Lady Hamilton. Band 7 - Alexandre Dumas - E-Book

Lady Hamilton. Band 7 E-Book

Dumas Alexandre

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Beschreibung

1765 wird Emma Lyon als Tochter des Dorfschmieds in Neston, Cheshire, geboren. Doch nur zwei Monate später stirbt ihr Vater und lässt die Familie in schwierigen Verhältnissen zurück. Emma wächst in Armut auf und muss früh zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Nachdem sie vor Ort keine feste Anstellung findet, nimmt die junge Emma die Postkutsche nach London, wo ihr bemerkenswerter Aufstieg zu internationalem Ruhm beginnt… Emma arbeitet für verschiedene Schauspielerinnen am Dury Lane Theater, bevor sie Tänzerin, Model und später Hostess wird. Ihre Schönheit macht Charles Grenville, den zweiten Sohn des Earl of Warwick, auf sie aufmerksam, der sie zu seiner Geliebten macht. Und der berühmte Maler George Romney möchte Porträts von ihr anfertigen. Als Grenville eine reiche Frau für sich sucht, wird die zwar schöne, aber arme Emma an Sir William Hamilton, den britischen Gesandten in Neapel, vermittelt. Die beiden verlieben sich ineinander und heiraten im September 1791. In Neapel wird Lady Hamilton, wie sie nun heißt, eine enge Freundin von Königin Maria Carolina, der Schwester von Marie Antoinette. Und sie lernt dort Admiral Nelson kennen. Dieses Kennenlernen ist der Beginn einer Liebesbeziehung, die in die Geschichte eingehen wird… In diesem reich gezeichneten Porträt zeichnet Alexandre Dumas den spektakulären Aufstieg und Fall der legendären Schönheit Emma Lyon, spätere Lady Hamilton: eine Frau mit viel Zuneigung und überwältigendem Charme, deren Auge für Gelegenheiten nur von ihrem Hang zu Ausschweifungen und Skandalen übertroffen wurde. Das wunderbar intime und detailreiche Buch erweckt die unvergleichliche Lady Hamilton und die Politik, die Leidenschaften und den Charme ihrer Zeit zum Leben. Dieses ist der siebte von insgesamt sieben Bänden. Die Ausgabe folgt der Übersetzung von August Kretzschmar.

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Seitenzahl: 193

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ALEXANDRE DUMAS

 

LADY HAMILTON

 

MEMOIRENEINER FAVORITE

 

 

Historischer Roman

in sieben Bänden

 

 

BAND 7

 

***

 

In der autorisierten Übersetzung vonAugust Kretzschmar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In der Hoffnung, daß Gott meiner Reue und meinerDemut verzeihen wird, schreibe ich die folgenden Seiten.

1. Jänner 1814.

Emma Lyonna, verw. Hamilton.

 

 

 

 

Lady Hamilton wurde zuerst veröffentlicht im A.Hartleben´s Verlag, Pest/Wien/Leipzig 1866.

Diese Ausgabe wurde aufbereitet und herausgegeben von

© apebook Verlag, Essen (Germany)

www.apebook.de

1. Auflage 2022

V 1.0

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar.

Band 7 (eBook)

ISBN 978-3-96130-453-0

 

Buchgestaltung: SKRIPTART, www.skriptart.de

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Inhaltsverzeichnis

Lady Hamilton

Memoiren einer Favorite

Frontispiz

Widmung

Impressum

BAND 7

Erstes Kapitel.

Zweites Kapitel.

Drittes Kapitel.

Viertes Kapitel.

Fünftes Kapitel.

Sechstes Kapitel.

Siebentes Kapitel.

Achtes Kapitel.

Neuntes Kapitel.

Zehntes Kapitel.

Elftes Kapitel.

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Zu guter Letzt

 

 

 

 

 

Band 7

 

 

ERSTES KAPITEL.

Der nächstfolgende Tag verging, ohne daß wir auch nur ein einziges Segel gewahrten.

Das Wetter war schön, der Wind gut, wir passierten die Inseln und Montags am 24., bei Tagesanbruch, begegneten wir einer neapolitanischen Sloop, welche uns bat, ihr Wasser zu geben.

Eine Stunde später sahen wir eine Brigg auf uns zukommen, in welcher Nelson die englische Brigg »Mutine« erkannte.

