Krafttraining – Die Anatomie verstehen - Austin Current - E-Book

Krafttraining – Die Anatomie verstehen E-Book

Austin Current

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Beschreibung

Krafttraining – ein anatomischer Rundumblick Dieses Buch geht unter die Haut! Detaillierte Grafiken zeigen, mit welchen Übungen Sie das volle Potenzial aus Ihren Muskeln herausholen. Basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen werden die positiven Effekte der 33 wichtigsten Kraftübungen anschaulich beleuchtet. Dazu gibt es praktische Tipps und Übungen zur Prävention von Verletzungen sowie effiziente und sichere Trainingsprogramme – für jedes Niveau und auch zu Hause. Wirksames Muskeltraining nach wissenschaftlichen Erkenntnissen Ob Beinpresse, Bankdrücken, Bizeps-Curls, Squats oder Deadlifts – konsequentes Krafttraining verbessert die Gesundheit und das Wohlbefinden. Doch um sportliche Ziele zu erreichen, ist ein Aspekt entscheidend: Wissen! Wie funktionieren Muskeln und wie wachsen sie? Mit welchen Übungen treffen Sie welche Muskelgruppen? Und welche Trainingsintensität und -dauer ist empfehlenswert? Dieses umfassende Wissensbuch zum Krafttraining macht die anatomischen Vorgänge hinter dem Workout verständlich. - Richtiges Krafttraining aus anatomischer Sicht: Mit einem ganzheitlichen Blick auf die Anatomie der Muskeln analysieren und verbessern Sie Ihr Krafttraining. - Anschauliche Grafiken zeigen alle am Krafttraining beteiligten Muskeln, Gelenke und Bänder aus verschiedenen Perspektiven. - 33 Kraftübungen: Was genau passiert beim Krafttraining im Körper? Erfahren Sie alles über die Anatomie der wichtigsten Übungen in unterschiedlichen Stadien. Mit 47 Variationen dieser Übungen bringen Sie Abwechslung in Ihr Training. - Trainingspläne fürs Krafttraining & Tipps für Einsteiger*innen und Fortgeschrittene helfen das Training zu optimieren und Verletzungen vorzubeugen. Viele Übungen können auch zu Hause ohne Fitnessstudio durchgeführt werden. Muskeln wissenschaftlich betrachtet! Hier bekommen Sie das Hintergrundwissen für einen optimalen Trainingserfolg beim Krafttraining.

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Seitenzahl: 313

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Austin Current
Kraft-
training
Die Anatomie verstehen
Mit Übungen zum gezielten Muskelaufbau
für einen defi nierten Körper
Kraft-
training
Die Anatomie verstehen
Mit Übungen zum gezielten Muskelauf -
bau für einen definierten Körper
Austin Current
Katie Cowan, Kiron Gill, Megan Lea,
Lektorat
Nikki Sims, Dawn Henderson, Alastair Laing
Gestaltung und Bildredaktion
Maxine Pedliham, Marianne Markham,
Clare Joyce, Barbara Zuniga, Karen Constanti
Umschlaggestaltung
Amy Cox, Lucy Philpott
Herstellung
David Almond, Luca Bazzoli
Illustrationen Arran Lewis
Für die deutsche Ausgabe:
Herstellungskoordination Bettina Bähnsch
Herstellung Evely Xie
Herstellungsleitung Dorothee Whittaker
Redaktionsleitung Dr. Kerstin Schlieker
Projektbetreuung Carola Wiese
Programmleitung Monika Schlitzer
Titel der englischen Originalausgabe:
Science of Strength Training
© Dorling Kindersley Limited, London, 2021
Ein Unternehmen der
Penguin Random House Group
Alle Rechte vorbehalten
© der deutschsprachigen Ausgabe by
Dorling Kindersley Verlag GmbH, München,
2021
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
Deutsche digitale Ausgabe, 2024
Dorling Kindersley Verlag GmbH
Jegliche – auch auszugsweise – Verwertung,
Wiedergabe, Vervielfältigung oder
Speicherung, ob elektronisch, mechanisch,
durch Fotokopie oder Aufzeichnung, bedarf
der vorherigen schriftlichen Genehmigung
durch den Verlag.
Übersetzung Carmen Achter
Lektorat Julia Niehaus
eISBN 978-3-8310-8366-4
www.dk-verlag.de
Hinweis
Die Informationen und Ratschläge in diesem
Buch sind von Autor und Verlag sorgfältig
erwogen und geprüft, dennoch kann eine
Garantie nicht übernommen werden.
Eine Haftung des Autors bzw. des Verlags
und seiner Beauftragten für Personen-, Sach-
und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Vorwort
Krafttraining für
jeden
PHYSIOLOGIE
DES MENSCHEN
10
Muskelanatomie
Wie Muskeln arbeiten
Wie Muskeln wachsen
Wie Training das Muskel-
wachstum fördert
Wie Training die Knochen-
festigkeit fördert
Bewegungsmechanik
Brennstoff für das
Krafttraining
Den Energiebedarf
ermitteln
Krafttraining und
unser Gehirn
12
14
18
20
24
26
Energie für Muskelarbeit 28
30
32
Krafttraining und Ernährung 34
38
6 KRAFT-
8 ÜBUNGEN 42
Einführung in das
Training
Terminologie
BEINE
Langhantel-Kniebeuge
Varianten
Beinpresse
Hack Squat
Ausfallschritt
mit Kurzhanteln
Varianten
Step-up
mit Kurzhanteln
Beinbeugen
Varianten
Hüftheben mit Ball
Beinstrecken
Varianten
Langhantel-Beckenlift
Varianten
Wadenheben
Varianten
Kreuzheben klassisch
Varianten
44
50
52
54
56
58
60
62
64
66
68
70
72
74
76
78
80
82
84
86
88
INHALT
BRUST
90 ARME
Langhantel-Bankdrücken 92
Varianten
Kurzhantel-Bankdrücken
Varianten
Flys von oben
am Kabelzug
Varianten
Flys am Gerät
Kurzhantel-Flys
RÜCKEN
Latzug vertikal
Varianten
Rudern am Kabelzug
Varianten
SCHULTERN
Überkopf-Langhantel-
Schulterdrücken
Varianten
Kurzhantel-Seitheben
Varianten
Kurzhantel-Frontheben
Varianten
Reverse Flys
mit Kurzhanteln
Varianten
94
96
98
100
102
104
106
108
110
112
114
116
Kurzhantel-Schulterheben 118
Varianten
124
126
128
130
132
134
136
138
120
122
Kurzhantel-Bizeps-Curl
Varianten
140
142
144
Kurzhantel-Stirndrücken 146
Varianten
148
Trizepsdrücken am Seil 150
Varianten
BAUCH
Plank mit Drehung
Sideplank mit Drehung
Crunches mit Ball
Varianten
Knieheben hängend
Varianten
Rumpfrotation
am Kabelzug
Varianten
152
154
156
158
160
162
164
166
168
170
VERLETZUNGS-
PRÄVENTION
172
Verletzungsrisiko
Delayed Onset Muscle
Soreness (DOMS)
Häufige Verletzungen
Schulter
Ellbogen
Unterer Rücken
174
176
178
179
180
181
Glossar
Register
Quellenverzeichnis
Über den Autor
und Dank
215
217
222
224
Hüfte
Knie
Rückkehr ins Training
nach Verletzungen
Das Training planen
Mobilitätsübungen
182
183
184
186
188
Dehnen & Cool-down 194
GEZIELTES
TRAINING 196
Trainingsvariablen im
Krafttraining
Muskelaufbau
Fortgeschrittene
Kraftaufbau Einsteiger
Kraftaufbau
Fortgeschrittene
Kraftausdauer
Fortgeschrittene
198
Die Trainingsprogramme 201
Muskelaufbau Einsteiger 202
204
206
208
Kraftausdauer Einsteiger 210
212
VORWORT
Beim Krafttraining, auch Widerstandstraining
genannt, ist Wissen Macht. Meist sind die Komplexi-
tät der Trainingsprogramme oder die Frage, wie man
die Geräte richtig nutzt, die größten Hürden für den
Einstieg. Ziel dieses Buches ist es, diese Hindernisse
zu beseitigen: Es führt Sie in die wissenschaftlichen
Grundlagen des Trainings ein, zeigt Ihnen die richtige
Übungsausführung (zu Hause und im Gym) und liefert
klare, einfache Programme für Anfänger und alle,
die die Herausforderung suchen. Trainierende jedes
Kenntnis- und Leistungsstands erhalten die nötigen
Informationen und das Werkzeug, um die Wirkung
von Krafttraining zu verstehen und die Übungen kor-
rekt auszuführen – sei es als reines Krafttraining oder
in Kombination mit anderen Trainingsformen.
