Langenhagener Lesebuch 2 - Arbeitsgruppe GLieM Langenhagen - E-Book

Langenhagener Lesebuch 2 E-Book

Arbeitsgruppe GLieM Langenhagen

0,0

Beschreibung

In diesem Band stellen wir Ihnen verdiente Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt vor. Exemplarisch erweitern Fluchtgeschichten den Blick auf Menschen in Langenhagen. Zugleich zeigen wir Ihnen landschaftlich schöne und interessante Seiten unserer Heimat. Schauen Sie mal rein!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 200

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Vorwort

Wir, die Arbeitsgruppe GLieM, haben nach dem 2022 veröffentlichten „Langenhagener Lesebuch – wie es wurde, was es ist“ diesen zweiten Band geschrieben. Wir treffen uns seit 2008 und erarbeiten Themen zur Geschichte der Stadt Langenhagen. Die Abkürzung GLieM steht für: Ganz Langenhagen ist ein Museum. Das bedeutet, den Menschen in Langenhagen einen einfachen Zugang zum Leben in dieser Stadt zu verschaffen. Das geschieht durch 120 Schautafeln an Originalschauplätzen, die auf Menschen, Institutionen, Bauwerke und Ereignisse hinweisen. Zudem gibt es eine Homepage, die Interessierten vertiefende Informationen anbietet: www.ag-gliem.de .

Nun kommen Lesebücher zu wichtigen Themen zum Leben in Langenhagen hinzu. In diesem Lesebuch 2 stellen wir einige neue der vielen Facetten unserer Stadt vor. Dabei stehen Menschen in Langenhagen im Mittelpunkt. Das sind zunächst mit der Ehrenbürgerwürde geehrte Personen. Zugleich wollen wir weitere verdiente Frauen und Männer in ihrem Wirken hervorheben. Die Auswahl folgt dabei keinen besonderen Kriterien. Sie ist vielmehr der Übereinkunft in der Arbeitsgruppe geschuldet. Erweiterungen und Ergänzungen sollen zudem in späteren Ausgaben der von uns geplanten Lesebücher erscheinen. Aber nicht nur Menschen prägen das Leben in Langenhagen. Dies gilt auch für die Landschaft in all ihren Facetten.

Hinweise zu den Tafeln finden Sie in den Fußnoten. Kurze Erläuterungen von Begriffen und Nachweise stehen ebenfalls in Fußnoten. Längere Hinweise sind dagegen am Ende im Glossar enthalten. Die zugehörigen Begriffe sind im Text kursiv gedruckt. Bildquellen, die nicht im Text angegeben sind, werden im Anhang ausgewiesen.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihre Arbeitsgruppe GLieM

Grußwort des Stadtarchivars

Das erste Langenhagener Lesebuch war offenkundig ein voller Erfolg und so steht nun schon der zweite Band an. Als Leiter des Stadtarchivs bin ich von Natur aus natürlich an der Geschichte unserer Stadt interessiert und die Arbeitsgruppe GLieM – Ganz Langenhagen ist ein Museum - hat sich in der Darstellung der Lokalgeschichte große Verdienste erworben. Dabei sind die Bestände des Stadtarchivs Langenhagen eine maßgebliche Grundlage für ihre Arbeit. GLieM macht durch mittlerweile 120 Informationstafeln im Stadtgebiet, einem virtuellen Museum und Publikationen, wie dem ersten und nun zweiten Lesebuch, Stadtgeschichte und Archivquellen für eine breitere Öffentlichkeit sichtbar und zugänglich.

Das ehrenamtliche Engagement und der Forschergeist bei der Entdeckung der eigenen Lokalhistorie, den alle Mitglieder der Arbeitsgruppe dabei zeigen, können nicht hoch genug gewürdigt werden. Als Archivar ist es immer eine Freude zu sehen, wenn Recherchen in unseren Beständen zu informativen Werken wie dem Langenhagener Lesebuch führen. Das erste Lesebuch ist bei uns im Archiv ein beliebtes Nachschlagewerk, denn auch wenn man als Stadtarchivar der Hüter der Quellen ist, so fehlt im Alltagsgeschäft oft die Zeit, sich mit allen Archivalia in ihrer ganzen Bandbreite auch inhaltlich zu beschäftigen.

Nicht nur hoffe ich, dass diese Reihe so schnell nicht aufhört, sondern sie viele Menschen für unsere Stadtgeschichte interessiert und begeistern kann. Sehen Sie es als Anreiz, vielleicht auch einmal selbst im Stadtarchiv zu recherchieren und die Geschichte Langenhagens weiter zu erkunden. Nachwuchs ist hier immer gerne gesehen, denn das Interesse für Geschichte ist sicher nicht vom Alter abhängig!

