Schau in den Spiegel, wenn du dich traust - Iris Boden - E-Book

Schau in den Spiegel, wenn du dich traust E-Book

Iris Boden

4,8

Beschreibung

Das Leben bietet jeden Tag Situationen und Begebenheiten, aber auch persönliche Befindlichkeiten, die immer wieder aufs Neue zum Nachdenken inspirieren. Wer oder was ist normal, wer oder was ist schön, hässlich oder gar abstoßend, wer oder was ist gut oder schlecht? Und wer oder was bin ich? Auf der Suche nach Antworten entstand eine Sammlung von Geschichten, Gedichten und Texten, die in diesem Buch zusammengefasst wurden. Die Gedichte sind frei von Lyrik-Regeln. Vielmehr erinnern sie an Vorträge von Künstlerinnen und Künstlern der Poetry-Slam-Szene. Die Glossen beschreiben alltägliche Begebenheiten und die Kurzgeschichten handeln - wie bereits im ersten Buch der Autorin - von besonderen Menschen wie du und ich.

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Die Autorin

Iris Boden wurde 1966 in Köln geboren. Von 2009 bis 2011 absolvierte sie den Studiengang Belletristik an der Hamburger Akademie für Fernstudien. Mit ihrem zweiten Buch „Schau in den Spiegel, wenn du dich traust“ präsentiert sie eine Mischung aus Slam Poetry, Glossen und Kurzgeschichten. Bei BoD ist außerdem die Kurzgeschichtensammlung „Das Leben ist ein Regenbogen“ erschienen. Die Autorin lebt und schreibt in Dormagen.

Wenn du einen Menschen zum Nachdenken

anregst,

kannst du heimlich seinen Reis essen.

(koreanisches Sprichwort)

Inhalt

Vorwort

Schau in den Spiegel, wenn du dich traust …

Und morgen bekommt Mops Moppel einen Regenmantel

Mein Traum

Süßes Nichtstun

Marie und die Marsianer

Ich und du

Der Nächste bitte …

Eine zufriedene Frau

Und ewig locken weiße Socken

Wut

Ich kann es schaffen

Überall Hormone

Der Hypochonder in mir

Und am Freitag sauf‘ ich mir den Kragen zu

Eine durchtriebene Nacht

Ich bin viele

Gutmenschen

Ein Mensch sogar

Gut gemeint ist längst nicht gut

Das Geständnis

Es gibt diese Tage

Die Gedankenfabrik

Ich habe keine Lust

Generationen

Hanne und Lore

Sommer

Wald- und Wiesenerlebnisse

Der Mutmacher-Hut

Übermensch

Die zweite Chance

Noch etwas Weihnachtliches:

Oh, du schöne Weihnachtszeit

Weihnachtswünsche

Vorwort

Das Leben bietet jeden Tag Situationen und Begebenheiten, aber auch persönliche Befindlichkeiten, die mich immer wieder aufs Neue inspirieren. Und dann frage ich mich: Wer oder was ist eigentlich normal oder auch nicht, wer oder was ist schön, hässlich oder gar abstoßend, was ist gut oder schlecht? Und wer oder was bin ich? So entstand eine Sammlung von Geschichten, Gedichten und Texten, die ich in diesem Buch zusammengestellt habe.

Meine Gedichte sind frei von Lyrik-Regeln. Ich habe mich vielmehr von den großen Künstlerinnen und Künstler der Poetry-Slam-Szene beflügelt lassen.

Die Glossen beschreiben alltägliche Begebenheiten, die ich erlebt und dann doch wieder nicht erlebt habe. Letztendlich entspringen alle meine Texte der reinen Fiktion.

Mit „Schau in den Spiegel, wenn du dich traust“ will ich auf keinen Fall moralisieren, denn der erhobene Zeigefinger ist mir selbst ein Gräuel. Jedem steht es frei, sich den Schuh anzuziehen und auszuprobieren, ob er passt oder nicht.

Ich für meinen Teil danke allen Menschen, die ich im Laufe meines Lebens kennenlernen durfte. Denn ohne ihre Besonderheiten, ihre gelebten Beispiele, wären viele meiner Texte wahrscheinlich nicht entstanden.

