Leben ist das, was man tut - Iris Boden - E-Book

Leben ist das, was man tut E-Book

Iris Boden

0,0

Beschreibung

Wenn die Liebe durch den Magen geht, Paulas Peiniger immer wieder erscheint, ein Schmerz befreit, Adolf Scherberich Disziplin und Ordnung vermisst oder der Besuch eines Clubs zu einer Herausforderung wird ... Gefühle treiben zu Taten, die das Leben gestalten. In humorvollen, satirischen und auch melancholischen Geschichten beschreibt die Autorin ihren Blick auf das Leben.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 66

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Die Autorin

Iris Boden wurde 1966 in Köln geboren. Von 2009 bis 2011 absolvierte sie den Studiengang Belletristik an der Hamburger Akademie für Fernstudien. Die Autorin lebt und schreibt in Dormagen.

Im BoD-Verlag bereits erschienen:

Das Leben ist ein Regenbogen

Schau in den Spiegel, wenn du dich traust

Für meine Mutter, die ich so sehr vermisse.

INHALT

Kurzgeschichten

Freundschaft

Liebe geht durch den Magen

Vernissage

Paula

Abschied

Einer dieser Tage

Der Duft meiner Stadt

Der geplatzte Traum

Raumforderung

Formular-Designer

Adolf Scherberichs Disziplin

Befreiender Schmerz

Der Nerd

Das Ende eines Tages

Gedichte

Die verlorene Freundin

Der Schmerz

Du kannst nicht die ganze Welt retten

Was ich mag

Limerick I bis V

Weihnachten

Erlebnisse eines Weihnachtsgeschenks

Kurzgeschichten

Freundschaft

Da sitzt er und jammert. Über Sinn und Unsinn seiner Arbeit. Ihm zuzuhören bereitet mir Kopfschmerzen. Lieber aus dem Fenster schauen. Wie kahl die Bäume mittlerweile sind. Es geht ihm wirklich schlecht. Ich muss mich konzentrieren. Das bin ich ihm schuldig. Er ist schließlich mein bester Freund. Schon deshalb hat er Recht. So ist das nun mal. Obwohl – er könnte sich schon ein wenig zusammenreißen. Finde ich. Andere wahrscheinlich auch. Aber andere sind nicht ich. Es ist alles so sinnlos, höre ich ihn sagen. Er stellt sich aber auch an. Mann, ich könnte dich jetzt aber wirklich mal schütteln. Hoffentlich finden wir bald eine Lösung. Schließlich muss ich noch einkaufen. Früh nach Hause wollte ich. Den Abend gemütlich vor der Glotze verbringen. Himmelherrgott nochmal, eine Lösung muss her. Aber schnell. Heult er jetzt? Auch das noch. Mit heulenden Kerlen kann ich so gar nicht umgehen. Wie viel Uhr ist es eigentlich? Ob Franka schon zu Hause ist? Verdammt, ich muss einkaufen. Sonst hängt der Haussegen schief. Kündigung? Was hat er jetzt gesagt? Man hat ihm gekündigt? Wenn er doch mal mit der Heulerei aufhören würde. Ich versteh‘ kein Wort. Außerdem, so tragisch ist das jetzt auch nicht. Er ist gut in seinem Job. Er wird schnell etwas anderes finden. Ich sage es ihm. Ich habe gekündigt, schnauzt er mich an. Verrückt. Langsam komme ich da nicht mehr mit. Warum heult er dann? Scheiß Firma, scheiß Job. Hat er immer schon gesagt. Und jetzt? Alles sei so sinnlos. Sein Job, sein ganzes Leben. Alles mache keinen Sinn. Das wird mir alles zu viel. Wenn ich nur wüsste, was ich sagen soll. Seelentrost war nie mein Ding. Wird es auch nie sein. Weiberkram. Herrje, das ist schon ganz schön spät. Wenn er sich nicht bald beruhigt, habe ich ein ernsthaftes Problem. Ein wirklich ernsthaftes. Franka war in der letzten Zeit sehr ungeduldig mit mir. Dieser Frauenkram von wegen Selbstfindung. Mann, Kumpel, auch ich habe Probleme. Aber, heul ich rum? Was sollte ich nochmal einkaufen? Tomaten, Mozzarella und was noch? Mist. Ich hätte es doch besser aufgeschrieben. Franka hat’s ja gleich gesagt. Widerlich, wie er sich den Rotz mit dem Ärmel abwischt. Aber er scheint sich zu beruhigen. Dann kann ich ja bald gehen. Kumpel, das wird schon. Du schaffst das. Schlaf ´ne Nacht drüber und alles wird gut. Wir reden morgen, ja? Und jetzt schnell einkaufen. Dann schaffe ich es noch, vor Franka zu Hause zu sein.

