Kopf über Wasser im Alltagschaos - KC Davis - E-Book
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Kopf über Wasser im Alltagschaos E-Book

KC Davis

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  • Herausgeber: dtv
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Lebensverändernd und befreiend: Aufräumen neu gedacht Selfcare statt moralischem Druck: KC Davis bietet Soforthilfe, wenn der Alltag droht, im Chaos zu versinken. Wenn sich das Geschirr in der Spüle stapelt und das Leben einen überfordert. Wenn du Schwierigkeiten hast, deine Aufgabenliste zu bewältigen, hast du wahrscheinlich einen guten Grund dafür: Angst, Fatigue, Depression, ADHS oder fehlende Unterstützung. Bei der Therapeutin KC Davis löste die Geburt ihres zweiten Kindes einen Kreislauf aus Stress und Chaos aus. Je mehr sie sich im Rückstand fühlte, desto weniger motiviert war sie, anzufangen. Sieben Monate lang faltete sie kein einziges Wäschestück. Bis sie eines Tages eine lebensverändernde Erkenntnis hatte: Du bist nicht für dein Zuhause da, dein Zuhause ist für dich da. Ihre radikal neue Botschaft lautet: Was wäre, wenn wir aufhörten, eine saubere Wohnung als Beleg dafür zu sehen, dass wir funktionieren und etwas wert sind, und Selfcare stattdessen als eine Wohltat für unser zukünftiges Ich betrachten? Ihre 6 lebensverändernden Prinzipien revolutionieren die Herangehensweise an Care-Arbeit. Vor allem aber helfen sie, sich von Schamgefühlen zu befreien und Stress zu bewältigen – und nicht zuletzt den Wäschestapel. Für alle, die nach einem sanften Weg suchen, sich um ihr Zuhause zu kümmern - und um sich selbst.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 174

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Über das Buch

Das perfekte Buch für nicht perfekte Menschen

Selfcare statt moralischem Druck: KC Davis bietet Soforthilfe, wenn der Alltag droht, im Chaos zu versinken. Die Autorin kennt das Problem aus eigener Erfahrung. Und sie hat eine radikal neue und befreiende Botschaft für uns: Was wäre, wenn wir aufhören würden, eine saubere Wohnung als Beleg dafür zu sehen, dass wir funktionieren und etwas wert sind, und sie stattdessen als eine Wohltat für unser zukünftiges Ich betrachten? Ihre lebensverändernden Ideen revolutionieren die Herangehensweise an die Hausarbeit und helfen, Stress zu bewältigen.

Du erfährst, wie es dir gelingt:

•die Hausarbeit in überschaubare Aufgaben aufzuteilen

•Prioritäten zu setzen, wenn du nicht weißt, wo du anfangen sollst

•kreative Abkürzungen zu finden

•dich von Schamgefühlen und negativen Selbstgesprächen zu befreien

•dir ausreichend Pausen zu gönnen

Für alle, die sich vom Leben überfordert fühlen und nach einem zugänglichen und sanften Weg suchen, sich um ihr Zuhause zu kümmern – und um sich selbst.

 

 

 

 

Dieses Buch ist meiner Familie gewidmet

Inhalt

Vorbemerkung zum Lesen dieses Buchs

Einleitung

 

