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Bin ich normal? Kann ich guten Sex haben? Jede Frau hat ihre eigene Sexualität, sie ist wie ein Fingerabdruck, der sich von jedem anderen unterscheidet. Deshalb sollten Frauen nie auf die Erlebnisse anderer Frauen schielen und sich untereinander vergleichen, sondern selbstbewusst ihre eigene Sexualität finden und ausleben. Better sex - powered by science! Wissen ist Macht, auch und gerade im Bett. Denn wirklich guten Sex erlebt eine Frau nur dann, wenn sie ihren Körper und ihre Bedürfnisse genau kennt. Dass das aber auch heute noch nicht selbstverständlich ist, weiß die Sexualforscherin Emily Nagoski aus ihrer Beratungstätigkeit. Jede Frau kann guten Sex haben, doch die Sexualität jeder Frau ist so individuell und einzigartig wie ein Fingerabdruck. Für Frauen gibt es kein Viagra, keine Wunderpille, die auf Knopfdruck Lust erzeugt. Und das liegt nicht nur an den anatomischen Unterschieden, die unter Frauen sehr viel größer sind als unter Männern: Frauen reagieren ganz einfach sehr unterschiedlich auf sexuelle Reize. Alltagsstress und die eigene Selbstwahrnehmung haben bei Frauen außerdem einen entscheidenden Einfluss darauf, ob es im Bett klappt. Denn: Die weibliche Lust ist kontextabhängig. Emily Nagoski erklärt auf der Basis neuester wissenschaftlicher Studien und anhand ebenso verständlicher wie verblüffender Erkenntnisse, wie Frauen ihren Körper endlich verstehen lernen. Damit jede Frau ganz selbstbewusst die Sexualität findet, die sie sich wünscht und die zu ihr passt. So wird Sex zum wahren Vergnügen! DAS Buch zur weiblichen Sexualität jetzt in einer überarbeiteten und aktualisierten Neuauflage!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 577
Emily Nagoski
Das neue Frauen-Sex-Buch
Aus dem Amerikanischen von Henriette Zeltner und Inka Marter
Knaur eBooks
Sex ist dann erfüllend, wenn wir unseren Körper kennen und wissen, was wir wollen. Und wenn uns bewusst ist, dass Alltagsroutine und Stress eine große Rolle spielen, wenn es um Erregung, Lust und Orgasmus geht. Die junge Sexualwissenschaftlerin Emily Nagoski liefert neue und verblüffende Antworten auf die Frage, die uns alle umtreibt: Wie lerne ich meinen Körper endlich verstehen? Unkonventionell, offen und auf den Punkt gebracht wird zuerst dieses Buch und dann der Sex zu einem wahren Vergnügen!
Für meine Studentinnen
Ja, Sie sind normal
Sexualpädagogin zu sein bedeutet, dass man Fragen gestellt bekommt. Ich habe schon in einer Uni-Mensa gestanden und mit einem Teller in der Hand Fragen zum Thema Orgasmus beantwortet. Man hat mich schon während einer wissenschaftlichen Konferenz in der Hotel-Lobby aufgehalten, um mich zu Vibratoren zu befragen. Ich habe schon auf einer Parkbank gesessen, um auf meinem Smartphone die Social-Media-Neuigkeiten zu checken, und stieß dabei auf die Fragen einer mir Unbekannten zur Asymmetrie ihrer Genitalien. Ich habe schon E-Mails von Studentinnen erhalten, von Freunden, von deren Bekannten und von mir total Fremden, und zwar zu Themen wie sexuelles Verlangen, sexuelle Erregung, sexuelle Lust, Schmerzen beim Sex, Orgasmus, Fetisch, Fantasien, Körperflüssigkeiten und vielem anderem mehr.
Fragen wie …
Sobald mein Partner die Initiative ergreift, bin ich Feuer und Flamme, aber anscheinend kommt es mir nie in den Sinn, selbst damit anzufangen. Woher kommt das?
Mein Freund sagte: »Du bist nicht bereit, du bist noch ganz trocken.« Dabei war ich so was von bereit. Aber warum war ich dann nicht feucht?
Ich habe einen Bericht über Frauen gesehen, die keine Freude am Sex empfinden können, weil sie sich dauernd Gedanken über ihren Körper machen. So bin ich auch. Wie schaffe ich es, damit aufzuhören?