Er ließ signalisieren, daß er mit ihr zu sprechen wünsche.

Die Schaluppe der Brigg ward ausgesetzt, kam auf uns zu und der Kapitän Hoste stieg an Bord des »Donnerers«.

Der Kapitän Hoste war Überbringer eines Vertrages, welcher zwischen dem Kardinal Ruffo, dem General der türkischen Truppen, dem Kapitän Foot vom »Seahorse«, den Franzosen im Kastell San Elmo und dem Rebellen im Castello Nuovo und dem Castello d'Uovo abgeschlossen worden.

Als Nelson hörte, daß mit den Rebellen ein Vertrag geschlossen worden, was doch den Befehlen der sizilianischen Majestäten geradezu entgegen war, ward er bleich vor Zorn. Er sendete sofort ein kleines Fahrzeug mit dem Vertrag nach Palermo und schrieb dem König, er kehre sich nicht an diesen Traktat, sondern betrachte denselben als einen Akt des Verrats, der nicht aufrecht erhalten werden dürfe.

Nachdem er aus dem Munde des Kapitäns Hoste alle weiteren Einzelheiten vernommen, welche dieser ihm über dieses Ereignis liefern konnte, befahl er ihm, sich auf sein Schiff zurückzubegeben und mit ihm nach Neapel zu kommen.

Man machte sich wieder auf den Weg.

Da der Wind gut war, so kam man bald in Sicht von Capri und steuerte mit vollen Segeln weiter nach Neapel.

Nelson war mit Sir William in seine Kajüte hinuntergegangen und ließ ihn auf französisch, einer Sprache, welche der Kardinal Ruffo sehr gut verstand, den folgenden Brief an denselben schreiben.

 

»An Bord des ›Donnerer‹, 25. Juni 1799.

Eminenz!

Mylord Nelson bittet mich, Euer Eminenz zu melden, daß er von dem Kapitän Foot, dem Kommandanten der Fregatte ›The Seahorse‹, die Abschrift der Kapitulation erhalten, welche Ew. Eminenz angemessen gefunden, mit dem Kommandanten des Castells San Elmo, des Castello Nuovo und des Castello d'Uovo abzuschließen, daß er diese Kapitulation vollständig mißbilligt und daß er fest entschlossen ist, mit der respektablen Streitmacht, welche er die Ehre hat zu kommandieren, nicht neutral zu bleiben. Mylord hat die Kapitäne Truebridge und Wall, Kommandanten der Kriegsschiffe ›Culloden‹ und ›Alexander‹, zu Euer Eminenz abgesendet. Diese Kapitäne sind von seinen Absichten vollständig unterrichtet, und werden die Ehre haben, dieselben Ew. Eminenz auseinanderzusetzen. Mylord hofft, daß Ew. Eminenz ganz seiner Meinung sein werden und daß er morgen mit Tagesanbruch in Übereinstimmung mit Ihnen verfahren können wird.

Ich habe die Ehre zu sein

W. Hamilton.«

 

Während Sir Hamilton diesen Brief schrieb, hatte das Schiff einen ziemlichen Weg zurückgelegt, so daß man jetzt nur noch zwei bis drei Meilen von der Bai entfernt war. Die Folge hiervon war, daß, als Nelson wieder auf das Verdeck heraufkam, er etwas sah, was er vorher wegen der Entfernung nicht hatte sehen können, nämlich die auf den von den Franzosen und den Rebellen besetzten Castellen und auf dem englischen Kriegsschiff »The Seahorse« wehenden Parlamentärfahnen.

Dieser Anblick steigerte seinen Zorn bis zur Wut. Er rief sofort den »Culloden« und den »Alexander« heran, ließ die Kapitäne Truebridge und Ball an Bord kommen, übergab ihnen Sir Williams Brief und befahl ihnen, in ein Boot zu steigen, und sich nach der Magdalenenbrücke rudern zu lassen, um die Depesche dem Kardinal Ruffo zuzustellen.

Von zwölf kräftigen Ruderern in Bewegung gesetzt, erreichte das Boot das Land sehr bald, und die beiden Offiziere fanden, daß der Kardinal Ruffo sie bereits erwartete.