KAPITEL 1Care-Aufgaben sind moralisch neutral

KAPITEL 2Rücksicht gegenüber unserem zukünftigen Ich

KAPITEL 3Für all die verzweifelten Leser von Ratgebern

KAPITEL 4Sanfte Kompetenzentwicklung: Die Fünf-Dinge-Aufräummethode

KAPITEL 5Sanftes Selbstgespräch: Unordnung hat keine tiefere Bedeutung

KAPITEL 6Care-Arbeit ist funktional

KAPITEL 7Sanftes Selbstgespräch: Den mitfühlenden Beobachter finden

KAPITEL 8Organisiert ist nicht dasselbe wie ordentlich

KAPITEL 9Susie und die Depression

KAPITEL 10Sanfte Kompetenzentwicklung: Die Motivation befeuern

KAPITEL 11Care-Aufgaben sind zyklisch

KAPITEL 12Sanfte Kompetenzentwicklung: Funktionale Prioritäten setzen

KAPITEL 13Frauen und Care-Arbeit

KAPITEL 14Sanfte Kompetenzentwicklung: Die Wäsche machen

KAPITEL 15Du kannst den Regenwald nicht retten, wenn du depressiv bist

KAPITEL 16Lass die Plastikbälle fallen

KAPITEL 17Sanfte Kompetenzentwicklung: Geschirr spülen

KAPITEL 18Wenn du keine Kinder hast

KAPITEL 19Wenn das Duschen ein Problem ist

KAPITEL 20Den Körper pflegen, wenn du ihn hasst

KAPITEL 21Sanftes Selbstgespräch: »Ich darf menschlich sein«

KAPITEL 22Gut genug ist perfekt

KAPITEL 23Sanfte Kompetenzentwicklung: Laken wechseln

KAPITEL 24Pausen sind ein Recht, keine Belohnung

KAPITEL 25Arbeitsteilung: Auszeiten fair gestalten

KAPITEL 26Sanfte Kompetenzentwicklung: Badezimmer

KAPITEL 27Sanfte Kompetenzentwicklung: Ein System, um das Auto sauber zu halten

KAPITEL 28Wenn der Körper nicht mitmacht

KAPITEL 29Persönliche Leistungen sind moralisch neutral

KAPITEL 30Aufräumen und elterliches Trauma

KAPITEL 31Kritische Familienmitglieder

KAPITEL 32Rhythmus vor Routinen

KAPITEL 33Sanfte Kompetenzentwicklung: Einen Wohnbereich ordentlich halten

KAPITEL 34Mein Lieblingsritual: Abschlussaufgaben

KAPITEL 35Mangelnde Fähigkeiten versus fehlende Unterstützung

KAPITEL 36Care-Arbeit abzugeben ist moralisch neutral

KAPITEL 37Sport nervt

KAPITEL 38Unser Gewicht ist nicht moralisch zu bewerten

KAPITEL 39Essen ist moralisch neutral

KAPITEL 40Wieder in den Rhythmus kommen

KAPITEL 41Du hast einen wunderschönen Sonntag verdient

 

Danksagung

Anhang 1

Anhang 2

Über die Autorin

Vorbemerkung zum Lesen dieses Buchs

Dieses Buch wurde so konzipert, dass es möglichst zugänglich ist. Die Schrift ist serifenlos und der Text linksbündig gesetzt, damit er sich leichter lesen lässt. Die Absätze und Kapitel sind kurz und die Kernpunkte optisch hervorgehoben, um die Aufmerksamkeit beim Lesen und die Verständlichkeit zu fördern. Metaphern werden inhaltlich erläutert, um für eine größere Klarheit zu sorgen.

Ich habe dieses Buch so geschrieben, dass es verständlich ist, ohne zu lang oder einschüchternd zu sein. Falls du allerdings das Gefühl hast, dass du im Moment nicht in der Lage bist, das ganze Buch zu lesen, nimm bitte die Abkürzungen, die im gesamten Text zu finden sind. Wahrscheinlich benötigst du lediglich zwischen dreißig Minuten und einer Stunde für die Kurzfassung, je nachdem, wie deine Lesegeschwindigkeit ist. Beginne mit der ersten Seite.

Einleitung

Im Februar 2020 bekam ich mein zweites Kind. Da ich nach der ersten Schwangerschaft im Wochenbett mit einer Angsterkrankung gekämpft hatte und wusste, dass mein Mann aufgrund seines neuen Jobs sieben Tage pro Woche würde arbeiten müssen, stellte ich einen umfassenden Unterstützungsplan für die Zeit nach der Geburt zusammen. Mein Kleinkind würde vier Tage pro Woche in die Vorschule gehen, Familienangehörige würden mich in den ersten beiden Monaten unterstützen und sich dabei jede Woche abwechseln, ein Reinigungsservice würde ein Mal pro Monat kommen, und die neue Müttergruppe, die ich mitgegründet hatte, würde Essen vorbeibringen und hin und wieder vorbeischauen, um mir zu helfen. Ich war sehr stolz auf meinen Plan – doch dann war es damit vorbei, noch bevor es überhaupt hatte losgehen können. Drei Wochen nach der Geburt wurden die Covid-Lockdowns verkündet, und alles brach über Nacht in sich zusammen.