In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern eine spannende und informative Lektüre!

Matthias Rosenthal M.A.

Leiter Stadtarchiv Langenhagen

Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Grußwort des Stadtarchivars

3. Langenhagens Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger

4. Menschen aus Langenhagen, die Besonderes geleistet haben

5. Flucht und Vertreibung - die Suche nach einer neuen Heimat

6. Langenhagen – Stadt im Grünen

Feld, Wald und Wiese

Parks

Gewässer

Moor

7. Hinaus ins Grüne - Ausflugsgaststätten in der Landschaft

Langenhagens Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger

Welche Auszeichnungen verleiht unsere Stadt?

Wie würdigt ein Gemeinwesen seine Bürgerinnen und Bürger für ihre außergewöhnliche Lebensleistung? Orden kann die Gemeinde oder die Stadt nicht verleihen, dieses Recht haben nur die Ministerpräsidenten der Bundesländer und der Bundespräsident.

Sehr wohl können Räte Ehrenzeichen verleihen. Die Stadt Langenhagen zeichnet mit einer silbernen oder goldenen Ehrennadel Ratsmitglieder für ihr langjähriges Wirken im Stadtrat aus. In gleicher Weise verfahren auch die Ortsräte.

Eine weitere wertvolle Auszeichnung, die unsere Stadt vergibt, ist die Eintragung in das Goldene Buch. Hier verewigt sich die oder der Ausgezeichnete nicht nur mit seiner Unterschrift. In einem Begleittext werden die Leistungen der zu ehrenden Person hervorgehoben. Als Zeichen der Wertschätzung belässt man es nicht bei dem reinen Eintrag, sondern schafft für diese besondere Ehrung bei einer Ratssitzung oder besonderen Veranstaltung einen feierlich angemessenen Rahmen.

Am Rande sei bemerkt, dass das Goldene Buch der Stadt Langenhagen ein Gastgeschenk der Landeshauptstadt Hannover ist, welches ihr Oberbürgermeister Schmalstieg bei der Rathauseinweihung im September 1984 Bürgermeister Billerbeck überreichte.

Als Auszeichnung für ihre vielfältigen ehrenamtlichen Aktivitäten trägt sich Gerda Negraßus, Ehrenvorsitzende des Kulturrings Langenhagen, am 18.12.2015 in das Goldene Buch der Stadt ein.

Die höchste Auszeichnung, die eine Kommune zu vergeben hat, ist die Verleihung der Ehrenbürgerschaft. Hiermit werden Personen geehrt, die sich in herausragender Weise um das Wohl der Bürger oder das Ansehen der Gemeinde verdient gemacht haben. Das Engagement der Ausgezeichneten hat verschiedenste Facetten, die bleibende Wirkung erzielen. Solcher Einsatz können politisches Mitwirken, sportliches oder soziales Engagement, erfolgreiches Unternehmertum oder weitere Lebensleistungen von Personen sein, die sich in ihrem Gemeinwesen in besonders herausragender Weise verdient gemacht haben.

Auf Vorschlag beschließt der Rat die Verleihung des Ehrenbürgerrechts. Die Verleihung erfolgt durch Überreichung der Ehrenbürgerurkunde in feierlichem Rahmen.

In Langenhagen belässt man es bei der reinen Aushändigung der Ehrenbürgerurkunde und einem anschließenden Empfang für die oder den Geehrten. Bei städtischen Veranstaltungen bekommen die Ausgezeichneten natürlich einen Ehrenplatz.

Mit dem Tod der Ausgezeichneten endet die Ehrenbürgerschaft. In der Vergangenheit waren häufig besondere Leistungen der Stadt gegenüber dem Ehrenbürger mit der Auszeichnung verbunden. So erhielten Ehrenbürger zum Beispiel nach ihrem Tod ein Ehrengrab, welches die Gemeinde oder Stadt in Pflege nahm.

Gedenkstätte zur Erinnerung an die Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger der Stadt Langenhagen auf dem Friedhof Grenzheide

Unsere Stadtoberen haben sich etwas einfallen lassen, damit Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger nach ihrem Ableben nicht vergessen werden. Auf dem städtischen Friedhof Grenzheide gibt es eine Gedenkstätte, auf der die verstorbenen, verdienten Bürgerinnen und Bürger gewürdigt werden. Die auf Seite acht abgebildeten Stelen zeigen ihre Namen.