DIE VORTEILE DES KRAFTTRAININGS
Die Übungen in diesem Buch verbessern nicht
nur die muskuläre Kraft und Ausdauer, sondern die
Gesundheit ganz allgemein. Wer Krafttraining in
seinen Alltag einbindet, profitiert von zahlreichen
positiven Effekten. Es
• verbessert kognitive Funktionen, Merk- und
Konzentrationsfähigkeit,
• wirkt vorbeugend gegen altersbedingte Krank-
heiten wie Alzheimer und Demenz,
.
• reduziert das Risiko und den Schweregrad von
Depressionen und Angsterkrankungen.
• senkt das Risiko einer Reihe von Krankheiten
(Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes etc.)
• fördert Muskelwachstum und -erhalt und wirkt
über die gesamte Lebensspanne hinweg der
altersbedingten Abnahme von Muskelmasse und
-kraft sowie Knochendichte entgegen.
6
WIE DIESES BUCH FUNKTIONIERT
Im Kapitel »Physiologie des Menschen« werden die
Skelettmuskulatur und die Mechanismen, die den kör-
perlichen Anforderungen des Krafttrainings zugrunde
liegen, vorgestellt. Sie lernen, wie Muskeln arbeiten
und wachsen, und auf welche Weise Widerstands-
training neben seinen positiven Effekten auf Knochen
und Bindegewebe die Muskeln zur Entwicklung von
Masse und Kraft anregt. Sie erfahren, wie der Körper
die Energie für muskuläre Arbeit bereitstellt und wie
Sie Ihren Bedarf an Energie und Makronährstoffen
richtig kalkulieren. Das Kapitel schließt mit einem
Überblick über den Nutzen des Krafttrainings für
das Gehirn und die Rolle, die es im Hinblick auf die
Lebenseinstellung und mentale Gesundheit spielt.
Der Schwerpunkt des Buches liegt auf einer
umfassenden Sammlung von Krafttrainingsübungen
und Übungsvarianten, die es Ihnen ermöglichen, Ihr
Training dem zur Verfügung stehenden Equipment,
dem gewünschten Schwierigkeitsgrad und Ihren Vor-
»Konsequentes Krafttraining steigert
Gesundheit und Wohlbefinden und
senkt das Krankheitsrisiko über die
gesamte Lebensspanne.
«
lieben anzupassen. Die Übungen sind danach geord-
net, welche Muskelgruppe sie ansprechen. Jede Übung
umfasst Abbildungen von den beteiligten Muskeln,
detaillierte Anweisungen zur korrekten Ausführung und
Technik sowie Erläuterungen zu häufigen Fehlern.
Im Kapitel »Verletzungsprävention« sind typische
Verletzungen im Zusammenhang mit Krafttraining
aufgeführt. Sie erfahren, wie Sie diese vermeiden und
erhalten Tipps zum Wiedereinstieg nach Verletzungen.
Eine konsistente, strukturierte Trainingsroutine inklusive
angemessenem Warm-up bereitet den Körper optimal
vor; Mobilitäts- und Dehnübungen helfen Ihnen wahr-
zunehmen, wie Ihr Körper auf das Training anspricht.
Das Kapitel »Gezieltes Training« fasst vom Trainings-
umfang bis zum Fatigue-Management alles zusammen,
was Sie über die Variablen eines effektiven Krafttrai-
nings wissen müssen. Hier finden Sie übersichtliche
Programme für den Aufbau von Muskelmasse, Kraft
oder Kraftausdauer sowie Alternativen für den Fall,
dass Sie öfter trainieren wollen. Diese Programme
bilden das Fundament Ihres Trainings und können über
Monate und Jahre immer weiter angepasst werden.
Austin Current
Zertifizierter Fitnesscoach und Ausbilder
7
KRAFTTRAINING
FÜR JEDEN
Mittlerweile wissen wir, dass jeder Mensch davon profitiert, wenn er Kraft-
training in seinen Alltag integriert. Allerdings kursieren in diesem Zusammen-
hang viele widersprüchliche Empfehlungen. Hier erfahren Sie, was hinter einigen
verbreiteten Mythen steckt und welche Rolle der Körpertyp spielt.
MYTHOS
»Ich habe schlechte Gene.«
FAKT
GENE SIND WICHTIG, ABER NICHT ALLES.
Die Forschung zeigt, dass es unabhängig von der Genexpres-
sion unsere Leistung beeinträchtigt, wenn man uns sagt, dass
wir in einer Sache schlecht sind. An sich selbst zu glauben,
statt sich durch Mutmaßungen selbst zu beschränken, kann
hingegen zu positiven Resultaten führen.
»Ich sehe keine Ergebnisse.
Es funktioniert nicht.«
»Ich bin zu jung
für Krafttraining.«
für Krafttraining.«
»Ich bin zu alt
8
MANGELNDER ERFOLG ZEIGT, DASS EIN
PROGRAMMWECHSEL NÖTIG IST.
Wenn Ihr Körper auf ein bestimmtes Programm nicht anspricht,
heißt das nicht, dass Sie auch mit anderen Ansätzen keinen
Erfolg haben werden. Wenn die Ergebnisse ausbleiben, sollten
Sie Ihr Trainingsprogramm auf den Prüfstand stellen (s. S. 198).
MIT GUTER BETREUUNG KÖNNEN MÄDCHEN
AB 11 UND JUNGEN AB 13 TRAINIEREN.
verbesserte motorische Fähigkeiten, gesteigertes Wohlbefinden
und die frühe Etablierung einer Trainingsroutine.
Ein planvolles und kontrolliert durchgeführtes Training ist
nachweislich relativ sicher. Zu den positiven Effekten gehören
DIE POSITIVEN EFFEKTE KÖNNEN ALTERSBE-
DINGTEN NACHTEILEN ENTGEGENWIRKEN.
Schnellkraft entgegenzuwirken. Mehr Kraft bedeutet den Erhalt
körperlicher Fähigkeiten und mehr Unabhängigkeit.
Reines Krafttraining ist die effektivste Trainingsstrategie, um
altersbedingtem Verlust von Muskelmasse, Maximal- und
ALTER
KÖRPERTYP UND GENE
MYTHOS
FAKT
ALLE KÖNNEN PROFITIEREN.
»Krafttraining eignet sich
nur für Männer.«
Frauen massig werden.«
»Krafttraining lässt
»Männer bauen mehr
Muskeln auf als Frauen.«
EINGE-
Die Vorteile des Krafttrainings (s. S. 6–7) sind geschlechtsüber-
greifend. Es ist der effektivste Weg, um in Form zu kommen
und Muskelwachstum und Fettabbau in den Regionen zu
erreichen, die Sie optimieren möchten. Frauen erreichen ihre
Trainingsziele ebenso verlässlich wie Männer.
ÖSTROGEN LIMITIERT ÜBERTRIEBENES
MUSKELWACHSTUM.
Die Fähigkeit von Frauen zum Aufbau von Muskelmasse ist
hormonell begrenzt, denn Frauen produzieren mehr Östrogen
und weniger Testosteron. Das Östrogen unterstützt die Rege-
neration und den Erhalt von Muskelgewebe.
DAS MUSKELWACHSTUM VOLLZIEHT SICH
IM WESENTLICHEN ÄHNLICH.
testosteronbedingt größer, Frauen können jedoch den gleichen
Prozentsatz an Masse und Kraft durch Krafttraining aufbauen.
Außerdem beginnen sie bei einem niedrigeren Ausgangswert.
Der absolute Zuwachs an Muskelmasse ist bei Männern
SCHRÄNKT
DURCH DEN
KÖRPERTYP?
Unser Körperbau ist nicht
lebenslang derselbe; er lässt sich
durch Krafttraining verändern.