Die Welt wurde sehr klein. Sehr schnell. Die Tage gingen in einer schlaflosen Abfolge aus Stillproblemen, Kleinkindkollern und bald darauf Depressionen ineinander über. Benommen und überfordert durch die Isolation sah ich, wie mein Haushalt immer mehr ins Chaos verfiel. Jeden Tag überlegte ich, wie es mir gelingen könnte, mich gleichzeitig um die Bedürfnisse beider Kinder zu kümmern, und jeden Abend ging ich von meinem Scheitern geplagt zu Bett. Während ich so im Bett lag, traute ich mich, Dinge zu denken, die ich nicht laut auszusprechen wagte: »Was ist, wenn ich einen riesigen Fehler gemacht habe? Vielleicht kann ich nur für ein Kind eine gute Mutter sein. Vielleicht bin ich nicht dafür geschaffen, mich um zwei zu kümmern. Ich verstehe nicht, wie irgendjemand das bewältigt. Ich werde ihnen nicht gerecht.« Eines Tages begann meine Schwester, mir lustige TikTok-Videos zu schicken. »Du musst dir diese Video-App runterladen. Ich bin sicher, dass es dich aufheitert und zum Lachen bringt.« Ich gab nach und fand eines Tages sogar den Mut, selbst ein Video zu machen: Darin spielte ich das Haushaltschaos, in dem wir lebten, auf lustige Weise herunter. Ich unterlegte das Video mit einem viralen Audioschnipsel, in dem all die Dinge besungen wurden, die an diesem Tag sicherlich nicht erledigt werden würden, und zeigte Aufnahmen von meinem unordentlichen Wohnzimmer, meiner übervollen Spüle und der Enchilada-Pfanne, die ich bereits drei Tage lang ihrem Schicksal überlassen hatte. »No pipe dreams here!«, »Ich mache mir keinerlei Illusionen!«, spöttelte ich in der Beschreibung und taggte das Ganze mit dem Hashtag #breastfeeding, »Stillen«. Sicherlich würden sich aus den Tiefen des Internets Mütter von überallher zusammentun, um solidarisch darüber zu schmunzeln, wie schwierig es ist, ein Neugeborenes zu haben. Stattdessen erhielt ich den folgenden Kommentar:

Da war es. Das Wort, das mich in meinem Leben so häufig verfolgt hatte. Für mich, als unordentliche und kreative Frau mit einer nicht diagnostizierten ADHS, hatte es eine schneidende, durchdringende Schärfe. Ich spürte, wie sich die Stimme, die mich nächtlich heimsuchte, wie eine Schlange an meiner Kehle emporwand, ihren Körper um meinen Hals schlang und mir ins Ohr zischelte: »Siehst du? Ich habe dir doch gesagt, dass du versagen wirst.« Meine professionelle Erfahrung als Therapeutin hat mir immer wieder gezeigt, dass es kein persönliches Versagen ist, sich überfordert zu fühlen. Aber wie den meisten von euch wahrscheinlich bewusst ist, liegt häufig eine unüberwindbare Kluft zwischen dem, was wir vom Kopf her wissen, und dem, was wir mit dem Herzen fühlen. In jenem Moment konnte ich nicht anders, als die Lüge zu verinnerlichen, dass meine Unfähigkeit, den Haushalt in Ordnung zu halten, ein schlagender Beweis für meine große Charakterschwäche war – Faulheit.

Tatsächlich hätte dies nicht weiter von der Wahrheit entfernt sein können. Ich hatte nach akribischer Recherche und Planung ohne Schmerzmittel ein Kind zur Welt gebracht. Ich hatte alle drei Stunden Muttermilch abgepumpt, um meine Tochter während ihres Aufenthalts auf der Frühgeborenenstation zu versorgen, und wachte sechs Mal pro Nacht auf, um sie zu stillen, seit sie nach Hause gekommen war. Ich stand jeden Morgen auf, um mich trotz der Wochenbettdepression den ganzen Tag lang um mein Neugeborenes und mein Kleinkind zu kümmern. Ich schaffte es sogar, selbstgemachte Enchiladas zuzubereiten. Und all das tat ich, während meine Vagina im wahrsten Sinne des Wortes von Nähten zusammengehalten wurde.

Aber für die Person im Internet hatte ich versagt, weil mein Zuhause nicht ordentlich war. Ich war faul.