Welche Personen wurden Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger?

Wie anderswo auch haben die in Langenhagen Geehrten vollkommen unterschiedliche Biografien. Insgesamt wurden bisher 16 Personen mit der Ehrenbürgerschaft ausgezeichnet. Waltraud Krückeberg und Ernst Müller leben hochbetagt noch unter uns. Alle anderen Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger sind bereits verstorben.

Ein Geehrter, Ernst Karthäuser, erhielt die Auszeichnung wegen seiner Verdienste um das öffentliche Wohl und seines Dienstes für die Allgemeinheit; er war Gemeinde- und Ehrenoberbrandmeister.

Vier ehemalige Ratsmitglieder mit Ehrenbürgerschaft waren stark in sozialen Bereichen engagiert (Bertha Schneider, Martha Korell, Waltraud Krückeberg und Lothar Schuldt).

Zwei Ehrenbürger haben sich im kulturellen Bereich außerordentliche Verdienste erworben: Ernst Müller im Musikleben als Orchesterleiter und Wilhelm Hirte, der die Chronik von Engelbostel verfasst hat und im Niedersächsischen Heimatbund mitwirkte.

Wenn man sich die Begründungen anschaut, die zur Ehrung von Mitbürgerinnen und Mitbürgern führte, kann man interessante Feststellungen machen. Von den insgesamt 16 Geehrten sind allein elf Personen u. a. wegen der Wahrnehmung politischer Mandate ausgezeichnet worden (Karl Schönemann, August Wagener, August Hölscher, Alfred Oellerich, Albert Fichte, Bertha Schneider, Martha Korell, Walter Bettges, Josef Billerbeck, Waltraud Krückeberg und Lothar Schuldt).

Ein Beispiel für die von der Stadt Langenhagen verliehenen Ehrenbürgerbriefe.

Hier die Urkunde für den ehemaligen Landrat Karl Schönemann, der den Ehrenbürgerbrief am 14. Dezember 1964 erhielt.

Acht davon waren zusätzlich besondere Amtsträger wie Bürgermeister oder Landrat (Schönemann, Wagener, Oellerich, Fichte, Bettges, Billerbeck und Krückeberg). Gemeindedirektor Otto Schwarz komplettiert die Riege der Amtsträger.

Zwei Ehrenbürger wurden als Unternehmensleiter von Firmen mit überregionaler Bedeutung geehrt: der Generaldirektor der Firma Hackethal Richard Platz und August Hölscher, einer der Miteigentümer der Norddeutschen Tapetenfabrik NORTA. Hölscher war außerdem langjähriges Gemeindeausschussmitglied der alten Gemeinde Langenhagen.

Unter den bisher 16 Geehrten sind zwei gebürtige Langenhagener: Bertha Schneider und Ernst Karthäuser.

Seit wann wird in Langenhagen die Ehrenbürgerwürde verliehen?

Die Verleihung der Ehrenbürgerschaft reicht in Langenhagen ca. einhundert Jahre zurück. Die damals noch selbstständige Gemeinde Brink verlieh 1925 diese Auszeichnung an den Generaldirektor der Firma Hackethal, Richard Platz.

1931 ehrte die Gemeinde Langenhagen August Hölscher, Gemeindeausschussmitglied und Unternehmer.

1955 wurde Wilhelm Hirte von der Gemeinde Engelbostel für sein Engagement im Bereich der Heimatgeschichte gewürdigt.

1958 wurde Ernst Karthäuser, langjähriger Gemeindebrandmeister, von der Gemeinde Langenhagen ausgezeichnet.

1961 erhielt Otto Schwarz, der frühere Gemeindedirektor und spätere erste Stadtdirektor Langenhagens die Ehrenbürgerwürde. Er war der erste, dem die Gemeindevertretung, nun als Stadtrat, die Auszeichnung zuteilwerden ließ.

Alle danach ernannten Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger wurden oder werden vom Stadtrat ernannt. In der Regel erfolgen die Beschlüsse hierzu einstimmig oder werden zumindest von einer großen Mehrheit der Ratsmitglieder getragen.