Womöglich erkennen Sie sich
in einem der drei Körperbau-
typen (Somatotypen) wieder,
aber lassen Sie sich Ihr Training
nicht von Ihrer momentanen
Form diktieren. Neben körper-
licher Aktivität beeinflussen der
Umgang mit Stress, Schlaf und
Ernährung unsere Gestalt.
EKTOMORPH
Hochgewachsene, eher
schmale Personen, denen
der Muskelaufbau relativ
schwer, aber der Fett-
abbau leicht fällt.
MESOMORPH
Schlanke, muskulöse
Personen, denen der
Muskelaufbau leicht fällt
und die mühelos Fett
verlieren.
ENDOMORPH
Breiter und kräftiger
gebaute Personen,
denen der Muskelaufbau
leicht, der Fettabbau
jedoch schwerfällt.
9
GESCHLECHT
PHYSIO-
LOGIE DES
MENSCHEN
Neben dem Kraft- und Muskelaufbau hat Krafttraining positive
Effekte auf die Knochendichte und das Bindegewebe, auf das Risiko von
Stoffwechselstörungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie auf die
Psyche und die geistige Gesundheit. Gewinnen Sie ein tieferes Verständ-
nis dafür, wie Krafttraining auf unseren Körper wirkt und mit welcher
Ernährung Sie ein Maximum an Gesundheit, Leistungs- und Regenera-
tionsfähigkeit erreichen.
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN
MUSKEL-
ANATOMIE
Im Körper gibt es etwa 640 Muskeln.
Einige liegen an der Oberfläche, andere
tief im Körper. Die Skelettmuskeln sind
über die Sehnen an den Knochen fixiert
und ermöglichen Bewegung.
SKELETTMUSKELN
Die Skelettmuskeln erzeugen Bewegung
durch fein koordinierte Kontraktionen
der Muskelfasern. Wenn Sie die wich-
tigsten Muskelgruppen kennen und im
Körper lokalisieren können, hilft Ihnen
das beim Krafttraining, die muskuläre
Beanspruchung zu visualisieren und
mehr Muskelspannung aufzubauen.
Großaufnahme
parallel angeordneter
Muskelfibrillen in
einer Muskelfaser
Brustmuskeln
M. pectoralis major
M. pectoralis minor (großer
und kleiner Brustmuskel)
Zwischenrippenmuskeln
M. brachialis
(Oberarmmuskel)
Abdominalmuskeln
M. rectus abdominis
(gerader Bauchmuskel)
Mm. obliqui internus
und externus (innere –
tief, nicht sichtbar –
und äußere schräge
Bauchmuskeln)
M. transversus abdominis
(querer Bauchmuskel)
Hüftbeuger
M. iliopsoas
(M. iliacus und
M. psoas major)
M. rectus femoris
(s. Quadrizeps)
M. sartorius
(Schneidermuskel)
Adduktoren (s. u.)
Ellbogenflexoren
M. biceps brachii
(zweiköpfiger Armbeuger),
M. brachialis
(tief, Oberarmbeuger)
M. brachioradialis
(Oberarmspeichen-
muskel)
Adduktoren (»Heranzieher«)
M. adductor longus (langer Adduktor)
M. adductor brevis (kurzer A.)
M. adductor magnus (großer A.)
M. pectineus (Kammmuskel)
M. gracilis (»schlanker Muskel«)
In der Querstreifung
wird die Anordnung
der Muskelproteine
sichtbar (s. S. 16).
Skelettmuskelfasern
erzeugung beim Krafttraining. Ein einzelner
Muskel enthält Tausende parallel
angeordneter Myofibrillen (s. S.16–17).
Die quergestreifte Skelettmuskulatur ist
zuständig für die Kraft- und Bewegungs-
OBERFLÄCHLICH
12
TIEF
Vierköpfiger Oberschenkelmuskel
(Quadrizeps)
M. rectus femoris (gerader
Oberschenkelmuskel)
M. vastus medialis (innerer O.)
M. vastus lateralis (äußerer O.)
M. vastus intermedius (mittlerer
breiter O. – tief, nicht sichtbar)
Fuß- und Zehenstrecker (Dorsal-
flexoren d. Sprunggelenks)
M. tibialis anterior (vorderer
Schienbeinmuskel, Fußheber)
M. extensor digitorum longus
M. extensor hallucis longus (langer
Zehen- und Großzehenstrecker)
Halsstrecker
M. splenius capitis
M. splenius cervicis
(Riemenmuskeln d. Kopfes und d. Halses)
M. levator scapulae
(Schulterblattheber)
Rhomboiden
M. rhomboid minor
M. rhomboid major
M. trapezius
(Kapuzenmuskel)
M. deltoideus
(Deltamuskel)
(kl. und gr. Rautenmuskel)
Rückenstrecker
Halsstrecker (s. o.)
M. latissimus dorsi
(breiter Rückenmuskel)
M. erector spinae (»Auf-
richter der Wirbelsäule«)
transversospinales System
(kleine, tiefe Muskeln ent-
lang der Wirbelsäule)
M. serratus posterior inferior
(hinterer unterer Sägemuskel)
M. gluteus medius
(mittlerer Gesäßmuskel)
Gesäßmuskeln
M. gluteus maximus
M. gluteus medius
M. gluteus minimus
(großer, mittlerer und
kleiner Gesäßmuskel)
Die myotendinöse
Verbindung ist der
Übergang zwischen
Muskeln und
Sehnen.
M. piriformis
(birnenförmiger Muskel)
M. adductor magnus
(großer Adduktor)
Hüftstrecker
Gesäßmuskeln (s. o.)
M. adductor magnus (Großer Adduktor)
Ischiocrurale Muskulatur (hintere
Oberschenkelmuskulatur)
M. biceps femoris (zweiköpfiger
Beinbeuger)
Kollagenfasern: zugfest
und spannungsresistent
Sehnen
fasersträngen. Sie verbinden Muskeln und
Knochen und sind für die Kraftübertragung
zuständig. Krafttraining beansprucht und kräf-
tigt sowohl die Muskeln als auch die Sehnen.
Sehnen bestehen aus dichten Kollagen-
TIEF
Fuß- und Zehenbeuger (Plantar-
flexoren d. Sprunggelenks)
M. tibialis posterior (hinterer
Schienbeinmuskel)
Wadenmuskeln
M. gastrocnemius
(Zwillingswadenmuskel)
M. soleus
(Schollenmuskel)
OBERFLÄCHLICH
13
M. triceps brachii
(Trizeps/dreiköpfiger
Oberarmmuskel)
M. semitendinosus (Halbsehnenm.)
M. semimembranosus (Plattensehnenm.)
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN
WIE MUSKELN ARBEITEN
Muskeln sind über Sehnen an Knochen befestigt. Die Sehnen sind elas-
tisch, um den bei Bewegung auftretenden Kräften standzuhalten. Bei der
Bewegungssteuerung arbeiten Muskeln oft in Gegensatzpaaren zusam-
men und kontrahieren dabei auf verschiedene Arten.
KONTRAKTIONSARTEN
Für das Krafttraining sind drei Kontraktionsarten wichtig: die
isotonische, die sich wiederum in exzentrische und konzentrische
Kontraktion untergliedert, und die isometrische Kontraktion.
Die Bezeichnungen beschreiben, wie sich der Muskel verändert.
Bei isotonischer Kontraktion ändert sich seine Länge: bei exzen-
trischer verlängert und bei konzentrischer verkürzt er sich. Bei
isometrischer Kontraktion ändert sich ausschließlich die Span-
nung des Muskels, nicht aber seine Länge (s. S. 20–21.)
Agonist
Der Trizeps führt die
Antagonist
Der Bizeps lässt die
Streckung des Arms
zu.
Streckung des Arms aus.
Extension
Der Gelenkwinkel wird größer.
Synergist
Mm. brachialis und bra-
chioradialis unterstützen
beide Bewegungsphasen
beim Curl.
EXZENTRISCHE KONTRAKTION
Bei der exzentrischen Kontraktion verlängert sich
der Muskel und erzeugt Kraft. Der Muskel wird
unter Spannung gedehnt, um Bewegungen zu
verlangsamen. In unserem Fall arbeitet der Bizeps
exzentrisch, um die Abwärtsbewegung der Hantel zu
bremsen.
