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Die Offiziere salutieren schweigend und tun nach dem Befehl. Es ist ein heißer Tag geworden. Die Sonne ist höher und höher gestiegen und drückende Schwüle lagert jetzt über der Waldblöße. Die Stimmen der Vöglein sind verstummt, nur das Summen der Käfer und Fliegen unterbricht die tiefe Stille. Da taucht in dem Waldwege ein Reitertrupp auf, welcher einen geschlossenen Wagen eskortiert. Der Auditeur ist es mit einem Zug Dragoner; in dem Wagen befinden sich die beiden Unglücklichen; ein Priester begleitet sie auf ihrem letzten Wege. Jetzt steigen sie aus! — Zwei junge Burschen mit blauen Blusen, mit blassen, aber trotzigen Gesichtern. Der Priester spricht ihnen tröstend zu, sie achten kaum auf die frommen Worte, sie sehen kaum das Bild des Gekreuzigten, das der Priester mit zitternden Händen emporhebt, sie starren trotzig und düster in den sonnendurchschimmerten Wald. Der Auditeur verliest das Urteil des Kriegsgerichts. Ein Zittern fliegt jetzt durch die Gestalten der Unglücklichen, sie küssen das Bild des Gekreuzigten, zum letzten Mal blicken sie auf zur leuchtenden Sonne, dann legt sich die Binde über ihre Augen . . . da erschallt schon das gedämpfte Kommando des Lieutenants Berner. "Legt an — Feuer" -- Die Salve krachte ein Schrei — nieder stürzen die Verurteilten — zwei heiße Herzen haben aufgehört zu schlagen. — — — Der Priester kniet weinend neben den Leichen nieder und betet ein stilles "De Profundis". —
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Seitenzahl: 121
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Kriegserinnerungen
aus
1870/71
Soldatengeschichten
von
Otto Elster
_______
Erstmals erschienen im:
Verlag der Liebelschen Buchhandlung,
Berlin, 1894
__________
Vollständig überarbeitete Ausgabe.
Ungekürzte Fassung
© 2018 Klarwelt-Verlag
ISBN: 978-3-96559-139-4
www.klarweltverlag.de
Inhaltsverzeichnis
Titel
1. C’est la guerre!
2. Ein Patrouillenritt.
3. Zwischen den Schlachten!
4. Auf Vorposten.
5. Ein Adjutantenritt.
6. Der Befehl.
7. Ein Wiedersehen.
8. Der Mutter Weihnachts-Briefe.
9. Die letzten Schüsse im Kriege 1870/71.
10. Auf dem Felde der Ehre!
11. Im Manöver.
„Sie werden heute Abend zehn Uhr mit Ihrem Zuge nach La Maxe marschieren, Herr Lieutenant, dort den Ausgang nach Metz zu besetzen, die Einwohner, wenn nötig, aus dem Schlafe wecken, sie über unsere Vorpostenlinie zurück transportieren lassen und dann das Dorf in Brand stecken. Aber gründliche Arbeit bitte ich mir aus. Das Nest muss vom Erdboden verschwinden!“
„Zu Befehl, Herr Oberst-Lieutenant!“
Oberst-Lieutenant von Meyern wandte sich, leicht mit dem Zeigefinger der rechten Hand den Schirm seiner Mütze berührend, ab, und ich ging zu meinem Hauptmann, um diesem den Befehl des Oberst-Lieutenants und Vorposten-Kommandeur mitzuteilen.