Ich habe von Frauen gelesen, die in einer Beziehung nach einer Weile keinen Sex mehr möchten, obwohl sie ihren Partner immer noch lieben. Mir geht’s genauso. Wie schaffe ich es, dass ich wieder Sex mit meinem Partner haben will?
Habe ich beim Orgasmus gepinkelt …?
Hatte ich womöglich noch nie einen Orgasmus …?
Hinter all diesen Fragen steht eigentlich nur eine einzige:
Bin ich normal?
(Und die Antwort lautet fast immer: Ja.)
Dieses Buch ist eine Zusammenstellung von Antworten. Darunter sind solche, die meiner eigenen Erfahrung nach das Leben von Frauen verändert haben. Andere basieren auf den relevantesten wissenschaftlichen Erkenntnissen oder den persönlichen Geschichten von Frauen, deren zunehmendes Wissen über Sex ihr Verhältnis zum eigenen Körper gewandelt hat. Diese Frauen sind meine Heldinnen. Und ich hoffe, dass ich Sie anhand ihrer Geschichten dazu bringen werde, Ihren eigenen Weg zu finden, Ihr ureigenes und einzigartiges sexuelles Potenzial zu entfalten.
Wie kann es sein, dass wir alle nach den ganzen Büchern, die schon über Sex geschrieben wurden, den ganzen Podcasts, Zeitschriftenartikeln und Ratgebersendungen in Fernsehen und Radio immer noch so viele Fragen haben?
Nun, die frustrierende Wahrheit ist, dass wir alle belogen wurden – nicht absichtlich, also ist niemand daran schuld, aber trotzdem hat man uns die falsche Geschichte erzählt.
Lange, lange Zeit wurde die weibliche Sexualität in der westlichen Wissenschaft und Medizin als Light-Version der männlichen betrachtet – im Grunde genommen das Gleiche, nur nicht ganz so gut.
Beispielsweise nahm man einfach an, dass, weil Männer Orgasmen beim Penis-in-Vagina-Sex (Geschlechtsverkehr) haben, auch Frauen beim Verkehr Orgasmen haben sollten. Und wenn dem nicht so ist, liegt es daran, dass etwas mit ihnen nicht stimmt.
In der Realität kommen jedoch nur etwa ein Viertel der Frauen zuverlässig beim Geschlechtsverkehr zum Höhepunkt. Die übrigen 75 Prozent manchmal, selten oder sogar nie, dabei sind sie alle gesund und normal. Eine Frau kann dafür auch auf vielerlei andere Weise einen Orgasmus haben – durch Stimulation mit den Händen, Oralsex, Vibratoren, Bruststimulation, Saugen an den Zehen oder so ziemlich jede andere Weise, die Sie sich vorstellen können – aber vielleicht trotzdem nicht beim Geschlechtsverkehr. Das ist normal.
Man nahm auch einfach an, dass die Genitalien der Frau ihrem emotionalen Erleben entsprechen sollten, weil die Genitalien des Mannes sich schließlich typischerweise so verhalten, wie er empfindet – wenn ein Penis erigiert ist, fühlt die zugehörige Person sich angeturnt.
Und auch hier gilt: Die Geschlechtsorgane mancher Frauen tun dies, viele jedoch nicht. Eine Frau kann absolut normal und gesund sein und keine »übereinstimmende Erregung« verspüren, das heißt, dass ihre Genitalien nicht ihrer Gefühlslage entsprechend reagieren (mit Feuchtigkeit oder Trockenheit) oder auch nicht.
Und schließlich ging man außerdem davon aus, dass, weil Männer spontan und aus heiterem Himmel Lust auf Sex haben, auch Frauen spontan Sex haben wollen sollten.
Wieder stellte sich heraus, dass das manchmal zutrifft, aber nicht unbedingt zwingend. Eine Frau kann total normal und gesund sein und nie spontane Lust auf Sex verspüren. Stattdessen empfindet sie vielleicht »responsives« Verlangen, das heißt, Lust entsteht bei ihr nur in einem hocherotischen Kontext.
In Wirklichkeit sind Frauen und Männer verschieden.