Mit Hilfe eines Fernrohrs war er allen Bewegungen des »Donnerers« gefolgt und hatte das Boot von dem Schiff abstoßen und nach dem Lande rudern sehen.

Die Offiziere entledigten sich des ihnen erteilten Auftrags. Ruffo nahm Kenntnis von der Depesche und glaubte, Nelson mißbillige die Kapitulation bloß aus dem Grunde, weil Neapel angegriffen worden, ohne daß man, wie verabredet worden, die Ankunft des englischen Geschwaders abgewartet, wo dann der Kronprinz bei diesem Angriff den Oberbefehl führen sollte.

Er glaubte nun, ein persönlicher Besuch an Bord des »Donnerers«, wobei er dem Admiral die dringenden Beweggründe, welche ihn zum Angriff auf Neapel getrieben, auseinandersetzen wollte, würde alles wieder ins Gleiche bringen.

Er stieg daher in das Boot der Kapitäne Truebridge und Ball und ließ sich nach dem »Donnerer« rudern, wo seine Ankunft mit dreizehn Kanonenschüssen begrüßt ward.

Nelson erwartete ihn oben an der Treppe mit Sir William, welcher, da er französisch ebenso gut sprach als italienisch, Ruffo empfing, die Honneurs des Schiffes machte und ihn in die Kajüte führte, in welcher ich zurückgeblieben war.

Als der Kardinal mich erblickte, machte er eine Bewegung. Er wußte, daß die Königin ihn nicht liebte, und daß ich alle Gefühle der Königin, Antipathien ebenso wie Sympathien, teilte.

Ich grüßte kalt. Man tauschte die hergebrachten Komplimente aus, und der Kardinal begann in vortrefflichem Französisch die Ereignisse des 13. und 14. Juni zu erzählen, durch welche die Kapitulation herbeigeführt worden.

Nelson sagte, er könne in dem Traktat nur einen Waffenstillstand sehen.

Ruffo besprach jedoch sämtliche Artikel einen nach dem andern und bewies, daß es sich hier nicht um eine einstweilige Einstellung der Feindseligkeiten, sondern um einen wirklichen Vertrag handle, der weder durch die Ankunft der französischen, noch durch die Ankunft der englischen Flotte gebrochen werden könne.

Dies beruhte alles auf so vollkommener Wahrheit, daß beim ersten Anblick die Patrioten dies war der Name, welchen der Kardinal den Rebellen gab weil sie die englische Flotte für die französisch-spanische angesehen, sich gefragt hatten, ob die Ankunft dieses Beistandes etwas an der Kapitulation ändere, und daß sie beinahe einstimmig ihre Entscheidung dahin abgegeben, die Unterschriften blieben gültig und der Vertrag müsse aufrecht erhalten werden.

Sir William übersetzte, sowie Ruffo sprach, dessen Worte dem englischen Admiral, welcher ungeduldig zuhörte, und als er vernahm, daß eine loyal geschlossene Kapitulation auch loyal ausgeführt werden müsse, auf englisch ausrief:

»Aber, Sir, Monarchen unterhandeln nicht mit ihren Untertanen!«

»Allerdings, Mylord,« antwortete der Kardinal, »allerdings ist es besser für sie, wenn sie nicht kapitulieren; von dem Augenblicke an aber, wo sie es getan, sind sie an die Verträge gebunden.«

Dann wendete er sich zu meinem Gemahl und fragte:

»Ist das nicht auch Ihre Meinung, Sir?«

Sir William verneinte, indem er erklärte, er teile vielmehr Nelsons Ansicht, und der Kardinal sah, daß die Sache ernster stand, als er anfangs geglaubt.

Er erhob sich nun und sagte, da die Russen und die Türken auch mit bei dem Vertrag beteiligt wären, so könnte er den vom Lord Nelson erhobenen Einwand nicht allein beantworten.

Mit diesen Worten nahm er Abschied und ließ sich wieder ans Land bringen.

Als er wieder in sein Quartier zurückgekehrt war, ließ er, wie wir später erfuhren, den Minister Micheroux, den Kommandanten Baillie und den Kapitän Foot zu sich rufen. Letzteren hatte Nelson jedoch Sorge getragen zu entfernen, indem er ihn nach Procida geschickt.

