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Kollisionskurs Wurmloch: Science Fiction Fantasy Großband 3 Romane 6/2021 von Ann Murdoch Über diesen Band: Grenzstation Outer Circle (Ann Murdoch) Kollisionskurs (Ann Murdoch) Nachrichtensperre (Ann Murdoch) Am Rande eines instabilen Wurmlochs befindet sich die Raumstation S 7, allgemein nur Outer Circle genannt. In ihrem Innern werden immense Warenmengen umgeschlagen, außerdem ist es ein wichtiger Halte- und Umsteigepunkt für Passagiere. Hier ist die Schwarze Division stationiert, einer Elitetruppe des einflussreichen Raumritterordens, der den Einflussbereich der Menschen mit militärischen Mitteln ausdehnen will. Outer Circle ist somit ein Brennpunkt und eine galaktische Anlaufstelle zugleich - aber auch Ausgangspunkt für provozierte Konflikte, in denen der Raumritterorden eine tragende Rolle spielt.
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Seitenzahl: 444
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Kollisionskurs Wurmloch: Science Fiction Fantasy Großband 3 Romane 6/2021
Anna Martach
Published by BEKKERpublishing, 2021.
Title Page
Kollisionskurs Wurmloch: Science Fiction Fantasy Großband 3 Romane 6/2021
Copyright
Die Wormhole-Affäre - Band 1 Grenzstation Outer Circle
Die Wormhole-Affäre - Band 1 Grenzstation Outer Circle
Copyright
Prolog
Erstes Kapitel: Fehler im System
Zweites Kapitel: Stationsgeflüster
Drittes Kapitel: Verschwunden
Viertes Kapitel:Veränderungen
Fünftes Kapitel: Im Namen der Ehre
Sechstes Kapitel: Ohne Netz und doppelten Boden
Epilog
Glossar Schwarze Division
Die Wormhole-Affäre - Band 2 Kollisionskurs
Die Wormhole-Affäre - Band 2 Kollisionskurs
Copyright
Erstes Kapitel: Ehrenkodex
Zweites Kapitel: Wege zum Paradies
Drittes Kapitel: Ein halber Held
Viertes Kapitel: Echos der Ewigkeit
Fünftes Kapitel: Von Menschen und Aliens
Sechstes Kapitel: Ewiges Leben inklusive
Siebtes Kapitel: Der Harlekin-Effekt
Achtes Kapitel: Aus Spaß wird Ernst
Glossar Schwarze Division
Die Wormhole-Affäre - Band 3 Nachrichtensperre
Die Wormhole-Affäre - Band 3 Nachrichtensperre
Copyright
Erstes Kapitel: Anständigkeit ist ein teurer Luxus
Zweites Kapitel: Wem gehört die Welt?
Drittes Kapitel: Rachegefühle
Viertes Kapitel: Neuigkeiten für jedermann
Fünftes Kapitel: Ärger drinnen und draußen
Sechstes Kapitel: Der Chef hat immer recht
Siebtes Kapitel: Im Namen des Ordens
Achtes Kapitel: Traue niemandem
Neuntes Kapitel: Göttliche Geschenke
Nachwort
Glossar Schwarze Division
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Further Reading: 30 Sternenkrieger Romane - Das 3440 Seiten Science Fiction Action Paket: Chronik der Sternenkrieger
Also By Anna Martach
Kollisionskurs Wurmloch: Science Fiction Fantasy Großband 3 Romane 6/2021
von Ann Murdoch
Über diesen Band:
Grenzstation Outer Circle (Ann Murdoch)
Kollisionskurs (Ann Murdoch)
Nachrichtensperre (Ann Murdoch)
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Am Rande eines instabilen Wurmlochs befindet sich die Raumstation S 7, allgemein nur Outer Circle genannt. In ihrem Innern werden immense Warenmengen umgeschlagen, außerdem ist es ein wichtiger Halte- und Umsteigepunkt für Passagiere. Hier ist die Schwarze Division stationiert, einer Elitetruppe des einflussreichen Raumritterordens, der den Einflussbereich der Menschen mit militärischen Mitteln ausdehnen will. Outer Circle ist somit ein Brennpunkt und eine galaktische Anlaufstelle zugleich – aber auch Ausgangspunkt für provozierte Konflikte, in denen der Raumritterorden eine tragende Rolle spielt.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)
© Roman by Author / COVER LUDGER OTTEN
© dieser Ausgabe 2021 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten.
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Ann Murdoch
Die Wormhole-Affäre - Band 1 Grenzstation Outer Circle
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Table of Contents
UPDATE ME
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von Ann Murdoch
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Der Umfang dieses Buchs entspricht 127 Taschenbuchseiten.
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Am Rande eines instabilen Wurmlochs befindet sich die Raumstation S 7, allgemein nur Outer Circle genannt. In ihrem Innern werden immense Warenmengen umgeschlagen, außerdem ist es ein wichtiger Halte- und Umsteigepunkt für Passagiere. Hier ist die Schwarze Division stationiert, einer Elitetruppe des einflussreichen Raumritterordens, der den Einflussbereich der Menschen mit militärischen Mitteln ausdehnen will. Outer Circle ist somit ein Brennpunkt und eine galaktische Anlaufstelle zugleich – aber auch Ausgangspunkt für provozierte Konflikte, in denen der Raumritterorden eine tragende Rolle spielt.
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker ( https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/ )
© Roman by Author /COVER LUDGER OTTEN
© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.
Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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Nachdem die Menschheit der Erde im einundzwanzigsten Jahrhundert fast die eigene Ausrottung auf der Tagesordnung stehen hatte – ein Vorhaben, das eher durch Zufall misslang – gingen die letzten Überlebenden daran, mit vereinten Kräften den Weltraum zu erobern. Statt in teure prestigeträchtige Waffen zu investieren wurden zunächst Technologien für Raumschiffsantriebe entwickelt.
Während dieser Zeit entwickelte sich der Orden der Raumritter, es handelte sich um militärische Einheiten mit strenger Hierarchie und enormer Kampfkraft, die nichts mit den gewöhnlichen Raumsoldaten der Flotte zu tun hatte; es handelte sich um Sondereinheiten, die für den Kampf gegen außerirdische Gegner zuständig waren und nur in Notsituationen zum Einsatz kommen durften. Abstammung, Aufnahme und Ausbildung unterlagen strengen Kriterien, längst nicht jeder, der sich bewarb, wurde überhaupt in Betracht gezogen. Die Menschheit brauchte auf jeden Fall schlagkräftige Truppen, um sich gegen die unvermeidliche Bedrohung aus dem All zu verteidigen, sobald die Diplomatie versagte. Natürlich würde es irgendwann auch nicht bei der Verteidigung bleiben, die Menschheit forderte Platz, um sich auszudehnen, und die Raumritter galten als kaum besiegbar.
Fast wären die Menschen doch wieder in alte Fehler verfallen, weil es zu einfach war, das erste außerirdische Volk förmlich zu überrennen. Doch dann trafen die Menschen auf ernst zu nehmende Gegner und mussten lernen zusammen zu halten. Notgedrungen rauften sich Raumflotte und Raumritter zusammen, die Befehlsgewalten blieben dennoch geteilt.
Alle Anstrengungen wurden nun den gemeinsamen Zielen untergeordnet. Es ging nicht mehr darum, den Weltraum zu erobern, das hatten andere schon vorher getan. Nein, es ging darum, in dem bereits bestehenden galaktischen Gefüge einen Platz zu finden und zu festigen – mit allen Mitteln.
Es war nicht ganz einfach gewesen, doch als im Quadranten 234-7-19 die Raumstation S 7 in Betrieb genommen wurde, hatten die Menschen endgültig ihre Stellung in der galaktischen Hierarchie festgelegt. Noch ahnte niemand, dass es damit allein nicht getan sein sollte.
S 7 befindet sich gefährlich nahe an einem Wurmloch, das Raumschiffen zu normalen Zeiten neben einem schnellen Transport in Bereiche mit einer Gegenstation ermöglicht, sondern auch einen direkten Durchgang zum Randbezirk der großen Magellanschen Wolke garantiert.
Outer Circle nennen die Raumfahrer das Gebilde, das einem riesigen Rad gleicht. Das Zentrum, also die Nabe, beinhaltet die Steuersysteme und den Antrieb, wie auch allgemein zugängliche Räumlichkeiten, mögen es nun eine Shopping-Mall, Restaurants oder andere Versammlungsräume sein, die Kommandozentrale befindet sich ebenfalls hier.
In den Speichen und dem äußeren Ring befinden sich Wohnkabinen als kurzfristig anzumietende Räume, die von einem Hotelkonzern betrieben werden, Quartiere für die Raumsoldaten, wie auch feste Wohnungen für alle Dauerbewohner. Die künstliche Schwerkraft wird durch gegenläufige Rotation der mehrwandigen Röhren erzielt und besitzt fast Erdstandard.