Stapelte sich das Geschirr bis zur Decke und war die Wäsche nicht gemacht? Ja, so war es. Hatte ich selbst angesichts einfacher Haushaltsarbeiten das Gefühl, dass mir alles über den Kopf wuchs? Absolut.

Ich war müde.

Ich war depressiv.

Ich war überfordert.

Ich benötigte Hilfe.

Aber ich war nicht faul.

Und das bist auch du nicht.

Was ist Care-Arbeit und warum fällt sie manchen Menschen so schwer?

Care-Arbeit umfasst viele Routinearbeiten des Lebens: Kochen, Putzen, Wäschewaschen, andere und sich selbst verpflegen, Geschirrspülen und Körperhygiene. Diese Aufgaben kommen uns vielleicht nicht komplex vor. Aber wenn wir tatsächlich die Zeit und Energie, die Fähigkeiten, die Planung und den gesamten Aufwand berücksichtigen, die in Care-Arbeit einfließen, wirken diese Aufgaben nicht mehr einfach. So gehört etwa zur Care-Arbeit, uns selbst und andere zu verpflegen, mehr dazu, als lediglich etwas Nahrung in den eigenen Mund zu schieben oder anderen etwas zum Essen hinzustellen. Wir müssen darüber hinaus Zeit aufwenden, um herauszufinden, welche Ernährungsbedürfnisse und Vorlieben die Menschen haben, die wir mit Nahrung versorgen. Wir müssen den Einkauf planen und erledigen, entscheiden, wie wir die Lebensmittel zubereiten, und Zeit dafür freischaufeln, es zu tun; wir müssen darauf achten, dass die Mahlzeiten in den richtigen Intervallen stattfinden. Wir brauchen Energie und bestimmte Fähigkeiten, um diese Schritte jeden Tag mehrmals zu planen, in Angriff zu nehmen und umzusetzen. Weiterhin benötigen wir Energie, um alle möglichen Hürden zu überwinden, die etwas mit unserem Verhältnis zum Thema Essen und Gewicht zu tun haben oder zum Beispiel mit mangelndem Appetit – sei es aus medizinischen oder aus emotionalen Gründen. Wir benötigen emotionale Energie, um mit dem Gefühl der Überforderung fertigzuwerden, wenn wir nicht wissen, was wir kochen sollen, und mit der Angst, die entstehen kann, wenn wir in der Küche ein Chaos erzeugen. Vielleicht benötigen wir auch noch die Fähigkeit zum Multitasking, wenn wir arbeiten, unter körperlichen Schmerzen leiden und außerdem Kinder beaufsichtigen.

Kommen wir nun zum Putzen: Es ist eine nie endende Aufgabe, die aus Hunderten von kleinen Fertigkeiten besteht, die jeden Tag zur richtigen Zeit und auf die richtige Weise ausgeübt werden müssen, um den Alltag am Laufen zu halten. Zunächst müssen wir über die Umsetzungsfähigkeiten verfügen, um Aufgaben fortlaufend zu ordnen und zu priorisieren.1 Wir müssen lernen, welche Putzarbeiten täglich durchgeführt werden müssen und welche in bestimmten Abständen gemacht werden können. Wir müssen uns an diese Intervalle erinnern. Wir müssen uns mit Reinigungsmitteln auskennen und daran denken, sie zu kaufen. Wir müssen die körperliche Energie und die Zeit haben, um all diese Aufgaben zu erledigen, und psychisch in der Lage dazu sein, uns für einen längeren Zeitraum einem Bereich zu widmen, der uns nur geringe Dopaminausschüttungen beschert. Wir brauchen die emotionale Energie und Fähigkeit, angesichts verunreinigter oder sogar massiv verdreckter Materialien mit unangenehmen Sinneswahrnehmungen klarzukommen. Der Spruch »Putze einfach immer das, was nötig ist« klingt zwar nett und effizient, aber die meisten Menschen machen sich nicht klar, dass dafür Hunderte von Fertigkeiten nötig sind und Tausende von Hindernissen die Umsetzung sabotieren können.

Es gehört weitaus mehr zu Gesundheit und Körperhygiene als lediglich »gesund zu essen und sich zu duschen«. Wir benötigen die soziale Kompetenz, eine Arztpraxis anzurufen und Termine einzuhalten. Wir brauchen die Zeit und Energie, Rezepte einzulösen, und müssen auch hier über die Umsetzungsfähigkeit verfügen, jeden Tag unsere Medikamente zu nehmen. Selbst Aufgaben, die den meisten Menschen banal erscheinen – wie das Zähneputzen, Haarewaschen, Kleidungwechseln –, können angesichts funktionaler Hürden beinahe unmöglich werden.

