Lady Susan - Jane Austen - E-Book

Lady Susan E-Book

Jane Austen.

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Beschreibung

Dieses frühe Werk von Jane Austen entstand um 1795 und wurde 1805 um ein Schlusskapitel ergänzt. Im Mittelpunkt steht die adlige Witwe Lady Susan, die sich durch Schönheit, Cleverness und einen intriganten Charakter auszeichnet. Übersetzt wurde der Briefroman von Horst Tran aus München.

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Jane Austen, Horst Tran

Lady Susan

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Brief 1

Brief 2

Brief 3

Brief 4

Brief 5

Brief 6

Brief 7

Brief 8

Brief 9

Brief 10

Brief 11

Brief 12

Brief 13

Brief 14

Brief 15

Brief 16

Brief 17

Brief 18

Brief 19

Brief 20

Brief 21

Brief 22

Brief 23

Brief 24

Brief 25

Brief 26

Brief 27

Brief 28

Brief 29

Brief 30

Brief 31

Brief 32

Brief 33

Brief 34

Brief 35

Brief 36

Brief 37

Brief 38

Brief 39

Brief 40

Brief 41

Schluss

Impressum neobooks

Brief 1

Lady Susan Vernon an Mr. Vernon.

Langford, Dezember.

Mein lieber Schwager,

ich kann nicht länger dem Vergnügen widerstehen, von Ihrer freundlichen Einladung bei unserem letzten Abschied Gebrauch zu machen, einige Wochen bei Ihnen in Churchill zu verbringen. Darum hoffe ich, wenn Ihnen und Mrs. Vernon ein Besuch im Moment keine Umstände bereitet, innerhalb weniger Tage meiner Schwägerin vorgestellt zu werden, die ich schon lange habe kennenlernen wollen. Meine liebenswürdigen Freunde hier drängen mich herzlich, meinen Aufenthalt zu verlängern, doch ihre Geselligkeit und ihr Frohsinn führen sie öfter in Gesellschaften, als es meiner Situation und meinem gegenwärtigen Gemütszustand zuträglich ist. Und so sehe ich ungeduldig dem Augenblick entgegen, an dem mir Zugang zu Ihrem prächtigen Ruhesitz gewährt wird.
Ich sehne mich danach, Ihre lieben kleinen Kinder kennenzulernen, in deren Herzen ich mir einen Platz sichern will. Bald werde ich all meiner Kraft bedürfen, denn ich stehe kurz davor, mich von meiner Tochter zu trennen. Die lange Krankheit ihres lieben Vaters hielt mich davon ab, ihr die Aufmerksamkeit zu schenken, welche Pflicht und Neigung von mir fordern, und ich habe mehr als genug Grund zur Befürchtung, dass die Gouvernante, deren Fürsorge ich sie unterstellt habe, ihrer Aufgabe nicht gewachsen war.
Ich habe daher entschieden, sie auf eine der besten Privatschulen von London zu schicken, wohin sie zu bringen ich auf meinem Weg zu Ihnen Gelegenheit habe. Sie sehen, dass ich fest entschlossen bin, mich in Churchill nicht abweisen zu lassen. Es würde mich in der Tat sehr kränken, wenn es Ihnen nicht möglich wäre, mich zu empfangen.

Ihre höchst dankbare und zugeneigte Schwägerin

S. VERNON

Brief 2

Lady Susan Vernon an Mrs. Johnson

Langford.