Aber Moment. Frauen und Männer erleben beide Orgasmen, Lust und Erregung. Und auch Männer können responsives Verlangen, die sogenannte Nichtübereinstimmung der mentalen und körperlichen Erregung, und bei der Penetration ausbleibende Orgasmen erleben. Frauen und Männer sind gleichermaßen imstande, sich zu verlieben, zu fantasieren, sich selbst zu befriedigen, sich in Sachen Sex ratlos zu fühlen und ekstatische Lust zu empfinden. Beide Geschlechter können Flüssigkeiten ausscheiden, in ihrer sexuellen Fantasie verbotene Pfade betreten und erfahren, auf welch unerwartete oder überraschende Weise Sex in jedem Bereich des Lebens auftauchen kann – sehen sich aber auch damit konfrontiert, auf welche unerwartete und überraschende Weise Sex manchmal, höflich oder auch nicht, abgelehnt wird.
Sind Frauen und Männer also wirklich so verschieden?
Das Problem besteht darin, dass wir gelernt haben, Sex rasch mit Verhalten in Verbindung zu bringen anstatt mit den biologischen, psychologischen und gesellschaftlichen Vorgängen, die diesem Verhalten zugrunde liegen. Wir betrachten unsere körperlichen Reaktionen – Durchblutung, Sekretbildung und Puls. Wir beleuchten unser Sozialverhalten – was wir im Bett tun, mit wem und wie oft. Viele Bücher zum Thema Sex richten ihr Augenmerk auf diese Dinge. Sie verraten uns, wie oft pro Woche das Durchschnittspaar Sex hat, oder liefern Anleitungen, um zum Höhepunkt zu kommen, und können wirklich hilfreich sein.
Aber wenn man die menschliche Sexualität wirklich verstehen will, dann genügt das Verhalten allein dafür nicht. Das wäre so, als wolle man die Liebe begreifen, indem man sich das Hochzeitsfoto eines Paars ansieht … und ihre Scheidungspapiere. In der Lage zu sein zu beschreiben, was passiert ist – zwei Menschen haben erst geheiratet und sich später wieder scheiden lassen –, bringt uns nicht sehr weit. Was wir wissen wollen, ist, warum und wie es dazu kam. Hat unser Paar sich nach der Eheschließung entliebt und sich daher scheiden lassen? Oder haben die beiden sich nie geliebt und sind nur eine Zwangsehe eingegangen, aus der sie sich mit der Scheidung endlich befreien konnten? Ohne weitere Indizien können wir praktisch nur rätseln.
Bis vor sehr kurzer Zeit galt das auch für Sex – es wurde hauptsächlich gerätselt. Aber nun sind wir an einem zentralen Punkt in der Sexualwissenschaft angelangt, weil wir nach Jahrzehnten, in denen die Forschung vornehmlich beschrieb, was bei der sexuellen Reaktion passiert, nun endlich dahinterkommen, warum und wie es das tut – also zu dem dem Verhalten zugrundeliegenden Prozess.
Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts entwickelten die Forscher Erick Janssen und John Bancroft am Kinsey Institute for Research in Sex, Gender, and Reproduction ein Modell der sexuellen Reaktion beim Menschen, das eine Art Organisationsprinzip zum Verständnis der wahren Geschichte über Sex liefert. Gemäß ihrem »Dualen Kontrollmodell« (dual control model) besteht der sexuelle Reaktionsmechanismus in unserem Gehirn aus einem Paar universeller Komponenten – einem sexuellen Gaspedal und sexuellen Bremsen. Diese beiden reagieren auf eine Vielzahl von Kategorien sexueller Stimulation: darunter Sinnesempfindungen im Genitalbereich, visuelle Reize und emotionaler Kontext. Die Empfindlichkeit dieser beiden Komponenten ist von Mensch zu Mensch verschieden.
Das Ergebnis ist, dass sexuelle Erregung, Lust und Orgasmus zwar fast universelle Erfahrungen sind, doch wann und wie wir sie erleben, hängt größtenteils von der Reizempfindlichkeit unserer »Bremsen« und unseres »Gaspedals« ab sowie von der Stimulation, die sie erfahren.