Liebe geht durch den Magen

Liebe geht durch den Magen. Sagt man. Also ist es nur selbstverständlich, dass ich heute mein Bestes gebe. Nachdem wir uns ein paar Mal in Restaurants oder Bars getroffen haben, will er mich heute Abend zu Hause besuchen. Dieser wunderbare, feinfühlige, höfliche, charmante, witzige, gutaussehende, intelligente Mann mit dem wohlklingenden Namen. Adrian. Leichtsinnigerweise habe ich ihn zum Essen eingeladen. Es ist noch früh. Eigentlich. Wenn ich nur wüsste, was ich kochen soll. Kochen. Ein Wort, das in meinem Sprachgebrauch äußerst selten vorkommt. Und noch seltener die Tätigkeit als solches. Kochen. Allein dieses Wort bereitet mir Unbehagen. Ich kann gar nicht kochen. Ich will es auch gar nicht. Dennoch könnte ich mit den Zutaten, die ich nach dem Einkauf auf der Arbeitsplatte in der Küche ausbreite, die Belegschaft eines mittelständischen Unternehmens verköstigen. Könnte ich. Wenn es gelänge. Lammkoteletts, Lachfilet, Entrecôte, Spargel, Brokkoli, Kartoffel, Reis und Rotwein. Viel Rotwein. Denn den kann ich servieren. Ohne Mühe. Ich fühle mich überfordert, fange an zu schwitzen. Dabei habe ich noch nicht einmal angefangen. Was habe ich mir nur dabei gedacht? Vielleicht sollte ich mich einfach in Schale werfen und auf ihn warten. Ihm den Vorschlag machen, naja, vor die vollendete Tatsache stellen, mit ihm gemeinsam kochen zu wollen und ihn dann machen lassen. Beim letzten Rendezvous hat er mir schließlich erzählt, dass er in seiner letzten Beziehung das Kochen übernommen hat. Wunderbar. So stelle ich mir das vor. Aber von einer Beziehung kann man bei uns nicht sprechen. Noch nicht. Was nicht ist, kann ja noch werden. Dazu muss ich diese verdammten Zutaten irgendwie essbar zubereiten. Denn – Liebe geht durch den Magen. Aber, wie fange ich bloß an? Ich habe keine Ahnung. Erst einmal Kartoffel schälen. Das kann ich. Zumindest in der Theorie. Nach der ersten Kartoffel weiß ich jedoch, dass ich sehr, also wirklich sehr ungeschickt bin. Die Knolle hat sich von handtellergroß in murmelklein verwandelt. Und das in exakt neun Minuten. Das geht gar nicht. Kartoffel schließe ich nun aus. Gut, dass ich auch Reis gekauft habe. Ich lese die Zubereitungsanleitung auf der Packung. Klingt gar nicht so schwierig. Das kriege ich hin. Allerdings kann ich dafür nichts vorbereiten. Umso besser. Ein Arbeitsschritt weniger. Ich entscheide mich für Brokkoli. Dieses grüne Teil werfe ich einfach in einen Topf mit Wasser und lasse es vor sich hin köcheln. Aber wie lange? Unerheblich. Der Reis braucht zwanzig Minuten zum Garen, dann muss diese Zeit auch für das Gemüse reichen. Ist doch gar nicht so schwer. Adrian kommt um sieben. Wenn ich also um zwanzig vor sieben Reis und Gemüse koche, muss das genügen. Um diese Zeit werde ich dann auch – sagen wir einmal – das Lachsfilet in den Ofen schieben. Und fertig ist ein perfektes Abendessen. Zufrieden öffne ich eine Flasche Rotwein. Ein Gläschen für die Köchin kann schließlich niemand verwehren. Denn die Liebe soll schließlich auch durch meinen Magen gehen. Und das funktioniert mit Rotwein nun einmal am besten.

Nach dem dritten Glas Wein fühle ich mich beschwingt und unwiderstehlich. Wenn ich es schon mit der ganzen Welt aufnehmen kann, dann erst recht mit dem Herd. Her mit dem Rotwein. Ich werde kochen. Das kann doch jedes Kind. Also nichts worüber man sich Gedanken machen müsste. Wo ist eigentlich die Betriebsanleitung für den Backofen? Egal. Noch ein Schlückchen Wein und es kocht sich fast von alleine. Also zuerst einmal ins Bad. Aufbrezeln. Seltsam. Mir ist noch nie aufgefallen, dass die Wände im Flur nicht gerade verlaufen. Wo ist der Rotwein? Eine zweite Flasche muss her. Ich kichere. Noch eine Stunde, dann kommt er. Adrian. Ich bin verliebt, habe Schmetterlinge im Bauch. Im Magen. Liebe geht durch den Magen. Und Rotwein. Mehr hat mein Magen heute auch nicht bekommen. Trotzdem habe ich keinen Hunger. Warum sollte ich also kochen? Vor dem Spiegel im Flur proste ich mir zu und kann nicht mehr aufhören zu kichern. Die zweite mittlerweile halb geleerte Flasche Wein funktioniere ich kurzerhand um zu einem imaginären Mikrofon und singe. Kann denn Liebe Sünde sein? Ich bin toll. Adrian ist toll. Wenn doch nur der Fußboden nicht so schwanken würde. Ich muss mich ausruhen. Hinsetzen. Ich lehne mich an die Wohnungstür. So kann ich diesen Traum von einem Mann nicht verpassen. Müde bin ich. Nur ein wenig die Augen schließen.