In meiner Arbeit als Therapeutin habe ich Hunderte von Menschen erlebt, die mit diesen Problemen zu kämpfen haben. Und ich bin mittlerweile mehr denn je von einer einfachen Wahrheit überzeugt: Sie sind nicht faul. Tatsächlich glaube ich nicht, dass Faulheit existiert.

Weißt du, was es dagegen wirklich gibt? Exekutive Dysfunktion, also mangelndes Umsetzungsvermögen, Prokrastination, Gefühle der Überforderung, Perfektionismus, traumatische Erlebnisse, Motivationsmangel, chronische Schmerzen, Antriebslosigkeit, Depression, mangelnde Fähigkeiten, fehlende Unterstützung und unterschiedliche Prioritäten.

ADHS, Autismus, Depressionen, Schädel-Hirn-Verletzungen, bipolare Störungen sowie Angststörungen sind lediglich einige der Dinge, die sich auf die Umsetzungsfähigkeit eines Menschen auswirken und daher Planung und Zeitmanagement, Arbeitsgedächtnis und Organisation beeinträchtigen. Zudem können Aufgaben mit mehreren Schritten schnell abschreckend oder langweilig wirken.

Es heißt, Neuronen, die gleichzeitig feuern, verdrahten sich auch miteinander. Das bedeutet einfach, dass unser Gehirn Gefühle mit bestimmten Erfahrungen verknüpfen kann. Wenn eine Person zum Beispiel als Kind oder in einer Partnerschaft psychischer oder physischer Gewalt ausgesetzt war und Putzen als Bestrafung eingesetzt wurde oder wenn Unordnung die Ursache für Gewalt war, dann kann die Person beim Thema Aufräumen unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden und es vielleicht vermeiden aufzuräumen, weil es ihr Nervensystem triggert.

Ein Mensch kann unglaublich große Scham empfinden, wenn solche funktionalen Hürden eine Umsetzung von Care-Aufgaben erschweren. »Wie kann ich bei so etwas Einfachem nur scheitern?«, fragt er sich. Der kritische innere Dialog entwickelt sich schnell zu einem Teufelskreis, der noch mehr lähmt. Aufgrund seiner großen Angst vor Verurteilung und Ablehnung wird dieser Mensch in der Regel niemanden um Hilfe bitten, um die Care-Aufgaben zu bewältigen. Mit zunehmender Scham und Isolation verschlechtert sich auch seine psychische Verfassung. Es kommt zu Selbsthass, und die Motivation schwindet. Häufig verschlimmern kritische und verletzende Kommentare von Freunden und Familie das alles leider noch. Als faul bezeichnet zu werden, verfestigt unsere Überzeugung, dass es einem moralischen Versagen gleichkommt, wenn es uns schwerfällt, einfache Care-Aufgaben zu erledigen.

Wenn du nun weinst (oder innerlich zusammenzuckst), ist das hier dein Buch. Du bist nicht faul oder schmutzig oder eklig. Du bist kein Versager. Du benötigst lediglich unvoreingenommene, anteilnehmende Hilfe.

Langsam. Ruhig. Sanft.

Inwiefern unterscheidet sich dieses Buch nun von anderen Selbsthilferatgebern? Ich habe zum Beispiel kein Programm oder System – sondern eine Philosophie: Wir sind nicht für unser Zuhause da, unser Zuhause ist für uns da.

Wenn du diese Überzeugung verinnerlichst, hilft dir das, a) deine Perspektive in Bezug auf Care-Aufgaben zu verändern und sie nicht länger als moralische Verpflichtungen, sondern als funktionale Aufgaben zu sehen, b) zu erkennen, welche Veränderungen deines Lebensstils du tatsächlich anstreben willst und c) diese mit minimalem Aufwand in dein Leben zu integrieren und dich dabei nicht auf Selbsthass, sondern auf Selbstmitgefühl zu stützen.