Diesem Mechanismus unterliegt das Verhalten – das Warum und das Wie. Und er ist das Prinzip hinter der Geschichte, die ich mit diesem Buch erzählen will: Wir sind alle aus den gleichen Teilen gemacht, aber in jedem von uns sind sie auf einzigartige Weise zusammengesetzt, die sich noch dazu im Laufe unseres Lebens verändert.
Und keine Art der Zusammensetzung ist besser oder schlechter als irgendeine andere; ebenso wie keine Phase innerhalb unserer Lebensspanne besser oder schlechter ist. Sie sind nur immer anders. Ein Apfelbaum kann gesund sein, egal, welche Apfelsorte daran wächst – allerdings kann eine Sorte viel Sonne benötigen, während eine andere im Halbschatten besser gedeiht. Und ein Apfelbaum kann schon als Apfelkern und als Setzling gesund sein, am Ende des Herbsts, wenn die Blätter welken, genauso wie im Spätsommer, wenn er voll mit Früchten hängt. Allerdings hat auch ein Baum in jeder Jahreszeit und jeder Lebensphase andere Bedürfnisse.
Auch Sie sind gesund und normal, zu Beginn Ihrer sexuellen Entwicklung, während Ihrer weiteren Entfaltung und in reiferen Jahren, geprägt von Zuversicht und Freude, die Sie in Ihrem Inneren tragen. Sie sind gesund, wenn Sie viel Sonne brauchen, und gesund, wenn Sie es lieber ein bisschen schattig haben. Das ist die wahre Geschichte. Wir sind alle gleich. Wir sind alle verschieden. Wir sind alle normal.
Dieses Buch besteht aus vier Teilen: 1. Die (gar nicht so einfachen) Grundlagen; 2. Sex im Kontext; 3. Sex in Aktion; 4. Ekstase für alle. Die drei Kapitel des ersten Teils beschreiben die grundlegende Hardware, mit der wir geboren werden – ein Körper, ein Gehirn und ein Umfeld. Im ersten Kapitel spreche ich von den Genitalien – ihren Bestandteilen, der Bedeutung, die wir ihnen zuordnen, und den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die belegen, dass alle Genitalien definitiv vollkommen gesund und so, wie sie sind, wunderschön sind. Im zweiten Kapitel geht es im Detail um den Mechanismus sexueller Reaktion im Gehirn – um das Duale Kontrollmodell von Hemmung und Erregung oder Bremse und Gaspedal. In Kapitel drei stelle ich Ihnen die Möglichkeiten vor, wie sexuelle Bremse und Gaspedal mit den vielen anderen Systemen in Ihrem Gehirn und Ihrer Umgebung interagieren können, um dafür zu sorgen, dass eine bestimmte Empfindung oder Person Sie auf der Stelle, in diesem Augenblick anmacht.
Im zweiten Teil des Buchs, »Sex im Kontext«, denken wir gemeinsam darüber nach, wie die ganze grundlegende Hardware innerhalb der Realität Ihres gegenwärtigen Lebens funktioniert – in Bezug auf Ihre Gefühle, Ihre Beziehung, Ihr eigenes Körpergefühl und Ihre Einstellung zum Sex. Kapitel vier handelt von zwei primären emotionalen Zuständen – Liebe und Stress – und der erstaunlichen und widersprüchlichen Form, durch die sie Ihre Empfänglichkeit für Sex beeinflussen können. Das fünfte Kapitel beschreibt die gesellschaftlichen Kräfte, die sexuelle Aktivität prägen und einschränken, und wie Sie die guten Aspekte dieses Prozesses maximieren und die destruktiven überwinden können. Wir lernen dabei, dass der Kontext – Ihre äußeren Umstände und Ihre gegenwärtige geistige Verfassung – von ebenso entscheidender Bedeutung für Ihr sexuelles Wohlbefinden sind wie Ihr Körper und Ihr Gehirn. Wenn Sie den Inhalt dieser Kapitel erfasst haben, wird sich Ihr Sexualleben ändern – und im Zuge dessen sehr wahrscheinlich auch Ihr übriges Leben.
