Krähes wilder Piratensommer - Frida Nilsson - E-Book

Krähes wilder Piratensommer E-Book

Frida Nilsson

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Beschreibung

Es sind Sommerferien, aber ohne ihren besten Freund Krähe langweilt sich Ebba fast zu Tode. Krähe ist vor einem Jahr nach Norwegen gezogen und Ebba fürchtet, ihr allerbester Freund könnte sie vergessen haben … Als Krähe sich doch noch meldet, kann Ebba ihr Glück kaum fassen! Krähe steht mit seinem nigelnagelneuen Lastenfahrrad am Bahnhof und hat einen verrückten Plan: Fahrradurlaub mit Ebba an der finnischen Riviera, dort, wo es noch richtige Piraten geben soll … Ein Sommer voller Abenteuer beginnt!

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Frida Nilsson

KRÄHES WILDERPIRATENSOMMER

Mit Bildern von Anke Kuhl

Aus dem Schwedischenvon Friederike Buchinger

Inhalt

Hallo Krähe

Todschickes Dreirad

Hurra, hurra!

Klaulaune

Beutezug

Die Miesmuschel

Die Todesklippe

Die Flucht aus der Miesmuschel

Das Verschwinden

Das Votivschiff

Die äußerste Insel

Angst und Leiden

Die Einsamkeit

Zurück in der Miesmuschel

Die Flügel der Freiheit

Krähes unbezahlte Schulden

Der Sommer beginnt

Hallo Krähe

Hallo Krähe,

ich denke oft an dich. Ich habe dir in letzter Zeit ja ziemlich viel geschrieben und manchmal mache ich mir Sorgen, weil du mir nicht antwortest. Aber bestimmt habt ihr einfach nur kein Briefpapier mehr im Haus. Hier sind jetzt Sommerferien. Ich kann machen, was ich will: faulenzen, schwimmen, mit der Spielekonsole spielen, Filme schauen. Du glaubst gar nicht, wie viel Spaß ich habe. Die Tage fliegen nur so vorbei, und ehe man sich’s versieht, ist bestimmt schon wieder Herbst. Erinnerst du dich an die Eisdiele oben in der Drottninggata? Mama gibt mir jeden Tag Geld, damit ich mir dort ein Eis kaufen kann. Ich nehme fast immer Birne-Schokolade-Blaubeer. Du würdest bestimmt Himbeer-Himbeer-Himbeer nehmen, so wie früher, oder? Aber da wo du wohnst, gibt es vielleicht gar kein Himbeereis? Jedenfalls wäre es super, wenn du mir bald schreiben würdest, nur damit ich weiß, dass du mich nicht vergessen hast. Ich schaue jeden Tag in den Briefkasten. Zur Sicherheit sieben Mal.

Große Umarmung!

Deine Freundin Ebba

Sommer. Sommer ist die beste Jahreszeit von allen. Das Leben ist herrlich und es gibt keinen Kummer auf der Welt. Nicht einmal Fleischwurst kann einem die Laune verderben und sogar blaue Flecken sind irgendwie schön. So ist das mit dem Sommer. Es geht einem gut.

Nur mir nicht. Denn ich lag wie eine blasse Fleischwurst auf dem Sofa und seufzte. Draußen vor dem Fenster war strahlender Sonnenschein. Alle paar Sekunden lief Mama an mir vorbei.

»Willst du nicht wenigstens ein biiisschen an die Luft?«, fragte sie. »Man bekommt Vitaminmangel, wenn man den ganzen Sommer drinnen hockt. Davon können einem die Zähne ausfallen!«

Ich schüttelte den Kopf.

»Du liegst jetzt schon seit einer ganzen Woche nur faul hier herum!«, sagte Mama. »Geh dir wenigstens ein Eis kaufen!«

Ich schüttelte wieder den Kopf.

Mama schwieg einen Moment.

»Hast du immer noch keine Antwort von Krähe?«, fragte sie schließlich.

Ich schluckte den steinharten Kloß in meinem Hals herunter.

»Nee«, sagte ich.

Mama biss sich auf den Finger und überlegte, was sie mir Tröstendes sagen könnte. Als ihr nichts einfiel, schlich sie sich leise davon.

