wollen nach dem Schloß gehen«, meinte er, sich erhebend, »sonst könnte Ihre Abwesenheit auf fallen. Da Sie mit mir kommen, können Sie sich ja — den Umweg durch den Obstgarten ersparen.«

Sie zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen, erwiderte aber nichts, sondern ließ sich willenlos von ihm fortziehen.