Und nun wünsche ich viel Spaß beim Lesen.

Iris Boden im Oktober 2015

Schau in den Spiegel, wenn du dich traust …

Wenn du dich traust

dann schau in den Spiegel

und öffne den Riegel

der Ignoranz zur Selbstreflexion.

Dazu gehört eine große Portion

Mut zur Interpretation

der eigenen Gefühle und klare Ziele.

Schau in den Spiegel

wenn du dich traust

sie ehrlich zu dir selbst

auch wenn du dir die Haare raufst.

Sei standhaft und senke niemals den Blick

dann schaust du eines Tages auf ein

wunderbares Leben zurück.

Wenn du dich traust

dann schau in den Spiegel …

Und morgen bekommt Mops Moppel einen Regenmantel …

Also, man kann ja nun wirklich alles übertreiben. Auch die Tierliebhaberei. Haustiere werden zu Familienmitgliedern, haben Stimmrecht, eigene Möbel, Schmuck und (Fr)Essgeschirr. Selbst vor Kleidung wird kein Halt gemacht. Regenmäntelchen und Wollpullover (farblich abgestimmt) werden den Lieblingen – vorzugsweise Hunden – übergestülpt. Ihnen werden Krönchen aufgesetzt (armes Vieh), sie werden auf dem Sofa platziert, fotografiert und dieses Foto dann stolz gepostet. Auf Facebook, auf Blogs. Hauptsache öffentlich, im Internet. Und bei all den weltlichen Gütern, die ihnen (also den Haustieren) angeboten werden, schlafen sie doch letztendlich bei Herrchen und Frauchen (oder besser gesagt: bei Mama und Papa) im Bett. Ich sage nur: Kindersatz. Tierhaare findet man fortan im Kleiderschrank, in Kochtöpfen, auf der Tischdecke, auf dem Kopfkissen. Die Vierbeiner werden geherzt und geknuddelt, bereitwillig lässt sich der Mensch abschlecken, quer übers Gesicht und findet es sogar niedlich, wenn das Tier (na ja, eigentlich ist es ja schon gar kein Tier mehr) dieses auch beim menschlichen Nachwuchs tut. Würmer, Zecken, Milben, Flöhe und was-weiß-ich welche Parasiten es noch so gibt, werden ausgeblendet. Na ja, Parasiten sind halt auch Tiere. Man ist doch tierlieb, oder? Alter Finne, man kann es auch wirklich übertreiben.

Also, unser Kater hat keine eigenen Möbel, keinen Schmuck und keine Kleidung. Aber auf meinem Sessel lümmle ich mich schon lange nicht mehr. Denn dort liegt eine Decke. Voller Katzenhaare. Und wenn ich mich ganz leise verhalte, auch ein Kater. Meistens. Manchmal. Na ja, eigentlich selten. Denn sein derzeitiger Lieblingsplatz ist mein Bett. Oder mein Kleiderschrank. Oder noch besser: auf meinem Arm. Denn dort kann er herrlich schmusen …

Mein Traum

Ich träume von einem Leben

in dem das Geben

mehr zählt als das Nehmen

in dem alle danach streben

glücklich in Frieden zu leben

in dem Neid und Hass fehlen

Menschen sich mit Respekt gegenüberstehen

und nur das Gute im anderen sehen.

Ich träume von einer Welt

ohne Gewalt

in der ein jeder zusammenhält

in der das Geld

nicht so viel zählt

wie es heute üblich ist.

Ich träume von freundlichen Worten

auch für Menschen aus anderen Orten

und dass jedem die Pforten

dieser Welt geöffnet werden.

Ich träume von einer Welt ganz ohne Drogen

dafür mit guten Dialogen

in der weder betrogen

noch gelogen wird.

Ich träume von Menschen die sich lieben

und nicht dermaßen getrieben

sich ständig verbiegen

meckern wie die Ziegen

und ihr Gewissen verbissen besiegen.

Ich träume von Gesundheit

einem Leben ohne Bitterkeit

dafür voller Heiterkeit

ohne Angst vor Lächerlichkeit

Dankbarkeit

und der Gewissheit

ohne Überheblichkeit

und ohne Blick auf Äußerlichkeit

anerkannt zu werden.