Outer Circle kann auf einen großen Warenumsatz verweisen, ist aber auch Anlegestelle für zahlreiche Raumschiffe, die das Wurmloch benutzen wollen.
Dieser Raumdurchgang im Quadranten 234-7-19 besitzt eine in der Galaxis einzigartige Eigenheit, er kollabiert in periodischen Abständen und bildet damit eine absolut tödliche Raumverwerfung, die von den Wissenschaftlern jedoch relativ genau berechnet werden kann, so dass der verkehr zu dieser Zeit ruht. Dennoch kommt es immer wieder zu gewollten und ungewollten Unfällen.
Eine Raumstation an diesem Ort einzurichten hatte keines der außerirdischen Völker gewagt, und es steigerte das Ansehen der Menschen, als sie das künstliche Gebilde erfolgreich installierten. Die Liegegebühren, Hotelpreise und Warenumschlagskosten sind horrend, sie bringen der irdischen Zentralregierung viel Geld ein, selbst wenn man die Unterhaltskosten für die Station berechnen muss. Kommandiert im militärischen wie im zivilen Bereich wird S 7 von Oberst Alexa Dexter, einer erfahrenen Raumsoldatin mit diplomatischem Geschick. Die fünfzigjährige Menschenfrau besitzt eine Menge Durchsetzungskraft, kann aber auch behutsam vorgehen und hat fast alle Freiheiten bei der Führung, vorausgesetzt, sie kommt dem Kommandanten der Schwarzen Division nicht in die Quere. Solange die Bilanz stimmt, redet ihr die irdische Regierung nicht hinein. Oberst Dexter sorgt für Ruhe und geordneten Handel, hat die hier stationierten Zivilisten verschiedener Völker gut im Griff, und scheint grundsätzlich alles zu wissen, was in dem rund 1,7 km durchmessenden Gebilde vor sich geht.
Die Schwarze Division ist eine Elitetruppe der Raumritter und rekrutiert sich ausschließlich aus Mitgliedern des Ordens. Sie mögen Aliens nicht besonders, sind arrogant und abweisend. Sie verfolgen eigene Pläne, die von der irdischen Regierung zum großen Teil jedoch gedeckt werden.
In der schon legendären Raumfahrerbar Last Vision, fast im genauen Mittelpunkt der Nabe, treffen sich Bewohner und Besucher der Station. Hier laufen alle Fäden von Outer Circle zusammen, auch wenn das kein Mensch offen laut aussprechen würde. Last Vision besteht zu einem Teil aus Gerüchten, einem Teil illegaler Handlungen, einem Teil interessanter Lebewesen und einem großen Teil Wohlfühl-Atmosphäre. Wer hierher kommt, kann sich vergnügen, Geschäfte abschließen, Schmuggelware verhökern, ein Vermögen gewinnen und wieder verlieren, oder einfach nur genießen und zuschauen. Er wird sich jedoch in keinem Fall langweilen.
Die Badabene war ein Forschungsraumschiff der Thorianer, einer menschenähnlichen Rasse, deren meiste Mitglieder als wissenschaftliche Koryphäen galten, ohne die Forschungsergebnisse jemals profitabel auszuwerten. Sie sammelten Wissen um des Wissens Willen und nutzen nur vereinzelt ihre Erfindungen, um allen Individuen ein bequemes und forschungsreiches Leben zu ermöglichen.
Die Badabene führte einen kleinen Konvoi von vier Schiffen an. Die Thorianer an Bord wollten das Wurmloch erforschen, denn noch niemand hatte bis jetzt herausgefunden, warum es immer wieder zu Verwerfungen kam, und ob man die möglicherweise abstellen konnte. Die Außerirdischen hatten mit ihrem Schiff an Outer Circle angedockt, um sich mit Proviant zu versorgen und eine letzte Rücksprache mit den Wissenschaftlern der Station zu halten. Außerdem benötigten sie eine offizielle Genehmigung, denn das Gebiet rund um das Wurmloch galt nicht nur als gefährlich, sondern auch als menschliches Hoheitsgebiet.
Die Kommandantin der Station, Oberst Alexa Dexter, erteilte die Genehmigung nur zu gerne, denn die Thorianer würden ihre Forschungsergebnisse später den Menschen zur Verfügung stellen. Doch Generaloberst Weishaupt von der Schwarzen Division schäumte.
„Was erlauben sich diese – diese Kreaturen? Welch eine Anmaßung! Und unsere spröde, auf Harmonie gepolte Kommandantin unterstützt das auch noch! Wir sind Menschen, wir schaffen unsere Forschungen auch ohne diese Aliens.“
Es war ein altbekanntes Kompetenzgerangel. Oberst Dexter unterstand der irdischen Regierung und gehörte zu regulären Raumflotte. Generaloberst Weishaupt und die Schwarze Division hingegen waren mitsamt der Starwatch-Raumflotte ein Sonderkommando, das für die Sicherung des sensiblen Bereichs zuständig war. Die zusätzlichen Befehle und Vollmachten, die die Schwarze Division besaß, hätten Oberst Dexter vermutlich in helle Aufregung versetzt – wenn sie davon gewusst hätte.
„Ich will nicht, dass die Thorianer unser Aufmarschgebiet in näheren Augenschein nehmen“, grollte der Generaloberst.
Leutnant van Heel, sein Adjutant, stand abwartend vor dem Schreibtisch, er ahnte, dass der Kommandant weitere Befehle erteilen wollte.
Weishaupt überlegte. „Für welchen Termin ist die nächste Verwerfung angekündigt?“
„Standardzeit?“
„Was denn sonst?“, knurrte der Offizier. „Ich werde mich vermutlich nie mit dieser Sternenzeitberechnung anfreunden.“
„Morgen, elf Uhr zweiundfünfzig, Sir“, kam die prompte Auskunft. Eine Verwerfung bezeichnete einen temporären Kollaps im Wurmloch, während der es instabil wurde und sich förmlich umstülpte. Ein Vorgang, der sogar mit bloßem Auge verfolgt werden konnte und ungeheure Energie erzeugte, wie auch verschlang. Ein paar Witzbolde bezeichneten die Verwerfung als Schluckauf.
Der Generaloberst schaute seinen Adjutanten lauernd und nachdenklich an. „Sie wissen, dass es ausgesprochen gefährlich ist, in der Nähe des Wurmlochs herumzufliegen, sobald die Verwerfung ansteht?“
„Selbstverständlich, Sir, jeder weiß das.“
„Was glauben Sie, wissen die Thorianer das auch?“
„Dazu kann ich nichts sagen, Sir, ich kenne diese Rasse nicht besonders gut.“
„Guter Mann, geben Sie sich nicht mit diesem außerirdischen Gesindel ab. Wir dürfen kein Risiko eingehen und müssen uns selbst schützen. Sorgen Sie dafür, Leutnant, dass diese wissenschaftliche Untersuchung nicht stattfindet. Aber ich will keine Toten – vorerst nicht. Lassen Sie die Schiffe und ihre Besatzungen einfach verschwinden, möglichst unauffällig und so, dass kein Verdacht auf uns fällt. Womöglich würde Oberst Dexter uns anklagen, wegen Behinderung Außerirdischer oder sonst einem absurden Vorwurf. Vielleicht sollte die Umgebung des Kohlensacks als neuer Standort für die Aliens ausgewählt werden. Ich überlasse Ihnen die Einzelheiten.“
Der Kohlensack war eine Gegend mit starkem Vorkommen an kosmischen Staub. Navigation und Ortung waren im Inneren fast unmöglich, treibende Asteroiden oder Trümmerstücke wurden zu tödlichen Gefahren. Nicht einmal die Piraten flogen in diesem Bereich, nutzten den Kohlensack allerdings zeitweise für die Flucht, um Verfolger abzuschütteln.
Leutnant van Heel überdachte die Einzelheiten, dann salutierte er. Selbstverständlich hatte der Generaloberst niemals eine Weisung erteilt.
Die Badabene dockte ab und vereinigte sich mit den restlichen Schiffen, gemeinsam flogen sie auf das Wurmloch zu – dann erfolgte überraschend eine Richtungsänderung, und die vier Schiffe verschwanden wenig später abrupt aus der Ortung. Niemand an Bord von Outer Circle achtete darauf, die Schiffe hatten sich korrekt abgemeldet. Erst als die plan- und routinemäßigen Meldungen ausblieben, begann man zu suchen. Doch nun kam die planmäßige Verwerfung, das Wurmloch kollabierte für einige Stunden, sämtliche Ortungsgeräte wurden nutzlos, und natürlich hielten alle Raumschiffe respektvollen Abstand zum kosmischen Weltwunder.
Auch nach der üblichen Beruhigung des Wurmlochs blieben die thorianischen Schiffe verschwunden.
*
Generaloberst Andreas Weishaupt schaute sich kurz in seinem Büro um, alles befand sich an seinem Platz. Nirgendwo lag ein Stäubchen, was innerhalb einer Raumstation ohnehin selten vorkam, alle Gegenstände befanden sich millimetergenau an ihrem Platz.