Du hast dich geirrt, liebe Alicia, als du dachtest, dass ich für den Rest des Winters an diesem Ort bleibe. Ich sage nur ungern, wie sehr du daneben gelegen hast, denn selten habe ich drei Monate in angenehmerer Weise verbracht als die gerade vergangenen. Im Moment laufen die Dinge nicht gut; die Frauen der Familie haben sich gegen mich vereint. Du hast vorhergesagt, wie es kommen würde, als ich zum ersten Mal nach Langford fuhr, und Manwaring ist so ungewöhnlich liebenswert, dass ich selbst nicht ohne Befürchtungen war. Ich weiß noch, wie ich auf dem Weg zu diesem Haus zu mir selbst sagte: “Ich mag diesen Mann; gebe der Himmel, dass nichts Übles daraus entsteht!” Ich war aber entschlossen, mich zurückzuhalten und mir stets bewusst zu sein, dass ich erst seit vier Monaten Witwe bin, und mich so ruhig wie möglich zu geben. Und das tat ich auch, meine Liebe. Niemandem außer Manwaring habe ich erlaubt, mir Augen zu machen. Jedes Techtelmechtel, wie es sonst üblich ist, habe ich vermieden. Keinen der Kerle, die hier in großer Zahl verkehren, habe ich mit meiner Gunst geehrt, außer Sir James Martin, dem ich ein wenig Aufmerksamkeit schenkte, um ihn von Miss Manwaring abzubringen. Wüsste die Welt um mein Motiv, würde sie mich dafür ehren. Man hat mich eine lieblose Mutter genannt, doch es war der heilige Impuls der Mutterliebe, es war der Nutzen für meine Tochter, der mich angetrieben hat. Und wäre meine Tochter nicht der größte Einfaltspinsel auf Erden, dann wäre ich für meine Mühen belohnt worden, wie es mir zusteht.
Sir James hat bei mir tatsächlich um die Hand von Frederica angehalten, doch Frederica, die auf die Welt kam, um mich zu peinigen, zog es vor, sich heftig gegen die Verbindung zu sträuben, so dass es mir angeraten schien, den Plan vorläufig beiseite zu legen. Mehr als einmal habe ich bereut, ihn nicht selbst geheiratet zu haben, und wäre er etwas weniger verachtenswert schwach, täte ich es ganz sicher. Ich bin aber, wie ich bekennen muss, in dieser Hinsicht ziemlich romantisch und keine, die mit einem großen Vermögen allein zufrieden wäre. Das Ergebnis von all dem ist ärgerlich: Sir James ist fort, Maria hochgradig erzürnt und Mrs. Manwaring unerträglich eifersüchtig, so eifersüchtig, um es kurz zu sagen, und so erbost gegen mich, dass es nicht verwunderlich wäre, wenn sie sich, erhitzt von ihrem Temperament, bei ihrem Vormund beschweren würde, sofern ihr freistünde, sich an ihn zu wenden, doch da hält dein Gatte freundschaftlich zu mir. Die liebenswürdigste Tat seines Lebens war, dass er sie wegen ihrer Heirat verstieß. Achte deshalb unbedingt darauf, dass er seinen Widerwillen bewahrt. Wir sind jetzt in einer schlimmen Lage, in keinem Haus ging es jemals mehr drunter und drüber: Die ganze Familie liegt miteinander im Krieg, und Manwaring traut sich kaum noch, mit mir zu sprechen. Es wird Zeit, dass ich gehe. Ich habe alsobeschlossen, das Haus zu verlassen, und werde mit dir in London hoffentlich einen angenehmen Tag verbringen. Falls ich bei Mr. Johnson wie eh und je in Ungunst stehe, musst du zu mir in die Wigmore Street Nr. 10 kommen. Ich hoffe aber, das wird nicht der Fall sein, denn Mr. Johnson ist, bei all seinen Schwächen, ein Mann, der immer mit dem großen Wort ´Ehrenwert´ belegt wird. Und weil man allgemein weiß, wie vertraut ich mit seiner Frau umgehe, lässt ihn seine Geringschätzigkeit mir gegenüber dumm aussehen.
Auf meinem Weg zu diesem unerträglichen Ort, einem Bauerndorf, mache ich einen Halt in London, denn ich habe wirklich vor, nach Churchill zu reisen. Vergib mir, liebe Freundin, das ist meine letzte Zuflucht. Stünde mir ein anderes Haus in England offen, würde ich es vorziehen. Charles Vernon ist mir widerwärtig, und seine Frau fürchte ich. In Churchill muss ich aber bleiben, bis ich etwas Besseres in Aussicht habe. Meine Tochter begleitet mich nach London, wo ich sie unter die Aufsicht von Miss Summers in der Wigmore Street stellen werde, bis sie etwas mehr Vernunft angenommen hat. Sie wird dort gute Beziehungen knüpfen, denn die Mädchen kommen alle aus den besten Familien. Die Kosten sind immens und weit über dem, was ich jemals zu bezahlen imstande bin.

Adieu, ich sende dir eine Nachricht, sobald ich in London bin.

Für immer die deine,

S. VERNON

Brief 3

Mrs. Vernon an Lady De Courcy

Churchill.