Ich bin sowohl durch meine Ausbildung und Arbeit als Therapeutin zu dieser Philosophie gelangt als auch durch meine eigene Erfahrung. Jahrzehntelang dachte ich, mein Wert als Mensch hinge davon ab, wie ich mich selbst und mein Zuhause präsentierte. Obwohl mich das dazu motivierte, Dinge »positiv« oder auf eine »produktive« Weise zu verändern, löste es meine Abneigung gegenüber mir selbst nicht auf – und die »Lebensverbesserungen« hielten nicht lange an.

Als Teenager war ich wie wild davon besessen, wie jemand zu wirken, der es wert ist, gerettet zu werden, und versuchte daher, den Typus der tragischen, kaputten Drogenabhängigen aus dem Kosmos der berühmten Band Nirvana zu verkörpern. Als ich mit sechzehn für eineinhalb Jahre zu einer stationären Drogentherapie geschickt wurde, kam ich Schritt für Schritt von der Sucht los, aber statt wahres Selbstwertgefühl zu entwickeln, wollte ich als Ersatz dafür unbedingt wie eine »vorbildliche Patientin« wirken. Selbst eine sehr reale religiöse Glaubenserfahrung wurde von meinem Bedürfnis, die Leere zu füllen, in Beschlag genommen. Als ich schließlich als Missionsschwester am Priesterseminar teilnahm, erkannte ich – insgeheim beschämt –, dass meine Motivation dafür zum größten Teil auf dem Wunsch basierte, eine Person zu werden, die von den Menschen in meinem Umfeld als gut genug erachtet wurde.

Mit Ende zwanzig erkannte ich, dass ich dasselbe Verhaltensmuster immer wieder aufs Neue wiederholt hatte, ohne mir dessen bewusst zu sein: Ich wollte etwas erreichen, um endlich Freundlichkeit und Liebe sowie ein Gefühl der Zugehörigkeit zu verdienen.

Solange ich mein Leben auf die Reihe bekommen wollte, um die Sünde meiner Unzulänglichkeit wiedergutzumachen, blieb ich in einem schambehafteten Zyklus aus Leistungsdruck, Perfektionismus und Scheitern gefangen.

Das Jahr, in dem ich zu Beginn der Pandemie mit meinen Kindern im Haus festsaß, war zwar in vieler Hinsicht leidvoll, aber es bot mir auch die Gelegenheit, mein Verhältnis zu meinem Wohnbereich zu überprüfen. Das Gefühl zu versagen, wenn wir dem neuesten Selfcare-Trend nicht entsprechen oder das aktuellste Organisationssystem nicht umsetzen, entsteht aufgrund eines fundamentalen Missverständnisses über das Ziel, das wir auf unserer Reise anstreben. Es ist ein großer Unterschied, ob wir auf Anerkennung und Wertschätzung aus sind oder ob unser Ziel eine gute Selbstfürsorge ist. Wenn wir etwas lesen und versuchen, bestimmte Systeme umzusetzen, weil wir glauben, Freundlichkeit, Liebe und das Gefühl der Zugehörigkeit verdient zu haben, sobald es uns gelingt, unsere Hausarbeit auf die Reihe zu bekommen oder ein regenbogenfarbenes Bücherregal und perfekt dazu passende Socken zu haben, dann werden wir uns immer unzulänglich fühlen. Denn so werden wir diese Ziele nie erreichen. Mit größter Wahrscheinlichkeit werden wir bestimmte Systeme einsetzen und uns wie Erwachsene verhalten, die ihr Leben gut im Griff haben, nur um festzustellen, dass wir all die neuen Gewohnheiten bereits nach Tagen oder Wochen nicht mehr aufrechterhalten können. Wir benötigen daher einen Paradigmenwechsel im Hinblick darauf, wie wir uns selbst und unseren Wohnbereich betrachten.

Ich wiederhole es noch einmal: Wir sind nicht für unser Zuhause da, unser Zuhause ist für uns da.