14
ZUSAMMENSPIEL
DER MUSKELN
Bewegungspräzision
Muskeln können nur ziehen, nicht drücken.
Deshalb arbeiten sie oft in Gegensatzpaaren.
Der Agonist ist der »Spieler«, der, unterstützt
von den Synergisten, die Gelenkbewegung
erzeugt. Sein Gegenspieler, der Antagonist,
arbeitet entgegengesetzt und hilft auf der
anderen Seite des Gelenks, die Bewegung
zu kontrollieren.
Wenn Sie erst mit dem Krafttraining
beginnen, wird Ihr Nervensystem anfangs
Agonisten und Antagonisten zugleich
aktivieren, wodurch die Bewegungen wenig
koordiniert ausfallen. Im Lauf der Zeit und mit
zunehmender Praxis passt sich das Nerven-
system an (s. S. 39), und die Koaktivierung
der Antagonistengruppe geht zurück. In der
Folge wird das Zusammenspiel geschmei-
diger und effizienter, und das Potenzial zur
Krafterzeugung nimmt zu.
Agonist
Der Bizeps führt die
Beugung aus.
Antagonist
Der Trizeps lässt
die Beugung des
Ellbogens zu.
KONZENTRISCHE KONTRAKTION
Bei der konzentrischen Kontraktion
erzeugt ein Muskel Spannung, und die
Muskelfasern verkürzen sich. Durch
das Verkürzen erzeugt der Muskel die
nötige Kraft, um ein Objekt oder ein
Gewicht zu bewegen. Hier kontrahiert
der Bizeps, um den Ellbogen zu beu-
gen und die Hantel zu heben.
Flexion
Der Gelenkwin-
kel wird kleiner.
ISOMETRISCHE
KONTRAKTION
Bei der isometrischen
Kontraktion erzeugt der
Muskel Spannung, ohne
seine Länge zu ändern.
Diese Kontraktionsart tritt
bei Haltepositionen auf.
Um sich bei einer Übung
ganz auf die Zielmuskeln
konzentrieren zu können,
ist es sinnvoll, zur Rumpf-
stabilisierung die Bauch-
muskeln anzuspannen.
Synergist
Mm. brachialis und bra-
chioradialis unterstützen
beide Bewegungsphasen
beim Curl.
LEGENDE
Verkürzt sich
unter Spannung
(konzentrisch)
Verlängert sich
unter Spannung
(exzentrisch)
15
Haltend-
statisch
(isometrisch)
STRUKTUR DER MUSKELN
Skelettmuskeln bestehen aus zylindrischen Bündeln von Muskelfasern, sogenannten Faszi-
keln. Jede Muskelfaser bzw. Muskelzelle ist aus kontraktilen Proteinfilamenten aufgebaut.
Diese Proteinfäden, die sich zusammenziehen können, ermöglichen die Muskelkontrak-
tion. Zudem verfügt jeder Muskel über ein Gefäßnetzwerk, das für den Transport von
Sauerstoff und chemischen Substraten für die Energieerzeugung(s. S. 28–29) sowie für
den Abtransport der bei der Kontraktion entstehenden Abfallstoffe zuständig ist.
Muskel
Aus mehreren Muskelfaserbündeln
Perimysium
Muskelhaut; Binde-
gewebeschicht um
Muskelfaserbündel
Faszie
Dünne binde-
gewebige Hülle
Epimysium
Muskelfaserbündel
(Faszikel)
Muskelzellen, aus denen
ein Muskel besteht
Endomysium
Feine Gewebeschicht
um eine Muskelfaser
Gewebeschicht um
den Muskel
Muskelfaser
Kapillaren
Versorgen Muskelzellen mit
sauerstoffreichem Blut
Aus vielen miteinander
verbundenen Muskelzellen
mit einer Länge von wenigen
Millimetern bis zu einigen
Zentimetern
Sarkoplasmatisches Retikulum
Komplexes Membransystem aus
Röhren, das an der Speicherung von
Kalziumionen beteiligt ist
Myofibrille
Stabförmige Faser, enthält Filamente
aus kontraktilen Proteinen; die
Anordnung der dicken und dünnen
Filamente ergibt das typische quer-
gestreifte Bild
Sarkomer
Kleinste funktionelle Einheit von
Muskelfasern, die sich zusammen-
ziehen kann; an beiden Enden von
Z-Scheiben begrenzt
Myofilamente
Kontraktile Proteine in
den Myofibrillen;
zu dünnen und dicken
Filamenten gruppiert
Satellitenzelle
Essenziell für Erhalt,
Regeneration und Wachstum
Sarkolemm
Zellmembran um eine
Muskelzelle
Sarkoplasma
Zytoplasma einer Muskelzelle
mit vielen Zellkernen
Z-Scheibe
Verankerung der dünnen
Filamente und Begrenzung
der Sarkomere
M-Linie
Verbindet dicke Filamente
Dünnes Filament
Besteht im Wesentlichen
aus dem Protein Aktin
Tropomyosin
Aktin-bindendes Protein
Dickes Filament
Besteht aus dem Protein Myosin
Myosinköpfchen
Bildet bei Kontraktion Quer-
brücken mit Aktinfilament
16
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN Wie Muskeln arbeiten
Schnelle und langsame
Muskelfasern
Es gibt zwei Haupttypen von Skelett-
muskelfasern: Langsam (Slow-Twitch/
Typ I) und schnell kontrahierende
(Fast-Twitch/Typ II). Unser Nervensys-
tem wählt für jede Bewegung automa-
tisch den richtigen Fasertyp aus. Der
Großteil der Skelettmuskeln besteht
aus einem ähnlichen Anteil beider
Fasertypen, was es uns ermöglicht,
eine große Bandbreite von Aufgaben
mit unterschiedlicher Belastungs-
stärke und Dauer auszuüben.
Fast-Twitch-Fasern
kontrahieren
schnell, ermüden
aber auch rasch;
für explosive
Bewegungen und
solche mit erhöhter
Intensität
ZEIT (MS)
Slow-Twitch-Fasern
kontrahieren
langsam, sind aber
relativ ermüdungs-
resistent; für Aus-
daueraktivitäten
200
LANGSAME UND SCHNELLE FASERN IM VERGLEICH
Muskelkontraktion unter dem
Mikroskop
Die Verkürzung und Verlängerung von Skelettmuskeln
wird durch kontraktile Proteinfäden in den Myofibrillen
herbeigeführt: durch Aktin und Myosin. Ein Nerven-
impuls löst einen Zyklus von Vorgängen innerhalb der
Muskelfaser aus. Die Filamente aus Aktin und Myosin
binden sich in wiederkehrenden Sequenzen aneinan-
der, beugen sich, lösen sich und binden sich erneut,
um die Aktinfilamente zur Sarkomermitte zu ziehen,
und erzeugen auf diese Weise Spannung im Muskel.
Z-Scheibe
M-Linie
Myosin-
filament
Myosinköpfchen
Aktin-
filament
Sarkomer
ENTSPANNTER MUSKEL
Querbrücken ziehen die
Aktinfilamente nach innen;
Kontraktion und Spannungs-
aufbau im Muskel
Sarkomer ver-
kürzt sich
KONTRAHIERTER MUSKEL
Querbrücke
löst sich
ABLÖSUNG
ATP-Molekül (chemischer
Energieträger) bindet sich an
das Myosinköpfchen, worauf
dieses seinen Griff um das
Aktinfilament lockert – die
Querbrücke löst sich.
Energetisiertes
Myosin
WIEDERAUFLADUNG
ATP gibt Energie frei, um das
gebeugte Myosinköpfchen in
die aufrechte Position zurück-
zuführen (vorzuspannen).
Damit kann der nächste Kon-
traktionszyklus beginnen.
17
Umklap-
pen
DER KONTRAKTIONSZYKLUS
Aktin-
filament
ANLAGERUNG
Myosin-
köpfchen
Langgezo-
genes Aktin
KRAFTSCHLAG
(POWER-STROKE)
Das Myosinköpfchen klappt
nach hinten, zieht dadurch
das Aktinfilament Richtung
M-Linie und bringt die
Z-Scheiben näher zueinander.
Das aktivierte Myosinköpf-
chen bindet sich an die
Bindungsstelle des Aktinfila-
ments und bildet eine soge-
nannte Querbrücke zwischen
den Filamenten.