Im dritten Teil des Buchs, »Sex in Aktion«, geht es um die sexuelle Reaktion an sich. Dabei räume ich mit zwei langjährigen und gefährlichen Mythen auf. Das sechste Kapitel erläutert den Beweis dafür, dass sexuelle Lust und Verlangen etwas damit zu tun haben kann, aber nicht muss, was in Ihren Genitalien vor sich geht. Hier erfahren wir auch, warum die nichtübereinstimmende Erregung, die ich bereits erwähnt habe, normal und gesund ist. Und nachdem Sie das siebte Kapitel gelesen haben, werden Sie nie wieder jemanden »Sextrieb« sagen hören, ohne sich sofort zu denken: Sex ist aber kein Trieb. In diesem Kapitel erkläre ich, wie »responsives Verlangen« funktioniert. Falls Sie oder Ihr Partner/Ihre Partnerin schon jemals eine Veränderung beim Interesse an Sex bemerkt haben – Zu- oder Abnahme –, dann ist dies ein wichtiges Kapitel für Sie.
Der vierte Teil des Buchs, »Ekstase für alle«, erklärt schließlich, wie Sie sich Sex ganz und gar zu eigen machen, also wie Sie für höchste sexuelle Ekstase in Ihrem Leben sorgen. Im achten Kapitel ist von Orgasmen die Rede: was sind sie und was nicht, wie erreicht man sie, und wie werden sie zu dem, was man aus Büchern kennt, wenn aus den Sternen Regenbogen werden. Und in Kapitel neun beschreibe ich schließlich das Allerwichtigste, was Sie tun können, um Ihr Sexualleben zu verbessern. Aber das verrate ich Ihnen auch hier schon: Nicht die Bestandteile Ihres Körpers oder deren Anordnung und ihr Zusammenspiel sind am wichtigsten, sondern wie Sie diesen Körperteilen gegenüber empfinden. Wenn Sie Ihre Sexualität genau so annehmen, wie sie jetzt gerade ist, dann ist diese Akzeptanz der Kontext mit dem größten Potenzial für ekstatische Lust.
In einigen Kapiteln gibt es Arbeitsaufträge oder andere interaktive Möglichkeiten und Übungen. Viele davon machen richtig Spaß – etwa in Kapitel zwei, wo Sie sich daran erinnern sollen, wann Sie tollen Sex hatten, und herausfinden sollen, welche Aspekte des damaligen Kontexts dazu beigetragen haben, dass der Sex so großartig war. All diese Übungen verwandeln wissenschaftliche Erkenntnis in etwas Praktisches, das Ihr Sexleben wirklich verändern kann.
Im ganzen Buch werden Sie Geschichten von vier Frauen hören – Olivia, Merritt, Camilla und Laurie. Diese Frauen existieren nicht als Individuen. Ich habe diese Figuren aus den wahren Geschichten der vielen Frauen zusammengestellt, die ich unterrichtet, mit denen ich gesprochen oder E-Mails ausgetauscht habe und die mich in meinen zwanzig Jahren als Sexualpädagogin unterstützt haben. Sie können sich jede der vier als eine Collage aus Schnappschüssen vorstellen – das Gesicht stammt von einem Foto, die Arme von einem anderen, die Füße von einem dritten … Jeder Körperteil repräsentiert einen echten Menschen, und hinter der jeweiligen Zusammenstellung zu einer Frau steckt jeweils auch eine bestimmte Bedeutung und Aussage. Die Beziehung der einzelnen Teile zueinander habe ich jedoch arrangiert.
Ich habe mich aus zwei Gründen entschieden, lieber diese Figuren zu konstruieren, anstatt die Geschichten konkreter Frauen zu verwenden. Erstens erzählen mir Leute ihre Erlebnisse im Vertrauen, und um ihre Identität zu schützen, habe ich Details geändert, damit eine Geschichte genau das bleibt: ihre Geschichte. Und zweitens glaube ich, dass ich die möglichst breite Verschiedenheit sexueller Erfahrungen von Frauen besser beschreiben kann, wenn ich mich nicht an bestimmte Geschichten einer einzelnen Frau halte, sondern mir eher umfassende Beispiele überlege, in denen die verbreiteten Themen enthalten sind, die mir in Hunderten Lebensgeschichten von Frauen schon begegnet sind.