Was zeichnet die ernannten Personen aus? Schauen wir uns die Biografien der Geehrten an:

Richard Platz wurde am 24. November 1867 in Chemnitz geboren. Im Jahr 1900 wurde er Geschäftsführer der Hackethal-Draht-Gesellschaft GmbH. Die Firma befand sich in der Kniestraße in Hannovers Nordstadt. Sie war von den Gebrüdern Joseph und Jacob Berliner gegründet worden, um die Erfindungen von Louis Hackethal wirtschaftlich zu nutzen. Die Brüder Berliner hatten zuvor schon 1898, auch in der Kniestraße, mit der Schallplattenproduktion begonnen. Nach erster Verlagerung der Drahtproduktion in die Nicolaistraße folgte die Ansiedlung vor den Toren der Stadt Hannover an der Stader Chaussee in der damals noch selbständigen Gemeinde Brink. Hier konnte 1906 in einem eigenen Gebäude die Produktion aufgenommen werden. Mit der Umwandlung der Firma Hackethal in eine Aktiengesellschaft wurde 1907 Richard Platz zum alleinigen Vorstand berufen.

Die nunmehr Hackethal-Draht und Kabelwerke Aktiengesellschaft expandierte. Nach der Drahtzieherei kam ein Kupferwalzwerk hinzu. In diese Zeit fällt der Beitritt von Hackethal in die Brinker Hafengesellschaft. Auch auf Grund der Initiative von Richard Platz wurde der Anschluss an den Mittellandkanal vorangetrieben. Gleisanschlüsse vom Bahnhof Vinnhorst aus bedienten das Firmengelände.

Inzwischen war die Firma Hackethal zu einem der größten Arbeitgeber im Norden Hannovers herangewachsen. Die ehemals bäuerliche Gemeinschaft der umliegenden Orte stellte die Arbeitskräfte für die expandierende Industrie.

Neben seinen Aufgaben als Firmenvorstand engagierte Platz sich in der Interessenvertretung der Unternehmen, der Industrie- und Handelskammer Hannover, zunächst als deren Vizepräsident, später als deren Präsident.

Auf politischer Ebene arbeitete Richard Platz bei den Deutschnationalen. Für diese Partei saß er im Provinziallandtag der Provinz Hannover.

Richard Platz

Obwohl von der Ausbildung her Kaufmann, verlieh ihm die Technische Hochschule Hannover die Ehrendoktorwürde eines Dr.- Ing. ehrenhalber und anerkannte damit das technische Wirken von Platz als Firmenleiter. Ebenso ernannte ihn die Technische Hochschule in Hannover zu ihrem Ehrenbürger.

Wie wir sehen, steht das Recht zur Verleihung des Ehrenbürgerbriefes nicht nur den Gemeinden, sondern auch den Universitäten und Technischen Hochschulen zu.

Das Firmengelände der Firma Hackethal um 1920

Das vorstehende Bild der Firma Hackethal aus dem Jahr 1920 zeigt das Gelände der Fabrik, mit dem Entwicklungsstand unter der Ägide von Generaldirektor Richard Platz. Die Firma wirkt quasi als Solitär in der Landschaft; das wollte der Bildverfasser wohl auch zum Ausdruck bringen. Einzig der am nördlichen, rechten Bildrand zu erkennende Schornstein gehört zur Eisengießerei Zietz auf der Nordseite der Brinker Hafenstraße, der heutigen Wohlenbergstraße. Im danebenstehenden Wohnhaus an der Einmündung in die heutige Vahrenwalder Straße waren Werkswohnungen der Zietzschen Mitarbeiter. Dieses Wohnhaus besteht noch heute.

Wegen der Verdienste von Richard Platz um die Entwicklung der Gemeinde Brink, als Arbeitgeber und Mitinitiator des Brinker Hafens, ernannte der Gemeindeausschuss von Brink ihn am 24. September 1925 zum Ehrenbürger. Er ist damit die erste Person, die in Langenhagen in der damals noch selbständigen Gemeinde Brink mit dieser Auszeichnung für sein Lebenswerk gewürdigt wurde.

Richard Platz starb kurz vor der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten am 1. Januar 1933 in Hannover und wurde auf dem Friedhof Engesohde zu Grabe getragen.

August Hölscher erblickte am 24. September 1873 in Lauenstein am Ith das Licht der Welt.

Nach der Schulausbildung begann er eine kaufmännische Lehre in der Textilindustrie und war danach als selbständiger Kaufmann tätig. In diesem Zusammenhang lernte Hölscher den Kaufmann Erwin Breimer kennen. Beide kauften 1903 von der Firma Wilhelm Bode eine ehemalige Färberei an der Walsroder Straße in der Gemeinde Langenhagen. Bode hatte diese ein Jahr zuvor im Rahmen einer Zwangsversteigerung von Louis Münkel erworben.