KRAFT
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN
WIE MUSKELN WACHSEN
Das Größenwachstum von Muskelfasern des Skelettmuskelgewebes wird als
Muskelhypertrophie bezeichnet. Krafttraining regt auf verschiedenen Wegen
Muskelhypertrophie an, wobei spezialisierte Zellen für Erhalt, Reparatur und
Neubildung von Muskelfasern zuständig sind.
WACHSTUMSSTIMULI
Nach aktueller Auffassung wirken beim Muskelwachs-
tum drei Stimuli, die miteinander in Beziehung ste-
hen: mechanische Spannung (Spannung, die beim
Krafttraining auf einen Muskel wirkt), metabolischer
Stress (Ansammlung von Stoffwechselprodukten in
den Muskelfasern während des Trainings) und Mus-
kelschädigung (Mikrorisse in den Muskelfasern und
Z-Scheiben). Der Hauptauslöser von Muskelwachstum
ist mechanische Spannung. Bei Ermüdung nimmt
die mechanische Spannung zu, mehr Motoneuronen
werden rekrutiert, und die Verkürzung der Muskel-
fasern verlangsamt sich. Durch diese Kombination
steigt die Zahl der Muskeln, die angesteuert werden,
was wiederum dazu führt, dass verstärkt mechanische
Spannung erzeugt wird. Die Wechselwirkung zwischen
den Faktoren steigert den Effekt noch: metabolischer
Stress ist ein Nebeneffekt mechanischer Spannung
und trägt gleichzeitig dazu bei, dass die Spannung in
einem Muskel zunimmt.
WIE MUSKELN
GRÖSSER WERDEN
Das Skelettmuskelprotein durchläuft täglich
Phasen der Synthese (also der Neubildung) und
des Abbaus (s. S. 34). Muskelwachstum tritt auf,
wenn die Muskel proteinsynthese die Abbaurate
übertrifft. Muskel hypertrophie gilt als Summe
von Anpassungs vorgängen (Adaptationen) auf
verschiedenen Ebenen: bei den Myofibrillen,
beim Sarkoplasma und beim Bindegewebe.
18
SCHER STRESS
METABOLI-
INDIREKT
MECHANISCHE
SPANNUNG
DIREKT
HYPERTROPHIE
MUSKEL-
SCHÄDIGUNG
MUSKEL-
INDIREKT
MECHANISMEN DER HYPERTROPHIE
Myofibrille
Sarkoplasma
(intrazelluläre
Flüssigkeit)
Bindegewebe
MUSKELFASER VOR DEM WACHSTUM
Der Kreis stellt eine Muskelfaser im
Querschnitt dar. Darin befinden sich
viele Myofibrillen, umgeben von Sarko-
plasma und einer wabenartigen Schicht
von Bindegewebe.
WECHSEL-
WIRKUNG
SATELLITENZELLEN
Satellitenzellen sind muskelspe-
zifische Stammzellen mit einer
Schlüsselfunktion bei Erhalt, Rege-
neration (und Wachstum) sowie
beim Umbau von Muskelfasern
als Reaktion auf Trainingsreize,
Muskel-
faser
Nukleus der
Muskelzelle
»schlafende«
Satellitenzelle
AKTIVIERUNG DER
SATELLITENZELLEN
INTAKTE MUSKELFASER
TRAININGSINDUZIERTE
MUSKELSCHÄDEN
RÜCKKEHR EINI-
GER ZELLEN INS
STAMMZELLEN-
RESERVOIR
REPARIERTE MUSKELFASER
SATELLITENZELLEN
VERMEHREN SICH
insbesondere beim Krafttraining.
Werden sie aktiviert, können sie
zur Neubildung von Muskelfasern
beitragen, ihre Zellkerne (Nuklei)
abgeben oder den eigenen Bestand
durch Zellteilung aufstocken.
Abnahme der Muskel-
masse im Alter
Als Muskelatrophie (das Gegenteil
von Hypertrophie) bezeichnet man
den Schwund oder die Größen-
abnahme von Muskelgewebe. Ab
einem Alter von 40 Jahren verliert der
Körper kontinuierlich einen bestimm-
ten Anteil seiner Muskelmasse, was
einen Verlust an Lebensqualität
bedeuten kann. Durch Widerstands-
training und ausreichende Eiweiß-
versorgung (s. S. 30–31) lässt sich
der Abbau nachweislich verringern.
Körperliche Aktivität, insbesondere
Krafttraining, eignet sich zudem zur
Prävention und Behandlung von
Sarkopenie und Dynapenie (Verlust
von Muskelmasse und Muskelkraft
über den natürlichen Alterungs-
prozess hinaus).
MYOZYTEN FUSIONIE-
REN MIT GESCHÄDIGTER
MUSKELFASER
SATELLITENZELLEN WER-
DEN ZU MUSKELZELLEN
(MYOZYTEN)
MYOTUBEN REIFEN UND
WERDEN ZU NEUEN
MUSKELFASERN
MYOZYTEN FUSIONIE-
REN (VERSCHMELZEN)
ZU MYOTUBEN
Mehr
Myofibrillen
Mehr Sarko-
plasma
Myofibrille
Mehr
Bindegewebe
MYOFIBRILLÄRE HYPERTROPHIE
60–70 % des Proteins in einer Mus-
kelzelle ist myofibrillär. Myofibrilläre
Hypertrophie ist die zahlen- und/oder
größenmäßige Zunahme an Myofibrillen
durch Zuwachs von Sarkomeren.
SARKOPLASMATISCHE HYPERTROPHIE
Die Muskelfaser wird auch größer durch
eine Volumenzunahme des Sarkoplasmas
(darin enthalten sind Mitochondrien,
sarkoplasmatisches Retikulum, T-Tubuli,
Enzyme und Substrate wie Glykogen).
HYPERTROPHIE DES BINDEGEWEBES
Die extrazelluläre Matrix der Muskelfa-
ser besteht aus einem dreidimensionalen
Gerüst aus Bindegewebe. Nimmt dessen
Mineralien- und Proteingehalt zu, wer-
den die Muskeln größer.
19
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN
WIE TRAINING DAS MUSKEL-
WACHSTUM FÖRDERT
Die drei Stimuli der Muskelhypertrophie unterscheiden sich sehr in ihrer
Wirkungsweise. Der wichtigste Stimulus ist die mechanische Spannung.
Weniger direkt wirken metabolischer Stress und Muskelschäden (s. S. 18).
MECHANISCHE
SPANNUNG
Um eine Muskelhypertrophie zu erreichen,
ist ein mechanischer Stimulus (eine Bean-
spruchung) nötig. Diesen Stimulus bezeich-
net man als mechanische bzw. muskuläre
Spannung: Wenn Sie Ihre Muskeln gegen
einen Widerstand kontrahieren, erzeugen
Sie über die auf Ihre Muskeln einwirkende
Kraft mechanische Spannung. Sobald die
Mechanorezeptoren im Muskel eine solche
Spannung erkennen, wird eine Kaskade
chemischer Reaktionen in Gang gesetzt, die
zum Muskelwachstum führt.
Der Aufbau von Spannung in Muskeln
Wenn Muskeln aktiv kontrahiert werden (s. S. 14–15), erzeugen sie mechanische
bzw. muskuläre Spannung, wobei die Muskellänge sich verkürzen, verlängern
oder gleich bleiben kann. Der Grad der Spannung hängt davon ab, wie sehr
sich die Myofilamente Aktin und Myosin innerhalb eines Sarkomers ineinander-
schieben (s. S. 17).
Muskel im
Ruhezustand
Ruhe-
spannung
keine Längen-
änderung
Spannung
nimmt zu
Muskel
verkürzt
sich
Spannung
nimmt
ab
Spannung
nimmt zu
Muskel
verlängert
sich
TRAININGSBELASTUNG
KÖRPERANTWORT
ÄNDERUNGEN DER ZELLCHEMIE
ERHÖHTE PROTEINSYNTHESE
MUSKELWACHSTUM/
TRAININGSADAPTATION
MIT ARBEIT ZUM WACHSTUM
Der physikalische Reiz, der bei der
Arbeit gegen einen Widerstand auf
die mechanische Spannung wirkt,
stößt eine Reihe von chemischen
und biologischen Reaktionen an,
die größere, stärkere Muskeln zur
Folge haben.