Der von dem Kardinal zusammengerufene Kriegsrat entschied nicht bloß, daß man die Kapitulation aufrecht erhalten, sondern auch, daß man, wenn Nelson dabei bliebe, sie nicht anzuerkennen, alle Mittel versuchen würde, um die Rebellen zu retten.

Der Abend, die Nacht und der Morgen des 26. Juni vergingen mit fortwährenden Hin- und Herfahrten vom Hauptquartier nach dem »Donnerer« und von dem »Donnerer« nach dem Hauptquartier, ohne daß die Frage einen Schritt weiter vorrückte, weil jeder fest bei seinem Willen beharrte.

Am Morgen des 27. Juni erließ Nelson folgende an die Jakobiner im Castello Nuovo und im Castello d'Uovo gerichtete Erklärung:

»Der Kontreadmiral Lord Nelson, Kommandant der britischen Motte in der Bai von Neapel, benachrichtigt die in dem Castello Nuovo und in dem Castello d'Uovo eingeschlossenen rebellischen Untertanen Sr. sizilischen Majestät, daß er ihnen ebensowenig erlaubt, diese Plätze zu verlassen, als sich einzuschiffen. Sie müssen sich vielmehr einfach ihrem Könige auf Gnade und Ungnade ergeben.«

Um diese Erklärung zu proklamieren, näherte sich ein Boot dem Castello d'Uovo, worauf sie dann laut vorgelesen ward.

Der Kommandant des Castells stieg jedoch auf die Mauer und rief dem Herold zu:

»Fort, schnell fort, oder ich lasse auf Euch schießen! Es besteht ein Vertrag und dieser Vertrag muß gehalten werden.«

Auf die Meldung dieses Aufrufes, welchen Nelson an die Republikaner erlassen, glaubte der Kardinal Ruffo nun seinerseits eine entschlossene Haltung annehmen zu müssen.

Demzufolge schrieb er folgendes Billett an den Admiral:

 

»Wenn Lord Nelson die Kapitulation der Castelle von Neapel, an welcher unter den andern Kontrahenten auch ein englischer, Großbritannien repräsentierender Offizier teilgenommen, nicht anerkennen will, so wälzt der Kardinal die ganze Verantwortlichkeit dafür ihm zu und wird sich genötigt sehen, den Feind wieder in den Stand zu setzen, in welchem er sich vor Unterzeichnung des Traktats befand. Das heißt, die Truppen des Kardinals werden die Positionen, welche sie jetzt einnehmen, aufgeben, und sich in ein verschanztes Lager zurückziehen, um die Engländer den Kampf gegen die Republikaner mit ihrer eigenen Streitmacht aufnehmen zu lassen.«

 

Nachdem Nelson dieses Billett, welches die Frage in ein so klares Licht stellte, gelesen, zog er sich mit Sir William in seine Kajüte zurück, aus welcher er dann mit der folgenden Note in der Hand wieder heraustrat. Der Bote des Kardinals empfing gleichzeitig das englische Original und die von Sir William gefertigte Übersetzung:

»Da der Kontreadmiral Lord Nelson,« so lautete die Note, »am 24. Juni in der Bai von Neapel angelangt ist, und einen mit den Rebellen abgeschlossenen Traktat unterzeichnet vorgefunden hat, so ist seine Meinung die, daß dieser Traktat nicht ohne Zustimmung Sr. sizilischen Majestät in Ausführung gebracht werden kann.«

Der Kardinal antwortete hierauf, daß, wenn den nächstfolgenden Tag die Patrioten oder die Rebellen, wie es Nelson beliebe sie zu nennen, von ihm nicht ermächtigt würden, sich einzuschiffen, er die ausgesprochene Drohung ins Werk setzen und sich mit seiner ganzen Armee zurückziehen würde.

Diese Drohung war eine sehr ernste, denn Ruffo, der sich durch Nelsons Weigerung sehr verletzt fühlte, war ganz der Mann, sie auszuführen, und Nelson, dem es an Landungstruppen fehlte, wäre dann genötigt gewesen, Neapel zu bombardieren.

Demzufolge antwortete Sir William:

 

»Eminenz!

Mylord Nelson ersucht mich, Euer Eminenz zu versichern, daß er entschlossen ist, nichts zu tun, was den von Euer Eminenz den Kastellen von Neapel bewilligten Waffenstillstand unterbrechen könnte. Ich habe die Ehre zu sein usw. usw.