Der Generaloberst war unruhig. In wenigen Minuten sollte ein Abgesandter des Generalrats der Raumritter auf Outer Circle eintreffen. Generalmajor von Harthausen würde ab sofort die Abteilung Starwatch befehligen und gleichzeitig als sein Stellvertreter fungieren. Eine überraschende und nicht ganz nachvollziehbare Entscheidung, wie der Offizier befand.
Generaloberst Weishaupt war Befehlshaber der Schwarzen Division, einer Sonderabteilung des Raumritterordens, der neben der regulären Raumflotte die Interessen der Menschheit – meist mit Waffengewalt – vertrat. Ihr Aufgabengebiet war nicht offiziell definiert, sodass sich zahlreiche Gerüchte um die Kampftruppe, wie auch ihre Mitglieder, rankten. Hier auf der Raumstation S 7, allgemein nur Outer Circle genannt, waren zahlreiche Soldaten dieser Truppe stationiert. Das lag nicht nur an der Tatsache, dass sich S 7 in der Nähe eines instabilen Wurmlochs befand. Es lag auch daran, dass von hier aus ein verdeckter Aufmarsch stattfinden sollte, um den Expansionsbestrebungen der irdischen Regierung gerecht zu werden. Selbstverständlich alles geheim, unter dem Vorwand der Verteidigung des menschlichen Einflussbereichs.
Der Neuankömmling, Generalmajor Columban von Harthausen, war direkt vom Generalrat als Oberbefehlshaber des Raumritterordens beauftragt und besaß weitreichende Vollmachten. Weishaupt vermutete, dass auch seine eigenen Handlungen überprüft werden sollten. Da konnte es eventuell zu Schwierigkeiten kommen. Weishaupt hatte sich mit seinen letzten Befehlen ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt. Nun, man würde sehen. Als Offizier der Schwarzen Division sollte von Harthausen ähnliche Ansichten vertreten wie er selbst, dachte Weishaupt.
Er stand auf und zog automatisch seine Uniform glatt. Paradeuniform selbstverständlich, tiefschwarz, körpernah geschnitten. Im Kontrast dazu stand das schneeweiße Koppel aus Niliphantleder vom Planeten Dschallo. Und natürlich leuchteten die Orden und Ehrenzeichen, die bei einem so hochrangigen Offizier in erklecklicher Anzahl vorhanden waren.
Weishaupt verließ das Büro, im Vorzimmer sprang Leutnant van Heel auf und salutierte.
„Schon gut, Leutnant, beschränken wir das auf den Neuankömmling. Ist alles bereit?“
„Selbstverständlich, Generaloberst. Das Empfangskomitee steht vollzählig bereit im Hangar. Der Offiziersstab befindet sich im Vorraum und wartet auf Sie. Die Unterkunft für Generalmajor von Harthausen ist vorbereitet. Die Piloten der Starwatch ...“
„Schon gut, ich glaube Ihnen, dass Sie an alles gedacht haben.“ Van Heel zeichnete dafür verantwortlich, dass alles perfekt vorbereitet war. Er kannte die Pingeligkeit seines Vorgesetzten. Weishaupt konnte sehr ungnädig reagieren, wenn auch nur eine Kleinigkeit nicht korrekt war. Er hoffte also selbst, nichts übersehen zu haben.
„Wie lange noch?“, fragte der Generaloberst.
„Die Stellar Maris dockt in siebzehn Minuten an, Sir.“
„Dann sollten wir uns auf den Weg machen.“
Van Heel riss zuvorkommend die nächste Tür auf. Sechs Offiziere sprangen auf und salutierten.
„Stehen Sie bequem, meine Herren.“ Automatisch glitt der Blick des Befehlshabers über die Uniformen, aber er fand nichts zu bemängeln. Natürlich war jedes Mitglied der Schwarzen Division mit den Eigenheiten des „Alten“ vertraut, aber ebenso legte jedes Mitglied dieser Elitetruppe persönlichen Wert auf Perfektion.
Weishaupt ging voran, die anderen folgten. S 7 war eine Raumstation von beeindruckender Größe, sie maß immerhin 1,7 km im Durchmesser und glich einer Radnabe, deren Mittelpunkt in vier Ebenen alles bot, was Menschen und Außerirdische für nötig hielten. Künstliche Schwerkraft wurde durch gegenläufige Rotation der Hüllen erzeugt, im äußeren Rand des Rades waren neben Unterkünften insgesamt 12 Dockstationen mit entsprechenden Hangars installiert und boten für jeden Raumschiffstyp passende Möglichkeiten. Hier wurden zahllose Waren umgeschlagen, die Station war ein wichtiges Ziel für Handel und Passagierbeförderung – und für die Ausrüstung, sowie Bewaffnung irdischer Soldaten.
Die Schwarze Division, die für die Sicherheit der Umgebung zuständig war, zählte als ein wichtiger Baustein im Puzzle des Kampfes um die Vormachtstellung in der Galaxis.
Weishaupt marschierte mit seinen Leuten zum Aufzug, um den Zugang zur Speiche für S 7-H 10 zu erreichen.
„Noch vier Minuten“, murmelte Leutnant van Heel, als die Gruppe den Hangar erreichte. Schwere Tore aus molekularverdichtetem Stahl waren jetzt noch geschlossen, doch die sanft brummenden Maschinen deuteten an, dass draußen das Raumschiff bereits angedockt hatte und jetzt an die Schleuse herangezogen wurde.
„Achtung!“, brüllte der diensthabende Sergeant, als Leutnant van Heel ihm ein Zeichen gab. Die Ehrenformation aus rund dreißig Soldaten, die ein Spalier bildeten, stand stramm, die Strahlgewehre schräg vor dem Körper präsentiert.
Generaloberst Weishaupt ließ es sich nicht nehmen, einen Blick rundum zu werfen. Er nickte unmerklich, alles war perfekt. Es nutzte also doch etwas, diesen jungen Burschen mit verschärftem Drill Disziplin und Ordnung beizubringen. Die Raumritter der Schwarzen Division waren bestens vorbereitet. Er konzentrierte seine Aufmerksamkeit auf die Schleuse, wo jeden Augenblick Generalmajor von Harthausen erscheinen musste, ein Mann, dem sein Ruf vorauseilte.
Die riesigen Tore schoben sich fast lautlos auseinander, der hell erleuchtete Schleusenraum der Stellar Maris wurde sichtbar. Nun erschienen zwei Männer, einer davon in der Paradeuniform der Schwarzen Division, der andere in Zivil.
Ein Zivilist?! Etwas unangenehm berührt trat Weishaupt vor, um den Generalmajor zu begrüßen und seinen Begleiter vorerst zu ignorieren.
Columban von Harthausen war ein sehr schlanker, hoch gewachsener Mann, der sich betont gerade hielt. Das schmale Gesicht mit nur wenigen Falten und eisblauen Augen wurde umrahmt von grauen Haaren. Er blickte Weishaupt mit einem Lächeln entgegen und salutierte.
Weishaupt erwiderte die Ehrenbezeugung, erst dann streckten sich die beiden Männer die Hände zur Begrüßung entgegen.
„Herzlich willkommen auf Outer Circle“, verkündete der Generaloberst. „Ihre Ankunft wurde uns sehr kurzfristig avisiert, wir haben uns bemüht, alles zu Ihrer Zufriedenheit vorzubereiten.“
Columban drückte die Hand des anderen fest und neigte leicht den Kopf. „Ich bin sicher, alles wird perfekt sein, Generaloberst. Vielen Dank für den Empfang, ich fühle mich geehrt. Darf ich Ihnen meinen Neffen Lucas vorstellen? Er erwägt den Eintritt in unseren Orden.“
Erst jetzt blickte Weishaupt auf den jungen Mann, der allerdings bei diesen Worten keine Begeisterung zeigte und nur nachlässig grüßte. Der Generaloberst nickte ihm kurz zu. „Ich bin sicher, er wird nach erfolgter Ausbildung eine willkommene Verstärkung für die Truppe sein.“ Damit war das Thema für ihn beendet.
Die Zeremonie im Schleusenraum schien einigen anderen Passagieren zu lange zu dauern. Ein Alien, eindeutig als Echsenabkömmling zu erkennen, drängte sich vor, um die Schleuse endlich zu verlassen. Dabei schubste er unbeabsichtigt von Harthausen beiseite. Mit einer kaum verständlichen, gemurmelten Entschuldigung eilte er davon.
„Verfluchtes außerirdisches Gesindel“, murmelte Weishaupt und beherrschte sich mühsam, den Fremden nicht zurückzuhalten und zu beschimpfen. Weshalb hatte der Generalmajor überhaupt mit einem Linienschiff kommen müssen? In drei Tagen war ein planmäßiger Truppentransporter vorgesehen, hätte er nicht mit dem reisen können? Weshalb diese unziemliche Eile? Dann wäre auch sein eigenes Dilemma mit ... Nein, nicht weiter darüber nachdenken, einfach nur hoffen, dass alles gut ging.