In meinem Traum lebe ich so

an einem Ort irgendwo

ohne Risiko

farbenfroh

mit Cappuccino und Haribo

ohne Zeter und Mordio

mit meinem Romeo sowieso

in dulci jubilo.

Süßes Nichtstun

Wann war das? Kann sich jemand erinnern? Weiß das jemand noch? Wann genau geriet die Ruhe in Verruf? Viele schaffen es nicht, sich zu langweilen. Oder schlimmer noch: Sie wollen es gar nicht. Zu groß ist die Angst, gesellschaftlich auf dem Gleis der ewigen Langweiler und Spießer abgestellt zu werden. Und so wird immer noch ein Schippchen draufgepackt. Das fängt heutzutage schon im zarten Kindesalter an. Nach der Schule: Montags zum Sport (vornehmlich die Jungs zum Fußball, die Mädchen zum Ballett - es lebe das Rollenklischee), dienstags zur Musikschule, mittwochs Nachhilfe (das Kind hat ja so wenig Zeit zum Lernen), donnerstags kreatives Mutter-und-Kind-Malen, freitags Therapie usw. Und die Erwachsenen? Neben Beruf, Haushalt, Kindererziehung (obwohl ich die an dieser Stelle einmal vorsichtig in Frage stelle) muss mindestens zweimal wöchentlich Sport getrieben werden (weil ja so gesund). Hier eine Ausstellung (schließlich ist man ja ein Mensch mit Niveau), da eine Party (der Kontakte wegen), Shoppen im neuen Einkaufszentrum, ein VHS-Kurs sollte auch noch drin sein. Dank der heutigen Technik ist man ja schließlich immer auf dem Laufenden und für alles und jeden allzeit erreichbar. Selbst im Urlaub. Die meisten Familien können sich glücklich schätzen, wenn sie den Stress der Urlaubsvorbereitungen überstehen und sich nicht bereits vor der "schönsten Zeit des Jahres" die Köpfe eingeschlagen haben (Beispiele gibt es in meiner Umgebung mehr als genug). Da quält man sich von einem Stau in den anderen oder riskiert Gepäckverlust, Thrombose oder - schlimmer noch - einen suizidgefährdeten Copiloten, um dann (hoffentlich) endgültig urlaubsreif an den Ort der Träume zu gelangen. Man hetzt von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit, folgt scheinbar begeistert den Anweisungen der Animateure (das Risiko erkannt zu werden ist recht gering), nimmt jede Pool-Party mit (nach dem Urlaub muss der Alkoholkonsum unbedingt reduziert werden). Und das Hamsterrad dreht sich immer weiter. Der Mut zur Langeweile ist irgendwo auf der Strecke geblieben. Und schlimmer noch: Die Fähigkeit, Langeweile, Muße und Ruhe zu genießen, haben heute nur noch wenige.

Schön, dass ich den Mut habe. Wenigstens ab und zu einmal. Denn für mich gibt es keine schönere Freizeitbeschäftigung, als dem süßen Nichtstun zu verfallen, den Wolken nachzuhängen und dem Wind zu lauschen. Aber nun werde ich mich zuerst einmal der Bügelwäsche widmen, damit ich morgen, wenn ich wieder arbeiten muss, alles erledigt habe.

Marie und die Marsianer

Auf den Fluren und im Gemeinschaftsraum bin ich besonders vorsichtig. Denn hier ist der Boden mit hell- und dunkelgrauen Fliesen ausgestattet. Ein weichgezeichnetes Schachbrettmuster. Ein verwaschenes Schwarz und Weiß wie ein übergangsloses Gut und Böse. Ich vermeide es, auf die dunkelgrauen Fliesen zu treten. Die sind nämlich energetisch negativ geladen und von galaktischen Viren verseucht. Das weiß nur niemand. Außer mir. Und natürlich die Marsianer, die – getarnt in ihren weißen Hosen, weißen Schuhen und hellblauen Kasacks – lautlos über den Fliesen schweben. Und das sieht niemand. Außer mir. Aber warum? Ob es daran liegt, dass ich mich kaum bewegen kann?