W. Hamilton.«

 

Diese Antwort ward dem Kardinal durch die Kapitäne Truebridge und Ball überbracht, welche ihm auch den Protest des Admirals überreicht. Da Sir William Hamiltons Antwort nichts eigentlich Positives enthielt, so befragte der Kardinal die beiden Offiziere, welche den Brief dahin erklärten, daß der Admiral sich der Einschiffung der Republikaner nicht widersetzen würde.

Der Kardinal fragte sie hierauf, ob sie ermächtigt seien, ihm das, was sie soeben gesagt, schriftlich zu geben, nämlich daß Nelson verspräche, sich der Einschiffung der Republikaner nicht zu widersetzen.

Die beiden Offiziere berieten sich miteinander und antworteten nach einigen Minuten, daß sie kein Hindernis sähen, den Wunsch des Kardinals zu erfüllen.

Truebridge nahm zugleich ein Blatt Papier, und schrieb mit seiner Hand darauf:

»Die Kapitäne Truebridge und Ball sind autorisiert, im Namen Mylord Nelsons Sr. Eminenz zu erklären, daß Mylord sich der Einschiffung der Rebellen von der Mannschaft, welche die Garnison der Castelle Nuovo und d'Uovo ausmacht, nicht widersetzen wird.«

Dann überreichten sie diese Erklärung dem Kardinal.

»Nun, meine Herren,« sagte dieser, »haben Sie die Güte dieses Papier auch mit Ihren Namen zu unterzeichnen.«

»Ich bitte um Verzeihung, Eminenz,« antwortete Truebridge, »wir haben wohl Vollmacht für die militärischen Angelegenheiten, aber nicht für die diplomatischen. Da jedoch diese Note, obschon nicht unterzeichnet, von unserer Hand geschrieben ist, so bitten wir Sie, ihr Glauben beizumessen.«

Ruffo bestand weiter nicht auf seinem Verlangen, sei es nun, daß es ihm selbst lieb war, sich auf diese Weise aus der Affäre zu ziehen, sei es, daß er die beiden Offiziere zu verletzen fürchtete.

Truebridge und Ball kehrten an Bord des Admiralschiffes zurück, erzählten, was sie getan, und Nelson sowohl als Sir William erklärten sich damit einverstanden.

ZWEITES KAPITEL.

Lord Nelson in bezug auf den Admiral Caracciolo ganz besondere Befehle von dem König und der Königin empfangen und er sich verbindlich gemacht, ihn tot oder lebendig in seine Gewalt zu bekommen, so hatte er sich in der Stadt erkundigen lassen, und auf diese Weise erfahren, daß Caracciolo sich in der Nacht vom 23. zum 24. geflüchtet und nun jedenfalls die Grenze bereits passiert habe.

Diese Nachricht versetzte Nelson in die größte Wut, welche sich durch Flüche und Verwünschungen, deren Heftigkeit selbst durch meine Gegenwart nicht gemäßigt wurde, Luft machten.

Gegen halb zwölf Uhr nachts hörten wir plötzlich jenen Ruf, den die Schildwache ausstößt, wenn sie, nachdem Retraite geschlagen, ein Boot sich dem Schiff nähern sieht.

Nelson setzte, gerade als ob er die Wichtigkeit der Nachricht, welche dieses Boot brachte, erraten hätte, die Tasse Tee, welche er zum Munde führte, auf den Tisch und ging bis an die Schwelle der Kajüte.

Hier stieß er auf den wachthabenden Offizier.

»Ein Bauer wünscht mit Ihnen allein zu sprechen. Mylord,« sagte der Offizier.

»Ein Bauer? Was will er von mir?«

»Aus seinem Kauderwelsch habe ich zu entnehmen geglaubt, daß es sich um Caracciolo handelt.«

»Um Caracciolo? Zum Teufel, lassen Sie den Bauer herunterkommen, Sir.«

Der Bauer war niemand anders als ein Pächter von Francesco Caracciolo, bei welchem der unglückliche Admiral Zuflucht gesucht. Er kam, um seinen Herrn zu verkaufen, wollte aber gut bezahlt sein.

Man versprach ihm viertausend Dukati und gab ihm tausend auf Abschlag.