Von Harthausen schüttelte nur den Kopf, er vergaß den kleinen Vorfall sofort wieder. Lucas aber starrte den Generaloberst wütend an.
„Wenn wir hier nicht alles blockieren würden, könnten andere Leute endlich ihren Geschäften nachgehen“, sagte er mit unterdrückter Stimme. Sein Onkel warf ihm einen warnenden Blick zu. „Keinen Eklat bitte, wir reden später“, raunte er.
Lucas presste die Lippen zusammen und ging ebenfalls davon. Mit diesem militärischen Aufmarsch wollte er ohnehin nichts zu tun haben. Spöttisch musterte er die Soldaten. Sie alle gehörten zu den Raumrittern, die gesamte Schwarze Division rekrutierte sich aus Ordensmitgliedern, die alle einem besonderen Ehrenkodex unterlagen. Er sollte diesem Haufen beitreten, nur weil sein Vater und sein Onkel selbst dazu gehörten und das über seinen Kopf hinweg beschlossen hatten? Nein, darüber war das letzte Wort noch nicht gesprochen. Er hörte, wie der Sergeant laute Befehle brüllte, stampfende Füße, das Klatschen der Waffen in den Händen. Sollte Onkel Columban diese Ehrungen ruhig genießen.
Lucas folgte dem Alien, der mit raschen Schritten zum automatischen Laufband gegangen war, mit dem der Transport innerhalb der Station rasch vonstatten ging. Die beiden hatten während des gemeinsamen Flugs in der Stellar Maris mehrmals miteinander gesprochen, und der Mensch akzeptierte andere Lebewesen, so wie sie waren. Eine Beleidigung, wie sie Weishaupt ausgesprochen hatte, wäre ihm niemals über die Lippen gekommen. Bloß weg von hier, bevor die Vorurteile ansteckend wurden.
Lucas dachte zurück an das Gespräch, das er kurz vor der Landung mit seinem Onkel geführt hatte. Columban von Harthausen hatte niemals öffentlich gegen Aliens Stellung bezogen, aber auch er war Mitglied der Schwarzen Division, vermutlich dachte er ähnlich wie der Generaloberst. Aber was wusste er über seinen Vater und seinen Onkel wirklich? Er dachte zurück an das letzte Gespräch.
*
„Wir werden in weniger als zwei Stunden landen, und ich möchte vorher noch mit dir reden.“ Columban war ohne Türmeldung einfach in die Kabine seines Neffen hereingekommen. Widerwillig hob der 19-jährige den Kopf und löste sich aus der neuronalen Verbindung zum Computer, in dem er Kämpfe gegen künstliche Intelligenzen geführt hatte. Ein beliebter Zeitvertreib, wenn auch nicht besonders produktiv. Lucas verdrehte gottergeben die Augen, wandte sich aber gehorsam seinem Onkel zu.
„Ich habe geahnt, dass du mich auch nicht in Ruhe lassen wirst“, seufzte er.
Columban lächelte, es veränderte sein strenges Gesicht auf überaus sympathische Weise. „Da dein Vater dich unter meine Aufsicht gestellt hat, war das wohl unvermeidlich“, stellte er ironisch fest.
„Also gut, fassen wir zusammen“, stöhnte Lucas. „Vater hat dir sicher aufgezählt, was ihm an mir missfällt. Ich langweile mich beim Studium, weil es mich unterfordert, besuche die Vorlesungen demnach nur unregelmäßig, treibe mich mit niederen Subjekten herum, gehe zu viel Geld für Nichtigkeiten aus, und zeige keine gesteigerte Aktivität zur Vernunft zu kommen oder mich auch mit der vorgesehenen Braut endlich zu verheiraten. Ich soll Ordnung und Disziplin lernen, und deswegen hast du dich bereit erklärt, mich probeweise in eine militärische Einheit einzugliedern – wozu ich im Übrigen nicht die geringste Lust verspüre. Das gilt im Übrigen auch für eine Heirat mit Rebecca, die ich sterbenslangweilig finde. Nur weil sie aus einer guten Familie stammt, und unsere Eltern die Hochzeit verabredet haben, muss ich mich noch lange nicht fügen.“
„Eine bemerkenswerte Aufzählung von Charakterschwächen“, stellte von Harthausen fest, sein Tonfall war immer noch ironisch. „Allerdings ist das alles nichts, was mich ernsthaft beunruhigen würde.“
Erstaunt hob Lucas den Kopf. „Nicht? Wenn ich nach den Worten von Vater gehe, steht deswegen der Untergang der Galaxis kurz bevor.“
„Hat er sich wirklich so schlimm benommen? Bei Gelegenheit werde ich ihn mal an ein paar kleine Vorfälle erinnern“, gab Columban schmunzelnd zurück.
„Was heißt das, Onkel? War mein Vater in seiner Jugend etwa auch ...“
„Ich werde ganz sicher nicht aus dem Nähkästchen plaudern, Junge, aber du solltest wissen, dass auch dein Vater und ich irgendwann einmal jung und ungestüm gewesen sind.“
„Wenn man euch heute sieht, könnte man glauben, ihr seid schon als perfekte Ordensritter auf die Welt gekommen“, erwiderte der junge Mann und bemühte sich, seine Neugier zu verbergen.
„Ich möchte nicht, dass du diese Reise und den Aufenthalt auf S 7 als eine Bestrafung ansiehst. Dein Vater – mein Bruder – macht sich Sorgen, du könntest dein Leben vergeuden.“
„Siehst du das genauso?“
„Das steht hier nicht zur Debatte. Im Übrigen fühle ich mich nicht bemüßigt, deinen Eltern Erziehungsratschläge zu erteilen. Meiner Meinung nach aber solltest du die Gelegenheit erhalten viele Tatsachen, Karrieremöglichkeiten und Berufsfelder kennenzulernen, um die eigenen Fähigkeiten zu erkennen und die bestmögliche Wahl zu treffen. Dein Studium kann dir vielleicht hilfreich sein, aber sicher ist das nicht. Versuche, unvoreingenommen an die Sache heranzugehen, das macht es dir leichter.“
„Deswegen soll ich zunächst ein Praktikum bei der Schwarzen Division machen?“
Von Harthausen wurde schlagartig ernst. „Niemand macht ein Praktikum bei dieser Elitetruppe. Es wird schwer genug werden, die Erlaubnis des Kommandeurs zu erhalten, obwohl die Genehmigung vom Generalrat bereits vorliegt. Aber nach allem, was ich gehört habe, ist Generaloberst Weishaupt ein schwieriger Charakter. Du sollst dich umsehen und lernen, stell Fragen an die Soldaten, lass dir erklären, wie die Ausbildung abläuft, wie der Alltag ist – meiner Meinung nach könnte das für dich interessant werden.“ Er sah die missmutige Miene seines Neffen. „Ich werde dich zu nichts zwingen, Lucas, aber du solltest dich selbst fragen, ob du nicht etwas toleranter sein möchtest. Sei einfach offen für alles.“
„Und wenn ich feststelle, dass das Leben als Soldat nichts für mich ist?“
„Dann hast du es zumindest versucht und etwas daraus gelernt. Das ist mehr, als du bis jetzt vorweisen kannst.“
„Vielleicht entscheide ich mich, hier an Bord zu bleiben und als einfacher Arbeiter oder Prospektor zu leben.“
„Auch das wäre deine Entscheidung, ob dein Vater sie nun gutheißt oder nicht. Wichtig ist nur, dass du nicht aus Trotz oder Abneigung handelst. Wenn du einen Beruf ergreifst, solltest du voll und ganz dahinter stehen. Nur dann kannst du dir auch in zehn oder zwanzig Jahren noch offen ins Gesicht sehen.“
„Du redest so ganz anders als Vater, man sollte nicht glauben, dass ihr Brüder seid.“
„Dein Vater denkt ebenso, er macht sich Sorgen, und er will nur das Beste für dich. Vielleicht ist er etwas heftiger in seinen Worten, aber versuche mal, dein Verhalten aus seiner Sicht zu sehen. Vielleicht verstehst du ihn dann besser.“
Columban ging behutsam vor und verwünschte in Gedanken seinen Bruder und sich selbst. Die Raumstation befand sich in einem exponierten Sektor, der sich schon bald als Brennpunkt erweisen konnte. Weshalb hatte Zacharias ihn ausgerechnet jetzt gebeten, den Jungen mitzunehmen? Und wieso hatte er selbst zugestimmt? Ach, jede weitere innere Diskussion war müßig. Er musste das Beste daraus machen.