Übrigens finden Sie am Ende jedes Kapitels einen Abschnitt mit der Überschrift »Noch einmal kurz zusammengefasst«, inspiriert von »tl;dr« – eine gängige Abkürzung für »too long; didn’t read« (zu lang; nicht gelesen). Das bedeutet so viel wie: »Komm einfach auf den Punkt.« Jedes »tl;dr« fasst also kurz und knapp die vier wichtigsten Informationen des Kapitels zusammen. Wenn Sie sich beispielsweise denken: »Meine Freundin Alice sollte dieses Kapitel unbedingt lesen!«, oder: »Ich wünschte, mein Partner/meine Partnerin wüsste das auch«, dann gehen Sie die Sache vielleicht so an, dass Sie ihnen den »Noch einmal kurz zusammengefasst«-Abschnitt zeigen. Oder falls Sie, so wie ich, diese Überlegungen zu aufregend finden, um sie für sich zu behalten, dann können Sie Ihrem Partner/Ihrer Partnerin auch durch die Wohnung folgen, dabei die »Noch einmal kurz zusammengefasst«-Liste laut vorlesen und etwas sagen wie: »Siehst du, Schatz, nichtübereinstimmende Erregung gibt es!«, oder: »Wie es aussieht, habe ich ein responsives Verlangen!«, oder: »Du lieferst mir einen fantastischen Kontext, Süße!«
Erstens: Zuweilen werde ich über das sprechen, was der Sexualpädagoge S. Bear Bergman, der transgender ist, »werkseitig eingebaute Teile« nennt – anatomische Details, die Ärzte dazu veranlassen, ein Baby als »Mädchen« oder »Junge« zu bezeichnen. Wenn ich über diese Teile spreche, werde ich aus Gründen der Klarheit und Einfachheit die Worte »weiblich« und »männlich« verwenden und damit auf die biologischen Kategorien Bezug nehmen, die nicht nur Menschen, sondern viele sich sexuell fortpflanzende Spezies beschreiben können. Wenn ich über eine ganze Person spreche, werde ich die Wörter »Frau« oder »Mann« verwenden und mich dabei auf die Identität und gesellschaftliche Rolle der Person beziehen.
Ein weiterer geschlechterspezifischer Hinweis: Da dieses Buch auf der bestehenden Wissenschaft gründet, meine ich meistens, wenn ich in diesem Buch »Frauen« sage, Cis-Frauen – das heißt Menschen, die in Körpern geboren wurden, welche die Erwachsenen um sie herum dazu veranlassten, zu verkünden: »Es ist ein Mädchen!« Und dann wurden sie als Mädchen großgezogen und fühlen sich nun in der gesellschaftlichen Rolle und psychischen Identität einer »Frau« wohl. Es gibt viele Frauen, die eines oder mehrere dieser Kriterien nicht haben. Und es gibt viele Menschen, die sich nicht als »Frau« identifizieren und auf die eines oder mehrere dieser Kriterien zutreffen. Trans- und nonbinäre Personen verdienen ebenfalls exzellente, wissenschaftsbasierte, lustorientierte Sexualerziehung … und es liegen noch (immer!) zu wenige Forschungsergebnisse zur Sexualität von Transgendern vor, als dass ich mit Gewissheit sagen könnte: Was für das sexuelle Wohlbefinden von Cis-Frauen gilt, trifft auch auf diejenigen zu, die transgender sind. Wahrscheinlich ist es so, und wir werden es vermutlich durch weitere Forschung in den nächsten zehn Jahren herausfinden. Ich bin mir ganz sicher, dass Personen jeden Geschlechts – einschließlich Cis-Männer – viel von der bestehenden Wissenschaft lernen können, auch wenn sie unvollständig ist. Aber während wir auf mehr und bessere Forschung warten, möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Buch auf Wissenschaft beruht, die sich fast ausschließlich auf Personen stützt, die cisgender sind.
Drittens: Ich bin eine leidenschaftliche Verfechterin der Idee, dass die Wissenschaft viel zum sexuellen Wohlbefinden von Frauen beitragen kann: ich habe hart dafür gearbeitet, den Forschungsstand auf den Punkt zu bringen, damit Frauen lernen können, voller Selbstvertrauen und Freude in ihrem Körper zu leben. Was die empirischen Details betrifft, habe ich mir sehr genau überlegt, was ich erwähnen oder weglassen sollte. Dazu fragte ich mich: »Verhilft dieses Faktum Frauen zu einem besseren Sexleben oder ist es einfach nur ein total faszinierendes und wichtiges Teilchen des empirischen Puzzles?«
Und dann habe ich den Gedanken an das Puzzle über Bord geworfen.