Mein bester Freund Krähe war vor einem Jahr in seine alte Heimat Norwegen gezogen. Er fehlte mir. Er fehlte mir so sehr, dass mir vor Sehnsucht der Bauch wehtat.

Wir hatten die Ferien immer zusammen verbracht und uns lustige Sachen einfallen lassen: heimlich baden gehen, durch die Stadt bummeln, bei ihm auf dem Dachboden Mau-Mau spielen und all so etwas. Ohne Krähe fühlte es sich überhaupt nicht richtig nach Sommer an.

Papa kam vorbei.

»Was wünschst du dir denn heute zum Abendessen?«, fragte er gut gelaunt.

»Nichts«, sagte ich.

»Du darfst dir aussuchen, was du willst!«, sagte Papa. »Wie wäre es mit Zitronensuppe?«

»Nein, danke«, sagte ich, obwohl Zitronensuppe mein Lieblingsessen ist. Ich hatte auf überhaupt nichts Lust.

Papa blieb einen Moment stehen.

»Hat Krähe immer noch nicht geschrieben?«, fragte er.

Da brachte ich es nicht fertig, ihm eine Antwort zu geben. Ich presste mir nur das Kissen vors Gesicht, bis er endlich wieder gegangen war. Mein Leben fühlte sich an wie ein großes, schwarzes Loch.

Papa entschied sich für Fleischwurst zum Abendessen.

»Haut rein!«, sagte er, als er die Platte auf den Tisch stellte.

Für alle, die schwedische Fleischwurst nicht kennen: Das ist so ein schwabbeliges, graulila Ding mit kleinen schwarzen Pünktchen drin. Genauer gesagt, Pfefferpünktchen. Wenn man auf so eins draufbeißt, fühlt es sich an, als würde es einem die ganze Zunge wegätzen.

Ich nahm so wenig wie möglich und dann saß ich da und spülte die Bissen mit literweise Milch herunter. Papa dagegen fand die Fleischwurst wunderbar. Er kaute und schmatzte, dass ihm die Wurstbrühe nur so das Kinn hinunterrann. Er verdrückte einen ganzen Berg und dann war er so satt, dass er plötzlich gar nicht mehr glücklich aussah. Da musste ich an die eine Nacht im letzten Sommer denken, als Krähe und ich uns in ein Restaurant geschlichen und heimlich Hamburger gebraten hatten. Krähe hatte so viel gegessen, dass ihm danach ganz schlecht gewesen war und er nachts Albträume von Pommes gehabt hatte.

Ohne dass ich es selbst bemerkte, liefen mir Tränen die Wangen hinunter. Was, wenn diese Pommes die letzten gewesen waren, die Krähe und ich je zusammen essen sollten? Was, wenn wir nie wieder nebeneinander im Schneidersitz Neunzig-Gramm-Burger mit Käse und Gurken in uns hineinstopfen würden? Warum schrieb er mir denn nie zurück? Hatte er mich womöglich wirklich vergessen?

Ich sprang vom Stuhl auf und rannte aus der Küche.

»Aber Herzchen, was ist denn los?«, rief Mama.

»Also, ich dachte wirklich, sie würde Fleischwurst mögen«, hörte ich Papa noch sagen, bevor ich meine Zimmertür hinter mir zuknallte und mich auf mein Bett warf. Das Kissen wurde nass von all den Tränen.

Ich blieb den ganzen langen Abend dort liegen. Wie ein kleines Wichtelmännchen geisterte Mama vor meinem Zimmer herum und zwischendurch machte sie einmal die Tür auf und sagte:

»Du wirst sehen, er schreibt bestimmt bald. Vielleicht kommt sogar schon morgen ein Brief von ihm!«

»Ja«, sagte ich, obwohl ich nicht daran glaubte.

Um zehn Uhr fing ein Spielfilm im Fernsehen an, den Papa sehen wollte. Er machte sich eine Tüte Chips auf, obwohl es erst Donnerstag war. Ungefähr in der Mitte des Films klingelte plötzlich das Telefon. Unser Telefon stand auf dem Tisch im Flur, es war so ein graues mit verdrehter Schnur. Mama lag in der Badewanne.