„Ich wiederhole, ich werde dich zu nichts zwingen, Lucas, aber ich erwarte von dir, dass du dich angemessen benimmst. Du bist alt genug, um im Zweifel die Konsequenzen aus deinen Handlungen zu tragen.“
Lucas hob den Kopf. „Wie meinst du das? Hältst du mich für ein kleines Kind?“
„Outer Circle ist ein wichtiger irdischer Stützpunkt, bevölkert von allen bekannten galaktischen Rassen. Einige von ihnen sind durchaus kriegerisch eingestellt und reagieren schon auf harmlose, scherzhafte Bemerkungen mit Aggressivität. Alle aber sind in einer anderen Kultur aufgewachsen, und für ein geordnetes Miteinander ist gegenseitiger Respekt die Grundvoraussetzung.“
„Wieso ist dann die Schwarzen Division hier, sie gilt doch selbst auf der Erde als versessen auf Rassenreinheit. Und hier trifft sie auf mehr Andersartige als irgendwo sonst. Das muss doch einen bestimmten Grund haben.“
Columban erschrak innerlich, welche Gerüchte gingen bereits auf der Erde um? Weshalb hatte Lucas davon bereits gehört, während der Geheimdienst des Ritterordens noch keine Erkenntnisse darüber besaß? Er musste um jeden Preis die Bedenken des Jungen zerstreuen.
„Die Schwarze Division ist eine Elitetruppe mit sehr strengen Regeln und erstklassig ausgebildeten Soldaten. Die Rassenreinheit bezieht sich auf die eigenen Mitglieder. Nur Menschen können eintreten, und auch dabei gilt, dass eine bestimmte Abstammung nachgewiesen werden muss. Hier am Wurmloch kommt es immer wieder zu Zwischenfällen mit Aliens, und falls die Lage brenzlig wird, dürfte es hier äußerst ungemütlich werden. Die Elitesoldaten können unter Umständen den galaktischen Krieg verhindern.“
„Oder auslösen“, wandte Lucas rasch ein.
Von Harthausen sah seinen Neffen mit einem Stirnrunzeln an, dann nickte er langsam. „Oder einen Krieg auslösen, richtig. Ich hoffe, dir ist die Lage hier klar geworden.“
„Das war sie auch schon vorher“, grinste Lucas. „Interessant, dass ausgerechnet du in ziemlicher Eile hierher abkommandiert wurdest.“
„Wie soll ich das verstehen?“, fragte Columban scharf.
„Du scheinst irgendwie immer im Brennpunkt der Ereignisse zu stehen, Onkel. Du warst vor Ort, als der Dschalla-Zwischenfall geschah, bei dem drei fremde Raumschiffe grundlos angegriffen und zerstört wurden. Du warst Befehlshaber an Bord von Orion Rex, als es zum Zwischenfall auf der landwirtschaftlichen Kolonie Dalamig kam ...“
Columban machte eine energische Handbewegung und verwünschte die Klugheit seines Neffen. Aber er durfte nicht weiter derartige Schlüsse ziehen. „Du legst einigen wenigen Zufällen zu viel Bedeutung bei. Ich denke, wir sollten unser Gespräch jetzt beenden und unsere Sachen packen, die Landung steht kurz bevor.“
„Du schreibst mir also nicht vor, mich sofort zum Dienst zu melden?“ Offener Spott lag in diesen Worten.
„Ich möchte, dass du dich erst einmal ein bisschen umsiehst. Wenn du dich amüsieren willst, dann kannst du das in der Bar Last Vision tun. Der Inhaber, Paul Meyers, ist ein seriöser, integrer Mann und sorgt für Ordnung. Solange du seine Regeln beachtest, kannst du dich auf ihn verlassen.“
„Danke für den Tipp, ich werde es ausprobieren.“
Columban verließ die Kabine seines Neffen und traf in seiner eigenen noch einige Vorbereitungen. Er nahm sich vor, Lucas im Auge zu behalten. Die Mission Outer Circle versprach von Anfang an diffizil zu werden. Generaloberst Weishaupt würde die Sache ganz sicher nicht erleichtern.
Columban von Harthausen betrachtete das pompöse militärische Zeremoniell als notwendiges Übel, dem er nicht viel Sinn beimaß. Für den gemeinen Soldaten war es jedoch wichtig. Zeremoniell, Drill, Disziplin, Exaktheit, Routine – das alles diente dazu, das Leben selbst zu kontrollieren. Wer sich keine Gedanken über selbstverständliche Dinge machen musste, konnte sich voll und ganz auf den Kampf konzentrieren.
Er passierte das Spalier aufmerksam und blickte tatsächlich jedem Soldaten ins Gesicht, was er sah, gefiel ihm. Dann ließ er sich in die Überwachungszentrale der Starwatch-Flotte bringen, wo die 28 Piloten auf ihn warteten. Alle Männer und Frauen dieser Flotte besaßen überragende Fähigkeiten, Loyalität und absoluter Gehorsam gehörten unbedingt dazu. Oberleutnant Anatoli Romanow war der ranghöchste Offizier, er machte auf Columban einen guten Eindruck. Von Harthausen hielt sich hier nicht lange auf, er wusste, dass die meisten Piloten ebenfalls nur widerwillig diesen militärischen Firlefanz durchführten. Er hatte als Pilot angefangen. So ging die Vorstellung rasch vonstatten, man würde sich im Laufe der Zeit besser kennen lernen.
Nun aber hatte er noch eine relativ angenehme Aufgabe vor sich, er wollte die Kommandantin der Station besuchen. Oberst Alexa Dexter besaß einen guten Ruf in der Flotte und sogar im Raumritterorden.
Ihre Aufgabe war hier auf der Station nicht einfach. Das Waren- und Passagieraufkommen war enorm, es kam immer wieder zu Zwischenfällen mit Außerirdischen, und die Gefahren durch das Wurmloch waren auch nicht zu verachten. Konfrontationen mussten unbedingt vermieden werden, und der Umgang mit Konsuln und Botschaftern verschiedener Völker gestaltete sich mitunter schwierig. Dazu kam, dass Oberst Dexter die Anwesenheit der Schwarzen Division nicht gerade gerne sah. Sie war bereits mehrmals mit Generaloberst Weishaupt aneinander geraten. Aber Columban kannte Oberst Dexter von einem früheren Kommando, er schätzte die Frau und freute sich auf das Wiedersehen.
Er wunderte sich nicht wenig, dass es kaum Sicherheitspersonal auf dem Gang gab, in dem das Büro der Kommandantin und einige der wichtigen Schaltzentralen lagen. Nur zwei Soldaten waren zu sehen. Fühlte sich Oberst Dexter so sicher, oder gab es außer den optischen Überwachungsanlagen, die auf Automatik geschaltet waren, zusätzliche Einrichtungen, die er nicht erkannte?
Er betätigte den Summer vor dem Schott und blickte mit einem freundlichen Lächeln in die Kamera.
„Kommen Sie herein, Columban“, kam es aus dem Lautsprecher, die Tür glitt zur Seite.
Das Büro von Alexander Dexter war klein, Platz war auf einer Raumstation rar. Sie beendete eine Arbeit an einem Monitor und stand höflich auf.
„Willkommen an Bord, Generalmajor.“ Alexa streckte ihm die Hand zur Begrüßung entgegen. Oberst Dexter war 50 Jahre alt, wirkte jedoch deutlich jünger. Kurz geschnittenes dunkelbraunes Haar zeigte mittlerweile erste graue Stellen, aber sie färbte sie nicht. Das schmale Gesicht mit intensiv grün leuchtenden Augen besaß kaum Falten, die Figur war schlank und füllte die Uniform auf angenehme Weise aus. Columban wusste, dass sie härter sein konnte als viele Männer in vergleichbarer Position. Sie schreckte nicht vor unpopulären Maßnahmen zurück, zeigte aber häufig auch Menschlichkeit und kämpfte manchmal sogar für aussichtslose Positionen.
„Sie haben eine großartige Station, soweit ich das bis jetzt sagen kann“, erklärte er im Plauderton.
„Danke, ich lege auch großen Wert darauf, dass das so bleibt“, gab sie spröde zurück.