„Das ist kein leichter Auftrag, lieber Berger“, meinte mein Hauptmann, eine lange, hagere Gestalt mit großem Schnurrbart und roter Habichtsnase. „Nehmen Sie sich nur in Acht, dass ihnen die verdammten Rothosen nicht zu nahe kommen. Nun, wir werden schon aufpassen. Die Bereitschaftsstellung ist für diese Nacht befohlen worden. Übrigens habe Fähnrich von Nerrlich Ihrem Zuge zugeteilt. Dem Bürschchen tut es ganz gut, wenn ihm einmal die Kugeln um die Ohren pfeifen.“
Fähnrich von Nerrlich, ein blondlockiger Jüngling, mit blitzenden, fröhlichen, blauen Augen, der erst vor einigen Tagen mit dem Ersatz bei dem Regimente eingetroffen war, hatte sich bei den jüngeren Offizieren rasch durch seine muntere Laune und seine kriegerische Begeisterung beliebt gemacht, während er den etwas pedantischen Hauptmann durch einige tolle Streiche verstimmt hatte. Aber so recht gram konnte auch der Hauptmann dem frischen Jungen nicht sein, denn wenn es hieß „Freiwillige zu einer gefährlichen Patrouille vor“, dann war sicherlich unser Fähnrich der erste, welcher sich meldete. Trotzdem er nun von dem Hauptmann fleißig auf Patrouille geschickt war, so hatte er doch zu seiner großen Enttäuschung noch keine feindliche Kugel pfeifen hören, da während seiner Anwesenheit bei dem Regimente keine Gefechte stattgefunden hatten, bei denen wir beteiligt gewesen waren. So freute sich denn der kriegslustige, junge Enthusiast ganz besonders auf die Abenteuer der bevorstehenden Nacht und meldete sich bei mir mit freudestrahlendem Angesicht.
„Nicht war, Herr Lieutenant“, sagte er, „ich darf die Spitze führen? Ich kenne das Terrain bei La Maxe wie meine Tasche.“
„Das Vergnügen können Sie haben“, erwiderte ich.
„Aber lassen Sie sich nicht verführen, zu weit vorzugehen.
Ein Gefecht soll möglichst vermieden werden.“
Das Dörfchen La Maxe lag etwa in der Mitte zwischen unserer und der französischen Vorpostenlinie und diente den Feinden bei ihren häufigen Ausfällen aus dem ringsum eingeschlossenen Metz häufig als Stützpunkt, aus dem sie dann schwer wieder zu vertreiben waren. Dies war auch der Grund, weshalb jetzt der Befehl gegeben war, das Dorf niederzubrennen.
Es war ein stürmischer, regnerischer Abend, als ich mit meinem Zuge unter tiefstem Schweigen die Vorpostenstellung verließ und auf dem fast grundlosen Feldwege lautlos nach dem Verderben geweihten Orte abrückte. Unsere Truppen lagen in den vorbereiteten Stellungen, die Piketts und Unterstützungstrupps standen unterm Gewehr und die Artilleristen bei ihren Geschützen, um einem etwaigen Angriff der Feinde sofort entgegenzutreten zu können. Aufmerksam starrten die Doppelposten in die schwarze Nacht hinaus. Ein lebhafter Patrouillengang war angeordnet worden.
Ich hatte eine Sektion unter Führung des Fähnrichs von Nerrlich vorausgeschickt und folgte selbst an der Spitze des Haupttrupps.
Der Regen hatte aufgehört, die von dem heftigen Wind zerrissenen Wolken eilten in hastigem Fluge an den klar blinkenden Sternen vorüber. Rechts von uns erhob sich die dunkle Masse des Forts Plappeville und der mächtige Bergkegel St. Quentin; links rauschten leise die Wellen der Mosel, an deren jenseitigem Ufer das Fort St. Julien sich auftürmte. Gerade vor uns befanden sich die Wälle der Festung Metz, hinter ihnen die Dächer und Türme der Stadt, überragt von dem majestätischen Bau der Kathedrale. Einzelne Lichter des Forts und der Stadt flimmerten zu uns herüber. In der Ebene vor uns, keine fünfhundert Schritt entfernt, lag totenstill und im tiefsten Dunkel das Dörfchen La Maxe, durch welches sich der Feldweg nach Metz zog. Nach kurzer Zeit langten wir in dem Dorfe an. Fähnrich von Nerrlich hatte mit seiner Sektion den nach Metz führenden Ausgang besetzt. Ich gab ihm noch eine Sektion zur Unterstützung und verteilte dann meine Leute, um die im tiefen Schlafe liegenden Bewohner zu wecken. Viele derselben hatten sich bereits bei Anfang der Belagerung geflüchtet, so dass wohl die Hälfte der Häuser und Gehöfte leer stand. Ich selbst begab mich zum Maire, um ihm das Schicksal des Dorfes mitzuteilen.
Mit bleichem Gesicht und angstvollen Augen trat mir der weißhaarige Mann, ein biederer Landmann, entgegen.
