Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Komtesse Mizzi oder Der Familientag ist eine Komödie in einem Akt von Arthur Schnitzler. In dem Stück hat fast jeder vor jedem Geheimnisse. Diese werden nach und nach preisgegeben. Direkt ausgesprochen wird manches gar nicht. Der Zuschauer kann jedoch, wenn er sich nach dem Stück besinnt, das Wesentliche erraten.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 51
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Arthur Schnitzler
Komtesse Mizzi oder Der Familientag
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Komtesse Mizzi oder Der Familientag
Personen.
[Stücktext]
Impressum neobooks
Graf Arpad Pazmandy
Mizzi, seine Tochter
Egon Fürst Ravenstein
Lolo Langhuber
Philipp
Professor Windhofer
Wasner
Der Gärtner
Der Diener
Garten der gräflichen Villa. Hohes Gitter hinten. Tor ungefähr Mitte, etwas weiter nach rechts. Links vorn die Front der einstöckigen Villa, die einmal ein Jagdschlößchen war, vor 180 Jahren gebaut, vor 30 Jahren renoviert. Längs des erhöhten Parterres zieht eine nicht tiefe Terrasse, von der drei breite Stufen in den Garten führen. Von der Terrasse aus eine offene Glastür in den Salon. Der erste Stock hat einfache Fenster; über dem ersten Stock ein kleiner, blumengeschmückter Balkon, der zu einer Art von Mansarde gehört. Vor der Villa Rasenplatz mit Blumenbeeten. Rechts vorn, unter einem Baum, Gartenbank, Tischchen, Sessel.
Graf älterer Herr mit grauem Schnurrbart, noch sehr gut aussehend, in Haltung und Gebaren der gewesene Offizier, in Reitanzug, Reitgerte in der Hand, von rechts. Diener mit ihm.
DIENER. Um wie viel Uhr befehlen heute gräfliche Gnaden das Essen?
GRAF er spricht den ungarisch-deutschen Offziersjargon. Zündet sich eben eine große Zigarre an. Um zwei.
DIENER. Und um wie viel Uhr soll eingespannt sein, gräfliche Gnaden?
KOMTESSE erscheint auf dem Balkon, Palette und Pinsel in der Hand. Sie ruft hinunter. Guten Morgen, Papa.
GRAF. Grüß' dich Gott, Mizzi.
KOMTESSE. Hast mich wieder einmal allein frühstücken lassen, Papa. Wo bist du denn gewesen?
GRAF. Ziemlich weit. Bin über Mauer und Rodaun hinausgeritten. Es ist wunderschön heut. Was machst denn du? Schon bei der Arbeit? Wird man bald wieder was anschauen dürfen?
KOMTESSE. O ja, Papa; aber es sind wieder nichts als Blumen.
GRAF. Kommt heute nicht der Professor zu dir?
KOMTESSE. Ja, aber erst gegen eins.
GRAF. Na, laß dich nicht stören.
KOMTESSE wirft ihm eine Kußhand zu und verschwindet in der Mansarde.
GRAF zum Diener. Was wollen S' denn? Ah so, wegen dem Einspannen? Ich fahr' heut nicht mehr aus. Der Josef kann sich heut einen freien Tag machen. Oder warten S' einen Moment. Ruft hinauf. Du Mizzi ...
KOMTESSE erscheint auf dem Balkon.
GRAF. Entschuldige, daß ich dich noch einmal stör'. Brauchst du heut vielleicht den Wagen?
KOMTESSE. Nein, Papa, danke. Ich wüßt' nicht .... Dank' schön. Verschwindet wieder.
GRAF. Also bleibt's dabei, der Josef kann nachmittag machen, was er will. Sie ... und daß der Franz den Krampen ordentlich abreibt, wir sind heut ein bissel feurig gewesen ... alle zwei.
DIENER ab.
GRAF hat sich auf die Bank gesetzt, nimmt eine Zeitung, die auf dem Tisch liegt, und liest.
GÄRTNER kommt. Guten Morgen, gräfliche Gnaden.
GRAF. Guten Morgen, Peter. Was gibt's denn?
GÄRTNER. Wenn gräfliche Gnaden erlauben, die Teerosen hab' ich grad abgeschnitten.