„An mir soll es nicht liegen.“
Alexa stürzte die Hände auf den Schreibtisch, vor dem sie noch stand, und beugte sich vor. „Wie gerne würde ich Ihnen glauben, Columban. Aber ich gestehe, ich bin skeptisch.“
Er schaute sie aufmerksam an, die Lippen verzogen sich zu einem amüsierten Lächeln. „Sie gehen sehr streng mit mir um, Alexa. Womit habe ich das verdient?“
„Aus gutem Grund. Wo immer Sie auftauchen, ist damit zu rechnen, dass es zu seltsamen Vorfällen oder sogar Unruhen kommt. So etwas gefällt mir nicht. Die Situation auf der Station ist im Großen und Ganzen stabil – solange es mir gelingt, die Schwarze Division davon abzuhalten, allzu arrogant und selbstherrlich aufzutreten.“
„Ist das so? Dabei dachte ich doch tatsächlich, als Menschen stünden wir alle auf der gleichen Seite.“
„Hier gibt es keine Seiten, Columban. Outer Circle ist ein Schmelztiegel, in dem wir auf den eigenen Schutz und Toleranz gegenüber anderen bedacht sein sollten, um einen galaktischen Krieg zu vermeiden. Und nun tauchen Sie hier in unziemlicher Eile auf – als Stellvertreter des Kommandeurs der Schwarzen Division und als neuer Befehlshaber der Risikopiloten von Starwatch. Ich bin vermutlich eine der wenigen lebenden Personen, die über Ihre zusätzlichen Geheimdienstaktivitäten informiert sind. Da werden Sie mir diese Frage wohl zugestehen: Was wollen Sie hier an Bord wirklich, Columban von Harthausen?“
Er ließ einen Moment verstreichen, in dem er ernsthaft darüber nachdachte, ob er die Frau jetzt und hier umbringen sollte. Sie wusste zu viel, und sie konnte viel zu gut kombinieren. Sie bildete eine potentielle Gefahr. Gleichzeitig gab es wohl kaum jemanden, auf den er sich mehr verlassen konnte als auf Oberst Dexter. Sie kannte alles und jeden, war mit den meisten Eigenheiten der außerirdischen Völker vertraut, und besaß eine Menge diplomatisches Geschick.
Sie schien seine Gedankengänge nachzuvollziehen, denn sie lächelte plötzlich. „Haben Sie gerade in Gedanken mein Todesurteil gesprochen? Nein, ich glaube nicht. Sie brauchen mich noch, Columban, aber Sie wissen noch nicht genau, ob Sie meiner Verschwiegenheit sicher sein können.“
Der verschränkte die Arme vor der Brust und schaute sie wohlwollend an. „Eine interessante Theorie, Alexa, nur weiter. Ich höre gespannt zu.“
„Spielen Sie keine Spielchen mit mir“, fuhr sie ihn an.
„Nein, das wäre Ihrer nicht würdig“, gestand er zu. „Ich muss gestehen, Alexa, es bereitet mir Sorge, wie viel Sie über mich wissen oder zu wissen glauben. Und ja, verdammt, noch mehr Sorge macht mir die abstrakte Möglichkeit, dass Sie zu irgendwem und irgendwann ein Wort fallen lassen könnten. Aber dennoch will ich versuchen, Sie zu beruhigen. Interpretieren Sie nichts in mein neues Kommando hinein. Ich bin Generalmajor der Raumritter und darauf angewiesen, mit Ihnen zumindest auf höfliche Art zusammenzuarbeiten. Nicht mehr und nicht weniger. Also kann ich Sie nur bitten, mir zu vertrauen.“
„Lieber stürze ich mich ohne Anzug aus der Luftschleuse“, erklärte Dexter trocken. „Ich habe keinen Beweis für Ihre Geheimdienstaktivitäten, und ich kann nicht unterstellen, dass Sie hier sind, um einen Krieg zu provozieren. Also sind Sie ganz einfach hier, um an exponierter Stelle ein heikles Kommando zu übernehmen und den brüchigen Frieden zu bewahren. Kann man das höflich so ausdrücken?“
„Sie wirken viel zu streng, wenn Sie so bittere Worte von sich geben, Alexa.“
„Ach, gehen Sie doch zum Teufel.“
„Sobald der Allmächtige den richtigen Zeitpunkt für gekommen hält, werde ich das wohl tun. Aber gestatten Sie mir jetzt endlich, Sie in die Arme zu nehmen und mich über unser Wiedersehen zu freuen?“
Sie nickte, und nun erschien auch endlich ein richtiges Lächeln auf ihrem Gesicht. Sie kam hinter dem Schreibtisch hervor und streckte die Arme aus.
„Ich wünschte, wir hätten uns vorbehaltlos begrüßen können, Columban. Ich habe oft an Sie denken müssen. Wie viel Zeit ist seit unserem Abenteuer auf Adventos drei vergangen?“
„Fast drei Jahre, meine Liebe, und ich werde niemals vergessen, mit welcher Kompromisslosigkeit Sie dort aufgeräumt haben. Sie wären ein würdiges Mitglied der Raumritter und der Schwarzen Division.“
„Wollen Sie mich beleidigen? Diesem Haufen trete ich für kein Geld der Welt bei, alter Freund. Erzählen Sie, wie ist es Ihnen ergangen? Sie hatten sich offenbar zurückgezogen – oder waren Sie mal wieder im geheimen Auftrag unterwegs?“
Er hob lächelnd den warnenden Zeigefinger. „Ich bin kein Geheimagent, Alexa. Ich bin nichts weiter als ein kleines Licht inmitten des glorreichen Ritterordens.“
„Und Sie sind einer der größten Lügner des Universums. – Mögen Sie einen Drink?“
„Wenn er bezahlbar ist. Ich habe mir sagen lassen, dass gerade die leckeren Sachen hier besonders kostspielig sein sollen.“
„Wenn man die Transportkosten bedenkt, ist der Preis häufig durchaus gerechtfertigt. Aber da ist ja zum Glück Paul. Er versorgt mich mit derartigen Köstlichkeiten.“
„Ihr Ex-Mann? Ich bin erstaunt, wie gut Ihr Verhältnis noch immer ist“, bemerkte von Harthausen, der Paul Meyers recht gut kannte.
Sie lachte. „Wir lieben uns noch immer, aber eine Fortführung der Ehe wäre für uns beide vermutlich die Hölle.“ Während dieser Worte hatte sie eine Flasche mit goldgelbem Whisky aus einem Wandschrank geholt und goss nun das aromatische Getränk in zwei Gläser.
Genießerisch ließ Columban den guten Tropfen über die Zunge rollen. „Gibt es ein Volk an Bord, bei dem die Gefahr von Schwierigkeiten besteht?“, fragte er wie nebenbei.
„Gibt es ein Volk in der Milchstraße, auf das es die Schwarze Division besonders abgesehen hat?“, konterte sie.
„Ich sehe schon, bei diesem Thema werden wir niemals zu einer Einigung kommen, also lassen wir das besser. Ich möchte Sie nur bitten, mich zu informieren, falls es irgendwo Probleme gibt.“
Sie verzog das Gesicht. „Diese Art der Kommunikation habe ich zu Anfang mit Generaloberst Weishaupt erhofft. Doch der ist ein Hardliner mit starren Ansichten und hat fast alle meine Bemühungen um ein friedliches Miteinander zerstört.“
„Ich bin nicht Weishaupt.“
„Das weiß ich. Nun, wir werden sehen, Columban. Noch einmal herzlich willkommen. Wir werden sicher häufig aufeinander treffen.“
Ich werde jedes Zusammentreffen genießen.“
„Schmeichler.“
„Noch eines.“ Er stellte sein Glas ab und stand auf. „In meiner Begleitung befindet sich mein Neffe Lucas. Er ist noch etwas orientierungslos in seinem Leben. Sein Vater hielt es für eine gute Idee, ihn das Leben beim Militär kennenlernen zu lassen – Sie lachen, Alexa? Das ist nicht nett. Auf jeden Fall habe ich den Eindruck, als hätte er andere Interessen. Ist es möglich, dass er mal in die verschiedenen Stationen an Bord reinschnuppert, um festzustellen, ob er sich für einen der Berufe eignet?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, mal abgesehen davon, dass ich einen unbedarften Zivilisten nicht unbeaufsichtigt in alle Abteilungen gehen lassen werde – den Mitarbeitern kann ich keine Vorschriften machen, jemanden einfach aufzunehmen. Falls sich jemand freiwillig dazu bereit erklärt, werde ich meine Genehmigung sicher nicht versagen. Aber so tut es mir leid. Falls der junge Mann einen speziellen Bereich kennenlernen will, kann ich versuchen, eine Ausnahme zu erwirken. Geben Sie mir Bescheid.“
„Danke, das ist schon mehr als ein glattes Nein. – Nun überlasse ich Sie wieder Ihren administrativen Aufgaben, vermutlich haben Sie davon mehr als genug.“
„O ja“, seufzte Dexter. „Sie glauben gar nicht, wie gerne ich manchmal mit einem Silverfighter oder einem Dreadnought von Starwatch rausfliegen möchte. Aber Ihre Piloten hüten die Maschinen sehr eifersüchtig.“
„So soll es auch sein.“ Von Harthausen zog sie flüchtig noch einmal an sich.
Als sich das Schott hinter ihm schloss und er sich endlich auf den Weg zu seinem Quartier machte, wurde er sehr nachdenklich. Er sah eine Menge Probleme voraus, und nicht gerade das kleinste davon war Alexa Dexter. Die Frau war einfach zu klug. Jetzt aber fragte er sich, wo sich Lucas gerade aufhielt.