Ich behielt nur die wissenschaftlichen Aspekte, die ganz unmittelbar relevant für den Alltag von Frauen sind. Was Sie auf diesen Seiten finden, ist daher nicht die vollständige Geschichte von der weiblichen Sexualität – ich bin auch skeptisch, ob die wirklich in ein einziges Buch gepasst hätte. Stattdessen habe ich Dinge aufgenommen, die ich im Rahmen meiner Arbeit als Sexualpädagogin als am wirkungsvollsten für das sexuelle Wohlbefinden, die Unabhängigkeit und Lust von Frauen erfahren habe.
Ziel dieses Werks ist es, eine neue, wissenschaftlich fundierte Denkweise über das sexuelle Wohlbefinden von Frauen zu liefern. Wie alle neuen Denkansätze wirft auch dieser eine Menge Fragen auf und stellt vieles vom bereits vorher vorhandenen Wissen in Frage. Wenn Sie tiefer in die Materie einsteigen möchten, finden Sie im Anhang Quellen und Details zu dem ganzen komplexen Forschungsgegenstand mit zahlreichen Facetten, aus dem ich die Essenz für dieses praktische Handbuch gewonnen habe.
Eine Anmerkung noch, bevor wir mit dem ersten Kapitel loslegen. Erinnern Sie sich noch an die Stelle, an der ich schrieb, wir seien alle belogen worden? Ich möchte mir einen Moment Zeit nehmen, um den Schaden zu begutachten, den diese Lüge angerichtet hat.
So viele Frauen besuchen meine Workshops, meine Seminare oder öffentlichen Vorträge und sind der Überzeugung, sexuell stimme etwas nicht mit ihnen. Sie fühlen sich gestört. Abnormal. Und noch dazu sind sie verunsichert, frustriert und hoffnungslos, weil sie von medizinischen Fachleuten, Therapeuten, Partnern, Familie und Freunden zu wenig Informationen und Unterstützung bekommen.
»Entspannen Sie sich doch einfach«, bekommen sie zu hören. »Trinken Sie ein Glas Wein.«
Oder: »Frauen wollen einfach nicht so viel Sex. Finde dich damit ab.«
Oder: »Manchmal tut Sex eben weh – kannst du das nicht einfach ignorieren?«
Ich verstehe die Frustration dieser Frauen und ihre Verzweiflung. In der zweiten Hälfte dieses Buchs erkläre ich den neurologischen Vorgang, der Menschen in die Falle von Frust und Verzweiflung stürzt, ihnen Hoffnung und Freude verwehrt. Und ich beschreibe wissenschaftlich fundierte Möglichkeiten, sich aus dieser Falle wieder zu befreien.
Was ich Sie aber schon jetzt wissen lassen möchte: Die Informationen in diesem Buch werden Ihnen zeigen, dass, was auch immer Sie im Rahmen Ihrer Sexualität erleben – Erregung, Lust, Orgasmus, Schmerz oder keinerlei sexuelle Empfindungen, was auch immer – das Ergebnis Ihres angemessen funktionierenden sexuellen Reaktionsmechanismus ist. Aber eben in einer nicht angemessenen Welt. Sie sind normal; aber die Welt um Sie herum ist gestört.
Das ist also die schlechte Nachricht.
Die gute lautet: Wenn Sie erst einmal verstanden haben, wie Ihr sexueller Reaktionsmechanismus funktioniert, dann können Sie beginnen, Ihre Umgebung und Ihr Gehirn dahin gehend zu beeinflussen, dass Sie Ihr sexuelles Potenzial selbst in einer gestörten Welt maximieren. Und wenn es Ihnen gelungen ist, Ihre Umgebung und Ihr Gehirn zu verändern, dann können Sie auch Ihr Sexleben ändern – und heilen.