August Hölscher

Hölscher und sein Geschäftspartner Breimer gründeten auf dem Gelände eine Tapetenfabrik. In verhältnismäßig kurzer Zeit entwickelte sich die Firma Norddeutsche Tapetenfabrik Hölscher und Breimer (NORTA)1 zu einem prosperierenden Unternehmen. Eine Lokomobile sicherte die Stromversorgung und ermöglichte Maschineneinsatz. Die Deutsche Tapetenzeitung lobte die künstlerischen Entwürfe der NORTA- Tapeten. Der Leitspruch von August Hölscher war: „Nur der Erfolg der Neuheiten sichert die Wirtschaftlichkeit und ermöglicht die Amortisation der Unkosten“.

Moderne Betriebsgebäude, geplant von dem bedeutenden Industriearchitekten Karl Siebrecht, ermöglichten die Arbeit in lichtdurchfluteten modernen Produktionsräumen. Sehr schnell wurde die Firma zu einem der bedeutendsten Arbeitgeber Langenhagens. Als ergänzende Sozialeinrichtung gründeten Hölscher und Breimer eine Pensions- und Unterstützungskasse für ihre Mitarbeiter.

Um die Bedeutung der Norddeutschen Tapetenfabrik als Arbeitgeber für Langenhagen zu erkennen, reicht ein Blick in das Einwohnerverzeichnis von Langenhagen aus dem Jahr 1927. Hinter vielen Namen steht die Berufsbezeichnung „Tapetendrucker“.

Hierzu gehörten auch die beiden späteren Ehrenbürger Langenhagens, Karl Schönemann und Ernst Karthäuser, die bei der NORTA als Tapetendrucker tätig waren und auf die wir im Weiteren noch zu sprechen kommen.

Neben der Tätigkeit als Vorsitzender des Verbands Deutscher Tapetenfabrikanten war August Hölscher seit 1906 über zwei Jahrzehnte Mitglied im Langenhagener Gemeindeausschuss.

Als Würdigung für seine unternehmerische Lebensleistung und seinen Einsatz im politischen Gremium der Gemeinde erhielt August Hölscher anlässlich seiner 25-jährigen Zugehörigkeit zum Gemeindeausschuss 1931 die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Langenhagen verliehen.

1939, kurz vor dem Ausbruch des II. Weltkrieges, hatte die NORTA ihren höchsten Stand der technischen, künstlerischen und wirtschaftlichen Entwicklung erreicht.

Einen schweren Schicksalsschlag hatte Hölscher zu verkraften, als sein Mitgeschäftsinhaber Erwin Breimer bei einem Bombenangriff 1941 ums Leben kam. Die Einstellung der Tapetenproduktion erfolgte 1943. Tapetenherstellung war nicht kriegswichtig. In den Hallen mussten für die Firma Focke-Wulf Flugzeugteile hergestellt werden.

Nach dem II. Weltkrieg wurde zunächst aufgeräumt und die schlimmsten Bombenschäden wurden beseitigt. 1949 konnte die erste Nachkriegs-Tapetenkollektion vorgestellt werden.

Die weitere wirtschaftliche Entwicklung seines Unternehmens konnte August Hölscher nicht mehr steuern. Er starb 75-jährig am 26.02.1949. Die Familiengrabstätte Hölscher ist auf dem Kirchenfriedhof an der Karl-Kellner-Straße erhalten.

Wilhelm Hirte, ein echtes Harzer Kind, wurde am 31. März 1875 in Zellerfeld geboren. 1906 heiratete er Caroline Louise Ida Nebel aus Engelbostel, deren Vater dort einen Bauernhof besaß. Ida Hirtes Bruder betrieb in der Straße Alt Engelbostel ein Lebensmittelgeschäft. Dieses übernahmen Hirtes 1926 und führten es bis 1956.

Bereits in den 30er Jahren trug Wilhelm Hirte Daten und Informationen für eine Engelbosteler Dorfchronik zusammen.

Hierbei wurde er von Lehrer Heinrich Hornbostel und von Fritz Hanebuth unterstützt. Diese Dorfchronik, in deutscher Steilschrift verfasst, beleuchtet historische Ereignisse, beschreibt die Dorfentwicklung und zeigt anhand von Fotos das dörfliche Leben.

Hirte war ein aufmerksamer Beobachter, politisch interessiert und arbeitete mehrere Jahre als Beigeordneter im Gemeindeausschuss mit. Mit Gleichgesinnten gründete er 1936 die Engelbosteler Ortsgruppe des Heimatbundes und übernahm deren Vorsitz.