»Geh ran!«, rief sie.

»Ich schaue einen Film!«, rief Papa zurück. »Welcher Idiot ruft denn um diese Uhrzeit noch an?«

»Um das zu erfahren, musst du schon ans Telefon gehen!«, rief Mama. »Ich bade gerade!«

»Du bist näher dran!«

»Jetzt reicht’s aber!«

»Nee, also ich stehe bestimmt nicht auf«, knurrte Papa. »Nicht so spät am Abend.«

Es klingelte und klingelte. Achtmal, neunmal, zehnmal. Ich lag in meinem Bett und lauschte. Elf, zwölf, dreizehn …

»Geh endlich ran!«, schrie Mama.

»Nein«, sagte Papa entschieden und drehte den Fernseher lauter.

Vierzehn, fünfzehn, sechzehn … Ich setzte mich auf. Mein Herz hatte angefangen, schneller zu schlagen, fast so, als wollte es mir etwas sagen. Was, wenn …

»ICH GEH SCHON!«, rief ich und sprang aus dem Bett. Ich rannte durch das große Zimmer, der Windzug wehte Papas Chipstüte auf den Boden.

»Immer mit der Ruhe«, sagte er.

Im Flur stand das Telefon und zitterte schon ganz erschöpft vom vielen Klingeln. Ich riss den Hörer hoch.

»Hallo? Hier ist Ebba!«

»Wieso hat das so lang gedauert?«, beschwerte sich Krähe am anderen Ende. »Was hast du gemacht?«

Ich schluckte. Ein warmes Gefühl durchströmte meinen ganzen Körper. Er war es wirklich! Ich hatte wirklich Krähes Stimme im Ohr, es war fast wie ein Traum!

»Ach, ich hab nur ferngesehen«, schwindelte ich. »Einen Film, von dem ich mich nicht losreißen konnte.« Ich räusperte mich. »Wie geht es dir denn? Hast du den Sommer schon eingeläutet?«

»Hab keine Zeit, zu reden!«, antwortete Krähe. »Ich stehe in einer Telefonzelle und das Geld ist gleich aufgebraucht!«

»Oh«, sagte ich. Ich fühlte mich plötzlich, als würde ich mit Beton ausgegossen. »Okay. Aber es war schön, dass du dich mal wieder gemeldet hast.«

»Mm, ja. Komm zum Bahnhof!«

»Was?«

»Komm zum Bahnhof und hol mich ab!«, brüllte Krähe. »Ich werde AUF KEINEN FALL so spät noch allein durch die Stadt ziehen! Ich sitze in der Wartehalle!«

Ich brauchte ein paar Sekunden, um ihn zu verstehen. Was er da gerade gesagt hatte, kreiste so wild in meinem Kopf herum, dass mir ganz schwindelig wurde.

»Du bist hier?«, flüsterte ich. »Hier in Örebro?«

»Jaa!«, sagte Krähe, als wäre ich ein bisschen schwer von Begriff. »Aber das Geld ist jeden Moment aufgeb…«

Tut-tut-tut machte das Telefon und dann war es still.

Todschickes Dreirad

Mein Herz schlug Purzelbäume in meiner Brust. Ich knallte den Hörer auf die Gabel.

»Jippieeee!«, schrie ich und dann ließ ich mich auf den Boden fallen, um meine Turnschuhe anzuziehen. Mama und Papa erschienen im Flur.

»Was ist denn los?«, fragte Papa.

»Ich muss kurz zum Bahnhof!«, sagte ich. »Krähe ist da!«

Mama runzelte die Stirn. Sie hatte sich noch nicht abgetrocknet und ein bisschen Seifenschaum auf der Haut.

»Willst du wirklich so spät noch aus dem Haus?«, fragte sie. »Kann Krähe nicht ein Taxi nehmen?«

»Nein! Außerdem hast du selbst gesagt, dass einem die Zähne ausfallen, wenn man zu viel drinnen herumsitzt!«, antwortete ich und riss die Tür auf. Dann rannte ich die Treppe nach unten, stürmte durch das Tor und weiter den Nygatsbacken hinauf. Oh, wie herrlich es sein würde, Krähe wiederzusehen!