ENTSPANNT
ISOMETRISCH
KONZENTRISCH
EXZENTRISCH
20
Endomysium
M-Linie
Z-Scheibe
Costamer
Kräfte setzen sich im
Muskel in Längs- und
Querrichtung fort
Kraftübertragung
in Längs- und
Querrichtung
MUSKELKRAFT
Sarkolemm gebo-
gen durch seitlich
wirkende Kräfte
Sarkolemm
Durch die Muskelkontrak-
tion generierte Längs- und
Querkräfte werden auf
Knochen und Sehnen über-
tragen, um Bewegung zu
erzeugen.
Verkürzung
des Sarkomers
erzeugt Kraft.
Kräfte unter dem Mikroskop
Beim Krafttraining werden Kräfte in Längsrich-
tung von einem Sarkomer zum nächsten ent-
lang der Muskelfaser übertragen. Die laterale
Kraftübertragung erfolgt über die Costamere,
die Muskelfaser und Sarkolemm verbinden,
sowie über das Endomysium (Bindegewebe-
schicht, die den Muskel umhüllt).
Rückmeldung ans Gehirn
Muskel
Myotendinöse
Verbindung
Sehne
Kno-
chen
Über Rezeptoren erhält das Gehirn
Informationen über die Körperhaltung
und die Positionierung seiner Teile:
Muskelspindeln (in Skelettmuskeln)
sind Mechanorezeptoren, die Belas-
tungsumfang und ­dauer wahrneh-
men, indem sie Muskellängenverän-
derungen messen. Propriorezeptoren
(in Gelenken, Muskeln und Sehnen)
reagieren auf Spannung und Druck.
Sensorische Ner-
ven leiten Informa-
tionen aus den
Muskelspindeln
zum Gehirn.
Die myotendinöse Verbindung
Muskeln sind über Sehnen mit den Knochen
verbunden. Die Stelle, an der Muskeln und
Sehnen sich treffen, nennt man myotendi-
nöse Verbindung. Hier treten häufig Ver-
letzungen auf (s. S. 178).
21
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN Wie Training das Muskelwachstum fördert
METABOLISCHER STRESS
Der zweite, weniger stark hypertrophieauslösende Mechanis-
mus beruht auf einer trainingsinduzierten Ansammlung von
Metaboliten, also von Zwischenprodukten des Zellstoffwechsels
in der Zelle. Dazu gehören Laktat (s. S. 29), anorganisches
Phosphat und Wasserstoff. Hypoxie (niedriger Blutsauerstoff)
begünstigt zudem die Freisetzung von Hormonen und Zyto-
kinen (Signalproteinen) während der Kontraktion. Die wich-
tigste Theorie dazu besagt, dass muskuläre Ermüdung und die
Anhäufung von Metaboliten die Spannung in den schnellen
Muskelfasern erhöhen, was deren Wachstum anregt. Ein weite-
rer Nebeneffekt von metabolischen Stress ist das Anschwellen
von Muskelzellen (»Pump-Effekt«). Die Druckerhöhung inner-
halb des Muskels führt dazu, dass mehr Spannung erzeugt
wird, was das Gesamtniveau der mechanischen Spannung
während der Kontraktion erhöht.
SCHER STRESS
METABOLI-
Rekrutierung von
Muskelfasern
Vermehrte
Anschwellen von
Muskelzellen
Vermehrtes
Erhöhte Frei-
setzung von
Hormonen
Änderungen der
Stoffkonzentra-
tionen während
der Muskel-
kontraktion
Produktion zell-
schädigender
freier Radikale
MUSKELSCHÄDEN
Bei trainingsinduzierten Muskelschäden
als Stimulus für Muskelwachstum ist der
Übergang zwischen geringfügigen Schä-
den, die potenziell förderlich für das
Muskelwachstum sind, und ernsthaften
Gewebeschäden mit negativen Folgen für
den gesamten Körper fließend.
Mehr bringt nicht mehr
HYPERTROPHIE
MUSKEL-
Muskeln werden
durch die vielfälti-
gen Auswirkungen
von metabolischem
Stress größer.
Es ist ein verbreiteter Irrtum, dass sich durch
mehr trainingsinduzierte Muskelschäden
(und -schmerzen) mehr bewirken ließe. Zwar
ist Muskelkater ein Anzeichen dafür, dass Sie
mechanische Spannung in der Zielmuskulatur
erzeugt haben, jedoch beschränken Sie durch
umfassende Muskelschädigung Ihre Möglich-
keiten, sich im Lauf der Zeit zu verbessern.
Früher hielt man Muskelschäden wegen ihrer
Effekte beim Aufbau von neuem Muskelgewebe
für grundsätzlich positiv. Heute weiß man, dass
die höhere Muskelproteinsyntheserate vor
allem hilft, den Muskel nach der Schädigung
durch ein intensives Training wiederaufzubauen
und zu reparieren, aber keine neuen kontrakti-
len Proteine hinzufügt.
22
HÜFTHEBEN MIT BALL
Im Rahmen jeder Übung kontrahieren
mehrere verschiedene Muskeln isomet-
risch, konzentrisch und exzentrisch. Die
Kontrolle exzentrischer Kontraktionen ist
wesentlich, um die mechanische Schädi-
gung von Muskelzellen zu minimieren.
Isometrische
Kontraktionen
Muskeln, die Spannung
erzeugen, ohne ihre Länge
zu verändern (wie hier
die Bauchmuskeln), sind
orange gefärbt.
Exzentrische Kontraktionen
Muskeln, die Spannung erzeugen
und dabei länger werden (wie hier
die ischiocrurale und die Waden-
muskulatur) sind lila gefärbt.
Konzentrische
Kontraktionen
Muskeln, die Spannung
erzeugen und sich dabei
verkürzen (wie hier die
Gesäßmuskeln) sind rot
gefärbt.
Schäden durch exzentrische
Kontraktionen
Regeneration – Schlüssel zum Muskelwachstum
Muskelschäden gehen meist auf hohe Trainings-
volumen (s. S. 198) und ausgeprägte exzentrische
Kontraktionen zurück, die beim Muskel mehr
Schaden anrichten als konzentrische oder iso-
metrische Kontraktionen. Diese Schädigung ist auf
die mechanische Beeinträchtigung der Aktin-
Myosin­Bindungen zurückzuführen, nicht auf die
ATP­abhängige Ablösung (s. S. 17). Bei intensiven
exzentrischen Kontraktionen werden die Sarkomere
so sehr gedehnt, dass entlang der Muskelfaser
eines nach dem anderen reißt. Die Filamente
fügen sich wieder zusammen, aber es kommt zu
Muskelschmerzen.
Z-Scheibe
Myosin-
bindung
an Aktin
zerstört
Aktin- und
Myosinfilamente
können sich nicht
mehr verbinden.
Auf die kurze Phase der Muskelschädigung im Rahmen eines intensiven
Work­outs folgt eine längere Erholungsphase. Sie ist der Schlüssel für
den Wiederaufbau geschädigter Muskelfasern. Wenn Sie Ihren Muskeln
zwischen den Trainingseinheiten keine Zeit zur Regeneration geben,
lassen Sie die Möglichkeit zum Wiederaufbau von Muskelgewebe unge-
nutzt. Das wirkt sich nachteilig auf Ihre Ergebnisse aus (s. a. S. 177).
Adaptation – Aufbau
zusätzlicher Muskelmasse
Work-out
Work-out
Work-out
Muskelabbau durch
den Trainingsreiz
ZEIT
LEGENDE
Muskelabbau
GERISSENES SARKOMER
Sarkomer
Wiederaufbau
von Muskeln
23
Aufbau
zusätzlicher
Muskelmasse
Muskelwieder-
aufbau in der
Regenerationsphase
MUSKELGRÖSSE
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN
WIE TRAINING DIE KNOCHEN-
FESTIGKEIT FÖRDERT
Knochen haben einen komplexen Aufbau. Trotz ihrer vielfältigen Aufgaben im menschli-
chen Körper werden sie häufig wenig beachtet. Sie bilden das funktionelle Gerüst für jede Art
von Bewegung (s. S. 26–27), und es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Knochen-
gesundheit, Verletzungsinzidenz und Lebensqualität.