Er forderte die größte Geheimhaltung, besonders dem Kardinal gegenüber, der, wie er behauptete, Caracciolo zur Flucht behilflich gewesen.

Man kam überein, daß der Kardinal von dem, was in dieser Beziehung geschehe, nicht das mindeste erfahren solle.

Der Bauer verlangte vier Mann, um ihm auf seiner Expedition Beistand zu leisten.

Hier aber begann die Verlegenheit. Nelson hätte ihm wohl vier englische Matrosen mitgegeben, diese aber würden, wie gut sie sich auch verkleidet hätten, Verdacht erregt haben, weil sie nicht die Sprache des Landes redeten.

Nelson fragte den Verräter, ob er nicht selbst vier Männer habe, auf die er rechnen könne.

Er antwortete Ja, denn für Geld könne man alles haben, was man wolle, aber man werde wenigstens fünfzig Dukati per Mann zahlen müssen.

Es waren sonach zweihundert Dukati mehr zu riskieren. Nelson bewilligte die zweihundert Dukati.

Der Pächter gab dafür seinen Namen und seine Adresse. Er hieß Luigi Martino und wohnte im Dorfe Calvezzano.

Es ward verabredet, daß den nächstfolgenden Tag abends ein englisches Boot am Granatello warten und der Admiral, sobald man ihn einmal festgenommen, in dieses Boot gebracht und sofort an Bord des »Donnerers« geführt werden sollte.

Dies war eine große Neuigkeit und man wagte nicht recht, sich zu schmeicheln, daß sie in Wahrheit begründet sei. Auch erwähnte Sir William sie in dem Briefe, den er am 27. früh an den General Acton schrieb, nur beiläufig.

Ich teile diesen Brief hier mit, denn er gibt eine genaue Idee von dem Zustande, in welchem Neapel sich in diesen Tagen befand.

 

»Euer Exzellenz werden aus meinem letzten Briefe ersehen haben, daß der Kardinal und Lord Nelson keineswegs einer und derselben Meinung waren. Deshalb haben wir nach reiflicher Überlegung beschlossen, von einer kleinen Kriegslist Gebrauch zu machen, und Lord Nelson ermächtigte mich demgemäß gestern, dem Kardinal zu schreiben, daß er sich der Einschiffung der Rebellen nicht widersetzen würde und daß er bereit wäre, ihm mit der unter seinem Kommando stehenden Flotte allen Beistand zu leisten. Dies äußerte die beste Wirkung. Neapel war erst ganz außer sich bei dem Gedanken, daß Lord Nelson den Waffenstillstand brechen wollte. Heute dagegen ist alles wieder beruhigt und der gute Kardinal hat ein Te Deum singen lassen, um dem lieben Gott für die Rettung seiner teuren Patrioten zu danken. Er hat mit Ball und Truebridge verabredet, daß die Rebellen in den beiden Kastellen diesen Abend eingeschifft werden sollen, während fünfhundert englische Matrosen ans Land gehen und dann die Besatzung der beiden Kastelle bilden, auf welchen, Gott sei Dank, die Fahnen Seiner sizilischen Majestät wehen.

Wir befanden uns in Mylord Nelsons Boot, als die Matrosen in dem Sanitätshafen ausgeschifft wurden. Die Freude des Volkes war laut und stürmisch. Die neapolitanischen und englischen Farben wehten an allen Fenstern, und als wir wieder Besitz von den Kastellen nahmen, erstrahlte Neapel wie von einem einzigen unermeßlichem Freudenfeuer. Ich habe mit einem Worte begründete Hoffnung, daß Lord Nelsons Ankunft hier zum Nutzen des Ruhmes und der Interessen der sizilischen Majestäten sein wird. Es war notwendig, daß ich mich zwischen Mylord Nelson und den Kardinal stellte, sonst wäre schon vom ersten Tage an alles verloren gewesen. Der Baum des Abscheues, den man vor den Palast gepflanzt, ist umgehauen, und die rote Mütze vom Kopfe des Riesen herabgerissen. Der Kapitän Truebridge leitet die Ausschiffung und die Rebellen, die sich an Bord der Felucken befinden, dürfen ohne einen Befehl von Lord Nelson nicht von der Stelle, denn man hat wohl gesagt, Lord Nelson werde sich ihrer Einschiffung nicht widersetzen, aber man hat nicht gesagt, was man, nachdem sie sich eingeschifft, mit ihnen machen würde. W. Hamilton.«

 

Am Abend des 27. begaben sich, wie Sir William gesagt hatte, in der Tat alle Rebellen auf die Feluken, in dem Glauben, daß sie nun die Fahrt nach Toulon antreten würden; aber in ihrer festen Zuversicht sahen sie sich bitterlich enttäuscht; denn kaum waren sie an Bord, so wurden die Feluken in den Schutzbereich englischer Schiffe geführt, die sie in wenigen Sekunden in Grund und Boden schießen konnten.