*
Der Zocalo, ein großer Platz in der Mitte der Nabe, war der zentrale Treff- und Tummelpunkt für die verschiedenen Bewohner und Besucher von Outer Circle. Hier gab es viele kleine Geschäfte, in denen zahllose Produkte von anderen Planeten feilgeboten wurden; von irdischen Äpfeln über tanzende Glockenblumen von Deneb 4 bis hin zu eingelegten Fadenwürmern von Alcazaar 3 war alles zu bekommen. Das schloss auch Produkte ein, die bei manchen Völkern verboten waren oder als Rauschmittel benutzt wurden. Verboten auf der ganzen Station waren lebende Tiere, und das natürlich aus gutem Grund. Nicht nur, dass damit unkontrollierbar Krankheiten eingeschleppt und weiterverbreitet werden konnten, es gab auch keine entsprechenden Unterbringungsmöglichkeiten, weil die Anforderungen zu unterschiedlich waren.
Dennoch war der Zocalo aufregend, vor allem für einen jungen Mann, der sich zum ersten Mal auf einer Raumstation außerhalb des Sonnensystems befand.
Mit offenen Sinnen ging Lucas von Harthausen durch die Ladenstraßen, nahm Düfte, Farben, Formen und die vielfältigen Sprachfetzen auf. Mit Erstaunen sah er Aliens, von denen er bisher noch nie etwas gehört hatte.
Hier traf er aber auch auf den Halbmenschen, den Echsenabkömmling, mit dem er auf der Stellar Maris hergeflogen war. Die beiden hatten während des Flugs öfter miteinander gesprochen, gegenseitige Sympathie hatte sich entwickelt.
Cornell Rraugh, so hieß der Alien, ein Mischling aus einer Verbindung zwischen einem irdischen Mann und einer Echsenfrau, war in Lucas‘ Augen eine interessante Persönlichkeit. Es gab nur wenige Mischlinge, und die meisten wurden mit Verachtung betrachtet, speziell von den Raumrittern, die ohnehin alles verabscheuten, was nicht rein menschlich war. Sie hätten sich vermutlich sehr gewundert zu erfahren, dass Cornell Rraugh zur irdischen Raumflotte gehörte und inkognito eine Inspektion durchführte. Es war nicht so, dass man unbedingt das Kommando von Oberst Dexter untersuchen wollte; seit sie die Station führte, hatte sich die Lage erstaunlich beruhigt. Sie verstand es, zwischen den Menschen und den verschiedenen Rassen zu vermitteln. Sie war ein absoluter Glücksfall. Doch die Rivalität zwischen dem Oberkommando der Raumflotte und dem Generalrat des Ordens mit der Schwarzen Division führte mitunter zu seltsamen Auswüchsen.
Admiral Watanabe von der Raumflotte traute den Rittern nicht. Da er nicht einmal vom Verteidigungsminister eine Auskunft über die Vorhaben und Ziele des Ordens erhielt, hatte er beschlossen, seine eigenen Leute auszuschicken, um Informationen zu sammeln. Dazu gehörten natürlich auch Gerüchte. Insofern war es einer der seltsamen Zufälle der Weltgeschichte, dass Major Cornell Rraugh während der Reise die Bekanntschaft von Lucas von Harthausen gemacht hatte, und über diesen auch Columban kennenlernte.
„Sind Sie mit Ihrer Unterkunft zufrieden?“, fragte Lucas, um ein Gespräch zu eröffnen.
„Nun, der Hotelstandard an Bord ist hoch, man ist hier auf Gäste unterschiedlicher Rassen eingestellt“, erwiderte Rraugh, ohne ins Detail zu gehen. Er betrachtete den jungen Menschen aufmerksam. Schon während des Flugs war ihm aufgefallen, wie angespannt Lucas wirkte. Das Verhältnis zu seinem Onkel war mehr von Höflichkeit als von Herzlichkeit geprägt. Major Rraugh war kein Dummkopf. Die Bekanntschaft mit einem Angehörigen der Schwarzen Division konnte ungeahnte Informationen einbringen – wenn er klug vorging. Wobei ihm durchaus bewusst war, dass alle Raumritter jeden Alien als minderwertig betrachteten.
Nun, Generalmajor von Harthausen hatte bereits durchblicken lassen, dass er wenig Wert auf eine nähere Bekanntschaft mit dem Mischling legte, obwohl er sich höflich kurz mit ihm unterhalten hatte.
Ganz anders jedoch Lucas. Er nickte beifällig zu den Worten von Rraugh. „Damit ist das Hotel deutlich toleranter als mein Onkel und seinesgleichen.“
Die beiden ungleichen Wesen lachten sich an, was bei Rraugh von einem Zähnefletschen begleitet wurde und von unbedarften Gemütern als Angriffsmiene interpretiert werden konnte.
„Welche Geschäfte führen Sie überhaupt hierher?“, erkundigte sich Lucas arglos.
Natürlich besaß Cornell Rraugh eine nachprüfbare Legende. „Ich arbeite für einen angesehenen Waffenhersteller und will versuchen, hier neue Geschäftsfelder zu eröffnen.“
„Waffen?“ Lucas wirkte nicht begeistert.
„Laserguns, mobile Raketenwerfer, so etwas in der Art. Statt Raketen können Sie meinetwegen aber auch Konfetti einfüllen, vielleicht bringt das den gewünschten Erfolg. Falls nicht, lacht sich der Feind vielleicht tot.“
Lucas verzog das Gesicht. „Meiner Meinung nach gibt es viel zu viele Auseinandersetzungen in der Galaxis.“
„Dabei haben wir doch offiziell galaktischen Frieden“, erwiderte Rraugh zynisch. „Wir alle müssen Geld verdienen. Da ich aber nur Soldat gelernt habe und Waffen das einzige sind, womit ich mich wirklich gut auskenne, war die Berufswahl nach der Militärzeit einigermaßen beschränkt. Aber lassen wir das – was führt Sie auf die Station?“
Lucas stutzte, dann lächelte er verlegen. „Entschuldigen Sie, Rraugh, ich wollte weder Sie noch Ihre Tätigkeit kritisieren oder abwerten. Ich sollte mich mit meinen neugierigen Fragen vielleicht besser zurückhalten. Ich bin nicht so ganz freiwillig hier, ich soll ein Praktikum bei der Schwarzen Division machen.“
Cornell Rraugh ließ ein seltsames Geräusch hören. Es klang wie das Knarren alter Holzbretter und endete mit einem heftigen Zuschnappen der kräftigen, gesunden Zahlenreihen des Echsenabkömmlings.
Lucas von Harthausen riss die Augen auf. „Sie sind sehr bemerkenswert“, versetzte er.
„Damit sind Sie einer der wenigen, der freundliche Worte für mich und meine Eigenarten findet.“
„Es ist schade, dass viele Menschen nicht bereit sind, die Schöpfungen der Natur zu akzeptieren, so wie sie sind.“
„Kein Thema, über das man ausgerechnet hier diskutieren sollte“, bremste Rraugh.
„Hatten Sie jetzt etwas Bestimmtes vor? Würde es Sie stören, wenn ich Sie ein wenig begleite? Alle diese vielen Eindrücke schlagen fast über mir zusammen, ich würde gerne ab und zu mit jemandem darüber reden.“ Lucas fühlte sich zu dem fremden Wesen hingezogen, es erschien ihm nur natürlich, sich eher an Rraugh zu halten als an seinen Onkel.
„Das stört mich gar nicht, ich wollte mich ja auch jetzt ein wenig umsehen. – Aber war das gerade wirklich Ihr Ernst, Lucas? Ein Probezeitraum bei der Schwarzen Division? Das kann doch nur ein Scherz sein.“
„Leider nicht“, seufzte der junge Mann. Die beiden schlenderten weiter, und Lucas erzählte in Kurzfassung von seinen Problemen und der scheinbaren Lösung, die sein Vater favorisierte.
„Ich habe nicht viel Ahnung von den Ordensrittern, aber bei der Raumflotte wäre so etwas unmöglich.“
„Ich hoffe, dass es auch bei der Schwarzen Division unmöglich ist, obwohl Onkel Columban ein hohes Tier ist, und mein Vater sogar zum Generalrat gehört. Ich würde viel lieber – ja, da, schauen Sie, Rraugh. Ich würde viel lieber einer von diesen Logistiktechnikern sein.“ Lucas deutete auf eine Gruppe der Spezialisten, die mit der Lagerverwaltung eine höchst wichtige Aufgabe in der Raumstation hatten. Nicht einmal das beste Computerprogramm vermochte die Tätigkeit dieser Fachleute zu ersetzen. Sie nutzten den vorhandenen beschränkten Lagerraum der Station optimal aus, ohne dass permanent Pakete, Fässer oder Paletten herumgeräumt werden mussten. Sie besaßen ein besonderes Gespür für die Materialien und Produkte, die in unterschiedlichen Mengen gebraucht wurden.
„Warum tun Sie es nicht einfach?“, fragte Rraugh.