KNOCHENAUFBAU
Unter Beanspruchung und mechanischer Belas-
tung wachsen Knochen und werden stärker. Bei
Inaktivität und mangelnder Beanspruchung wird
Knochengewebe abgebaut, die Knochen werden
schwächer und ihre Dichte nimmt ab. Dafür
verantwortlich sind Osteoblasten und Osteoklas-
ten (Zellen zum Auf- und Abbau). Der Einfluss
der Schwerkraft auf den Körper und die bei der
Muskelkontraktion über das Bindegewebe auf
den Knochen wirkenden Lateralkräfte erhalten
die Knochenstruktur aufrecht.
Osteon
Stabförmiger
Periost
(außer in Gelenken)
Knochenmark
Gewebe im Knochen-
inneren, das
Blutzellen bildet
(Knochenhaut)
Faserige Membran
um die Außenflächen
der Knochen
Blutgefäße
Dichtes Netz aus
Arterien und
Venen, versorgt das
Knochengewebe
Spongiosa
Entlang der
Belastungslinien
angeordnetes Gitter
aus Knochenbälk-
chen (Trabekeln)
Grundbaustein der
Kortikalis
Femur
Oberschenkel-
knochen
Kortikalis
Kompakte Gewebe-
schicht aus Osteonen,
verleiht Knochen ihre
Festigkeit
BLICK INS KNOCHENINNERE
Epiphysis ossis
Kopfende des
Knochens, das die
Gelenkfläche bildet
Knochen sind lebendiges Gewebe aus spezialisier-
ten Zellen und Proteinfasern. Um eine schwamm-
artige innere Struktur (Spongiosa) liegt eine
Schicht hartes Gewebe (Kortikalis). Das verleiht
ihnen enorme Festigkeit bei geringem Gewicht.
24
Querschnitt durch einen Röhrenknochen
Röhrenknochen wie der Femur bestehen aus einem
Kern aus Knochenmark, einem dichten Netz von Blut-
gefäßen zur Versorgung mit Nährstoffen und zwei Arten
von Knochengewebe – außen kompakt und
innen schwammartig.
Knochen und Muskeln
ein Leben lang stärken
Regelmäßiges Krafttraining redu-
ziert nachweislich das Risiko von
Osteoporose (Knochenschwund)
und Sarkopenie (Verlust von Mus-
kelmasse). Diese beiden Krank-
heiten bilden oft eine unheilige
Allianz und tragen zur Anfälligkeit
älterer Menschen für Stürze und
Frakturen bei.
EFFEKTE VON KRAFTTRAINING
Regelmäßiges Krafttraining wirkt
sich sowohl auf die Knochen-
dichte (Bone Mineral Density/
BMD) als auch auf den Mineral-
gehalt positiv aus und senkt
dadurch das Osteoporoserisiko.
Krafttraining kann
abnehmende BMD
erhöhen.
Muskelmasse
nimmt im
Alter ab.
LEGENDE
Knochen-
Aufbauphase
BMD-
Maximum
Altersbeding-
ter Knochen-
abbau
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
ALTER (IN JAHREN)
Muskelmasse
KNOCHEN-
UMBAU
BELASTUNG
Unser Skelett befindet sich stets
im Umbau: Osteoklasten bauen
altes Knochengewebe ab, Osteo-
blasten bauen neues auf. Bei
Belastung – etwa durch das Kör-
pergewicht – unterliegt dieser
zyklische Prozess unterschied-
lichen Einflussfaktoren, je nach-
dem, ob Zug- oder Druckkräfte
dominieren. Wenn, wie beim Sit-
zen, von außen keine Belastung
auf das Skelett wirkt, überwiegt
die Aktivität der Osteoklasten.
Deshalb ist der sitzende Lebens-
stil schlecht für die Knochen.
Zug regt die
Osteoklasten
dazu an, Kno-
chensubstanz zu
resorbieren.
Druck regt die
Osteoblasten dazu
an, den Knochen
zu mineralisieren.
FLIESSENDER WANDEL
Das Zusammenspiel von Osteoklas-
ten und Osteoblasten in Reaktion
auf externe Belastung erhöht die
Knochendichte.
25
MUSKELMASSE
KNOCHENDICHTE (BMD)
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN
BEWEGUNGS-
MECHANIK
Die vorrangige mechanische Aufgabe des Skeletts ist es,
als Hebel für die Muskelarbeit zu dienen. Beim Krafttraining
machen wir uns die entgegengesetzten Kräfte von Muskeln
und externem Widerstand zunutze, um durch Anstrengung
sowohl den Körper als auch die Last zu bewegen.
WIE MUSKELN
DEN KÖRPER
BEWEGEN
Im Grunde genommen ist der
Körper eine Anordnung von
Hebeln. Jedes dieser Hebelsys-
teme besteht aus einem Hebel-
arm (Knochen), einer Achse
(Gelenke), einer Kraft zum
Bewegen der Last (von den Mus-
keln bereitgestellt, die Zug auf
die Knochen ausüben) und dem
Widerstand, den Körpergewicht
und/oder externe Last ausüben.
Hebel sind nützlich, um die Wir-
kung einer eher geringen Kraft zu
erhöhen – dieser Effekt wird als
»mechanischer Vorteil« bezeich-
net. Durch Hebelwirkung lassen
sich über kurze Distanzen Kräfte
zur Beschleunigung generieren.
Die Hebelwirkung hängt davon
ab, an welcher Stelle des Hebel-
arms die muskuläre Kraft und
der Widerstand im Verhältnis
zum Gelenk gesehen wirken. Im
menschlichen Körper unterschei-
den wir Hebel erster, zweiter und
dritter Klasse.
26
Achse
(oder Dreh-
punkt)
Ellbogengelenk
Achse
(oder Drehpunkt)
Zehengelenke (bei
einfacher Variante:
Knie)
LIEGESTÜTZ
(s. S. 95)
Muskelkraft
Hinter dem Ellbogen-
gelenk im Trizeps
generiert
Widerstand/
Last
Hebelarm
Achse
(oder Drehpunkt)
Muskelkraft
Widerstand/Last
Gewicht der Kurz-
hantel wirkt vor dem
Ellbogengelenk.
STIRNDRÜCKEN
(s. S. 146–147)
KURZHANTEL-
HEBEL ERSTER KLASSE
Bei diesem Hebelsystem, das im menschlichen Körper
nur selten vorkommt, wirken Muskelkraft und Wider-
stand an gegenüberliegenden Seiten des Gelenks. Ein
weiteres Beispiel für einen Hebel erster Klasse neben
der hier abgebildeten Trizepsstreckung ist das Kopf-
nicken mit Drehpunkt im Atlantookzipitalgelenk.
Widerstand/Last
Muskelkraft
Widerstand/
Last
Hebelarm
HEBEL ZWEITER KLASSE
Bei dieser Hebelklasse wirken Muskelkraft
und Widerstand auf derselben Seite des
Gelenks, wobei die Muskelkraft weiter vom
Drehpunkt entfernt ansetzt. Ein weiteres
Beispiel für einen Hebel zweiter Klasse
neben dem hier abgebildeten Liegestütz ist
das Wadenheben im Stehen (s. S. 82–83).
Achse (oder
Drehpunkt)
Muskelkraft
Über die Hände aus
Brust-, Schultermus-
kulatur und Trizeps
übertragen
Körpergewicht
Muskelkraft
Bei fixiertem Knie von
ischiocruraler Musku-
latur generiert
BEINBEUGEN
(s. S. 68–69)
Widerstand/Last
Gewicht in der
Maschine wirkt
am Fuß oder
Sprunggelenk.
Achse
(oder Drehpunkt)
Knie
Muskelkraft
Widerstand/
Last
Achse (oder Drehpunkt)
Hebelarm
HEBEL DRITTER KLASSE
Hier wirken Muskelkraft und Widerstand auf
derselben Seite des Gelenks, wobei die Mus-
kelkraft näher am Drehpunkt ansetzt. Diese
Hebelklasse kommt im menschlichen Körper
am häufigsten vor. Ein weiteres Beispiel neben
dem hier abgebildeten Bein­Curl ist der
Bizeps­Curl (s. S. 142–143).