Liebe Mutter,

es tut mir sehr leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass wir unser Versprechen, Weihnachten bei Ihnen zu verbringen, nicht einhalten können. Uns hält ein Umstand von dieser Freude ab, der dies kaum wettmachen kann. In einem Brief an ihren Schwagerhat Lady Susan ihre Absicht erklärt, uns in allernächster Zeit besuchen zu kommen – und da ein solcher Besuch nach aller Wahrscheinlichkeit bloß einen praktischen Grund hat, ist es unmöglich, seine Dauer vorherzusagen. Ich war weder in irgendeiner Weise auf so etwas vorbereitet noch habe ich jetzt eine Erklärung für das Verhalten ihrer Ladyschaft. Langford schien für sie in jeder Beziehung so sehr der passende Platz zu sein, sowohl in Hinsicht auf den eleganten und teuren Lebensstil als auch auf ihre besondere Bindung zu Mrs. Manwaring, dass ich überhaupt nicht erwartet hätte, so rasch diese Auszeichnung zu erhalten, auch wenn ich mir wegen ihrer zunehmend freundschaftlichen Haltung zu uns seit dem Tod ihres Mannes immer vorgestellt habe, dass wir einmal verpflichtet sein würden, sie zu empfangen. Ich glaube, Mr. Vernon war bei seinem Aufenthalt in Staffordshire viel zu gütig zu ihr. Seit unsere Ehe zum ersten Mal in Aufruhr geriet, verhielt sie sich ihm gegenüber so unverzeihlich heuchlerisch und herzlos, dass keiner mit weniger Liebenswürdigkeit und Milde als er darüber hätte hinwegsehen können. Und obwohl es angemessen war, dass er ihr als Witwe seines Bruders in einer Zeit der Not finanziell beistand, komme ich nicht umhin, seine dr ängende Einladung an sie, uns in Churchilll zu besuchen, für vollkommen überflüssig zu halten. Weil er aber immer dazu neigt, nur das Beste über die Menschen zu denken, haben ihre Zurschaustellung von Trauer, ihre Reuebekundungen und ihre vagen Bekenntnisse zur Besonnenheit sein Herz erweicht und ihm Vertrauen in ihre Aufrichtigkeit eingegeben. Was mich angeht, bin ich allerdings noch nicht überzeugt, und so glaubwürdig der Brief ihrer Ladyschaft auch sein mag, ich werde mir eine Meinung erst bilden, wenn ich den Grund ihres Kommens besser verstehe. Sie können sich deshalb vorstellen, liebe Madam, mit welchen Gefühlen ich ihrer Ankunft entgegensehe. Sie wird ihre verführerische Wirkung, für die sie man sie rühmt, einsetzen, um meine uneingeschränkte Gunst zu erlangen. Ich will ihrem Einfluss aber widerstehen, sofern sie mir keine stärkeren Beweggründe liefert. Sie drückt den sehnlichsten Wunsch nach meiner Bekanntschaft aus und spricht sehr liebenswürdig über meine Kinder, doch ich bin nicht so dumm zu glauben, dass eine Frau, die ihr eigenes Kind so herzlos vernachlässigt hat, sich zu meinen Kindern hingezogen fühlt. Bevor ihre Mutter zu uns kommt, wird Miss Vernon in einer Schule in London untergebracht, worüber ich froh bin, denn für sie und für mich ist es das Beste. Für sie kann eine Trennung von ihrer Mutter nur von Vorteil sein, während ein Mädchen von sechzehn Jahren mit einer so dürftigen Erziehung hier keine angenehme Gesellschaft wäre. Wie ich weiß, wünscht Reginald seit langem die reizende Lady Susan kennenzulernen; wir erwarten in nächster Zeit seine Ankunft in unserer Runde. Ich freue mich, dass es meinem Vater weiterhin so gut geht und bin ganz in Liebe &c.,

CATH. VERNON

Brief 4

Mr. De Courcy an Mrs. Vernon

Parklands.