„O mon commandant“, rief er, „es ist ja nicht möglich, dass die Preußen so grausam sind! O, das arme Dorf, die armen Leute!“
„C’est la guerre, monsieur! Ihre Landsleute haben von dem Dorf aus oft unsere Vorposten überfallen, wir müssen uns vor diesen Überfällen schützen. Also versammeln Sie die Einwohner, nehmen Sie Alles, was Sie tragen können mit sich, einige meiner Leute werden Sie nach unseren Vorposten bringen, dann müssen Sie sich in den umliegenden Dorfschaften eine Unterkunft suchen. Aber rasch, in einer Stunde muss das Dorf geräumt sein.“
Jammernd versammelten sich die Einwohner auf dem freien Platze vor der Mairie. Greise und unmündige Kinder, trotzige Männer und weinende Frauen! Ihre wenigen Habseligkeiten schleppten sie herbei; das Vieh, welches ihnen die requirierenden Patrouillen gelassen, wurde fortgetrieben und weinend, jammernd, fluchend und betend setzte froh der Haufe unter Führung einer starken Patrouille meiner Leute in Bewegung.
„Vorwärts! An die Arbeit“ kommandierte ich, und die Soldaten verschwanden in den Gassen des Dörfchens. Sie waren mit Pechkränzen und anderen Brennmaterialien ausgerüstet. Hier und da flammte jetzt ein Feuerschein auf. Die Heuschober und Scheunen fingen zuerst Feuer. Prasselnd, knisternd fraßen sich die Flammen weiter. Der heftige Wind trug die sprühenden Funken von einem Haus zu dem andern, und in kurzer Zeit waren sämtliche Gebäude des Ortes von dem Feuer ergriffen.
Plötzlich knatterten draußen am Eingang des Dorfes die Gewehre. Von dem Felde her antworteten Schüsse, die Kugeln der Chassepots pfiffen uns um die Ohren. Jetzt blitzte es auch aus dem Fort Plappeville, dem St. Quentin und St. Julien auf; ein dumpfes Krachen ertönte und sausend und schnaubend zischten einige Granaten in das brennende Dorf, dass die Flammen nur noch höher aufloderten. Draußen aber am Eingang der Ortschaft knatterten ohne Unterbrechung die Schüsse. Geschrei und Lärm wurde laut. Ein Mann des Fähnrichs von Nerrlich kam auf mich zugestürzt und meldete:
„Die Franzosen greifen in der Stärke von zwei Kompagnien an.“
Ich ließ zum Sammeln blasen, dann eilte ich im Laufschritt mit meinem Zuge durch das brennende Dorf dem Fähnrich zu Hülfe.
Ich kam gerade zur rechten Zeit, um einer Attacke des Feindes entgegenzutreten. Beim Scheine der Flammen sah man die Franzosen in dichter Kolonne auf den Eingang losstürzen.
„Rechts und links marschiert auf! Marsch, marsch! Chargiert! Fertig! Legt an — Feuer!“
Die Salve krachte dem anstürmenden Feinde entgegen und machte ihn stutzig. Die Kraft des Angriffs war gebrochen. Der Feind warf sich hinter die Hecken, suchte Deckung und eröffnete ein lebhaftes Feuergefecht.
Ich sah jedoch bald ein, dass ich zum erfolgreichen Widerstande zu schwach war. Auch hatte ich keinen Auftrag, mich in ein ernsthaftes Gefecht einzulassen und so brach ich nach und nach das Gefecht ab und zog mich um das brennende Dorf zurück in der Hoffnung, jenseits desselben auf eine Unterstützung seitens unserer Vorposten zu stoßen.
Ein einziges Feuermeer bildete jetzt das Dorf, welches vor kurzem noch so still und dunkel dagelegen. Einzelne Hunde heulten um die brennenden Gehöfte; Hühner flohen schreiend und kreischend davon, die Tauben flatterten ängstlich um ihre zerstörten Wohnungen und verschwanden dann im Dunkel der Nacht. Der Feind folgte uns nicht nach dem brennenden Dorf, denn Schlag auf Schlag sausten jetzt die Granaten von den umliegenden Forts in den unglücklichen Ort, die Zerstörung noch vermehrend und beschleunigend.
Im Laufschritt eilten wir durch die Hauptstraße, während es um uns krachte, zischte und knisterte, während Balken und Mauern einstürzten und ein Funkenregen uns überschüttete.
Wir hatten fast das Ende des Dorfes erreicht, da tönte plötzlich ein gellender Schrei an unser Ohr.