Anfang der 50er Jahre arbeitete Hirte an einer Chronik der Engelbosteler Höfe und beschrieb in der Reihenfolge der Nummerierung der Hofstellen die Besitzer und deren Vorfahren, die Gebäude, Anbauflächen und Ackerfrüchte sowie sonstige Erwerbszweige.

Wilhelm Hirte2

1950 organisierte er für Engelbostel die 900-Jahrfeier, an der auch die Kaisertochter Viktoria Luise3 teilnahm. Für sein ehrenamtliches Wirken wurde Wilhelm Hirte am 31. März 1955, seinem 80. Geburtstag, die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Engelbostel verliehen.

Mitarbeiter des Stadtarchivs haben den handschriftlichen Urtext seiner Dorfchronik und der späteren Chronik der Höfe in Maschinenschrift übertragen, um sie in heute lesbarer Form zu erhalten.

Links der Buchtitel der Engelbosteler Dorfchronik, die Hirte handschriftlich verfasst hat.

Rechts das Deckblatt der transkribierten Fassung der Dorfchronik

Auch bei der Erarbeitung des Entwurfs4 für ein Gemeindewappen wirkte Hirte mit. Die wesentlichen Entwurfselemente gehen auf die von ihm vorgeschlagenen Symbole zurück:

Der Kirchturm war früher gleichzeitig Wehrturm.

Die Lindenblätter sollen als Sinnbild einer Gerichtslinde zum Ausdruck bringen, dass Engelbostel früher Sitz eines Gerichtes war.

Der Löwe soll die Zugehörigkeit des Ortes zum ehemaligen Amt Langenhagen darstellen.

Das Wappen wurde 1951 vom Niedersächsischen Minister des Inneren verliehen.

Wilhelm Hirte starb am 12. Dezember 1957. In Würdigung seiner Verdienste erhielt die Verbindung zwischen der Heidestraße und der Straße Am Spritzenhaus 1962 den Namen „Wilhelm-Hirte-Straße“. Das Grab der Eheleute Hirte ist heute noch auf dem Engelbosteler Friedhof zu finden.

Ernst Karthäuser ist der erste Ehrenbürger der Gemeinde Langenhagen nach der Vereinigung mit Brink und Langenforth.

In Langenhagen am 28.12.1889 geboren, ging er hier zur Schule und machte eine Ausbildung als Tapetendrucker bei der gerade gegründeten Norddeutschen Tapetenfabrik Hölscher und Breimer. Bei dieser feierte er dann auch 1957 sein 50-jähriges Arbeitsjubiläum.

Ernst Karthäuser

Schon als 17-Jähriger engagierte sich Ernst Karthäuser in der freiwilligen Feuerwehr der damaligen Gemeinde Langenhagen.

Die freiwillige Feuerwehr der Gemeinde Langenhagen im Jahr 1925, in der Mitte rechts Ernst Karthäuser (mit Brille).

1948 übernahm er das Amt des Gemeindebrandmeisters und widmete sich unermüdlich dem Wiederaufbau der Feuerwehr. Durch Kriegseinwirkungen beschädigtes Gerät musste repariert oder überwiegend neu beschafft werden. Erste Schritte für eine Modernisierung der Wehr wurden unternommen. Kriegsheimkehrende Feuerwehrkameraden und Kameraden, die während der Kriegszeit den Heimatort schützten, mussten zu einer homogenen, schlagkräftigen Einheit zusammengeführt werden. Die Ausbildung an neuem Gerät und Fahrzeugen stand im Vordergrund.

Nach zehn Jahren als Gemeindebrandmeister und einer fünfzigjährigen Laufbahn als aktiver Feuerwehrmann konnte Karthäuser auf eine erfolgreiche Bilanz seiner Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit zurückblicken.

Im Juni 1958 erhielt Ernst Karthäuser für seine Lebensleistung im Ehrenamt den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.

In Würdigung seiner Verdienste um das Feuerwehrwesen ernannte die Gemeinde Langenhagen Karthäuser zum Ehrenoberbrandmeister.

In der gleichen Gemeinderatssitzung am 05.07.1958 wurde Ernst Karthäuser die Ehrenbürgerschaft verliehen. Karthäusers jahrzehntelanger vorbildlicher Einsatz zum Wohle der Allgemeinheit fand damit ihre außerordentliche Anerkennung.

Zwei Jahre nach der Verleihung der Ehrenbürgerschaft starb Ernst Karthäuser im Alter von nahezu 71 Jahren am 12. August 1960 in Langenhagen.