GRAF. Ja warum denn so viel?
GÄRTNER. Der Strauch ist ganz voll. Es wär' kaum ratsam, gräfliche Gnaden, wenn wir sie länger am Stock ließen. Wenn gräfliche Gnaden vielleicht eine Verwendung hätten ...
GRAF. Hab' keine Verwendung. Na, was schaun S' denn? Ich fahr' heut nicht in die Stadt, ich brauch' kein Bukett. Stecken S' die Blumen einzeln in die Vasen und Gläser, die drin herumstehen. So wie's jetzt modern ist. Nimmt die Blumen in die Hand und riecht daran. Scheint nachzusinnen. Halt' da nicht ein Wagen?
GÄRTNER. Das sind die Rappen von Seiner Durchlaucht. Ich kenn' sie am Schritt.
GRAF. Also ich dank' Ihnen schön. Gibt ihm die Rosen zurück.
DER FÜRST tritt durch das Haupttor ein.
GRAF geht ihm entgegen.
GÄRTNER. Küss' die Hand, Durchlaucht.
FÜRST. Guten Morgen, Peter.
GÄRTNER ab rechts.
FÜRST in lichtem Sommeranzug, schlank, 55 Jahre, aber etwas jünger aussehend. Hat den leichten Diplomatenakzent eines Herrn, der ebensoviel Französisch spricht als Deutsch.
GRAF. Grüß' dich Gott, alter Freund. Wie geht's, wie steht's?
FÜRST. Danke. Prachtvolles Wetter heute.
GRAF offeriert ihm eine Riesenzigarre.
FÜRST. Danke, nicht vor Tisch. Eine von meinen Zigaretten, wenn du erlaubst. Nimmt eine Zigarette aus seiner Zigarrentasche und zündet sie an.
GRAF. Daß du dich wieder einmal um einen umschaust. Weißt du überhaupt, wie lang du nicht da warst? Drei Wochen.
FÜRST Blick zur Mansarde. Ist's wirklich schon so lang?
GRAF. Na was machst dich denn so rar?
FÜRST. Sei nicht bös'. Es ist ja wahr. Und heut komm' ich eigentlich nur dir adieu sagen.
GRAF. Wie, adieu?
FÜRST. Morgen fahr' ich nämlich fort.
GRAF. Du fährst fort? Wohin denn?
FÜRST. An die See. Und ihr ... habt ihr noch nichts vor?
GRAF. Ich hab' noch gar nicht drüber nachgedacht ... das Jahr.
FÜRST. Nun ja, ihr habt es hier heraußen so wunderschön ... der Riesenpark! Aber irgend wohin wirst du ja doch im Sommer reisen.
GRAF. Ich weiß noch nicht. Ist ja alles egal.
FÜRST. Was hast du denn?
GRAF. Lieber alter Freund, bergab geht's.
FÜRST. Wieso? Was sind das für komische Ausdrücke, Arpad? Was heißt das »bergab«?
GRAF. Alt wird man, Egon.
FÜRST. Ja. Aber man gewöhnt's.
GRAF. Was hast du zu reden, du bist um fünf Jahre jünger.
FÜRST. Um sechs. Aber fünfundfünfzig, das ist auch nicht mehr der Frühling des Lebens. Na – man findet sich drein.
GRAF. Du bist halt immer ein Psycholog gewesen, alter Freund.
FÜRST. Im übrigen, ich weiß wirklich nicht, was du willst. Schaust famos aus. Er setzt sich. Wieder Blick zur Mansarde auf, wie manchmal. Pause.
GRAF mit einem Entschluß. Weißt also das Neueste? Sie heirat'.
FÜRST. Wer heiratet?
GRAF. Was fragst du denn ... kannst dir's ja denken.
FÜRST. Ach so, ich habe nämlich geglaubt, die Mizzi. Na ja, es wär' doch ... Also die Lolo heiratet?
GRAF. Ja, die Lolo.
FÜRST. Aber das ist doch eigentlich nicht das »Neueste«.
GRAF. Wieso?
FÜRST. Das verspricht sie dir doch, oder droht sie dir, oder wie man sagen soll, seit mindestens drei Jahren.