Am 29. wurde ich bei Tagesanbruch durch einen großen Lärm im Schiffe erweckt. Ich warf einen Morgenrock über, und ging auf Deck.

Aller Augen waren auf eine Barke gerichtet, die fast noch eine Meile entfernt war, in der man aber schon neben einem an Händen und Füßen gefesselten Mann jenen Bauer sehen konnte, der uns am Abend des vorletzten Tages aufgesucht und das Angebot gemacht hatte, Caracciolo zu verraten.

Er hatte sein Versprechen gehalten, brachte seinen Herrn und wollte sich sein Geld holen.

Nelson und Sir William schienen außer sich vor Freude. Ich sah alles gewissermaßen nur mit den Augen meines Freundes und meines Geliebten an und muß gestehen, ich hielt nach allem, was ich von ihm hatte erzählen hören, den Admiral für einen Verräter und schweren Verbrecher, so daß ich mich mit ihnen über seine Gefangennahme freute.

Und doch krampfte sich mir das Herz zusammen beim Anblick dieses Mannes, der jedes mal, wenn ich ihn mit der Königin hatte sprechen hören, die Sprache eines tapferen Kriegers und eines Ehrenmannes geführt hatte.

Ich ließ Nelson und Sir William sich ihres Triumphes freuen, und in der Meinung, daß es sich für eine Frau nicht gezieme, daran teilzunehmen, stieg ich in mein Zimmer hinab, dessen Tür ich verschloß.

Ich wußte, wie Nelson seinem Kollegen gesinnt war; ich hatte den Brief gelesen, den mein Mann am vorigen Tage an Acton geschrieben: ich konnte daher nicht an dem Schicksal zweifeln, das dem Gefangenen vorbehalten war.

Ein Brief Sir Williams an General Acton besagt, in welchem Zustande Caracciolo an Bord des »Foudroyant« gebracht wurde; ich führe hier die betreffende Stelle an, die sich auf den neapolitanischen Admiral bezieht:

 

»Wir sahen Caracciolo vor uns; blaß, mit langem Barte, halb tot, die Augen senkend, wurde er an Bord des Schiffes gebracht, wo er nun mit dem Sohne Cassanos, Don Giulio, dem Priester Pacifico und andern schändlichen Verrätern zusammentraf. Ich vermute, man wird die Schuldigsten ohne weiteres aburteilen. Vor allem ist es vorteilhaft, daß wir diese Haupträdelsführer gerade zu der Zeit in unserer Gewalt haben, wo Sant-Elmo angegriffen werden soll. Wir können für jede Kugel, die die Franzosen auf uns abfeuern, einen Kopf fallen lassen.«

 

Ich führe dieses Bruchstück eines Briefes aus zwei Gründen an: erstens, weil es Einzelheiten über den Transport des unglücklichen neapolitanischen Admirals an Bord des englischen Schiffes enthält; zweitens, weil es beweist, bis zu welchem Grade die sanftesten, wohlwollendsten Gemüter von dem grausamen Feuer des Bürgerkriegs erhitzt waren.

Sir William, ein Mann des Kabinetts, ein kultivierter, menschenfreundlicher Geist, ein dem Kult der Antike gewidmeter Gelehrter, der das Schöne ebenso innig verehrte wie ein griechischer Bildhauer, mußte von einer seltsamen Störung der Ideen ergriffen sein, um einen solchen Brief zu schreiben.

Das Unglück derer, welche in diesen heißen Tagen der Revolution unter dem glühenden Hauche des Parteigeistes eine Rolle spielen, liegt darin, daß sie von Menschen beurteilt werden, die in gewöhnlichen Zeiten, in gemäßigten Epochen leben.