Am Bahnhof war es ziemlich still. Ein Zug stand am Gleis 1 und zischte müde. Ein paar Bahnmitarbeiter waren damit beschäftigt, Pakete und Kisten aus einem Gepäckwagen auszuladen. Ich drückte die Tür zur Wartehalle auf. Erst dachte ich, es wäre niemand da. Ein paar Leuchtstoffröhren flackerten an der Decke. Der Bildschirm, der sonst die ankommenden Züge anzeigte, war pechschwarz. Die hölzernen Sitzbänke waren leer.

Aber als ich mich nach unten beugte und unter eine der Bänke schaute, also unter eine von denen, die man nur von hinten sehen konnte, da sah ich ein Paar kleine, staksige Füße über den Rand baumeln. Mit klopfendem Herz ging ich näher. Hoffentlich macht er keine große Sache daraus, dass er Ausländer ist, dachte ich. Hoffentlich ist er wie früher.

Krähe schlief. Er war ein bisschen auffälliger gestylt und trug jetzt eine alte Schirmmütze, aber er hatte die Tasche mit dem Schnörkelmuster auf dem Schoß und sein Kugelbauch war genauso kugelig, wie er sein sollte. Er muckerte so friedlich, und als ich so dastand und ihn betrachtete, lief ihm ein niedlicher kleiner Spuckefaden aus dem Schnabel. Da konnte ich mich vor lauter Glück nicht länger beherrschen. Ich riss ihn hoch und drückte ihn so fest an mich, wie ich nur konnte.

»Hiiilfe!«, krächzte Krähe verschlafen. »Ebba! Lass mich runter!«

»Oh, ich bin so froh, dass du hier bist!«, sagte ich.

»Hiiilfe!«

»Ich habe dich so, so sehr vermisst!«, sagte ich.

»Hiiilfe!«, ächzte er.

»Hast du mich auch so sehr vermisst?«, fragte ich und drückte ihm sanft einen Kuss auf den Schnabel.

»Natürlich«, kicherte Krähe. »Aber jetzt lass mich runter! Ich muss dir etwas zeigen!«

Da setzte ich ihn ab. Eilig rückte Krähe seine Schirmmütze zurecht und überprüfte sein Spiegelbild im Fenster. Dann hängte er sich seine Schnörkeltasche um.

»Jetzt komm schon!«, sagte er und marschierte zur Tür, die zu den Gleisen führte. »Du wirst deinen Augen nicht trauen!«

Wir gingen zu dem müden Zug, der an Gleis 1 stand. Die Bahnmitarbeiter waren fast fertig mit Entladen, auf einem Gabelstapler türmten sich die Pakete und Kisten.

»’tschuldigung«, sagte Krähe.

Die Männer nickten als Antwort.

»Also, ich hatte auch etwas in dem Waggon da«, sagte Krähe. »Etwas ganz Besonderes.« Er warf mir einen geheimnisvollen Blick zu und man sah ihm an, wie stolz er war.

»Aha«, sagte einer der Männer und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er hatte einen braunen Schnauzbart, der aussah, als hätte er eine große Scheuerbürste unter der Nase.

»Mm«, sagte Krähe. Dann gab er dem Mann ein Zeichen, sich zu ihm herunterzubeugen. Der Typ sah ein bisschen überrascht aus, aber er tat Krähe den Gefallen. Krähe kam mit dem Schnabel ganz nah an ihn heran und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Der Mann nickte und stieg in den Gepäckwagen.

»Gleich wirst du es sehen«, sagte Krähe zu mir. »Es ist ein Geschenk von Mama und Papa. Und es ist todschick.«

Im Waggon schepperte es. Krähe wurde unruhig.

»Sei bloß vorsichtig!«, rief er dem Mann zu. »Wenn es Kratzer bekommt, musst du mir das bezahlen!«

Kurz darauf kam der Mann herausgeklappert. Er schleppte ein großes, glänzendes Ding und stellte es auf dem Bahnsteig ab: ein Lastenrad. Ein nagelneues, rotes Lastenrad mit drei Rädern und einer Ladefläche vorn. Krähe hüpfte darauf zu und streichelte es mit den Flügeln.