„Sehen Sie, Herr Lieutenant“, rief Fähnrich von Nerrlich, welcher neben mir marschierte, „dort in dem brennenden Hause ist noch ein Mensch!“
„Wahrhaftig! Wie kommt die Unglücksperson dahin?“
Aus einem Fenster im zweiten Stock eines brennenden Bauernhauses lehnte sich die Gestalt eines Weibes heraus und streckte uns die Arme entgegen.
„Au secours! Au secours!“ kreischte sie, während hinter ihr bereits das Dach zusammenstürzte und die Mauern wankten.
„Rasch eine Leiter!“ rief ich. Aber schon war Fähnrich von Nerrlich nach dem Hause gestürzt und in verwegener Tollkühnheit kletterte er an dem Weinspalier empor, das sich fast bis zum Fenster hinaufzog. Wir eilten ihm zu Hilfe. Jetzt hatte er das Fenster erreicht. Er schwang sich in den mit Dampf und Feuer bereits angefüllten Raum, ergriff die Frau und reichte sie den sich entgegenstreckenden Händen der untenstehenden Soldaten zu.
„Zurück! Zurück!“ rief es hinter uns; „das Haus stürzt ein!
Unwillkürlich sprangen wir einige Schritte zurück. Mehrere Granaten sausten gleichzeitig über unsere Köpfe weg und schlugen prasselnd in das Haus. Ein Funkenregen sprühte empor! Ein Krachen — ein Bersten — ein Zischen und Heulen — das Dach stürzte ein — die Mauern wankten und fielen mit furchtbarem Krachen zusammen! Ein glühender Trümmerhaufen war das Haus, in den die Granaten mit großer Präzision hineinschlugen.
„Wo ist der Fähnrich? — — —“
„En avant! En avant!“ ertönte jetzt das französische Kommando in unserm Rücken. Wir konnten uns um das zusammengestürzte Haus und den unglücklichen Kameraden nicht mehr bekümmern.
Der Feind war kaum zwanzig Schritt von uns entfernt. Ein wütendes Handgemenge entspann sich. Wir mussten der Übermacht erliegen.
Da hörte ich plötzlich die Stimme meines Hauptmanns: „Zur Attacke Gewehr rechts! — Fällt das Gewehr marsch — marsch!“ und mit donnerndem Hurra stürzten sich die Kameraden auf den Feind. — —
Das Gefecht war zu Ende! Die Franzosen hatten sich wieder nach ihrer Postenkette zurückgezogen, und auch wir marschierten durch den dämmernden Morgen in unsere alten Stellungen,
Ein schwarzer, rauchender Trümmerhaufen lag das unglückselige Dorf da. Von dem Fähnrich von Nerrlich, dem lustigen, jungen Blut, der mit so frohen Hoffnungen hinausgezogen war in den Krieg für König und Vaterland, haben wir nichts wieder gesehen.
Die Frau, welche er mit Aufopferung seines eigenen Lebens gerettet hatte, eine siebzigjährige Greisin, überlebte die entsetzliche Nacht ebenfalls nicht; sie erlag den erlittenen Brandwunden.
Als nach der Kapitulation von Metz die Bewohner wieder in das zerstörte Dorf einzogen und die Trümmer aufräumten, da fanden sie auch die verkohlten Überreste des Jünglings. Wir begruben ihn in dem schattigen Park welcher das Gehöft, in dem er den Tod gefunden, umgab. Drei knatternde Salven waren der letzte Gruß an den tapfern Kameraden.
Der alte Maire des Dorfes wohnte dem Begräbnis bei. Gleichmütig wandte er sich ab, als ich zu ihm trat, um ihn zu bitten, für das Grab Sorge zu tragen, und sprach: „C’est la guerre, monsieur.“ —
Nach den Schlachten von Spichern und Wörth hatte die französische Armee ihren Rückzug so rasch angetreten, dass deutscherseits die Fühlung mit dem Feinde verloren gegangen war. Nun hieß es: Kavallerie vor! um die Fühlung wieder zu gewinnen. Bei der zweiten Armee des Prinzen Friedrich Karl war es hauptsächlich die fünfte Kavallerie-Division, Kommandeur General-Lieutnant v. Rheinbaden, welche, der auf die Mosel vorrückenden Armee weit vorauseilend, die wichtigsten Meldungen bringen konnte. Ihr schloss sich die Garde-Kavallerie-Division rühmlichst an, besonders die Garde-Ulanen-Brigade und die Garde-Dragoner, bei deren 2. Regiment ich als Einjährig-Freiwilliger diente.