Otto Schwarz, am 02. Juli 1895 in Löbejün südlich von Köthen im heutigen Sachsen-Anhalt geboren, erlebte noch als Soldat im I. Weltkrieg das massenweise Sterben an der Front. Im II. Weltkrieg blieb Otto Schwarz Zivilist. Nach dem Tod seines Schwiegervaters, einem Kleiderfabrikanten, kündigte er bei der Stadtverwaltung und übernahm die Kleiderfabrik, die später als „kriegswichtiger Betrieb“ eingestuft wurde.

Otto Schwarz

Nach dem II. Weltkrieg und seinen Erfahrungen mit der Repression der Nationalsozialisten beteiligte sich Schwarz am demokratischen Aufbau in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone. Er wurde Kämmerer in der Stadt Brandenburg, 1946 Landtagsabgeordneter der damals noch im Osten bestehenden SPD.

1947 flüchtete Otto Schwarz in den Westen und kam 1949 in das noch stark von den Kriegsfolgen gezeichnete Langenhagen. Hier übernahm er zunächst das Amt des Kämmerers. Schwarz brachte bereits Erfahrungen in der Kommunalverwaltung mit, die er in seiner früheren Tätigkeit als Verwaltungslehrling erst in seiner Geburtsstadt, dann als Verwaltungsangestellter und Kämmerer bei der Stadt Brandenburg an der Havel erworben hatte. 1950 übernahm Schwarz das Amt des Gemeindedirektors, das er bis zu 31. März 1960 inne hatte, im letzten Amtsjahr als Stadtdirektor Langenhagens.

Die Beschaffung von Wohnraum war eines seiner dringendsten Ziele. Er half als Gemeindedirektor bei der Grundstücksbeschaffung, förderte Selbsthilfegemeinschaften, wie die Aufbaugemeinschaften Silbersee und der Kriegsbeschädigten am Hilsweg. Otto Schwarz beschaffte Grundstücke für die Kriegsblindensiedlung am Ithweg und in den Kolkwiesen.5

Die Volksparksiedlung zwischen der Manrade und der Niedersachsenstraße entstand in seiner Amtszeit ebenso wie die Wohnsiedlung am Hohen Felde.

Am 01. März 1959 übergibt der damalige Innenminister Hinrich Wilhelm Kopf im Ratssaal die Urkunde zur Verleihung der Stadtrechte an den Langenhagener Bürgermeister August Wagener; zu dieser Zeit war Otto Schwarz Gemeindedirektor von Langenhagen

Der sicherlich größte berufliche Erfolg von Otto Schwarz war die Verleihung der Bezeichnung „Stadt“ für Langenhagen durch den Niedersächsischen Ministerpräsidenten am 01. März 1959. Die Initiative hierzu war von Schwarz ausgegangen. Schmerzlich muss für ihn gewesen sein, dass es ihm nicht gelang alle Ratsmitglieder für die Unterstützung des entsprechenden Antrags zu gewinnen. Schwarz erhoffte sich für die „Stadt“ Langenhagen eine höhere Zuweisung von Fördergeldern und eine Gleichberechtigung und Gleichbehandlung im „Konzert“ der Städte. Die ratsinternen Auseinandersetzungen um den Antrag auf Stadtwerdung waren bei der Aushändigung der Urkunde an Bürgermeister Wagener allerdings längst vergessen.

Im März 1960 ging Otto Schwarz in den Ruhestand. Ein Jahr danach, am 22. Mai 1961, ehrte ihn die Stadt Langenhagen mit der Verleihung der Ehrenbürgerschaft. Es war die Auszeichnung für sein erfolgreiches Wirken für die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger. Die große Aufbauleistung in den fünfziger Jahren zeugt heute noch von seinem unermüdlichen Einsatz.

Otto Schwarz verstarb am 01. April 1967 im Alter von nahezu 72 Jahren.