27
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN
ENERGIE FÜR
MUSKELARBEIT
Ihr Körper arbeitet wie eine Maschine mit sehr
präzisen Einstellmöglichkeiten. Mit drei verschie-
denen Systemen zur Energieerzeugung reagiert er
auf schnelle, explosive Bewegungen wie Langhantel-
Kniebeugen ebenso flexibel wie auf Ausdaueraktivi-
täten, etwa einen Marathonlauf.
ENERGIEUMWANDLUNG
Der Energiefluss in einem biologischen System
(Bioenergetik) beruht in erster Linie auf der
Umwandlung von chemischer Energie aus gespei-
chertem Glykogen und Makronährstoffen wie Fett,
Eiweiß und Kohlenhydraten (s. S. 30–31) in biolo-
gisch verwertbare Formen von Energie. Adenosin-
triphosphat (ATP) ist das wichtigste Molekül für
die Speicherung und den Transport von Energie
in Zellen des menschlichen Körpers.
ATP – Energiewährung der Zelle
Wie für fast alle Zellprozesse wird auch für die Energie-
versorgung bei muskulären Aktivitäten ATP benötigt.
ATP ist ein Nukleotid, das aus einer Adenin-Base, dem
Zucker Ribose und drei Phosphatgruppen besteht.
Letztere sind durch sehr energiereiche Bindungen
angelagert. Durch Abspaltung einer dieser Phos-
phatgruppen wird Energie freigesetzt, und aus dem
ATP- wird ein weniger energiereiches ADP-Molekül
(Adenosin diphosphat). Im ADP-ATP-Zyklus wechseln
die Moleküle permanent zwischen diesen beiden For-
men und stellen auf diese Weise einen kontinuierlichen
Energiestrom bereit, der alle biologischen Reaktionen
im Körper speist.
Aerobe Energiebereitstellung
Unser aerobes System stellt vorrangig Energie für
länger andauernde Aktivitäten mit niedriger Intensi-
tät bereit, z. B. bei Langstreckenläufen. Zwischen
Trainingseinheiten mit moderater und hoher Inten-
sität trägt es zur Regeneration der Energie reserven
bei, z. B. während der Pause in einer Krafttrai-
ningseinheit. Adaptationen des aeroben Systems
wirken sich positiv auf das Krafttraining aus: Die
Mitochondrien (energieproduzierende Einheiten
in Zellen) in den Muskeln werden zahlreicher, die
Myoglobinwerte (Protein, das Sauerstoff aus dem
Blut aufnehmen kann) steigen, und die Blutkapillar-
dichte nimmt zu. Infolgedessen verbessert sich der
Sauerstoffaustausch in den Muskeln.
Phosphagen
Unmittelbare Energiequelle
100
Glykolyse
Kurzfristige
Energie
50
Aerob
Langfristige
Energie
0
10 30
120
ÜBUNGSDAUER (SEKUNDEN)
WIE DER KÖRPER
300
ENERGIE ERZEUGT
Die Energieerzeugung in unserem Körper
lässt sich in anaerobe (ohne Zuhilfenahme
von Sauerstoff) und aerobe (mit Sauerstoff)
Prozesse untergliedern. Der anaerobe Ener-
giestoffwechsel umfasst das Phosphagen-
system und die Glykolyse, der aerobe das
oxidative System. Es ist wichtig zu wissen,
dass immer alle drei Systeme aktiv sind.
Welches dominiert und in einem größeren
Umfang genutzt wird, hängt von Intensität
und Dauer einer Aktivität ab.
28
KAPAZITÄT DER SYSTEME (%)
100
20
40
60
80
0
KNIEBEUGE
1 RM
KNIEBEUGE
3 RM
100-M-
SPRINT
AKTIVITÄT
1500-M-
LAUF
MARATHON
LEGENDE
ATP–PCr
Glykolyse
Aerober Stoff-
wechsel
RM Wh.-Maximum
ENERGIE FÜR AKTIVITÄT
Der Beitrag der drei Systeme variiert:
Beim Krafttraining selbst liefert das ATP-
PCr­System die Energie, aber zwischen
den Sätzen helfen die anderen Systeme,
die ATP­Speicher aufzufüllen.
Anaerobe Energiebereitstellung:
Glykolyse
Das glykolische System springt bei Aktivitäten mit
moderater Dauer, aber hoher Intensität an, etwa bei
höhervolumigem Krafttraining oder Sprintausdauer-
training. Bei hochintensivem Training verwertet die
Glykolyse Glukose aus dem Blut und erzeugt beim
Bemühen, den Energiebedarf der Muskeln (ATP) zu
decken, Laktat. Bei erhöhter Laktatansammlung im
Blutkreislauf kommt es zur Laktatazidose mit Sympto-
men wie Muskelschmerzen und -brennen, Ermüdung,
schneller Atmung, Bauchschmerzen und Übelkeit.
Dieser Zustand ist vorübergehend und reversibel;
Laktat kann in Pyruvat umgewandelt und anderweitig
für die Energiegewinnung genutzt werden. Adapta-
tionen der Energiegewinnung durch Glykolyse sind
möglich durch höhere Spiegel der beteiligten Enzyme,
effektivere ATP- Produktion beim Training und mehr
Glykogenspeicherung im Muskel.
Anaerobe Energiebereit-
stellung: Phosphagen
Diesen Vorgang der anaeroben Energiebe-
reitstellung nennt man Phosphagen- oder
ATP-PCr-System, weil er auf der Nutzung
und Neubildung von Kreatinphosphat (PCr)
beruht. Er wirkt vor allem bei kurzen, inten-
siven Aktivitäten wie hochintensivem Kraft-
training (1–3 Wh.) und Sprints (100-m-Lauf).
Dieses System ist zu Beginn jeder Aktivität
hochaktiv, unabhängig von der Intensität.
Durch Krafttraining sind Adaptationen
möglich. Eine signifikante Verbesserung
der intramuskulären Speicherung lässt sich
durch die Gabe von Kreatin-Monohydrat
erzielen (s. S. 36).
GLYKOGEN
ENERGIEGEWINNUNG
DURCH GLYKOLYSE
GLUKOSE
10 SCHRITTE
PYRUVAT
2–3 ATP-
MOLEKÜLE
LAKTAT
KREATINPHOSPHAT
(PCR)
ADP
Phospatzugabe zur
Bildung von PCr
Abgabe Phosphat
aus PCr an ADP
Abspaltung eines
Phosphatrests bei
Muskelkontraktion
KREATIN
1 ATP-
MOLEKÜL
ENERGIEGEWINNUNG IM PHOSPHAGEN-SYSTEM
29
BEITRAG ZUR ATP-PRODUKTION (%)
PHYSIOLOGIE DES MENSCHEN
BRENNSTOFF FÜR
DAS KRAFTTRAINING
Der Begriff »Makronährstoffe« ist
Ihnen vielleicht nicht geläufig, aber
die drei Vertreter – Kohlenhydrate, Fette
und Proteine – kennen Sie bestimmt.
Sie liefern die Energie für chemische
Reaktionen im Körper, wie sie u. a. bei
der Muskelarbeit gegen einen Wider-
stand ablaufen. Vitamine und Mineral-
stoffe, die für die unterschiedlichsten
Prozesse im Körper essenziell sind,
werden Mikronährstoffe genannt.
MAKRONÄHRSTOFFE
Jeder der drei Makronährstoffe besteht
aus Bausteinen, die zusammengefügt und
aufgespalten werden können, um Energie-
gewinnung zu ermöglichen – ein als Bio-
energetik bekannter Vorgang (s. S. 28–29).
Kohlenhydrate kommen als Glukose vor,
werden aber in den Muskeln und der Leber
in Form von Glykogen gespeichert. Proteine
bestehen aus Aminosäuren. Fette treten als
Triglyceride und freie Fettsäuren auf.
KRAFTQUELLE
MAKRONÄHRSTOFFE
Unabhängig davon, ob der
»Kraftstoff« in Form von Koh-
lenhydraten, Proteinen oder
Fetten zugeführt wird, spaltet
der Körper ihn auf und gibt
Bausteine an die Muskeln und
ins Blut ab. Aus diesen gewin-
nen die Muskelzellen Energie:
ATP (s. S. 28–29). Neben Spei-
cherdepots für Glykogen und
Triglyceride verfügen Muskeln
auch über solche für ATP und
Aminosäuren.
30
GLUKOSE