Bei Dieulouard hatten wir die Mosel überschritten. In dem benachbarten Pont-à-Mousson hatte die Husaren-Brigade v. Redern ein französisches Infanterie-Bataillon vertrieben, das eiligst nach Metz abgedampft war. Die Husaren hielten Pont-à-Mousson besetzt, bis die nachrückende Infanterie erschien.
In Dieulouard befanden wir Garde-Dragoner uns auf dem äußersten linken Flügel. Kaum zwei Meilen von uns entfernt lag Nancy, drei Meilen vor uns die Festung Toul. Unter allen Umständen musste in Erfahrung gebracht werden, ob und wie stark die Umgebung jener Städte noch vom Feinde besetzt war. Unsere Schwadron ward zu einer Erkundung auf Toul bestimmt.
Mit vorgenommenen Sicherheitsmaßregeln und vorschriftsmäßigen Seitenpatrouillen nahten wir an dem herrlichen Augustmorgen die gut gehaltene Heerstraße entlang, welche sich durch das wellige Gelände windet und mit dem plötzlich nach Norden einbiegenden Lauf der Mosel gleichsam ein Dreieck bildet, dessen Grundlinie von Dieulouard im Norden und von Toul im Südwesten begrenzt wird. Unsere linken Seitenpatrouillen hatten Einblick in das grüne, anmutige Thal der Mosel, das sich bis Frouard hinzieht und sich nach Nancy zu erweitert, dessen Türme man in der Ferne schimmern sah. In dem schroff abfallenden Thal und den seitlichen, tiefeingeschnittenen Schluchten befinden sich viele Eisenwerke und Gruben. Kleine Dörfer schmiegen sich an die Bergrücken, deren Kuppen herrliche Buchenwälder krönen.
Munter trabten wir dahin. Ich befand mich bei der Spitze, welche unser jüngster Lieutenant führte; Rittmeister v. Trotha ritt vorne an der geschlossenen Schwadron. Die Einwohner der Dörfer, welche wir durchritten, sandten uns feindselige, finstere Blicke zu. Der Trompeter, welcher die Spitze begleitete, meinte: „Wenn wir nicht in solch stattlicher Anzahl erschienen wären, würden wir hier nicht weit kommen. Sehen Sie, Einjähriger, den schwarzen Kerl in Bluse und Zipfelmütze! Wenn der nicht der Hauptmann einer Franktireurbande ist, dann will ich selbst es werden!“
Lachend ritten wir weiter. Der Trompeter, Fritz Mahnert, war ein lustiger Bursche. Schelmisch blitzten seine blauen Augen unter den blonden Brauen hervor. Krauses, kurzes Lockenhaar umgab das frische Gesicht, ein kleiner Schnurrbart, zierlich emporgedreht, verlieh dem Antlitz einen kecken, übermütigen Ausdruck. Er war beliebt in der ganzen Schwadron.
„Sapristi,“ meinte der Trompeter nach einer Weile, listig mit den Augen nach einer Gruppe kräftig-schlanker Dirnen zwinkernd, welche sich scheu in einem Gärtchen an der Straße zusammendrängten, „allerliebste Mädel haben sie in Frankreich! Das muss man ihnen lassen“.
„Wenn das Ihre Braut hörte, Trompeter“, entgegnete ich lachend.
„Meine Braut — ah, meine kleine, süße Anne-Marie! — Einjähriger, versprechen Sie mir, meine Braut von mir zu grüßen, wenn ich falle.“ . . .
„Machen Sie sich doch keine Gedanken! Ich kann ebenso gut fallen, wie Sie! Sie werden Ihre Anne-Marie schon wieder sehen.“
„Ja, ja! Wie heißt es doch in dem Liede: Louise, wisch ab dein Gesicht — eine jede Kugel trifft ja nicht“ . . .
Piff — Paff! - Am Waldrande drüben krachten mehrere Schüsse und die Geschosse pfiffen uns um die Ohren.
Wir parierten die Pferde so scharf, dass sie fast auf den Hinterbeinen saßen.