Dieses Buch enthält Informationen, von denen ich selbst gesehen habe, wie sie das sexuelle Wohlbefinden von Frauen gewandelt haben. Ich habe erlebt, dass Männer dadurch auf einmal Verständnis für ihre Partnerinnen aufbrachten. Ich habe auch gleichgeschlechtliche Paare beobachtet, die einander anschauten und sagten: »Oh. Das steckte also dahinter.« Studentinnen, Freunde, Blog-Leser und sogar Kolleginnen aus der Sexualpädagogik lasen mein Buch oder hörten einen meiner Vorträge und meinten danach: »Warum hat mir das vorher noch niemand gesagt? Das erklärt doch alles!«
Ich weiß mit Sicherheit, dass das, was ich in diesem Buch geschrieben habe, Ihnen helfen kann. Es mag nicht ausreichen, um alle Wunden zu heilen, die Ihrer Sexualität von einer Gesellschaft zugefügt wurden, in der es manchmal nahezu unmöglich scheint, als Frau in puncto Sexualität das Richtige zu tun. Aber es liefert Ihnen schlagkräftige Werkzeuge, um bei ihrer Heilung zu helfen.
Woher ich das weiß?
Durch wissenschaftliche Belege natürlich!
Am Ende eines Semesters bat ich meine 187 Studentinnen, eine wirklich wichtige Sache zu notieren, die sie in meinen Lehrveranstaltungen gelernt haben. Hier eine kleine Auswahl ihrer Antworten:
Ich bin normal!
ICH BIN NORMAL
Ich habe gelernt, dass alles NORMAL ist, so dass ich nun den Rest meines Lebens voller Selbstvertrauen und Freude angehen kann.
Ich habe gelernt, dass ich normal bin! Und ich habe gelernt, dass manche Menschen spontanes und andere responsives Verlangen verspüren. Diese Tatsache hat mir wirklich geholfen, mein Privatleben zu verstehen.
Frauen sind verschieden! Und nur weil ich meine Sexualität nicht auf die gleiche Weise erlebe wie viele andere Frauen, heißt das noch nicht, dass ich abnormal bin.
Das sexuelle Verlangen, die Erregung, Reaktionen usw. sind bei Frauen unglaublich verschieden.
Das eine, worauf ich mich im Hinblick auf Sexualität verlassen kann, ist, dass die Menschen verschieden sind, und wie.
Dass jeder anders und alles normal ist. Es gibt keine zwei identischen Personen. Nicht mal zwei!
Und noch mehr in diesem Stil. Über die Hälfte der Befragten schrieb sinngemäß: »Ich bin normal.«
Als ich in meinem Büro saß und diese Antworten las, traten mir Tränen in die Augen. Meinen Studentinnen war es offenbar wahnsinnig wichtig, sich »normal« zu fühlen. Und anscheinend hatten sie den Weg zu dieser Erkenntnis gefunden.
Die Wissenschaft vom weiblichen sexuellen Wohlbefinden ist noch jung, und es gibt noch viel zu lernen. Aber diese junge Wissenschaft hat bereits Wahrheiten über die Sexualität der Frau enthüllt, die das Verhältnis meiner Studentinnen zu ihren Körpern veränderten – und zweifellos hat sie das auch bei mir bewirkt. Ich habe dieses Buch geschrieben, um die wissenschaftlichen Erkenntnisse, Fallgeschichten und die positive Einstellung zum Sex mit Ihnen zu teilen. Denn all das ist doch der Beweis dafür, dass wir trotz des eigennützigen Interesses der Gesellschaft an unserem Gefühl, unzulänglich, gestört, unattraktiv und nicht liebenswert zu sein, durchaus absolut in der Lage zu selbstbewusstem, lustvollem Sex sind.
Das Versprechen von Komm, wie du willst lautet: Egal, wo Sie sich auf Ihrer sexuellen Reise gerade befinden, ob Sie bereits ein fantastisches Sexualleben haben und es noch fantastischer gestalten wollen oder ob Sie zu kämpfen haben und nach Lösungen suchen, Sie werden etwas erfahren, was zum einen Ihr Sexualleben verbessert und zum anderen Ihr Verständnis davon, was es bedeutet, ein sexuelles Wesen zu sein, verändern wird. Und Sie werden entdecken, dass Sie – selbst wenn Sie sich im Moment noch nicht so fühlen – sexuell bereits heil und gesund sind.
Das ist eine wissenschaftliche Erkenntnis.
Und ich kann sie Ihnen beweisen.