Lucas erstarrte. „Das würde ich zu gerne“, gab er leise zurück. „Aber das ist nicht so ganz einfach. Dazu müssten Sie verstehen, dass ich aus einer traditionsbewussten Familie stamme. Seit Generationen ist mindestens einer in den Ritterorden eingetreten, die anderen haben ehrenwerte Berufe ergriffen; Ärzte, Anwälte, Wissenschaftler. Niemand bricht einfach aus diesen Konventionen aus.“
„Ich glaube, ich verstehe.“
„Nein, das tun Sie nicht, das können Sie gar nicht, Rraugh, niemand kann das, der sich nicht in der gleichen Lage befindet.“ Lucas stand mit geballten Fäusten da, seine Augen funkelten zornig, das Gesicht war verzerrt. „Entschuldigen Sie, ich benehme mich mal wieder wie ein Tölpel, das wird langsam zur Gewohnheit. Es ist schon sehr freundlich von Ihnen, mir so lange zuzuhören, und dann brülle ich Sie auch noch an.“
„Ach, das ist schon okay, manchmal braucht man einfach jemanden, bei dem man Luft ablassen kann.“
„Dampf“, korrigierte Lucas automatisch.
„Wie bitte?“
„Dampf ablassen, nicht Luft.“
Rraugh zeigte ein Stückchen seiner Zähne, das Äquivalent eines menschlichen Grinsens. Lucas begriff, dass diese Korrektur provoziert war, um ihn abzulenken.
„Sie sind ganz schön klug“, stellte er fest.
„Und Sie sind ganz schön aufgebracht. Was halten Sie davon, wenn wir uns einen kräftigen Drink genehmigen?“
„Mein Onkel sagt, das Last Vision wäre eine gute Bar.“
„Genau das habe ich auch gehört. Überzeugen wir uns davon.“ Die beiden unterschiedlichen Männer setzten sich wieder in Bewegung, blieben aber gleich darauf schon wieder stehen.
In unmittelbarer Nähe knurrte und fauchte etwas. Die ungewöhnlichen Geräusche stammten von raubtierähnlichen Geschöpfen, die sich offenbar auf diese Art unterhielten.
In diesem Augenblick ging ein Angehöriger der Schwarzen Division vorbei und fühlte sich offenbar durch die Katzenwesen gestört. Er lief nicht um die Aliens herum, um seinen Weg fortzusetzen, sondern schritt ganz nah an die beiden heran.
„Können Sie nicht aufpassen, wohin ich gehe? Wollen Sie wohl Platz machen?“, knurrte der Mann.
Lucas wollte aufbrausen, doch Rraugh packte ihn am Arm und schüttelte warnend den Kopf. Die beiden Feliden starrten den Menschen an, ohne sich zu bewegen.
„Ich will hier durch!“
„He, Soldat, da ist dich noch genug Platz zum Drumherumlaufen“, rief jemand von der Seite.
„Klappe halten!“
Die Raubkatzen, die gut einen Kopf größer waren als der hochgewachsene Mensch, wechselten einen kurzen Blick und setzten ihre Unterhaltung fort. Wie zufällig machten sie etwas Platz, als sie ihren Weg wieder aufnahmen, blieben aber so eng beieinander, dass beide mit ihren Anzügen an der schwarzen Montur des Soldaten entlangschrammten. Sie beachteten den aufgebrachten Menschen einfach nicht. Angesichts der vielen Zeugen wagte er nicht, noch weiter ausfallend zu werden oder diese Unverschämtheit mit Handgreiflichkeiten zu ahnden.
Rraugh zeigte erneut die spitzen Zähne.
„Kennen Sie dieses Volk?“, erkundigte sich Lucas neugierig.
„Katharies. Ein kleines Volk, das gute Händler hervorgebracht hat. Ich bin ziemlich sicher, dass die Wesen früher oder später der Schwarzen Division eine Rechnung für den kleinen Zwischenfall präsentieren werden – und sei es nur für die Abnutzung der Monturen.“
„Sind sie kriegerisch?“
„Das weiß niemand so genau. Es heißt, wenn man genug bietet, fangen sie sogar einen Bürgerkrieg an. Aber scheinbar hat noch niemand bisher genug Geld aufgebracht, jedenfalls gelten sie als extrem friedlich. Katharies führen bewaffnete Handelsschiffe, aber außer gegen Piraten hat noch niemand sie kämpfen gesehen.“
„Sie sehen so – so fremdartig aus, wie aufrecht gehende Raubkatzen.“
Rraugh ließ ein tiefes kehliges Geräusch hören, er lachte. „In Ihren Augen sehe ich doch auch fremdartig aus, oder nicht?“
„Es wäre ein Fehler, das abzustreiten. Aber wie fast alles ist auch fremdartiges Aussehen eine Frage der Gewöhnung.“
„Eine gute Antwort. Lassen Sie uns endlich etwas trinken gehen, ich bin am Verdursten.“
Lucas nahm all diese neuen Eindrücke mit allen Sinnen war, vieles verstand er nicht, aber er war bereit zu lernen.
Die nächste Überraschung stand ihm dann in der Bar bevor. Last Vision hatte mit nichts Ähnlichkeit, was er jemals zu sehen bekommen hatte.
„Verdammt, wo kommt denn dieses Signal her?“ In der permanent besetzten Ortungszentrale erschien ein kleines Signal wie aus dem Nichts. „Da draußen dürfte gar kein Schiff sein, angekündigt ist keines, und von der Station aus ist auch niemand gestartet.“
Unterleutnant Akihito Yamamoto starrte ein wenig ratlos auf die Anzeigen. Eindeutig befand sich da draußen ein Raumschiff mit einem funktionierenden Transponder. Doch der schien fehlerhaft zu sein, denn die Daten über das Schiff wurden nicht übermittelt.
„Kannst du den Standort lokalisieren? Vielleicht stammt das Signal aus dem Raumschrott der Akkretionsscheibe“, meldete sich sein Kollege Thorsten Schröder, der den Funkverkehr überwachte.
„Nein, das Schiff scheint aus Richtung der Dunkelwolke auf uns zuzukommen“, widersprach Akihito.
„Aus dem Kohlensack? Piraten vielleicht?“, mutmaßte Thorsten.
„Die trauen sich nicht hierher, solange Starwatch von der Schwarzen Division geflogen wird. Außerdem wäre es einigermaßen dämlich, mit nur einem Schiff anzufliegen.“
„Hat jemand behauptet, die Piraten wären klug? Aber du hast recht, merkwürdig ist das schon.“
„Kannst du versuchen, Funkkontakt aufzunehmen?“
Thorsten schaltete und veränderte mehrere Einstellungen. „Hier Raumstation S 7 an fremdes Raumschiff. Sie befinden sich im terranischen Hoheitsgebiet. Identifizieren Sie sich. Falls Sie Hilfe benötigen, werden wir auf Wunsch ein Rettungsschiff aussenden.“ Er schaltete den Lautsprecher ein, so dass jeder mithören konnte, falls überhaupt eine Antwort kam. Zunächst aber gab es nur statisches Rauschen, dann waren deutlich schwere Atemzüge zu hören.
„Hier ist Kaypho Talas von der Badabene. Helfen Sie mir, bitte.“
Das schlug ein wie eine Bombe. Die Badabene galt mittlerweile als verschollen und im Wurmloch zerstört. Wie hatte das Raumschiff die Verwerfung überstehen können, noch dazu mit lebenden Wesen an Bord?
„S 7 an Badabene, wir schicken ein Rettungsboot aus. Wie viele Personen befinden sich lebend an Bord? Benötigen Sie zusätzlich lebenserhaltende Maßnahmen?“
„Ich – ich bin allein geflohen – die anderen sind ...“ Die Stimme brach ab, und die Verwirrung in der Ortungszentrale nahm noch weiter zu.
Während Thorsten Schröder das medizinische Personal verständigte, um mit einem Rettungsboot sofort Erste Hilfe zu bringen, meldete sich Akihito Yamamoto bei Oberst Dexter. Dieser Vorfall war zu wichtig, als dass die Besatzung der Überwachungszentrale allein handeln konnte. Dafür standen auch zu viele offene Fragen im Raum.
Oberst Dexter reagierte mit Erleichterung, aber auch der nötigen Besonnenheit. „Konnten Sie den Standort korrekt einpeilen?“
„Ja, Oberst, obwohl der Transponder fehlerhaft arbeitet.“
„Das Rettungsboot ist bereits unterwegs?“
„Jawohl, wir überwachen den Flug und stehen in dauerndem Kontakt.“
„In Ordnung. Geben Sie mir Bescheid, sobald das Rettungsboot mit dem Verletzten hereinkommt. Ich will mit dem Thorianer sprechen. Sorgen Sie dafür, dass niemand sonst etwas davon erfährt. Die ganze Sache erscheint mir sehr rätselhaft.“
„Verstanden. Ich werde Hangar vier räumen lassen, sobald das Rettungsboot hereinkommt.“
„Nein, das würde vermutlich sofort wieder Fragen aufwerfen. Ich kümmere mich selbst herum.“