Karl Schönemann: Er gehörte zu den Personen, die sich Zeit ihres Lebens als Gewerkschafter und Mitglied einer Partei auf unterschiedlichsten Ebenen für die Belange ihrer Mitmenschen einsetzten. Karl Schönemann wurde am 28. Januar 1895 in Crimderode (heute ein Stadtteil von Nordhausen) im Harz geboren. Er lernte nach seinem Schulabschluss den Beruf des Tapetendruckers. 1923 heiratete er; das Ehepaar zog 1927 nach Langenhagen. Vermutlich war die Wahl des neuen Wohnsitzes durch ein Familienmitglied beeinflusst, das bereits als Tapetendrucker bei der NORTA, der Norddeutschen Tapetenfabrik, beschäftigt war. Dort arbeitete Schönemann dann als Maschinenführer. Bereits als Siebzehnjähriger trat Schönemann als Lehrling der Gewerkschaft und der SPD bei. Nach dem Wohnortswechsel nach Langenhagen wurde Karl Schönemann im Herbst 1929 in den Gemeindeausschuss von Langenhagen gewählt und engagierte sich dort vordringlich im Ausschuss der Berufsschule und im Fürsorgeausschuss. Im Frühjahr 1933 erhielt Schönemann ein Mandat im Kreistag Hannover-Land. Kurz nach dieser Wahl wurde er als Sozialdemokrat aus seinen politischen Ämtern entfernt, verhaftet und fand erst Ende 1934 eine neue Arbeitsstelle.

Gleich zu Kriegsbeginn wurde Karl Schönemann eingezogen und kam später in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Nach der Entlassung aus der Gefangenschaft kehrte Schönemann nach Langenhagen zurück und wurde hier 1945 zum Bürgermeister berufen. Dieses Amt übte er bis zu seiner Ernennung zum Landrat des Kreises Hannover-Land im Jahr 1946 aus.

Zunächst noch von der britischen Militärverwaltung als Landrat berufen, wurde Schönemann in dieser Funktion über seine zwanzigjährige Zugehörigkeit zum Kreistag stets mit großer Mehrheit in diese Funktion gewählt.

Sowohl in seiner Eigenschaft als Bürgermeister als auch in seiner Funktion als Landrat widmete sich Schönemann in erster Linie der Integration der Flüchtlinge und dem beginnenden Wiederaufbau. Als Landrat argumentierte er stets zielorientiert, wirkte ausgleichend und parteiübergreifend loyal.

Karl Schönemann

Karl Schönemann übernahm zahlreiche weitere Ehrenämter, unter anderem war er Aufsichtsratsvorsitzender der Gemeinnützigen Kreis- Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft, Vizepräsident des Deutschen Landkreistages, Vorsitzender des Niedersächsischen Landkreistages und Mitglied in Gremien der Arbeitsverwaltung.

In Würdigung seiner Verdienste verlieh ihm die Stadt Langenhagen am 14. Dezember 1964 die Ehrenbürgerwürde. Er wurde ferner mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse geehrt. Anlässlich seiner zwanzigjährigen Tätigkeit als Landrat verlieh der Niedersächsische Ministerpräsident ihm das Große Verdienstkreuz des Niedersächsischen Verdienstordens. Weitere Auszeichnungen für sein ehrenamtliches Wirken wären hier noch anzufügen.

Karl Schönemann verlebte seinen Ruhestand in Langenhagen, wo er am 17. Mai 1977 verstarb. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Friedhof an der Grenzheide.

August Wagener kam 1935 mit seiner Familie nach Langenhagen. Als gelernter Schlosser war er hier bei der Firma Rüter-Stahlbau beschäftigt und bei diesem Unternehmen zum Werkmeister aufgestiegen.

Am 22. Februar 1899 in Linden (heute Hannover-Linden) geboren, war der gebürtige Niedersachse als gradlinig und korrekt bekannt. Seine einfache, schnörkellose Sprache brachte die Dinge sofort auf den Punkt; herumgeredet wurde nicht.

1953 übernahm August Wagener das Bürgermeisteramt von Adolf Volmer. Bei seiner Wahl hatte Langenhagen nach erster Aufbautätigkeit 15.500 Einwohner. Am Ende von Wageners Amtsperiode 1969 war die Einwohnerzahl auf ca. 33.000 angewachsen; sie hatte sich verdoppelt. Hiermit war eine gewaltige Aufbauleistung verbunden.

August Wagener

Wer August Wagener persönlich erlebt hat, dem ist seine souveräne Amtsführung als Ratsvorsitzender in lebhafter Erinnerung. Die Glocke schwingend, mahnte er zu Ordnung und Ruhe, wenn den Ratsmitgliedern in ihrer Argumentation die Gäule durchgingen. Mit einfachen, mahnenden Worten gelang es ihm immer wieder eine sachliche Atmosphäre herzustellen.

Wahrlich ein stolzer Tag im Leben von August Wagener.

Die Goldschmiedemeister aus Hildesheim, Theodor Blume und sein Sohn, überreichen Wagener 1965 die von der Stadt Langenhagen in Auftrag gegebene Bürgermeisterkette.

Das sicherlich größte Ereignis in August Wageners Amtszeit war die Erhebung der Gemeinde zur Stadt.