»Ist das nicht schick?«, rief er. »Das schickste Rad der Welt!«

Ich nickte.

»Absolut, Krähe. Glückwunsch.«

Krähe sah mich prüfend an. Er hatte etwas im Blick. Etwas Aufgeregtes.

»Wie geht es denn deinem alten Fahrrad eigentlich?«, fragte er. »Fährt es noch?«

»Na klar«, sagte ich. »Das wird toll. Wir können den ganzen Sommer in der Stadt herumfahren und es uns einfach gut gehen lassen!«

Krähe lächelte.

»Nix da«, sagte er. »Ich habe nämlich ein paar Pläne gemacht. Aber nicht für hier.«

Er warf seine Tasche auf die Ladefläche, stieg auf und strampelte los. Ich bemerkte, dass Sattel und Lenker so tief eingestellt worden waren, wie es nur ging, aber offensichtlich war das immer noch nicht tief genug; Krähe blieb nichts anderes übrig, als im Stehen zu treten. Eigentlich, dachte ich, wäre es bestimmt besser gewesen, wenn seine Eltern ihm so ein Dreirad für Kleinkinder gekauft hätten. Aber das sagte ich natürlich nicht laut. Stattdessen sagte ich:

»Wir bleiben nicht hier in der Stadt?«

»Nö«, sagte Krähe.

»Was machen wir denn dann?«

Krähe tätschelte den glänzenden Fahrradlenker.

»Eine solche Schönheit muss raus und die Welt sehen«, sagte er. »Wir machen Fahrradurlaub. Auf Åland.«

Åland? Ich stutzte. Åland ist eine Insel mitten im sturmumtosten Meer zwischen Schweden und Finnland.

»Aber Krähe!«, rief ich und rannte hinter ihm her. »Was gibt es denn auf Åland?«

»Die Finnische Riviera!«, rief Krähe zur Antwort. »Und jetzt komm!«

Auf unserem Weg über den Järntorg und die Storbro und weiter die Drottninggata hoch erzählte Krähe begeistert von der Finnischen Riviera. Er hatte gehört, dass es das reinste Luxusparadies sein sollte. Dort gab es hohe Wellen, sanfte Felsen, strahlenden Sonnenschein, blutrünstige Piraten und Abenteuer, die nach Salzwasser schmeckten. Wie gemacht für zwei beste Freunde, die sich nach einem Traumsommer am Meer sehnten, fand er – und da konnte ich ihm nur zustimmen.

Als wir bei mir zu Hause in der Nygata ankamen, stellte Krähe sein Lastenrad im Treppenhaus ab. Dann rüttelte er siebenmal kräftig an der Haustür, um ganz sicherzugehen, dass sie auch wirklich ordentlich abgeschlossen war.

»Damit sich keiner mein Prachtstück unter den Nagel reißt«, sagte er und schaute sich misstrauisch um.

»Du«, sagte ich, »ich glaube, am besten erzählen wir Mama und Papa das mit Åland … auf einem Zettel. So wie immer, wenn wir weiter wegfahren. Man weiß ja nie.«

»Schlau«, fand Krähe und prüfte tastend, ob seine Schirmmütze noch gut saß. Er wollte meine Eltern mit dem modischen Ding beeindrucken. Dann stürmten wir die Treppe hoch und machten die Wohnungstür auf.

Mama stand im Bad und putzte sich die Zähne. Sie strahlte, als sie in den Flur kam.

»Hallo, kleiner Krähe«, sagte sie und versuchte, ihm über den Kopf zu streicheln. Krähe hüpfte zur Seite. Er mochte es nicht, von Erwachsenen gestreichelt zu werden.

»Ich habe die Gästematratze neben dein Bett gelegt«, sagte Mama zu mir. »Macht euch Brote, wenn ihr noch Hunger habt.«

Ich nickte und kurz darauf erschien Papa in nichts als einer Unterhose.

»Hi, Krähe«, begrüßte er Krähe. »Willkommen.«