In diesem Buch werde ich dir helfen, deinen Weg zu finden, um ein funktionierendes Zuhause zu haben – was auch immer der Begriff »funktionieren« in diesem Zusammenhang für dich bedeuten mag. Gemeinsam werden wir eine Basis von Selbstmitgefühl aufbauen und lernen, negative Selbstgespräche und Scham zu beenden. Erst danach können wir beginnen, Wege zu erkunden, um unsere funktionalen Hürden zu umschiffen. Ich habe sehr viele Tipps, wie du ein Zimmer aufräumst, wenn du dich überfordert fühlst, wie du deine Motivation in Momenten befeuerst, in denen du am liebsten gar nichts tun würdest, wie du Dinge organisierst, ohne dass es dir zu viel wird. Ich habe Ideen, wie du den Abwasch und die Wäsche an schwierigen Tagen bewältigst, und darüber hinaus viele kreative Hacks, um mit einem Körper zu arbeiten, der nicht immer kooperiert. All dies werden wir ohne endlose Checklisten und fordernde Routinen angehen.

Während du dich mit mir auf diese Reise begibst, möchte ich dich dazu auffordern, dir die folgenden Worte ins Bewusstsein zu rufen: »langsam«, »ruhig«, »sanft«. Du hast bereits jetzt Liebe und das Gefühl der Zugehörigkeit verdient. Diese Reise hat nicht zum Ziel, Anerkennung und Wertschätzung zu erreichen, es ist vielmehr eine Reise voller Selbstfürsorge. Eine Reise, auf der wir lernen, für uns selbst zu sorgen, wenn wir das Gefühl haben, im Chaos zu versinken.

Denn du sollst wissen, meine Liebe, dass du Fürsorge verdient hast, egal ob deine Wohnung picobello aussieht oder ob ein vollkommenes Durcheinander herrscht.

1Zu den exekutiven Funktionen gehört unter anderem das Fokussieren, Planen und Organisieren oder die Umsetzung von Vorgaben.

KAPITEL 1Care-Aufgaben sind moralisch neutral

Die Moral beschäftigt sich damit, wie gut oder schlecht unser Charakter ist und ob unsere Entscheidungen richtig oder falsch sind. Viele Entscheidungen haben moralische Aspekte, aber das Auto regelmäßig zu putzen gehört nicht dazu. Wir können vollkommen funktionierende, absolut erfolgreiche, glückliche, freundliche, großzügige erwachsene Menschen sein, ohne ein gutes Händchen dafür zu haben, das Geschirr rechtzeitig zu spülen oder für ein aufgeräumtes Zuhause zu sorgen. Welches Verhältnis wir zu Care-Aufgaben haben – ob wir reinlich oder weniger reinlich, ordentlich oder unordentlich, organisiert oder unorganisiert sind –, hat keinerlei Einfluss darauf, ob wir als Person gut genug sind.

Wenn wir Care-Tätigkeiten moralisch betrachten, basiert die Motivation, sie zu erledigen, häufig auf einem Gefühl der Scham. Ist alles ordentlich aufgeräumt, kommen wir uns nicht wie ein Versager vor. Ist unser Zuhause jedoch schmuddelig oder unaufgeräumt, fühlen wir uns wie einer.

Wenn wir Care-Aufgaben aus einer Motivation der Scham heraus erledigen, begleitet uns ein schlechtes Gewissen wahrscheinlich auch in Entspannungsphasen – weil Care-Arbeit nie endet und wir Pausen als Belohnung für brave Jungen und Mädchen erachten. Wenn wir es uns daher überhaupt mal genehmigen, uns tatsächlich hinzusetzen und auszuruhen, denken wir: »Das habe ich mir nicht verdient. Es gibt noch mehr zu tun.«

Auf diese Weise zu leben ist unglaublich leidvoll. Es beeinträchtigt unser gesamtes Dasein: unsere psychische Gesundheit, unsere Beziehungen, unsere Freundschaften, unsere Arbeit oder Ausbildung, unsere physische Gesundheit. Die Liebenswürdigkeit oder der Zuspruch anderer kann unmöglich zu unserem Herzen durchdringen, wenn wir immer denken: »Wenn ihr nur wüsstet …« Aber so muss es nicht sein. Tatsächlich habe ich sehr gute Neuigkeiten für dich.

Care-Aufgaben sind moralisch neutral. Ob wir sie gut oder schlecht erledigen, hat nichts damit zu tun, ob wir ein guter Mensch, Partner, eine gute Freundin, ein guter Mann oder eine gute Frau, ein guter Vater oder eine gute Mutter sind. Rein gar nichts! Du bist kein Versager, weil du mit der Wäsche nicht hinterherkommst. Das Wäschewaschen ist moralisch neutral.

KAPITEL 2Rücksicht gegenüber unserem zukünftigen Ich