Meine liebe Schwester,
ich beglückwünsche dich und Mr. Vernon dazu, Englands versierteste Herzensbrecherin demnächst in eurem Haus zu empfangen. Man hat mir immer gesagt, ich solle in ihr eine hervorragende Verführerin sehen, mir kamen aber kürzlich Einzelheiten über ihr Benehmen in Langford zu Ohren, die zeigen, dass sie sich nicht mehr auf jene Art des Flirtens beschränkt, mit der die meisten Leute vorlieb nehmen, sondern dass sie nach dem delikateren Genuss strebt, eine ganze Familie ins Elend zu stürzen. Ihr Verhalten gegenüber Mr. Manwaring verursachte seiner Frau Eifersucht und Schmerz, während ihre Annäherungen an einen jungen Mann, der mit Mr. Manwarings Schwester verbunden war, ein liebenswertes Mädchen ihres Verehrers beraubt hat. Ich erfuhr das von einem Mr. Smith, der jetzt hier in der Nachbarschaft lebt (ich habe mit ihm bei Hurst & Wilford gespeist) und gerade von Langford gekommen ist, wo er zwei Wochen im gleichen Haus wie ihre Ladyschaft zubrachte. Man kann seiner Auskunft also Glauben schenken.
Was für eine Frau sie doch sein muss! Ich will sie unbedingt kennenlernen und nehme deine freundliche Einladung also gerne an, um mir eine Vorstellung von ihren Zauberkräften zu machen, die so viel vermögen – die Gunst zweier Männer zur gleichen Zeit im gleichen Haus auf sich zu ziehen, von denen es keinem freistand, sie zu verschenken – und all das ohne den Reiz der Jugend! Ich bin froh, dass Miss Vernon ihre Mutter nicht nach Churchill begleitet, denn ihre Manieren gereichen ihr nicht zur Zierde, und laut Mr. Smith ist sie gleichermaßen dumm und eingebildet. Wenn Einbildung und Dummheit sich vereinen, wird das Ergebnis durch Heuchelei nicht interessanter, also sollte man Miss Vernon unnachsichtig verachten. Nach allem aber, was ich in Erfahrung gebracht habe, verfügt Lady Susan auf ihre bezaubernde Weise über ein Maß an Hinterlist, dass es eine Freude sein muss, sie dabei zu beobachten und zu ertappen. Ich werde bald bei euch sein und bin

Dein dich liebender Bruder

R. De Courcy

Brief 5

Lady Susan Vernon an Mrs. Johnson.

Churchill.

Ich habe deine Nachricht erhalten, kurz bevor ich die Stadt verließ, liebe Alicia. Ich freue mich über deine Zusicherung, dass Mr. Johnson nichts von deiner Verabredung am vorherigen Abend ahnt. Zweifellos ist es besser, ihn gänzlich zu täuschen, seine Sturheit lässt uns nämlich keine andere Wahl. Ich bin hier sicher angekommen und kann mich über den Empfang nicht beklagen, den Mr. Vernon mir bereitet hat. Mit dem Verhalten der Dame des Hauses bin ich, wie ich zugeben muss, nicht gleichermaßen zufrieden. Sie hat in der Tat ganz ausgezeichnete Manieren und ein elegantes Auftreten, doch nicht in einer Weise, die mich von ihrem Wohlwollen mir gegenüber überzeugt. Gerne hätte ich gesehen, wie sehr sie mein Anblick entzückt – ich hatte mich so liebreizend wie möglich zurechtgemacht –, doch alles war vergeblich. Wenn wir bedenken, wie viel Mühe ich darauf verwendet hatte, ihre Heirat mit meinem Schwager zu unterbinden, dann kann ihr Mangel an Herzlichkeit sicher nicht überraschen; und doch es zeigt einen engstirnigen und rachsüchtigen Geist, wenn man mir ein Vorhaben nachträgt, das ich vor sechs Jahren verfolgte und das ohnehin gescheitert ist.

Manchmal bereue ich ein wenig, dass ich Charles davon abhielt, Schloss Vernon zu kaufen, als wir genötigt waren, es zu verkaufen. Es war aber eine schwierige Situation, besonders weil der Verkauf zur gleichen Zeit wie Charles´ Heirat stattfand. Jeder sollte respektieren, dass es mein Feingefühl verletzt, wenn das Ansehen meines Gatten durch den Erwerb des Familienbesitzes durch seinen jüngeren Bruder herabgesetzt würde. Hätten wir durch eine andere Regelung die Notwendigkeit umgehen können, das Schloss zu verlassen, und hätten wir mit Charles zusammenwohnen und ihn vom Heiraten abhalten können, dann wäre es mir gar nicht in den Sinn gekommen, meinen Gatten zu einem Verkauf zu überreden. Doch Charles stand damals kurz davon, Miss De Courcy zu heiraten, was Ereignisse nach sich zog, die meine Entscheidung rechtfertigten. Es gibt hier Kinder im Überfluss, und welchen Nutzen hätte sein Kauf von Schloss Vernon mir gebracht? Dass ich es verhindert habe, gab seiner Frau vielleicht einen ungünstigen Eindruck von mir – doch wo eine Neigung zur Missgunst besteht, wird es an einem Grund nie fehlen, und was Geldangelegenheitenbetrifft, hat es ihn nicht davon abgehalten, mir von großem Nutzen zu sein. Ich bin ihm wirklich wohl gesonnen, denn er ist so leicht auszunutzen!